Boizenburg/Elbe

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Kenndaten des Orts
Name (heute)Boizenburg/Elbe
Regionale Einordnung (heute)
Postleitzahl19258
VerwaltungsamtAmt Boizenburg-Land
LandkreisLudwigslust-Parchim
Zahlen
Einwohner10.379 (31. Dez. 2015)
KoordinatenBreite: 53.375276 / Länge: 10.723426

Boizenburg/Elbe ist die westlichste Stadt Mecklenburgs, gelegen im UNESCO-Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe-Mecklenburg-Vorpommern im Landkreis Ludwigslust-Parchim in Mecklenburg-Vorpommern (Deutschland). Die Stadt ist Verwaltungssitz des Amtes Boizenburg-Land, dem elf Gemeinden angehören, ist selbst aber amtsfrei (Quelle: Wikipedia).


Geographische Lage



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Kurztext nach Quade

c. Getrennt im Südwestende des Landes: Stadt Boizenburg. (Lage. Allgemeines Stadtbild. Häuser- und Einwohnerzahl. Behörden und gemeinnützige Anlagen. Bauliches: Kirche, Rathhaus, Amtshaus, Schulhaus, Posthaus. Nähere Umgebung. Denkmäler. Verkehrswege. Hafen. Gewerbliche Anlagen. Märkte. Schifffahrt. Fischerei. Ackerbau. Kämmereibesitzungen. Stadtverfassung. Stadtsiegel. Stadtrecht. Stadtkasse. Kirchen- und Schulwesen. Wohlthätige Anstalten. Geschichtliches.)


Boizenburg, die westlichste Stadt des Landes, liegt am nördlichen Ufer des sich westlich unmittelbar bei der Stadt in die Elbe ergießenden Boize-Flüßchens, das bei dieser seiner Ausmündung in die Elbe, einen guten und geschützten Hafen bildet. Die Vortheile dieser Lage an dem Hauptstrome des nördlichen Deutschlands wurden noch durch die Hamburg-Berliner Chaussee, die durch die Stadt führt, bedeutend erhöht. Thatsächlich nahm auch Boizenburg lange Zeit den Rang als dritte Handelsstadt des Landes ein, es erhielt Waarenzufuhren aus den entlegensten Theilen des Landes, und selbst in der Wismarschen Gegend waren Wegweiser nach Boizenburg nichts Seltenes. Da kam indeß die Eisenbahnzeit, die eine Verschiebung des Verkehrs bewirkte, welche für Boizenburg äußerst nachtheilig war. Das erste mecklenburgische Eisenbahnproject hatte freilich eine Bahn zwischen Wismar und Hannover über Boizenburg ins Auge und später noch war wenigstens von einer Zweigbahn zur Verbindung des Boizenburger Hafens mit der Berlin-Hamburger Eisenbahn die Rede, aber das erstgenannte Project scheiterte und die letztgenannte Bahn verschaffte zwar den Boizenburgern einen Bahnhof, derselbe war aber von der Stadt 2,3 km entfernt und viele Jahre vergingen, ehe eine Eisenbahnverbindung zwischen diesem Bahnhof und dem Hafen zu Stande kam. So führte Boizenburg lange Zeit ein gewisses Stillleben und zog nur dann die öffentliche Aufmerksamkeiti in höherem Grade auf sich, wenn es von den großen Elbüberschwemmungen heimgesucht wurde, was bei seiner niedrigen Lage oft genug geschah. Bedeutendere Ueberschwemmungen kamen vor 1799, 1845, 1855, 1862, 1865, 1876, 1881, 1882 und 1888. Hierbei, namentlich bei den Ueberschwemmungen von 1862 und 1876, wurde oft die ganze Stadt mit Ausnahme der sog. „Fünfhäuser"-Straße, der höchsten Stelle der Stadt, und einigen anderen Theilen unter Wasser gesetzt. Ein solch hoher Wasserstand bei dem das Wasser in vielen Wohnräumen bis zu 1,20 m Höhe stand, hielt manchmal zwei bis vier Wochen lang an, so daß die Stadt von allem Außenverkehr völlig abgeschnitten war und auch im Innern der Stadt Handel und Wandel fast völlig ruhte. Die Stadt hat eine fast runde Form, hatte früher auch zwei hübsche Thore, das Markt- und das Mühlenthor, die mit ihren weißen Thorhäusern und ihren Colonaden schon von Weitem angenehm ins Auge fielen. Die Thore sind indeß beseitigt. Vor dem Platze des Marktthors befinden sich nur wenige Häuser, an die sich unmittelbar das südöstlich von Boizenburg gelegene früher zum Domanium, jetzt aber zur Stadt gehörige Dorf Altendorf anschließt. Vor dem Mühlenthor ist eine Vorstadt. Boizenburg hat außerdem drei Hauptstraßen, die Königs-, Bau- und Reichenstraße. Weiter sind mehrere Nebengassen und eine rings um den Ort führende Straße vorhanden.

