Klütz: Unterschied zwischen den Versionen

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''Die Vorbereitungen für eine Erstellung der Chronik laufen. Wir bemühen uns die Rechte aller verwendeten Materialien im Vorfeld zu recherchieren. Sollten wir Bilder, Texte oder anderes verwendet haben, für die sich die Urheberrechte in anderer Hand befinden, wenden sie sich bitte direkt an den Heimatverein Klützer Winkel e.V. (Stand: 29.03.2024)''
 
''Die Vorbereitungen für eine Erstellung der Chronik laufen. Wir bemühen uns die Rechte aller verwendeten Materialien im Vorfeld zu recherchieren. Sollten wir Bilder, Texte oder anderes verwendet haben, für die sich die Urheberrechte in anderer Hand befinden, wenden sie sich bitte direkt an den Heimatverein Klützer Winkel e.V. (Stand: 29.03.2024)''
  
'''Klütz''' liegt im Nordwesten Mecklenburgs, 3 Km von der Ostseeküste entfert, zwischen Grevesmühlen und den beiden alten Hansestädten Wismar und Lübeck. Diese Lage prägte auch maßgeblich die Geschichte der kleinen Stadt. Es ist der zentrale Ort des [[Klützer Winkel]]s. '''Und:''' "Der Klützer Winkel is so wiet, as man denn Klützer Kirturm süht."
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'''Klütz''' liegt im Nordwesten Mecklenburgs, 3 Km von der Ostseeküste entfert, zwischen Grevesmühlen und den beiden alten Hansestädten Wismar und Lübeck. Diese Lage prägte auch maßgeblich die Geschichte der kleinen Stadt. Es ist der zentrale Ort des [[Klützer Winkel]]s. '''Und:''' "Der Klützer Winkel is so wiet, as man denn Klützer Kirchturm süht."
 
Die Einen behaupten, Klütz sei als eine slawische Siedlung gegründet worden, was man aus dem alten Namen "Cluitze" ableiten könne. Andere widersprechen dem vehement. Bewiesen ist keines von beidem. Die Funde slawischer Artefakte beschränken sich bislang auf die Umgegend. In Klütz selbst und der näheren Umgebung gab es bislang noch keine slawischen Funde. '''Aber:''' Was nicht ist, kann noch werden.
 
Die Einen behaupten, Klütz sei als eine slawische Siedlung gegründet worden, was man aus dem alten Namen "Cluitze" ableiten könne. Andere widersprechen dem vehement. Bewiesen ist keines von beidem. Die Funde slawischer Artefakte beschränken sich bislang auf die Umgegend. In Klütz selbst und der näheren Umgebung gab es bislang noch keine slawischen Funde. '''Aber:''' Was nicht ist, kann noch werden.
  
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==Das Wappen von Klütz==
 
==Das Wappen von Klütz==
[[Datei:Wappen von Klütz.png|thumb|200px|Wappen von Klütz]]
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[[Datei:Kluetz-Wappen-1997.png|thumb|200px|Klützer Wappen von 1997]]
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Das aktuelle Wappen ist seit 1997 gültig. Zuvor gab es bereits 4 [[Klütz - Wappen|Vorgänger]].<br>
 
'''Blasonierung:''' In Grün eine silberne Eule auf zwei schräggekreuzten, seitlich wachsenden, vierblättrigen goldenen Lindenzweigen sitzend, darüber zwei schräggekreuzte dreiblättrige goldene Lindenzweige
 
'''Blasonierung:''' In Grün eine silberne Eule auf zwei schräggekreuzten, seitlich wachsenden, vierblättrigen goldenen Lindenzweigen sitzend, darüber zwei schräggekreuzte dreiblättrige goldene Lindenzweige
 
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==Kurzer Abriss der Geschichte des Ortes Klütz==
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== Übersicht über die Geschichte des Ortes Klütz ==
Das Gebiet um Klütz wird, wie zahlreiche Funde belegen, seit Ende der letzten Eiszeit vor ca. '''12.000''' Jahren von Menschen bewohnt. Auch eine germanische und slawische Besiedlung kann für das Klützer Umland nachgewiesen werden. Für den Ort selbst sind die ältesten Funde bislang aus frühdeutscher Zeit im '''13. Jahrhundert'''.
 
Die erstmalige Erwähnung des '''„Silva Cluiz“''', dem Wald Klütz, erfolgte '''1188''' in der Urkunde Friedrich I., Barbarossas. (Mecklenburger Urkundenbuch Nr. 143; Lübecker Urkundenbuch Nr. VII: ''„Friedrich I., Römischer Kaiser, setzt die Grenzen des Gebietes der Stadt Lübeck fest und verleihet derselben bedeutende Vorrechte und Freiheiten. 1188. Sept. 19. Leissnich“''). In dieser Urkunde wird der Stadt Lübeck das Recht zugestanden, im Wald Klütz Holz zu schlagen, vermutlich für den Wiederaufbau der Stadt an ihrem heutigen Platz.
 
 
Mit der ersten mecklenburgischen Teilung '''1229/30''' fiel das Land Klütz vom Bistum Ratzeburg an das Herzogtum Mecklenburg. Die erstmalige Erwähnung des Ortes Klütz erfolgte 1230 im Ratzeburger Zehntenregister als '''„Clutce“'''. Bischof Gottschalk zu Ratzeburg hatte ein umfangreiches Register über den vom Ratzeburger Bistum verliehenen und verpfändeten Zehnten angeordnet.
 
