Boizenburg/Elbe

Aus Ortschroniken
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Boizenburg/Elbe ist die westlichste Stadt Mecklenburgs, gelegen im UNESCO-Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe-Mecklenburg-Vorpommern im Landkreis Ludwigslust-Parchim in Mecklenburg-Vorpommern (Deutschland). Die Stadt ist Verwaltungssitz des Amtes Boizenburg-Land, dem elf Gemeinden angehören, ist selbst aber amtsfrei (Quelle: Wikipedia).


Kenndaten des Orts
Name (heute)Boizenburg/Elbe
Regionale Einordnung (heute)
Postleitzahl19258
VerwaltungsamtAmt Boizenburg-Land
LandkreisLudwigslust-Parchim
Zahlen
Einwohner10.379 (31. Dez. 2015)
KoordinatenBreite: 53.375276 / Länge: 10.723426

Geographische Lage

Kurztext nach Quade

c. Getrennt im Südwestende des Landes: Stadt Boizenburg. (Lage. Allgemeines Stadtbild. Häuser- und Einwohnerzahl. Behörden und gemeinnützige Anlagen. Bauliches: Kirche, RathhauS, Amtshaus, Schulhaus, Posthaus. Nähere Umgebung. Denkmäler. Verkehrswege. Hafen. GewerblicheAnlagen. Märkte. Schifffahrt. Fischerei. Ackerbau. Kämmereibesitzungen. Stadtverfassung. Stadtsiceel. Stadtrecht. Stadtkasse. Kirchen- und Schulwesen. Wohlthätige Anstalten. Geschichtliches.)

Boizenburg, die westlichste Stadt des Landes, liegt am nördlichen Ufer des sich westlich unmittelbar bei der Stadt in die Elbe ergießende Boize-Flüßchcn das, bei dieser seiner Ausmündung in die Elbe einen guten und geschützten Hafen bildet. Die Vortheile dieser Lage an dem Haupt¬ strome des nördlichen Deutschlands wurden noch durch die Hamburg-Berliner Chaussee, die durch die Stadt führt, bedeutend erhöht. Thatsächlicn nahm auch Boizenburg lange Zeit den Rang als dritte Handelsstadt des Landes ein, es erhielt Waarenzufuhren aus den entlegensten Theilen des Landes,und selbst in der Wismarschen Gegend waren Wegweise nach Boizenburg nichts Seltenes. Da kam indeß die Eisenbahnzeit, die eine Verschiebundg des Verkehrs bewirkte, welche für Boizenburg äußerst nachtheilig war. Das erste mecklenburgische Eisenbahnproject hatte freilich eine Bahn zwischen Wismar und Hannover über Boizenburg ins Auge und später noch war wenigstens von einer Zweigbahn zur Verbindung des BoizenburgeHr Hafens mit der Berlin-Ham¬ burger Eisenbahn die Rede, aber das erstgenannte Project scheiterte und die letztgenannte Bahn verschaffte zwar den Boizenburgern einen Bahnhof, derselbe war aber von der Stadt 2,3 km entfernt und viele Jahre vergingen, ehe eine Eisenbahnverbindung zwischen diesem Bahnhof und dem Hafen zu Stande kam. So führte Boizenburg lange Zeit ein gewisses Stillleben und zog nur dann die öffentliche Auf¬ merksamkeiti in höherem Grade auf sich, wenn es von den großenElbüberschwemmungen heimgesucht wurde, was bei seiner niedrigen Lage oft genug geschah.Bedeutendere Ueberschwemmungen kamen vor 1799, 1845, 1855, 1862, 1865, 1876, 1881, 1882 und 1888. Hierbei,namentlich bei den Ueberschwemmungen von 1862 und 1876, wurde oft die ganze Stadt mit Ausnahme der sog.„Fünfhäuser"-Straße, der höchsten Stelle der Stadt, und einigen anderen Theilen unter Wasser gesetzt.Ein solch hoher Wasserstand bei dem das Wasser in vielen Wohnräumen bis zu 1,20 m Höhe stand, hielt manchmal zwei bis vier Wochen lang an, so daß die Stadt von allem Außenverkehr völlig abgeschnitten war und auch im Innern der Stadt Handel und Wandel fast völlig ruhte. Die Stadt hat eine fast runde Form, hatte früher auch zwei hübsche Thore, das Markt- und das Mühlenthor, die mit ihren weißen Thorhäusern und ihren Colonaden schon von Weitem angenehm ins Auge fielen. Die Thore sind indeß beseitigt. Vor dem Platze des Marktthors befinden sich nur wenige Häuser, an die sich unmittelbar das südöstlich von Boizenburg gelegene früher zum Domanium, jetzt aber zur Stadt gehörige Dorf Altendorf anschließt. Vor dem Mühlenthor ist eine Vorstadt. Boizenburg hat außerdem drei Hauptstraßen, die Königs-, Bau- und Reichenstraße. Weiter sind mehrer Nebengassen und eine rings um den Ort führende Straße vorhanden. Die Stadt zählt 3672 (3468) Einwohner, darunter 16 (24) Juden, ferner 426 Häuser. Die Versicherungssumme der in der städtischen Brandsocietät versicherten auf dem 35* 3002,9ha umfassenden Stadtgebiet gelegenen Gebäude betrug nachdem Abschluß von Ostern 1891 3058000 M.

Boizenburg ist Sitz eines Amtsgerichts,eines vereinten ritterschaftlichen Polizeiamts, eines Domanialamts, eines Post- und Telegraphenamts. II. Classe,eines Steueramts, eines Krankenhauses, eines Armenhauses, eines Vorschuß- Vereins e.G. und einer am 14. März 1833 begründeten Ersparnißanstalt, in, die am 1. Januar 1891 190682 M eingelegt waren. Die Stadt ist im Ganzen regelmäßig und gut gebaut, so daß sie einen ganz freundlichen Eindruck macht. Das Pflaster ist durchweg gut. Der große viereckige Markt¬ platz ist rings von größeren, zum Theil recht stattlichen Gebäuden eingeschlossen. Ganz alte Häuser giebt es nicht, da nach dem großen Brande von 1709 nur wenig Häuser stehen blieben. Damals brannte auch die von 1269 stammende, im romanischen Stile gehaltene Kirche, eine Kreuzkirche, bis auf das Mauerwerk nieder. Der große geräumige Bau ward wieder errichtet und mit einem ansehnlichen Thurm versehen, blieb im uebrigen aber ganz schmucklos und einfach. 1861—1865 ward er indeß zum Theil neu hergestellt, zum Theil reparirt. U. A. wurde das Chorende durch einen neuen Anbau ersetzt, d,er im gothischen Stil ausgeführt wurde. Altar und Kanzel wurden vom Tischler Christiansen- Schwerin in Schnitzwerk, gleichfalls im gothischen Stil, hergestellt. Der Altar wurde außerdem mit einem neuen Altargemälde, Christus am Kreuze darstellend,vom Maler Fischer in Schwerin versehen, und an Stelle der alten mittelmäßigen Orgel ist ganz neuerdings ein neues tüchtiges Orgelwerk vom Orgelbauer Friese-Schwerin gebaut. Die nähere Umgebung der Kirche ist mit einer Linden-Allee besetzt, so daß Kirche und Kirchplatz der Stadt zur Zierde gereichen. Von sonstigen öffentlichen Gebäuden sind zu nennen das allerdings recht einfach gehaltene Rathhaus. Einen recht stattlichen Eindruck machen dagegen das Amtshaus, das vollkommen neu erbaute, auf der Nordseite der Stadt in Gärten belegene und am 7. Januar 1886 geweihte Schul¬ haus und das (Mieths-)Postgebäude vor dem Marktthor.