Die Stadt zählt 3672 (3468) Einwohner, darunter 16 (24) Juden, ferner 426 Häuser. Die Versicherungssumme der in der städtischen Brandsocietät versicherten auf dem 3002,9 ha umfassenden Stadtgebiet gelegenen Gebäude betrug nachdem Abschluß von Ostern 1891 3058000 Mk.


Boizenburg ist Sitz eines Amtsgerichts, eines vereinten ritterschaftlichen Polizeiamts, eines Domanialamts, eines Post- und Telegraphenamts II. Classe, eines Steueramts, eines Krankenhauses, eines Armenhauses, eines Vorschuß-Vereins e.G. und einer am 14. März 1833 begründeten Ersparnißanstalt, in die am 1. Januar 1891 190682 Mk eingelegt waren.


Die Stadt ist im Ganzen regelmäßig und gut gebaut, so daß sie einen ganz freundlichen Eindruck macht. Das Pflaster ist durchweg gut. Der große viereckige Marktplatz ist rings von größeren, zum Theil recht stattlichen Gebäuden eingeschlossen. Ganz alte Häuser giebt es nicht, da nach dem großen Brande von 1709 nur wenig Häuser stehen blieben. Damals brannte auch die von 1269 stammende, im romanischen Stile gehaltene Kirche, eine Kreuzkirche, bis auf das Mauerwerk nieder. Der große geräumige Bau ward wieder errichtet und mit einem ansehnlichen Thurm versehen, blieb im uebrigen aber ganz schmucklos und einfach. 1861—1865 ward er indeß zum Theil neu hergestellt, zum Theil reparirt. U. A. wurde das Chorende durch einen neuen Anbau ersetzt, der im gothischen Stil ausgeführt wurde. Altar und Kanzel wurden vom Tischler Christiansen- Schwerin in Schnitzwerk, gleichfalls im gothischen Stil, hergestellt. Der Altar wurde außerdem mit einem neuen Altargemälde, Christus am Kreuze darstellend, vom Maler Fischer in Schwerin versehen, und an Stelle der alten mittelmäßigen Orgel ist ganz neuerdings ein neues tüchtiges Orgelwerk vom Orgelbauer Friese-Schwerin gebaut. Die nähere Umgebung der Kirche ist mit einer Linden-Allee besetzt, so daß Kirche und Kirchplatz der Stadt zur Zierde gereichen. Von sonstigen öffentlichen Gebäuden sind zu nennen das allerdings recht einfach gehaltene Rathhaus. Einen recht stattlichen Eindruck machen dagegen das Amtshaus, das vollkommen neu erbaute, auf der Nordseite der Stadt in Gärten belegene und am 7. Januar 1886 geweihte Schulhaus und das (Mieths-)Postgebäude vor dem Marktthor. Das Amtsgericht befindet sich in einem Flügelanbau am Amtshause. Die Stadt, deren Mauern bis aus einen geringen Bruchtheil völlig beseitigt sind, ist der größeren Hälfte nach von anmuthigen Spaziergängen eingefaßt, nämlich von zwei Wällen, dem langen und dem kurzen Wall, die eine Doppelreihe von Linden enthalten. Die Wälle haben zu beiden Seiten Gräben, die von der Boize abgeleitet sind. Das Rothehaus, ein ansehnliches, früher zum Domanium, jetzt aber zur Stadt gehöriges Gasthaus, liegt an dem hohen, steilen Elbufer und gewährt die schönste Aussicht auf die Elbe und ihre Ufer. Ueber die Elbe führt hier eine städt. Fähre nach dem hannoverschen Ufer zur Straße über Brakede nach Bleckede und Lüneburg. Neben dem Rothenhaus liegt das Schützenhaus, welches eine schöne, als Schießbahn dienende Linden-Allee hat. Unter den zahlreichen Gärten zeichnen sich der Flora-Garten (öffentlich), der Amtsgarten und mehrere Privatgärten durch ihre Schönheit aus, sowie auch der Begräbnißplatz, wenn man diesen anders als Garten bezeichnen darf. Das Kriegerdenkmal für die Gefallenen von 1870/71 auf dem Kreuzberge inmitten des Friedhofs ist ein einfacher, vierkantig behauener Sandstein auf einer Sandsteinplatte. Auf dem Friedhof liegt seit 1813 der französische Divisionsgeneral Morand, einer der bewährtesten Generale Napoleon I. Seine Gefährten hatten ihm ein Denkmal gesetzt, das indessen mit der Zeit stark verwittert war. 1874 ließ der Großherzog Friedrich Franz II. dies Grabmal auf seine Kosten erneuern. Wie die nähere, so hat auch die weitere Umgebung von Boizenburg große Reize, besonders westlich von der Stadt, wo die steil aufsteigenden Ufer der Elbe, die sog. Elbberge und der mächtige Strom selbst der Landschaft einen großartigen Charakter verleihen. Das Auge wird hier u. A. durch den Schloßberg gefesselt, der nahezu 50 m über der Elbe liegt, sonst mit Dornen und wildem Gesträuch bewachsen war und auch Mauerbruchstücke zeigte, nun aber längst beackert ist. Eine schöne Fernsicht bietet sich nicht blos vom Schloßberg, sondern auch von dem zum Friedhof gehörenden Kreuzberg über die Elbe, ebenso von den terrassenartig an den Elbbergen angelegten Privatgärten. Die Stadt selbst stellt sich am besten dar vom Sandberge und vom jenseitigen Elbufer aus von der Fährstelle zu Brakede.