  
Über die '''Herkunft des Namens''' Klütz gibt es verschiedene Erklärungsversuche. Lange ging man von dem slawischen Wort ''Kluci'' für Schlüssel aus. Was sich auch in dem hautsächlich in der DDR verwendeten Wappen mit Eule und Schlüssel wiederfand. Eine andere Erklärung ist das altpolabische Wort ''Kljuci'' für Quelle. Wobei es im Ort Klütz keine einzige Quelle gibt. Vielleicht kann dies zukünftig geklärt werden.
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Wann die Geschichte des Ortes Klütz genau beginnt, kann bislang nicht belegt werden. Die frühesten Siedlungsreste im Stadtgebiet finden sich bislang aus [[Klütz - Fortlaufende Ortschronik#Frühdeutsche Besiedlung|frühdeutscher Zeit]] im '''13. Jahrhundert'''. Auf den Feldern des [[Klützer Winkel|Klützer Winkels]] dagegen finden sich zahlreiche [[Klütz - Fortlaufende Ortschronik#Steinzeit|steinzeitliche Artefakte]].
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Als Lokator für die deutsche Besiedlung im '''12. und 13. Jahrhundert''' gilt der Ritter Erpus (Erbse), der seinen Namen in dem inzwischen zu Klütz gehörenden Dorf Arpshagen (Erpushagen) hinterlassen hat.
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Die menschliche Besiedlung des Klützer Winkels erfolgte mit dem Ende der Eiszeit vor '''ca. 12.000''' Jahren. Es werden eiszeitliche Jäger gewesen sein, die mit ihren Familien, als sich die Eismassen zurückzogen, den Herden immer weiter in den Norden gefolgt sind. Ab '''ca. 3000''' v.C. wurden die Menschen im Klützer Winkel sesshaft. Es finden sich zunehmend gut gearbeitete Steinwerkzeuge, Keramiken und die Reste von Bronze-, und später von Eisenverhüttung. Die Bevölkerung im Gebiet des [[Klützer Winkel|Klützer Winkels]] gehörte in germanischer Zeit wahrscheinlich zu dem Volk der [https://de.wikipedia.org/wiki/Warnen Warnen]. Diese verließen etwa im 2. – 3. Jahrhundert zum größten Teil den Klützer Winkel. Ihnen folgten ab dem '''7. Jahrhundert''' die [[Klütz - Fortlaufende Ortschronik#Slawische Besiedlung|Slawen]], welche im Klützer Winkel kaum Spuren hinterließen. Was verwirrend ist, da viele Flur- und Ortsnamen slawischen Ursprungs erscheinen.
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In die Zeit des '''13. Jahrhunderts''' fällt ebenso die Gründung der [[Klütz - Kirche|Klützer Kirche]] als Backsteinbau. Der erste Kirchenbau wurde um '''1250''' beendet und geweiht. Die dendrochronologische Untersuchung der Dachbalken ergab, dass sie '''1248''' geschlagen wurden. Zur Weihe der Kirche kam eigens der später heiliggesprochene Ratzeburger Bischof [https://de.wikipedia.org/wiki/Ludolf_I._(Ratzeburg) Ludolf], der als Beweis für seine Anwesenheit seine [[Klütz - Petschaft Bischof Ludolf|Petschaft]] auf einem Klützer Acker verlor. Im '''15. Jahrhundert''' wurde die kleine [[Klütz: Kirche|Kirche]] um eine dreischiffige Halle und einen 56 m hohen, viereckigen, mit einer achteckigen Turmspitze bekrönten Turm erweitert. Überliefert ist auch ein Vorgängerbau aus Holz, für den bislang konkrete Belege fehlen. Im Chor der Kirche befindet sich weiterhin ein Chorgestühl aus vorreformatorischer Zeit. Ursprünglich war dieses einseitig. Die zweite Seite wurde im '''19. Jahrhundert''' ergänzt.
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Für Herkunft und Bedeutung des [[Ortsname (Klütz)|Ortsnamens]] gibt es unterschiedliche Theorien. Urkundlich tritt Klütz das erste Mal '''1188''' aus dem Dunkel der Geschichte. In der sogenannten '''„Barbarossa Urkunde“'''<ref>MUB I: 1188. Sept. 19. Leissnich . S . 143 . Friedrich , römischer Kaiser , setzt die Grenzen des Gebietes der Stadt Lübek fest und verleihet derselben bedeutende Vorrechte und Freiheiten.</ref> wird der silvum Cliutz, der Wald von Klütz erwähnt. In ihr erlaubt Kaiser Friedrich I. den Bürgern der neu gegründeten Stadt Lübeck das Holzschlagen für eigene Zwecke in den Wäldern von Klütz, Dassow und Brodten. Dieses Recht wird vom dänischen König Waldemar<ref>MUB I: 1202. Dec. 7. ( ? ) Wordingborg . 173 . Waldemar , König der Dänen und Wenden , bestätigt der Stadt Lübek alle Besitzungen , Vorrechte und Freiheiten , welche sie von Kaiser Friedrich erhalten hat .</ref>, während der dänischen Eroberung '''1204''', bestätigt. '''1222''' sind dann die Mecklenburger wieder am Zug<ref>MUB I:1222. Juli . 8. Ratzeburg . 284 . S. 267 - 269 . Heinrich Borwin , Fürst von Meklenburg , und seine Söhne Heinrich und Nicolaus vergleichen sich mit dem Bischofe Heinrich von Ratzeburg über die Zehnten in den Landen Bresen und Dassow , in Klüz und Tarnewiz .</ref>. Die [[Klütz - Fortlaufende Ortschronik#Deutsche Besiedlung|deutsche Besiedlung]] des Klützer Waldes und die Gründung der Klützer Kirche werden zwischen dem Ratzeburger Bischof Heinrich und dem Fürsten Heinrich Borwin und seiner Familie beschlossen. Im '''Ratzeburger Zehntenregister''' von '''1230''' existiert bereits der Ort Klütz im Kirchspiel Klütz. '''1250''' dann wird die Klützer Kirche vom Ratzeburger Bischof Ludolf geweiht.  
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Die Lage auf einer Halbinsel zwischen den Städten Lübeck, Wismar und Grevesmühlen prägte die Entwicklung von Klütz im Positiven, wie im Negativen. Bis in die Neuzeit gab es Streit über verschiedenste Dinge. Über Klütz führte eine alternative, wenn auch bei schlechtem Wetter schwer zu nutzende [[Klütz - Straßen und Wege|Straße]] von Lübeck über Dassow nach Wismar. Während der Pest im '''14./15. Jahrhundert''', soll es an dieser Straße von Klütz in Richtung Wismar ein Pesthaus gegenüber der heutigen katholischen Kirche gegeben haben. Hier mussten sich Reisende in Richtung Wismar in Quarantäne begeben, damit sie die Pest nicht in die Stadt einschleppten.
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Als Kern der [[Klütz - Fortlaufende Ortschronik#Deutsche Besiedlung|deutschen Besiedlung]] von Klütz gilt bislang das Dorf Arpshagen (Erpeshaghen). Der Locator soll ein Ritter Erpus gewesen sein, der bislang nicht belegt werden konnte. Wahrscheinlicher ist ein Erpo oder auch Arpo. Allerdings tritt das Dorf selbst, erst mit dem Kauf durch Helmold de Plesse Anfang des 14. Jahrhunderts in Erscheinung. Die Ritter von Plessen waren bis ins 16. Jahrhundert hinein eine der einflussreichsten Familien in Mecklenburg. Sie blieben bis ins 18. Jahrhundert eine der bestimmenden Familien in Klütz und im Klützer Winkel.
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Die Ritter von [[Plessen]] waren vom '''14.''' bis zum '''18.''' Jahrhundert die Klützer Grundherren.
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Die ersten „Klützer“ sind hauptsächlich deutsche Bauern. Der erste namentlich bekannte Klützer ist der Magister [[Klütz - Pastoren Sankt Marien#Magister Cono|Cono de Cluze]]. Die vielleicht noch vorhandene slawische Bevölkerung wurde schnell an den Rand gedrängt. Slawische Nachnamen, wie Wend, können kaum nachgewiesen werden. Neben den Bauern wandern im '''13. Jahrhundert''' auch Handwerker ein. Diese können schon früh nachgewiesen werden. Und der Bedarf war hoch. Sowohl die Kirche als auch die Burg der Plessen in Arpshagen bedurften immer wieder Reparaturen und auch die Bauern brauchten Wagen, Pflüge, Hufeisen und vieles mehr. So entwickelte sich Klütz über die Jahrhunderte von einem Bauerndorf zu einem Ritterschaftlichen Flecken mit Handwerk und eigenem '''Jahrmarkt''', der noch Anfang des '''20. Jahrhunderts''' für Verwunderung ob seiner Größe sorgte. Bereits in den ersten Zeitungen der '''1850er''' Jahren schalteten Lübecker Händler Anzeigen, um auf ihre Teilname am Klützer Jahrmarkt aufmerksam zu machen. Handwerker gibt es in Klütz immer noch, den Jahrmarkt schon lange nicht mehr. Der Versuch ihn als „Herbstmarkt“ Mitte der 1990er Jahre wiederzubeleben scheiterte. Übrig blieb ein kleiner Wochenmarkt. Fliegende Händler nutzten die neue Freiheit nach der Wende '''1989/90'''. Heute ('''2024''') finden sich an guten Donnerstagen noch drei Wagen auf dem Klützer Marktplatz ein.
