Zempin Senta Wodrich erzählt:

Aus Ortschroniken
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Senta Wodrich
v.l. Adolf Wodrich, Willi Ruhberg, Gottfried Tiefert, Walter Döring
Schützenfest Zempin
Umzug in Zempin
Else und Franz Wegner
Breuhahn
1925 Anzeige
Waldhaus 1942
ab 1833 Schulneubau
1933 FF und im Hintergrund Haus mit Tanzsaal
Laden Wieck mit Hotel
Graumanns Gemüseladen
Gastraum im Bahnhof Zempin
Haus Danzig
Mitte sitzend Karl Schichlein sen., rechts stehend Alfred Wodrich
Bahnhof Zempin bis 1944
Bühne des Waldhauses
Waldhaus Gastraum
Koserow
1958 Kirche Koserow
Zempiner Strandkorbvermieter auf der Waage sitzend Schneidermeister Karl Wodrich
Liegestühle am Achterwasser
Inselhof mit Scheune


Geboren ist sie am 31. Mai 1920 in Zempin, gestorben 2002 in Wolgast.

Sie war 1999 im Pflegeheim in Wolgast und bat um einen Platz auf dem Friedhof in Zempin, um später neben ihren Eltern zu liegen. Ich besuchte sie und ermunterte sie etwas über ihr Leben aufzuschreiben.

Donnerstag, d. 8. Juli 1999

Liebe Frau Stockmann, mir ist noch was Wichtiges eingefallen. In der damaligen Zeit, da unser Dorf mit Kleinbürgern, meistens Fischern bewohnt war, haben sich die meisten immer an meinen Vater gewandt, wenn es um Anschreiben oder amtliche Ratschläge ging, diese Angelegenheiten hat mein Vater immer für unsere Bürger erledigt, darum wurde mein Vater auch im Schützenverein als Schriftführer ernannt und hat auch so manche 12 geschossen, dann wurde er auch mit Marschmusik abgeholt. Er hat dann auch die Pauke geschlagen und sie durchs Dorf geschleppt. Mein Vater hat auch eine kleine Dorfkapelle gegründet. Richard Walter, der Gärtner, hat Geige gespielt und mein Vater hat sich ein Bandonium schicken lassen, so was ähnliches wie ein Akkordion, aber schwieriger zu spielen, dazu hat er eine Teufelsgeige gebastelt, mit einem geschnitzten Chinesenkopf, das war das Begleitinstrument. In einem kleinen Nebenzimmer im Dorf haben sie geübt, ich war oft dabei. Sie spielten auf Hochzeiten und zu kleinen Familienfeiern.

Später hat mein Vater auch allein noch in kleinen Ortschaften auf Hochzeitsfeiern gespielt. Ich habe ihm so manchen Walzer vorgesungen und mein Vater hat so lange geübt, bis es geklappt hat. Walzermelodien hat er mit Vorliebe gespielt. Der eine Walzer stammte aus einemTheaterstück, in dem ich mitgespielt habe, eine Tanzfee im Reigen, er klingt mir heute noch im Ohr. Liebe Frau Stockmann, dies ist mir gerade noch eingefallen, darum mußte ich es sogleich zu Papier bringen. Nun lege ich noch die beiden Gedichte, die ich hier für unsere Heimbewohner und für Schwester Uschi gedichtet und vorgetragen habe, bei. Liebe Grüße für Sie und unsere lieben Zempiner, Heidi Weber, sie hat mich hierher gebracht und an Gisela (Haack), meinem lieben Berni drücke ich lieb, Helga Bergmann und Petra. Alles Liebe für alle - Eure Senta

Diese Beschäftigung (Aufschreiben der Vergangenheit) gibt unsereins Freude und lenkt ein wenig ab von all dem Traurigen und wenn es um mein Zempin geht, dann bin ich immer da! Unsere Weihnachtszeit Zu jeder Weihnachtzeit finden wir hier Liebe und Geborgenheit, ein gemeinsames Beisammensein soll unser Herz erfreuen doch ein jeder kann nicht glücklich sein - mit Gottes Segen mögen aber alle guten Dinge uns gelingen

