Warnemünde im Spiegel von Zeitgenossen: Unterschied zwischen den Versionen

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=='''1936 Friedrich Witte "Warnemünde meiner Jugend"'''==
 
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Version vom 27. Juni 2019, 19:14 Uhr

Warnemünde und die Sturmflut am 10. Februar 1625 (Auszug aus H.F.Beckers "Chronik der Rostocker Heide" 1839)

Den 10. Febr. 1 6 2 5 stand der Wind von Morgen bis Mittag südlich und es war stilles Wetter, als plötzlich um 8 Uhr vormittags die Ostsee so stark in die Warnow drang daß ohnerachtet der Windstille die derzeit vorhanden sieben Strandbrücken und das ganze Warnowufer bis an die Strandthore zur Überraschung der Meteorologen und Seefahrer überschwemmt wurde. Es herrscht bekanntlich in der Ostsee keine bemerkbare regelmäßige Ebbe und Fluth, jedoch verändert sich der Wasserstand zuweilen in der Art, daß die sonst niedriger liegende Ostsee in den Warnow Fluß eintritt oder wie man sagt der Strom einläuft, welches gewöhnlich bei Nordost oder Nordwind der Fall ist. Es vermutheten daher die Schiffer daß ein Sturm aus Nordost im Meere herrschend sey, und diese Vermuthung ward bald zur Gewißheit. Mittags um ein Uhr trat ein Orkan ein, mit Schnee, Hagel und Regen verbunden. Zuerst kam der Wind aus Osten, dann drehete er sich nach Nordosten. Es stürmte den Nachmittag und die ganze Nacht hindurch bis am Morgen den 11. Febr. Die Warnemünder sahen das Meer in einer so heftigen Bewegung, daß sie die Wellen mit Wasserbergen verglichen die bis an die Wolken reichten. Der Sturm war so heftig, daß Reisende weder fahren noch gehen noch stehen konnten, und sich bei den Schneewirbeln auf die Erde niederwerfen mußten um athmen zu können. Da schönes warmes Wetter voraufgegangen war, so wirkte die eingetretene eisige Kälte so stark auf den menschlichen Körper, daß mehrere Menschen erstarreten und verhindert wurden sich von dem überschwemmten Lande zu retten. Die Fluth erreichte abends 5 Uhr bei Rostock den höchsten Stand, und blieb bis Nachts 2 Uhr also 9 Stunden in dieser Höhe, welche den mittleren Waßerstand 14 Fuß überstiegen hatte. Nach 2 Uhr sank das Wasser, stieg aber am 14. Febr. bei gemäßigterem Sturm fast bis zur derselben Höhe. Dies Unwetter traf mit gleicher Wasserhöhe auch Greifswald, Stralsund, Wismar und Lübeck. Die Folgen dieser Sturmflut waren schrecklich. In und um Rostock fand man nach Ablauf des Waßers, daß der Hafen selbst fahrbar geblieben, daß, aber die Waßerwerke, woran man über 20 Jahre gearbeitet, sehr ruinirt waren. Die Dünen, an deren Erhaltung man derzeit erhebliche Kosten verwandt hatte, waren vom Stromgraben bis Warnemünde und von hier bis Diedrichshagen vom Meerwaßer überstiegen, zerrißen und niedergestürzet. Die von Eichenholz mit starken eisernen Klammern verbundenen und mit großen Steinen beschwereten Kisten, sowohl am Meer als im Hafen und am Breitling waren gänzlich umgestürzet, die Steine ins Waßer gefallen, jedoch ohne das Fahrwaßer zu verschütten; das Kistenholz war zerbrochen, gänzlich weggeschwemmt und auf die Ufer von Marienehe und Bramow geworfen. In der Rostocker Heide waren eine große Menge Eichen, Buchen, Kiefern pp. umgeworfen. Die Dörfer Schmarl, Lütten und großen Klein, Marienehe, Redewisch pp. hatten an Häusern, Scheunen, Ställen Obstbäumen pp. sehr gelitten. Mehrere Gebäude waren umgestürzt und weggeschwemmt, viel Vieh ertrunken, Acker und Hausgeräthe weggetrieben. In dem Stadt Dorf Mohr, vermuthlich dem im Walde gelegenen Moorhof, welcher jetzt nicht mehr existirt aber auf die Reiter Charte bemerkt stehet, sind einige Pferde und Ochsen ertrunken. Die Menschen haben sich auf den Boden gerettet und dort drey Tage ohne Speise geseßen. Wie weit das Waßer in die Heide vorgedrungen ist nicht bemerkt worden, nach einer mündlichen Tradition soll es in Niedrigungen bis Blankenhagen vorgerückt seyn. Im Flecken Warnemünde sind von 150 Häusern 74 sehr beschädigt worden. Die Wände sind ausgefallen und nur die Ständer stehen geblieben. Alle Kisten, Betten, Bettstellen, Tische, Schränke pp. sind von den Fluthen weggerißen, 18 Häuser aber an der Nordseite bei der Laterne, gänzlich über den Haufen geworfen. Die steinerne Kirchhofs Mauer ist niedergestürzt, in der Kirche das Waßer drei Fuß hoch gestanden und durch die Vogtei hat man mit Böthen fahren können. Die beiden aeltesten Bürgermeister Tancke und Schütte haben am 12. Febr. den Schaden in Warnemünde in Augenschein genommen und sich die Klagen der Warnemünder, denen von ihren geborgenen Sachen noch manches weggestohlen worden, vortragen laßen. Alle im Hafen gelegenen Schiffe, mit Ausnahme von zweien sind losgerißen, aneinander und gegen die Häuser geschleudert worden. Mehrere sind zertrümmert; 18 haben auf trockenem Boden vor den Häusern und der Voigtei gestanden, unter diesen ein Schiff von 100 Last mit voller Ladung; zwei Schütten hat man auf den Wiesen bei der alten Warnow gefunden.

