Die Geschichte von Doberan als Chronologie: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Alltag unterm Hakenkreuz (Teil 3) OZ, 2.1.1993'''''(Brennende Fackeln im Januar 1933)''
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'''Alltag unterm Hakenkreuz (Teil 3) OZ, 2.1.1993'''
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''* Brennende Fackeln im Januar 1933''
 
* 31. Januar 1933. Der „Niederdeutsche Beobachter" meldet: „Mecklenburg jubelt! Regierung und Volk bekennen sich zum neuen Führer des Reiches-Huldigungstelegramme  „ Machtvolle Kundgebungen im Gaugebiet''. Punkt 1 auch der Tagesordnung der Doberaner Stadtverordnetenversammlung: „Ehrung des zum Reichskanzler ernannten Ehrenbürgers der Stadt Adolf Hitler“.
 
* 31. Januar 1933. Der „Niederdeutsche Beobachter" meldet: „Mecklenburg jubelt! Regierung und Volk bekennen sich zum neuen Führer des Reiches-Huldigungstelegramme  „ Machtvolle Kundgebungen im Gaugebiet''. Punkt 1 auch der Tagesordnung der Doberaner Stadtverordnetenversammlung: „Ehrung des zum Reichskanzler ernannten Ehrenbürgers der Stadt Adolf Hitler“.
 
* Auch die Ortsgruppe der NSDAP in Bad Doberan begrüßte die „nationale Wende". Gemeinsam mit dem SA-Sturm 21/90 setzte sie einen Fackelzug an. Er formierte sich am Abend vor dem „Lindenhof“. Jungvolk, Hitlerjugend und NS-Frauenschaft waren zur Stelle. Mit der Stadtkapelle und dem Satower SA-Spielmannszug an der Spitze, wälzte sich der Zug durch die Straßen der Stadt. In der Regionalpresse stand: „Überall hatten sich zahlreiche Menschen angesammelt, die den Fackelzug begeistert begrüßten". Vor dem Kriegergedenkstein 1870/71 dann die "packende Ansprache" des Ortsgruppenleiters der NSDAP, die in ein „Sieg heil!" ausklang.
 
* Auch die Ortsgruppe der NSDAP in Bad Doberan begrüßte die „nationale Wende". Gemeinsam mit dem SA-Sturm 21/90 setzte sie einen Fackelzug an. Er formierte sich am Abend vor dem „Lindenhof“. Jungvolk, Hitlerjugend und NS-Frauenschaft waren zur Stelle. Mit der Stadtkapelle und dem Satower SA-Spielmannszug an der Spitze, wälzte sich der Zug durch die Straßen der Stadt. In der Regionalpresse stand: „Überall hatten sich zahlreiche Menschen angesammelt, die den Fackelzug begeistert begrüßten". Vor dem Kriegergedenkstein 1870/71 dann die "packende Ansprache" des Ortsgruppenleiters der NSDAP, die in ein „Sieg heil!" ausklang.
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* Das erste Jahr unter Hitler  
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* ''Das erste Jahr unter Hitler''
 
* „Mecklenburg wird dann erst frei, wenn Du wählst die Liste 3" - mit dieser Parole war die NSDAP zu den Landtagswahlen 1932 angetreten. Wie sah nun die neue Freiheit aus? Manche ältere Bürgerinnen und Bürger aus Bad Doberan erinnern sich: Es ging für viele wieder aufwärts. Ein Arbeitsbeschaffungsprogramm brachte 250 Arbeitslosen Lohn und Brot. In Notstandsarbeiten pflasterten sie z. B. die Alexandrinen- und Hindenburgstraße und gaben dem Stadtgut Kammerhof, dem Rathaus und der Stadtschule ein neues Aussehen. Baugewerbe und Wirtschaft florierten durch Reichszuschüsse. Die Sparkasse, durch einen Neubau erweitert, gewährte wieder Darlehen, Hypotheken und Zwischenkredite. Hatten die Spareinlagen der Bevölkerung Ende 1932 noch 183 000 Reichsmark betragen, so stiegen sie bis Ende 1933 auf 294 000 Reichsmark an. Die Schulabgänger hatten wieder eine Perspektive, so die 18 Lehrlinge, die im April an der Gewerbeschule ihre Gesellenprüfung ablegten.
 
