Geschichte Stadt und Amt Boizenburg/Elbe in Daten bis 1945

Aus Ortschroniken
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Geschichte der Stadt und des Amtes Boizenburg wurde von Dieter Greve verfasst.

Zeittafel

1918
Die Werft wird Teilbetrieb der Vereinigten Elbe- und Norderwerft.[1]


1918s,
8. November
Die Ortspolizei wird entwaffnet. Am nächsten Tag, dem 9.Novenber, führt ein erster Demonstrationszug durch die Stadt.[2]

Auch in Boizenburg kommt es zur Bildung eines Arbeiter- und Soldatenrates, der die Macht in der Stadt ausübt.[3]

Auch in den Dörfern des Amtes kommt es zu Veränderungen. Teilweise werden Bauernräte gebildet und Schulzen neu, auf den Gütern gar erstmalig gewählt.


1919
gibt es erste Aktivitäten der USPD in Boizenburg. Im März wird eine Ortsgruppe der KPD gegründet.[4]


1919
Bügermeister Dr. Hermann Burmeister tritt im Alter von 70 Jahren zurück.[5]


1920
Das Winterhochwasser erreicht im Januar den Stand von 6,42m. Mecklenburgs Ministerpräsident Dr. Wendorff besichtigt die Überschwemmungsgebiete in Boizenburg und in der Teldau.[6]


1920
In der Auseinandersetzung mit den Kapp-Putschisten kommt es auch in Boizenburg zur Teilnahme am Generalstreik. Die Boizenburger Arbeiter besetzen das Munitionslager in Zweedorf und die Zufahrtsstraßen nach Boizenburg, um den Putschisten den Einmarsch in die Stadt zu verwehren.[7]


1920
In Boizenburg beginnt die Acht-Klassen-Schulausbildung.[8]


1921
Auf Grund der inflationären Entwicklung des Geldes gibt die Stadt Boizenburg örtliches Geld, das sogenannte Reutergeld heraus.

Es wird eine Mittelschule mit der untersten Klasse eröffnet, deren Schüler erstmalig 1926 zur Mittleren Reife geführt werden.

Die Stadt übernimmt das Elektrizitätswerk in der Hinselmannschen Mühle.[9]


1921
Auf Grund der im Land Mecklenburg-Schwerin angestrebten Gemeindebildung in den Dörfern wird mit den Kämmereidörfern über die vollständige Eingemeindung verhandelt. Offenbar ist im Falle Altendorf und Heide diese noch 1921 oder 1922 erfolgt. Größere Probleme gab es bei der Eingemeindung von Gehrum, Neuendamm und Piperkaten. Diese war ausweislich einer Anfrage der Landdrostei Hagenow auch 1927 nicht abgeschlossen. Neuendamm wurde dann zur Gemeinde Schwanheide gelegt.[10]


1921
Die Plattenfabrik wird in die „Boizenburger Plattenfabrik A.G“ umgewandelt.[11]


1922
Bei der Amtsvertreterwahl erreichen die SPD und die KPD jeweils 4 von 15 Sitzen in der Stadtvertretung.[12]


1922
In Klein Bengerstorf wird auf der ehemaligen Erbpachthufe 15 auf dem Köterbusch ein Kinderheim unter dem Namen „Jugendhof“ eingerichtet. Darin werden zunächst vor allem Kinder aus Hamburg untergebracht und betreut.[13]

Die ersten Dörfer, wie beispielsweise Bennin werden elektrifiziert. In anderen, wie Tessin, Groß und Klein Bengerstorf erfolgt das ein Jahr später im Jahre 1923.


1923
Das neue Amtskrankenhaus Vor dem Mühlentor wird nach dem Umbau des 1922 erworbenen Floragartens übergeben. Das alte Krankenhaus in der Mühlenstraße wird Altersheim.

Die Turnhalle der Schule an der Quöbbe erhält einen Anbau mit 6 Klassenräumen.[14]


1924
Das Ziegertsche Sägewerk in der Hamburger Straße fällt einem Großbrand zum Opfer. Gründung des Roten Frontkämpferbundes in Boizenburg.

