Geschichte Stadt und Amt Boizenburg/Elbe in Daten bis 1945: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 14. Januar 2024, 22:15 Uhr
Die Geschichte der Stadt und des Amtes Boizenburg wurde von Dieter Greve verfasst.
Zeittafel
- 1918
- Die Werft wird Teilbetrieb der Vereinigten Elbe- und Norderwerft.[1]
- 1918s,
- 8. November
- Die Ortspolizei wird entwaffnet. Am nächsten Tag, dem 9.Novenber, führt ein erster Demonstrationszug durch die Stadt.[2]
Auch in Boizenburg kommt es zur Bildung eines Arbeiter- und Soldatenrates, der die Macht in der Stadt ausübt.[3]
Auch in den Dörfern des Amtes kommt es zu Veränderungen. Teilweise werden Bauernräte gebildet und Schulzen neu, auf den Gütern gar erstmalig gewählt.
- 1919
- gibt es erste Aktivitäten der USPD in Boizenburg. Im März wird eine Ortsgruppe der KPD gegründet.[4]
- 1919
- Bügermeister Dr. Hermann Burmeister tritt im Alter von 70 Jahren zurück.[5]
- 1920
- Das Winterhochwasser erreicht im Januar den Stand von 6,42m. Mecklenburgs Ministerpräsident Dr. Wendorff besichtigt die Überschwemmungsgebiete in Boizenburg und in der Teldau.[6]
- 1920
- In der Auseinandersetzung mit den Kapp-Putschisten kommt es auch in Boizenburg zur Teilnahme am Generalstreik. Die Boizenburger Arbeiter besetzen das Munitionslager in Zweedorf und die Zufahrtsstraßen nach Boizenburg, um den Putschisten den Einmarsch in die Stadt zu verwehren.[7]
- 1920
- In Boizenburg beginnt die Acht-Klassen-Schulausbildung.[8]
- 1921
- Auf Grund der inflationären Entwicklung des Geldes gibt die Stadt Boizenburg örtliches Geld, das sogenannte Reutergeld heraus.
Es wird eine Mittelschule mit der untersten Klasse eröffnet, deren Schüler erstmalig 1926 zur Mittleren Reife geführt werden.
Die Stadt übernimmt das Elektrizitätswerk in der Hinselmannschen Mühle.[9]
- 1921
- Auf Grund der im Land Mecklenburg-Schwerin angestrebten Gemeindebildung in den Dörfern wird mit den Kämmereidörfern über die vollständige Eingemeindung verhandelt. Offenbar ist im Falle Altendorf und Heide diese noch 1921 oder 1922 erfolgt. Größere Probleme gab es bei der Eingemeindung von Gehrum, Neuendamm und Piperkaten. Diese war ausweislich einer Anfrage der Landdrostei Hagenow auch 1927 nicht abgeschlossen. Neuendamm wurde dann zur Gemeinde Schwanheide gelegt.[10]
- 1921
- Die Plattenfabrik wird in die „Boizenburger Plattenfabrik A.G“ umgewandelt.[11]
- 1922
- Bei der Amtsvertreterwahl erreichen die SPD und die KPD jeweils 4 von 15 Sitzen in der Stadtvertretung.[12]
- 1922
- In Klein Bengerstorf wird auf der ehemaligen Erbpachthufe 15 auf dem Köterbusch ein Kinderheim unter dem Namen „Jugendhof“ eingerichtet. Darin werden zunächst vor allem Kinder aus Hamburg untergebracht und betreut.[13]
Die ersten Dörfer, wie beispielsweise Bennin werden elektrifiziert. In anderen, wie Tessin, Groß und Klein Bengerstorf erfolgt das ein Jahr später im Jahre 1923.
- 1923
- Das neue Amtskrankenhaus Vor dem Mühlentor wird nach dem Umbau des 1922 erworbenen Floragartens übergeben. Das alte Krankenhaus in der Mühlenstraße wird Altersheim.
Die Turnhalle der Schule an der Quöbbe erhält einen Anbau mit 6 Klassenräumen.[14]
- 1924
- Das Ziegertsche Sägewerk in der Hamburger Straße fällt einem Großbrand zum Opfer. Gründung des Roten Frontkämpferbundes in Boizenburg.