* „Mecklenburg wird dann erst frei, wenn Du wählst die Liste 3" - mit dieser Parole war die NSDAP zu den Landtagswahlen 1932 angetreten. Wie sah nun die neue Freiheit aus? Manche ältere Bürgerinnen und Bürger aus Bad Doberan erinnern sich: Es ging für viele wieder aufwärts. Ein Arbeitsbeschaffungsprogramm brachte 250 Arbeitslosen Lohn und Brot. In Notstandsarbeiten pflasterten sie z. B. die Alexandrinen- und Hindenburgstraße und gaben dem Stadtgut Kammerhof, dem Rathaus und der Stadtschule ein neues Aussehen. Baugewerbe und Wirtschaft florierten durch Reichszuschüsse. Die Sparkasse, durch einen Neubau erweitert, gewährte wieder Darlehen, Hypotheken und Zwischenkredite. Hatten die Spareinlagen der Bevölkerung Ende 1932 noch 183 000 Reichsmark betragen, so stiegen sie bis Ende 1933 auf 294 000 Reichsmark an. Die Schulabgänger hatten wieder eine Perspektive, so die 18 Lehrlinge, die im April an der Gewerbeschule ihre Gesellenprüfung ablegten.
 
* Es gab mitunter auch Spektakuläres. „Vatermord in Parkentin. Sohn schneidet seinem Vater die Kehle durch", lautete die Schlagzeile des „Niederdeutschen Beobachters" vom 15. April. Die Tat des 27jährigen Bauernsohnes, der seinen Vater im Streit um die Art der Aussaat umgebracht hatte, erregte vorübergehend die Gemüter. Gelassener nahm die Mehrheit die Straßenumbenennungen hin. Aus der Dammstraße wurde die Friedrich-Hildebrandt-Straße, aus der Straße am Rathaus die Hindenburg-Straße und aus dem Schulzen- der Horst-Wessel-Platz.
 
* Es gab mitunter auch Spektakuläres. „Vatermord in Parkentin. Sohn schneidet seinem Vater die Kehle durch", lautete die Schlagzeile des „Niederdeutschen Beobachters" vom 15. April. Die Tat des 27jährigen Bauernsohnes, der seinen Vater im Streit um die Art der Aussaat umgebracht hatte, erregte vorübergehend die Gemüter. Gelassener nahm die Mehrheit die Straßenumbenennungen hin. Aus der Dammstraße wurde die Friedrich-Hildebrandt-Straße, aus der Straße am Rathaus die Hindenburg-Straße und aus dem Schulzen- der Horst-Wessel-Platz.
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* Ins Visier waren die jüdischen Mitbürger geraten, die als „Sündenböcke" für nicht eingelöste Versprechen der neuen Politiker herhalten mußten. So erfolgte am 1. April in Neubukow der Boykott jüdischer Geschäfte. „Deutsche, kauft in deutschen Geschäften nur bei deutschen Fachleuten Uhren, Gold und Silberwaren", hieß es in einer Anzeige der Regionalpresse. Fritz Burchard erinnert sich in einem Brief an den Heimatforscher Walter Haak vom 7. März 1987: „Ich fühlte mich so als Deutscher, wie eben jeder andere deutsche. Die Religionsfrage wurde nie angeschnitten. Ich hatte meine Freunde und besuchte die Oberrealschule in Wismar. Anfang 1933 merkte ich, daß ich doch nicht mehr in Neubukow, vielleicht auch nicht mehr in Deutschland bleiben konnte. Plötzlich wandten sich Freunde und Bekannte von mir ab. So ging ich nach Amsterdam und bereitete meine Reise nach Brasilien vor..."
 
* Ins Visier waren die jüdischen Mitbürger geraten, die als „Sündenböcke" für nicht eingelöste Versprechen der neuen Politiker herhalten mußten. So erfolgte am 1. April in Neubukow der Boykott jüdischer Geschäfte. „Deutsche, kauft in deutschen Geschäften nur bei deutschen Fachleuten Uhren, Gold und Silberwaren", hieß es in einer Anzeige der Regionalpresse. Fritz Burchard erinnert sich in einem Brief an den Heimatforscher Walter Haak vom 7. März 1987: „Ich fühlte mich so als Deutscher, wie eben jeder andere deutsche. Die Religionsfrage wurde nie angeschnitten. Ich hatte meine Freunde und besuchte die Oberrealschule in Wismar. Anfang 1933 merkte ich, daß ich doch nicht mehr in Neubukow, vielleicht auch nicht mehr in Deutschland bleiben konnte. Plötzlich wandten sich Freunde und Bekannte von mir ab. So ging ich nach Amsterdam und bereitete meine Reise nach Brasilien vor..."
 