Handel und Gewerbe, einst so bedeutend im Flor, haben aus den von uns schon angeführten Gründen längere Zeit schwer gelitten und sind auch jetzt noch keineswegs zu der ehemaligen Blüthe gelangt. Immerhin ist aber eine Wendung zum Bessern schon seit einiger Zeit zu verzeichnen. Es ist diese Besserung in erster Linie neueren Verkehrseinrichtungen zuzuschreiben. Außer der schon erwähnten Berlin-Hamburger Chaussee, die über Boizenburg führt (nach Ludwigslust 55, nach Lauenburg 13 km) hat Boizenburg auch eine fast directe Chausseeverbindung mit dem benachbarten Wittenburg (38 km), da sich von Vellahn an der Berlin-Hamburger Chaussee die 21 km lange Chaussee nach Wittenburg abzweigt. Was die Eisenbahn-Verbindungen anbelangt, so erhielt Boizenburg endlich, und zwar vom 1. September 1890 ab, die so lange vergeblich erstrebte Stadt- und Hafenbahn. Die 2,6 km lange Linie verschafft dem Ort den directen Eisenbahnanschluß an die Berlin- Hamburger Bahn (nach Hagenow 33,1 und nach Büchen 14 km). Die Bahn wurde in den Jahren 1889 und 1890 durch den Bauunternehmer Lenz-Stettin gebaut und kostete rund 185000 Mk, wozu die Stadt ein Drittel, das Land ein Drittel und Lenz ein Drittel zahlten. Das Risico der Bahn trägt Lenz vorläufig 14 Jahre und hat der Stadt 2 pCt. Zinsen für deren Beitrag zu sichern. Danach ist ein weiteres Abkommen zu treffen. Von hoher Wichtigkeit für Boizenburg war es ferner, daß schon vor Eröffnung der Hafenbahn eine bedeutende Verbesserung des Hafens stattgefunden hatte. Die Erweiterung, Vertiefung und der Ausbau des Hafens geschah in den Jahren 1887 bis 1889 und kostete im Ganzen etwa 85000 Mk mit Einschluß eines Staatszuschusses von 50000 Mk. Boizenburg hat durch diese Anlagen sichtlich eine Hebung seines Handels und seiner Industrie erreicht. Sehr bedeutend ist zur Zeit die Einfuhr der böhmischen Kohle, die jährlich in einem Durchschnittsquantum von 500000 Centnern hier eingeht und mit der Bahn weiter befördert wird. Auch die Ein- und Ausfuhr von englischen Steinkohlen und Roheisen sowie von Getreide trägt nicht unwesentlich zur Steigerung des Hafen- und Eisenbahnverkehrs bei. Von gewerblichen Anlagen führt der Staatskalender auf: 8 Gastwirthschaften, darunter eine Herberge zur Heimath, 16 Schenkwirthschaften, 1 Dampfmühle, 2 Wassermühlen, 1 Eisengießerei, 2 Werften, 1 Dampfsägerei, 1 Kalkbrennerei und 1 Ziegelei. Ueber die nachstehenden gewerblichen Anlagen haben wir folgendes Nähere ermittelt: Die Eisengießerei und Maschinenfabrik von F. W. Beckhaus (Inhaber Ingenieur C. Beckhaus) wurde 1853 begründet. Sie beschäftigt durchschn. 60 Arbeiter und eine Dampfmaschine von 14 Pferdekr. Die Holz-und Eisen-Schiffswerft von F. Lemm beschäftigt durchschn. 70 Arbeiter, eine Maschine von 16 Pferdekr. und hat elektrische Beleuchtung. Sie fertigt Dampfer und sonstige Wasserfahrzeuge, ferner Motorboote verschiedener Systeme. Die Anlage wurde bereits im vorigen Jahrhundert begründet und wurde zunächst nur Holzbau betrieben. Vom Jahre 1878 wurden jedoch hauptsächlich Fahrzeuge aus Eisen oder Stahl gebaut. Die Maschinenbauanstalt von H. Köhncke beschäftigt durchschn1. 10 Arbeiter. Die Fettschwärze und Lederfettfabrik von Hirsch und Richter versendet ihre Producten theilweise weit über Mecklenburg ja, Deutschland hinaus. Die Stadt hält drei Krammärkte, einen Vieh- und Pferdemarkt und monatlich einen Schweinemarkt ab. Früher hatte sie, und zwar von 1819 bis 1831, anscheinend einen eigenen Wollmarkt, der jedoch aus Mangel an Käufern und Verkäufern eingehen mußte. Aus gleichem Grunde mußte der Starken- und Füllenmarkt, der früher hier bestand, 1892 eingehen. Die Elbschiffahrt hatte vor Einführung der Eisenbahn für Boizenburg eine große Bedeutung. Es mußte hier der Zoll für alle stromaufwärts von Hamburg her kommenden Schiffe erlegt werden, und bei dem Elbzollamt, mit dem auch ein eigenes Elbzollgericht verbunden war, war ein zahlreiches Personal angestellt. Eine Dampfschifffahrtsgesellschaft konnte hier mit der besten Aussicht auf Erfolg eröffnet werden, und allein vom April bis August 1842 betrug die Zahl der Dampfschifffahrtspassagiere zwischen Boizenburg und Hamburg etwa 12000. Am lö. October 1846 ward jedoch die Eisenbahnlinie Boizenburg-Berlin und am 15. December 1846 Boizenburg bis Hamburg dem Verkehr übergeben, und nun schien es längere Zeit, als müsse die Elbschifffahrt ganz und gar der Concurrenz der Eisenbahn unterliegen. Wie wenig dies indeß der Fall ist, zeigt jetzt der Anblick des Elbstroms von Boizenburg aus, wo Tag für Tag mächtige Dampfer, Kähne und sonstige Wasserfahrzeuge flußauf-und flußabwärts von einer ungeahnten Steigerung des Elbverkehrs Zeugniß ablegen. Was die Elbfischerei anbelangt, so hat sie in den letzten Jahren namentlich durch die Steigerung der Dampfschifffahrt sehr abgenommen, insbesondere ist der Stör- und Lachsfang auf ein Minimum zurückgegangen. In alten Zeiten müssen namentlich viele Lachse bei Boizenburg gefangen sein, denn auch hier existirte, wie vielerwärts, eine alte Verordnung, wonach die Herrschaft ihren Dienstboten nur zweimal in der Woche Lachs geben durfte. Die Fischerei auf der Elbe stand früher dem Fischeramt zu, welches jedoch neuerdings aufgelöst worden, worauf die städtische Fischerei an einen Fischer verpachtet ist. Die Pacht beträgt zur Zeit 660 Mk. Was den Ackerbau betrifft, so ist der Acker größtentheils sehr gut, besonders so weit die Senkung der Elbberge - reicht. Die Feldmark Boizenburgs begreift außer Acker (theils Lehm-, theils Mittel- und Sandboden) Wiesen, gute Torfmoore und viel Heideland. Holzung war lange Zeit nur wenig vorhanden, doch wurden von Mitte der 50erJahre ab Stücke Heidelandes mit Tannen besamt und ist der Tannenbestand jetzt groß und von vorzüglichem Gedeihen.


