Flurnamen der Gemarkung Clausdorf=Garvensdorf: Unterschied zwischen den Versionen

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Durch die Geschichte sind die Orte Garvensdorf und Clausdorf eng verbunden.  Dies spiegelt sich auch in den Kartendarstellungen wieder, die oft beide Gemarkungen zusammen darstellen, so etwa die Direktorielvermessung die in der Gemarkung durch durch den Dobbertiner Ingenier F. von See in den Jahren 1767 und 1768 geleitet und ausgeführt wurde.  Die Ergebnisse sind in der Direktorialvermessungskarte von 1768 eingeflossen und wurden dann auch in das Wiebekingsche und Schmettausche Kartenwerk übernommen.
 
Durch die Geschichte sind die Orte Garvensdorf und Clausdorf eng verbunden.  Dies spiegelt sich auch in den Kartendarstellungen wieder, die oft beide Gemarkungen zusammen darstellen, so etwa die Direktorielvermessung die in der Gemarkung durch durch den Dobbertiner Ingenier F. von See in den Jahren 1767 und 1768 geleitet und ausgeführt wurde.  Die Ergebnisse sind in der Direktorialvermessungskarte von 1768 eingeflossen und wurden dann auch in das Wiebekingsche und Schmettausche Kartenwerk übernommen.
  
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Version vom 28. Juni 2018, 17:01 Uhr

Zur Bedeutung der Flurnamen und ihrer Erforschung

Dieter Greve schreibt dazu:

Flurnamen gehören zu den Toponymen. Das sind Bezeichnungen für topographische Gegenstände, zu denen außer den Flurnamen beispielsweise die Landschafts-, die Orts- und die Gewässernamen zählen. Flurnamen benennen und beschreiben als Mikrotoponyme kleinräumige Landschaftsteile, die allgemein landwirtschaftlich oder forstwirtschaftlich genutzt werden. Sie beschreiben in gewisser Weise die Landschaft. In dieser Arbeit sollen auch die Namen der Gewässer und solche in den Binnen- und den Küstengewässern behandelt werden. Die Flurnamen sind ein wichtiges Kulturgut. Ihre Entstehung geht auf den Beginn der menschlichen Tätigkeit zurück. Bereits die Sammler und Jäger werden die Flurelemente benannt haben, um sich bei ihren Streifzügen hinsichtlich der Örtlichkeiten verständigen zu können. Als die Menschen zum Ackerbau und zur Viehzucht übergingen, war die Notwendigkeit der Benennung der einzelnen Flächen umso notwendiger. Somit haben von vornherein die wirtschaftlichen Notwendigkeiten zur Bildung von Flurnamen geführt. Ähnlich verhält es sich mit Bezeichnungen für die unmittelbare Lebensumwelt des Menschen in den Städten und Dörfern, die häufig zu Straßen- und Platznamen geworden sind. Das schließt nicht aus, dass auch topographische Elemente aus nichtrationalen Gründen benannt wurden. Als Beispiele sollen dafür die zu der Zeit der Benennung nicht bestiegenen Berge des Hochgebirges genannt werden, die aus rein ideellen Gründen benannt wurden.

Die Flurnamen spiegeln somit ein Stück der volkskundlichen Überlieferung eines Territoriums wider. In vielen Fällen erinnern sie an historische Ereignisse, häufig in der Form von Sagen, die mit den Flurnamen verbunden sind. Sie liefern uns Erkenntnisse

  • über die Besiedlung des Landes und die Herkunft der Siedler,
  • über die geologischen und geomorphologischen, sowie klimatischen Bedingungen,
  • über die topographischen und die ökologischen Bedingungen während der Landnahme,
  • zur Pflanzen- und Tierwelt im Laufe der Geschichte,
  • über die Bewirtschaftung der Flächen zu unterschiedlichen Zeiten und die damit verbundenen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen,
  • über historische Ereignisse,
  • über untergegangene Siedlungen und Bauwerke,
  • über die Mythologie,
  • und nicht zuletzt auch über die Entwicklung der Sprache der jeweiligen Region.
  • Auch zur Genealogie der Bauerngeschlechter finden sich Hinweise.