* Fritz Burchard hatte Glück. Für manche führte der Weg in den Holocaust. - Alltag unterm Hakenkreuz. Das Kreuz hatte viele Haken(DR. HERMANN LANGER)
 
* Fritz Burchard hatte Glück. Für manche führte der Weg in den Holocaust. - Alltag unterm Hakenkreuz. Das Kreuz hatte viele Haken(DR. HERMANN LANGER)
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'''Alltag unterm Hakenkreuz (Teil 5) OZ,16.1.1993'''
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* ''Vor jeder Schulstunde: „Heil Hitler, Herr Lehrer!“''
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* Auch an den Schulen zieht der braune Alltag ein. Schuldiener ziehen Hakenkreuzfahnen hoch und bringen an sichtbarer Stelle Porträts vom neuen „Volkskanzler“ an. Manche Lehrer tragen nagelneue braune Uniformen zur Schau. Waren es in Rostock-Stadt und Land vor dem 1. November 1932 nur 21 Lehrer, die der NSDAP angehörten, so folgen bis zum 1. Mai 1933 weitere 58, die - im Volksmund spöttisch „Märzgefallene" oder „Märzveilchen" genannt-bei der neuen Bewegung ihr Heil versuchen. Alle anderen sind gezwungen, zumindest dem Nationalsozialistischen Lehrerbund (NSLB) beizutreten. Zögernd tun das auch Mitglieder des Lehrervereins Bad Doberan, dessen liberale Traditionen bis in das Jahr 1844 zurückreichen.
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* „Heil Hitler, Herr Lehrer!" - Mit diesem Gruß betraten seit Ende Juni 1933 - noch kurz vor den 'Hundstagsferien'- 550 Schülerinnen und Schüler in Bad Doberan die Schule. Nur wenige Pädagogen, wie der Zeichenlehrer Willi Hennig-Hennings, wagten es, den Gruß zu verweigern oder ihn allenfalls anzudeuten. Doch anders dachte der Leiter der privaten höheren Knaben- und Mädchenschule zu Brunshaupten und Arendsee (heute: Kühlungsborn), die 72 Schülerinnen und Schüler aufwies, darüber. „Es ist ein herrliches Sinnbild", so notierte er in der Chronik, daß „jede Unterrichtsstunde mit Heil Hitler begonnen und geschlossen wird." Und er wertete Rituale wie „Deutscher Gruß" und „Feierliche Fahnenehrung" als „eine Mahnung an Lehrer und Schüler, daß alle Erziehung, aller Unterricht, alle Arbeit in der Schule geleistet werden muß im Dienste des Führers aus nationalsozialistischem Denken zum Wohl von Volk und Vaterland."
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* Die materielle Situation an den Schulen war nicht spürbar besser geworden. Auf den Dörfern besuchten die Schülerinnen und Schüler zumeist eine ein- oder zweiklassige, in Satow eine fünfklassige Schule. In Bad Doberan platzte die Volksschule aus den Nähten. Der Ankauf der alten Superintendentur im Jahre 1936 zum Unterbringen der Mädchenklassen erwies sich nur als Notlösung. Ähnliche Probleme hatte das Gymnasium Friderico-Francisceum. Seit Jahren mußten Unterklassen in das Prinzenpalais umgesiedelt werden. Daneben gab es für Mädchen die private höhere „Elise-Albrecht"-Schule. Volksschulabgänger konnten die Gewerbe- und Kaufmannsschule besuchen.
