"Die große Flut"
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- Am 10/11.Februar 1625 suchte eine der größten Flutkatastrophen auch Warnemünde heim.
- (Autor: Wilfried Steinmüller)
- Im November des Jahres 1872 erlebte die südliche Ostseeküste eines der größten Hochwasser-Ereignisse in der jüngeren Vergangenheit.
- Von vielen, wie zum Beispiel in den Büchern von Käthe Miethe und Friedrich Spielhagen, auch als die „Große Flut“ bezeichnet.
- Genau genommen gehört sie sicher zu den ganz Großen und sie ist eben die erste Flutkatastrophe die auf wissenschaftlicher Grundlage aufgezeichnet worden ist.
- Nachrichten vorangegangener Flutkatastrophen an den Küsten Mecklenburg-Vorpommerns finden wir besonders in Klosterchroniken (Grobe/Pudagla auf Usedom, Eldena/Mönchgut, Kloster/Hiddensee) aber auch bei den Chronisten der großen Küstenstädte.
- Es ist mühsam hier diese Mosaiksteinchen in den alten Dokumenten zu finden und so wird ihnen oft keine angemessene Beachtung geschenkt.
- 1304 soll eine Sturmflut das Neue Tief südlich der Halbinsel Mönchgut geschaffen haben.
- Der Stralsunder Chronist Johann Berckmann schreibt dazu: „Item anno 1300 und 4 iß dat Nyedep vor dem Sunde uth middel eines stormes gekamenn.“
- Aufgezeichnete Spuren dieser „Allerheiligenflut“ finden sich auch in der Doberaner Klostergeschichte sowie in den Aufzeichnungen des Klosters Maria Himmelszinnen in Marienehe. Hier wird über die Überflutung der Hundsburg-Insel im Unterlauf der Warnow berichtet.
- Einige Quellen verlegen dies Allerheilgenflut auch in das Jahr 1307, so daß nicht auszuschließen ist, daß es zwei Jahrhundert-Hochwasser kurz auf einander folgend gegeben hat oder bei einigen Chronisten versehentlich eine Differenz von drei Jahren entstanden ist.
- Die Sturmflut vom 10./11. Februar 1625 ist die erste, in der Überlieferung häufig als die „Große Wustrower Wasserflut“ bezeichnet, von der sehr umfangreiche schriftliche Nachrichten vorliegen.
- In der Chronik der Rostocker Heide steht zu lesen:
- „Den 10. Febr. 1625 stand der Wind von Morgen bis Mittag südlich und es war stilles Wetter, als plötzlich um 8 Uhr vormittags die Ostsee so stark in die Warnow drang daß ohnerachtet der Windstille die derzeit vorhanden sieben Strandbrücken und das ganze Warnowufer bis an die Strandthore zur Überraschung der Meteorologen und Seefahrer überschwemmt wurde.
- Es herrscht bekanntlich in der Ostsee keine bemerkbare regelmäßige Ebbe und Fluth, jedoch verändert sich der Wasserstand zuweilen in der Art, daß die sonst niedriger liegende Ostsee in den Warnow Fluß eintritt oder wie man sagt der Strom einläuft, welches gewöhnlich bei Nordost oder Nordwind der Fall ist.
- Es vermutheten daher die Schiffer daß ein Sturm aus Nordost im Meere herrschend sey, und diese Vermuthung ward bald zur Gewißheit.
- Mittags um ein Uhr trat ein Orkan ein, mit Schnee, Hagel und Regen verbunden.
- Zuerst kam der Wind aus Osten, dann drehete er sich nach Nordosten.
- Es stürmte den Nachmittag und die ganze Nacht hindurch bis am Morgen den 11. Febr.
- Die Warnemünder sahen das Meer in einer so heftigen Bewegung, daß sie die Wellen mit Wasserbergen verglichen, die bis an die Wolken reichten, daß es anzusehen gewesen, als wenn die See die ganze Erde verschlingen wollen.
- Der Sturm war so heftig, daß Reisende weder fahren noch gehen noch stehen konnten, und sich bei den Schneewirbeln auf die Erde niederwerfen mußten um athmen zu können.
- Da schönes warmes Wetter voraufgegangen war, so wirkte die eingetretene eisige Kälte so stark auf den menschlichen Körper, daß mehrere Menschen erstarreten und verhindert wurden sich von dem überschwemmten Lande zu retten.