Auf städtischem Gebiet liegen: 1) Altendorf bei Boizenburg (s.o.), 18 Büdner. 147 Einwohner. 2) Gamm bei Boizenburg (früher Pfänderhaus), Büdner, 5 (7) Einwohner. 3) Gehrum bei Boizenburg, 1/2 Meile nordwestlich von der Stadt an einem in die Stecknitz fließenden Bache. Gehrum wurde 1433 der Stadt vom Bisthum Ratzeburg zum Lehn gegeben, hat 9 Erbpächter, 1 Büdner und 3 Häusler, 76 (99) Einwohner. 4) Heide bei Boizenburg, 1/2 Meile nordwestlich (?) von der Stadt, Büdner-Colonie, 7 Büdner, 34 (35) Einwohner. 5) Metlitzhof bei Boizenburg, eine seit 1857 neu angelegte Kammerpachtung, 3/4 Meile nördlich von Boizenburg, Pachthof mit 35 Einwohnern. 6) Neuendämm bei Boizenburg 3/4 Meile nordwestlich von der Stadt, 2 Büdnereien mit 12 (11) Einwohnern. 7) Piperkaten bei Boizenburg, 1 1/4 Meilen nördlich von der Stadt, 1 Büdner, 6 Häusler,35 (15) Einwohner.