In Boizenburg leben noch drei jüdische Familien: Bernhard Cohn, Baustraße 12, Hugo Katz, Reichenstraße 18 und Franz Wolf Kirchplatz 1 (jetziges Stadthaus).[15]
- 1925
- Einweihung des Ehrenmals für die Gefallenen des Weltkrieges auf dem Friedhofsberg. Das expressionistische Ehrenmal wurde vom Boizenburger Bildhauer Maximilian Preibisch geschaffen.[16]
- 1925
- Errichtung des Wasserturms auf dem Penningsbarg an den Eichen.[17] Der pavillonartig gestaltete Turm dient gleichzeitig als Aussichtspunkt auf die Elbniederung und auf das Stadtfeld bis zum Toten Winkel und darüber hinaus. Zu dem Zeitpunkt war noch nicht die Siedlung auf dem Stadtfeld gebaut.
- 1925 bis 1927
- erfolgt die Aufsiedlung von Bürgerhof und Leisterförde.[18]
- 1926
- Als Verbindung vom Stadtzentrum zur Quöbbe und zur Schwartower Straße wird die Stiftstraße angelegt. Das erfordert den Abbruch eines Hauses in der Kleinen Wallstraße und den Neubau zweier Brücken über die beiden Wallgräben. [19]
- 1926
- Das Bistum Osnabrück stellt den Bauantrag zu Errichtung einer katholischen Kirche in der Bahnhofsvorstadt, deren Bau sofort nach der Genehmigung beginnt. Die Kirche wird 1929 geweiht.[20] Teilweise, wie bei Wieben 2001, wir das Jahr 1919 als Baubeginn angegeben.
- 1926
- Gründung des Spiel- und Sportvereins SSV Boizenburg und des Sportangelvereins. Bau der neuen Brücke über den Wallgraben in der Markttorstraße.[21]
- 1928
- Boizenburg erhält eine Versorgung mit Stadtgas aus dem Bergedorfer Gaswerk. 322
Auf der ehemaligen Amtsfreiheit am Fuße des Schlossbergs wird neben der Schießbahn der Schützenplatz als Veranstaltungsplatz gebaut. Der dabei anfallende Bodenabtrag wird zur Auffüllung des nahen Hafengeländes genutzt. Die Stadt erwirbt die Schlossbergvilla und verpachtet sie zur Nutzung als Kurhotel.[22] Dabei wird der Stadtpark, damals häufig auch als Kurpark bezeichnet, angelegt.
- 1930
- In Boizenburg gibt es folgende Betriebe:
Werft und Plattenfabrik mit jeweils mehreren Hundert Beschäftigten
Betriebe mit mehr als zehn Beschäftigten:
- Maschinenfabrik Wraase,
- Baubetrieb Kruse
- Baubetrieb und Sägewerk Wehmann,
- Sägewerk Dührkop,
- Mühle von Hinselmann/Krey
- Molkereigenossenschaft
Darüber hinaus bestehen 155 Handwerksbetriebe mit bis zu zehn Beschäftigten (darunter 12 Bäcker, 11 Schuhmacher, 10 Maler, 9 Maurer und Bauhandwerker, 8 Zigarrenmacher, 8 Gastwirte, 6 Schlachter, 6 Schmiede, 5 Klempner, 5 Tischler, 5 Gärtner, 5 Friseure und 3 Glaser).
Die Plattenfabrik nimmt auch die Produktion von Fußbodenfliesen auf.
Die Windmühle am Ende der Feldstraße/Weidestraße fällt einem Brand zum Opfer.[23]
- 1930
- In der Bahnhofsvorstadt ist in den End-Zwanziger-Jahren ein verstärkter Bauboom zu erkennen. Es kommt zur Anlage und Benennung mehrerer Straßen (Berliner Straße, Weidestraße, Lindenstraße, Kurze Straße).[24]
- 1930
- Konkurs des Gutsbesitzers von Lücken in Zahrensdorf. In der Folge wird das Gut aufgeteilt.[25] Es entstehen 20 Büdnereien und ein Resthof.