Ein Dankeschön an unsere Heimleitung (in Wolgast)

Als wir hierher gekommen, wurden wir freundlich aufgenommen.
Nicht jedem wird im Leben alles gegeben,
ein jeder hat von uns etwas bessesen.
Drum dürfen wir hier auch nicht vergessen,
wer Freud und Sorgen mit und teilt.
Das kann doch nur Schwester Uschi sein,
drum müssen wir auch mal dankbar sein.

Morgenfrühe

Wenn die Winde um die Häuser wehen
und die Sonne geht langsam auf
und die Lerche fängt dann an zu singen,
so beginnt der Tageslauf

Meine Heimat Zempin

Es schweben in den Lüften die lieben Vögelein,
und alle süßen Düfte verbreiten die bunten Blümelein,
und dort am blauen Wasser ist die Luft so klar und rein,
nur in dieser Umgebung kann ich so glücklich sein.


Senta Wodrich, ihr Vater war bei der Bahn in Zempin beschäftigt. Dadurch liebte sie alles, was mit der Eisenbahn zu tun hatte. Sie half dem Vater die Petroleumlampen zu den Signalen zu bringen. Gern erinnert sie sich, als sie mit vielen Zempinern im Waldhaus Theater spielte. So z.B. ein Zigeuerlager darstellend oder Seemannslieder, im Boot stehend, gesungen wurden. Auch ist sie immer gern am Achterwasser und Ryck entlang mit ihrem Hund Pfiffi gelaufen, oft bis Otto Niemeyer-Holstein.

Sonnabend, den 10. Juli 1999

Liebe Frau Stockmann, unsere Chronik muß weiter gehen, leider fällt mir nicht alles mit einmal ein , ein altes Gedächtnis arbeitet nicht so schnell, da sind auch noch Erinnerungen, die von meinen Großeltern stammen. Also hinzu kommt noch der Schützenverein. Zwei Bürger, die in dem Verein das Kommando und Anleitung gegeben haben waren Emil Labahn und Wilhelm Kracht, unser einstiger Fleischermeister. Der einzige Friseur war Walter Hietel mit seiner Frau, manchmal hat er auch einem alten Einwohner einen Zahn gezogen. Im Nebenhaus war unsere alte Post bei Graumanns. Gegenüber war unser Bäckermeister Hauff, die beliebteste Verkäuferin war seine Frau Hede, sie wurde so genannt, weil sie den Kuchenteig auf den Blechen entgegennahm, die von den Einwohnern zum Backen gebracht wurden.

Denn alle Bürger hatten noch keinen neuen Herd und Backofen. An der Straße entlang war unsere beliebteste Verkaufstelle, weil dort Auguste Wieck liebevoll die Kunden bediente. Dann am Ende der Straße war unser einstiges Textilwarengeschäft Neumann, die Tochter Marta Neumann hat es weitergeführt. An der Straße weiter zum Bahnhof war das Haus Danzig, darinnen wohnte unser Bahnhofsgastwirt Suhr. Auf unseren Bahnhof war damals der Vorsteher Grimm, ich war zu dieser Zeit noch ein Kind und mein Vater hatte Achtung vor diesem Mann und hat viel von ihm gelernt. Manchmal, am Sonntagvormittag nahm mein Vater mich mit zum Vorsteher. Wir haben uns aus seinem Radio dann die Kirchensendung angehört.

Die einzige Tochter der Familie Grimm hieß Liesbeth und war Schneiderin und auch die erste Patin für meine jüngsten Geschwister Horst und Trautchen, ein Zwillingspaar. Den ersten Geburtstag dieser Geschwister nähte sie aus rotem Samt ein Kleidchen und eine Jacke für den Jungen, beide mit weißem bestickten Kragen. So gingen wir Hand in Hand mit meiner Mutter zum Gemeindenachmittag zum Kaffeetrinken auf dem Dorfplatz vor dem Spritzenhaus. Auf dem Platz waren alte Schulbänke und Tische aufgebaut, Kaffe und Kuchen wurde aufgetragen, unsere Schulgemeinschaft hat sich sicher daran beteiligt.