Die Entstehung unserer Flurnamen in Mecklenburg-Vorpommern wird im Wesentlichen auf die Zeit der deutschen Ostkolonisation zurück gehen. Ein nicht unwesentlicher Teil wird jedoch von den hier zuvor siedelnden slawischen Stämmen übernommen worden sein. In geringerem Umfange sind aus den vorslawischen Zeiten indogermanische und germanische Toponyme tradiert worden. Das betrifft insbesondere auf die Namen der Gewässer, speziell der Flüsse zu. Wirtschaftliche Veränderungen brachten in der Folge die Notwendigkeit der Bildung neuer Flurnamen mit sich, was dann den Untergang bisheriger Bezeichnungen nach sich zog. Die ältesten Flurnamen sind uns aus der Zeit der beginnenden schriftlichen Überlieferung aus alten Urkunden bekannt. Das konnte natürlicherweise keine flächendeckende Überlieferung zur Folge haben. In Kirchenvisitationsprotokollen, Lehnurkunden usw. findet sich eine Reihe von Flurnamen, jedoch ohne Darstellung in Karten. In Bonitierungsregistern ist um die Wende zum 18. Jahrhundert eine Vielzahl von Flurnamen überliefert. Diese sind aber nur teilweise kartographisch dargestellt, wie in Vorpommern, dem historischen Amt Neukloster und der Insel Poel in den schwedischen Matrikelkarten. In Mecklenburg ist die Direktorialvermessung 1768 bis 1780 eine der ersten Quellen, die sowohl kartographisch als auch in Registern die Flurnamen nennt, nachdem die Karten (Brouillons) der Bonitierung und Vermessung im Domanium 1701f. nur teilweise archiviert wurden.

In den Zeiten, in denen der Ackerbau die wichtigste Tätigkeit der ländlichen Bevölkerung, aber auch eines großen Teils der Bewohner der Städte, insbesondere der so genannten Ackerbürger bildete, lebten die Flurnamen so wie gegenwärtig die Straßennamen in der Bevölkerung, dienten der Identitätsbestimmung von Teilen der Fluren. Teil dieses Lebens mit der volkskundlichen Überlieferung war die ständige Weiterentwicklung des Namensgutes in Abhängigkeit von wirtschaftlichen, aber auch sprachlichen Veränderungen. Das führte zu Entwicklungen, die den Ursprung der Namen häufig kaum noch oder gar nicht mehr erkennen lassen. Verbunden mit der Weiterentwicklung der Flurnamen war der Untergang einer Vielzahl von ihnen, aber auch die Neubildung.

Mit dem Prozess der Lösung vom Boden und der Migration fremder Bevölkerungsteile in die früher sehr homogene, bodenständige Einwohnerschaft, gerieten mit den bäuerlichen Traditionen auch die Flurnamen immer stärker in Vergessenheit. In den Dörfern und Städten wurden die Flurnamen auf Grund der Bebauung vorher landwirtschaftlich genutzter Flächen nun nicht mehr benötigt. Nur teilweise leben sie in Straßen- und Stadtteilnamen fort. Auch dabei gab es im wechselhaften Verlauf der Geschichte häufige Umbenennungen, die den Prozess des Vergessenwerdens beförderten. Aber der Übergang zur großflächigen Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Areale in den letzten Jahrzehnten führt in weitaus dramatischerem Umfange zum Vergessen der Flurnamen, die zur Kennzeichnung der kleinen bäuerlichen Flächen notwendig waren. Im Extrem erhalten die Flächen gegenwärtig nur noch Schlagnummern.