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Die [[Klütz - Reformation|Reformation]] fasste in Klütz frühzeitig Fuß. Das lag unter anderem daran, dass die Ritter von [[Plessen]] hohe Schulden bei der Kirche hatten. Der erste lutherische Prediger in Mecklenburg hielt seine Messen in Gressow, das ebenfalls den Plessen gehörte. Der erste Prediger in Klütz, Heinrich Wonninck, „ein fein Mann“, folgte nur wenig später. Für die Plessen hatte der Wechsel der Konfession weiterhin den Vorteil, dass sie selbst einen ihnen genehmen Prediger einsetzen konnten. Dem Bischof, der zu dieser Zeit seinen Sitz in der Stadt Schönberg in Mecklenburg hatte, konnte dies nicht recht sein. Er bekämpfte die Plessen und versuchte die Veränderungen rückgängig zu machen. Diese wollten sich die Veränderungen natürlich nicht gefallen. So sammelten die Klützer und Gressower Plessens ihre Verwandten und Verbündeten und zogen gegen den Bischof nach Schönberg in den Krieg. Voller Wut scheiterten sie an den Schönberger Stadtmauern und zogen unverrichteter Dinge von dannen. ''(Siehe auch der Roman von Fritz Meyer-Scharfenberg „Der Angstmann“. Zur [[Klütz - Reformation|Reformation]] im Klützer Ort gibt es weiterhin eine erschöpfende Ausarbeitung des Klützer Kantors [[Martin Brüsehafer]] im „[[Gemeindeblatt für die Kirchgemeinde Klütz]]“ von 1934/35.)''
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Auch wenn im [[Klütz - Fortlaufende Ortschronik#Dreißigjähriger Krieg|Dreißigjährigen Krieg]] in Klütz keine Kampfhandlungen stattfanden, hinterließen mehrfach durchziehende Truppen doch starke Verwüstungen. Auch die Kirche befand sich, wie ein Visitationsprotokoll berichtet, in einem desolaten Zustand. Die nachfolgenden [[Klütz - Fortlaufende Ortschronik#Nordische Kriege|Nordischen Kriege]], in welche die naheliegende Hansestadt Wismar involviert war, sorgten für eine weitere Verarmung der Gegend. Auf der anderen Seite suchte Anfang des '''18. Jahrhunderts''' der frisch ernannte Reichsgraf Hans Caspar von '''Bothmer''' einen Ort für seine Grafschaft. Er fand sie im Klützer Winkel. Bis '''1918''' blieben die von [[Klütz - Die Grafen von Bothmer|Bothmer]] die bestimmende Familie in Klütz und im Klützer Winkel. Sie errichteten die „größte barocke Schlossanlage Mecklenburg-Vorpommerns“, die heute jedoch nicht mehr offiziell Schloss genannt werden darf.
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Kriege sind für Historiker nicht immer von Vorteil. Oft gehen Unterlagen verloren oder werden vernichtet. Für Klütz heißt dies, es gibt keine bislang bekannten schriftlichen Unterlagen vor dem Dreißigjährigen Krieg. Auch das [[Klütz - Bothmer|Bothmersche Archiv]] ging im strengen Winter '''1945/46''' vorwiegend als Heizmaterial für Flüchtlinge in Flammen auf. Trotz alledem hinterließ der Dreißigjährige Krieg seine Spuren in Klütz. Am deutlichsten sind dies heute am Dachanschluss des Kirchendachs des Hauptschiffes am Turm zu erkennen, da das Dach beim Wiederaufbau nicht wieder in derselben Höhe errichtet wurde.  
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Kriege zogen an dem kleinen Ort Klütz meist vorbei. Größere Kampfhandlungen können für den Klützer Winkel über die Jahrhunderte nicht nachgewiesen werden. Was nicht heißt, dass diese Kriege keine Auswirkungen gehabt hätten. Zwischen den Hansestädten Lübeck und Wismar gelegen, befand sich Klütz ab dem '''13. Jahrhundert''' auch immer in deren Schatten. Dies wirkte sich selbst auf die Sprache, die Art des in Klütz gesprochenen Niederdeutschen aus, deren Klang sich zwischen dem lübischen und dem wismarschen Platt befand. '''Nachnamen''', wie „de Clutze“ (der Klützer/der von Klütz kommende) oder „de Clutzermann“ finden sich im 13. und 14. Jahrhundert in beiden Hansestädten.  
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Wenn Klütz auch nicht direkt von den Schlachten des Dreißigjährigen Krieges betroffen war, zogen doch immer wieder Truppen beider Parteien durch den Ort. In dieser Zeit sank die Einwohnerzahl der Region von ca. 1.700 auf 1.000 Personen. Durch den langen Krieg verarmte selbst der „fette“ Klützer Winkel.  
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Derzeit ('''2024''') praktizieren in Klütz '''zwei Allgemeinärzte''' und '''eine Zahnärztin'''. Nachweise für Ärzte und Tierärzte finden sich ab dem '''18. Jahrhundert'''. Bader, als deren Vorläufer, lassen sich ab dem 14. Jahrhundert für Klütz nachweisen. Auch ein '''Hospital''' soll es im 14. Jahrhundert gegeben haben. Wahrscheinlich handelt es sich hier um eines der „Pesthäuser“ die im Zuge der Pestepidemie 1349 – 1350, die auch in Mecklenburg wütete, erbaut wurden. Ein Alten- und '''Siechenhaus''' befand sich später am Ende der Straße '''„Im Thurow“''' und auch in '''Kühlenstein''', einem kleinen Dorf an der Straße von Lübeck über Dassow nach Klütz und weiter nach Wismar gelegen, einer alternativen Handelsstraße zwischen den Hansestädten, die allerdings bis zum Chausseebau im 19. Jahrhundert nur im Sommer und bei Trockenheit befahren werden konnte.
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Im Zuge des Dreißigjährigen Krieges fiel die Seestadt Wismar als Festung an Schweden und wurde so in den [https://de.wikipedia.org/wiki/Nordischer_Krieg_(1674%E2%80%931679)|"Nordischen Krieg"] (1674 bis 1679) und den [https://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9Fer_Nordischer_Krieg|"Großen Nordischen Krieg"] Schwedens mit einbezogen. Dies wirkte sich auch auf Klütz und den Klützer Ort (frühere Bezeichnung für den Klützer Winkel) aus. Die Gegend verarmte weiter und die [[Plessen]], denen das meiste Land im Klützer Ort gehörte, mussten überlegen, sich von ihren über Jahrhunderte angestammten Besitzungen zu trennen.
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Wirkliche '''Industrie''' hat es, bis auf eine Großbäckerei in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert, in Klütz nie gegeben. Auch wenn durchaus versucht wurde, diese anzusiedeln. Andere Orte hatten und haben eine '''bessere Anbindung''' an die dazu notwendigen Verkehrs- und Wegenetze. Neben Handwerkern gab es im 19. Jahrhundert auch '''Manufakturbetriebe'''. Auch die im Deutschland der Kaiserzeit aufkommende '''Kaufhauskultur''' bekam mit Gustav '''Ramelow''', der sein erstes Kaufhaus in Klütz gründete, entscheidende Impulse. Gustav Ramelow war ein enger Freund '''Rudolf Karstadt'''s. Wer hier wen inspirierte, sei dahingestellt. Ramelow jedenfalls eröffnete seinen ersten Laden vor Karstadt.
Am '''31.03.1656''' wurde [[Klütz - Bothmer#Hans Caspar von Bothmer|Hans Caspar von Bothmer]] auf Burg Lauenbrück als ältester Sohn des Geheimen Rates Julius August von Bothmer geboren. 1701 wurde in England der „[[https://de.wikipedia.org/wiki/Act_of_Settlement|Act of Settlement]]“ erlassen, wonach nur protestantische Familienmitglieder den englischen Thron erben können. '''1711''' übernahm [[Klütz - Bothmer#H. C . v. Bothmer|H. C . v. Bothmer]] die Gesandtschaft in London für das Haus Hannover und verhalf dem hannoverschen Herzog Georg als King George I. zur englischen Königswürde. Als Dank hierfür wurde er '''1713''' zum Reichsgrafen erhoben. Er war der erste Bewohner von Downing Street No. 10, dem heutigen Sitz der britischen Primeminister. Nun suchte er nach einem Ort, an dem er ein würdiges Schloss für sich und seine Nachkommen bauen konnte, und fand ihn in Sichtweite von Klütz. Hier ließ er sich vom Architekten [[Johann Friedrich Künnecke]] '''1726-32''' das bedeutendste barocke Schlossensemble Mecklenburgs im englischen/holländischem Stil errichten. Die Fertigstellung selbst erlebte er nicht mehr. Das Schloss und seine Besitzer sollten von nun an die Geschicke der Klützer für die nächsten Jahrhunderte prägen.