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* Unterdessen kam die „Gleichschaltung" in Schwung. Nach dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" vom 7. April 1933 wurden wiederholt Schulbeamte und Lehrer als Angestellte des öffentlichen Dienstes überprüft. Ins Visier gerieten diejenigen, die nach dem 9. November 1918 ihre Tätigkeit aufgenommen hatten, und die sogenannten „Nichtarier". Am 13 Juli versicherte der Rektor de Doberaner Stadtschule seiner vorgesetzten Behörde, daß die Mitglieder seines Kollegiums „durchaus die Gewähr" bieten, „jederzeit rückhaltlos für den nationalen Staat" einzutreten. Ab August hatten die Lehrkräfte eine schriftliche Erklärung nach folgendem Muster abzugeben:
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* „Erklärung - Ich erkläre hiermit an Eidesstatt, daß ich der SPD nicht vom ... bis ... als Mitglied angehöre oder angehört habe."
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* Manche fügten übereifrig, wie der Lehrer der Schule von Detershagen, hinzu, daß man „bereits mehrmals nationalsozialistisch gewählt habe" und sich „ seit Jahr und Tag nach bestem Wissen und Können bemühe, nationalsozialistisches Gedankengut zu verstehen und der deutschen Jugend zu vermitteln. " Bald waren auch die Mitglieder ehemaliger Freimaurerlogen dran. Der am Doberaner Gymnasium amtierende Oberstudienrat Helmuth Gaedt wurde aus diesem Grunde am 1. Oktober 1937 entlassen.
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* Richtungweisend für das, was im Unterricht zwischen dem Austausch des Hitlergrußes inhaltlich ablief, war Hitlers Erziehungsauftrag. Er wollte nur „Kerle statt Köpfe". Dementsprechend stand bald auf den Stundentafeln die „Leibeserziehung" oben an. An zweiter Stelle rangierten die „deutschkundlichen Fächer" (Deutsch, Geschichte, Erdkunde, Naturkunde bzw. Biologie, Zeichnen bzw. Kunsterziehung und Musik). Sie hatten zur „Entwicklung des Charakters" beizutragen. Die „wissenschaftliche Schulung" in den übrigen Fächern kam zuletzt, wobei auch hier NS-„Gedankengut" einfloß. Neue Lehrbücher erschienen, z. B.: 1934 die Fibel „Pimpf und Küken", 1935 in einer Neubearbeitung das erste Lesebuch für Mecklenburger Kinder „Heini und Lene". Ranzenträger eigneten sich hier u. a. zu einem Bild mit Hakenkreuzfahnen, marschierender SA und stramm grüßenden Passanten die Schreibweise des Hitlergrußes an. Sie buchstabierten Texte über raufendes Jungvolk, kantige Hitlerjungen und lasen Auszüge aus Führerreden. Und sie lernten Gedichte wie „Aus Jungen werden Soldaten". Eine Strophe lautete: „Ein scheckiges Pferd, ein blankes Gewehr und ein hölzernes Schwert, was braucht man denn mehr?" Besonders einschneidende Veränderungen erfuhren Naturkunde und Biologie. Nach einem Schweriner Erlaß vom 12. Dezember 1933 waren in den Abschlußklassen „Vererbungslehre und Rassenkunde" zu behandeln. Hier wurde die Lehre vom „deutschen Herrenmenschen" propagiert.
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* Während aus der Kreislehrerbücherei Rostock Werke von Heinrich und Thomas Mann, Lion Feuchtwanger und Kurt Tucholsky aussortiert wurden, schaffte die Ausgabestelle Satow Hitlers „Mein Kampf" und die „Einführung in die Rassenkunde" von Meil und Miehlke an. Der braune Ungeist gewann an Boden(DR. HERMANN LANGER)
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Version vom 25. Januar 2023, 17:55 Uhr


