Fortlaufende Geschichte Demmins als Chronologie und Geschichten

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Die Geschichte von Demmin als Chronologie

Demmin in der Stralsunder Bilderhandschrift von 1615



Um die Chronik übersichtlicher zu gliedern, existiert für jede Epoche ein eigener Chronologie-Abschnitt.

Die graue Vorzeit

ca. 8000 v.u.Z. Nach dem Ende der Weichseleiszeit siedeln erste Jäger und Sammler in der mittleren Steinzeit (Mesolitikum) im hiesigen Gebiet.

4600-1800 v.u.Z. Besiedlung durch Ackerbauern und Viehhalter in der jüngeren Steinzeit(Neolitikum)

1800 - 600 v.u.Z. Neue Stammesbesiedlungen in der Bronzezeit

100 v.u.Z. - 600 u.Z. Besiedlung durch Germanische Stämme (Warnen und Langobarden)

Die Wendenzeit

600 - 1200 u.Z.
Nach Abzug der germanischen Stämme in der Völkerwanderungszeit Besiedlung durch slawische Volksstämme. Hier entwickelt sich eines der Stammeszentren der Lutizen
789
Heereszug Karls des Großen erstreckt sich bis nach Demmin zur Burg Dragowits, der sich unterwirft.
929 - 934
Feldzüge Heinrichs I. gegen die Lutizen.
936
Feldzug Otto´s I. gegen die Lutizen.
983
Lutizenaufstend sichert den slawischen Stämmen weitere 150 Jahre politische Unabhängigkeit.
1070, um
In einem Reiseberricht erwähnt Adam von Bremen Demmin als "sehr große Stadt" ("civitas maxima"), an der Mündung der Peene liegend, wie er annahm.
1127
Burg Demmin als "alte Burg" erwähnt.
1128
Bischof Otto v. Bamberg beginnt seine zweite Missionsreise über die Via Regia in der Burg Demmin ("Haus Demmin")
1140,14.10.
Urkundliche Ersterwähnung Demmins als Burg Demmin ("castra Dimin"). Papst Innocenz II. übereignet u.a. sie dem Bistum Cammin, das er in seinen Schutz nimmt. (PUB Nr. 30)
1147
Wendenkreuzzug eines vereinigten deutschen Fürstenheeres (u.a. mit Heinrich d. Löwen)
1149
Abt Wigbald von Corvey berichtet von der vergeblichen Belagerung Demmins durch dieses fürstliche Kreuzzugsheer.
1164
Schlacht bei Verchen. Heinrich der Löwe vor Demmin. Die Slawen zerstören ihre Demminer Burg.
1170, 2.1.
erneute urkundliche Erwähnung Demmins. Kaiser Friedrich II. bestätigte dem Bistum Schwerin seine Grenzen, die Rügen und Demmin mit Umgebung umfassen (Pommersches Urkundenbuch Nr. 53)
1177/98/99
Kämpfe zwischen Brandenburg und Dänemark um die Vorherrschaft in Pommern. Zerstörung der Burg Demmin.

Demmin im späten Mittelalter (um 1200 bis 1517)

1211
König Waldemar zwingt die pommerschen Fürsten zur Anerkennung der dänischen Oberhoheit. Die Dänen bauen die Festung Demmin wieder auf. An Befestigungen gibt es in Demmin : den alten Burgwall, die Burg "Haus Demmin", eine dänische Festung innerhalb der Ringmauern des heutigen Demmin.
1227-63
Demmin Residenzsatadt Wartislaws III. Herzog der Demminer Linie der Pommernherzöge.
1235
Helmolt von Plessen, der erste deutsche Ritter, der sich in Demmin niederläßt. Im 13. Jahrhundert erfolgen die meisten deutschen Ortsgründungen im Demminer Gebiet. Die Christianisierung Pommerns ist abgeschlossen.
1236 und 1246
Verleihung des Lübischen Rechts an die deutsche Stadt Demmin. die Urkunde ging verloren.
1292, 1.2.
Bestätigungsurkunde für die früher erfolgte Verleihung des Lübischen Rechts an Demmin durch die Herzöge Bogislaw IV., Barnim II. und Otto I. (Pommersches Urkundenbuch Nr. 1064)
1295
Teilung Pommerns in die Herzogtümer Pommern-Stettin und Pommern-Wolgast.
1310
Bündnis norddeutscher Hansastädte gegen die Übergriffe dänischer und einheimischer Fürsten. Demmin gehörte dem Hansabund seit 1283 an.
1328
Der Frieden von Brudersdorf bei Demkin beendet den Rügischen Erbfolgekrieg zwischen Pommern und Mecklenburg. Mit Witzlaw III. war 1325 das Fürstenhaus von Rügen erloschen. Im Frieden zu Brudersdorf kommt Rügen an Pommern-Wolgast.
1377
Bündnisvertrag zwischen den vorpommerschen Hansastädten Greifswald, Stralsund, Anklam und Demmmin.
1407
Großbrand in Demmin
1449-51
Innerstädtische Unruhen, beigelegt unter Mithilfe anderer pommerscher Städte.
1493
Weiterer Großbrand in Demmin