In Boizenburg leben noch drei jüdische Familien: Bernhard Cohn, Baustraße 12, Hugo Katz, Reichenstraße 18 und Franz Wolf Kirchplatz 1 (jetziges Stadthaus).[15]


1925
Einweihung des Ehrenmals für die Gefallenen des Weltkrieges auf dem Friedhofsberg. Das expressionistische Ehrenmal wurde vom Boizenburger Bildhauer Maximilian Preibisch geschaffen.[16]
1925
Errichtung des Wasserturms auf dem Penningsbarg an den Eichen.[17] Der pavillonartig gestaltete Turm dient gleichzeitig als Aussichtspunkt auf die Elbniederung und auf das Stadtfeld bis zum Toten Winkel und darüber hinaus. Zu dem Zeitpunkt war noch nicht die Siedlung auf dem Stadtfeld gebaut.


1925 bis 1927
erfolgt die Aufsiedlung von Bürgerhof und Leisterförde.[18]


1926
Als Verbindung vom Stadtzentrum zur Quöbbe und zur Schwartower Straße wird die Stiftstraße angelegt. Das erfordert den Abbruch eines Hauses in der Kleinen Wallstraße und den Neubau zweier Brücken über die beiden Wallgräben. [19]


1926
Das Bistum Osnabrück stellt den Bauantrag zu Errichtung einer katholischen Kirche in der Bahnhofsvorstadt, deren Bau sofort nach der Genehmigung beginnt. Die Kirche wird 1929 geweiht.[20] Teilweise, wie bei Wieben 2001, wir das Jahr 1919 als Baubeginn angegeben.


1926
Gründung des Spiel- und Sportvereins SSV Boizenburg und des Sportangelvereins. Bau der neuen Brücke über den Wallgraben in der Markttorstraße.[21]


1928
Boizenburg erhält eine Versorgung mit Stadtgas aus dem Bergedorfer Gaswerk. 322


Auf der ehemaligen Amtsfreiheit am Fuße des Schlossbergs wird neben der Schießbahn der Schützenplatz als Veranstaltungsplatz gebaut. Der dabei anfallende Bodenabtrag wird zur Auffüllung des nahen Hafengeländes genutzt. Die Stadt erwirbt die Schlossbergvilla und verpachtet sie zur Nutzung als Kurhotel.[22] Dabei wird der Stadtpark, damals häufig auch als Kurpark bezeichnet, angelegt.


1930
In Boizenburg gibt es folgende Betriebe:

Werft und Plattenfabrik mit jeweils mehreren Hundert Beschäftigten

Betriebe mit mehr als zehn Beschäftigten:

  • Maschinenfabrik Wraase,
  • Baubetrieb Kruse
  • Baubetrieb und Sägewerk Wehmann,
  • Sägewerk Dührkop,
  • Mühle von Hinselmann/Krey
  • Molkereigenossenschaft


Darüber hinaus bestehen 155 Handwerksbetriebe mit bis zu zehn Beschäftigten (darunter 12 Bäcker, 11 Schuhmacher, 10 Maler, 9 Maurer und Bauhandwerker, 8 Zigarrenmacher, 8 Gastwirte, 6 Schlachter, 6 Schmiede, 5 Klempner, 5 Tischler, 5 Gärtner, 5 Friseure und 3 Glaser).

Die Plattenfabrik nimmt auch die Produktion von Fußbodenfliesen auf.

Die Windmühle am Ende der Feldstraße/Weidestraße fällt einem Brand zum Opfer.[23]


1930
In der Bahnhofsvorstadt ist in den End-Zwanziger-Jahren ein verstärkter Bauboom zu erkennen. Es kommt zur Anlage und Benennung mehrerer Straßen (Berliner Straße, Weidestraße, Lindenstraße, Kurze Straße).[24]


1930
Konkurs des Gutsbesitzers von Lücken in Zahrensdorf. In der Folge wird das Gut aufgeteilt.[25] Es entstehen 20 Büdnereien und ein Resthof.