Um dem Vergessenwerden entgegen zu wirken, ist es erforderlich, Inventare der überlieferten Flurnamen in den Territorien anzulegen. Einen Anfang dafür können die Sammlungen bilden, die die Ortschronisten für die Chroniken anlegen. Zur Herkunft der Begriffe und zu deren sprachlichen Entwicklung (Etymologie), sowie zur Deutung der Flurnamen auf Grund des semantischen Inhalts ihrer Elemente, auch unter Berücksichtigung ihrer Kombination zu Komposita (Zusammensetzungen) sollen die nachstehenden Ausführungen eine Hilfe sein. Trotz der Vielzahl der ausgewerteten Belege wird es immer noch Flurnamenelemente geben, die in dieser Arbeit nicht berücksichtigt werden konnten. Für diese Arbeit wurden sowohl eigene Sammlungen im südwestmecklenburgischen Raum, das betrifft die Ämter Boizenburg, Wittenburg, Zarrentin und Stralendorf, das Stadtgebiet Schwerin sowie das Lewitzgebiet, als auch die Sammlungen anderer Autoren verwendet. Dabei sind vor allem zu nennen: Werner ZÜHLSDORFF für den Raum Parchim, Grabow, Dömitz und Lübtheen, Walter NEUMANN für das historische Amt (Kreis) Grevesmühlen, Robert HOLSTEN für Vorpommern insgesamt, Fritz KOHLS für den historischen Kreis Grimmen, Heinrich BOSSE für die Ueckermünder Heide, Herbert EWE für die Insel Rügen. Einzeldarstellungen stammen von Wolfgang SCHIMMEL für Neukalen, Schlakendorf und Schorrentin, Burghard KEUTHE für das Stadtgebiet Parchim und das Gebiet des Naturparks Schwinzer Heide, Horst BURMEISTER für Warsow bei Neukalen, Fred BECKENDORF für Techentin und Umgebung. Diese Sammlungen wurden ergänzt durch Recherche in den Karten der schwedischen Matrikeln, den Karten von WIEBEKING und SCHMETTAU, landesweit in den historischen Messtischblättern, sowie in weiteren Arbeiten zu Flurnamen im Schönberger Land (Fritz BUDDIEN) und dem Kirchspiel Zittow (Edmund ALBRECHT). Für die etymologischen und die semantischen Darstellungen wurde vor allem auf KLUGE 1999, NEUMANN 1932, CLAUSEN 1952, WOSSIDLO/TEUCHERT 1996 und HERRMANN-WINTER 1985 zurück gegriffen, für die Auswahl der Lemmata (Stichworte), soweit sie sich nicht aus den Flurnamensammlungen ergeben haben, ergänzend auf NEUMANN und CLAUSEN. Es wurden auch Lemmata aufgenommen, für die keine Belege gefunden wurden, aber wahrscheinlich solche vorhanden sind.

Garvensdorf in Kartendarstellungen

Flurnamen in der Gemarkung Clausdorf=Garvensdorf

Durch die Geschichte sind die Orte Garvensdorf und Clausdorf eng verbunden. Dies spiegelt sich auch in den Kartendarstellungen wieder, die oft beide Gemarkungen zusammen darstellen, so etwa die Direktorielvermessung die in der Gemarkung durch durch den Dobbertiner Ingenier F. von See in den Jahren 1767 und 1768 geleitet und ausgeführt wurde. Die Ergebnisse sind in der Direktorialvermessungskarte von 1768 eingeflossen und wurden dann auch in das Wiebekingsche und Schmettausche Kartenwerk übernommen.

