Die Via Regia in Mecklenburg

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Der Verlauf der via regia im 11./12. Jahrhundert auf dem Gebiet des heutigen Mecklenburg-Vorpommern

Die Via Regia in Mecklenburg-Vorpommern

von Erich Stegemann, Seestadt Rostock (Vollständige Transkription des o.g. Beitrages aus der Zeitschrift "Mannus - Zeitschrift für Deutsche Vorgeschichte 1940 Jg. 32 Heft. 3)

"In seiner Mecklenburgischen Geschichte (Hinstorff 1909) sagt Witte: „Zwei binnenländische Handelsstraßen führten (um 800) von hier (Julin) durch Mecklenburg, die eine wahrscheinlich über Stettin, Pasewalk, Rethra, Malchow, Schwerin, Ratzeburg nach Hamburg, die andere, die sog. Königstraße, über das zu Wasser erreichbare Demmin nach Dargun, Lüchow, Laage und weiter nach Westen.“ Über den genaueren Verlauf der zuerst angeführten Straße im Lande Stargard bringt Deus Ausführungen in den Meckl. Strel. Geschichtsblättern, Jahrg. 1933. Über den Anschluß dieser Straße nach Osten an die 1237 genannte „via regia“ von Stettin „versus Premiczlawe“ (Prenzlau) berichtet M u n d (Die Heer- und Handelsstraßen der Mark Brandenburg vom Zeitalter der ostdeutschen Kolonisation bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, Diss. Berlin 1932). Nachrichten über den Verlauf der Straße Demmin-Laage und weiter nach Westen finden sich nur spärlich. Im folgenden sollen sie gesammelt und gewertet werden. Mit der Bezeichnung „Königstraße“ übersetzt Witte „via regia“, urkundlich erstmalig am 8. Februar 1216 auftretend (MUB 233). Nach Glöckner bezeichnet via regia die öffentlichen Straßen im Gegensatz zu Privatstraßen (Meckl. Jahrb. 10, S. 389f) . Tritt uns der Name via regia für eine Straße, „que ducit de Luchowe in Lauena“, auch erst 1216 entgegen, so ist doch diese Straße selbst schon 1173 nachweisbar. Im Mecklenburgischen Urkundenbuche (111) heißt es: ….in viam que per se de Dimin viantes deducit ad Dargon et Luchow.“ Also schon zu Beginn der ostdeutschen Kolonisation führte eine via regia von Demmin über Dargun und Lüchow nach Laage. Sie war sicher schon früher vorhanden.

Route der via regia

Der Name Dargon für die wendische Feste an jener Stelle, an welcher später das Kloster Dargun angelegt wurde, deutet darauf hin. Nach Lisch (Kultur- und Gesch.-Denkm. Meckl.) ist der Name abzuleiten von dem wendischen dorga, draga = Tal, Furche, Engpaß, woraus sich der Begriff Weg, Straße entwickelt hat . Auch der Name des Ortes Laage, ebenfalls als Wendenburg nachweisbar, ist aus dem Slavischen entstanden und bedeutet „Brückenort“. Beide wendischen Ortsnamen bezeugen, daß die Orte schon zur Zeit der Entstehung ihrer Namen an einer Straße lagen, deren Verkehr so bedeutend war, daß seine Bedeutung zur Namensbildung führte. Die Tatsache, daß dänische Mönche das Kloster Dargun an der via regia gründeten, weist auf gute Verbindungen des Ortes nach Dänemark hin. Von Demmin führte ein Landweg über Stettin nach Wollin an der Ostsee, Demmin war auch auf dem Wasserwege von der See aus erreichbar. Diese Verkehrsmöglichkeiten machten sich die Mönche nutzbar, als sie sich die Genehmigung zur Ansiedlung auch dänischer Kolonisten geben ließen (MUB 114, Meckl. Jb. 13, S. 113). Eine Reihe wendischer Festen bezeichnet den Lauf der alten Straße: Wolkow, Dargon, Altkalen, Granzow (?), Neu-Nieköhr und Laage (Beltz, 4 Karten z. Vorgesch. Meckl., IV). Außer der urkundlich nachweisbaren Station Lüchow weist v. Pressentin auf eine Sandgrube nahe dem untergegangenen Covel hin, in deren Nähe nach seiner Ansicht die via regia vorbeiführte (Lisch, Kultur und Gesch.-Denkm. Meckl. I, S. 611). Bei Remlin wurde ein Münzfund geborgen, dessen 124 Stücke aus der Zeit 973 – 1055 stammen (Meckl. Jahrb. 9, A, S. 462). Der Fundort gibt einen weiteren Anhaltspunkt der Straßenführung zur Wendenzeit, auf die man aus dem Alter der Münzen schließen muß. Sicher führte die Straße von Laage aus weiter nach Westen. Darauf deutet schon der Name „Brückenort“ hin. Der Recknitz-Übergang bei Laage ist sogar genau bestimmbar. Noch 1887 konnte man in der Linie Kirchturm Laage – Kirchturm Kronskamp Dammreste im Recknitz- und Pludderbachtal erkennen mit einer Abzweigung nach Rostock (Meckl. Jb. 52, S. 213). Für die über diesen Damm und eine nicht mehr erkennbare Brücke weiter nach Westen führende Straße ist der Name urkundlich nicht nachweisbar. Im folgenden soll aber auch dieser Teil der großen Straße als via regia bezeichnet bleiben.