Der Magistrat bestand bis 1879 aus zwei Bürgermeistern und zwei Rathmännern, jetzt hat die Stadt nur einen Bürgermeister. Wird eine Magistratsstelle vacant, so schlägt der Magistrat zwei Candidaten zur Wahl vor, die repräsentirende Bürgerschaft wählt und die Wahl ist landesherrlich zu bestätigen. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Regierung. Der Bürgerausschuß zählt 12 Bürgerrepäsentanten, die durch Stimmzettel geheim gewählt werden, wobei, jeder Bürger der Stadt gleiches Stimmrecht hat.

Das städtische Siegelbild ist ein sehr einfaches, es besteht aus einer gezinnten Mauer mit Pforte und einem auf dieselbe gesetzten durch Gebäudeteile flankirten Thurm (einer Burg).—


Die Stadt wurde von den Grafen Gunzelin und Helmold von Schwerin durch Privileg vom Jahre 1267 mit dem lübschen Recht bewidmet. Bestätigungen erfolgten in den Jahren 1333, 1604, 1650 und 1657. Die Stadtabgaben sind sehr gering. Für das Jahr 1891 hatte die Stadtcasse. A. folgende Einnahmen aufzuweisen: An jährlichen Zinsen aus einem Activ-Capital von 183000 Mk. ca. 9400 Mk, Acker-, Garten- und Wiesenpacht 21050 Mk, Erbpacht der Kämmereidörfer 6700 Mk, Holzung 6000 MK, Weidegeld 6650 Mk, Torf 3000 Mk, Hafengeld 2000 Mk, Stadtabgaben 6100 Mk. — Ausgaben: An Zinsen incl. Sparcasse 7500 Mk, Beamtengehälter 19800 Mk, Beleuchtung und Reinigung der Straßen 2000 Mk, Armenwesen 17500 Mk, wozu durch Armengeld 6800 Mk beigetragen sind, Schulwesen 17000 Mk, Zuschuß an Stadtschulgehälter 8900 Mk, zur höheren Knabenschule 8868 Mk, zur höheren Töchterschule 500 Mk. Bedeutende Einnahmen bezieht die Stadt aus einer Elbweidenplantage (1700 Mk jährliche Pacht) und einer Rohrplantage (6—700 Mk Jahrespacht).


Die Kirche, an der zwei Prediger angestellt sind, ist landesherrlichen Patronats und hat einen sehr großen Sprengel von über 6200 Seelen. Die Prediger werden abwechselnd einmal nach Wahl der Gemeinde unter drei Candidaten und einmal mittelst Solitairpräsentation bestellt. Die Stadt hat eine städtische höhere Knabenschule, an der außerdem Dirigenten 1 Lehrer und 1 Assistent wirken und deren Ziel die Untertertia eines Realgymnasiums ist, ferner eine Bürgerschule, an der 1 Rector, 1 Conrector, 8 Lehrer und 2 Hülfslehrer unterrichten. Außerdem befindet sich in Boizenburg eine höhere Privat-Töchterschule. — Die Juden hatten hier früher eine Synagoge, die jedoch neuerdings von der hiesigen Freimaurerloge .,Vesta zu den drei Sternen" angekauft, umgebaut ist und jetzt als Logenhaus benutzt wird. Von den milden Stiftungen führt der Staatskalender die folgenden an: Das St. Jürgen-Stift (jährliche Aufkunft 5754 Mk), das Klepper'sche Jubiläumsstift, das Regas'sche Schullegat, der Prediger-Wittwenkasten, die Cantor Müller'sche Wittwenstiftung und das Rector-Witthum. Das St. Jürgen-Stift gewährt z.Zt. 16 Angehörigen von Bürgerfamilien ein Asyl für ihre alten Tage; es erhalten die Hospitaliten außer der Wohnung ein Stück Gartenland zu ihrer Benutzung und jährlich einen Sack Roggen. Diese Stiftung, deren Patronat dem Magistrat zusteht, hat einen bedeutenden Grundbesitz von Aeckern, Wiesen und Gärten; ihre Überschüsse werden zu 2/5 zu Schulzwecken, zu 2/5 für verschämte Arme und zu 1/5 zur Krankenpflege verwendet. Das Stiftsgebäude ist vor ca. 20 Jahren neu aufgebaut.