- 1931
- Der Boizenburger Hafen wird ausgebaut. Er erhält eine Kaimauer.[26]
- 1931
- Die Boizenburger wählen den kommunistischen Berliner Rechtsanwalt als Bürgermeister.[27] Er kann das Amt jedoch nicht antreten, weil das durch die Landesregierung mit Hilfe einer Notverordnung verhindert wird.[28]
- 1931
- Das Rittergut Beckendorf wird an eine Siedlungsgesellschaft verkauft und in der Folge in 20 Siedlerstellen aufgesiedelt.[29] In den nächsten Jahren werden nahezu alle Güter und domanialen Pachthöfe des Amtes aufgesiedelt: 1932 Schwartow und Dersenow, 1933 Sternsruh und Tüschow, 1935 Gresse, 1936 Badekow, 1937 Dammereez und 1938 Horst. Bereits in den 1920er Jahren wurde der Hof Kuhlenfeld teilweise aufgesiedelt.[30]
- 1932
- In Boizenburg bestehen zwei Filmtheater, die Boizenburger Lichtspiele (später Kammerlichtspiele) in der Reichenstraße und die Filmburg in der Bahnhofstraße.
Die Städtische Badeanstalt am Mühlenteich wird eröffnet.[31]
- 1932
- In den Landtags- und Kommunalwahlen in Mecklenburg-Schwerin wird die NSDAP stärkste Partei, landesweit und auch in Boizenburg. Im Ergebnis wird Dr. Joachim Scharlow, NSDAP Stadtvorsteher und Paul Czellnik, KPD 2. Vorsteher, Dr. Joachim Senst wird Bürgermeister.[32]
- 1933
- Nach einer erneuten Kommunalwahl konstituiert sich die Stadtvertretung ohne SPD und KPD. Von 15 Stadtvertretern erscheinen zur Eröffnungssitzung nur zwei nicht im Braunhemd.
Mit der Familie Cohn verlassen die letzten jüdischen Bewohner die Stadt in Richtung Südamerika.
Pastor Ohse, der sich gegen die von den Nazis geförderte Bewegung „Deutsche Christen“ wendet, wird seines Amtes enthoben.[33]
- 1934
- Die Freimaurerloge in der Kleinen Wallstraße wird geschlossen, nachdem wenige Monate zuvor ihr bereits jegliche Tätigkeit untersagt wurde.[34]
- 1934
- Das ehemalige Domanialdorf Granzin das ehemalige ritterschaftliche Dorf Granzin (Sternsruh) sowie das ehemalige Gut Sternsruh werden zu einer Gemeinde vereinigt.[35]
- 1935
- Das neue Bahnhofsgebäude in der Vorstadt wird eröffnet. Es wurde notwendig, weil das alte klassizistische Gebäude aus baustatischen Gründen abgebrochen werden musste. Die Werft baut die Wohnsiedlung Turnereichen. [36]
- ca. 1935
- Die Chaussee von Gresse nach Schwanheide wird gebaut.
- 1937
- In diesem Jahr erfolgt nachts heimlich noch ein Begräbnis auf dem jüdischen Friedhof in den Turnereichen. Es handelte sich um Frida Katz.
Das Wasserwerk am Mühlenteich wird in Betrieb genommen.[37]
- 1938
- Die Jüdische Landesgemeinde klagt gegen die Stadt Boizenburg wegen der Aufhebung der Erlaubnis zur Belegung des jüdischen Friedhofs.[38]
- 1938
- Das Bahnhofsgebäude der Boizenburger Stadt- und Hafenbahn in der Stadt wird eröffnet. Architekt war der Hamburger Bentrup. Das Relief gestaltete Maximilian Preibisch.[39]
- 1938
- In Boizenburg wird mit dem Bau einer Stadtrandsiedlung auf dem Stadtfeld nördlich der Stadt begonnen. Die ersten Häuser werden in der heutigen Langen Straße sowie in der heutigen Bebelstraße gebaut.[40] Die kleinen Siedlungshäuser sind als Einfamilienhäuser für weniger Betuchte konzipiert. Sie haben einen recht großen Garten und etwas Stallplatz für die Kleinviehhaltung.
- 1939
- Beginn des Zweiten Weltkrieges. Auch in Boizenburg und Umgebung werden nahezu alle 18 bis über 40-jährigen eingezogen. Noch im gleichen Jahr sind die ersten Gefallenen zu beklagen. Der 43-jährige Boizenburger Glaser Kurt Klein verweigert aus Glaubensgründen den Kriegsdienst. Er wird zum Tode verurteilt und hingerichtet.[41]
- 1940
- Im Frühjahr werden wieder große Teile der Stadt Boizenburg und der Dörfer Bahlen, Gothmann, Gülze und Bandekow durch ein Hochwasser in Mitleidenschaft gezogen. Im Stadtgebiet steht das Wasser bei einem Pegelstand von 6,51m in den Straßen und niedrig gelegenen Häusern.[42]
- 1940
- Die Chausseestraße wird in Fritz-Reuter-Straße umbenannt.[43]
- 1944
- Auf dem Elbberg wird ein Außenlager des Konzentrationslagers Neuengamme eingerichtet. Dort werden 400 jüdische Frauen untergebracht, die in der Elbewerft als Zwangsarbeiterinnen eingesetzt werden.