1797 Hermann Friedrich Becker - Der erste namentlich bekannte Badegast Warnemündes

Im Jahre 1925 schrieb Friedrich Barnewitz in seiner „Geschichte des Hafenortes Warnemünde“: „Immerhin steht fest, daß sich im Juni 1817 Forstinspektor Becker aus Rövershagen mit seinen Angehörigen, sicher aber auch noch andere Familien, mehrere Wochen lang, während des Sommers in Warnemünde aufgehalten haben, um zu baden...“ Das Hermann Friedrich Becker ( 1766 - 1852) diesen Aufenthalt in seinen handschriftlichen Familienaufzeichnungen besonders hervorhebt ist wohl dem Umstand geschuldet, daß sich für ihn erstmals die Gelegenheit bot sich ganze vier Wochen dem Badevergnügen hinzugeben. Da er seinen Wohnsitz in Rövershagen, am Rande der Rostocker Heide hatte und der Ostseestrand nur einen Katzensprung entfernt war, ja der Küstenabschnitt zwischen Markgrafenheide und Graal-Müritz sogar seiner Dienstaufsicht unterstand wird er dessen Vorzüge auch zuvor schon häufig genutzt haben. Das Baden in der Ostsee war für ihn bereits in den zwanzig Jahren zuvor eine Selbstverständlichkeit. Schon im Jahre 1798 wirbt er für die positiven Wirkungen des Badens im Meer und macht sich über dabei einzuhaltende Regeln Gedanken: „Unter allen nervenstärkenden Mitteln behauptet kaltes Wasser den ersten Rang. Unstreitig gibt es Körper, denen das kalte Bad nicht heilsam ist,...“ „Wenn wir von Jugend auf zum kalten Bad gewöhnt würden, so könnten selbst fette Körper, die viel ausdünsten, keine schlimmen Folgen befürchten, ja ich möchte wohl behaupten, daß wir sodann wenig aufgedunsene fette Körper unter den Menschen antreffen würden.“ „Im Sommer kann das kalte Bad tödlich werden, wenn es gleich nach einer heftigen Bewegung und Transpiration des Körpers gebraucht wird. Die schönste Badezeit ist des Morgens, nüchtern und des Abends eine Stunde vor Schlafengehen. Nach dem Morgenbade muß man noch ein Stündchen faulenzen,...“ Des Abends muß nach dem Bade nie Tee oder Punsch getrunken werden, bloß ein Glas kaltes Wasser, eine Pfeife Tabak, und so zu Bette. Nach Tische sind die kalten Bäder höchst schädlich. - Wer zuviel Reiz, besonders im Sommer dafür empfindet, warte wenigstens drei Stunden nach der Mahlzeit ehe er badet. Beim Baden in Flüssen und Strömen, in der See p.p. suche man sich jederzeit die flachen und sandigen Stellen aus, wo der Boden fest und rein ist; ...“ „Die See ist das kostbarste Bad und das nützlichste unter allen.“ „Es ist notwendig, erst eine Viertelstunde am Ufer auf und nieder zu gehen, sich nach und nach auszuziehen, und nur dann erst ins Wasser zu gehen, wenn die Transpiration ganz vorüber ist. Dessen ungeachtet muß schlechterdings nicht vergessen werden, sich erst am Ufer niederzukauern, ein paar Hände voll Wasser auf den Wirbel zu gießen, und den Kopf, das Genick, die Brust zu benetzen, ehe die Füße befeuchtet werden. Nach dieser beobachteten Vorsicht kann man sich ohne Furcht ins Wasser werfen. Nach dem Bade ist ein Glas alter Wein sehr nützlich - höchst schädlich aber der Trunk. Man muß, wenn das Bad des Morgens gebraucht wird, nicht gleich seine Verrichtungen anfangen, sondern noch ein halb Stündchen faulenzen. Der Schlummer, welcher auf das Morgenbad sodann unausbleiblich erfolgt, ist Balsam für den Körper. Beim Abendbad gehe man noch eine halbe Stunde auf und nieder, und dann zu Bette. Die sogenannten Badehemden sind höchstens nur dem schönen Geschlecht erlaubt, im Ganzen aber verhindern sie den wahren Nutzen des Bades. ...“ „Übelangebrachte Schamhaftigkeit und Mängel der Erziehung sind die Hauptursachen, weshalb das weibliche Geschlecht das Bad vermeidet, und doch gibt es für die geschwächte Gattin, für das hysterische Mädchen, keine größere Arznei in der Natur, als ein mit Vorsicht gebrauchtes Bad.“ „Heftige Körperbewegung ist vor dem Bade ebenso schädlich, als nach dem Bade. Ebenso schädlich ist es gleich nach dem Bade zu essen , wenn schon der Appetit zum Essen nie stärker ist, als eben dann. Sanguinischen und cholerischsanguinischen Menschen ist der Genuß nach dem Bade schlechterdings untersagt. Der Gatte entferne sich also von seiner Gattin, wenn er sich gebadet hat, und der Liebhaber fliehe sein Mädchen. Der Genuß nach dem Bade ist zerstörend in seinen Wirkungen, je stärker der Trieb genießen zu wollen, nach dem Bade ist. Einige Stunden nachher - besonders beim Morgenbade, ist der Genuß nicht mehr so schädlich. - Des Abends aber muß er gänzlich unterbleiben, denn der darauf folgende Schweiß ist sehr schädlich für die Gesundheit und raubt die schönsten Säfte. Mit Vorsicht Baden heißt seine Gesundheit sichern und unterstützen.“ So weit einige Gedanken des Rövershäger Forstinspektors vor mehr als zweihundert Jahren. Auch die heilsamen Wirkungen der Seeluft erkannte Becker schon sehr früh. So veröffentlicht er im im Jahre 1831 in dem hier viel gelesenen „Freimütigen Abendblatt“ seinen Beitrag „Über den Wohltätigen Einfluß der Seeluft auf den menschlichen Körper“. Darin heißt es unter anderem: „Jeder, der sich einige Zeit am Meeresufer, vorzüglich in der heißen Jahreszeit, aufgehalten hat, wird es bemerkt und gefühlt haben, daß die Seeluft einen besonders wohltätigen Einfluß auf den menschlichen Körper ausübt, ihn durch und durch erfrischt und stärkt,,gegen die Einwirkungen der Witterung abhärtet und weniger empfindlich macht. Man kann sich in dieser Atmosphäre, obwohl sie kühler ist, erlauben, die gewohnte Kleidung zu verringern, ja sich selbst den Seewinden aussetzen, ohne Erkältung befürchten zu dürfen, wenn nicht übermäßige Erhitzung voraufgegangen. Die Luft, die man einathmet, ist so rein und wirkt so wohltätig auf die Lunge, daß man sich viel leichter fühlt, als in der verschlossenen Luft der Städte, die in heißen Tagen noch mephitischer ( hieraus entstand das volkstümliche Wort „Mief“ W.S.) wird, als sie sonst schon ist. Benutzt man nun hierbei das Bad des Meerwassers, wovon ich jetzt nicht reden will ... so ist ersichtlich, daß der Aufenthalt am Meeresufer in der heißen Jahreszeit die größte Wohltat ist, die man seiner Gesundheit erzeigen könne.“

1800 Johann Christian Friedrich Wundemann "Warnemünder - ein gutartiges Völkchen von ohngefähr 620 Menschen"

(Prediger zu Walkendorf) Auszug aus "Mecklenburg in Hinsicht auf Kultur, Kunst und Geschmack"

"Ich habe zuvor Warnemünde als eines Bellustigungsortes für die Rostocker erwähnt. Zwar bringt er nicht an sich selbst viel Vergnügen mit sich. Der dürre, unfruchtbare Sand, der die beiden Erdzungen füllt, welche auf der einen Seite durch die Ostsee, auf der andern durch einen sehr weiten Busen der Warnow gebildet, und nur durch den dazwischen fließenden Strom getrennt werden; ferner, die kleinen, spitzen Giebelhäuser,welche in zwey Reihen au der Westseite des Hafens stehen, und so auch die Bewohner dieser Häuserchen, welche von dem, was die vornehme Welt vergnügt, nichts wissen, sind an sich eben keine Gegenstände, die den Frohsinn reizen. Indeß hat doch die Wasserfahrt dahin, die Ansicht des Hafens, der weiten Ostsee, der ankommenden oder abgehenden Schiffe für diejenigen, die derselben nicht oft genießen, viel Annehmlichkeit. Für den Hafen selbst hat die Natur eigentlich nichts gethan, als der Warnow hier ihren Ausfluß ins Meer angewiesen. Er würde vermuthlich schon längst versandet und für die Schiffahrt unzugänglich geworden seyn, wenn ihm nicht die Kunst zu Hülfe gekommen wäre, und den beständigen Sandauswurf des Meeres abzuhalten gesucht hätte. Zu dieser Absicht ist er sowohl gegen die Warnow als eine beträchtliche Strecke in die See hin auf beiden Seiten mit einem sehr starken Pilotis und Kisten, die mit großen Steinmassen angefüllt sind, versehen. Selbst bey dieser Vorsicht, die noch immer einen großen Aufwand an Holz und Kosten mit sich bringt, wird an der einen Seite der Oeffnung des Hafens durch den beständig angeworfenen Sand eine Untiefe erzeugt, so daß es alle Behutsamkelt der Lootsen erfordert, die Schiffe an dem Pilotis zur Rechten in den Hafen zu steuern. Er ist aber auch hier, besonders bey auslaufendem Strom nicht so tief, daß er Schiffe von mehr als 80 bis 100 Lasten mit voller Ladung aufnehmen könne. Diese müssen zuvor auf der Rhede löschen. Andere, die die angegebene Größe viel übersteigen, können zum Theil überhaupt nicht in den Hafen legen. Die Gegend um Warnemünde hat übrigens, wie schon erwähnt ist, nichts Anziehendes. Der Boden ist sandig und unfruchtbar, tragt kaum die nöthigen Gartenfrüchte, noch weniger Korn. Selbst für das Vieh hat er an der Seite von Warnemünde kein Futter. Im Sommer muß es täglich durch den Strom nach der andern Seite schwimmen, um dort zu weiden. Alle Bedürfnisse müssen also für die Einwohner dieses Orts aus Rostock herbeigeschafft werden, und täqlich rudert eine Menge derselben dahin, um ihre Fische oder den weißen Seesand zu verkaufen, und sich dagegen mit Mehl, Brod, Bier und andern Nahrungsmitteln zu versehen. So lebt hier in beständigem Kampfe mit dem großen wogigen Element und den Gefahren der täglichen Fischerey auf demselben, im Kampfe mit öftern Stürmen, und mit der Unfruchtbarkeit des Bodens, ein stilles, gutartiges Völkchen, von ohngefähr 620 Menschen, das sich fortwährend von allen andern Menschenarten unvermischt erhält; ein Völkchen, das für Rostock, freilich mit Verschiedenheit der Gewerbe und Nahrungart, ohngefähr das ist, was die Vierlander für Hamburg, und die Sachsenhäuser für Frankfurt sind. An Kleidung, Dialekt der Sprache, und, man kann auch wohl sagen, an Sitten hält es sich noch immer von der Stadt, zu der es gehört, ganz abgesondert. In der Kleidung zeichnen sich besonders die Weiber durch eine nach hinten etwas länglicht rund zulaufende Mütze mit schmalem knapp anschließenden Striche, durch ein rothes oder blaues enges Mieder mit weißen Knöpfen, und ein buntes nur oben am Latz zugebundenes und dann los bis über die Hüften herab, hängendes Camisol, mehrentheils von gestricktem Wollenzeuge; dann durch kurze nur bis auf die Waden reichende und oben dicht gefaltete Röcke aus. In der Sprache desselben finden sich so. viele theils Verlängerungen theils Verkürzungen der Worte, so viele Vertauschungen der Vokale, daß deren ein eigenes Idiotikon gesammelt wer, den könnte. Damit ist noch ein besonderer ziehender oder singender Ton verbunden, der keiner Beschreibung fähig ist. — In den Sitten bleibt dieses Völkchen der hergebrachten Lebensart, die sehr mäßig und enthaltsam ist, fortwährend treu. Vornämlich hält es sich im Punkte der Keuschheit so rein, daß eine Verletzung derselben zu den seltensten Begebenheiten in Warnemünde gehört, und eine unerlaubterweise verdorbene Jungfräuliche Taille den allgemeinsten und bittersten Unwillen erregt. Die Nahrungsart dieser Leute ist, wie sich erwarten läßt, sehr einfach und kärglich. Die Männer dienen als Matrosen zur See — wenn sie durch Sparsamkeit oder andre Glücksfälle so viel gewinnen, sich eigne Schiffe anschaffen zu können, so müssen sie das Bürgerrecht zu Rostock annehmen, und dort wohnen; — in der Abwesenheit derselben nähren sich die Weiber vom Fischfang und dem Sandhandel. Und dennoch lebt dieses Volk in seiner Art zufrieden und glücklich. Die Gewohnheit härtet es ab gegen dle mancherley Unannehmlichkeiten seiner Lage, und eine charakteristische Genügsamkeit bey wenigen Erwerbmitteln zu einem bequemen und weichlichen Leben bewahrt den Fond von Redlichkeit und Treuherzigkeit, der ihm von Alters her eigen ist."

1821 Hermann Friedrich Becker „Mein liebes Warnemünde wächst und gedeiht“

Sehr bewußt wurde er, gemeinsam mit einer Reihe von Freunden, zum Förderer Warnemündes als Volksbad, im Gegensatz zu Heiligendamm als elitäres Nobelbad. Im Jahre 1821 liest sich das in seinen privaten handschriftlichen Aufzeichnungen so:„Das brachte mich auf den Gedanken, die Ostsee in Warnemünde zu versuchen, wo man nahe der See zu billigem Preise ein Bett und einen sauber gedeckten Tisch mit gebratenen Fischen findet. Meine Frau war bald bereit, mitzukommen, die Kinder stimmten jubelnd zu. Wir hatten schon öfter das Badeleben in Heiligendamm betrachtet. Da rühmten sich die Leute, das erste Seebad Deutschlands zu haben. Aber was taten sie? Sie fuhren in ihren Pfunkkarossen täglich von Doberan an die See, um ihre Kleiderpracht zu zeigen und um mit ihren schönen Pferden zu prahlen. Ins Wasser gingen sie nur ganz wenig und vorsichtig. Sie hatten einen Badearzt, unsern würdigen Professor Vogel, der die Leute untersuchte, sinnend die Finger an die Nase legte und dann wie ein Orakel verkündete, wie viele Minuten sie an der See oder gar in der See verweilen durften. Waren die Leute reich, so erlaubte er ihnen das Meer nicht an jedem Tage, damit sie recht lange in Doberan blieben und ihr Geld in der Spielbank los wurden. Er ließ auch Badeschaukeln nahe dem Strande bauen. Wenn die Frauen sich in flatternden Kleidern schaukeln ließen - so hieß es – atmeten sie recht viel von der heilenden Seeluft. Alle diese Scherzo, die uns wie Bauernfang vorkamen, machten wir in Warnemünde nicht mit. Hier haben wir die Seeluft billiger. Wir wohnen und speisen beim Vogt. Wir sitzen zwischen den Dünen am Meere. Wer baden will, geht an eine einsame Stelle und schwimmt, so weit er will. Die Kinder aber spielen wie die Wassernixen im Meere ganz vorn wo es flach ist. Wir sind hier die Bahnbrecher gewesen. Es bestand ein altes Vorurteil gegen den Warnemünder Strand. Da sei der Sand so tief und grundlos, das man nur stampfend und keuchend hindurchdringe, das sei man in baumloser Oede den Stürmen ausgesetzt und dem Flugsand, der durch Kleider und Haare dringe, da müsse man leben ohne das gewohnte Rostocker Behagen, in dürftigen Kammern und bei schlechter Kost. Es ist uns gelungen alle diese Vorurteile zu zerbrechen. Freilich müssen wir uns mancherlei mitbringen: Betten und Eßwaren und Kochtöpfe, aber damit leben wir hier wie einst Robinson auf seiner glücklichen Insel. Wir werden braun und gesund und fröhlich und segnen auch ohne ärztlichen Rat die Heilkraft des Meeres. Unsere Feriengenossen sind liebe Rostocker Freunde, meist ganze Familien mit vielen Kindern. Da ist mein lieber Bruder, der Pastor an St. Marien, mit seiner Kinderschar. Da ist der greise Professor Lorenz Karsten von Neuenwerder, der schon vor einem Menschenalter die Warnemünder Dünen mit Strandhafer bepflanzt hat. Wohl ist der Sandboden hier trocken, aber dieser Strandhafer besitzt einen langen Wurzelstock, der mit feinen Verzweigungen nach allen Seiten den Strand durchzieht. Dadurch bekommt die lockere Sandmasse einen festen Halt, bald wiedersteht sie den sandsaugenden Stürmen und dem Anprall der Wogen. Wir müssen – so sagte Karsten - die wandernden Dünen zu eisenfesten Bollwerken machen! Da ist Pastor Detharding von Sankt Jakobi, nur wenige Jahre älter als ich. Er hat als Pastor gefordert, man solle die armen Kinder keine unverstandenen Bibelsprüche auswendig lernen lassen und die Kinder Kinder sein lassen. Er wäre dafür fast seines Amtes entsetzt worden. Auch sein Vetter ist da, der Arzt Georg Detharding. Er und sein Vetter und Lorenz Karsten sind mit mir eine heimliche Verschwörerbande. Unser gemeinsames Ziel ist, Warnemünde zu einem Seebade zu machen, im Gegensatz zu dem teuren Heiligendamm mit seinen Fürsten und Geldmännern. Der eifrigste von uns ist Dr. Detharding. Er behandelt in der Stadt viele Kranke, wirkliche und eingebildete. Manch einen davon hat er an die Ostsee gebracht. Er hat es zu Wege gebracht, daß der „König“ unserer Aertzte, der Generalchirurgus Dr. Johann Wilhelm Josephi einige Wochen in Warnemünde geweilt hat. Wir haben in Rostock einen heimlichen „Feind“, der seinen Zorn kaum verbirgt. Das ist der Dr. Vogel, Professor der Medizin und Leibmedicus des Großherzogs. Für ihn sind wir nur die Verderber seines ersten Seebades in Heiligendamm. Wir haben Bade-Vogel selbst kennengelernt, den kleinen beweglichen Herrn mit dem hohen Kragen und dem dicken Halstuch, der immer die Tasche voller Zucker hat und ein Stück nach dem andern zum Munde führt. Das wäre seine Zuckerkur, die alle Gifte im Körper bannen soll. Uns ist er auch gram, weil wir in Warnemünde seine Heiligendammer Baderegeln nicht befolgen. Die drehen sich um die heilige Zahl 7. 7 Bäder sind für ihn nur eine Einleitung, 14 Bäder bilden eine kleine Kur, 21 eine mittlere und erst 28 eine volle Kur. Bei jedem Bade aber nur wenige Minuten in der See bleiben, damit des Guten nicht zu viel wird. Wir belächeln seine Zahlenspiele, aber in Heiligendamm schwört man auf ihn. Er ist der Apostel und aus seinem Munde strömt das Evangelium.“ Becker meinte einmal etwas scherzhaft, das er sich in Warnemünde wie in seiner heimischen Rostocker Heide fühle, waren doch die hölzernen Hafenbollwerke, die Warnemünder Jollen, das Ständerwerk der Warnemünder Häuser, ja selbst der Signalmast neben der Leuchte ausschließlich aus Stämmen errichtet, die zuvor in der Rostocker Heide herangewachsen sind und im Winter besuchen die Warnemünder seine Heide regelmäßig um hier ihr Brennholz zu stehlen.

Im Jahre 1841, nach inzwischen mehr als 50 Dienstjahren Pensionär geworden, hält er seine persönliche Bindung widerum handschriftlich fest:

„...Gleich nach dem Großherzog (Friedrich Franz I.) starb auch sein Leibarzt unser Professor Vogel, der das Seebad Heiligendamm geschaffen hat. Seine Leiche wurde mit viel Pracht und Prunk durch ganz Rostock zum neuen Friedhof gefahren, und mir war es, als begrüben sie nicht nur den Professor, sondern auch „sein Heiligendamm“, das schon jetzt von unserem schlichteren Warnemünde überflügelt ist. Mein liebes Warnemünde wächst und gedeiht. Wir waren auch in diesem Sommer mehrere Wochen da. In Warnemünde nehme ich noch an allem Anteil. Die Dünen sind fest geworden, und fliegenden Sand haben wir nur noch bei heftigem Sturm. In den Anlagen sind die Bäume, die ich einst pflanzen ließ, weit über Mannshöhe gewachsen und spenden schon Schatten. Oft bin ich auf der Mole, die eine Viertelstunde ins Meer hinausragt und unsere Einfahrt vor Versandung schützt. Seit Jahrhunderten wird diese Mole aus Doppelreihen von Steinkisten gebildet. Fast 50 Jahre lang habe ich aus der Rostocker Heide die Eichen und Kiefern für den Bau der Steinkisten geliefert. Diese Kisten, die ewig zu erneuern waren, haben ganze Wälder gefressen. ...Ich habe den Zimmerleuten immer gern zugesehen. Wie ein riesiger Sarg schwimmt die leere Kiste heran. Sie wird mit Stangen und Tauen dahin geleitet, wo sie mit Steinen gefüllt und versenkt werden soll. Gewaltig quirlt das Wasser, wenn der gefüllte Sarg versinkt. Und außer den Zimmerleuten sind immer noch die Wasenbinder dabei, die unter die Steinkisten die Reisigwasen oder Faschinen schieben, damit das Meer nichts unterspült. ...Ich genieße nun von der Mole die herrliche Luft, den weiten freien Blick übers Meer und die Wellen, die sich schäumend an den Steinkisten brechen.“

1822 Dr. Formey, "Die Seebäder und Heilquellen zu Doberan und Warnemünde im Sommer 1822" in Hufelands "Journal der praktischen Arzneykunde" Bd.55, Stück 4.)

"Weder Badewagen, noch irgend eine zur Bequemlichkeit der Badenden gereichende Vorkehrung ist vorhanden. Jeder Badelustige eilt in den Fluten des offenen Meeres um Erquickung oder Heilung zu finden. Der Ort ist ein Eigenthum der Stadt Rostock, dessen Magistrat, um alle Rivalität mit dem fürstlichen Doberan zu vermeiden, jede dahin lockende Einrichtung absichtlich unterläßt. Dessen ohngeachtet nimmt die Frequenz der Badegäste mit einem jeden Jahre zu." "Dieser Badeort ziehet durch seine Lieblichkeit und die Ruhe, die dort herrscht, alle diejenigen hin, welche entfernt vom prachtvollen Geräusche Doberans die Seebäder im Genusse dere schönen Natur gebrauchen wollen."

1825 Theodor Fontane: "Warnemünde ist gar nicht so übel"

"Warnemünde, seinem Renommeé nach eine Art Aschenputtel unter den Badeplätzen, ist gar nicht so übel. Es gibt einen Warnemünder Baustil. Er besteht darin, daß man an die Fronten der Häuser einen Glaskasten anklebt , der, unter den verschiedensten Namen auftauchend, als Balkon, Veranda, Pavillon, doch immer der alte Glaskasten bleibt, wovon das Sein oder Nichtsein aller Gäste und zuletzt auch ganz Warnemündes abhängt. Mit dem Glaskasten steht es oder fällt es. Diese gläsernen An- und Vorbaue geben dem Ort seinen Charakter und dem Badegast sein Behagen. Sie sind wirklich ein Schatz."

1845 Friedrich Lisch "Die Warnemünder Tracht"

"Die sichere nachhaltige Hauptquelle ist das Meer. Die meisten Männer sind Seefahrer, viele sind Fischer; in gereiften Jahren dienen sie im Hafen als Lotsen. Die Weiber sind äußerst betriebsame, rührige Gehülfinnen, ja Stellvertreterinnen der Männer auf dem Meere und dem Flusse,helfen fischen und Sand holen, besorgen den Verkauf des Gewinnes in Warnemünde und Rostock und den Verkehr des Fleckens mit der Stadt; beständig ist die Warnow mit leichten Böten bedeckt, welche die flinken Warnemünderinnen sicher und gewandt durch die Fluten lenken. Die zahllosen Bedürfnisse der Badegäste haben ihre Tätigkeit noch erhöht. Dies alles, neben dem Volkscharakter und der eigenen Sprache, gibt dem Völkchen, das auch bei dem gesteigerten Badeleben den alten Sitten treu geblieben ist, einen eigenen wohltuenden Anstrich. Wir sehenauf unserm Bilde eine Warnemünderin , wie deren täglich viele in den Straßen Rostocks umhergehen, um Seefische zu verkaufen, und einen Warnemünder Matrosen. Die Tracht der jungen Männer hat sich bereits der allgemeinen Matrosentracht angeschlossen. die Tracht der älteren Matrosen und Fischer hat jedoch noch den Charakter der Strandbewohner an den lebhafteren Küsten des nördlichen Eurpoas. Die Fischer trugen bei der Arbeit eine kurze wollene Jacke, dunkle, wollene Strümpfe, hohe Lederstiefel und als Hose die "Unnerbrauk", die bis zum Knie reichte, darüber die "Spitzbüx" mit der Klappe und den großen silbernen Knöpfen, und beim Netzeeinholen die weite, leinene Oberhose als Nummer drei."

Die Warnemünder Tracht Stich: Tiedemann 1840

1852 Karl Schurz und Gottfried Kinkel "Warnenünde - Mit der Kleinen Anna nach England"

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um 1870 Julius Woeniger: "Warnemünde - Natur und Kunst haben beide wenig für dasselbe gethan"

"In Warnemünde ist das Badeleben schon in vollem Gange. Es ist ein merkwürdiger Badeort, dies Warnemünde; Natur und Kunst haben beide wenig genug für dasselbe gethan und doch geht der meiste Mann am liebsten dahin; das mehr Demokratische, welches das Warnemünder Badeleben hat, muß es wohl machen."

um 1890 Carl Von Stein, Auszug aus: "Eine Erinnerung aus Warnemünde" Ode

(Karl Heinrich Friedrich Julius von Stein, 1831 - 1916, von 1868-1870 Vorstand des See-Zollamtes in Warnemünde)

"..In dem kleinen Warnemünde-

Wer es kennt der muß es lieben-

Suchen kühle Sommerfrische

Nach des Winters hartem Dienste

Badegäst´ verschiedner Art:

Alte gelbe Stubenhocker,

Die beim Staub von Folianten,

Lung´und Leber assicirten,

Männer von gelehrtem Stand.

Aber auch Commerzienräthe,

Reiche Strohhutfabrikanten,

Decorirte Officiere,

Und selbst Künstler fehlen nicht.

Auch Berlin, die Metropole,

War in großer Zahl vertreten

Durch Familien, die zu Hause

Ohne Gruß einander kennen,

In der Fremd sich lieben sehr.

Auf der Düne nah am Meere

Lagen nach des Tages Hitze

Hingekauert, wild romantisch

Damen und auch junge Herr´n.

Kleine Wogen plätschern friedlich

Und am fernen Horizonte

Streifen helle, schmale Segel

Die in alter Fischersprache

Man die "weißen Rosse" nennt. .."

1896 Johannes Trojan - "Findigkeit der Hunde"

Auszug aus: Johannes Trojan: Das Wustrower Königsschiessen und andere Humoresken - Kapitel 9

Von der Findigkeit der Hunde will ich ein rührendes Beispiel erzählen. Im Seebade Warnemünde wurde ein grosses Bade- und Volksfest gefeiert, und der Landesfürst selbst nahm daran Theil. Natürlich strömte in Warnemünde ein grosses Publikum zusammen, und besonders aus der nahe gelegenen Hafenstadt Rostock kamen so viele Tausende, als nur irgend aus einer mittelgrossen Stadt, in der Wohlfahrt, Vergnügungstrieb und gute Gesundheitszustände herrschen, herausströmen können. Von Rostock nach Warnemünde brauchen die Dampfschiffe, die auf dem breiten Fluss den Verkehr zwischen den beiden Orten vermitteln, zur Zurücklegung der Fahrt eine Stunde; der Landweg aber beträgt beinahe Meilen. Der Festtag erschien, und voll bis zum Sinken kam vom frühen Morgen an Dampfschiff auf Dampfschiff nach Warnemünde. Es war eine unzählbare Menge, die auf dem Festplatz sich drängte, das Fest aber war über die Massen schön. Da es sich nun zum Ende neigte und es dunkel ward, bemächtigte sich des Publikums eine grosse Furcht, es könnte am Ende nicht mehr mit den Schiffen mitkommen, die nach Rostock zurückfuhren. Alles stürzte dem Wasser zu, wo die Schiffe lagen, und dieselben waren im Nu überfüllt. Die aber voll waren, fuhren ab. Bei dieser Ueberstürzung wurde eine grosse Anzahl von Hunden, die ihren Herren aus Rostock gefolgt waren, vergessen und blieb in Warnemünde zurück. Ihre Zahl soll mehrere Hunderte betragen haben. Diese haben dann laut heulend bis tief in die Nacht hinein, ja bis gegen den Morgen hin am Ufer gestanden, und durch ihren Jammer um ihre treulosen Herren ist manch Bewohner von Warnemünde im Schlafe gestört worden. Endlich aber, scheint es, haben sie Berathung gehalten und einen Beschluss gefasst. Sie sind wenigstens um den ersten Hahnenschrei aufgebrochen und in geschlossenem Haufen auf der Chaussee nach Rostock abmarschirt. Die Kleinsten und die schon müde waren, nahmen sie in die Mitte; die Wegkundigsten führten, eine zuverlässige Nachhut sorgte dafür, dass keiner zurückblieb. Das alles weiss man, weil ein später oder vielmehr früher Wanderer in der Morgendämmerung dem Zuge auf der Landstrasse begegnet ist und darüber berichtet hat. Er hat auch die Hunde gezählt und gefunden, dass es 279 waren, und alle Racen waren darunter vertreten. Es sei ihm aber, sagt er, beim dem Anblick eiskalt über den Rücken gelaufen, denn er habe das Ganze für einen höllischen Spuk gehalten. Viele der Hunde hätten gar zu geisterhaft ausgesehen. Was das Letztere betrifft, so ist das kein Wunder, da die Hunde lange Zeit nichts gefressen hatten und in Sorge um ihre Herren waren. Dass es aber kein Spuk war, erwies der andere Tag. Da fand jedweder Bürger von Rostock, der am Tage vorher seinen Hund in Warnemünde vergessen hatte, denselben richtig vor seiner Hausthüre wieder vor. Das ist ein Beispiel von der Findigkeit und zugleich von der Treue der Hunde. Wie viele Menschen hätten denn unter ähnlichen Umständen gleich richtig gehandelt?


1914 Erich Kästner - Ferienausflug von Graal-Müritz nach Warnemünde

… Der Naturfreund genießt die Ruhe und Weltabgeschiedenheit der Rostocker Heide als Urlaubsdomizil in vollen Zügen. Ausflüge zu Fuß und per Rad durch die Ruhe der Küstenwaldlandschaft empfindet er als genussvolle Abwechslung zur Lebendigkeit seiner Heimatstadt Dresden: „Die Küste entlang nach Graal und Arendsee. In die Wälder, an schweelenden Kohlenmeilern vorbei, zu einsamen Forsthäusern, wo es frische Milch und Blaubeeren gab. Wir borgten uns Räder und fuhren durch die Rostocker Heide nach Warnemünde, wo die Menschenherde auf der Ferienweide noch viel, viel größer war als in Müritz. Sie schmorten zu Tausenden in der Sonne, als sei die Herde schon geschlachtet und läge in einer riesigen Bratpfanne. Manchmal drehten sie sich um. Wie freiwillige Koteletts. Es roch, zwei Kilometer lang, nach Menschenbraten. Da wendeten wir die Räder und fuhren in die einsame Heide zurück.“

1936 Friedrich Witte "Warnemünde meiner Jugend"