548 Boizenburg. Nähere Umgebung. Denkmäler. 54g Das Amtsgericht befindet sich in einem Flügelanbau am Amtshause. Die Stadt, deren Mauern bis aus einen geringen Bruchtheil völlig beseitigt sind, ist der größeren Halste nach von anmuthigen Spaziergängen eingefaßt, nämlich von zwei Wällen, dem langen und dem kurzen Wall, die eine Doppel¬ reihe von Linden enthalten. Die Wälle haben zu beiden Seiten Gräben, die von der Boize abgeleitet sind. Das Rothehaus, ein ansehnliches, früher zum Domanium, jetzt aber zur Stadt gehöriges Gasthaus, liegt an dem hohen, steilen Elbufer und gewährt die schönste Aussicht auf die Elbe und ihre Ufer. Ueber die Elbe führt hier eine städt. Fähre nach dem hannoverschen Ufer zur Straße über Brakede nach Bleckede und Lüneburg. Neben dem Rothenhaus lieget das Schützenhaus, welches eine schöne,als Schießbahn dienende Linden-Allee hat. Unter den zahlreichen Gärten zeichnen sich der Flora-Garten (öffentlich),der Amts¬ garten und mehrere Privatgärten durch ihre Schönheit aus, sowie auch der Begräbnißplatz, wenn man diesen anders als Garten bezeichnen darf. Das Kriegerdenkmal für die Gefallenen von 1870/71 auf dem Kreuzberge inmitten des Friedhofs ist ein einfacher, vierkantig behauener Sandstein auf einer Sandsteinplatte. Auf dem Friedhof liegt seit 1813 der französische Divisionsgeneral Morand, einer der bewährtesten Generale Napoleon I. Seine Gefährten hatten ihm ein Denkmal gesetzt, das indessen mit der Zeit stark verwittert war. 1874 ließ der Großherzog Friedrich Franz II. dies Grabmal auf seine Kosten erneuern. Wie die nähere, so hat auch die weitere Umgebung von Boizenburg große Steige, besonders westlich von der Stadt, wo die steil auf¬ steigenden Ufer der Elbe, die sog. Elbberge und der mächtige Strom selbst der Landschaft einen großartigen Charakter verleihen. Das Auge wird hier u. A. durch den Schloßberg gefesselt, der nahezu 50 m über der Elbe liegt, sonst mit Dornen und wildem Gesträuch bewachsen war und auch Mauerbruchstücke zeigte, nun aber längst beackert ist. Eine schöne Fernsicht bietet sich nicht blos vom Schloßberg, sondern auch von dem zum Friedhof gehörenden Kreuzberg über die Elbe, ebenso von den terrassenartig an den Elbbergen angelegten Privatgärten. Die Stadt selbst stellt sich am besten dar vom Sandberge und vom jenseitigen Elbufer aus von der Fährstelle zu Brakede. Handel und Gewerbe, einst so bedeutend im Flor, haben aus den von uns schon angeführten Gründen längere Zeit schwer gelitten und sind auch jetzt noch keineswegs zu der ehemaligen Blüthe gelangt. Immerhin ist aber eine Wendung zum Bessern schon seit einiger Zeit zu verzeichnen. Es ist diese Besserung in erster Linie neueren Verkehrseinrichtungen zuzuschreiben. Außer der schon erwähnten Berlin-Hamburger Chaussee, die über Boizenburg führt (nach Ludwigslust 55, nach Lauenburg 13 km) hat Boizenburg auch eine fast directe Chausseeverbindung mit dem benachbarten Wittenburg(38 1cm), da sich von Vellahn an der Berlin-Hamburger Chaussee die 21 km lange Chaussee nach Wittenburg abzweigt. Was die Eisenbahn-Verbindungen anbelangt, so erhielt Boizenburg endlich, und zwar vom 1. September1890 ab, die so lange vergeblich erstrebte Stadt- und Hafenbahn. Die 2,6 km lange Linie verschafft dem Ort den directen Eisenbahnanschluß an die Berlin- Hamburger Bahn (nach Hagenow 33,1 und nach Büchen 14 km). Die Bahn wurde in den Jahren 1889 und 1890 durch den Bauunternehmer Lenz-Stettin gebaut und kostete rund 185000 Mk, wozu die Stadt ein Drittel, das Land ein Drittel und Lenz ein Drittel zahlten. Das Risico der Bahn trägt Lenz vorläufig 14 Jahre und hat der Stadt 2 pCt. Zinsen für deren Beitrag zu sichern. Danach ist ein weiteres Abkommen zu treffen. Von hoher Wichtigkeit für Boizenburg war es ferner, daß schon vor Eröffnung der Hafenbahn eine bedeutende Verbesserundges Hafens statt¬ gefunden hatte. Die Erweiterung, Vertiefung und der Ausbau des Hafens geschah in den Jahren 1887 bis 1889 und kostete im Ganzen etwa 85000 Mk mit Einschluß eines Staatszuschusses von 50000 Mk. Boizenburg hat durch diese Anlagen sichtlich eine Hebung seines Handels und seiner Industrie erreicht. Sehr bedeutend Ist zur Zeit die Einfuhr der böhmischen Kohle, die jährlich Gewerbliche Anlagen. Märkte. Schifffahrt. 551 in einem Durchschnittsquantum von 500000 Centnern hier eingeht und mit der Bahn weiter befördert wird. Auch die Ein- und Ausfuhr von englischen Steinkohlen und Roheisen sowie von Getreide trägt nicht unwesentlich zur Steigerung des Hafen- und Eisenbahnverkehrs bei. Von gewerb¬ lichen Anlagen führt der Staatskalendearuf: 8 Gastwirth¬ schaften, darunter eine Herberge zur Heimath, 16 Schenkwirthschaften, 1 Dampfmühle,2 Wassermühlen, 1 Eisengießerei, 2 Werften,1 Dampfsägerei, 1 Kalkbrennerei und 1 Ziegelei. Ueber die nachstehenden newerblichen Anlagen haben wir folgendes Nähere ermittelt: Die Eisengießerei und Maschinenfabrik von F. W. Beckhaus (Inhaber Ingenieur C.Beckhaus) wurde 1853 begründet. Sie beschäftigt durchschn. 60 Arbeiter und eine Dampfmaschine von 14 Pferdekr. Die Holz-und Eisen-Schiffswerft von F. Lemm beschäftigt durchschn. 70 Arbeiter, eine Maschine von 16 Pferdekr. und hat elektrische Beleuchtung. Sie fertigt Dampfer und sonstige Wasserfahrzeuge, ferner Motorboote verschiedener Systeme. Die Anlage wurde bereits im vorigen Jahrhundert begründet und wurde zunächst nur Holzbau betrieben. Vom Jahre 1878 wurden jedoch hauptsächlich Fahrzeuge aus Eisen oder Stahl gebaut.— Die Maschinenbauanstalt von H. Köhncke beschäftigt durchschn1. 0 Arbeiter.— Die Fettschwärze und Lederfettfabrik von Hirsch und Richter versendet ihre Productentheilweisenweit über Mecklenburg ja, Deutschland hinaus. Die Stadt hält drei Krammärkte, einen Vieh- und Pferdemarkt un dmonatlich einen Schweinemarkt ab. Früher hatte sie, und zwar von 1819 bis 1831, anscheinend einen eigenen Wollmarkt, der jedoch aus Mangel an Käufern und Verkäufern eingehen mußte. Aus gleichem Grunde mußte der Starken und Füllenmarkt, der früher hier bestand, 1892 eingehen. Die Elbschiffahrt hatte vor Einführung der Eisenbahn für Boizenburg eine große Bedeutung. Es mußte hier der Zoll für alle stromaufwärts von Hamburg her kommenden Schiffe erlegt werden, und bei dem Elbzollamt, mit dem auch ein eigenes Elbzollgericht verbunden war, war ein zahlreiches Personal angestellt. Eine Dampfschifffahrts gesellschaft konnte hier mit der besten Aussicht auf Erfolg eröffnet werden, und allein vom April bis August 1842 betrug die Zahl der Dampfschifffahrtspassagiere zwischen Boizenburg und Hamburg etwa 12000. Am lö.October1846 ward jedoch die Eisenbahnlinie Boizenburg-Berlin und am 15. December1846 Boizenburg bis Hamburg dem Verkehr übergeben, und nun schien es längere Zeit, als müsse die Elbschifffahrt ganz und gar der Concurrenz der Eisenbahn unterliegen. Wie wenig dies indeß der Fall ist, zeigt jetzt der Anblick des Elbstroms von Boizenburg aus, wo Tag für Tag mächtige Dampfer, Kähne und sonstige Wasserfahrzeuge flußauf-und flußabwärts von einer ungeahnten Steigerung des Elbverkehrs Zeugniß ablegen. Was die Elbfischerei anbelangt, so hat sie in den letzten Jahren namentlich durch die Steigerung der Dampfschifffahrt sehr abgenommen, insbesondere ist der Stör- und Lachsfang auf ein Minimum zurückgegangen. In alten Zeiten müssen namentlich viele Lachse bei Boizenburg gefangen sein, denn auch hier existirte, wie vielerwärts, eine alte Verordnung, wonach die Herrschaft ihren Dienstboten nur zweimal in der Woche Lachs geben durfte. Die Fischerei auf der Elbe stand früher dem Fischeramt zu, welches jedoch neuerdings aufgelös tworden, worauf die städtische Fischerei an einen Fischer verpachtet ist. Die Pacht beträgt zur Zeit 660 Mk. Was den Ackerbau betrifft, so ist der Acker größtentheils sehr gut, besonders so weit die Senkung der Elbberge - reicht. Die Feldmark Boizenburgs begreift außer Acker(theils Lehm-, theils Mittel- und Sandboden) Wiesen, gute Torfmoore und viel Heideland. Holzung war lange Zeit nur wenig vorhanden, doch wurden von Mitte der 50erJahre ab Stücke Heidelandes mit Tannen besamt und ist der Tannenbestand jetzt groß und von vorzüglichem Gedeihen.


Auf städtischem Gebiet liegen: 1) Altendorf bei Boizenburg(S. 547), 18 Büdner. 147 Einwohner. Kämmereibesitzung, Stadtverfassung. Stadtsiegel, Stadtrecht. 2) Gamm bei Boizenburg(früher Pfänderhau1s), Büdner, 5 (7) Einwohner. 3) Gchrum bei Boizenburg, 1/2 Meile nordwestlich von der Stadt an einem in die Stecknitz fließenden Bache. Gehrum wurde 1433 der Stadt vom Bisthum Ratzeburg zum Lehn gegeben, hat 9 Erbpächter,1 Büdner und 3 Häusler, 76 (99) Einwohner. 4) Heide bei Boizenburg,'/s Meile nordwestlich von der Stadt, Büdner-Colonie, 7 Büdner, 34 (35) Einwohner. 5) Metlitzhof bei Boizenburg, eine seit 1857 neu angelegte Kammerpachtung 3/4 Meile nördlich von Boizenburg, Pachthof mit 35 Einwohnern. 6) Neuendämm bei Boizenburg 3/4 Meile nordwestlich von der Stadt, 2 Büdnereien mit 12 (11) Einwohnern. 7) Piperkaten bei Boizenburg, 1 1/4 Meilen nördlich von der Stadt, 1 Büdner, 6 Häusler,35 (15) Einwohner.


Der Magistrat bestand bis 1879 aus zwei Bürgermeistern und zwei Rathmännern, jetzt hat die Stadt nur einen Bürgermeister. Wird eine Magistratsstelle vacant, so schlägt der Magistrat zwei Candidaten zur Wahl vor, die repräsentirende Bürgerschaft wählt und die Wahl ist landes¬ herrlich zu bestätigen. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Regierung. Der Bürgeransschuß zählt 12 Bürgerrepäsentanten, die durch Stimmzettel geheim gewählt werden, wobei, jeder Bürger der Stadt gleiches Stimmrecht hat. — Das städtische Siegelbild ist ein sehr einfaches, es besteht aus einer gezinnten Mauer mit Pforte und einem auf dieselbe gesetzten durch Gebäudeteile flankirten Thurm (einer Burg).—


Die Stadt wurde von den Grafen Gunzelin und Helmold von Schwerin durch Privileg vom Jahre 1267 mit dem lübschen Recht bewidmet. Bestätigungen erfolgten in den Jahren 1333, 1604, 1650 und 1657. Die Stadtabgaben sind sehr gering. Für das Jahr 1891 hatte die Stadtcasse. A. folgende Einnahmen aufzu¬ weisen: An jährlichen Zinsen aus einem Activ-Capital von 183000 Mk. ca. 9400 Jk, Acker-,Garten- und Wiesen¬ pacht 21050 Jk, Erbpacht der Kämmereidörfer 6700 J6,


Holzung 6000 Ji, Weidegeld 6650 Ji, Torf 3000 Ji, Hafengeld 2000 Ji, Stadtabgaben 6100 Ji. — Ausgaben: An Zinsen incl. Sparcasse 7500 M, Beamteugehälter 19800 Ji, Beleuchtung und Reinigung der Straßen 2000A, Armenwesen 17500 Ji, wozu durch Armengeld 6800 Jls beigetragen sind,Schulwesen 17000 Jk, Zuschuß an Stadtichulgehälter 8900 Ji, zur höheren Knabenschule 8868 Ji, zur höheren Töchterschule 500 Ji. Bedeutende Einnahmen bezieht die Stadt aus einer Elbweidenplantag(e1700Ji jährliche Pacht) und einer Rohrplantage(6—700 Ji Jahrespacht). Die Kirche, an der zwei Prediger angestellt sind, ist landesherrlichen Patronats und hat einen sehr großen Sprengel von über 6200 Seelen. Die Prediger werden abwechselnd einmal nach Wahl der Gemeinde unter drei Candidaten und einmal mittelst Solitairpräsentation bestellt. Die Stadt hat eine städtische höhere Knabenschule, au der außerdem Dirigenten 1 Lehrer und 1 Assistent wirken und deren Ziel die Untertertia eines Realgymnasiums ist, ferner eine Bürger¬ schule, an der 1 Rector,1 Conrector,8 Lehrer und 2 Hülfslehrer unterrichten. Außerdem befindet sich in Boizenburg eine höhere Privat-Töchterschule. — Die Juden hatten hier früher eine Synagoge, die jedoch neuerdings von der hiesigen Freimaurerloge .,Vesta zu den drei Sternen" angekauft, umgebaut ist und jetzt als Logenhaus benutzt wird. Von den milden Stiftungen führt der Staatskalender die folgenden an: Das St. Jürgen-Stift (jährliche Auf¬ kunft 5754 Mk), das Klepper'sche Jubiläumsstift, das Regas'sche Schullegat, der Prediger-Wittwenkastend, die Cantor Müller'sche Wittwenstiftung und das Rector-Witthum. Das St. Jürgen-Stift gewährt z.Zt. 16 Angehörigen von Bürgerfamilien ein Asyl für ihre alten Tage; es erhalten die Hospitaliten außer der Wohnung ein Stück Gartenland zu ihrer Benutzung und jährlich einen Sack Roggen. Diese Stiftung, deren Patronat dem Magistrat zusteht,hat einen bedeutenden Grundbesitz von Aeckern, Wiesen und Gärten; ihre Überschüsse werden zu 2/5 zu Schulzwecken, zu 2/5 für verschämte Arme und zu 1/5 zur Krankenpflege verwendet. Das Stiftsgebäude ist vor ca. 20 Jahren neu aufgebaut.

Geschichtliches Den Namen der in der Grafschaft Schwerin gelegenen wendischen Burg Boiceneburg leiten Einige ab von Boiniza, Bollwerk, Befestigungswerk; wahrscheinlicher hat jedoch auch hier der Name eines Gewässers, der Boize, dem anliegenden Orte den Namen gegeben denn daß erst der Ort dem Gewässer den Namen giebt, kommt sehr selten vor. Im 12. und 13. Jahrhundert gab es auch im Lüneburgschen eine Familie von Boizeneborg, die den Kopf eines wilden Schweines im Schilde führte. Die alte Burg wurde 1206 von dem dänischen Statthalter in Nordalbingien, dem Albert von Orlamünde, zerstört, diente aber, später wieder aufgebaut, nach Vernichtung der dänischen Herrschaft in Deutschland durch den Grafen Heinrich von Schwerin, den schwerinschen Grafen der Boizenburger Linie (1274 bis 1349) zur gewöhnlichen Residenz, bis Boizenburg 1359 mit der Grafschaft Schwerin an Mecklenburg kam. Als in den 60erJahren im Mühlengarten an der Südseite der Stadt Ausgrabungen zu baulichen Zwecken vorgenommen wurden, entdeckte man dort altes Gemäuer mit noch wohlerhaltenen Burgverließen, so daß wohl anzunehmen ist, daß dort die alte Burg gestanden. Boizenburg wurde bereits 1255 als Stadt bezeichnet; es erhielt diese Stadt 1301 durch den Grafen Nikolaus I. neue Gerechtsame nebst der Feldmark Hude an der Elbe, wie sie denn überhaupt viele Privilegien und Freiheiten erwarb und bei ihrer glücklichen Lage bald durch Handel und Brauerei emporblühte. Im Jahre 1335 waren hier 14 Meßpriester. Als Stapelort für den Handel mit Lüneburger Salz war Boizcnburg für Wismar so wichtig, daß es 1380 auf Kosten dieser letzteren Stadt mit einer Mauer versehen wurde. Bei dem Bruderkriege zwischen Herzog Ulrich und Johann Albrecht I. rückte der Herzog Heinrich von Braunschweig für Ulrich ins Land, besetzte Boizenburg und brandschatzte die ganze Gegend bis Wittenburg und Boizenburg mehrere Monate lang. Auch im 30jährigen Kriege hatte die Stadt viele Drangsale zu erdulden.. Als König Christian IV. von Dänemark durch Tilly am 27. August 1626 bei Lutter am Barenberge total geschlagen war, sammelte er hier sein Heer und befestigte Boizenburg, um den Elbpaß zu vertheidigen bis er von den Kaiserlichen vertrieben wurde. Im Jahre 1644, als die Kriegsfurie schon das übrige Mecklenburg seit 1639 verlassen hatte, nahm der kaiserliche General Gallas die Stadt ein, vertrieb die schwedische Besatzung und zerstörte das alte gräfliche Schloß bei derselben. Im Jahre (1719 rückten die Hannoveraner als Executionsarmee gegen Herzog Karl Leopold in Boizenburg ein und ließen hier eine Garnison zurück, die erst 1768 wieder abzog. Die Hannoveraner behielten für die Kosten des Executionszuges 1734 acht Aemter und unter ihnen Boizenburg als Pfandämter, die erst 1768 wieder eingelöst wurden und während dieser Zeit war nun Boizenburg der Sitz des hannoverschen Oberaufseheramts über diese Spezialhypothek.In Folge ihrer Lage hatte die Stadt auch während des französischen Krieges viel von Truppendurchmärschen und Einquartierungen zu leiden und die darüber angefertigte Kostenliquidation wies einen Betrag von 99491 Rthlrn. nach. Am 16. September 1813 wurden die Franzosen von hier zurück gedrängt und am 9. Juli 1814 hielt endlich die aus Frankreich zurückkehrende mecklenburgische Brigade hier ihren jubelvollcn Einzug. Dann hat Boizenburg noch wieder während des Sschleswig-holsteinschen Krieges viele Durchzüge und Einquartierung gehabt. Es wurde hier damals — zu AnfangdesJahres 1851 — von den preußischen Pionieren eine Brücke überdie Elbe geschlagen. Von großen Feuers¬ brünsten wurde die Stadt in den Jahren 1620, 1674 und 1709 heimgesucht....

* Die Gründung der Stadt Boizenburg Karl Hoffmann

In: Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde, Band 94 (1930), S. 37-40 Die Gründung der Stadt Boizenburg (Vgl. Schlie a. a. O. Bd. 3 S. 111 ff; Bachmann a. a. O. S. 391; I. Hinselmann, Boizenburg (Meckl. Nachrichten, 24. April 1926, Nr. 44).

Ortschroniken zu Boizenburg/Elbe


Die Boizenburger Straßennamen

Straßennamen sind als offizielle Lagebezeichnungen allgemein noch nicht sehr alt, so auch in Boizenburg. Jugler führt 1797 in seiner „Beschreibung der Stadt Boizenburg“ aus: „Die Stadt enthält zwei öffentliche Plätze, fünf Hauptstrassen, und mehrere kleine Strassen. Die Plätze sind der geräumige und symmetrische Markt, auf dem zwei öffentliche Brunnen stehen, und der Kirchhof. Von den Hauptstrassen gehen zwei von Norden nach Süden; die eine an der Westseite, vom Mühlenthore bis zu Ende des Bullenbergs (Klingbergstraße, D.G.), die meines Wissens keinen eignen Namen hat, und die Andere an der Ostseite, vom südlichen Ende des Kirchhofes bis an den Herrengraben, welche die Mühlenstrasse heißt, aber jenseits des Stadthauses den eigentlichen Namen: auf der Amtsfreiheit bekommt: drei derselben gehen von Osten nach Westen, nämlich die Erste an der Südseite, beinahe in der Mitte der Stadt, vom Markte bis vor dem Büttelthurme, die Reichenstrasse; die Zweite an der Nordseite, vom Kirchhofe an, bis auf die Strasse, die vom Mühlenthore bis zu Ende des Bullenbergs geht, die Baustrasse; und die Letztere, zwischen diesen beiden, vom Markte bis an eben die Strasse vom Mühlenthore nach dem Bullenberge, die Königstraße. Die kleineren Strassen, die theils dicht am Walle weglaufen, theils die Hauptstrassen durchschneiden, sind meistens ohne Namen, wenigstens sind mir nur folgende derselben bekannt geworden: die zwischen dem Stadthause und der Amtsfreiheit anfängt, und queer nach Westen hinläuft, heißt auf dem Bullenberge; die nach Norden hinter der Baustraße und mit dieser parallel geht, die Petersilienstraße; die, welche von der Baustrasse queer durch nach der Königstrasse führt, auf dem Schweinsrücken; und diejenige endlich, die zwischen der Königstrasse und der Reichenstrasse, mit beiden parallel, durchgeht auf den Fiefhusen. Der Bullenberg, der den nordwestlichen (?) Winkel der Stadt begreift, macht zugleich den schlechtesten und schmutzigsten Theil derselben aus. Etliche andere Gegenden werden nach den benachbarten Plätzen oder Gebäuden benannt, zum Beispiel: bei dem Marktthore (heute Markttorstraße); hinter dem Rathause (zum Markt gehörig); bei dem Pulverthurme (Teil der Kleinen Wallstraße); am Kirchhofe (Kirchplatz); bei dem Büttelthurme (westlichster Teil der Reichenstraße), usw. Alle Hauptstrassen, etwa den Eingang in die vom Mühlenthore nach dem Bullenberge ausgenommen, sind gerade und breit, besonders aber die Königstrasse, und selbst die mehrsten der kleineren Gassen gehen ungekrümmt; ein Vorzug, deren die Stadt vor vielen anderen Landstädten voraus hat, und den sie dem großen Feuerschaden vom Jahre 1709 verdankt.“

Ebenso wie es an amtlichen Straßennamen fehlte, hat es zu dieser Zeit noch keine Hausnummern gegeben. Die Häuser waren mit Nummern des Steuerkatasters versehen, die nicht straßenweise geordnet waren. Erst mit einer Satzung vom 26.Februar 1914 wurde sukzessive begonnen, neue Hausnummern „und zwar für jede Straße besonders“ einzuführen. Die Hausnummern führen wie in anderen Städten der Region (z.B. Lüneburg) in der Altstadt und am Bahnhof umlaufend um Straßen und Plätze. Erst später wurde der Wechsel zwischen geraden und ungeraden Hausnummern auf den beiden Straßenseiten eingeführt.

Der Schweriner Historiker Wilhelm Jesse schrieb in einem Beitrag für die „Mecklenburgische Zeitung“ vom 6. April 1913 unter dem Titel „Die Schweriner Straßennamen“: „Straßennamen sind eigentlich ursprünglich nichts weiter als Flurnamen. Die Beschaffenheit des Ortes, benachbarte oder anliegende Gebäude, ihre Anwohner und deren Beschäftigung haben zuerst Straßenzügen einen Namen gegeben. In den Straßennamen einer Stadt spiegelt sich also ein großer Teil ihrer Geschichte. Sie sind oft die einzigen lebenden Zeugen vergangener Verhältnisse und darum für die Gegenwart mit ihrem überall regen Interesse an der Pflege des Heimatsinnes von großem Wert. Die Straßennamen einer Stadt vor dem Untergang zu schützen, ist eine ebenso dankbare Aufgabe wie der Schutz des Ortsbildes ... .“

Die historischen Straßennamen in Boizenburg sind nach eben diesen Prinzipien zustande gekommen. Sie waren zunächst, wie es bei Jugler anklingt, nur inoffizielle Namen, die wie Flurnamen aus dem Volksmund herkommend eine Lage bezeichneten. Das wird besonders deutlich an der zweiten Kategorie der von Jugler beschriebenen Namen, wie „bei dem Marktthore“. Daraus wurden dann teilweise die heutigen Straßennamen, wie die Markttorstraße. Die Herleitung der Straßennamen nach besonderen Merkmalen aus der Topographie, Lage an Gebäuden usw. lässt sich allgemein – und nicht nur in Boizenburg – beobachten. Damit wird die These Jesses gestützt, dass Straßennamen ursprünglich nichts anderes als Flurnamen seien. Sie geben uns Zeugnis von der Geschichte einer Stadt und sind deshalb als volkskundliche Kategorie schützenswert wie Bau- und Naturdenkmale. Umso weniger ist der Drang zur Umbenennung insbesondere aus politischen Gründen nachvollziehbar.

Die Benennung nach Personen ist in den mecklenburgischen Städten erst um die Mitte des 19.Jahrhunderts zu beobachten. In Boizenburg findet diese Kategorie gar erst, wenn man von der Duensingstraße absieht, in den 1930er Jahren beim Bau der Stadtrandsiedlung Eingang. Dort wurde diese Tradition nach der politisch notwendigen Umbenennung 1945 in Teilen fortgesetzt.

Bereits die Stadterweiterungen des 19. und des frühen 20. Jahrhunderts griffen für die Straßennamen auf Flurnamen zurück, z. B. „An der Quöbbe“. Hinzu kamen im 20. Jahrhundert Straßennamen nach heimischen Bäumen, erstmalig „Lindenstraße“ und bereits früher nach den Zielen der nach auswärts führenden Straßen, wie der „Schwartower Straße“.

Für die obige Feststellung Jesses zum Umgang mit den Straßennamen, die darin mündete, dass Schwerin in den Jahren zuvor mit den Straßennamen nicht sehr tradtionsbewusst umgegangen sei, führt er eine Reihe von Umbenennungen an, mit denen die historischen Bezüge zerstört wurden.

In Schwerin waren die Umbenennungen größtenteils aber nicht ausschließlich politisch motiviert. Nun sind in Boizenburg auch unter Berücksichtigung des wesentlich kleineren Bestandes an Straßennamen nicht gar so häufig Umbenennungen erfolgt. Größere Aktionen gab es 1945, als die auf der Siedlung in den 1930er Jahren entstandenen, nach Größen des Nationalsozialismus und „Helden“ des Ersten Weltkrieges benannten Straßen umbenannt werden mussten. Es erfolgten Benennungen nach Sozialisten und Kommunisten. Eine kleinere Reihe von Umbenennungen betraf gerade die historischen Straßen der Altstadt als zunächst in den 1940er Jahren die Königstraße in Karl-Marx-Straße, dann der Markt in Stalinplatz, die Reichenstraße in Klara-Zetkin-Straße, die Baustraße in Straße der Solidarität sowie in der Bahnhofsvorstadt die Duensingstraße in Karl-Liebknecht-Straße und die Bahnhofstraße in Wilhelm-Pieck-Straße benannt wurden. Gerade diese Aktionen betrafen die Straßennamen, die die Tradition verkörperten. Mit dem Ende des extremen Stalinismus wurde 1960/61 auch die Neubenennung des Marktes erforderlich. Man besann sich jedoch nicht auf die Tradition, sondern nannte ihn Platz des Friedens. In der Bevölkerung in Boizenburg und Umgebung war es jedoch immer der Markt geblieben. Eine weitere Aktion kleineren Umfanges ergab sich aus dem Abgrenzungsbestreben der DDR-Führung zur Bundesrepublik. Unter dem Vorwand der Ehrung Otto Grotewohls, des ersten Ministerpräsidenten der DDR, nutzte man 15 Jahre nach seinem Tod den 85. Geburtstag, um die Hamburger Straße als Otto-Grotewohl-Straße neu zu benennen. Gleichzeitig bezog man aber auch den Lauenburger Postweg in die Bergstraße ein.

Nach der politischen Wende 1989/90 erfolgten dann Rückbenennungen oder Neubenennungen: Platz des Friedens - Markt Karl-Marx-Straße - Königstraße Klara-Zetkin-Straße - Reichenstraße Straße der Solidarität - Baustraße Otto-Grotewohl-Straße - Hamburger Straße Bergstraße (tlw.) - Lauenburger Postweg Wilhelm-Pieck-Straße - Bahnhofstraße

Mit diesen Umbenennungen wurde die Tradition wieder aufgenommen. Darüber hinaus erfolgten wurden folgende Straßen neu benannt: Karl-Liebknecht-Straße - Rudolf-Tarnow-Straße Ernst-Thälmann-Straße - Hans-Jürgen-P.-Lemm-Straße Straße der Aktivisten - Friedrich-Jacob-Klepper-Straße Carl-Templiner-Straße - Straße der Einheit Bei Letzterer wurde ein vorher bereits einige Zeit bestehender Name wieder aufgenommen.

Bereits im 19. Jahrhundert wurde es in vielen Städten üblich, im Interesse der besseren Auffindbarkeit Konzeptionen für die Straßennamen in den größeren Gebieten der Stadterweiterung aufzustellen. Auch in Boizenburg wurden die ersten Ansätze, Straßennamen nach Konzeptionen zu vergeben, erst mit dem Entstehen größerer zusammenhängender Baugebiete erkennbar. Besonders deutlich wurde das, als in der Zeit des Nationalsozialismus die Straßen in der entstehenden Stadtrandsiedlung benannt wurden. Aber auch bereits vorher gab es erste Ansätze. So wurden in der Bahnhofsvorstadt zunächst topographische Merkmale aufgenommen (Feldstraße, Weidestraße, Kurze Straße), dann auch Straßen nach norddeutschen Dichtern benannt (Fritz Reuter, John Brinckman, Klaus Groth, Wossidlo, dann später Ehm Welk und Rudolf Tarnow). In der Stadtrandsiedlung wurden die Straßen 1937 nach Nazigrößen und –märtyrern benannt (Adolf Hitler, Horst Wessel, Hans Schemm, Julius Schreck, Claus von Pape, Wilhelm Gustloff, Leo Schlageter, August Brackmann, Dietrich Eckart). Ein anderer Teil erhielt Namen nach „Helden“ des Ersten Weltkrieges (Paul von Hindenburg, Karl Litzmann, Manfred von Richthofen, Graf Spee, Weddigen).

Diese Straßen wurden 1945 nach Kommunisten (Ernst Thälmann, Richard Schwenk, Paul Czellnick), Sozialisten (August Bebel, Rudolf Breitscheid), Dichtern (Johann Wolfgang Goethe, Friedrich Schiller, Heinrich Heine) und topographischen Kriterien (Schwanheider Straße, Lange Straße, Eichenweg) neu benannt.

Neue Straßennamen auf der Siedlung wurden nach sehr unterschiedlichen Kriterien vergeben. Teils wurde wieder auf Namen von Kommunisten (Richard Markmann, Dr. Alexander und als Umbenennung Carl Templiner), dann auf Vertreter progressiver Traditionen (Ludwig Reinhard, Theodor Körner) und Flurnamen (Grüner Weg, Am Keesboom, Schwartower Steig, Am Ziegelberg, Metlitzer Weg, Am Grünen Weg) zurückgegriffen.

Die nach 1990 neu vergebenen Namen orientieren sich teils an topographischen Gegebenheiten (An der Gamm, Gammer Berg, Am Gammgraben, Gülzer Straße, Alter Gülzer Weg), wenn diese auch nicht immer so ganz augenfällig sind. Sie nehmen Flurnamen auf (Gamm, Gildewiesen, Ellerholz). Auf der Siedlung sind die Straßen in einem neuen Baugebiet nach Bäumen bezeichnet.

Der Zeitpunkt der Benennung ist nicht in allen Fällen bekannt. Die bei den Straßennamen angegebenen Jahreszahlen geben den ungefähren Zeitpunkt der Benennung oder auch der ersten Nennung an. Sachakten zur Straßenbenennung konnten nur teilweise genutzt werden, da sie für längere Zeiträume fehlten. Zum anderen Teil beruhen die Daten auf der Erinnerung des Verfassers.


Boizenburg 1790.jpg

(Bild: Grundriss von Boitzenburg 1790)


Die Straßenamen des Stadtgebietes, einschließlich der auf der Gemarkung Boizenburg befindlichen Siedlungen


Ahornweg Der Ahornweg ist in den 1990er Jahren auf dem Acker Am Düstern Weg bebaut worden. Er hieß zunächst Blumenweg. Im Jahre 1996 wurden in dem Baugebiet die Straßen größtenteils nach Bäumen umbenannt. Altendorf Ursprünglich war die heutige Straße Altendorf (Der Ur-Boizenburger betont den Namen auf Dorf) ein selbständiges Dorf am Rande der Stadt, das zum mecklenburgischen Domanium (Besitztum des Herzogs bzw. Großherzogs) gehörte und historisch wohl die Burgsiedlung (Wiek) zur Niederungsburg darstellte. Die Bewohner waren Büdner (Kleinbauern) und Fischer. Erst 1872 wurde das Dorf in das Stadtgebiet einbezogen. Am Färbergraben Diese Straße ist eine typische Hinterstraße, die nur in geringem Maße Wohnbebauung aufweist. Der Färbergraben ist Teil der mittelalterlichen Stadtbefestigung für die den Elbwiesen zugewandte Seite. Seinen Namen hat er nach der typischen Färbung der Abwässer aus den in früheren Zeiten anliegenden Färbereien. Am Gammgraben Die nach 1990 angelegte Straße im neuen Gewerbegebiet befindet sich an dem Hauptentwässerungsgraben aus der Gamm, einer ursprünglichen Weideniederung zwischen den Feldmarken von Boizenburg, Schwartow, Zahrensdorf; Gülze und Bahlen. Am Grünen Weg Die Bezeichnung Grüner Weg ist bereits als Flurname überliefert. Hier handelt es sich aber um eine kleine Seitenstraße östlich des Grünen Weges mit Bebauung aus den 1970er Jahren. Am Keesboom Die Straße ist in den 1990er Jahren errichtet. Der Name geht auf den Flurnamen eines in der Nähe befindlichen Ackers zurück. Hans Vick berichtet von einer Sage, nach der hier eine große Pappel gestanden haben soll und „von einem Knecht, der ebenso faul wie gefräßig war. Er sollte den umliegenden Acker pflügen. Bevor er aber begann, sah er noch schnell in seiner Kiepe nach, was die Hausfrau ihm als Butterbrot mitgegeben hatte. Wieder fand er drei Käsebrotschnitten, und da ihm schon mehrmals die gleiche Kost mitgegeben war, und sein Leckermaul nach anderem Belag verlangte, so rief er voll Wut: ,Der Teufel soll mich holen, wenn ich den alten Käse esse!’ Er heftete die eine Brotschnitte an den Baum, warf die zwei anderen in die Kiepe zurück und legte sich nun in den Schatten des Baumes, um sich vor dem Arbeitsbeginn durch einen tüchtigen Schlaf zu stärken. Als er erwachte, verspürte er einen derben Hunger und aß nun doch das vorhin verschmähte Käsebrot. Da kam in der Nacht der Teufel und drehte ihm das Genick um, und nun muß er allnächtlich ruhelos um den Baum wandern.“ Am Mühlenteich Die Bebauung am Mühlenteich stammt aus dem 19. bzw. 20. Jahrhundert. Die Mühle aber und der Mühlenteich sind schon auf der Karte der Stadtfeldmark von 1727 zu finden. Die jetzigen umgebauten Mühlengebäude entstammen dem ausgehenden 19. Jahrhundert. Am Sandberg Diese Straße oberhalb der Turnereichen wurde in den 1990er Jahren errichtet. Sie wurde zunächst etwas unpassend Am Elbberg benannt. Die Umbenennung erfolgte 1996. Der alte Flurname ist hier Am Düstern Weg.


Die alte Stadtschäferei an der Schwartower Straße/Ecke Schäferbrink

Am Schäferbrink Der Name dieser in den 1920/30er Jahren

Die Ziegelei am Ziegelberg bebauten Straße geht auf einen Flurnamen zurück. Die Straße hieß zunächst Am Ziegelberg. Erst im Jahre 1938 erhielt sie ihren heutigen Namen, der auf den Hang des Schäferberges hinweist. Der Name deutet auf eine gemeine Nutzung der Flächen zum Schafe hüten hin. Brinke unterliegen in den alten Feldmarken generell der gemeinen Nutzung. Oberhalb des Schäferbrinks befand sich bis in das 20. Jahrhundert hinein eine Ziegelei auf dem Ziegelberg (Bild). Am Stadtpark Diese den Elbberg mit dem Schwanheider Weg verbindende Straße wurde notwendig als in den 1980er Jahren das Heizwerk und die Gärtnerei der Elbewerft am Stadtpark errichtet wurden und die Zufahrt durch das am Elbberg beginnende bis 1989 existente Sperrgebiet nicht erfolgen sollte. Die Wohnbebauung entstand nach 1990. Der im Wohngebiet liegende Teil wurde zunächst Lindensteig genannt, dann aber 1996 in die Straße Am Stadtpark einbezogen. Amtsgärten Die Amtsgärten, die wie der Name zum Ausdruck bringt, ursprünglich zum großherzoglichen Amt gehörten, wurden erst in den 1990er Jahren bebaut, so dass der Straßenname vergeben wurde. Am Ziegelberg Am Ziegelberg, der sich jedoch nicht am Ort der jetzigen Straße, sondern oberhalb des Schäferbrinks befand, war bis um das 20. Jahrhundert hinein eine mehr handwerklich arbeitende Ziegelei vorhanden (s. Bild). Diese soll für den Wiederaufbau nach dem Stadtbrand von 1709 errichtet worden sein. Vor 1938 trug die Straße Am Schäferbrink denn auch den Straßennamen Am Ziegelberg. An dem jetzigen Ort ist der Straßenname ohne historischen Bezug. An der Boize Längs des Boizekanals beiderseits der Stiftstraße befindet sich diese kleine Straße. Sie ist beginnend im 19. Jahrhundert bebaut worden. An der Quöbbe Die Straße An der Quöbbe nimmt den Flurnamen für den Wiesenring längs des Langen Walls auf. Der Flurname, der wohl ursprünglich Quebbecke lautete (so noch bei Jugler 1797), ist niederdeutschen Ursprungs und deutet auf Nässe hin (mndt. quebbe = schwankender Moorboden).


An der Torfkoppel Dieser Straßenname in der Büdnersiedlung Heide nimmt einen Flurnamen auf. Es handelt sich dabei um Acker am Abzweig des Weges nach Heide vom alten Salzfrachtweg. Als Koppeln wurden nicht nur Weiden sondern auch Ackerschläge bezeichnet. Es könnte sich hier um einen ehemaligen Torf-trockenplatz gehandelt haben. Heide ist eine zur Stadt Boizenburg gehörige Siedlung mit im Jahre 1901 sieben Büdnern (Kleinbauern). Sie wird erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erwähnt. Jedoch weisen die Hoinckhusensche Karte von etwa 1700 und die Wiebekingsche Karte von 1786 an dem Ort bereits einen Katen in der Heyde aus. Bahnhofstraße Nach dem Bau des Bahnhofs mit der Hamburg-Berliner Eisenbahnlinie 1846 wurde die Straße als erste in der Bahnhofsvorstadt (diese umgangs-sprachlich genannt: „Auf dem Bahnhof“) angelegt. Die Bebauung begann jedoch erst am Ende des 19. Jahrhunderts. Die Straße wurde ca. 1952 in Wilhelm-Pieck-Straße umbenannt, welchen Namen sie bis 1991 behielt. Baustraße Die Baustraße ist eine der historischen Straßen in Boizenburg, die ihren Namen bereits im 17. Jahrhundert trug. In den Archivalien aus dem Hackamt wird sie bereits 1607 genannt. Auch Jugler kennt sie im Jahre 1797. Der Name hat nichts mit dem Bauhandwerk sondern mit dem Landbau zu tun. Hier dürften ursprünglich – wahrscheinlich vor dem Stadtbrand 1709 - die Ackerbürger gewohnt haben. Von 1955 bis 1991 trug die Straße den Namen Straße der Solidarität. Bebelstraße Die Bebelstraße ist im Zuge der Errichtung einer Stadtrandsiedlung in den 1930er Jahren gebaut worden. Bis 1945 trug sie den Namen Hans-Schemm-Straße nach dem 1935 verunglückten Gründer des NS-Lehrerbundes. Mit einer Anordnung des ersten Boizenburger Nachkriegs-Bürgermeisters Richard Markmann vom 13. August 1945 wurden alle nach NS-Größen und anderen benannten Straßen umbenannt. Den Namen Bebelstraße trägt sie seitdem nach dem Mitbegründer der deutschen Sozialdemokratie August Bebel (1840 - 1913). Bergstraße Die Straße am Berg oberhalb des Friedhofes trägt ihren Namen nicht zu unrecht. Sie wurde im Wesentlichen in den 1920erJahren bebaut und etwa 1930 benannt. Zwischen 1979 und 1990 war der Lauenburger Postweg in diese Straße einbezogen. Berliner Straße Wie in vielen Städten längs der B 5, die Berlin und Hamburg miteinander verbindet, heißen die Ausfallstraßen der jeweiligen Richtungen nach diesen Städten. Die Bebauung stammt im Wesentlichen aus dem frühen 20. Jahrhundert. Die Benennung erfolgte 1930. Birkenstraße In der Birkenstraße und zuvor in der Richard-Markmann-Straße baute die damalige Arbeiter-Wohnungsbau-Genossenschaft, in den Jahren 1955/56 ihre ersten (Reihen-) Häuser. Die Benennung erfolgte 1956. Bollenberg Der Bollenberg gehört zu den ältesten Teilen der Stadt Boizenburg. Es kann vermutet werden, dass hier ebenso wie in Altendorf und auf der Amtsfreiheit in der unteren Mühlenstraße bereits die slawische Burgsiedlung zu finden war. Der Name wird von der Bezeichnung für die Befestigungsanlage, dem Bollwerk, niederdeutsch Bullwark, das zu Bullbarg wurde, hergeleitet. Der Bollenberg wurde nach dem Stadtbrand 1709 nicht in die regulierende Stadtplanung des Jacob Reutz einbezogen. Breitscheidstraße Die Breitscheidstraße ist im Zuge der Errichtung einer Stadtrandsiedlung in den 1930er Jahren gebaut worden. Bis 1945 trug sie die Namen Julius-Schreck-Straße und südlich der heutigen Hans-Jürgen-P.-Lemm-Straße, gleichzeitig Litzmannstraße, hier dann ab 1945 vor der Einbeziehung in die Breitscheidstraße zunächst noch 4. Gasse. Rudolf Breitscheid (geb. 1874, im KZ gestorben 1944) war ein sozialdemokratischer Politiker, Julius Schreck (1898 bis 1936) ein nationalsozialistischer Schauspieler, später der Fahrer Hitlers, Karl Litzmann (1850 bis 1936) ein deutscher General im Ersten Weltkrieg, der ab 1930 den Nationalsozialismus förderte und von 1932 bis 1936 Alterspräsident des Reichstages war. Er war Fontanes Vorbild für den „Stechlin“. Bretternhof Der Bretternhof ist eine kleine Straße mit ursprünglich dörflichem Charakter. Später wurde sie ab ca. 1925 mit Eigenheimen bebaut Der Name dürfte von einem städtischen Bauhof (landw. Betrieb) abgeleitet sein. Erste Bebauung mit dem Charakter eines Hofes findet man bereits auf der Boizenburger Feldmarkskarte von 1727. Buchenweg Der Buchenweg ist in den 1990er Jahren auf dem Acker Am Düstern Weg bebaut worden. Zunächst wurde er als Schwanheider Berg benannt. Im Jahre 1996 wurden die Straßen in dem Baugebiet die Straßen größtenteils nach Bäumen umbenannt. Dr.-Alexander-Straße Dr. Alexander war ein kommunistischer Rechtsanwalt aus Berlin, den die Boizenburger im Jahre 1932 zu ihrem Bürgermeister gewählt hatten. Durch Verfügungen der Landesregierung und Veränderungen von Gesetzen konnte er das Amt nicht antreten. Düstere Gahre Der Name dieser kleinen Gasse zwischen der Stiftstraße und der Quöbbe leitet sich vielleicht aus einer älteren Form für Gasse ab, die in Dänemark noch als Gade existiert. Dafür spricht auch, dass die heutige Hamburger Straße 1790 noch Steingare genannt wurde. Möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich, ist auch die Ableitung aus einem Flurnamen, der aus dem altslawischen jaru für Tal gebildet wurde, hier wohl eher in der Bedeutung Niederung. Das Wort düster könnte auf dichten Waldbestand hindeuten. Dieser könnte aber auch durch Feuer gerodet worden sein, denn auch eine Ableitung aus altsl. goreti für brennen ist nicht auszuschließen. Ehm-Welk-Straße Die Straße findet sich im „Dichterviertel“ der Bahnhofsvorstadt und wurde im Wesentlichen nach 1960 bebaut. Ihren Namen trägt sie seit 1959. Der Schriftsteller Ehm Welk (1884 bis 1966) ist vor allem durch seine Romane „Die Heiden von Kummerow“ und die „Die Gerechten von Kummerow“ bekannt geworden. Eichenweg Dieser nahe der städtischen Anlage „Die Eichen“ gelegene Weg wurde wie die benachbarten Straßen im Zuge des Siedlungsbauprogramms in den 1930er Jahren angelegt, im Wesentlichen aber nach 1945 bebaut. Er hieß bis 1945 Claus-von-Pape-Straße, nach dem in Celle geborenen NS-Märtyrer, der bei Hitlers Putschversuch 1923 in München erschossen wurde. Ellerholzplatz Der Platz, eine ursprünglich sumpfige Wiese, wurde in den 1990er Jahren mit einem Einkaufsmarkt bebaut. Er ist wie die angrenzenden Ellerholzwiesen nach einem historischen Erlengehölz benannt. Erlenweg Der Erlenweg, der auf dem hohen Feld Am Düstern Weg in den 1990er Jahren angelegt wurde, ist - etwas unpassend für diese Lage - nach der Erle benannt. Zunächst hieß er Am Lindenhain (ebenfalls unpassend, da Hain ein in Norddeutschland nicht übliches Wort ist), wurde dann aber 1996 umbenannt. Fährweg Der Fährweg ist heute laut Stadtplan keine amtliche Lagebezeichnung, aber im Volksmund noch präsent. Doch führen einige Gewerbebetriebe diese Adresse. Der Weg führte zu der alten Fährstelle, die die Verbindung über Brackede nach Lüneburg herstellte. An dem Weg entstand ab 1793 die Werft, die lange Zeit die Adresse Fährweg 1 führte. Später wurde der Weg durch das Werftgelände überbaut und seit 1939 schrittweise der Öffentlichkeit entzogen. Durch die neue Gewerbenutzung erlangt er wieder Bedeutung. Feldstraße Die Feldstraße wurde als zweite Seitenstraße der Bahnhofstraße um 1900 angelegt, aber wohl als erste bebaut (siehe Messtischblatt). Fiefhusen Beim Fiefhusen handelt es sich um eine kleine parallel zu den großen Hauptstraßen des Stadtzentrums angelegte alte Straße. Die Sage weiß zu berichten, dass in dieser Straße fünf (ndt. fief) Häuser beim großen Stadtbrand 1709 stehen geblieben sind, wonach die Straße ihren Namen erhalten haben soll. Diese Häuser sind jedoch auf dem Stadtgrundriss aus dem Jahre 1709 nicht zu finden. Friedrich-Jacob-Klepper-Straße Die F.-J.-Klepper-Straße ist im Zuge der Errichtung einer Stadtrandsiedlung in den 1930er Jahren angelegt worden. Sie hieß bis 1945 Richthofenstraße, 1945 dann zunächst 3. Gasse, später bis 1991 Straße der Aktivisten. Der jetzige Name erinnert an den Lüneburger Weinhändler Klepper, der sich in den napoleonischen Kriegen als Patriot und als Mensch bewährt hat. Er hatte im Jahre 1813 zum Kampf gegen die napoleonischen Truppen unter General Morand eine Abteilung russischer Kosaken nach Lüneburg geholt und an deren Spitze mutig gekämpft. Der verwundete Morand wurde nach Boizenburg gebracht, wo er starb und begraben wurde. Sein damaliger Feind Klepper, der dann später in Boizenburg lebte, wurde auf eigenen Wunsch neben ihm begraben. Beide Gräber sind vor der Friedhofskapelle noch erhalten. Manfred von Richthofen (1892 bis 1918) war ein deutscher Jagdflieger, der im Ersten Weltkrieg gefallen ist. Fritz-Reuter-Straße Diese Straße, die ursprünglich Chaussee-straße genannt wurde, ist um 1900 angelegt worden. Noch heute wird sie von Alteingesessenen gern Bahler Chaussee genannt. In den 1930er Jahren wurden in der Bahnhofsvorstadt im Zuge der Bebauung mit Eigenheimen in einem Viertel seitlich dieser Straße mehrere Straßen nach niederdeutschen Dichtern benannt. In diesem Zuge wurde die Straße 1940 dann nach dem großen mecklenburgischen Dichter Fritz Reuter (1810 bis 1874) benannt. Fürstengarten Der Fürstengarten, südlich des Bollenberges gelegen, ist der Standort der für Boizenburg namensgebenden Niederungsburg, die wohl bereits auf einen slawischen Vorläufer zurückgeht. Die Burg ist im Dreißigjährigen Krieg (1644) durch den kaiserlichen General Gallas im Kampf gegen die schwedische Besatzung zerstört worden. In älteren Unterlagen findet sich auch der Name Herrengarten. Galliner Chaussee Die Galliner Chaussee ist die äußere Fortsetzung der Galliner Straße. Galliner Straße Die Straße mit Bebauung aus der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts führt nach Gallin und dann nach Zarrentin. Im Jahre 1914 gab es nur die Anlieger Molkerei und Tofelde. Gallin war im historischen Amt Boizenburg das im Norden am weitesten entfernte Dorf. Gartenstraße Die Gartenstraße ist erst im beginnenden 20. Jahrhundert in den Gärten südlich des Friedhofes bebaut worden. Gehrum Gehrum war ein zur Stadt Boizenburg gehöriges kleines Bauerndorf mit sechs städtischen Hüfnern, zwei Pfarrhüfnern und einem domanialen ursprünglich ritterschaftlichen Hüfner. Das Dorf wird 1453 im Landbederegister als Villa Gerem erwähnt. Den Namen leitet Trautmann vom Personennamen Jaromir ab. Gehrum hat keine eigene, aber Anteile an der Boizenburger Feldmark. Deshalb dient der Ortsname, wie ein Straßenname, als amtliche Lagebezeichnung. Goethestraße Die Goethestraße ist im Zuge der Errichtung einer Stadtrandsiedlung in den 1930er Jahren angelegt worden. Sie hieß bis 1945 Graf-Spee-Straße, 1945 zunächst 1. Gasse, dann Goethestraße. Benannt ist sie nach dem größten deutschen Dichter Johann Wolfgang Goethe (1749 bis 1832). Graf Spee war ein 1914 im Ersten Weltkrieg bei den Falklandinseln gefallener Admiral der deutschen Kriegsflotte. Große Wallstraße Diese historisch auch Petersilienstraße genannte Straße wurde als Ringstraße parallel zur Stadtbefestigung angelegt. Da die Stadtmauer früh geschleift wurde, bestand direkter Zugang zum Inneren Wallgraben. Dieser wurde dann malerisch mit einer Vielzahl von Brücken überquert. Grüner Weg Der Name dieser Straße geht auf einen alten Flurnamen zurück. Die Straße erklimmt mit erheblicher Steigung die Anhöhe zur Stadtrandsiedlung. Die erste Bebauung stammt aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert. Gülzer Straße Hier handelt es sich um eine Straße in dem ab 1990 entstandenen Gewerbegebiet am Rande der Bahnhofsvorstadt, die keinen rechten Bezug zum namensgebenden Dorf hat. Hafenplatz Der Hafenplatz erschließt sowohl gewerbliche Betriebe am Hafen als auch die entstehende Marina. Hamburger Straße Diese Straße ist auf dem historischen Weg nach Lüneburg entstanden, der 1790 noch Steingare genannt wurde und im Fährweg seine Fortsetzung fand. Von ihm zweigte der Lauenburger Postweg ab. Durch den Straßenbau am Elbberg wurde die Hamburger Straße zur Fernverbindung nach Hamburg im Zuge der Berlin-Hamburger Chaussee. Die Bebauung stammt zum Teil aus dem 19. Jahrhundert aber auch aus dem beginnenden 20. Jahrhundert. Sie war und ist sehr heterogen bebaut mit gewerblichen Betrieben (Werft, historisch auch die Eisengießerei von Beckhaus und die beiden Sägewerke von Wehmann und Ziegert) und Wohnbebauung bis hin zu Villen. Von 1979 bis 1989 hieß die Straße Otto-Grotewohl-Straße. Die Umbenennung erfolgte offiziell zum 85. Geburtstag Grotewohls, war jedoch auf das Abgrenzungsbestreben der DDR-Führung zurückzuführen. Die Rückbenennung erfolgte wie beim Lauenburger Postweg in einer spontanen Aktion der Basisdemokratie noch im Dezember 1989. Hans-Jürgen-P.-Lemm-Straße Die Straße ist im Zuge der Errichtung einer Stadtrandsiedlung 1937 angelegt, aber erst später bebaut worden. Die Bebauung erfolgte im Wohnungsbau-programm der Elbewerft in den 1950er Jahren. Sie hieß bis 1945 Adolf-Hitler-Straße, dann bis 1992 Ernst-Thälmann-Straße, ab 1992 Hans-Jürgen-P.-Lemm-Straße. Lemm war im Jahre 1793 der Begründer der Elbewerft. Der Naziführer und Reichskanzler Adolf Hitler (1889 bis 1945) ist als der größte deutsche Verbrecher gegen die Menschlichkeit in die Geschichte eingegangen. Ernst Thälmann (geb. 1886, ermordet im KZ 1944) war bis 1933 der Vorsitzende der KPD. Heinrich-Heine-Straße Diese Straße ist im Zuge der Errichtung einer Stadtrandsiedlung in den 1930er Jahren angelegt und bebaut worden. Sie hieß bis 1945 Gustloffstraße und wurde dann in Heinrich-Heine-Straße benannt. Heinrich Heine (1797 bis 1856) war ein deutscher Dichter der Romantik und des Vormärz (Deutschland, ein Wintermärchen). Wilhelm Gustloff (1895 bis 1936), ein Schweriner, war ein NS-Funktionär, der in Davos ermordet wurde und fortan als Märtyrer galt. Hölderlinstraße Die Straße ist erst kürzlich nach dem deutschen Dichter Friedrich Hölderlin (1770 bis 1843) benannt worden. Sie befindet sich zwischen der Schwartower Straße und der Theodor-Körner-Straße als Seitenstraße des Grünen Weges. Herrenbrücke Keine amtliche Lagebezeichnung. Die Brücke über den Wallgraben am Langen Wall war ursprünglich eine Zugbrücke, die nachts hochgezogen war. Offenbar stellte sie einen beliebten Schleichweg zur Umgehung des Zolls an den beiden Stadttoren dar. Im Boizenburger Wochenblatt finden sich 1841 folgende Artikel: Nr. 35 (25. Oktober) Bei der Anzahl und Wachsamkeit der hiesigen Steuerunterbedienten ist wohl nicht einmal zu besorgen, dass an Markttagen durch die sogenannte Herrenbrücke die Einbringung steuerbarer Gegenstände werde versucht werden. Warum denn aber jene Brücke an Markttagen so ängstlich verschließen, und den harmlosen Spaziergängern, die von ihren Actenstudien oder Schulstunden, oder Comtoirarbeiten sich losreißen, und in der freien Natur frisches Leben einathmen wollen, den Uebergang über jene Brücke wehren, und ihnen zumuthen, mit ihrer leichten Beschuhung den Schlamm vor unseren Thoren zu durchwaten? und warum den Arbeitern, die auf jenem Wege in ihre Scheuren und auf ihre Aecker zu gehen gewohnt sind, den Weg dahin ohne Noth verlängern? – Von unsrer liberalen und humanern Steuerbehörde lässt sich gewiß erwarten, dass sie diesen Gegenstand in Ueberlegung nehmen und die hiesigen Einwohner nicht nutzlos beschränken werde Nr. 36 (27. Oktober) Die Sperrung der Herrenbrücke hat etwas Unangenehmes, immer aber ist für diese Sperre leichter ein Grund zu finden, als für das Verschließen jener Brücke an Sonntagen während der Predigt; denn, daß willige Geber dadurch gezwungen werden sollten, die Hauptthore zu passiren, und sich den Durchgang dort zu erkaufen, ist wohl nicht anzunehmen.