Reformation und Nachreformationszeit (1517 bis 1648)

1523
Herzog Bogislaw X. vereinigt ganz Pommern und führt innere Reformen durch (Verwaltung, Steuer, Zoll, Münzwesen, Gerichtswesen).
1532
Erneute Teilung Pommerns in einen östlichen Teil (Pommern-Stettin) und einen westlichen Teil (Pommern-Wolgast).
1535
Einrichtung eines stadteigenen Pferdegestüts auf Stuterhof; Beginn der Demminer Reitertradition.
nach 1535
Einführung der Reformation in Demmin.
1607
Demmin tritt aus dem Hansebund aus.
1609
Mutmaßliches Gründungsjahr der Demminer Schützengilde. Die Schützengilde diente der Verteidigung der Stadt.
1617
Lubin zeichnet eine Stadtansicht von Demmin.
1618
Demmin hat ca. 2400 Einwohner
1619/20
Ausbau der Demminer Wasserkunst
1626
Die Stadt huldigt Herzog Bogislaw XIV.,der Pommern noch einmal eint.
1627
Kaiserliche Truppen ziehen in die Stadt ein. Erste unmittelbar Berührung mit dem 30-jährigen Krieg
1631
Gustav Adolf vor Demmin. Die Schweden besetzen die Stadt.
1633
Befehl des Schwedenkönigs Gustav Adolf zur Befestigung der Stadt.
1637
Kaiserliche in Demmin. Das pommersche Herzogsgeschlecht stirbt mit Bogislaw XIV. aus. Die Erbfolge liegt beim Haus Brandenburg.
1638
Die Schweden vertreiben die Kaiserlichen endgültig aus Demmin.
1641-59
Die Stadt wird von den Schweden zu einer modernen Festung ausgebaut.
1648
Entgegen der brandenburgischen Erbfolge werden ganz bVorpommern und Teile Hinterpommerns im Westfälischen Frieden als Reichslehen und selbständige Provinz Schweden zugesprochen.

bis zur napoleonischen Zeit (bis 1813)

1655
Hexenprozeß gegen die Töpferwitwe Hobe endet mit deren Feuertod.
1659
Belagerung der Stadt durch verbündete dänische, kaiserliche und kurbrandenburgische Truppen. Die Schweden ziehen ab.
1667
Anna Kratzen als Hexe vor den Toren der Stadt stranguliert und verbrannt.
1675-79
Versuch des Großen Kurfürsten von Brandenburg , sich ganz Vorpommerns zu bemächtigen. Die Stadt wird fast völlig eingeäschert. Unter dem Druck Frankreichs mußte Brandenburg im Frieden von St. Germain das Land wieder räumen.
1675
Hexenprozess gegen Stine Palms in Demmin an deren Ende sie auf dem Scheiterhaufen stirbt.
1693/94
Auflistung ("Lustration" = Überprüfung/ Bereinigung der Verhältnisse) der nach den kriegerischen Auseinandersetzungen noch vorhandenen Wohnstätten. Die Stadt hat nur noch ein Viertel ihrer früheren Größe.
1700-1721
Nordischer Krieg
1712/13
8 Monate russische Besetzung in Demmin. Es residierten hier: Peter der Große und seine Gattin (die spätere Zarin Katharina I.)sowie Fürst und Fürstin Menschikow.
1715
Friedrich Wilhelm I. v.Brandenburg besetzt Demmin. Die Stadt erhält die erste brandenburgisch/preußische Garnison.
1720
Im Frieden zu Stockholm fällt das Gebiet bis einschließlich Demmin an Preußen. Vorpommern, nördlich der Peene verbleibt bei Schweden.
1757
Im Zuge des siebenjährigen Krieges fällt Schweden in preußisch Vorpommern ein. Der Friede zu Hubertusburg 1763 stellt den Stand von 1720 wieder her.
1759
Friedrich II. von Preußen befiehlt, die Festung Demmin zu schleifen.
1773
Demmin hat 1826 Einwohner.
1783
Einweihung des alten Schützenhauses, später "Krim" genannt.
1785, 18.Febr.
Letzte Todesurteile in Demmin vollstreckt. Lowisa Utech (36) und Elisabeth Meyen (19) werden wegen Ermordung einer Gefängniswärterin vor dem Kuhtor enthauptet.
1806
Nach der für Preußen verlorenen Schlacht bei Jena und Auerstedt rücken französische Truppen in Demmin ein.
1812
Verstärkte französische Besatzung unmittelbar vor dem Kriegszug nach Rußland.
1813
Bildung einer Landwehreinheit in Demmin, die während der Befreiungskriege auch zum Einsatz kommt.