1931
Der Boizenburger Hafen wird ausgebaut. Er erhält eine Kaimauer.[26]


1931
Die Boizenburger wählen den kommunistischen Berliner Rechtsanwalt als Bürgermeister.[27] Er kann das Amt jedoch nicht antreten, weil das durch die Landesregierung mit Hilfe einer Notverordnung verhindert wird.[28]


1931
Das Rittergut Beckendorf wird an eine Siedlungsgesellschaft verkauft und in der Folge in 20 Siedlerstellen aufgesiedelt.[29] In den nächsten Jahren werden nahezu alle Güter und domanialen Pachthöfe des Amtes aufgesiedelt: 1932 Schwartow und Dersenow, 1933 Sternsruh und Tüschow, 1935 Gresse, 1936 Badekow, 1937 Dammereez und 1938 Horst. Bereits in den 1920er Jahren wurde der Hof Kuhlenfeld teilweise aufgesiedelt.[30]


1932
In Boizenburg bestehen zwei Filmtheater, die Boizenburger Lichtspiele (später Kammerlichtspiele) in der Reichenstraße und die Filmburg in der Bahnhofstraße.

Die Städtische Badeanstalt am Mühlenteich wird eröffnet.[31]


1932
In den Landtags- und Kommunalwahlen in Mecklenburg-Schwerin wird die NSDAP stärkste Partei, landesweit und auch in Boizenburg. Im Ergebnis wird Dr. Joachim Scharlow, NSDAP Stadtvorsteher und Paul Czellnik, KPD 2. Vorsteher, Dr. Joachim Senst wird Bürgermeister.[32]


1933
Nach einer erneuten Kommunalwahl konstituiert sich die Stadtvertretung ohne SPD und KPD. Von 15 Stadtvertretern erscheinen zur Eröffnungssitzung nur zwei nicht im Braunhemd.

Mit der Familie Cohn verlassen die letzten jüdischen Bewohner die Stadt in Richtung Südamerika.

Pastor Ohse, der sich gegen die von den Nazis geförderte Bewegung „Deutsche Christen“ wendet, wird seines Amtes enthoben.[33]



1934
Die Freimaurerloge in der Kleinen Wallstraße wird geschlossen, nachdem wenige Monate zuvor ihr bereits jegliche Tätigkeit untersagt wurde.[34]


1934
Das ehemalige Domanialdorf Granzin das ehemalige ritterschaftliche Dorf Granzin (Sternsruh) sowie das ehemalige Gut Sternsruh werden zu einer Gemeinde vereinigt.[35]


1935
Das neue Bahnhofsgebäude in der Vorstadt wird eröffnet. Es wurde notwendig, weil das alte klassizistische Gebäude aus baustatischen Gründen abgebrochen werden musste. Die Werft baut die Wohnsiedlung Turnereichen. [36]


ca. 1935
Die Chaussee von Gresse nach Schwanheide wird gebaut.


1937
In diesem Jahr erfolgt nachts heimlich noch ein Begräbnis auf dem jüdischen Friedhof in den Turnereichen. Es handelte sich um Frida Katz.

Das Wasserwerk am Mühlenteich wird in Betrieb genommen.[37]


1938
Die Jüdische Landesgemeinde klagt gegen die Stadt Boizenburg wegen der Aufhebung der Erlaubnis zur Belegung des jüdischen Friedhofs.[38]


1938
Das Bahnhofsgebäude der Boizenburger Stadt- und Hafenbahn in der Stadt wird eröffnet. Architekt war der Hamburger Bentrup. Das Relief gestaltete Maximilian Preibisch.[39]


1938
In Boizenburg wird mit dem Bau einer Stadtrandsiedlung auf dem Stadtfeld nördlich der Stadt begonnen. Die ersten Häuser werden in der heutigen Langen Straße sowie in der heutigen Bebelstraße gebaut.[40] Die kleinen Siedlungshäuser sind als Einfamilienhäuser für weniger Betuchte konzipiert. Sie haben einen recht großen Garten und etwas Stallplatz für die Kleinviehhaltung.