"Brückenort"- Laage an der Recknitzquerung der via-regia

Die nächste Station sieht Beltz in dem bei Dudinghausen entdeckten wendischen Pfahl oder Packbau (Meckl. Jb. 58, S. 213). Wo führte nun die via regia über die Warnow? Jegorov (Die Kolonisation Mecklenburgs im 13. Jahrhundert, Moskau 1915, deutsch von Ostrogorsky, Breslau 1930) gibt Schwaan an, während Staak den Übergang bei Bützow vermutet ( „Mecklenburg“, 23. Jg., Nr. 2). Lisch aber scheint mir den Beweis erbracht zu haben, daß die via regia bei der Fürstenburg Werle über die Warnow ging: „Auch führte die alte Landstraße von Schwaan nach Güstrow früher näher an Wiek vorbei, ndem sie auf dem schwaaner Gebiete von dem Schlosse zu Schwaan zuerst am linken Ufer der Warnow Feldmark oberhalb über die Warnow ging; noch im Anfange des 16. Jahrhunderts war dieser Weg als der „alte güstrowsche Weg“ bekannt und noch in neueren Zeiten sah man im Wasser die alten Brückenpfähle (Meckl. Jb. 6, S. 97; Kultur- und Gesch- Denkm. Meckl. IV, S. 181). Etwa 1 km nordostwärts der Burg Werle liegt Wiek. Nach Wigger (Meckl. Jb. 28, S.27) gab es in der Wendenzeit „Märkte an bestimmten Tagen, besonders wohl in den größeren Ortschaften, die unmittelbar von den Burgen, oft auf künstlich erhöhten Warfen, entstanden und von den Deutschen „Wiek“ genannt wurden. („Wiek“ ist wohl die germanisierte Form eines ursprünglich wendischen Wortes. Die Mater verborum erklärt p.8: Forum locus convenuiz vasee, p. 24: vicus, vez. Vgl. forum quod dicitur Sithem . Cod. Pom. I, p.36 und Boguphal in Meckl. Jb. 27, S. 128 (siehe auch MUB 4570). In der Annahme, daß die Bezeichnung des Ortes alt ist, vermute ich hier den Marktplatz vor der Burg Werle an der via regia. 1336 trafen sich in den Bergen bei Mistorf Johann II. Und Johann III. Von Werle mit Albrecht von Mecklenburg. Das deutet auf günstige Wege nach diesem Orte. Hier dürfte sich ein weiterer Anhaltspunkt für den Verlauf unserer Straße finden (MUB 5704). In der Zeitschrift „Monatshefte für Mecklenburg“, Juni 1938, bringt Becker in der Besprechung der Waffenfunde aus der Warnow bei Schwaan weiteres Material, aus dem darauf geschlossen werden kann, daß sich der Warnowübergang bei Werle befand, und das er mindestens schon im 11. und 12. Jahrhundert benutzt wurde. Wenn König Waldemar von Rostock her an der Warnow entlang nach Rukieten zog, wie Becker annimmt, so hätte er das linke Warnowufer nicht benutzen können, um zum Angriff auf die Wenden, die er bei Werle vermuten mußte, nicht einen durch die Fürstenburg gesperrten Fluß-Übergang erzwingen zu müssen. Denn außer auf Brücken oder vielleicht mit Fähren ist ein Warnow-Übergang nicht denkbar; Furten sind bei dem Sumpfgelände kaumzu erwarten. Benutzte er aber das rechte Warnowufer, so nahm er bestimmte den guten Weg von Rostock nach Laage, um bei Laage auf die via regia überzugehen. Auf dieser traf er dann bei Rukieten mit dem Wenden zusammen. Nach allem darf nunmehr angenommen werden, daß die via regia von Laage über Dudinghausen, Rukieten, Mistorf und Wiek nach Burg Werle führte.

