Boizenburg/Elbe: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 17. August 2021, 08:45 Uhr
Boizenburg/Elbe ist die westlichste Stadt Mecklenburgs, gelegen im UNESCO-Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe-Mecklenburg-Vorpommern im Landkreis Ludwigslust-Parchim in Mecklenburg-Vorpommern (Deutschland). Die Stadt ist Verwaltungssitz des Amtes Boizenburg-Land, dem elf Gemeinden angehören, ist selbst aber amtsfrei (Quelle: Wikipedia).
Kenndaten des Orts | |
Name (heute) | Boizenburg/Elbe |
Regionale Einordnung (heute) | |
Postleitzahl | 19258 |
Verwaltungsamt | Amt Boizenburg-Land |
Landkreis | Ludwigslust-Parchim |
Zahlen | |
Einwohner | 10.379 (31. Dez. 2015) |
Koordinaten | Breite: 53.375276 / Länge: 10.723426 |
Geographische Lage
- Karte bei Google Maps
Kurztext nach Quade
c. Getrennt im Südwestende des Landes: Stadt Boizenburg. (Lage. Allgemeines Stadtbild. Häuser- und Einwohnerzahl. Behörden und gemeinnützige Anlagen. Bauliches: Kirche, Rathhaus, Amtshaus, Schulhaus, Posthaus. Nähere Umgebung. Denkmäler. Verkehrswege. Hafen. Gewerbliche Anlagen. Märkte. Schifffahrt. Fischerei. Ackerbau. Kämmereibesitzungen. Stadtverfassung. Stadtsiegel. Stadtrecht. Stadtkasse. Kirchen- und Schulwesen. Wohlthätige Anstalten. Geschichtliches.)
Boizenburg, die westlichste Stadt des Landes, liegt
am nördlichen Ufer des sich westlich unmittelbar bei der
Stadt in die Elbe ergießenden Boize-Flüßchens, das bei dieser
seiner Ausmündung in die Elbe, einen guten und geschützten
Hafen bildet. Die Vortheile dieser Lage an dem Hauptstrome des nördlichen Deutschlands wurden noch durch die
Hamburg-Berliner Chaussee, die durch die Stadt führt,
bedeutend erhöht. Thatsächlich nahm auch Boizenburg lange
Zeit den Rang als dritte Handelsstadt des Landes
ein, es erhielt Waarenzufuhren aus den entlegensten Theilen
des Landes, und selbst in der Wismarschen Gegend waren
Wegweiser nach Boizenburg nichts Seltenes. Da kam indeß
die Eisenbahnzeit, die eine Verschiebung des Verkehrs bewirkte,
welche für Boizenburg äußerst nachtheilig war. Das erste
mecklenburgische Eisenbahnproject hatte freilich eine Bahn
zwischen Wismar und Hannover über Boizenburg ins Auge
und später noch war wenigstens von einer Zweigbahn zur
Verbindung des Boizenburger Hafens mit der Berlin-Hamburger
Eisenbahn die Rede, aber das erstgenannte Project
scheiterte und die letztgenannte Bahn verschaffte zwar den
Boizenburgern einen Bahnhof, derselbe war aber von der
Stadt 2,3 km entfernt und viele Jahre vergingen, ehe eine
Eisenbahnverbindung zwischen diesem Bahnhof und dem Hafen
zu Stande kam. So führte Boizenburg lange Zeit ein
gewisses Stillleben und zog nur dann die öffentliche Aufmerksamkeiti in höherem Grade auf sich, wenn es von den
großen Elbüberschwemmungen heimgesucht wurde, was
bei seiner niedrigen Lage oft genug geschah. Bedeutendere
Ueberschwemmungen kamen vor 1799, 1845, 1855, 1862, 1865,
1876, 1881, 1882 und 1888. Hierbei, namentlich bei den
Ueberschwemmungen von 1862 und 1876, wurde oft
die ganze Stadt mit Ausnahme der sog. „Fünfhäuser"-Straße, der
höchsten Stelle der Stadt, und einigen anderen Theilen unter
Wasser gesetzt. Ein solch hoher Wasserstand bei dem das
Wasser in vielen Wohnräumen bis zu 1,20 m Höhe stand,
hielt manchmal zwei bis vier Wochen lang an, so daß die
Stadt von allem Außenverkehr völlig abgeschnitten war und auch
im Innern der Stadt Handel und Wandel fast völlig ruhte.
Die Stadt hat eine fast runde Form, hatte früher auch
zwei hübsche Thore, das Markt- und das Mühlenthor, die
mit ihren weißen Thorhäusern und ihren Colonaden schon
von Weitem angenehm ins Auge fielen. Die Thore sind
indeß beseitigt. Vor dem Platze des Marktthors befinden
sich nur wenige Häuser, an die sich unmittelbar das südöstlich
von Boizenburg gelegene früher zum Domanium, jetzt aber
zur Stadt gehörige Dorf Altendorf anschließt. Vor dem
Mühlenthor ist eine Vorstadt. Boizenburg hat außerdem
drei Hauptstraßen, die Königs-, Bau- und Reichenstraße.
Weiter sind mehrere Nebengassen und eine rings um den Ort
führende Straße vorhanden.
Die Stadt zählt 3672 (3468) Einwohner, darunter 16 (24) Juden, ferner 426 Häuser. Die Versicherungssumme der in der städtischen Brandsocietät versicherten auf dem 3002,9 ha umfassenden Stadtgebiet gelegenen Gebäude betrug nachdem Abschluß von Ostern 1891 3058000 Mk.
Boizenburg ist Sitz eines Amtsgerichts, eines vereinten
ritterschaftlichen Polizeiamts, eines Domanialamts, eines
Post- und Telegraphenamts II. Classe, eines Steueramts,
eines Krankenhauses, eines Armenhauses, eines Vorschuß-Vereins e.G. und einer am 14. März 1833 begründeten
Ersparnißanstalt, in die am 1. Januar 1891 190682 Mk
eingelegt waren.
Die Stadt ist im Ganzen regelmäßig und gut
gebaut, so daß sie einen ganz freundlichen Eindruck macht.
Das Pflaster ist durchweg gut. Der große viereckige Marktplatz ist rings von größeren, zum Theil recht stattlichen Gebäuden eingeschlossen. Ganz alte Häuser giebt es nicht,
da nach dem großen Brande von 1709 nur wenig Häuser
stehen blieben. Damals brannte auch die von 1269 stammende,
im romanischen Stile gehaltene Kirche, eine Kreuzkirche,
bis auf das Mauerwerk nieder. Der große geräumige Bau
ward wieder errichtet und mit einem ansehnlichen Thurm
versehen, blieb im uebrigen aber ganz schmucklos und einfach.
1861—1865 ward er indeß zum Theil neu hergestellt, zum
Theil reparirt. U. A. wurde das Chorende durch einen
neuen Anbau ersetzt, der im gothischen Stil ausgeführt wurde.
Altar und Kanzel wurden vom Tischler Christiansen-
Schwerin in Schnitzwerk, gleichfalls im gothischen Stil,
hergestellt. Der Altar wurde außerdem mit einem neuen
Altargemälde, Christus am Kreuze darstellend, vom Maler
Fischer in Schwerin versehen, und an Stelle der alten
mittelmäßigen Orgel ist ganz neuerdings ein neues tüchtiges
Orgelwerk vom Orgelbauer Friese-Schwerin gebaut. Die
nähere Umgebung der Kirche ist mit einer Linden-Allee besetzt,
so daß Kirche und Kirchplatz der Stadt zur Zierde gereichen.
Von sonstigen öffentlichen Gebäuden sind zu nennen das
allerdings recht einfach gehaltene Rathhaus. Einen recht
stattlichen Eindruck machen dagegen das Amtshaus, das
vollkommen neu erbaute, auf der Nordseite der Stadt in
Gärten belegene und am 7. Januar 1886 geweihte Schulhaus und das (Mieths-)Postgebäude vor dem Marktthor.
Das Amtsgericht befindet sich in einem Flügelanbau am
Amtshause. Die Stadt, deren Mauern bis aus einen geringen
Bruchtheil völlig beseitigt sind, ist der größeren Hälfte nach
von anmuthigen Spaziergängen eingefaßt, nämlich von zwei
Wällen, dem langen und dem kurzen Wall, die eine Doppelreihe von Linden enthalten. Die Wälle haben zu beiden
Seiten Gräben, die von der Boize abgeleitet sind. Das
Rothehaus, ein ansehnliches, früher zum Domanium,
jetzt aber zur Stadt gehöriges Gasthaus, liegt an dem hohen,
steilen Elbufer und gewährt die schönste Aussicht auf die
Elbe und ihre Ufer. Ueber die Elbe führt hier eine städt.
Fähre nach dem hannoverschen Ufer zur Straße über Brakede
nach Bleckede und Lüneburg. Neben dem Rothenhaus liegt
das Schützenhaus, welches eine schöne, als Schießbahn
dienende Linden-Allee hat. Unter den zahlreichen Gärten
zeichnen sich der Flora-Garten (öffentlich), der Amtsgarten und mehrere Privatgärten durch ihre Schönheit aus, sowie auch der Begräbnißplatz, wenn man diesen anders
als Garten bezeichnen darf. Das Kriegerdenkmal für die
Gefallenen von 1870/71 auf dem Kreuzberge inmitten des
Friedhofs ist ein einfacher, vierkantig behauener Sandstein
auf einer Sandsteinplatte. Auf dem Friedhof liegt seit 1813
der französische Divisionsgeneral Morand, einer der
bewährtesten Generale Napoleon I. Seine Gefährten hatten
ihm ein Denkmal gesetzt, das indessen mit der Zeit stark verwittert war.
1874 ließ der Großherzog Friedrich Franz II. dies Grabmal auf seine Kosten erneuern.
Wie die nähere, so hat auch die weitere Umgebung von Boizenburg große
Reize, besonders westlich von der Stadt, wo die steil aufsteigenden Ufer der Elbe, die sog. Elbberge und der mächtige Strom selbst der Landschaft einen großartigen Charakter verleihen.
Das Auge wird hier u. A. durch den Schloßberg
gefesselt, der nahezu 50 m über der Elbe liegt, sonst mit
Dornen und wildem Gesträuch bewachsen war und auch
Mauerbruchstücke zeigte, nun aber längst beackert ist. Eine
schöne Fernsicht bietet sich nicht blos vom Schloßberg, sondern
auch von dem zum Friedhof gehörenden Kreuzberg über die
Elbe, ebenso von den terrassenartig an den Elbbergen
angelegten Privatgärten. Die Stadt selbst stellt sich am besten
dar vom Sandberge und vom jenseitigen Elbufer aus von
der Fährstelle zu Brakede.
Handel und Gewerbe, einst so bedeutend im Flor, haben
aus den von uns schon angeführten Gründen längere Zeit
schwer gelitten und sind auch jetzt noch keineswegs zu der
ehemaligen Blüthe gelangt. Immerhin ist aber eine Wendung
zum Bessern schon seit einiger Zeit zu verzeichnen. Es ist
diese Besserung in erster Linie neueren Verkehrseinrichtungen
zuzuschreiben. Außer der schon erwähnten Berlin-Hamburger Chaussee,
die über Boizenburg führt (nach Ludwigslust 55, nach Lauenburg 13 km) hat Boizenburg
auch eine fast directe Chausseeverbindung mit dem benachbarten Wittenburg (38 km),
da sich von Vellahn an der
Berlin-Hamburger Chaussee die 21 km lange Chaussee nach
Wittenburg abzweigt. Was die Eisenbahn-Verbindungen
anbelangt, so erhielt Boizenburg endlich, und zwar vom
1. September 1890 ab, die so lange vergeblich erstrebte
Stadt- und Hafenbahn. Die 2,6 km lange Linie verschafft
dem Ort den directen Eisenbahnanschluß an die Berlin-
Hamburger Bahn (nach Hagenow 33,1 und nach Büchen
14 km). Die Bahn wurde in den Jahren 1889 und 1890
durch den Bauunternehmer Lenz-Stettin gebaut und kostete
rund 185000 Mk, wozu die Stadt ein Drittel, das Land
ein Drittel und Lenz ein Drittel zahlten. Das Risico der
Bahn trägt Lenz vorläufig 14 Jahre und hat der Stadt
2 pCt. Zinsen für deren Beitrag zu sichern. Danach ist ein
weiteres Abkommen zu treffen. Von hoher Wichtigkeit für
Boizenburg war es ferner, daß schon vor Eröffnung der
Hafenbahn eine bedeutende Verbesserung des Hafens stattgefunden hatte. Die Erweiterung, Vertiefung und der Ausbau des Hafens geschah in den Jahren 1887 bis 1889 und
kostete im Ganzen etwa 85000 Mk mit Einschluß eines
Staatszuschusses von 50000 Mk.
Boizenburg hat durch diese Anlagen sichtlich eine Hebung
seines Handels und seiner Industrie erreicht. Sehr bedeutend
ist zur Zeit die Einfuhr der böhmischen Kohle, die jährlich
in einem Durchschnittsquantum von 500000 Centnern hier
eingeht und mit der Bahn weiter befördert wird. Auch die
Ein- und Ausfuhr von englischen Steinkohlen und Roheisen
sowie von Getreide trägt nicht unwesentlich zur Steigerung
des Hafen- und Eisenbahnverkehrs bei. Von gewerblichen Anlagen führt der Staatskalender auf:
8 Gastwirthschaften, darunter eine Herberge zur Heimath, 16 Schenkwirthschaften, 1 Dampfmühle,
2 Wassermühlen, 1 Eisengießerei, 2 Werften, 1 Dampfsägerei, 1 Kalkbrennerei und 1 Ziegelei.
Ueber die nachstehenden gewerblichen Anlagen haben
wir folgendes Nähere ermittelt: Die Eisengießerei und
Maschinenfabrik von F. W. Beckhaus (Inhaber Ingenieur
C. Beckhaus) wurde 1853 begründet. Sie beschäftigt durchschn.
60 Arbeiter und eine Dampfmaschine von 14 Pferdekr.
Die Holz-und Eisen-Schiffswerft von F. Lemm beschäftigt
durchschn. 70 Arbeiter, eine Maschine von 16 Pferdekr. und
hat elektrische Beleuchtung. Sie fertigt Dampfer und sonstige
Wasserfahrzeuge, ferner Motorboote verschiedener Systeme.
Die Anlage wurde bereits im vorigen Jahrhundert begründet
und wurde zunächst nur Holzbau betrieben. Vom Jahre
1878 wurden jedoch hauptsächlich Fahrzeuge aus Eisen oder
Stahl gebaut. Die Maschinenbauanstalt von H. Köhncke
beschäftigt durchschn1. 10 Arbeiter. Die Fettschwärze und
Lederfettfabrik von Hirsch und Richter versendet ihre
Producten theilweise weit über Mecklenburg ja, Deutschland
hinaus.
Die Stadt hält drei Krammärkte, einen Vieh- und
Pferdemarkt und monatlich einen Schweinemarkt ab. Früher
hatte sie, und zwar von 1819 bis 1831, anscheinend einen eigenen
Wollmarkt, der jedoch aus Mangel an Käufern und Verkäufern
eingehen mußte. Aus gleichem Grunde mußte der Starken- und
Füllenmarkt, der früher hier bestand, 1892 eingehen.
Die Elbschiffahrt hatte vor Einführung der Eisenbahn
für Boizenburg eine große Bedeutung. Es mußte
hier der Zoll für alle stromaufwärts von Hamburg her
kommenden Schiffe erlegt werden, und bei dem Elbzollamt,
mit dem auch ein eigenes Elbzollgericht verbunden war, war
ein zahlreiches Personal angestellt. Eine Dampfschifffahrtsgesellschaft konnte hier mit der besten Aussicht auf Erfolg eröffnet werden, und allein vom April bis August 1842
betrug die Zahl der Dampfschifffahrtspassagiere zwischen
Boizenburg und Hamburg etwa 12000. Am lö. October 1846
ward jedoch die Eisenbahnlinie Boizenburg-Berlin und am
15. December 1846 Boizenburg bis Hamburg dem Verkehr
übergeben, und nun schien es längere Zeit, als müsse die
Elbschifffahrt ganz und gar der Concurrenz der Eisenbahn
unterliegen. Wie wenig dies indeß der Fall ist, zeigt jetzt
der Anblick des Elbstroms von Boizenburg aus, wo Tag für
Tag mächtige Dampfer, Kähne und sonstige Wasserfahrzeuge
flußauf-und flußabwärts von einer ungeahnten Steigerung
des Elbverkehrs Zeugniß ablegen.
Was die Elbfischerei anbelangt, so hat sie in den
letzten Jahren namentlich durch die Steigerung der
Dampfschifffahrt sehr abgenommen, insbesondere ist der Stör- und
Lachsfang auf ein Minimum zurückgegangen. In alten
Zeiten müssen namentlich viele Lachse bei Boizenburg gefangen
sein, denn auch hier existirte, wie vielerwärts, eine alte
Verordnung, wonach die Herrschaft ihren Dienstboten nur
zweimal in der Woche Lachs geben durfte. Die Fischerei auf
der Elbe stand früher dem Fischeramt zu, welches jedoch
neuerdings aufgelöst worden, worauf die städtische Fischerei
an einen Fischer verpachtet ist. Die Pacht beträgt zur
Zeit 660 Mk.
Was den Ackerbau betrifft, so ist der Acker größtentheils
sehr gut, besonders so weit die Senkung der Elbberge -
reicht. Die Feldmark Boizenburgs begreift außer Acker (theils
Lehm-, theils Mittel- und Sandboden) Wiesen, gute
Torfmoore und viel Heideland. Holzung war lange Zeit nur
wenig vorhanden, doch wurden von Mitte der 50erJahre ab
Stücke Heidelandes mit Tannen besamt und ist der
Tannenbestand jetzt groß und von vorzüglichem Gedeihen.
Auf städtischem Gebiet liegen:
1) Altendorf bei Boizenburg (s.o.), 18 Büdner.
147 Einwohner.
2) Gamm bei Boizenburg (früher Pfänderhaus), Büdner, 5 (7) Einwohner.
3) Gehrum bei Boizenburg, 1/2 Meile nordwestlich von der
Stadt an einem in die Stecknitz fließenden Bache. Gehrum
wurde 1433 der Stadt vom Bisthum Ratzeburg zum Lehn
gegeben, hat 9 Erbpächter, 1 Büdner und 3 Häusler,
76 (99) Einwohner.
4) Heide bei Boizenburg, 1/2 Meile nordwestlich (?) von
der Stadt, Büdner-Colonie, 7 Büdner, 34 (35) Einwohner.
5) Metlitzhof bei Boizenburg, eine seit 1857 neu
angelegte Kammerpachtung, 3/4 Meile nördlich von
Boizenburg, Pachthof mit 35 Einwohnern.
6) Neuendämm bei Boizenburg 3/4 Meile nordwestlich
von der Stadt, 2 Büdnereien mit 12 (11) Einwohnern.
7) Piperkaten bei Boizenburg, 1 1/4 Meilen nördlich
von der Stadt, 1 Büdner, 6 Häusler,35 (15) Einwohner.
Der Magistrat bestand bis 1879 aus zwei Bürgermeistern
und zwei Rathmännern, jetzt hat die Stadt nur
einen Bürgermeister. Wird eine Magistratsstelle vacant, so
schlägt der Magistrat zwei Candidaten zur Wahl vor, die
repräsentirende Bürgerschaft wählt und die Wahl ist landesherrlich zu bestätigen. Bei Stimmengleichheit entscheidet die
Regierung. Der Bürgerausschuß zählt 12 Bürgerrepäsentanten,
die durch Stimmzettel geheim gewählt werden,
wobei, jeder Bürger der Stadt gleiches Stimmrecht hat.
Das städtische Siegelbild ist ein sehr einfaches, es besteht aus einer gezinnten Mauer mit Pforte und einem auf dieselbe gesetzten durch Gebäudeteile flankirten Thurm (einer Burg).—
Die Stadt wurde von den Grafen Gunzelin und Helmold
von Schwerin durch Privileg vom Jahre 1267 mit dem
lübschen Recht bewidmet. Bestätigungen erfolgten in den
Jahren 1333, 1604, 1650 und 1657.
Die Stadtabgaben sind sehr gering. Für das Jahr
1891 hatte die Stadtcasse. A. folgende Einnahmen aufzuweisen: An jährlichen Zinsen aus einem Activ-Capital von
183000 Mk. ca. 9400 Mk, Acker-, Garten- und Wiesenpacht 21050 Mk, Erbpacht der Kämmereidörfer 6700 Mk,
Holzung 6000 MK, Weidegeld 6650 Mk, Torf 3000 Mk,
Hafengeld 2000 Mk, Stadtabgaben 6100 Mk. — Ausgaben:
An Zinsen incl. Sparcasse 7500 Mk, Beamtengehälter
19800 Mk, Beleuchtung und Reinigung der Straßen 2000 Mk,
Armenwesen 17500 Mk, wozu durch Armengeld 6800 Mk
beigetragen sind, Schulwesen 17000 Mk, Zuschuß an Stadtschulgehälter 8900 Mk, zur höheren Knabenschule 8868 Mk, zur höheren Töchterschule 500 Mk. Bedeutende Einnahmen bezieht die Stadt aus einer Elbweidenplantage (1700 Mk jährliche Pacht) und einer Rohrplantage (6—700 Mk Jahrespacht).
Die Kirche, an der zwei Prediger angestellt sind, ist
landesherrlichen Patronats und hat einen sehr großen Sprengel
von über 6200 Seelen. Die Prediger werden abwechselnd
einmal nach Wahl der Gemeinde unter drei Candidaten und
einmal mittelst Solitairpräsentation bestellt. Die Stadt hat
eine städtische höhere Knabenschule, an der außerdem
Dirigenten 1 Lehrer und 1 Assistent wirken und deren Ziel
die Untertertia eines Realgymnasiums ist, ferner eine Bürgerschule, an der 1 Rector, 1 Conrector, 8 Lehrer und 2 Hülfslehrer
unterrichten. Außerdem befindet sich in Boizenburg
eine höhere Privat-Töchterschule. — Die Juden hatten
hier früher eine Synagoge, die jedoch neuerdings von der
hiesigen Freimaurerloge .,Vesta zu den drei Sternen"
angekauft, umgebaut ist und jetzt als Logenhaus benutzt wird.
Von den milden Stiftungen führt der Staatskalender
die folgenden an: Das St. Jürgen-Stift (jährliche Aufkunft 5754 Mk), das Klepper'sche Jubiläumsstift, das
Regas'sche Schullegat, der Prediger-Wittwenkasten, die
Cantor Müller'sche Wittwenstiftung und das Rector-Witthum.
Das St. Jürgen-Stift gewährt z.Zt. 16 Angehörigen
von Bürgerfamilien ein Asyl für ihre alten Tage; es erhalten
die Hospitaliten außer der Wohnung ein Stück Gartenland
zu ihrer Benutzung und jährlich einen Sack Roggen. Diese
Stiftung, deren Patronat dem Magistrat zusteht, hat einen
bedeutenden Grundbesitz von Aeckern, Wiesen und Gärten;
ihre Überschüsse werden zu 2/5 zu Schulzwecken, zu 2/5 für
verschämte Arme und zu 1/5 zur Krankenpflege verwendet.
Das Stiftsgebäude ist vor ca. 20 Jahren neu aufgebaut.
Geschichtliches Den Namen der in der Grafschaft Schwerin gelegenen wendischen Burg Boiceneburg leiten Einige ab von Boiniza, Bollwerk, Befestigungswerk; wahrscheinlicher hat jedoch auch hier der Name eines Gewässers, der Boize, dem anliegenden Orte den Namen gegeben, denn daß erst der Ort dem Gewässer den Namen giebt, kommt sehr selten vor. Im 12. und 13. Jahrhundert gab es auch im Lüneburgschen eine Familie von Boizeneborg, die den Kopf eines wilden Schweines im Schilde führte. Die alte Burg wurde 1206 von dem dänischen Statthalter in Nordalbingien, dem Albert von Orlamünde, zerstört, diente aber, später wieder aufgebaut, nach Vernichtung der dänischen Herrschaft in Deutschland durch den Grafen Heinrich von Schwerin, den schwerinschen Grafen der Boizenburger Linie (1274 bis 1349) zur gewöhnlichen Residenz, bis Boizenburg 1359 mit der Grafschaft Schwerin an Mecklenburg kam. Als in den 60erJahren im Mühlengarten an der Südseite der Stadt Ausgrabungen zu baulichen Zwecken vorgenommen wurden, entdeckte man dort altes Gemäuer mit noch wohlerhaltenen Burgverließen, so daß wohl anzunehmen ist, daß dort die alte Burg gestanden. Boizenburg wurde bereits 1255 als Stadt bezeichnet; es erhielt diese Stadt 1301 durch den Grafen Nikolaus I. neue Gerechtsame nebst der Feldmark Hude an der Elbe, wie sie denn überhaupt viele Privilegien und Freiheiten erwarb und bei ihrer glücklichen Lage bald durch Handel und Brauerei emporblühte. Im Jahre 1335 waren hier 14 Meßpriester. Als Stapelort für den Handel mit Lüneburger Salz war Boizenburg für Wismar so wichtig, daß es 1380 auf Kosten dieser letzteren Stadt mit einer Mauer versehen wurde. Bei dem Bruderkriege zwischen Herzog Ulrich und Johann Albrecht I. rückte der Herzog Heinrich von Braunschweig für Ulrich ins Land, besetzte Boizenburg und brandschatzte die ganze Gegend bis Wittenburg und Boizenburg mehrere Monate lang. Auch im 30jährigen Kriege hatte die Stadt viele Drangsale zu erdulden. Als König Christian IV. von Dänemark durch Tilly am 27. August 1626 bei Lutter am Barenberge total geschlagen war, sammelte er hier sein Heer und befestigte Boizenburg, um den Elbpaß zu vertheidigen. bis er von den Kaiserlichen vertrieben wurde. Im Jahre 1644, als die Kriegsfurie schon das übrige Mecklenburg seit 1639 verlassen hatte, nahm der kaiserliche General Gallas die Stadt ein, vertrieb die schwedische Besatzung und zerstörte das alte gräfliche Schloß bei derselben. Im Jahre 1719 rückten die Hannoveraner als Executionsarmee gegen Herzog Karl Leopold in Boizenburg ein und ließen hier eine Garnison zurück, die erst 1768 wieder abzog. Die Hannoveraner behielten für die Kosten des Executionszuges 1734 acht Aemter und unter ihnen Boizenburg als Pfandämter, die erst 1768 wieder eingelöst wurden und während dieser Zeit war nun Boizenburg der Sitz des hannoverschen Oberaufseheramts über diese Spezialhypothek. In Folge ihrer Lage hatte die Stadt auch während des französischen Krieges viel von Truppendurchmärschen und Einquartierungen zu leiden und die darüber angefertigte Kostenliquidation wies einen Betrag von 99491 Rthlrn. nach. Am 16. September 1813 wurden die Franzosen von hier zurück gedrängt und am 9. Juli 1814 hielt endlich die aus Frankreich zurückkehrende mecklenburgische Brigade hier ihren jubelvollcn Einzug. Dann hat Boizenburg noch wieder während des Schleswig-holsteinschen Krieges viele Durchzüge und Einquartierung gehabt. Es wurde hier damals — zu Anfang des Jahres 1851 — von den preußischen Pionieren eine Brücke über die Elbe geschlagen. Von großen Feuers¬ brünsten wurde die Stadt in den Jahren 1620, 1674 und 1709 heimgesucht.
* Die Gründung der Stadt Boizenburg Karl Hoffmann
In: Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde, Band 94 (1930), S. 37-40 Die Gründung der Stadt Boizenburg (Vgl. Schlie a. a. O. Bd. 3 S. 111 ff; Bachmann a. a. O. S. 391; I. Hinselmann, Boizenburg (Meckl. Nachrichten, 24. April 1926, Nr. 44).
Ortschroniken zu Boizenburg/Elbe
- Dieter Greve: Geschichte der Stadt und des Amtes Boizenburg in Daten. Schwerin, 2016.
- Uwe Wieben: Boizenburg. Abriß einer Geschichte der Stadt Boizenburg nebst einer Beschreibung derselben von 1154 - 1789, Boizenburg 2010
- Dieter Greve: Flurnamenatlas für das südliche Westmecklenburg, Band 1, Schwerin 2011
- Dieter Greve: Flurnamenatlas für das südliche Westmecklenburg, Band 2, Schwerin 2011
- Uwe Wieben, Rainer Sabisch: Boizenburger Chronik.Das zwanzigste Jahrhundert, Schwerin 2001
- Hans Vick: Das Boizenburger Stadtbild, Schwerin 1938
- Dieter Greve: Boizenburg im Kartenbild und Panorama, Boizenburg 2009
- Dieter Greve: Boizenburger Straßen- und Flurnamen, Boizenburg 2004