Um die Chronik übersichtlicher zu gliedern, existiert für jede Epoche ein eigener Artikel.

Ur- und Frühgeschichte in der Region Doberan

Zeittafel zur Geschichte von Doberan im Kontext zur Mecklenburger Historie: (zusammengestellt von Peter Becker)

995
Ersterwähnung Mecklenburg(Michelenburg)
1160
Heinrich der Löwe besiegt Niclot
1167
Pribislaw wird nach Taufe belehnt mit Obotritenr.
1171
Klostergründung der Zisterzienser in Althof
1177
Doberan als „villa slavica“ erwähnt
1178
Pribislaw stirbt bei einem Turnier in Lüneburg
1179
Kloster zerstört und Mönche getötet
1186
Neugründung Kloster in Doberan
1201
Heiligblutreliquie zieht Pilgerscharen an
1219
Gebeine Pribislaws werden nach Doberan überführt
1232
Weihe der rom. Kirche durch Bischof Brunward
1285
verm. mit Umbau zur got. Kirche begonnen
1280 ab
Bau weiterer Wirtschaftsgebäude
1291
Blitzschlag(keine Schäden an Kirche nachweisbar)
1300
got. Kirche zumind. rohbaufertig
1301
Glockenguß unter Abt Johann von Elbing
1302
Flut vom… ev. verantw. für Legende vom Heilig. D.
1310 um…
lithurg. Funktionsfähigkeit der Kirche gegeben
1337
Mönchskrieg offiziell beendet
1348
Albrecht II. und Bruder Johann werden Herzöge
1368
Bischof von Bülow weiht die got. Kirche
1402
Abt Joh. Plate erhält vom Papst die Bischofswürde
1478
Provinzialkapitel für Klöster nach Dob. einberufen
1530
Kaiser Karl V. nimmt Kloster unter seinen Schutz
1552
Auflösung(Säkularisierung) des Klosters
1586
Generalrestaurierung Kirche durch Elisabeth
1610
Kapelle Althof als Backhaus genutzt
1623
In der „Vorstadt“ wohnen etwa 120 Menschen
1636
Holzlieferungen für Schwedenschanze Warnemünde
1637 bis 1638
Schäden durch 30-jährigen Krieg

bis zur napoleonischen Zeit (bis 1813)

1650
Generalrep. Münster; Dob. hat 100 EW
1675
Friedensverhandl. zw. Schweden und Brandenb.
1681
Gründung einer Brandgilde in Doberan
1707 - 1713
Prinz(seit 1713 Herz.) Karl Leop. res. in Dob.
1716
Lindenh. erhält Schankrecht u. wird Krug u. Postst.
1717
In der „Vorstadt“ werden 19 Häuser registriert
1730
250 EW in Doberan
1750
500 EW in Doberan
1762
Wollmanufaktur im alten Schloss und Wollscheune
1763
Torhaus, verm. ältest. Gebäude nach der Säkolaris.
1767
38 Häuser, 20 halbe Häuser und 3 Buden registriert
1770
Gaststätte "Zum Ochsen" mit Ausspanne
1782
zweite Schulst., bis zu 150 Schüler pro Klasse(wo?)
1783
Wohnhaus Kammerhof durch Seydewitz gebaut
Auszug aus dem Tagebuch von Hermann Friedrich Becker über seine erste Begegnung mit Georg Christoph Lichtenberg am 25.Mai 1788 in Göttingen)
1793
Gründung des 1. Dt. Seebades Heiligendamm
1793 -1801
Bauten von Seydewitz(Logier-, Amts-,Badeh.)
1795
Flecken Doberan hat etwa 900 Einwohner
1795
Anlage des Englischen Gartens und des Kamps
1795
erster Brückensteg in Heiligendamm
1798
540 Gäste, dar. Hufeland und Thaer
1801
Errichtung eines Damenbades in Heiligendamm
1801 – 1836
Schaffung der Bauten Severins
1802
Eröffnung der Goldbank im Logierhaus
1802
Verbot von Strohdächern
1804
erste Pferderennen auf freiem Felde
1806
erste Vorstellung im Schauspielhaus(Graf Hahn)
1807
Fr. Fr. I. kehrt aus 1-jähr. Exil zurück u. wird gefeiert
1807
127 Häuser und 1.349 EW

bis zur Reichseinigung (bis 1871)

1816
Blücher erholt sich in Doberan. Er soll bei der Gelegenheit im Casino die Bank gesprengt haben.
1817
165 Häuser und 1777 EW
1819
Madame Reichard mit Heißluftballon
1821
Erbohrung einer Eisenquelle
1822
erstes Galopprennen mit Vollblutpferden und Gründung des „Doberaner Rennvereins“
1824
Dampfschifffahrt Travemünde-Heil.d.-Kopenhagen
1824
Mendelssohn Bartholdy weilt in Doberan
1825
Silberbank eröffnet im Lindenhof
1826
Fr. Fr. I. stiftet Wanderpokal „Goldene Peitsche“
1830
Neuer Friedhof und Altstadt entstehen; 2.210 EW
1836
Severin stirbt in seinem Haus in Doberan(Grabst. ?)
1837
Fr. Fr. I., Leop. von Plessen und S. v. Vogel sterben
1838
Demmler beginnt Bautätigkeit in Heiligendamm
1839
Masch.fabr. u. Eisengieß. Kähler prod. Landmasch.
1841
Versamml. dt. Land- u. Forstw. in Dob.(900 Gäste)
1841/42
Überbauung Bäche Alexandrinenplatz und Markt
1842
Gh. Paul Fr. stirbt am 07.03.1842 im Alter von nur 42 J.
1843
Findling von 220 t von Elmenh. nach Hd. in 100 Tg.
1846
Bürgerschule im Kornhaus
1846
Kaltwasseranstalt in der Neuen Reihe
1850
Allee nach Hd. wird mit holl. Linden angelegt
1850
3531 EW
1850 um
Frh. von Drais fährt mit Laufrad auf dem Kamp
1863
Gründung des Doberaner Sportvereins
1868
Verbot des Betr. von Spielbanken durch norddt. Bund
1871
Gärtnerhaus im Palaisgarten entsteht