Geschichtliches Den Namen der in der Grafschaft Schwerin gelegenen wendischen Burg Boiceneburg leiten Einige ab von Boiniza, Bollwerk, Befestigungswerk; wahrscheinlicher hat jedoch auch hier der Name eines Gewässers, der Boize, dem anliegenden Orte den Namen gegeben, denn daß erst der Ort dem Gewässer den Namen giebt, kommt sehr selten vor. Im 12. und 13. Jahrhundert gab es auch im Lüneburgschen eine Familie von Boizeneborg, die den Kopf eines wilden Schweines im Schilde führte. Die alte Burg wurde 1206 von dem dänischen Statthalter in Nordalbingien, dem Albert von Orlamünde, zerstört, diente aber, später wieder aufgebaut, nach Vernichtung der dänischen Herrschaft in Deutschland durch den Grafen Heinrich von Schwerin, den schwerinschen Grafen der Boizenburger Linie (1274 bis 1349) zur gewöhnlichen Residenz, bis Boizenburg 1359 mit der Grafschaft Schwerin an Mecklenburg kam. Als in den 60erJahren im Mühlengarten an der Südseite der Stadt Ausgrabungen zu baulichen Zwecken vorgenommen wurden, entdeckte man dort altes Gemäuer mit noch wohlerhaltenen Burgverließen, so daß wohl anzunehmen ist, daß dort die alte Burg gestanden. Boizenburg wurde bereits 1255 als Stadt bezeichnet; es erhielt diese Stadt 1301 durch den Grafen Nikolaus I. neue Gerechtsame nebst der Feldmark Hude an der Elbe, wie sie denn überhaupt viele Privilegien und Freiheiten erwarb und bei ihrer glücklichen Lage bald durch Handel und Brauerei emporblühte. Im Jahre 1335 waren hier 14 Meßpriester. Als Stapelort für den Handel mit Lüneburger Salz war Boizenburg für Wismar so wichtig, daß es 1380 auf Kosten dieser letzteren Stadt mit einer Mauer versehen wurde. Bei dem Bruderkriege zwischen Herzog Ulrich und Johann Albrecht I. rückte der Herzog Heinrich von Braunschweig für Ulrich ins Land, besetzte Boizenburg und brandschatzte die ganze Gegend bis Wittenburg und Boizenburg mehrere Monate lang. Auch im 30jährigen Kriege hatte die Stadt viele Drangsale zu erdulden. Als König Christian IV. von Dänemark durch Tilly am 27. August 1626 bei Lutter am Barenberge total geschlagen war, sammelte er hier sein Heer und befestigte Boizenburg, um den Elbpaß zu vertheidigen. bis er von den Kaiserlichen vertrieben wurde. Im Jahre 1644, als die Kriegsfurie schon das übrige Mecklenburg seit 1639 verlassen hatte, nahm der kaiserliche General Gallas die Stadt ein, vertrieb die schwedische Besatzung und zerstörte das alte gräfliche Schloß bei derselben. Im Jahre 1719 rückten die Hannoveraner als Executionsarmee gegen Herzog Karl Leopold in Boizenburg ein und ließen hier eine Garnison zurück, die erst 1768 wieder abzog. Die Hannoveraner behielten für die Kosten des Executionszuges 1734 acht Aemter und unter ihnen Boizenburg als Pfandämter, die erst 1768 wieder eingelöst wurden und während dieser Zeit war nun Boizenburg der Sitz des hannoverschen Oberaufseheramts über diese Spezialhypothek. In Folge ihrer Lage hatte die Stadt auch während des französischen Krieges viel von Truppendurchmärschen und Einquartierungen zu leiden und die darüber angefertigte Kostenliquidation wies einen Betrag von 99491 Rthlrn. nach. Am 16. September 1813 wurden die Franzosen von hier zurück gedrängt und am 9. Juli 1814 hielt endlich die aus Frankreich zurückkehrende mecklenburgische Brigade hier ihren jubelvollcn Einzug. Dann hat Boizenburg noch wieder während des Schleswig-holsteinschen Krieges viele Durchzüge und Einquartierung gehabt. Es wurde hier damals — zu Anfang des Jahres 1851 — von den preußischen Pionieren eine Brücke über die Elbe geschlagen. Von großen Feuers¬ brünsten wurde die Stadt in den Jahren 1620, 1674 und 1709 heimgesucht.