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Klütz galt bis '''1938''' als [[Flecken]] und war damit der einzige ritterschaftliche Flecken Mecklenburgs. Die Bezeichnung Flecken kennzeichnet Orte, in denen sich, auch ohne Stadt zu sein, Handwerk und Handel niederlassen konnten und die einen eigenen Markt abhalten durften. In Klütz fand mindestens seit dem '''17. Jahrhundert''' einmal im Jahr am ersten Wochenende im Oktober, dem „Bündeltag“, ein Jahrmarkt statt. Als dann im [https://de.wikipedia.org/wiki/Landesgrundgesetzlicher_Erbvergleich Landesgrundgesetzlichen Erbvergleich] 1755 die Anordnung enthalten war, dass ausschließlich in Städten Handwerker und Krämer ihr Gewerbe ausüben durften, waren das Klützer Handwerk, der Jahrmarkt und damit die weitere Entwicklung des Ortes bedroht. Hätte Klütz diesen Status verloren, hätte auch das Schloss Bothmer keine Handwerker für seinen Unterhalt mehr vor Ort gehabt. So setzte sich der Graf vor dem Landtag für den Erhalt des Marktrechtes ein. Am '''31. Mai 1755''' strengt er einen Prozess gegen die Städte Grevesmühlen und Wismar an, die sich die unliebsame Konkurrenz aus Klütz vom Halse halten wollten. Zum Glück wurde der alte Schuster Tobias Friede (1690-1768) gefunden, der sich weit zurückerinnern konnte und dies in Schwerin bezeugte. ''„Er sei der Meinung, daß bürgerliche Nahrung in Klütz getrieben sei, solange dieser Marktflecken bestehe.“'' So wurde über das Gewohnheitsrecht der Status Flecken für Klütz erhalten. ''„Wat einer het, dat hett’e, un will dei Klützer den Johrmarkt hewn, dorüm saln sei em ok behollen.“'' –  [[Martin Brüsehafer|M. Brüsehafer]] „[[Gemeindeblatt für die Kirchgemeinde Klütz]]“
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Klütz bekam '''1938''' vom mecklenburgischen Reichsstatthalter Hildebrand das '''Stadtrecht''' verliehen. Zuvor galt der Ort seit dem '''17. Jahrhundert''' als Flecken, dem '''einzigen ritterschaftlichen Flecken''' Mecklenburgs. Es hatte damit das Recht, Handwerker in seinen Mauern zu beherbergen und einen Jahrmarkt abzuhalten. Im Zuge des [https://de.wikipedia.org/wiki/Landesgrundgesetzlicher_Erbvergleich landesgrundgesetzlichen Erbvergleichs]<ref>https://www.verfassungen.de/mv/erbvergleich55-i.htm</ref> wurde dieses von Wismar und Grevesmühlen infrage gestellt. Der Schuster Tobias Friede konnte dies durch ein gutes Erinnerungsvermögen verhindern. Sein ehemaliges Haus in der heutigen Rudolf-Breitscheid-Straße ist mit seinem Baujahr '''1617''' heute das '''ältestes Wohnhaus''' von Klütz. Viele andere Häuser wurden bei dem großen Brand von '''1720''' vernichtet. Dieser wurde von einem Krüger/Wirt, an der Ecke der heutigen Wismarschen- zur Predigerstraße gelegen, beim Bierbrauen ausgelöst. Danach wurde das Bierbrauen in Klütz erst einmal verboten und von der bothmerschen Herrschaft in die leerstehende „[[Plessenburg (Arpshagen)|Plessenburg]]“ verlegt und später eingestellt. So tranken Anfang des 20. Jahrhunderts die Klützer Postangestellten im Postgarten Dassower und Grevesmühlenener Bier zum Feierabend.
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Ab ca. '''1800''' wurden durch die [[Klütz: Bothmer|bothmersche]] Familie im 3 Kilometer entfernten [[Boltenhagen]] die ersten Badekarren genutzt. Eventuell hatten sie diese in England kennen gelernt. Ab 1806 rechnet man mit dem offiziellen Beginn des Badebetriebes in Boltenhagen. Boltenhagen ist damit das zweitälteste Seebad Deutschlands.
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Die Deutsche Post AG erhielt '''2024''' die hochoffizielle Erlaubnis, länger für die Postzustellung brauchen zu dürfen. Ob dies ein Fort- oder Rückschritt ist, darüber lässt sich „trefflich“ streiten. Die ersten '''regelmäßigen Postlinien''' finden sich in Klütz ab Beginn des 19. Jahrhunderts. Diese werden als '''Fußposten''' jedoch sicherlich noch länger gebraucht haben. Vermutlich führten seit dem 30-jährigen Krieg [[Geschichte der Post (Klütz)|Postlinien]] durch den [[Klützer Winkel]]. Ansonsten wurden Briefe und Ähnliches wohl durch eigene '''Boten''' oder durchfahrende Händler gegen ein Entgelt überbracht. Mit dem Bau der '''Chausseen''', Ende des 19. Jahrhunderts, verbesserte sich die Situation der Klützer. Regelmäßige Buslinien fuhren von Grevesmühlen und Wismar bis nach Boltenhagen, dem zweitältesten deutschen Seebad, und machten die Klützer mobil. '''1905''' wurde dann endlich die lange erwartete [[Eisenbahn (Klütz)|Bahnlinie]] nach Grevesmühlen eröffnet. Damals hieß dies: Post- und Personenbeförderung wechselt von der Straße auf die Schiene und das pünktlich. Heute gibt es die Bahn nur noch als touristische Schmalspurbahn, die es aber nicht mehr bis nach Grevesmühlen schafft. [[Busverkehr (Klütz)|Busse]] fahren '''2024''' alle ein bis zwei Stunden. Manchmal fahren sie zu früh ab oder fallen unangekündigt aus.
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In der [[Klütz - Franzosentied|Franzosentied]]von '''1806 – 1813''' kam es auch in Klütz zu Einquartierungen. Wieder wurde die Kirche in Mitleidenschaft gezogen. Das Pastorenhaus wurde Offiziersquartier, aber auch in Häusern der Bevölkerung des Ortes mussten Soldaten versorgt werden. Immer wieder gab es Übergriffe auf die Bevölkerung, nachweislich auf ein junges Mädchen, gegen die im Nachhinein eine Verhandlung wegen „Einlassung mit dem Feind“ geführt wurde.
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'''1222''' wurde die Gründung der [[Kirche Sankt Marien (Klütz)|Klützer Kirche]], Sankt Marien, zwischen dem Mecklenburgischen Herzog '''Niklot''', seinen Kindern und dem '''Bischof''' von Ratzeburg beschlossen. Das selbst dieses Datum überliefert ist, ist schon faszinierend. Die Balken für das Dach des heutigen Chores wurden, nach einer dendrochronologischen Untersuchung, '''1248''' geschlagen, die Kirche selbst '''1250''', vom später heilig gesprochenen Ratzeburger Bischof '''Ludolf''', geweiht. Die kleine Kirche wurde später immer wieder erweitert und umgebaut. Heute wirkt sie trotz ihres schlichten Inneren fast zu groß für den kleinen Ort. Die Klützer Kirche war [[Klütz - Reformation|eine der ersten reformierten Kirchen Mecklenburgs]], so wie der Adel des Klützer Winkels maßgeblich, wenn auch wenig rühmlich, an der Reformation in Mecklenburg beteiligt war. Heute ist sie die Hauptkirche der Kirchgemeinde Klütz – Boltenhagen – Bössow. Das derzeitige [[Pfarrhaus (Klütz)|Pfarrhaus]] wurde, wie das [[Küsterhaus (Klütz)|Küsterhaus]], '''1730''' von [[Friedrich Künnecke]] im Zuge des Baus von [[Schloss Bothmer (Klütz)|Schloss Bothmer]] erbaut. Gerüchte behaupten, dies geschah mit übrig gebliebenen Steinen. Der kirchliche (der alte) [[Friedhof (Klütz)|Friedhof]] befindet sich heute abseits der Kirche in Richtung Wismar. Bis '''1848''' lag er noch um die Kirche herum. Heute ist hiervon kaum noch etwas zu sehen.
Am '''21. Mai 1822''' wird auf Schloss [[Klütz: Bothmer#Schloss|Bothmer]] ein Weißstorch erlegt ([[Klützer Pfeilstorch|Klützer Pfeilstorch]]). In dessen Hals steckte ein hölzerner Pfeil mit eiserner Spitze aus Ostafrika. Dieser Vogel bezeugte zum ersten Mal den Vogelzug von Europa nach Afrika und befindet sich heute in der zoologischen Sammlung der Universität Rostock.
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Mit Aufhebung der Leibeigenschaft in Mecklenburg, '''1821/22''', war für die Landbevölkerung nicht nur eine Befreiung, zumal die endgültige Umsetzung erst '''1918''' erfolgte. Hiermit hielten, wie oft bei Veränderungen, Unsicherheit und Orientierungslosigkeit Einzug. Die Grafen von Bothmer taten sich zunächst nicht gerade rühmlich hervor.
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Klütz ist und bleibt ein kleiner Ort im Herzen des [[Klützer Winkel|Klützer Winkels]], welcher eine Halbinsel in der Lübecker Bucht bildet. Alle Versuche, mehr als dieses zu werden scheiterten bislang. Und doch ist dieser kleine Ort immer auch Teil der Geschichte Mecklenburgs. Von einem Grafen, der zum Königsmacher wurde und Urkunden, welche die Vorgänge in Mecklenburg in der Zeit der deutschen Besiedlung nachvollziehbar machen, finden sich immer wieder interessante und wichtige geschichtliche Details. Schauen wir mal, was in den nächsten Jahren noch passiert. Der kleine Ort bleibt interessant.<br>
 