Kaiserreich (1871-1918)

1871
Gärtnerhaus im Palaisgarten entsteht
1872
Jahrhundertflut mit schweren Schäden
1873
Seebad wird wegen finanz. Probl. an AG verkauft
1877
Wirken Möckels beginnt
1879
Doberan erhält Stadtrecht
1879
Progymnasium eingew.(Puppenh. Beethovenstr.)
1879
Salongeb. wird Rathaus und Amtsger. – 4500 EW-
1880
Park. Weg, G.-str., Dammch., N. Reihe, Sever.str.
1883
Gh. Fr. Fr. II. verstirbt am 15. April kurz nach seinem 60.
1883
Eisenbahnstrecke Rostock-Doberan
1884
Eisenbahnstrecke Wismar-Rostock
1885
Baron von Kahlden wird der all. Besitzer v. Hd.
1886
Molli nimmt Betr. auf, 1910 bis Brunshaupten
1887
Postbaurat Perdisch aus SN err. das Postgebäude
1888
Aufstockung des Stahlbades mit dem Festsaal
1889
Gymnasium nimmt Betrieb auf
1894
Lindenhof wird vergrößert(Hotel)
1902
Bau der Turnhalle am Gymnasium
1903
Gaswerk am Bahnhof
1908
Glashäger Mineralquelle
1910
Verk. von Hd. an den Schriftst. Walter John-Marlitt
1911
Konkurs, Bildung der Ostseebad Heiligend. GmbH
1912
Villa Feodora entsteht
1912
Stromversorgung
1913
Gründung Heimatmuseum von Doberan
1913
Sturmflut in Silvesternacht
1914 -18
Kartoffelanbau in Notzeiten auf dem Kamp

Weimarer Republik (1918-1933)

1919
das erste Kino wird eröffnet(Mollistraße)
1921
Doberan wird Bad
1921
Die Sparkasse wird eröffnet(Sitz im Ratshaus)
1922
chem. Fabr. Walkenhg.(Pr. v. Nikot. u.Tabakextr.)
1924
Baron Oskar von Rosenberg aus Zürich rettet Hd.
1927
Besuch Hindenburgs beim Pferderennen
1927
Bau des Wasserturmes mit Wasserleitung

Drittes Reich (1933-1945)

1932
Adolf Hitler wird Ehrenbürger von Bad Doberan
1933

Alltag unterm Hakenkreuz (Teil 3) OZ, 2.1.1993 * Brennende Fackeln im Januar 1933