- Die Fluth erreichte abends 5 Uhr bei Rostock den höchsten Stand, und blieb bis Nachts 2 Uhr also 9 Stunden in dieser Höhe, welche den mittleren Waßerstand 14 Fuß (rund 4,60m) überstiegen hatte.
- Nach 2 Uhr sank das Wasser, stieg aber am 14. Februar bei gemäßigterem Sturm fast bis zu derselben Höhe.
- Dies Unwetter traf mit gleicher Wasserhöhe auch Greifswald, Stralsund, Wismar und Lübeck.
- Die Folgen dieser Sturmflut waren schrecklich.
- In und um Rostock fand man nach Ablauf des Waßers, daß der Hafen selbst fahrbar geblieben, daß, aber die Waßerwerke, woran man über 20 Jahre gearbeitet, sehr ruinirt waren.
- Die Dünen, an deren Erhaltung man derzeit erhebliche Kosten verwandt hatte, waren vom Stromgraben bis Warnemünde und von hier bis Diedrichshagen vom Meerwaßer überstiegen, zerrißen und niedergestürzet.
- Die von Eichenholz mit starken eisernen Klammern verbundenen und mit großen Steinen beschwereten Kisten, sowohl am Meer als im Hafen und am Breitling waren gänzlich umgestürzet, die Steine ins Waßer gefallen, jedoch ohne das Fahrwaßer zu verschütten, das Kistenholz war zerbrochen, gänzlich weggeschwemmt und auf die Ufer von Marienehe und Bramow geworfen.
- In der Rostocker Heide waren eine große Menge Eichen, Buchen, Kiefern pp. umgeworfen. Die Dörfer Schmarl, Lütten und Großen Klein, Marienehe, Redewisch pp. hatten an Häusern, Scheunen, Ställen Obstbäumen pp. sehr gelitten.
- Mehrere Gebäude waren umgestürzt und weggeschwemmt, viel Vieh ertrunken, Acker und Hausgeräthe weggetrieben.
- In dem Stadt Dorf Mohr, vermuthlich dem im Walde gelegenen Moorhof, welcher jetzt nicht mehr existirt aber auf die Reiter Charte bemerkt stehet, sind einige Pferde und Ochsen ertrunken.
- Die Menschen haben sich auf den Boden gerettet und dort drey Tage ohne Speise geseßen.
- Wie weit das Waßer in die Heide vorgedrungen ist nicht bemerkt worden, nach einer mündlichen Tradition soll es in Niedrigungen bis Blankenhagen vorgerückt seyn.
- Im Flecken Warnemünde sind von 150 Häusern 74 sehr beschädigt worden.
- Die Wände sind ausgefallen und nur die Ständer stehen geblieben.
- Alle Kisten, Betten, Bettstellen, Tische, Schränke pp. sind von den Fluthen weggerißen, 18 Häuser aber an der Nordseite bei der Laterne, gänzlich über den Haufen geworfen.
- Die steinerne Kirchhofs Mauer ist niedergestürzt, in der Kirche das Waßer drei Fuß hoch gestanden und durch die Vogtei hat man mit Böthen fahren können. :Bei dieser Überschwemmung ist eine wohlbetagte Witwe, die ihr Häuslein nicht verlassen wollen im Wasser erfrohren.
- Die beiden aeltesten Bürgermeister Tancke und Schütte haben am 12. Febr. den Schaden in Warnemünde in Augenschein genommen und sich die Klagen der Warnemünder, denen von ihren geborgenen Sachen noch manches weggestohlen worden, vortragen laßen.
- Alle im Hafen gelegenen Schiffe, mit Ausnahme von zweien sind losgerißen, aneinander und gegen die Häuser geschleudert worden.
- Mehrere sind zertrümmert, 18 haben auf trockenem Boden vor den Häusern und der Voigtei gestanden, unter diesen ein Schiff von 100 Last mit voller Ladung, zwei Schütten hat man auf den Wiesen bei der alten Warnow gefunden.“
- So weit die Aufzeichnungen aus alten zeitgenössischen Dokumenten, von denen es ganz sicher noch viele Weitere wiederzuentdecken gibt.
- Unsere Altforderen haben sie einst sicher auch schriftlich festgehalten, damit wir noch Generationen später unsere Lehren daraus ziehen können.