Dort trafen wir auch die erste Räucherei-Besitzerin Frau Berg. An der Stelle, wo die Fischereigenossenschaft stand (Zu den Karlsbergen), war die Räucherei Berg, viele Frauen aus Zempin haben dort gearbeitet, so auch meine Mutter und Großmutter. Unser Dorfplatz war unser Sport- und Spielplatz und mit der alten Schule verbunden sogar ein Turngerüst stand auf dem Platz. In dem Gebäude, wo Grabos wohnen (heute Schirmacher - Frau Schirmacher geb. Grabo) war unsere alte Schule, dort wurde ich eingeschult, meine Eltern auch. Damals war Lehrer Lüdke unsere Lehrer, er wohnte auch dort. Als ich zuerst hinkam , kam ich gleich vorn in die erste Bank , es war nur ein Schulraum vorhanden. Ganz hinten in der letzten Bank waren die Schulabgänger, die mit der 8. Klasse abgingen. Im Unterricht mußten die älteren Jahrgänge aufstehen. Da habe ich noch folgende stehende Schüler im Gedächtnis - Trudchen Walter, Ella Krüger und Erna Walter.

Konfirmandenunterricht haben wir später in Koserow gehabt. Im Winter dort in der Schule und im Sommer in der Dorfkirche in Koserow. Karl Tiefert und Karl Behn waren meine Mitschüler. Nach der Kriegszeit habe ich nur diese beiden Mitschüler wieder gesehen. Karl Tiefert war Fischer und dann auch Feuerwehrmann. Robert Priewe war ja auch Fischer, der ist unseren Zempinern auch noch erhalten geblieben. Früher haben unsere Zempiner alle zusammengehalten. Einer hat dem anderen geholfen. Es sind alle naturverbunden. Einzelne haben auch Kranken geholfen. Kräuter für Tee und Heilmittel getrocknet und damit anderen geholfen. An den neu aufblühenden Blüten an den Bäumen wurden die Krankheitserscheinungen festgestellt und es wurde auch besprochen.

Es gab nur einen Schneidermeister hier im Dorf, daß war Schneidermeister Karl Wodrich, mein Großvater. Er hat so manchen Hochzeitsanzug genäht, nächtelang dabei gesungen. Er war auch Gräberschuper.

Punkto Hochzeit: Früher gab es nur einen Tanzsaal bei Kaufmann Boldt. Ein mal im Jahr war dort Tanz wie in ollen Zeiten. Der Saal wurde geräumt. An einer Seite saßen die Mädchen, gegenüber die Jungmänner - dort haben sich auch meine lieben Eltern in Liebe zusammengefunden. Auch Walli Wietstock hat dort die Hochzeit gefeiert, ich selbst habe zugesehen von draußen. Alles mögliche wurde unter die Fenster gelegt zum Draufsteigen, um hineinsehen zu können. Bei allen Hochzeiten und Tanzveranstaltungen standen die Dorfbewohner vor den Fenstern, auch wenn es noch so kalt war. Bei Hochzeiten wurden von dem Bräutigam Getränke oder Schnaps herausgebracht.

Nun möchte ich ihnen mitteilen, dass in unserer Familie und auch im ganzen Dorf an den alten Bräuchen , so wie früher, so wie es die Alten gehalten haben, festgehalten wurde.

Weihnachten in der Familie, Ostern lustiges Ostereiersuchen und Spaziergänge, vormittags zur Kirche. Pfingsten wurden unsere Häuser mit Maisträuchern geschmückt, abends war Tanz, manchmal war auch Ummarsch mit der Dorfkapelle.

Zu unseren Geburtstagsfeiern in der Familie wurden die Verwandten eingeladen, wie es auch heute noch Brauch ist und ich möchte ihnen nur sagen, dass Weihnachten immer das schönste Fest der Liebe war und noch ist, wie ich es hier bei uns im Heim erlebe. Vor Weihnachten wird der Schuh rausgestellt, bei und Kindern klopfte der Weihnachtsmann ans Fenster vor Weihnachten , ob wir auch schön artig waren und es wurden einige gewünschte Spielsachen schon im Fenster gezeigt. Heiligabend mussten wir uns ins Zimmer zurückziehen, bis der Baum ausgeschmückt war, dann durften wir reinkommen, dann kam der Weihnachtsmann. Es wurde gebetet und gesungen, alte liebe Weihnachtslieder, dann wurden die Geschenke verteilt, ein jeder musste ein Gedicht aufsagen, dann wurde gemeinsam gegessen, Kartoffelsalat mit Wiener Würstchen, wir Kinder haben noch etwas gespielt mit unseren Geschenken, dann fielen uns die Augen zu und wir haben geträumt in unseren Bettchen.

Silvester gab es Karpfen, Karfreitag Eierkuchen und wir gingen zur Kirche. Später als wir größer waren, haben wir uns das Krippenspiel zu Weihnachten angesehen. Ich singe heute hier noch die alten Weihnachtslieder und bringe damit etwas Freude in unsere Gemeinschaft....“

Unser Beaufsichtiger war Wachtmeister Schulz aus Koserow, verantwortlich für alle umliegenden Dörfer. Unser Standesamt war in Kölpinsee (Loddin), Standesbeamter war Herr Wendorf. In der Koserower Kirche wurden Taufen, Trauungen, Einsegungen und kirchliche Andachten gehalten, dort wurde ich auch eingesegnet bei Pastor Collin. Wir haben das Einsegnungslied gesungen: "Hier ist mein Herz, mein Gott ich gebe es dir". Helmut Wietstock aus Koserow saß hinter mir, er hatte eine sehr gute Stimme.

Unser damaliger Bürgermeister war Ernst Mann, er wohnte in der Waldstraße im Haus Waldblume. Er spielte auch Geige und Klarinette. Unser Maler Niemeyer-Holstein war ein guter Freund meines Vaters. Er kam auch zum Bahnhof ins Büro, wegen der Züge. Auch hatte er damals meinen Vater gemalt, ist schon lange her, noch in der damaligen alten Uniform, irgendwo ist das Bild mal hingekommen.

Unser Inselhof war bäuerlich eingerichtet, damals leitete diesen eine Frau mit drei erwachsenen Kindern, eine Frau Lührsen. Weiß - Blau karriert waren Gardinen und Tischdecken. Die Kleidung der Bedienung war dirndelartig. Draußen im Freien waren ringsum mit Schilf umgebene Nischen mit kleinen Tischen und Bänken, Liegestühle, kleine Kerzen auf den Tischen, in der Mitte eine Tanzfläche und eine Zigeunerkapelle spielte abends. Wenn es dunkel wurde und der Mond schien, wurde getanzt. Die Mondscheinfahrten mit beleuchteten Booten auf der Peene (Achterwasser) sind mir in guter Erinnerung, und wir haben gesungen meine Freundinnen Christel Janott und Anneliese Köpnick und ich.

Anneliese Köpnick war meistens dabei, wenn ein kleines Volksfest beim Inselhof stattfand. Dann waren dort Karussels und kleine Buden. Dort gab es auch einen großen Gemüsegarten, der die Küche des Inselhofes versorgte, diesen Garten haben wir Freundinnen mit gesäubert, dann gab es beschmierte Brote mit Quark und Schnittlauch bestreut, uns hat es gut geschmeckt.

Mit Christel Janott habe ich bei Niemeyer-Holstein ein bischen aufgeräumt, denn Christel hat dort sauber gemacht. Wir sind dort auch beide mit dem Boot gerudert, dort waren gelbe Seerosen, ich wollte einige pflücken und bin über Bord geplumst.