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''„Das Gesicht des Fleckens (Klütz) hat sich unter der „Regierung“ der Bothmer nur wenig verändert, und einer besonderen gräflichen Gunst hat sich der Ort nicht zu erfreuen gehabt, … Man ließ die Dinge eben laufen und stellte nur die gröbsten Mängel ab.“'' - [[Martin Brüsehafer|M. Brüsehafer]]  
 
 
 
Das Schloss verkam. Ein Besucher schrieb: ''„ ... ; es sah sehr wüst aus, in dem hunderte von kleinen blinden Scheiben der großen Fenster zerbrochen waren und auf dem Schloßhofe, auf welchem man über eine Zugbrücke eintrat, war das Gras zwischen dem Pflaster fußhoch aufgewachsen. Er (der Graf) ließ mich auch nur sein schlecht möbliertes Zimmer sehen. ...“''
 
 
 
[[Pastor Dühring]] sagte, ''der Graf sei kein Förderer der Schule und ein unverbesserlicher Hagestolz.'' Als dieser '''1842''' nach Lübeck übersiedelte, schrieb Lehrer Bruhns: ''„Gottlob, [[Klütz - Bothmer#Graf Christian Ludwig|Graf Christian Ludwig]] tritt ab. Er war mein Widersacher, wollte seine Insassen verdummt halten und liebte bei ihnen keine Aufklärung und Geistesbildung und keinen Fortschritt. ,Nur nicht zuviel lernen, nicht zu klug machen, das ist zu nichts nütze,' das war sein Wahlspruch. Ich habe tapfer, die Schule betreffend, mit ihm gekämpft.“'' - [[Martin Brüsehafer|M. Brüsehafer]]
 
 
 
Ab '''1842''' übernahmen [[Klütz - Bothmer#Amalasunta von Bothmer|Amalasunta von Bothmer]] mit ihrem Mann Cuno Graf zu Ranzau Schloss Bothmer. Sie war nicht nur die erste Frau in der Erblinie. Sie war auch die erste, die seit langem auf dem Schloss residierte. Sie setzte sich sehr für die Entwicklung des Ortes ein. Unter ihnen entstanden unter anderem erste Vereine und die beidseitige Bebauung der Schloßstraße.
 
 
 
''„Graf Ranzau ist ein beherzter Mann. Mit scharfem Überblick hat er die vielen hier bestehenden Mängel erkannt und greift nun tapfer und herzhaft ein.“'' - Organist Bruhns
 
 
 
Im Jahr '''1848''' erschütterte die [https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Revolution_1848/1849 Märzrevolution] Deutschland. Revolution auf Klützer Art war jedoch anders. Während '''1848/49''' an vielen deutschen Orten die Menschen vor die Herrenhäuser zogen, um die Bewohner daraus zu vertreiben, zogen die Klützer vor ihr Schloss, um den Grafen und seine Frau zu verteidigen. „In Klütz hewn dei Lüd ok Revolutschon makt, äwer nich gegen denn Grafen, ne för em.“ - Wilhelm Zierow
 
 
 
Im Ergebnis der [https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Revolution_1848/1849 Aufhebung der Leibeigenschaft] und der [https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Revolution_1848/1849 Märzrevolution] drängte es viele Menschen aus Mecklenburg heraus. Auch viele Klützer machten sich auf den Weg nach Amerika, Australien, Südamerika und '''1844''', als erste mecklenburgische Auswanderergruppe, nach Neuseeland. Unterstützung erhielten sie dabei unter anderem maßgeblich vom Grafen zu Ranzau. 1852 war die kurze Regentschaft von Amalasuntha und ihrem Mann auch schon wieder vorbei. Amalasuntha hatte sich bei ihrem Anspruch auf das Schloss Bothmer auf das mecklenburgische [https://de.wikipedia.org/wiki/Erbjungfernrecht „Erbjungfernrecht“] berufen. Da dieses aber dem Majorat, das die Vererbung des gesamten Besitzes auf den ersten männlichen Erben vorsieht, widersprach, musste sie Bothmer und damit Klütz wieder verlassen. Von nun an residierten die bothmerschen Grafen wieder auf dem Schloss.
 
 
 
Das 19. Jahrhundert brachte auch in Klütz weitere Veränderungen und Entwicklungen mit sich. Kleine Industriemanufakturen bildeten und das Handwerk entwickelte sich. Viele Vereine, wie der [[Klütz - Vereine|Gesangsverein „Frohsinn“]] oder der „[[Klütz - Vereine|Heimat und Schützenverein Klütz]]“ bildeten sich. In Klütz gab es, wie es Martin Brüsehafer formulierte: ''„immer mehr städtische Nahrung“.''
 