John-Brinckman-Straße Die John-Brinckman-Straße im „Dichterviertel“ der Bahnhofsvorstadt wurde in den 1930er Jahren beginnend mit Eigenheimen bebaut. Benannt ist sie seit 1940 nach dem 1814 bis 1870 lebenden mecklenburgischen Dichter („Kasper Ohm un ick“ u. a.) Kampstraße oder Kamp Kleine Straße im alten Scheunenviertel am Hang seitlich des Lauenburger Postweges. Der Name geht auf einen Flurnamen zurück, der Ackerschläge bezeichnet. Kirchplatz Die Straße rund um den alten Kirchplatz führt diesen Namen. Im östlichen Teil, wo die Straße recht breit ist, wurde sie in früheren Zeiten auch als Schweinemarkt genutzt. Klaus-Groth-Weg Im „Dichterviertel“ der Bahnhofsvorstadt gelegen und mit Eigenheimen, teils Behelfsheimen aus der Kriegs- und Nachkriegszeit bebaut, führt seit sie 1940 den Namen des holsteinischen Mundartlyrikers +(1819 bis 1899). Kleine Wallstraße siehe Große Wallstraße.

Kleine Wallstraße. Im Hintergrund ist das Logenhaus erkennbar.

Am südlichen Ende befand sich die Henkerbrücke, in der Mitte an der Twiete vom Markt der Pulverturm (deshalb die bei Jugler 1797 angeführte Bezeichnung „bei dem Pulverthurme“) und an der Mühlenstraße das Schinderhaus. In der Nr 7. befindet sich in der ehemaligen jüdischen Synagoge wieder das Logenhaus der Freimaureloge „Vesta zu den drei Türmen“. Das nördliche Ende der Straße (Nr. 1 und 2) ist durch die Anlage der Stiftstraße in den 1930er Jahren isoliert worden und wird kaum noch als zu dieser Straße gehörend empfunden.

Klingbergstraße Die Klingbergstraße ist in dem alten Verlauf und der wechselnden Straßenbreite, wie sie sich vor dem Stadtbrand von 1709 zeigte, erhalten geblieben. Der Brand ist gerade in dieser Straße ausgebrochen und hat, durch starken Westwind bedingt, nahezu die ganze Stadt vernichtet. In der westlichen Häuserzeile sind einige Häuser aus der Zeit vor dem Stadtbrand erhalten. Eines der Häuser, die den Stadtbrand überdauert hatten, das 1664 erbaute Salzhaus (Nr.45), wurde um 1900 abgebrochen. Es erinnerte an die Zeit als Boizenburg noch eine bedeutende Rolle im Salzhandel von Lüneburg spielte. Der Straßenname

wird sehr unterschiedlich erklärt. Er ist auch in anderen Städten zu finden. Wahrscheinlich wird er aus der Lage zum Hauptzugang der Stadt, dem Mühlentor, herzuleiten sein. Das Tor ist die Klinke = Türriegel zur Stadt. Das Wort Klinke leitet sich wiederum vom klingen her, vom Geräusch, das der Fallriegel beim Schließen macht. Der Name kann jedoch auch vom Klingen der Schmiedehämmer abgeleitet sein. Eine Benennung nach einer Klinge, einer Erosionsrinne am Abhang, kann wie die nach einer Person mit ziemlicher Sicherheit ausgeschlossen werden. Jugler, der 1797 in seiner Chronik die Stadt beschrieben hat, kannte noch keinen Namen für diese Straße. Jedoch wurde bereits im Jahre 1494 ein „Heinrich Berchhane ufm Klingenberge“ genannt.. Der Name findet sich auch auf einer Karte der Situation von 1790. Königstraße Königstraßen gibt es in vielen Städten. Sie bezeichnen immer wichtige Straßen, in der Regel die historischen Hauptstraßen der Städte, ohne einen Bezug zu der Person eines Königs zu haben. So ist auch in Boizenburg diese zentrale Straße der Altstadt nur als wichtigste Straße zu deuten. Sie wurde aus ideologischen Gründen kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, wie alle Königstraßen in der sowjetischen Besatzungszone, umbenannt. Den Namen Karl-Marx-Straße trug sie bis 1991. Küsters Gärten Dieses war ursprünglich nur ein Gartengebiet, das nach einem Eigentümer, dem Bäcker Küster in der Königstraße, benannt war, bis dann in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst Behelfsheime, dann Eigenheime entstanden sind. Kurze Straße Diese kurze Straße in der Bahnhofsvorstadt ist etwa 1930 angelegt und benannt worden. Kantorsteig Hier handelt es sich nicht um einen amtlichen Straßennamen sondern um eine Twiete zwischen dem Kirchplatz bzw. der Baustraße und Wall, die als Wassergang gedient haben wird. Kloster Dieser im Volksmund als Kloster bezeichnete kleine Straßenzug (Bild) seitlich des Bollenbergs trägt als amtlichen Namen die Bezeichnung Bollenberg. Der Name Kloster ist kaum zu erklären, da es in Boizenburg kein Kloster gegeben hat. Auf der Häuser-Bestandskarte von 1710 (nach dem Stadtbrand) ist ein großes Gebäude in dieser Lage eingezeichnet. Es wird sich um das mehrfach in frühneuzeitlichen Quellen genannte St.Annen-Hospital gehandelt haben, das dann möglicherweise im Volksmund Kloster genannt wurde. Ladestraße Wie der Name zum Ausdruck bringt, befindet sich diese Straße unmittelbar am Bahnhof. Sie war Zugang zum Güterschuppen und den Verladegleisen. Lange Straße Die Straße ist als eine der ersten in der Stadtrandsiedlung in den 1930er Jahren entstanden. Zunächst hieß sie bis 1945 Hindenburgstraße nach dem General und Reichspräsidenten Paul von Hindenburg (1847 bis 1934). Lauenburger Postweg Boizenburg lag bis zum Bau der Hamburg-Berliner Chaussee, der heutigen B 5, an der Postverbindung zwischen den beiden großen Städten. Auf dem Elbberg ist erst im Zuge des Chausseebaus die Straße angelegt worden. Zuvor ging die Postverbindung über den Lauenburger Postweg südlich an Streitheide und nördlich der Sieben Gründe zur Horst. Die Straße hieß von 1979 bis 1991 Bergstraße. Sie wurde gemeinsam mit der Hamburger Straße auf Grund des Abgrenzungs-bestrebens der DDR-Führung umbenannt. Zur Rückbenennung siehe Hamburger Straße. Lindenstraße Die Straße in der Bahnhofsvorstadt ist etwa 1930 angelegt und benannt worden. Ludwig-Reinhard-Straße Im Zuge der Bebauung im DDR-Wohnungs-bauprogramm in den 1970er Jahren wurde diese Straße angelegt. Sie ist nach dem 1843 bis 1850 als Rektor der Boizenburger Stadtschule tätigen Demokraten und Publizisten Ludwig Reinhard (1805 bis 1877) benannt. Ludwig Reinhard war linker Demokrat und als solcher Abgeordneter in der Deutschen Nationalversammlung in Frankfurt am Main. Deshalb wurde er 1850 vom Dienst suspendiert. Er war bereits zuvor und bis zu seinem Lebensende publizistisch tätig und schrieb vor allem satirische Schriften, u. a. „Schwerin. Ein Sommermärchen“ und eine satirische Darstellung der mecklenburgischen Rangordnung.

Der Markt vom Turm der Marienkirche in den 1950er Jahren Markt Der großzügige Boizenburger Markt als Platzensemble mit dem Kirchplatz und dem darauf befindlichen barocken Rathaus entstand nach dem Stadtbrand von 1709 nach den Plänen des Ingenieurcapitäns Jakob Reutz, der auch ein ähnliches Ensemble in der Schweriner Schelfstadt geschaffen hat. Der Platz hieß von ca. 1949 bis 1960 Stalinplatz und von ca. 1960 bis 1991 Platz des Friedens. Markttorstraße Die historische Straße führte vom Markt bis zum Markttor, später dann darüber hinaus. Nach Jugler führte die Straße 1797 noch keinen eigentlichen Namen, sondern wurde nur im Volksmund bei dem Marktthore genannt. Das Markttor, eine Doppeltoranlage, beschreibt Jugler so: „… es besteht aus zwei gewölbten Durchfahrten, deren Aeussere für die Wache aptiert ist, und die Innere, worauf ein kleiner Turm steht, oben die Wohnung des Stadtmusicus ausmacht. Aussen dicht vor der äusseren Durchfahrt ist die Wohnung des Thorschreibers, und innen dicht an derselben nach dem langen Walle hin, die des Stadtholzvogts.“ Metlitzer Weg Der Metlitzer Weg ist in den 1990er Jahren auf dem Metlitzberg bebaut worden. Zusammen mit der Straße Am Keesboom bildet sie den Abschluss der Bebauung zur Umgehungsstraße. Metlitzhof Metlitzhof war ein 1857 angelegter, der Stadt Boizenburg gehöriger Pachthof, für den die Stadt an den ritterschaftlichen Landkasten Steuern bezahlte. Der Hof ist noch nicht in der Schmettau-Karte von 1793 verzeichnet. Auch der Staatskalender von 1825 führt ihn noch nicht auf. Der Name geht auf einen Flurnamen zurück, der im Metlitzberg und in den Metlitztannen noch zu finden ist. Dieser wiederum ist auf das altslawische metly zurück zu führen, was Windhalm heißt - ein Gras, das in Heiden häufig zu finden ist. Heute dient der Name als amtliche Lagebezeichnung Mühlenstraße