1939
Beginn des Zweiten Weltkrieges. Auch in Boizenburg und Umgebung werden nahezu alle 18 bis über 40-jährigen eingezogen. Noch im gleichen Jahr sind die ersten Gefallenen zu beklagen. Der 43-jährige Boizenburger Glaser Kurt Klein verweigert aus Glaubensgründen den Kriegsdienst. Er wird zum Tode verurteilt und hingerichtet.[41]


1940
Im Frühjahr werden wieder große Teile der Stadt Boizenburg und der Dörfer Bahlen, Gothmann, Gülze und Bandekow durch ein Hochwasser in Mitleidenschaft gezogen. Im Stadtgebiet steht das Wasser bei einem Pegelstand von 6,51m in den Straßen und niedrig gelegenen Häusern.[42]


1940
Die Chausseestraße wird in Fritz-Reuter-Straße umbenannt.[43]


1944
Auf dem Elbberg wird ein Außenlager des Konzentrationslagers Neuengamme eingerichtet. Dort werden 400 jüdische Frauen untergebracht, die in der Elbewerft als Zwangsarbeiterinnen eingesetzt werden.

Der Hamburger Helmuth Both gründet eine Maschinen- und Gerätebaufabrik in Boizenburg.[44]


1945, 13.-15.April
Auf Boizenburg und Umgebung erfolgen Luftangriffe, bei denen 24 Menschen getötet werden.

Am 28. April werden die KZ-Häftlinge in Richtung Ludwigslust evakuiert, wo sie bei Groß Laasch von amerikanischen Truppen befreit werden.[45]

1945
1. Mai: Truppen der 82. US-Luftlandedivision befreien Boizenburg von der Naziherrschaft und ziehen durch Zahrensdorf, Klein Bengerstorf, Karrentin und Schildfeld weiter nach Wittenburg und Schwerin.

3. Mai: Die Amerikaner setzen Paul Hinzmann als Bürgermeister in Boizenburg ein.

1. Juni: Britische Besatzungstruppen lösen die amerikanischen ab.

Referenzen

  1. Ebenda, Seite 33
  2. Ebenda
  3. Stendell, Günther, Boizenburger Kommunisten im Kampf gegen Imperialismus und Faschismus, für Demokratie und Sozialismus, in derselbe (Hg.) Boizenburg. Beiträge zur Geschichte der Stadt, Boizenburg 1980, Seite 27
  4. Wieben, wie Anm. 286, Seite 34
  5. Ebenda
  6. Ebenda , Seite 38
  7. Stendell, wie Anm. 304, Seite 27
  8. Wieben, wie Anm. 286, Seite 39
  9. Wieben, wie Anm. 286, Seite 40f.
  10. Archivalien im Kreisarchiv Hagenow
  11. Wieben, wie Anm. 286, Seite 41
  12. Ebenda, Seite 42
  13. Greve, wie Anm. 230, Seite 144
  14. Wieben, wie Anm. 286, Seite 43
  15. Ebenda
  16. Ebenda, Seite 44
  17. Ebenda, Seite 44
  18. Zühlsdorff, wie Anm. 183, Nr. 241
  19. Greve, wie Anm. 297, Seite 58
  20. Schiller, wie Anm. 284, Seite 76
  21. Wieben, wie Anm. 286, Seite 47 und Wulf, wie Anm. 264, Bilder 46 und 47
  22. Wieben, wie Anm. 286, Seite 48
  23. Ebenda, Seite 52
  24. Greve, wie Anm. 297, Seite 48ff.
  25. Wieben, wie Anm. 286, Seite 53
  26. Ebenda
  27. Wieben, wie Anm. 286, Seite 53
  28. Stendell, wie Anm. 300, Seite 31
  29. Greve, Dieter, Geschichte des Dorfes Beckendorf (unveröffentlichtes Manuskript)
  30. Zühlsdorff, wie Anm. 187, Nr. 202, 203, 215–234
  31. Wieben, wie Anm. 286, Seite 54
  32. Ebenda
  33. Wieben, wie Anm. 286, Seite 56
  34. Ebenda, Seite 57
  35. Schulz, Kurt, Beiträge zur Chronik des Dorfes Granzin bei Boizenburg, Manuskript 2006, Seite 30
  36. Wieben, wie Anm. 286, Seite 61
  37. Wieben, wie Anm. 286, Seite 61
  38. Ebenda
  39. Ebenda
  40. Ebenda, Seite 63
  41. Ebenda, Seite 64
  42. Wieben, wie Anm. 286, Seite 68
  43. Greve, wie Anm. 297, Seite 50f.
  44. Wieben, wie Anm. 286, Seite 71
  45. Ebenda, Seite 73 und Baier, wie Anm. 243, Seite 209