bis zur Reichseinigung (bis 1871)

1814/15
Wiener Kongreß - Neuvorpommern und Rügen werden gegen Zahlungen an Dänemark und Schweden an Preußen übereignet.
1815, 30.4.
Verordnung zur Neueinteilung des preußischen Staatsgebietes in Provinzen, Regierungsbezirke und landrätliche Kreise
1815
Demmin gehört zum Regierungsbezirk Stettin. Bildung der neuen Kreisverwaltung Demmin und Festlegung der Kreisgrenzen.
1816
Gründung eineer Tabakfabrik in Demmin durch die Kaufleute Pfeiffer und Burmeister.
1832
Gründung der Buchdruckerei in Demmin, die von Gesellius übernommen wird, dere später das "Demminer Wochenblatt" und dann das "Demminer Tageblatt" herausgibt.
1836
Kommerzienrat Pfeiffer gründete eine "Runkelrüben-Zuckerfabrik", die aber bald ihren Betrieb wieder einstellte. Daraus ging eine Spirituosenfabrik hervor.
1837/50/51/66
Choleraepidemien in Demmin.
1843
Chausseebau Demmin - Altentreptow - Jarmen
Bau des Bollwerks
Wiedereinführung der Demminer Wochenmärkte
1846
Chausseebau Demmin - Stavenhagen
1847
Demmin hat 7313 Einwohner.
1849
Die Stadtreederei besitzt 9 Seeschiffe und 36 Küstenfahrzeuge.
1850
Spätklassizistischer Bau "Haus Demmin"
1851
Demmin hat 13 Großhandlungen. Der Handel, Besonders mit Getreide (Gebr. Cohnheim) prägt das Bild Demmins und gibt vielen Menschen Lohn und Brot.
Einweihung des neuen Schützenhauses im Devener Holz.
1855
Das erste Dampfschiff, aus Stettin kommend, legt in Stettin an.
1860
Demmin wird Ulanengarnison (um 1900: 27 Offiziere und 657 Mannschaften).
1861, 1.7.
Gründung des Demminer Männerturnvereins.
1862
Die Stadtreederei verfügt über 4 Seeschiffe, 4 Küstenfahrzeuge und 53 Stromfahrzeuge (Kähne und Prähme).
1863
Demmin erhält eine Staatstelegrafenstation.
1869
Gründung der Demminer Feuerwehr (1938 neues Wehrgebäude auf dem Gelände der ehemaligen Stadtschule am Klinkenberg).

Deutsches Reich bis 1918

1877/78
Fertigstellung der Eisenbahnstrecke Berlin - Stralsund über Demmin.
1883
Die Aktiengesellschaft der Zuckerfabrik wird gegründet und nimmt im Jahr darauf die Produktion auf.
1885
Gründung des städtischen Konzertvereins, der regelmäßig Konzertveranstaltungen in der Jahnturnhalle abhält.
1894
Neue Stadtschule eröffnet
Einweihung des neuen Postgebäudes mit innerstädtischer Sprechverbindung in der Hauptstraße
1897
Betriebseröffnung der Demminer Kleinbahnen Ost mit Streckenführung Demmin - Schmarsow - Jarmen und Demmin - Schmarsow - Altentreptow. Busverkehr besteht von Demmin über Tutow - Jarmen nach Züssow.
1899
Bau der Hafenbahn
Eröffnung des neuen Kreiskrankenhauses
1900, 15.5.
Einsturz der Eisenbahnbrücke über die Peene
1902
Demmin hat 12.501 Einwohner
1903
Karl Götze, Rektor der Stadtknabenschule veröffentlicht die "Geschichte der Stadt Demmin" (sie fußt auf der ersten Chronik Demmins von Pastor Wilhelm Carl Stolle, 1772).