Datei:Garvensdorf-Messtischblatt.jpg
Garvensdorf mit Umgegend auf den Messtischblättern #666 und #667
Nummer Flurname Lage Typ Anmerkung
1 in der adebars hörn [w] SW Adebar als alternative Bezeichnung des Storch deutet
2 backenberg N
3 blocksberg O
5a bohnwisch S
5b börnung [wl] S kann sowohl auf eine Quelle wie auf eine kleines Gewässer hindeuten, dass als Tränke diente, hier wohl letzteres
8 auf der burgstedt [a] W
11 in der dornkp [a] NW
12a ehmckenhorst [sf] S ehmk, ndt. für Ameise; soviel wie Ameisenhügel
14 auf dem faulenblock [a] W
15 in dei fetthorn [w] SW
16 fiskesoll W
17 Friedrichstorffer holz W
18 galgenberg [a] W
19 granberg SW
20 in hauffschlag [h] W
21 hauwes brock [brw] W
22 hellberg SW
23 hechtpaul N
25a hoppesberg [a] S
25b hoppenwisch N
29 gr kreienberg O
30 l kreienberg N
31 küsterwisch W
32 lausebusch S
34 pfankoppel [a] S
37 rickmannswisch S
40 pägenwiese[?] S
41 schelpsoll S Schelp ndt. für Schilf; ein mit Schilf bestandenes Kleingewässer/Soll
42 schmiedeberg [a] W
43 schniederwischen O Wisch mdt. für Wiese; offensichtlich eine vom Schneider genutze Wiese
44 schwartze pohl [wl] NW
45 siewersberg W
46 sühring [w] NW eventuell Hinweis auf das Auftreten des Sauerampfers oder generelle sauren Boden
47 up'n sühringsberg Sw
48 in der stirs [br] W
49 stubbenberg [a] W Hinweis auf nach der Rohdung verbliebene Baumstümpfe, Stubben
50 l stubbenberg [a] W siehe #49
51 in der stubbenwisch W siehe #49
52

Die Flurnamen entstammen der Karte der Direktorialvermessung des Ritterschaftlichen Amtes Bukow von 1768 (Landeshauptarchiv, Bestand 2.22-5, Direktorialvermessungs- und Bonitierungskommission, Sign. 26). Zum Teil wurden sie ergänzt um Angaben aus der Liste der Flurnamen, die sich im Wossidlo-Archiv in der Bestandsgruppe ZAW unter AIII-15-15-2.1 und AIII-15-15-2.2 findet. In der Bestandsgruppe FNA (Flurnamenarchiv, dem Bestand der Flurnamenkommission) ist nichts auffindbar. Das zugehörige Messtischblatt #2036 Kirch-Mulsow ist im Bestand leer und wohl nicht ausgereicht.

Die Abkürzungen gr und l (als Präfix) weisen auf niederdt. grot [gross] und lütt [klein] hin. Anmerkungen in der Form [a], [br], [brw], [sf] sowie [wl] sind Verweise Richard Wossidlos auf die Herkunft (slawisch, wendischen Ursprungs) oder Überlieferungen in Sagen, Bauernregen usw.

Häufig vorkommende Bestandteile von Flurnamen

Barg; in der niederdeutschen Sprache die Bezeichnung für eine Anhöhe oder Berg

Born, Börn auch Börm, Börnung, Börning; bezeichnet allgemein eine Quelle, oft in Verbindung mit einem Bestimmungswort, etwa Bornholtz. Kleine Gewässer, die als Tränke für Pferde und Rinder dienten, werden auch als Börn oder Börnung bezeichnet.

Bäk, Bäke; kleines fliessendes Gewässer

Brauck, Brock, Brack, Braak; Bezeichnung für Bruchwälder und Moore, etwa ndt. Ellernbraak, hdt. Erlenbruch

Brink; Flächen mit [all]gemeiner Nutzung, etwa Grasflächen die u.a. mit Katen für die Dorfarmen bebaut wurden (Armenklaten, Hirtenkaten, Brinksitter), auch Bezeichnung für den Dorfanger, ebenso aufgrund der gemeinen Nutzung als Freiheit benannt.

Horst, ndt. de Höst (Host); ursprünglich auch kleine Gehölze, so etwa in der Lewitz

-hörn, -horn; Winkel, Landzunge, die in einen See, ein Moor oder tiefer gelegene Fläche ragt

Hude; extensiv genutzte Wiedeflächen

Kamp; Bezeichnung für Flächen, die allgemein von der Nachbarschaft genutzt wurden, miest durch Dorfbewohner, die kein Hufenland hatten.

Koppel; meist Weide, teilweise auch Ackerflächen, oft mit Hecken eingefriedet.

Knick; Wallhecke

Sohr, Söhring, Sühring; sohr ndt. für trocken, aber auch sur, sühr ndt. für sauer

Soll; im engeren Sinne (nach Geinitz) eiszeitlich entstandene Restlöcher, allgemein jedoch für kleine Gewässer

Wisch; ndt. für Wiese