Der Hamburger Helmuth Both gründet eine Maschinen- und Gerätebaufabrik in Boizenburg.[44]
- 1945, 13.-15.April
- Auf Boizenburg und Umgebung erfolgen Luftangriffe, bei denen 24 Menschen getötet werden.
Am 28. April werden die KZ-Häftlinge in Richtung Ludwigslust evakuiert, wo sie bei Groß Laasch von amerikanischen Truppen befreit werden.[45]
- 1945
- 1. Mai: Truppen der 82. US-Luftlandedivision befreien Boizenburg von der Naziherrschaft und ziehen durch Zahrensdorf, Klein Bengerstorf, Karrentin und Schildfeld weiter nach Wittenburg und Schwerin.
3. Mai: Die Amerikaner setzen Paul Hinzmann als Bürgermeister in Boizenburg ein.
1. Juni: Britische Besatzungstruppen lösen die amerikanischen ab.
Referenzen
- ↑ Ebenda, Seite 33
- ↑ Ebenda
- ↑ Stendell, Günther, Boizenburger Kommunisten im Kampf gegen Imperialismus und Faschismus, für Demokratie und Sozialismus, in derselbe (Hg.) Boizenburg. Beiträge zur Geschichte der Stadt, Boizenburg 1980, Seite 27
- ↑ Wieben, wie Anm. 286, Seite 34
- ↑ Ebenda
- ↑ Ebenda , Seite 38
- ↑ Stendell, wie Anm. 304, Seite 27
- ↑ Wieben, wie Anm. 286, Seite 39
- ↑ Wieben, wie Anm. 286, Seite 40f.
- ↑ Archivalien im Kreisarchiv Hagenow
- ↑ Wieben, wie Anm. 286, Seite 41
- ↑ Ebenda, Seite 42
- ↑ Greve, wie Anm. 230, Seite 144
- ↑ Wieben, wie Anm. 286, Seite 43
- ↑ Ebenda
- ↑ Ebenda, Seite 44
- ↑ Ebenda, Seite 44
- ↑ Zühlsdorff, wie Anm. 183, Nr. 241
- ↑ Greve, wie Anm. 297, Seite 58
- ↑ Schiller, wie Anm. 284, Seite 76
- ↑ Wieben, wie Anm. 286, Seite 47 und Wulf, wie Anm. 264, Bilder 46 und 47
- ↑ Wieben, wie Anm. 286, Seite 48
- ↑ Ebenda, Seite 52
- ↑ Greve, wie Anm. 297, Seite 48ff.
- ↑ Wieben, wie Anm. 286, Seite 53
- ↑ Ebenda
- ↑ Wieben, wie Anm. 286, Seite 53
- ↑ Stendell, wie Anm. 300, Seite 31
- ↑ Greve, Dieter, Geschichte des Dorfes Beckendorf (unveröffentlichtes Manuskript)
- ↑ Zühlsdorff, wie Anm. 187, Nr. 202, 203, 215–234
- ↑ Wieben, wie Anm. 286, Seite 54
- ↑ Ebenda
- ↑ Wieben, wie Anm. 286, Seite 56
- ↑ Ebenda, Seite 57
- ↑ Schulz, Kurt, Beiträge zur Chronik des Dorfes Granzin bei Boizenburg, Manuskript 2006, Seite 30
- ↑ Wieben, wie Anm. 286, Seite 61
- ↑ Wieben, wie Anm. 286, Seite 61
- ↑ Ebenda
- ↑ Ebenda
- ↑ Ebenda, Seite 63
- ↑ Ebenda, Seite 64
- ↑ Wieben, wie Anm. 286, Seite 68
- ↑ Greve, wie Anm. 297, Seite 50f.
- ↑ Wieben, wie Anm. 286, Seite 71
- ↑ Ebenda, Seite 73 und Baier, wie Anm. 243, Seite 209