In jenem Jahr werden folgende Betriebe gelistet:

2 Kalköfen, 3 Metallgießereien, 1 Zuckerfabrik, 2 Seifensiedereien, 2 Gerbereien, 1 Abdeckerei, 2 Brauereeien, 1 Brennerei, 2 Dampfschneidemühlen, 2 Dampfmolkereien, 1 Margarinefabrik, 1 Dampftuchweberei, 1 Gasanstalt 1 Wasserleitung

Folgende Innungen werden genannt:

Schuhmacher 74 Mitgl.; Schneider 35 Mitgl.; Barbiere 18 Mitgl.; Tischler 26 Mitgl.; Maurer/Zimmerer 10 Mitgl.; Töpfer 11 Mitgl.; Müller 18 Mitgl.; Stellmacher 18 Mitgl.; Schmiede 50 Mitgl.; Böttcher 9 Mitgl.; Bäcker 36 Mitgl.; Schlosser/ Uhrmacher 17 Mitgl.; Schlächter 21 Mitgl.; Sattler/Tapezierer 24 Mitgl.; Seiler/Buchbinder 24 Mitgl.; Klempner 8 Mitgl.; Fischer ? Mitgl. .

Gaststättengewerbe:

Schankwirtschaften 29; Gastwirtschaften 23; Weinstuben 4; Kleinhandlungen mit geistigen Getränken 14.
1904
Gründung des Demminer Zentralverbandes der Maurer und Steinsetzer
1906,1.4.
Einrichtung einer Berufsschule für Jungen
1913

Betriebseröffnung der Demminer Kleinbahnen West mit Streckenführung Demmin - Metschow - Altentreptow.

Deutsches Reich bis 1945

1919
Gründung der Ortsgruppe der USPD
1920
auf Stuterhof kommen wärend des Kapp-Putsches fünf Gnoiener ums Leben.
Die Meyenkrebsbrücke (zweiarmige hölzerne Klappbrücke) wird in Stahlbeton ausgeführt.
1924
Einweihung des Ulanendenkmals
1925
Demminer Seglerverein gegründet
1932
Nach Auflösung des Regierungsbezirkes Stralsunde gehört Demmin zum Regierungsbezirk Stettin.
1934,23.9.
Einweihung des Demminer Sportstadions
1937
Auf Beschluß des Reichskabinetts wird die seit 1317 bestehenden Enklave Demmins um Stavenhagen dem Kreis Malchin zugeschlagen. Sie bestand aus den Dörfern ettemin, Rottmannshagen, Duckow, Pinnow, Peenwerder, Rützenfelde,Carlsruhe.
1940
Der Großspeicher im Hafen, Fassungsvermögen 15 000t,wird in Betrieb genommen.
1945, 31.5.
Die Rote Armee besetzt Demmin

SBZ und DDR bis 1990

die heutige Zeit

Einigen wichtigen Einrichtungen sind eigene Artikel gewidmet:

Herkunft und erste Erwähnung von Demmin

Die Via Regia

"Castra Dimin"/ Haus Demmin

Herausragende Personen in der Geschichte der Hansestadt Demmin

Opfer von Krieg und Gewalt aus Demmin

Sagen, Geschichten und Legenden rund um das Dreistromland

Der Name Demmin=

Bei der Stadt Demmin liegt die Ruine einer alten Burg, welche noch jetzt das Haus Demmin heißt. Dieser Name ist auf folgende Weise entstanden: Die Burg ist vor alten Zeiten von drei, oder wie Andere erzählen, von zwei Prinzessinnen erbauet worden. Die versicherten sich gegenseitig ihr Miteigenthum mit den Worten: Dat Hus ist din und min! Darum nannte man es zuerst das Hus Dinmin, woraus hernachmalen der Name: Haus Demmin entstanden ist. Nach der Zeit wurde nahe dabei eine Stadt erbauet, welche nun auch von der Burg den Namen Demmin erhielt.