Die Warnowquerung der via regia bei Werle

1853 fand man bei Schwaan einen Schatz, der u.a. 3240 Münzen enthielt, deren jüngste aus dem Jahre 1030 stammt. Die Prägeorte dieser Münzen, die wohl 1030 oder kurz darauf hier vergraben wurden, weisen auf vielseitige Handelsbeziehungen hin; ihr Alter bezeugt zugleich wieder das Alter dieser Straße. Der Fund wurde genau westlich der Stadt Schwaan geborgen, also nicht unmittelbar an der weiter unten festzustellenden via regia, sondern etwa 5 km nördlich davon. Das kann uns aber nicht hindern, den Fund mit der alten Straße in Verbindung zu bringen, zumal auch der Schatz von Ramlin an ihr gefunden wurde. Und der dritte dieser Funde wurde bei Schwerin gemacht, also ebenfalls in einer durch eine alte Straße bekannten Gegend. Die Wendenfeste ‚Parkow, die „Hohe Burg“ und der „Ritterdamm“ (vgl. Staak, Die via regia – der Ritterdamm? „Meckl.“, 23. Jg., Nr. 2) geben den weiteren Verlauf der via regia bis Neukloster, wo im Seminargarten die Wendenfeste Kussin nachgewiesen worden ist. Für den weiteren Weg, von Neukloster nach Wismar, habe ich bestimmte Anhaltspunkte nicht finden können. Zwar gibt Staak an, daß die Sage mit klarer Bestimmtheit und überlegener Häufigkeit von einem Wege von Hohe Burg nach Neuburg und Kritzowburg spreche, doch möchte ich darauf zunächst nicht bauen. Auch Jegorovs Begründung der Annahme, daß die via regia über Triwalk geführt habe, erscheint mir zu gesucht. Ich lasse diese Frage daher einstweilen offen. Jegorov sagt: „Es ist interressant, daß der Verlauf dieser communis strata dem der heutigen Landstraße aus Lübeck nach Dassow, Grevesmühlen und Wismar mit einer Biegung nordwärts zu Proseken genau entspricht.“ Das dürfte für die Zeit nach 1299 zutreffen. Nach einer Urkunde vom 22. Februar 1299 (MUB 2546) soll der Weg (von Dammhusen) über die Feldmark von Woltersdorf vollständig gelegt werden. In diesem Wege sehe ich die Fortsetzung der bisher verfolgten Straße über Wismar hinaus zur Wendenfeste Gr. Woltersdorf. Von da aus führte die via regia weiter an das Nordende des Tressower Sees, an dem die Burg Tressow lag . Und nun mag sie dem Zuge der heutigen Kunststraße nach Grevesmühlen gefolgt sein, das Lisch als wichtigen Punkt an der alten Landstraße von Wismar nach Lübeck bezeichnet (Kultur- und Gesch.-Denkm. Meckl. II, S. 340). Um 1220 war die Strecke von Grevesmühlen nach Dassow gut benutzbar gemacht, damit sie „für das Leben und das Hab und Gut nicht gefährlich werde“ (MUB 229). Und die Urkunde 250 spricht von einer „ausgebauten Straße“ (..preparationi uie..). Über die Wendenburg Dassow führte nun die via regia nach Buku (Alt-Lübeck). Am 1. Oktober 1261 eroberten die Lübecker die Feste Dassow und ließen sich die Versicherung geben, daß weder in Dassow noch an irgend einer Stelle der Straße von Dassow bis Grevesmühlen eine Burg neu errichtet werden solle. - Urkunden, die von dem Verlaufe der via regia zur Wendenzeit zeugen, sind leider nicht bekannt; doch lassen Belege aus dem 13. Jahrhundert und spätere manche Schlüsse zu. Große Beweiskraft haben die Funde aus der Wendenzeit: Burgen, Dämme und Münzen- sowie Waffenfunde. Dazu kommen die Deutungen wendischer Ortsnamen, alte Flurnamen und Sagen. Viel verspreche ich mir von einer Begehung des im großen und ganzen festgelegten Wegezuges. Aus den Geländeschwierigkeiten und aus den mutmaßlichen alten Wasserständen lassen sich unter Berücksichtigung der alten Verkehrsmittel sicher manche Einzelheiten ermitteln. Auch aus Besonderheiten der Pflanzenwelt dürften sich Folgerungen ergeben. Vielleicht ergäben auch alte Karten (Tilemann Stella, Schmettau) Anhaltspunkte. Zu versuchen wäre auch, ob etwa Überlieferungen alter Erbkrüge und Erbschmieden am Straßenzuge Rückschlüsse zulassen. Ich möchte hoffen, daß weitere Forschungen dieser Art Einzelheiten über den Verlauf der via regia in Mecklenburg klären. In der Hauptsache dürfte der Zug dieser alten Straße, die nach Beckers Ansicht schon vor der Wendenzeit bestand, festgelegt sein." (Transkription: Wilfried Steinmüller)

Die hier nachfolgend aufgeführten Quellen stehen mit hoher Warscheinlichkeit in unmittelbarem Bezug zur Via Regia: