Niendorf bei Neuhaus(Elbe) Festschrift (Dieter Greve) 6. Deiche

Aus Ortschroniken
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6. Wasser- und Deichprobleme in Niendorf und in der Teldau (Kurzdarstellung)

1261 versprechen die Herzöge Johann und Albert von Sachsen dem Bischof Ulrich von Ratzeburg 12 Hufen im Dartzing, die sie mit holländischen Kolonisten besetzen wollen. Diese sollen Deiche errichten.

Um 1400 sind bereits Stiepelse (1380), Konau (1385), Popelau (1391), Gülstorf (1401) bewohnt. Stiepelse und Umgebung war 1209 noch von Wald eingenommen, in dem die Slawen ihre Schweine hüteten. Herzog Wilhelm von Lüneburg dotierte die neu gegründete Stadt Bleckede mit einem Teil dieser Flächen.

Im 16. Jahrhundert erfolgten erste Deichschauen zwischen Boizenburg und Dömitz (MJB VIII, S. 152).

Am 4. Dezember 1619 schließt Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg mit Deichinteressenten aus der Ritterschaft, die Besitztum in der Teldau haben (Sprengel in Niendorf und Steder, Günter Pentz auf Brahlstorf und Volzrade, Marquardt Pentz auf Warlitz, Jochim Blücher auf Wiebendorf und Zahrensdorf, Hans Blücher auf Lehsen) einen Vertrag über die Eindeichung der Teldau.

  • Jedem wird an Hand einer Deichordnung eine zu pflegende Deichstrecke zugewiesen. Auch Hauptabzugsgräben werden gemeinsam gebaut.
  • Fertig gestellt 1622. Deichlänge 3928 Ruten.
  • Das Land für den Deich wird von Interessenten bereitgestellt. Die Gülzer und Bandekower müssen Land abgeben, erhalten aber Pachtermäßigung.
  • Ansiedlung von Kolonisten aus Butjadingen.
  • Holländischer Landmesser führt die Arbeiten aus. Karte von 1625
  • Kommissarien sind Joachim von Buchwald und Joachim von Lehsten.
  • Es werden Pachthöfe auf Kosten der Grundherrschaft eingerichtet, deren Pächter sich Pensionäre nennen (1639 insgesamt 16 Pachthöfe zwischen ¾ und 4 /3 Hufen)
  • Auch herrschaftliche Deich- und Katenleute werden angesiedelt.

Nach dem Dreißigjährigen Krieg sind die Ritter verschuldet. Dr. Macrinus aus Lüneburg kauft zunächst von Martin Pentz Land und errichtet Klein Timkenberg, dann von Henning Lenthes Erben und Hans Sprengel und errichtet Groß Timkenberg.

1660 sitzen auf Pachthöfen: Jürgen Böttcher, Polgrim Tewes, Tewes Sammer, Hans Derncke, Arendt Sucke, Marcus Schuldt, Peter Meyn, Hans Broeß, Cornelis Jansen, Heinrich Bielenberg, Vicke Puttfarken, Heinrich Meyer, Hans Coopmann, und Peter Buch. Nach 1701 werden Höfe zusammengelegt.

1661 ist besonders hohes Wasser in der Teldau. Es wird die Deicherhöhung erwogen. Der Boizenburger Amtshauptmann Ernst von Schack lehnt die Erhöhung ab, da kein Deichbruch und keine Überströmung der Deiche stattfand, sondern Stauwasser der Grund für die Schäden war.

1656 fordern die Sumter die Niendorfer auf, ihre Deiche Siele und Gräben wieder instand zu setzen. Anderenfalls wollten sie HW-Schäden von ihnen ersetzt haben. Diese sahen sich nicht in der Lage die Kriegsschäden auf ihre Kosten zu beseitigen.

Erster nachweisbarer Deichbruch 1670/71. 1671 wird Niendorf stark in Mitleidenschaft gezogen.

Die Domanialverwaltung erhöht die Deiche in der Teldau.

1748 erste Deichschauen

1774 Die Niendorfer wollen durch eine Schöpfmühle ihre Ländereien entwässern, da lange andauerndes Elbhochwasser die Entwässerung durch die Siele nicht zuließ. Die Pläne werden nicht realisiert.

1775 Deichbruch bei Blücher (oder wohl Timkenberg ?)

1776 Deichbruch bei Bleckede

2./3.Mai 1784 Deichbruch bei Teschenbrügge. Niendorf und die Teldau werden in Mitleidenschaft gezogen.

1799 Deichbruch bei Timkenberg

1804 Vorwürfe der Krusendorfer an Niendorf wegen mangelhafter Deichinstandhaltung

1805 Wassernot durch Deichbruch in der Teldau

1809 werden Niendorfer zur Deichschau eingeladen. Sie verweigern sich aber.

1814 großer Deichbruch bei Niendorf

1815 andauerndes Sommerhochwasser

Dann gibt es eine Beschwerde des königlich hannoverschen Amtes Neuhaus wegen des schlechten Zustandes der Niendorfer Deiche. Bemängelt wird die fehlende landesherrliche Aufsicht. Die Niendorfer wollen sich beteiligen, wenn die „Größenverhältnisse“ der Deiche beibehalten bleiben. Der Boizenburger Amtsverwalter Neumann entwirft ein „Regulativ wegen der künftigen Aufsicht auf die verbundenen Sude- und Krainke-Deiche des domanialen Anteils in der Teldau und der ritterschaftlichen Güter Timkenberg, Teschenbrügge, Steder und Niendorf“ Für den Entwurf gibt es „lobende Anerkennung Allerhöchsterseits“, aber trotzdem verläuft alles im Sande.

Frühjahr 1827: Ein Deichbruch im Amt Neuhaus setzt Niendorf und Teschenbrügge unter Wasser. Die Niendorfer bitten um Erlass der Kontribution, da die Wintersaat vernichtet war und die Sommersaat wegen der Verschlämmung der Böden keinen Ertrag brachte.

1828 gibt es Klagen des Teldauer Deichvogts über den schlechten Zustand der Niendorfer Deiche. Eine Kommission ermittelt den Deichzustand oberhalb des Dorfes als gut, unterhalb bis zur Besitzer Grenze als unzureichend, bis zur Timkenberger Grenze als völlig unzureichend (zu schwach, vorhandene Auskolkungen). Von den Niendorfern wird Kostenbeihilfe vom Landesherrn gewünscht.

1830 Deichbruch in der Teldau, Niederung unter Wasser.

Ein Kommissionsprotokol vom l5.Oktober 1831 stellt fest, „daß die Deiche in Niendorf nach und nach entstanden sind“ und „Auch haben die Miteigentümer sich weder früher, noch bis dahin verpflichtet gehalten, selbige unbedingt zu unterhalten oder gar in einen besseren Stand zu setzen. Gutswegen wolle man in dieser Beziehung auch keinem Deichverbande angehören, und eine ähnliche Verpflichtung auch gegenwärtig nicht übernehmen.“ Die Regierung ist jetzt nicht abgeneigt zur „Beihülfe“. „Die Anfertigung eines technisch geprüften Planes zur gehörigen Herstellung und Erhaltung der Deiche wird angeordnet und Beamte zu Boizenburg angewiesen, die Niendorfer zu einem Deichverbande zu veranlassen und neue Verhandlungen zu eröffnen.“ Schulze Greve und Miteigentümer Timmermann und Joachim Heinrich Greve akzeptieren den Kostenvoranschlag von 5639 Taler, wenn die Kosten mindestens zur Hälfte durch eine Beihilfe gedeckt werden. Die Dorfsversammlung lehnt aber ab, dass die Deiche auf die Höhe der Teldauer erhöht werden und Niendorf dem Deichverband beitritt. Landespolizeiliche Möglichkeiten lassen auf Grund der ständischen Verfassung Mecklenburgs keinen Durchgriff zu.

1838 erneut verheerende Überschwemmung in Niendorf und Teldau, neue Lokalbesichtigung.

1841 gibt es einen erneuten Versuch über die Boizenburger Beamten, die den Amtslandreiter nach Niendorf schicken, Niendorf für einen Deichverband zu gewinnen. Die Niendorfer verharren aber auf dem auf alten Standpunkt.

1845 HW und Deichschäden in Teldau

1855 höchstes HW seit Menschengedenken. Jetzt werden Landesmittel zur Deichinstandsetzung bewilligt. Eine Deichstrecke wird begradigt.

1862 Bruch des Niendorfer Krainke-Deiches. Die Schleuse wird fortgerissen. Auch dieses Mal setzt sich Regierung nicht gegen den Niendorfer Widerstand durch.