Stolle, Geschichte von Demmin, S. 4. Acten der Pomm. Gesellschaft für Geschichte.

Die Volkssagen von Pommern und Rügen, J. D. H. Temme, Berlin 1840, Nr. 131

Die Ruine des Hauses Demmin

Das Haus Demmin und die Stadt Demmin hatten früher nur Einen Herrn; sie waren auch damals durch einen unterirdischen Gang mit einander verbunden, dessen Eingang in der Stadt in der Gegend des blinden Thores war, und der so geräumig gewesen ist, daß man mit Kutsche und Pferden darin hat fahren können. Hernachmals ist der Gang verfallen, und man hat nun auch die Burg zu dem Gute Vorwerk geschlagen, welches nahebei liegt. Dabei soll ausgemacht seyn, daß die Burg nicht an die Stadt Demmin zurückfallen solle, so lange noch ein Stein von ihr auf dem anderen liege. Der Besitzer von Vorwerk hält daher mit großer Sorgfalt darauf, daß die Ruine des Hauses Demmin wohl erhalten bleibe.

Acten der Pomm. Gesellschaft für Geschichte.

Die Volkssagen von Pommern und Rügen, J. D. H. Temme, Berlin 1840, Nr. 143


Der Schatz in Demmin

In der Stadt Demmin liegt ein großes festes Haus, von welchem die eine Seite nach der Straße, der schnelle Lauf genannt, die andere aber nach der Kahldischen Straße hin geht. In diesem Hause, und zwar in einem Stalle desselben ist von alten Zeiten her ein großer Schatz vergraben, den bisher noch kein Mensch hat heben können. Vor ungefähr anderthalb hundert Jahren wohnte ein Apotheker in demselben, welcher Johann Carl Treu hieß. Dem wäre es beinahe gelungen, den Schatz zu erhalten.

Er träumte in einer Nacht von demselben, und desselbigen Tages kam eine alte fremde Bauerfrau zu ihm, welche ihm die Stelle anzeigte, wo er ihn finden werde; sie gebot ihm aber dabei, wie er während des Grabens kein Wort sprechen dürfe. Der Apotheker machte sich in der folgenden Nacht ans Graben, und weil er von der Frau gehört hatte, daß der Schatz sehr tief liege, so mußten seine Frau und Tochter ihm helfen, denn vor Sonnenaufgang mußten sie fertig seyn. Es dauerte auch nicht lange, so stießen sie auf einen großen Kessel. Allein darüber freute die Frau des Apothekers, welche hochschwanger war, sich also, daß sie in ihrer Unvorsichtigkeit anfing zu sprechen. Da war denn auf einmal Alles vorbei, und sie fanden in dem Kessel nichts, als todte Kohlen. Der Teufel hatte dadurch auch so viele Macht über sie bekommen, daß auf einmal das alte Mauerwerk, an dem sie gegraben hatten, einstürzte, und die arme Frau nebst ihrer Tochter davon bedeckt wurde, so daß sie kaum mit dem Leben davon kamen.

Der Apotheker Treu hat seitdem nicht wieder nach dem Schatze gegraben. Vor ungefähr hundert Jahren kam aber auf einmal ein Mönch aus Italien an, der hatte in der Bibliothek des Papstes im Vatican zu Rom herausgefunden, daß der Schatz noch da sey, und wie man ihn heben könne. Er wollte auch die Leute in Demmin hierüber belehren; aber der Magistrat, der ihn für einen Betrüger hielt, ließ ihn nicht zur Ausführung kommen.

Mündlich. Vgl. auch Stolle, Geschichte der Stadt Demmin, S. 731. 732.

Die Volkssagen von Pommern und Rügen, J. D. H. Temme, Berlin 1840, Nr. 197


Der Schatz im Hause Demmin

Unter den Ruinen des Hauses Demmin liegen von alten Zeiten her noch viele Schätze vergraben. Sie liegen aber sehr tief, so daß man in einer Nacht nicht so viel graben kann, um bis zu ihnen zu gelangen. Deshalb haben die Leute, die Anfangs viel nach ihnen gruben, zuletzt davon abstehen müssen. Denn wenn sie bis zur zwölften Stunde der Nacht gegraben hatten, so stürzte auf einmal Alles wieder zu, und ihre ganze Arbeit war vergebens. Doch glaubt man, wenn der rechte Mann käme, so würde der die Schätze wohl heben können. Bei denselben wacht übrigens ein ganz schwarzer Hund.