Liebe Frau Stockmann, ich mußte hier beim Schreiben eine Pause machen, wegen der Hitze. Ich möchte Ihnen doch noch zum Schluß erzählen, was doch das Schönste war:

Als ich vor Jahren als ich noch bei der Bahn war, vor der Wende, habe ich meine Tochter in München besucht, da hatte ich ein Erlebnis, eine schöne Erinnerung. Meine Tochter arbeitete in München in eine Landesbibliothek, dort kommen die Bücher von allen Stadtteilen hin. Als ich dort war, hatte ich den Wunsch auch mal das so viel besungene Hofbräuhaus kennen zu lernen. Meine Tochter meinte, es ist nicht mehr das berühmte weltbekannte Hofbräuhaus. Wenn ich schon einmal in München bin, wollte ich auch das Gebäude kennenlernen. Stellen Sie sich vor, liebe Frau Stockmann, dort spielte eine Damenkapelle, ja woher sollte ich auch eine Damenkapelle kennen. Glauben Sie mir, meine ganze Jungmädchen - Erinnerungen wurden wach, ich blieb neben dieser Kapelle stehen, denn das Lied erklang: "Vor der Kaserne vor den großen Tor steht eine Laterne ..."Ja genauso habe ich gestanden, als mein Verlobter Wache schob, bevor er an die Front kam. Ja ich kannte dieses alte Lied, Marlene Dietrich hat es auch gesungen. Aus vollem Halse habe ich dieses Lied gesungen, denn meine Gedanken waren ganz dabei, .." vor dieser Kaserne bleib ich stehn, wie einst die Limarlen." Inzwischen hatte sich meine Tochter zu mir gestellt und hakte mich unter, denn es erklang mein Heimatlied, was ich schon immer gesungen hatte auf Plattdeutsch: "Wo dei Ostseewellen trecken an den Strand ..." Der Saal wurde immer voller, es kamen immer mehr Leute rein, alle jubelten uns zu, Leute an den Tischen erhoben ihre Gläser. In München, die verstanden doch kein plattdeutsch, aber ich habe es so laut und deutlich gesungen. "...wo die Wellen rauschen im Sturmgebus, dor is meine Heimat dor bin ik tau Hus." Liebe Frau Stockmann, wenn Sie wüßten, was sich an unserem Tisch ereignete. Schon vorher als wir dort saßen, hatte sich ein netter Mann, so um die 40ziger zu uns gesetzt und hat uns beide für Schwestern gehalten, damals war ich ja auch noch jünger, aber doch nicht mehr so jung. Dieser Mann hat für uns große Platten zum Abendbrot auftragen lassen und für uns Getränke bestellt und mich nicht aus den Augen gelassen. Stellen Sie sich vor, inzwischen kam ein Mann, der sich zu uns setzte, der andersrum war, da haben wir uns davongeschlichen und draußen tüchtig gelacht.- Das war mein Erlebnis in München!

Liebe Frau Stockmann, muß nun langsam zum Schluß kommen, möchte noch erwähnen, daß es hier im Heim zwei liebe Leutchen gibt , die ich ins Herz geschlossen habe, Schwester Uschi und Frau Tesch. Anneliese Köpnick ist noch die einzige dort in Zempin, die meine liebste Freundin war. Fragen Sie sie doch mal, ob sie noch einige weiß von unseren gemeinsamen Erlebnissen und grüßen Sie Anneliese von mir.

Zempin das ist mein Heimatland, dort wo ich Glück und Liebe fand,
meine Kindheit, meine Jugend war dort so wunderschön,
weil ich am Wasser konnte spazierengehen,
und baden am Ostseestrand, wo die Luft so rein und sauber ist,
wo ich meine Zempiner ins Herz geschlossen hab,
dort möcht ich in Frieden ruhen bei meinem Elterngrab

In Liebe gewidmet für Zempin - Senta Wodrich.