1876, und 1882 weitere größere HW-Schäden

1888 großes HW durch Deichbruch bei Darchau. Nach dem Deichbruch bei Soltow (binnenseitiger Wasserdruck) wird die Wiederherstellung mit Landesmitteln von der Unterwerfung unter die staatliche Kontrolle abhängig gemacht. Die Vorderhäger Vereinbarung vom 21. August 1888 setzt dieses durch. Die Gemeinde Teldau, der Gutsbesitzer Zarnekow aus Timkenberg und die Miteigentümer aus Steder-Niendorf verpflichten sich den wiederhergestellten Deich in tadellosem Zustand zu halten und zweimalig jährliche Deichschauen unter Leitung einer Kommission des Ministeriums des Innern zu akzeptieren, deren Kosten die Regierung trägt.

1895 nochmaliges großes HW. Danach erfolgt eine Deicherhöhung und –verstärkung in Niendorf und Teschenbrügge. Landesmittel 5000 Mark.

Am 28.1. 1920 kommt es zu einem Deichbruch bei der Neuhäuser Domäne Gülze an dem Siel am Knickgraben. In der Folge kommt es zu einer Regulierung der Grenze zwischen dem mecklenburgischen Niendorf und den hannoverschen Orten Neuhaus und Dellien.

Im Frühjahr 1940 tritt ein extremes Hochwasser auf. Dabei bleibt Niendorf selbst verschont, aber die am anderen Krainkeufer befindliche Ziegelei Preten wird überschwemmt.

In den Fünfziger Jahren treten zweimal (1954, 1958) im Juni größere Sommerhochwässer auf, die Teile der Ernte durch Stauwasser vernichten. Beim Schöpfwerk Bleckeder Holz kann ein Deichbruch 1958 gerade noch verhindert werden.

Das Pumpschöpfwerk Niendorf (Quelle: Dieter Greve)

In den Jahren 1958 bis 1963 werden als Folgemaßnahmen zum Bau der Elbstaustufe bei Geesthacht, die zum Rückstau in der Elbe bis in unser Gebiet führen sollte, Hochwasserschutzanlagen gebaut. Dazu werden die Deiche erhöht und verstärkt, teilweise auch neue Deiche gebaut. In 16 Poldern zwischen Horst, Boizenburg und Neuhaus werden die Entwässerungsanlagen ausgebaut und Schöpfwerke errichtet. Dabei erhält Niendorf das größte dieser Schöpfwerke, das 1963 in Betrieb genommen wird. Es soll bei Hochwasser der Elbe, das gesamte Wasser der Krainke in den Unterlauf der Krainke pumpen und ist deshalb mit einer Pumpenleistung von 11,4 Kubikmeter je Sekunde bestückt. Für den Bau des Schöpfwerkes wird mit einem Deich der Niendorfer See durchschnitten. Während der obere Teil als Mahlbusen das ankommende Wasser sammelt, dient der untere Teil als Tosbecken in dem sich das Wasser beruhigen kann.

Weitere größere Hochwässer, die aber in Niendorf keine außergewöhnlichen Auswirkungen haben, treten in den Wintern 1974 und 1975 sowie im März 1981 und im April 1988 auf.

Einen ungewöhnlichen Verlauf hat das Sommerhochwasser im August 2002. Nachdem im mitteldeutschen Raum an Elbe und Mulde und ihren Nebenflüssen katastrophale Schäden aufgetreten waren, waren bei den Verantwortlichen in den Verwaltungen der Landkreise Lüneburg und Ludwigslust die Befürchtungen vorhanden, dass es zu ähnlichen Auswirkungen auch an der Elbe im Sude/Krainkegebiet kommen könnte. Deshalb wurden ungewöhnliche Sicherheitsmaßnahmen ergriffen, u.a. die Sicherung tief gelegener Wohnhäuser mit Sandsäcken, Aufstellung von Evakuierungsplänen und Durchführung von vorbeugenden Evakuierungen. Bei Neu Garge konnte ein Deichbruch gerade noch verhindert werden. In dieser Situation bewährten sich Solidarität und Zusammenarbeit der Niendorfer Einwohner. Zu größeren Schäden ist es unmittelbar nicht gekommen. Jedoch waren die mittelbaren Schäden durch Evakuierungen der Rinderbestände erheblich.


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