Einem Knaben ist es einstmals geglückt, von den Schätzen etwas zu bekommen. Er hatte auf der Ruine Ball gespielt, wobei ihm sein Ball in eine Oeffnung des Gemäuers gefallen war. Um ihn wieder zu holen, stieg er nach, und kam in ein großes dunkeles Gewölbe, wo er eine halb offene Thür sah, durch welche Licht schimmerte. Der Knabe ging dem Lichte nach, und trat in einen ungeheuren Saal, der voll der reichsten Schätze lag. Davon steckte er sich geschwind seine beiden Taschen voll, und ging zurück. Beim Zurückkehren sah er jetzt, wie an der Thüre ein großer schwarzer Hund lag. Der Hund schlief aber, und er kam glücklich an ihm vorbei, und wieder aus dem Gewölbe heraus. Er lief mit seinen Schätzen nach Hause, und erzählte, wie er dazu gekommen. Er hatte aber eine Stiefmutter, die hart und geizig war. Die befahl ihm, daß er zur Ruine zurückkehren und sich noch einmal seine Taschen voll holen solle. Das mußte der arme Knabe thun, aber es hat ihn kein Mensch aus der Tiefe zurück kommen sehen.

Acten der Pomm. Gesellschaft für Geschichte.

Die Volkssagen von Pommern und Rügen, J. D. H. Temme, Berlin 1840, Nr. 196

Der Waurke

Des Nachts trieb früher der Waurke oder, wie manche Leute ihn auch nennen, der Wodke sein Wesen. Mit einer großen Meute wilder, feuerspeiender Hunde zog er über Wald und Feld dahin und nahm alle mit, die sich nicht auf dem Hauptwege befanden, sondern querfeldein liefen. Doch warnte er schon aus weiter Ferne die Wanderer durch seinen laut schallenden Ruf:

»Hau! Hau! Hau!

Hüllt den Middelwech,

Donn daun min Hunn juch niks!«

Einem Schäfer, der inmitten der Hürde wach in seiner Schäferhütte lag, kam dies Schreien lächerlich vor, und tollkühn, wie er war, rief er, so laut er konnte, in spöttischem Tone dem Waurke nach:

»Hau! Hau! Hau!

Hüllt den Middelwech!

Donn daun mîn Hunn juch niks!«

Kaum hatte er diese Worte beendet, so öffnete sich die verschlossene Thüre und ein Frauenbein kam auf ihn zugeflogen und hoch aus der Luft hallte die Stimme des Waurke herab:

»Kannst du mit jågen

Kannst uk mit någen!«

Der Schäfer hat sich darüber dermaßen entsetzt, daß man ihn drei Tage darauf auf den Kirchhof trug.


Mündlich aus Bentzin, Kreis Demmin.

Quelle: Volkssagen aus Pommern und Rügen, Ulrich Jahn, Berlin 1889, Nr. 10

Wåtermäunk und Püttmoen

Die Wåtermäunk (Kr. Grimmen) Wåtermäum (Demmin) oder Püttmoen (Pyritz) ist eine gespenstische Frau, welche den Kindern sehr gefährlich ist. Sie sitzt am Rande der Brunnen und winkt mit ihren Armen den Kleinen freundlich zu. Kommen dann die Kinder herbei, so ergreift sie dieselben und zieht sie über den Brunnenrand in das kalte Wasser hinein und ertränkt sie.

Wenn Kinder Wasser holen und eines derselben zu tief in den Brunnen guckt, ruft man deshalb: »Dû, bück dî nich sô wît åewer dei Bûerd, süs treckt dî dei Wåtermäum in'n Sôd.« Mündlich.