Liebe Frau Stockmann, es hat mir viel Mühe gekostet und auch Freude gemacht, meine Schrift hat auch nachgelassen, wenn ich abgespannt war. Ich weiß nicht, ob dies lesbar ist, ich habe es so von mir gegeben, wie und was noch in mir ist.

Ihre Senta Wodrich


Sonntag, d. 18. Juli 1999

Liebe Frau Stockmann, heute sende ich an Sie einen lieben Sonntagsgruß. Das Wichtigste was ja auch zu Zempin und unserer Familie Wodrich und mit der Eisenbahn verbunden ist, gehört ja noch dazu, weil ich nicht weiß, ob mein Bruder es noch wußte. Vorallen Dingen gehört auch noch unser Merkstein, das Wahrzeichen von Vineta dazu und die gemeinsamen Fischerveranstaltungen. Die haben sich in Koserow zusammengefunden aus den ganzen umgebenen Dörfern. Es hat auch etwas mit der Legende Vineta zu tun.

Es war damals ein alter Brauch. Nun kommen wir erstmal zu unserer Eisenbahnerfamilie zurück. Es war meine Schwester Lydia bei der Eisenbahn in Zinnowitz im Versand beschäftigt, später ist meine Tochter Renate bei meinem Vater in die Lehre gegangen. In den späteren Jahren ist dann jeder seinen Weg gegangen. Es ergab sich so, die Umstände, die auf uns zu kamen, dann kam der Umsturz (Kriegsende) und die eigene Not, die auf uns zu kam, da haben sich beide auf ihre eigene Art durchgeschlagen, damit es meine lieben Eltern etwas leichter hatten. Meine liebe Mutter hatte es auch so schwer genug. Nun liebe Frau Stockmann kommen wir zu dem, was noch zu Zempin gehört und wie es früher gewesen ist.

Also der Grundstein mit dem Namen Vineta lag auf dem Wiesengrundstück, direkt an der Straße zwischen Forsthaus Damerow, weiter nach Niemeyer-Holstein zwischen beiden Häusern, dort lag ein Grundstück brach, dann später hatte sich die Vinetalegende bis zur Ostsee verbreitet, zum Wasser, wo Niemeyer immer zum Baden gegangen ist. Dort soll die Stadt Vineta versunken sein, so habe ich es auch in der Schule gelernt, auch die Legende von der Bernsteinhexe, dieser Aberglaube hatte sich immer weiter verbreitet, daß Rothaarige mit Sommersprossen Hexen sind.

Die heutige Jugend färbt sich die Haare rot, malen oder kleben sich Sommersprossen ins Gesicht. Wir wollen nun unseren alten Fischerbrauch entgegengehen. In der Vineta-Gaststube, dort zu Koserow, wurde zum Fischerfest tüchtig gefeiert, alle Fischer von den Dörfern kamen zusammen. Es wurde getanzt Walzer, Kegel, Volkstänze, dazu Ansprachen und so weiter. Später wurde dieses Fischerfest zu Koserow im Wald im Freien gefeiert und zwar im kleinen Kaffee, ein ruhiges kleines Restaurant, Friedrichshain hieß es, im Buchenhain hieß es damals. Im Buchenwald im Freien standen Bierfässer und es wurde tüchtig getanzt, dazu gehörte auch eine große Halle als Tanzsaal, natürlich wenn es regnete, dann ging es dahinein. Also unsere alten Fischertraditionen, wie es damals war, als ich so 15 Jahre war, waren dort im Buchenwald sehr beliebt. Liebe Frau Stockmann, dieses mußte ich noch hinzufügen, das fehlte noch. Nun wünsche ich Ihnen einen gemütlichen Sonntag, seien Sie lieb gegrüßt von

Senta Wodrich.

Einen Gruß an mein geliebtes Elternhaus

Ach Zempin, wie bist du schön,
wie gerne möchte ich dich wiedersehen,
deine Wiesen, unsere Peene und den Weizen,
Schwäne und die Blütenpracht,
das alles hat mich so glücklich gemacht.