 
 
Ab '''1844''' fuhr die erst gelbe Postkutsche, die erste regelmäßige [[Klütz - Post|Postlinie]] von Klütz  nach Wismar. Zuvor wurde die Post meist von Fuhrunternehmern befördert oder mitgegeben. Im '''19. Jahrhundert''' liefen nachweislich drei Postlinien durch Klütz: die lübische, die wismarsche und die [https://de.wikipedia.org/wiki/Reichspost Kaiserliche Post]. Die Kaiserliche Post (später Reichspost) nutzte später das '''1890''' in der Schloßstraße von Ludwig Denker erbaute Gebäude als festes [[Klütz - Post|Postamt]]. Dieses wurde '''1996''' endgültig geschlossen.
 
 
 
'''1848''' wurde der [[Klütz - Friedhof|Friedhof]] um die Kirche herum aufgelöst und bekam einen neuen Platz am damaligen Ortsrand von Klütz. Gleichzeitig entstand die Trauerhalle an der Kirche. Inzwischen ist dieser „Neue Friedhof“ der „Alte Friedhof“.
 
 
 
Ersten Pläne für eine [[Klütz - Eisenbahn|Eisenbahnlinie]] gab es in den '''1860'''er Jahren. In dieser Zeit wurden ebenfalls erste Lorenbahnen für die Landwirtschaft, u.a. in Redewisch und Oberhof, gebaut. Im Stadtarchiv Wismar finden sich Pläne für eine elektrische Eisenbahn von Wismar über Bössow, Wohlenberg, Klütz, Kalkhorst und Dassow nach Schlutup und damit nach Lübeck. Weiterhin wurde immer wieder über eine Verlängerung der Eisenbahnlinie nach Boltenhagen nachgedacht. Zeitweilig gab es sogar ein Bahnhofsgebäude an der Boltenhagener Seebrücke. Umgesetzt wurde dann, unter anderem durch die Intervention der Stadt Grevesmühlen, bis '''1905''' lediglich die Bahnlinie von Grevesmühlen nach Klütz, die, aufgrund der eigentümlichen Form der eingesetzten Dampflok, „Kaffeebrenner“ genannt wurde. '''1995''' stellte die Deutsche Bahn den Betrieb der Bahnlinie ein. Seit dem Sommer 2014 fährt eine Schmalspurbahn auf Teilen der alten Strecke.
 
 
 
'''1884''' nahm als erste mehrzügige Schule in einem ritterschaftlichen Flecken die heutige „[[Klütz - Schule|alte Schule]]“ in der Boltenhagener Straße ihren Betrieb auf. Zuvor gab es lange Zeit nur die Sonntagsschule im Küsterhaus und später dann die sogenannten „Klippschulen“, z.B. am Markt, in denen die unterschiedlichsten Schüler in einem Klassenraum für ein Entgelt unterrichtet wurden. Zum Ende des 19. Jahrhunderts bildeten sich private Knaben- und Mädchenschulen und eine Handelsschule, die teilweise bis '''1945''' Bestand hatten. Nach 1945 wurden aufgrund des Platzmangels durch viele Flüchtlingskinder Baracken der Seifenfabrik für den Unterricht und später den Hort genutzt. '''1962''' wurde dann ein neues Schulgebäude in der Straße des Friedens erbaut. In der „Alten Schule“ befindet sich inzwischen ein Antikladen.
 
 
 
Die Zeit um 1900 brachte weitere Veränderungen in Handwerk, Handel und Gewerbe. Kleine Kramläden entwickelten sich zu Kaufhäusern. Zwischenzeitlich hatte der kleine Ort fünf davon. 1872 eröffnete [[Gustav Ramelow]], geboren in Grevesmühlen und ein Jugendfreund von [https://de.wikipedia.org/wiki/Rudolph_Karstadt Rudolf Karstadt], dem Gründer des Karstadt-Warenhauses, im Alter von 17 Jahren in Klütz am Markt sein erstes Geschäft, in dem sich bis vor wenigen Jahren noch ein Geschäft der Familie Voß befand. 1886 baute er ein neues, modernes Kaufhaus in der heutigen [[Klütz - Strassen und Wege#Rudolph-Breitscheid-Straße|Rudolph-Breitscheid-Straße]]. Die [https://www.ramelow.com/uber-uns/historie-ramelow Ramelow-Kaufhauskette] gibt es auch heute noch, u.a. in Stendal und Uelzen.
 
 
 
'''1905''' öffnete das [[Klütz - Post#Telegraphenamt|Telegraphenamt]]. Es gab erste Telefone und neben der neu eingerichteten Eisenbahnlinie einen regelmäßigen Postbus. Ein Hotel öffnete am Bahnhof für Zugreisende nach Boltenhagen. '''1906''' nahm die Gasanstalt von Paul Heinrich Podeus ihren Betrieb auf. Das ermöglichte die Nutzung von Gas im Schloss Bothmer und einigen Haushalten. Einige Straßen in Klütz bekamen eine Straßenbeleuchtung, was dem [[Nachtwächter]] die Arbeit ein wenig erleichterte.
 
 
 
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Aktuelle Version vom 16. Dezember 2024, 12:02 Uhr

Die Vorbereitungen für eine Erstellung der Chronik laufen. Wir bemühen uns die Rechte aller verwendeten Materialien im Vorfeld zu recherchieren. Sollten wir Bilder, Texte oder anderes verwendet haben, für die sich die Urheberrechte in anderer Hand befinden, wenden sie sich bitte direkt an den Heimatverein Klützer Winkel e.V. (Stand: 29.03.2024)

Klütz liegt im Nordwesten Mecklenburgs, 3 Km von der Ostseeküste entfert, zwischen Grevesmühlen und den beiden alten Hansestädten Wismar und Lübeck. Diese Lage prägte auch maßgeblich die Geschichte der kleinen Stadt. Es ist der zentrale Ort des Klützer Winkels. Und: "Der Klützer Winkel is so wiet, as man denn Klützer Kirchturm süht." Die Einen behaupten, Klütz sei als eine slawische Siedlung gegründet worden, was man aus dem alten Namen "Cluitze" ableiten könne. Andere widersprechen dem vehement. Bewiesen ist keines von beidem. Die Funde slawischer Artefakte beschränken sich bislang auf die Umgegend. In Klütz selbst und der näheren Umgebung gab es bislang noch keine slawischen Funde. Aber: Was nicht ist, kann noch werden.


Kenndaten des Orts
Name (heute)Klütz
Regionale Einordnung (heute)
Postleitzahl23948
VerwaltungsamtAmt Klützer Winkel
LandkreisNordwestmecklenburg
Zahlen
Einwohner3153 (31. Dez. 2022)
KoordinatenBreite: 53.9671 / Länge: 11.1657


Geographische Lage


-Größere Karte von Klütz anzeigen-


Einführende Information

Die hier angelegte Chronik dient als Sammlungsort für bereits bekannte Quellen und Materialien. Sie dient einerseits der Sammlung als auch zur Information für alle Interessierten. Sie kann und wird nie vollständig sein und ist auch nicht darauf angelegt, jemals beendet zu werden. Zeit fließt, und irgendwann ist auch das Morgen ein Gestern. Sollten sie Quellen und Materialien haben, die sie uns für die Arbeit an der Chronik zur Verfügung stellen möchten, oder möchten sie an der Chronik mirarbeiten, wenden Sie sich gerne an den Klützer Heimatverein. In den Texten wird auch immer wieder neben dem Begriff Klützer Winkel der Begriff Klützer Ort erscheinen. Beides meint dasselbe Gebiet. Klützer Ort ist die ältere Bezeichnung.

Das Wappen von Klütz

Klützer Wappen von 1997

Das aktuelle Wappen ist seit 1997 gültig. Zuvor gab es bereits 4 Vorgänger.
Blasonierung: In Grün eine silberne Eule auf zwei schräggekreuzten, seitlich wachsenden, vierblättrigen goldenen Lindenzweigen sitzend, darüber zwei schräggekreuzte dreiblättrige goldene Lindenzweige

Übersicht über die Geschichte des Ortes Klütz


Wann die Geschichte des Ortes Klütz genau beginnt, kann bislang nicht belegt werden. Die frühesten Siedlungsreste im Stadtgebiet finden sich bislang aus frühdeutscher Zeit im 13. Jahrhundert. Auf den Feldern des Klützer Winkels dagegen finden sich zahlreiche steinzeitliche Artefakte.

Die menschliche Besiedlung des Klützer Winkels erfolgte mit dem Ende der Eiszeit vor ca. 12.000 Jahren. Es werden eiszeitliche Jäger gewesen sein, die mit ihren Familien, als sich die Eismassen zurückzogen, den Herden immer weiter in den Norden gefolgt sind. Ab ca. 3000 v.C. wurden die Menschen im Klützer Winkel sesshaft. Es finden sich zunehmend gut gearbeitete Steinwerkzeuge, Keramiken und die Reste von Bronze-, und später von Eisenverhüttung. Die Bevölkerung im Gebiet des Klützer Winkels gehörte in germanischer Zeit wahrscheinlich zu dem Volk der Warnen. Diese verließen etwa im 2. – 3. Jahrhundert zum größten Teil den Klützer Winkel. Ihnen folgten ab dem 7. Jahrhundert die Slawen, welche im Klützer Winkel kaum Spuren hinterließen. Was verwirrend ist, da viele Flur- und Ortsnamen slawischen Ursprungs erscheinen.

Für Herkunft und Bedeutung des Ortsnamens gibt es unterschiedliche Theorien. Urkundlich tritt Klütz das erste Mal 1188 aus dem Dunkel der Geschichte. In der sogenannten „Barbarossa Urkunde“[1] wird der silvum Cliutz, der Wald von Klütz erwähnt. In ihr erlaubt Kaiser Friedrich I. den Bürgern der neu gegründeten Stadt Lübeck das Holzschlagen für eigene Zwecke in den Wäldern von Klütz, Dassow und Brodten. Dieses Recht wird vom dänischen König Waldemar[2], während der dänischen Eroberung 1204, bestätigt. 1222 sind dann die Mecklenburger wieder am Zug[3]. Die deutsche Besiedlung des Klützer Waldes und die Gründung der Klützer Kirche werden zwischen dem Ratzeburger Bischof Heinrich und dem Fürsten Heinrich Borwin und seiner Familie beschlossen. Im Ratzeburger Zehntenregister von 1230 existiert bereits der Ort Klütz im Kirchspiel Klütz. 1250 dann wird die Klützer Kirche vom Ratzeburger Bischof Ludolf geweiht.

Als Kern der deutschen Besiedlung von Klütz gilt bislang das Dorf Arpshagen (Erpeshaghen). Der Locator soll ein Ritter Erpus gewesen sein, der bislang nicht belegt werden konnte. Wahrscheinlicher ist ein Erpo oder auch Arpo. Allerdings tritt das Dorf selbst, erst mit dem Kauf durch Helmold de Plesse Anfang des 14. Jahrhunderts in Erscheinung. Die Ritter von Plessen waren bis ins 16. Jahrhundert hinein eine der einflussreichsten Familien in Mecklenburg. Sie blieben bis ins 18. Jahrhundert eine der bestimmenden Familien in Klütz und im Klützer Winkel.

Die ersten „Klützer“ sind hauptsächlich deutsche Bauern. Der erste namentlich bekannte Klützer ist der Magister Cono de Cluze. Die vielleicht noch vorhandene slawische Bevölkerung wurde schnell an den Rand gedrängt. Slawische Nachnamen, wie Wend, können kaum nachgewiesen werden. Neben den Bauern wandern im 13. Jahrhundert auch Handwerker ein. Diese können schon früh nachgewiesen werden. Und der Bedarf war hoch. Sowohl die Kirche als auch die Burg der Plessen in Arpshagen bedurften immer wieder Reparaturen und auch die Bauern brauchten Wagen, Pflüge, Hufeisen und vieles mehr. So entwickelte sich Klütz über die Jahrhunderte von einem Bauerndorf zu einem Ritterschaftlichen Flecken mit Handwerk und eigenem Jahrmarkt, der noch Anfang des 20. Jahrhunderts für Verwunderung ob seiner Größe sorgte. Bereits in den ersten Zeitungen der 1850er Jahren schalteten Lübecker Händler Anzeigen, um auf ihre Teilname am Klützer Jahrmarkt aufmerksam zu machen. Handwerker gibt es in Klütz immer noch, den Jahrmarkt schon lange nicht mehr. Der Versuch ihn als „Herbstmarkt“ Mitte der 1990er Jahre wiederzubeleben scheiterte. Übrig blieb ein kleiner Wochenmarkt. Fliegende Händler nutzten die neue Freiheit nach der Wende 1989/90. Heute (2024) finden sich an guten Donnerstagen noch drei Wagen auf dem Klützer Marktplatz ein.

Auch wenn im Dreißigjährigen Krieg in Klütz keine Kampfhandlungen stattfanden, hinterließen mehrfach durchziehende Truppen doch starke Verwüstungen. Auch die Kirche befand sich, wie ein Visitationsprotokoll berichtet, in einem desolaten Zustand. Die nachfolgenden Nordischen Kriege, in welche die naheliegende Hansestadt Wismar involviert war, sorgten für eine weitere Verarmung der Gegend. Auf der anderen Seite suchte Anfang des 18. Jahrhunderts der frisch ernannte Reichsgraf Hans Caspar von Bothmer einen Ort für seine Grafschaft. Er fand sie im Klützer Winkel. Bis 1918 blieben die von Bothmer die bestimmende Familie in Klütz und im Klützer Winkel. Sie errichteten die „größte barocke Schlossanlage Mecklenburg-Vorpommerns“, die heute jedoch nicht mehr offiziell Schloss genannt werden darf.

Kriege zogen an dem kleinen Ort Klütz meist vorbei. Größere Kampfhandlungen können für den Klützer Winkel über die Jahrhunderte nicht nachgewiesen werden. Was nicht heißt, dass diese Kriege keine Auswirkungen gehabt hätten. Zwischen den Hansestädten Lübeck und Wismar gelegen, befand sich Klütz ab dem 13. Jahrhundert auch immer in deren Schatten. Dies wirkte sich selbst auf die Sprache, die Art des in Klütz gesprochenen Niederdeutschen aus, deren Klang sich zwischen dem lübischen und dem wismarschen Platt befand. Nachnamen, wie „de Clutze“ (der Klützer/der von Klütz kommende) oder „de Clutzermann“ finden sich im 13. und 14. Jahrhundert in beiden Hansestädten.

Derzeit (2024) praktizieren in Klütz zwei Allgemeinärzte und eine Zahnärztin. Nachweise für Ärzte und Tierärzte finden sich ab dem 18. Jahrhundert. Bader, als deren Vorläufer, lassen sich ab dem 14. Jahrhundert für Klütz nachweisen. Auch ein Hospital soll es im 14. Jahrhundert gegeben haben. Wahrscheinlich handelt es sich hier um eines der „Pesthäuser“ die im Zuge der Pestepidemie 1349 – 1350, die auch in Mecklenburg wütete, erbaut wurden. Ein Alten- und Siechenhaus befand sich später am Ende der Straße „Im Thurow“ und auch in Kühlenstein, einem kleinen Dorf an der Straße von Lübeck über Dassow nach Klütz und weiter nach Wismar gelegen, einer alternativen Handelsstraße zwischen den Hansestädten, die allerdings bis zum Chausseebau im 19. Jahrhundert nur im Sommer und bei Trockenheit befahren werden konnte.

Wirkliche Industrie hat es, bis auf eine Großbäckerei in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert, in Klütz nie gegeben. Auch wenn durchaus versucht wurde, diese anzusiedeln. Andere Orte hatten und haben eine bessere Anbindung an die dazu notwendigen Verkehrs- und Wegenetze. Neben Handwerkern gab es im 19. Jahrhundert auch Manufakturbetriebe. Auch die im Deutschland der Kaiserzeit aufkommende Kaufhauskultur bekam mit Gustav Ramelow, der sein erstes Kaufhaus in Klütz gründete, entscheidende Impulse. Gustav Ramelow war ein enger Freund Rudolf Karstadts. Wer hier wen inspirierte, sei dahingestellt. Ramelow jedenfalls eröffnete seinen ersten Laden vor Karstadt.

Klütz bekam 1938 vom mecklenburgischen Reichsstatthalter Hildebrand das Stadtrecht verliehen. Zuvor galt der Ort seit dem 17. Jahrhundert als Flecken, dem einzigen ritterschaftlichen Flecken Mecklenburgs. Es hatte damit das Recht, Handwerker in seinen Mauern zu beherbergen und einen Jahrmarkt abzuhalten. Im Zuge des landesgrundgesetzlichen Erbvergleichs[4] wurde dieses von Wismar und Grevesmühlen infrage gestellt. Der Schuster Tobias Friede konnte dies durch ein gutes Erinnerungsvermögen verhindern. Sein ehemaliges Haus in der heutigen Rudolf-Breitscheid-Straße ist mit seinem Baujahr 1617 heute das ältestes Wohnhaus von Klütz. Viele andere Häuser wurden bei dem großen Brand von 1720 vernichtet. Dieser wurde von einem Krüger/Wirt, an der Ecke der heutigen Wismarschen- zur Predigerstraße gelegen, beim Bierbrauen ausgelöst. Danach wurde das Bierbrauen in Klütz erst einmal verboten und von der bothmerschen Herrschaft in die leerstehende „Plessenburg“ verlegt und später eingestellt. So tranken Anfang des 20. Jahrhunderts die Klützer Postangestellten im Postgarten Dassower und Grevesmühlenener Bier zum Feierabend.

Die Deutsche Post AG erhielt 2024 die hochoffizielle Erlaubnis, länger für die Postzustellung brauchen zu dürfen. Ob dies ein Fort- oder Rückschritt ist, darüber lässt sich „trefflich“ streiten. Die ersten regelmäßigen Postlinien finden sich in Klütz ab Beginn des 19. Jahrhunderts. Diese werden als Fußposten jedoch sicherlich noch länger gebraucht haben. Vermutlich führten seit dem 30-jährigen Krieg Postlinien durch den Klützer Winkel. Ansonsten wurden Briefe und Ähnliches wohl durch eigene Boten oder durchfahrende Händler gegen ein Entgelt überbracht. Mit dem Bau der Chausseen, Ende des 19. Jahrhunderts, verbesserte sich die Situation der Klützer. Regelmäßige Buslinien fuhren von Grevesmühlen und Wismar bis nach Boltenhagen, dem zweitältesten deutschen Seebad, und machten die Klützer mobil. 1905 wurde dann endlich die lange erwartete Bahnlinie nach Grevesmühlen eröffnet. Damals hieß dies: Post- und Personenbeförderung wechselt von der Straße auf die Schiene und das pünktlich. Heute gibt es die Bahn nur noch als touristische Schmalspurbahn, die es aber nicht mehr bis nach Grevesmühlen schafft. Busse fahren 2024 alle ein bis zwei Stunden. Manchmal fahren sie zu früh ab oder fallen unangekündigt aus.

1222 wurde die Gründung der Klützer Kirche, Sankt Marien, zwischen dem Mecklenburgischen Herzog Niklot, seinen Kindern und dem Bischof von Ratzeburg beschlossen. Das selbst dieses Datum überliefert ist, ist schon faszinierend. Die Balken für das Dach des heutigen Chores wurden, nach einer dendrochronologischen Untersuchung, 1248 geschlagen, die Kirche selbst 1250, vom später heilig gesprochenen Ratzeburger Bischof Ludolf, geweiht. Die kleine Kirche wurde später immer wieder erweitert und umgebaut. Heute wirkt sie trotz ihres schlichten Inneren fast zu groß für den kleinen Ort. Die Klützer Kirche war eine der ersten reformierten Kirchen Mecklenburgs, so wie der Adel des Klützer Winkels maßgeblich, wenn auch wenig rühmlich, an der Reformation in Mecklenburg beteiligt war. Heute ist sie die Hauptkirche der Kirchgemeinde Klütz – Boltenhagen – Bössow. Das derzeitige Pfarrhaus wurde, wie das Küsterhaus, 1730 von Friedrich Künnecke im Zuge des Baus von Schloss Bothmer erbaut. Gerüchte behaupten, dies geschah mit übrig gebliebenen Steinen. Der kirchliche (der alte) Friedhof befindet sich heute abseits der Kirche in Richtung Wismar. Bis 1848 lag er noch um die Kirche herum. Heute ist hiervon kaum noch etwas zu sehen.

Klütz ist und bleibt ein kleiner Ort im Herzen des Klützer Winkels, welcher eine Halbinsel in der Lübecker Bucht bildet. Alle Versuche, mehr als dieses zu werden scheiterten bislang. Und doch ist dieser kleine Ort immer auch Teil der Geschichte Mecklenburgs. Von einem Grafen, der zum Königsmacher wurde und Urkunden, welche die Vorgänge in Mecklenburg in der Zeit der deutschen Besiedlung nachvollziehbar machen, finden sich immer wieder interessante und wichtige geschichtliche Details. Schauen wir mal, was in den nächsten Jahren noch passiert. Der kleine Ort bleibt interessant.

Klütz im Spiegel von Karten und Luftbildern

Bildergalerie

Klütz - Ortschronik/en

Anmerkung: In der folgenden Liste werden bekannt gewordene chronistische Arbeiten gelistet. In blauer Schrift erscheinen Arbeiten die digital verfügbar sind. In roter Schrift gelistete Titel sind, meist aus urheberrechtlichen Gründen noch nicht digitalisiert. Aber auch Chroniken die bekannt geworden sind, deren Verbleib aber bislang nicht bekannt ist, sind Bestandteil der Liste.

Weiterführende Information zu Klütz

Kontakte

Einzelnachweise

  1. MUB I: 1188. Sept. 19. Leissnich . S . 143 . Friedrich , römischer Kaiser , setzt die Grenzen des Gebietes der Stadt Lübek fest und verleihet derselben bedeutende Vorrechte und Freiheiten.
  2. MUB I: 1202. Dec. 7. ( ? ) Wordingborg . 173 . Waldemar , König der Dänen und Wenden , bestätigt der Stadt Lübek alle Besitzungen , Vorrechte und Freiheiten , welche sie von Kaiser Friedrich erhalten hat .
  3. MUB I:1222. Juli . 8. Ratzeburg . 284 . S. 267 - 269 . Heinrich Borwin , Fürst von Meklenburg , und seine Söhne Heinrich und Nicolaus vergleichen sich mit dem Bischofe Heinrich von Ratzeburg über die Zehnten in den Landen Bresen und Dassow , in Klüz und Tarnewiz .
  4. https://www.verfassungen.de/mv/erbvergleich55-i.htm