Die Gründung der Stadt Boizenburg Karl Hoffmann

In: Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde, Band 94 (1930), S. 37-40 Die Gründung der Stadt Boizenburg (Vgl. Schlie a. a. O. Bd. 3 S. 111 ff; Bachmann a. a. O. S. 391; I. Hinselmann, Boizenburg (Meckl. Nachrichten, 24. April 1926, Nr. 44). Die Gründung der Stadt Boizenburg Karl Hoffmann In: Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde, Band 94 (1930), S. 37-40 Die Gründung der Stadt Boizenburg (Vgl. Schlie a. a. O. Bd. 3 S. 111 ff; Bachmann a. a. O. S. 391; I. Hinselmann, Boizenburg (Meckl. Nachrichten, 24. April 1926, Nr. 44), der Aufsatz ist ungenau.).

Die Stadt Boizenburg ist durch ihre Lage an der Elbe vor anderen mecklenburgischen Städten bevorzugt. Im Mittelalter führte die Salzstraße von Lüneburg nach den Ostseeländern sowie eine Landstraße über Mölln nach Lübeck hier über die Elbe (M.U.B. XVI, 10 118, 9524.). Dieser günstigen Lage verdankt die Stadt Boizenburg es wahrscheinlich, daß sie bereits in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts gegründet wurde. Im Jahre 1241 werden Ratmänner dieser Stadt genannt (M.U.B. I, 529, Consules.) und über 20 Jahre später (1267) wurde ihr das lübische Stadtrecht verliehen (M.U.B. II, 1127.). Wie aus der Urkunde hierüber, die städtische Verhältnisse bereits voraussetzt, hervorgeht, handelte es sich bei dieser Verleihung wohl nur um eine Bestätigung eines bereits vor 1267 bestehenden Rechtszustandes ("unser amptlude, he sy munter, tolner, edder Jode ...", werden als bereits in Boizenburg ansässig erwähnt.). Die Stadt hat unzweifelhaft schon vorher bestanden (M.U.B. I, 529. - Auch Wismar bekam erst 1266, ein Jahr früher wie Boizenburg, das lübische Recht (M.U.B. II, 1078); vgl. Crull, Ratslinie der Stadt Wismar, S. XII - XV. Er sieht die Verleihung des lübischen Rechtes an Wismar als den Abschluß einer Entwicklung an, durch die nichts wesentlich Neues ins Leben gerufen wurde.). Die verhältnismäßig frühe Stadtgründung hatte jedoch nicht nur verkehrsgeographische Voraussetzungen, die mit der günstigen Lage Boizenburgs erfüllt waren, sondern auch die historische Entwicklung wirkte dabei mit, die diesen Ort schon seit langer Zeit zu einem bevorzugten Platz gemacht hatte. Schon in slavischer Zeit war die Burg, die wahrscheinlich der wendische Volksstamm der Polaben (Die Nachrichten, die die terra Polaborum, die Heinrich von Badewiede verliehen wurde, näher bezeichnen (Helmold cap. 56), sprechen nur von den provinciae Raceburg, Wittenburg und Godebuz (M.U.B. I, 59). Die Polaben wohnten aber wahrscheinlich über die Grafschaft Ratzeburg hinaus. Vgl. F. Wigger, Mecklenburgische Annalen, Schwerin 1860, S. 107. M.U.B. I, 62 nennt der Papst als Sprengel des Bistums Ratzeburg "Sadenbandiam atque Polabiam totam". Darnach gehörte auch Boizenburg zu Polabien.) sich dort gebaut hatte, der Mittelpunkt des Landes, das nach ihr das Land Boizenburg genannt wurde (M.U.B. I, 290, 305.). Bei der Bedeutung dieser Burg ist es wahrscheinlich, daß auch eine slavische Ansiedlung in ihrer Nähe bestand (Schlie III, S. 122 sieht Altendorf als die Wiek der wendischen Burg an. Man kann in Altendorf auch ein deutsches Dorf, das vor der Stadtgründung hier bestand, erblicken. Vgl. S. 39 f.). Infolge der deutschen Kolonisation wurde die Herrschaft der Slaven auch hier beseitigt, aber die bedeutende Stellung dieser Burg dauerte auch unter der deutschen Herrschaft fort. Sie blieb der Mittelpunkt des Landes. Vermutlich stand dieses im Anfang der Kolonisation unter der besonderen Herrschaft Heinrichs des Löwen (Diese Ansicht teilt Meyer „Geschichte der Grafen von Ratzeburg und Dannenberg“, M.J.B. 76, S. 20, nicht. Er glaubt, daß die Ratzeburger Grafen dieses Gebiet von Anfang an besaßen, und begründet seine Ansicht mit der Urkunde vom Jahre 1216, in der Graf Albrecht von Holstein den Hamburgern u. a. die Freiheit vom Elbzoll in Boizenburg bestätigt (M.U.B. I, 221). Diese