Mühlenstraße. In der Mitte rechts die Alte Stadtschule

Die Mühlenstraße ist die historische vom Kirchplatz zur ehemaligen Binnenmühle an der Amtsfreiheit führende Straße. Die Amtsfreiheit am Südende der Straße, oft im Volksmund auch Mühlenplatz genannt, beherbergte Einrichtungen des früheren Domanialamtes, u. a. die Wohnung des Amtslandreiters (Gendarm), der späteren Deckstation des Landgestüts Redefin, und war deshalb nicht im städtischen sondern im großherzoglichen Besitz. In der Straße befanden sich die alte Stadtschule, der Ludwig Reinhard vorstand, das erste städtische Krankenhaus, die Neue Apotheke und das Schinderhaus. Neuer Weg Hier handelt es sich um eine Seitenstraße des Grünen Weges. Paul-Czellnik-Straße Diese Straße ist im Zuge der Errichtung einer Stadtrandsiedlung in den 1930er Jahren angelegt, vor dem Krieg aber nur einseitig bebaut worden. Die weitere Bebauung erfolgte 1945 mit Behelfsheimen für Flüchtlinge. Die Straße hieß bis 1945 Horst-Wessel-Straße nach dem im Jahre 1930 ermordeten nationalsozialistischen Funktionär (SA-Führer). Paul Czellnik war ein Boizenburger Kommunist, der 1936 in der Haft ermordet wurde. Reichenstraße Die historische Straße war schon zu Zeiten Juglers so benannt. Er nennt sie in seiner Chronik der Stadt. Sie kann jedoch erst nach dem Stadtbrand im heutigen Verlauf entstanden sein. Denn bei der Herstellung einer Kanalisation im Jahre 1935 wurden Reste einer Befestigung und eines Grabens unter der Straße gefunden, die wohl die alte Kernstadt vom vielleicht noch zum landesherrlichen Burgbereich gehörenden Bollenberg trennten. Der Name findet sich auch in anderen Städten. So wird in Bautzen bereits 1359 die Reichenstraße als platea divitum - übersetzt Straße der Reichen -bezeichnet. Er könnte folglich von den reichen Bewohnern abgeleitet sein. Von ca. 1950 bis 1991 führte die Straße den Namen Klara-Zetkin-Straße. Rhedewiesen Der Name Rhedewiesen ist ein Flurname, der für die dort befindlichen Häuser als amtliche Lagebezeichnung dient. Richard-Markmann-Straße Die seinerzeit neu angelegte Straße ist 1956 nach dem ersten von der sowjetischen Besatzungsmacht eingesetzten Boizenburger Nachkriegsbürger-meister, dem Kommunisten Richard Markmann, benannt worden. Richard Markmann bzw. dessen Gattin ist älteren Boizenburgern noch als Besitzer eines Kramladens in der Königstraße 13 und eines Eselgespanns bekannt. Richard-Schwenk-Straße Die Straße ist im Zuge der Errichtung einer Stadtrandsiedlung in den 1930er Jahren bebaut worden. Sie hieß bis 1945 Brackmannstraße, danach Richard-Schwenk-Straße. Richard Schwenk (geb. 1906) war ein Boizenburger Kommunist. August Brackmann war ein Nationalsozialist, der bei politischen Auseinandersetzungen 1932 getötet wurde. Ringstraße Das nach 1990 gebaute Gewerbegebiet wird teilweise durch diese Straße erschlossen. Rudolf-Tarnow-Straße Diese Straße ist am Anfang des 20. Jahrhunderts als Duensingstraße mit Arbeiterwohnungen für die Duensingsche Plattenfabrik (Fliesenwerk) erbaut worden. Am Kriegsende wurden am äußeren Ende der Straße Behelfsheime errichtet. Nach 1945 hieß sie Karl-Liebknecht-Straße nach dem Mitbegründer der KPD, der 1919 ermordet wurde. Nach 1990 wurde sie in Anlehnung an die in der Nachbarschaft vorhandenen Straßennamen in Rudolf-Tarnow-Straße nach dem mecklenburgischen Läuschendichter (1867 bis 1933) umbenannt. Schillerstraße Die Straße ist im Zuge der Errichtung einer Stadtrandsiedlung in den 1930er Jahren bebaut worden. Sie hieß bis 1945 Schlageterstraße nach dem NS-Märtyrer Albert Leo Schlageter (1894 bis 1923), einem Freikorpsoffizier, der wegen Sabotage im besetzten Rheinland von einem französischen Kriegsgericht zum Tode verurteilt und erschossen wurde. Im Jahre 1945 wurde sie nach Friedrich Schiller, einem der größten deutschen Dichter der Weltliteratur, benannt. Schützenplatz Die Boizenburger Schützenzunft wurde bereits 1658 gegründet. Wenige Jahrzehnte danach im Jahre 1693 wurde das erste Schützenhaus erbaut. Das barocke Gebäude brannte 1913 ab. Seinen noch im gleichen Jahr fertig gestellten Nachfolgerbau ereilte im Jahre 1993 das gleiche Schicksal, nachdem er bereits 1945 schwer beschädigt worden war und zwischenzeitlich als Klubhaus der Elbewerft gedient hatte. Die Schießbahn der Schützenzunft hinter dem Schützenhaus dürfte gleich in den Anfängen der Zunft angelegt worden sein, denn auf der Karte von 1727 ist sie bereits zu erkennen. Der Schützenplatz ist als Festplatz angelegt worden. Als solcher hat er bis etwa 1950 gedient. Dann wurde auf dem Platz die Betriebsberufsschule der Elbewerft errichtet. Schützenstraße Die im ausgehenden 19. Jahrhundert auf einem ehemaligen Kamp angelegte Straße führt von der Hamburger Straße in Richtung der Turnereichen. Schwanheider Straße Diese Straße bildet die Verlängerung des Schwanheider Weges. Im Zuge der Errichtung der Stadtrandsiedlung wurden einige Siedlungshäuser gebaut. Zunächst hieß sie bis 1945 Dietrich-Eckart-Straße. Dietrich Eckart war ein antisemitischer Schriftsteller und Journalist. Schwanheider Weg Der 1727 als Weg nach Schwanenheyde und Möllen bezeichnete Weg ist ein historischer Frachtweg nach Lübeck und Holstein. Nach dem Stadtbrand 1709 wurden die Scheunen aus der Stadt verlegt. Auch am Schwanheider Weg entstand ein Scheunenviertel. Die übrige Bebauung entstammt unterschiedlichen Zeiten. Schwartower Steig Der Schwartower Steig, der von der Schwartower Straße abzweigte und wieder auf sie traf, war ein historischer Kirchsteig für die Schwartower. Die heutige Straßentrasse befindet sich in der Nähe der historischen. Die Bebauung erfolgte nach 1990. Schwartower Straße Historisch wurde die Straße im Jahre 1727 als Weg nach Wittenburg und Gadebusch bezeichnet. Hierbei handelt es sich zu unterschiedlichen Zeiten um zwei verschiedene Wegetrassen. Die ältere Trasse war der historische Salzfrachtweg nach Wismar über Schwartow, Hatzberg, Granzin, Kogel, Waschow, westlich vorbei an Wittenburg und Schwerin. Wobei eine Variante wohl über Gadebusch führte und der Frachtweg auch südlich Schwerin über die Mueßer Fähre Verbindung nach Güstrow, Rostock und Neubrandenburg hatte. Die zweite Wegetrasse ist historisch jünger. Es handelt sich um die Postverbindung nach Schwerin über Schwartow, Zahrensdorf, Klein Bengerstorf, Schildfeld, Wittenburg, Parum und Pampow. Diese stellte die Verbindung von Schwerin zur Berlin-Hamburger Post und nach Lüneburg und Celle her. Über die Schwartower Straße verlief auch der Salzfrachtweg nach Lübeck über Ratzeburg, der dann im heutigen Waldweg seine Fortsetzung fand. Stiftstraße Etwa 1926 wurde diese Straße neu angelegt. Noch in den 1950er Jahren wurde sie häufig als neue Straße bezeichnet. Ihren Namen hat die Straße nach dem an der Mündung in die Schwartower Straße befindlichen Stift „St. Jürgen“, einem städtischen Altenheim, das ursprünglich als ein Sankt-Georgs-Hospital zur Versorgung Kranker aus ärmeren Schichten diente. Zum Bau der Straße mussten in der Kleinen Wallstraße die Häuser Nr. 3 und 4. abgerissen werden. Darüber hinaus war der Bau zweier Brücken über die Wallgräben ebenso wie ein Damm durch die Quöbbewiese erforderlich, der die Bleiche von der Ziegenwiese trennte. Die Bebauung ist größtenteils villenartig. Straße der Einheit Die Straße ist im Zuge des Baues der Stadtrandsiedlung in den 1930er Jahren angelegt aber erst in den 1950er Jahren bebaut worden. Bis 1945 hieß sie Weddigenstraße, 1945 zunächst 2. Gasse, dann Straße der Einheit, In den 1970er Jahren wurde sie umbenannt in Carl-Templiner-Straße und 1991 wieder in Straße der Einheit. Weddigen war ein deutscher U-Boot-Kommandant im Ersten Weltkrieg. Carl Templiner war ein Boizenburger Kommunist. Theodor-Körner-Straße Die Straße, angelegt in den 1960/70er Jahren, verläuft in ehemaligen Gärten, etwa auf Teilen der historischen Trasse des Schwartower Steiges parallel zur Schwartower Straße. Sie wurde nach dem Dichter des Befreiungskampfes gegen die napoleonische Besetzung Theodor Körner (1791 bis 1813) benannt, der bei Gadebusch gefallen ist und in Wöbbelin begraben liegt. Toitenwinkel Hierbei handelt es sich nicht um eine Straße sondern um einen Wohnplatz, der nach einem Flurnamen benannt ist. Dieser lautet in der Überlieferung jedoch Am toten Winkel, eine Bezeichnung die offenbar nicht gern als Adresse gewünscht war. Turnereichen Die Straße liegt unterhalb des Turnereichen genannten Gehölzes, bebaut in den 1930er Jahren mit Wohnungen für Werftarbeiter. Zunächst wurde sie 1936 Gustav-Adolf-Mahr-Straße nach dem Werftdirektor (seit 1925) benannt und dann 1938 nach Mahrs Selbstmord umbenannt. Der Name Turnereichen für diesen Teil des Waldkranzes am Abhang um die Altstadt hat seinen Ursprung in der Turnerbewegung im frühen 19. Jahrhundert. Twiete In Boizenburg gibt es eine ganze Reihe von Twieten, die zum Teil offiziell diesen Namen tragen, teils aber auch nur im Volksmund so genannt werden. Twieten sind Gassen, die zwei (niederdeutsch: twei) Straßen miteinander verbinden. In Boizenburg dienten sie als Wassergänge für den Brandfall in Richtung Wallgräben und Färbergraben. Amtlich so benannt sind die Erste bis Vierte Twiete, die die Große Wallstraße, die Baustraße, die Königstraße, die Reichenstraße und den Bollenberg miteinander verbinden. Die Zweite Twiete trägt im Volksmund auch den Namen Schweinsrücken (so auch bei Jugler). Weitere Twieten verlaufen von der Mühlenstraße (2 Twieten) zum Wallgraben, vom Kirchplatz zu Wallgraben (Kantorgang), von der Klingbergstraße zum Wallgraben (an der Herrenbrücke) und zum Färbergraben und vom Bollenberg zum Färbergraben. Vor dem Mühlentor Die Straße Vor dem Mühlentor ist ein frühzeitig zum Schutz gegen die Hochwässer der Elbe aufgedämmter Stadtausgang, der häufig - aber nicht sicher - den einzigen trockenen Ausgang aus der Stadt gewährte. So musste die Hamburg-Berliner Post von Lauenburg kommend durch das Mühlentor in die Klingbergstraße und damit in die Stadt hineinfahren und bei Hochwasser auch auf diesem Wege verlassen, um dann über Schwartow und die Gamm in Richtung Hühnerbusch zu fahren, während zu anderen Zeiten die Trasse durch das Markttor über Bahlendorf, Bahlen, durch die Bahler Tannen zum Hühnerbusch verlief. Auch die o. g. Frachtwege nach Lübeck und Wismar und der Postweg über Wittenburg nach Schwerin nutzten diese Straße. Das Mühlentor beschreibt Jugler mit den Worten: „Das Mühlenthor ist von der Aussenmühle, zu der es führt, genannt: es hat nur eine gewölbte Durchfahrt, worin die Wache ist und der Stadtschließer wohnt, und vor welcher dicht aussen die Wohnung des Thorschreibers steht.“ Waldstraße Hier handelt es sich um die Straße von der B 195 nach Metlitzhof, der die Metlitzer Tannen durchquert. In der Karte von 1727 ist sie als Weg nach Ratzeburg und Lübeck bezeichnet. Es handelt sich um den historischen Salzfrachtweg, der über die Metlitzfort, heutigem Durchlass über den Bach aus den Rhedewiesen, führt und dann über Heidekrug, Bürgerhof, Besenthal östlich an Mölln vorbei, bei Fredeburg die B 207 erreicht. Auf ihm wurde das per Schiff nach Boizenburg gebrachte Lüneburger Salz nach Lübeck transportiert. Weidestraße Diese Straße ist vor 1930 südlich der Bahnhofstraße angelegt und 1930 benannt worden. An deren Ende befand sich eine Windmühle, die im Jahre 1930 einem Brand zum Opfer fiel. Weg der Jugend Die Straße nördlich der Bahnhofstraße zwischen der katholischen Kirche und dem ehemaligen Kulturhaus der Fliesenwerke ist zunächst nur eine Zufahrt zum Kulturhaus und zum Ledigenheim der Fliesenwerke gewesen. In den 1970er Jahren wurden in der ehemaligen Wiese hinter dem Kulturhaus Wohnblöcke errichtet. Dazu musste in großem Umfange Füllboden aus Klein Bengerstorf herangebracht werden. Wendhörn Einige Einzelgehöfte auf der den Flurnamen Wendhörn tragenden Fläche östlich der Bahnlinie auf der Metlitz tragen diesen Namen als Postadresse. In der Karte von 1727 wird der Flurname Aufn Wendhören aufgeführt. Der Name weist auf die frühere wendische Besiedlung hin. Die Silbe –hörn bringt zum Ausdruck, dass hier eine höhere Lage in Winkelform als Ausläufer des Metlitzberges vorhanden ist. Wossidlostraße Die Wossidlostraße ist eine Straße des „Dichterviertels“ an der Fritz-Reuter-Straße, 1940 benannt nach dem mecklenburgischen Volkskundler und Schriftsteller Richard Wossidlo (1859 bis 1939). Zachaus Kamp Der kleine Weg unterhalb der Eichen zwischen dem Schwanheider Weg und der Schwartower Straße hat ursprünglich nur die anliegenden Gärten erschlossen. Er ist aber in den letzten Jahrzehnten zunehmend bebaut worden. Der Name geht auf einen Flurnamen zurück, der auf einen ehemaligen Besitzer des Kamps (Feld), den Kaufmann und Tabakfabrikanten Wilhelm Anton Christian Zachau (1819 in der Volkszählungsliste), hinweist. In der Karte von 1727 ist hier ein Kamp verzeichnet.



Quellenverzeichnis:

1. Stadtplan Boizenburg/Elbe mit allen Stadtteilen, 4.Auflage, Städte-Verlag, E.v.Wagner & J.Mitterhuber GmbH, Fellbach 2. J.H.Jugler, Boizenburg, Abriß einer Geschichte der Stadt Boizenburg nebst einer Beschreibung derselben von 1154 – 1789, Herausgegeben von J.E.Fabri, Professor der Philosophie, Nürnberg 1797 3. Hans Vick, Sagen und Erzählungen aus Boizenburg, in Heimatblätter des Kreises Hagenow, Boizenburg 1956 4. derselbe, Das Boizenburger Stadtbild, Sonderdruck aus den „Monatsheften für Mecklenburg“, April 1938 5. Uwe Wieben u.a., Boizenburg, Beiträge zur Geschichte der Stadt, 1255 – 1980, Rat der Stadt Boizenburg, 1980 6. derserlbe, Boizenburger Chronik. Das Zwanzigste Jahrhundert, Schwerin 2001 7. Carte von der Stadt Boizenburg, 1ter Teil, Worinnen gantz deutlich derselben Immobilien und wie weit sich solche erstrecken vorgestellet werden, F. Brückmann Senior facit 8. K.Wulf u.a., Boizenburg in alten Ansichten, Band 1 bis 3, in Europäische Bibliothek, Zaltbommel/Niederlande 1991, 1994 und 1997 9. Bekanntmachung des Bürgermeisters Richard Markmann über die Anordnung der Änderung von Straßennamen vom 13.8.1945 10. W.Jesse, Die Schweriner Straßennamen, Aufsatz in der Mecklenburgischen Zeitung vom 6.April 1913 11. D. Greve, Die Schweriner Straßennamen, Ihre Herkunft und Bedeutung, Schwerin 2001 12. Archivalien des Kreisarchives Ludwigslust, Signaturen 2115, 2116, 2639 und 2672. 13. Landeshauptarchiv Schwerin, Bestand Karten, Boizenburg, Nr. 367, Grundriss von Boitzenburg 1790 14. Uwe Karsten, Mündliche Mitteilungen

Weiterführende Information zu Boizenburg/Elbe