Quelle: Volkssagen aus Pommern und Rügen, Ulrich Jahn, Berlin 1889, Nr. 41


Die Rüstung des Fürsten Primislav

Zur Zeit als Graf Adolf II. in schweren Kriegsnöthen wegen seiner dem Sachsen-Herzoge Heinrich bewiesenen Lehnstreue von den Brandenburgischen Markgrafen Albrecht dem Bären seiner Holsteinischen Lande beraubt war, herrschte des Letzteren Vasall, Graf Heinrich von Badewide, in Hamburg und Holstein. Damals glaubten die Wenden und Slaven, es sei wieder gut fischen im Trüben. Sie kamen in großen Haufen und fielen ins Segebergische und hausten wie ihre Vorfahren. Und alsbald zog der Graf von Badewide ihnen entgegen und in seinem Zuge zählten die wohlgerüsteten Hamburger zu seinen besten Kriegsleuten. Als sie nun vor Plön kamen, die Haupt-Veste der Wenden, da ließ der Graf zum Sturm blasen, und die Hamburger stürmten unter den Vordersten, und ließen sich den Wendischen Hagel von Steingeschossen, Bolzen und Pfeilen nicht verdrießen, denn sie erstiegen die Veste und kämpften, das Schwert in der Faust, Mann gegen Mann, bis alle ihre Kampfgenossen nachkamen und den glorreichsten Sieg erfechten halfen. Und eine Schaar kühner Hamburger erkannte unter den Feinden den Anführer derselben, den berühmten Fürsten Primislav, auf den drangen sie ein, und fingen ihn, und erbeuteten seine ganze Rüstung. Und als Graf Heinrich die Wenden überall besiegt und aus dem Lande gejagt, da entließ er die Hamburger ihres Kriegsdienstes. Und sie zogen mit ehrlicher Beute reich beladen heim in ihre Stadt, und die eben so seltsame als prächtige Wendische Rüstung des Fürsten Primislav hingen sie im Dome auf (hernach soll sie im Zeughause aufbewahrt gewesen sein); da hat sie lange Zeit als ruhmwürdiges Siegeszeichen der Hamburgischen Tapferkeit geprangt.

Graf Adolf II. aber, der rechtmäßige Oberherr, kam im Jahre 1139 wieder mit dem Herzoge ins Land, dem alsbald sein Sohn Heinrich der Löwe folgte. Und Adolf hatte fortan als ein eben so tapferer als weiser und trefflicher Fürst regiert, mit gleicher Kraft wie Milde. Er war auch ein gelehrter Herr, der das Lateinische und Wendische eben so verstand, als das Deutsche. Für Hamburgs Wohlfahrt war er eifrig besorgt und förderte Handel und städtische Gewerbe. Und in Jahre 1152 verschaffte er's den Gewandschneidern und Kramern, daß Heinrich der Löwe sie als privilegirte Gilden und Zünfte anerkannte, imgleichen, daß der Kaiser dieselben bestätigte. Darnach, 1164 hat er auf einem Kriegszuge Heinrich's gegen die Wenden, in der Schlacht bei Demmin, sein thatenreiches Leben geendet, worauf sein Körper nach Minden gebracht und im dortigen Dom bestattet worden ist.

Quelle: Otto Beneke, Hamburgische Geschichten und Sagen, Hamburg 1886. Nr. 17

Der Opferstein bei Buschmühl

An dem Wege von Demmin nach Buschmühl liegt ein großer Stein, von dem man sich Folgendes erzählt: Vor Alters hat der Teufel einmal in dieser Gegend das Regiment gehabt, und man hat ihm alle Jahre eine schöne und reine Jungfrau auf diesem Stein zum Opfer bringen müssen, die er dann mit sich genommen hat, nachdem er zuvor mit ihr auf dem Steine herumgetanzt. Das hat lange Zeit gedauert, bis ihm zuletzt einstmals eine überaus fromme Jungfrau geliefert wird. Wie zu der der Teufel kommt, um den Reigen mit ihr zu beginnen, da ruft sie in ihrer großen Noth laut Gott um Hülfe an, und augenblicklich muß der Teufel abziehen. Dabei hat er vor Ingrimm seine Füße so tief in den Stein eingedrückt, daß die Spuren davon nimmer wieder daraus verschwinden. Man sieht noch jetzt darin einen Pferdefuß und einen Menschenfuß, denn der Teufel hat einen Fuß wie ein Mensch, den andern aber wie ein Pferd. Man sieht in dem Steine auch noch die Spur eines Hühnerbeines; wie die aber hineingekommen ist, weiß man nicht. *)

Acten der Pomm. Gesellschaft für Geschichte.

  • ) Hier scheint ein Irrthum zum Grunde zu liegen; denn gewöhnlich denkt man sich in Pommern den Teufel mit einem Pferde- und einem Hühnerfuße.

A.d.H.

Die Volkssagen von Pommern und Rügen, J. D. H. Temme, Berlin 1840, Nr. 178

Flurnamen auf der Demminer Feldmark