Freiheit ist ihnen, wie die Urkunde aussagt, von Heinrich dem Löwen und Graf Adolf (von Dassel, frühestens seit 1197 Graf von Ratzeburg) verliehen worden. Meyer schließt aus dem Vorkommen der Grafen von Ratzeburg in dieser Urkunde die Zugehörigkeit des Landes Boizenburg zur Grafschaft Ratzeburg. Diese Urkunde beweist aber nur, daß frühestens 1197 Boizenburg zu Ratzeburg gehörte. Außerdem wird Heinrich der Löwe im gleichen Zusammenhang ausdrücklich genannt. Ferner wird das Land Boizenburg bei Aufzählung der Länder der Grafschaft Ratzeburg nicht dazu gerechnet; M.U.B. I, 59 ), der die günstige Lage Boizenburgs in unmittelbarer Nähe seiner beiden Stützpunkte Lüneburg und Artlenburg erkannte und diesen wichtigen Ort durch eine Besatzung sicherte. Um das Jahr 1170 erscheint urkundlich mehrmals ein Graf von Boizenburg (M.U.B. I, 80, 90, 96.), woraus sich ziemlich sicher erkennen läßt, daß damals schon eine deutsche Burgbesatzung den wichtigen Elbübergang bewachte. Neben der deutschen Burg wird sich hier schon sehr früh eine deutsche Ansiedlung entwickelt haben. Denn außer der Burg hat auch schon zu Zeiten Heinrichs des Löwen eine Zollstätte dort bestanden, weil der Flußübergang hierfür geeignet war. Den Hamburgern wird schon von Heinrich dem Löwen eine Befreiung von diesem Zoll bewilligt (M.U.B. I, 221.). Auch eine Kirche war vielleicht schon vor der Stadtgründung vorhanden, denn mehr als 20 Jahre früher, als uns Ratmänner von Boizenburg genannt werden, lesen wir 1217 von einem Priester von Boizenburg in den Urkunden (M.U.B. I, 231, 236 erwähnen einen plebanus bzw. sacerdos von Boizenburg.). Vielleicht haben wir die erste deutsche Ansiedlung in "Altendorf" zu suchen, das in der Nähe des heutigen Boizenburg liegt. Dafür spricht der Name Altendorf selbst, in dem uns die Erinnerung an die alte Siedlung aufbewahrt zu sein scheint. Es ist anzunehmen, daß die Bürger, die bei der Gründung in die Stadt zogen, die alte Siedlung so benannten. Zu dieser Annahme paßt auch sehr gut, daß der Stadtplan ("Proiect wie die Stadt Boizenburg in Regularität kann wieder erbaut werden" aus dem Jahre 1710. Das Original (im Besitz der Stadt Boizenburg) konnte ich nicht einsehen. Auf eine Anfrage beim Rat der Stadt Boizenburg erhielt ich die Auskunft, daß sich die Veränderungen im Stadtplan bei dem Neubau der Stadt nach dem Brande 1710 nur auf die Verbreiterung der Straßen, nicht aber auf eine andere Straßenführung erstreckt habe, was auch durchaus wahrscheinlich ist.) keine Ähnlichkeit mit einem Dorfgrundriß erkennen läßt; denn die Stadt ist kreisförmig angelegt und hat regelmäßige, sich rechtwinklig schneidende Straßenzüge. Die Gründung erfolgte also wahrscheinlich in der Weise, daß neben einem bereits bestehenden Dorf die Stadt neu gebaut wurde. Ein ursprüngliches deutsches Dorf kann uns also, wenn es überhaupt noch vorhanden ist, nicht in der heutigen Stadt, sondern nur daneben erhalten sein. Andererseits ist auch die Möglichkeit, daß Altendorf die Wiek der alten Wendenburg gewesen ist, wie Schlie ( Schlie III, S. 122.) es behauptet hat, nicht von der Hand zu weisen. Die Städte in den deutschen Grafschaften Mecklenburgs sind gewöhnlich aus Dörfern erwachsen. Wenn Boizenburg eine Ausnahme macht, so ist der Grund hierfür wohl in der günstigen Lage dieses Ortes zu suchen. Schon früh scheint sich hier ein Marktverkehr entwickelt zu haben. Jedenfalls ist im Jahre 1218 in einer Urkunde des Grafen von Schwerin von einem Boizenburger Scheffelmaß die Rede ( M.U.B. I, 242. Heinrich, Graf von Schwerin, schenkt dem Benediktinerkloster Stade neun Scheffel Erbsen "nouem modios pisorum mensure Boytzenburgensis"). Diese Nachricht läßt auf einen gewissen Marktverkehr in Boizenburg schließen. Vielleicht hat der Markt schon von Anfang an an der Stelle gelegen, wo später die Stadt neben dem Dorf gegründet wurde.

Ortschroniken zu Boizenburg/Elbe

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