  • 31. Januar 1933. Der „Niederdeutsche Beobachter" meldet: „Mecklenburg jubelt! Regierung und Volk bekennen sich zum neuen Führer des Reiches-Huldigungstelegramme „ Machtvolle Kundgebungen im Gaugebiet. Punkt 1 auch der Tagesordnung der Doberaner Stadtverordnetenversammlung: „Ehrung des zum Reichskanzler ernannten Ehrenbürgers der Stadt Adolf Hitler“.
  • Auch die Ortsgruppe der NSDAP in Bad Doberan begrüßte die „nationale Wende". Gemeinsam mit dem SA-Sturm 21/90 setzte sie einen Fackelzug an. Er formierte sich am Abend vor dem „Lindenhof“. Jungvolk, Hitlerjugend und NS-Frauenschaft waren zur Stelle. Mit der Stadtkapelle und dem Satower SA-Spielmannszug an der Spitze, wälzte sich der Zug durch die Straßen der Stadt. In der Regionalpresse stand: „Überall hatten sich zahlreiche Menschen angesammelt, die den Fackelzug begeistert begrüßten". Vor dem Kriegergedenkstein 1870/71 dann die "packende Ansprache" des Ortsgruppenleiters der NSDAP, die in ein „Sieg heil!" ausklang.
  • Viele am Straßenrand waren fasziniert von der nationalen Woge. Sie erwarteten jetzt Arbeit und Brot, Ordnung und Sicherheit, den Beginn einer besseren Zeit überhaupt. Vielleicht war auch unter den Zuschauern jene Abiturientin aus einer angesehenen Adelsfamilie, die wenige Tage später am Gymnasium im Deutschaufsatz ihre Ansichten darlegte. Sie schilderte die Folgen der Weltwirtschaftskrise auf Deutschland: die Stillegung der Fabriken, den Ruin großer Teile der Landwirtschaft, die Arbeitslosigkeit, Demoralisierung und Radikalisierung der Politik. Ihre Meinung: „Alle diese Übel lassen sich nur beseitigen, wenn sie bei ihrer Wurzel, der Arbeitslosenfrage angepackt werden. Es ist gleich, auf welche Weise es geschieht, es muß nur bald geschehen.“
  • Mitglieder linker Arbeiterparteien und der Gewerkschaft hatten wiederum andere Vorstellungen von der Lösung dieses Problems. Sie liefen auf die Reformierung oder die revolutionäre Überwindung des Weimarer Systems hinaus. Weit verbreitet war aber unter allen die Illusion, daß Hitler bald wieder abwirtschaften würde. Auch Kräfte aus dem Bürgertum, die diesem abwartend gegenüberstanden, hatte sie. Doch dieser trat nicht wieder ab. Er konnte den Umstand nutzen, daß die Talsohle der Wirtschaftskrise durchlaufen war. „In 1 bis 2 Monaten", so hatte Goebbels am 30. Januar in seinem Tagebuch notiert, „haben wir Ruhe und Ordnung in Deutschland wieder hergestellt.
  • Auch in Bad Doberan sorgten die Nationalsozialisten für „Ruhe und Ordnung". Erinnert sei an den 19. Februar 1933, als die SA aus Bad Doberan, Satow und Rostock die antifaschistische SPD-Demonstration in der FriedhofStraße abriegelte und in den Zug feuerte. Der Reichsbannermann Ernst Wolff wurde dabei durch einen Brustschuß tödlich getroffen. Der Reichstagsbrand vom 27. Februar führte auch zum Ausnahmezustand im Kreisgebiet. Den Polizeiakten im Stadtarchiv Bad Doberan ist zu entnehmen, daß Haussuchungen jetzt auf der Tagesordnung standen. Sie erfolgten z. B. am 17. März bei Funktionären des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold und der eisernen Front, die einst zum Schutz der Demokratie von der SPD geschaffen worden waren. Am 2. Mai beschlagnahmten zehn „Hilfspolizisten" der SA und ein Polizeikommissar das Vermögen der Gewerkschaften. Wer dagegen protestierte, wie der Genossenschaftsfunktionär Heinrich Brügge, kam in „Schutzhaft". * So lautete die Umschreibung der Überweisung ins Gefängnis, Zuchthaus und KZ. Ein Verzeichnis der vom 28. Februar bis 18. Mai Inhaftierten registrierte 17 Personen. Unter ihnen befand sich Adolf Arendt, Vorsitzender der KPD Bad Doberans, ab 2. Mai in Berlin inhaftiert, ferner Hans Christiansen, Vorsitzender des Holzarbeiterverbandes, und Otto Lange, Kassierer der Freien Turnerschaft. Zuerst. Zuerst waren die Arbeiterfunktionäre dran. Bald folgten andere, die in Opposition zum NS-Regime standen, z. B. der Oberpostschaffner a. D. Albert Schwanck (Deutschnationale Volkspartei) „wegen Verbreitung von Gerüchten und Herabsetzung der Autorität des Staates", der Pastor i. R. Martin Jacoby, der vermutlich der Bekennenden Kirche angehörte, der Landwirt Erich Picht. - Die Fackeln, die da am 30. Januar brannten, sollten nicht nur den Gegner im Innern versengen, sondern bald auch die Welt(Dr. Hermann Langer)

Alltag unterm Hakenkreuz OZ, 9.1.1993

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  • Das erste Jahr unter Hitler
  • „Mecklenburg wird dann erst frei, wenn Du wählst die Liste 3" - mit dieser Parole war die NSDAP zu den Landtagswahlen 1932 angetreten. Wie sah nun die neue Freiheit aus? Manche ältere Bürgerinnen und Bürger aus Bad Doberan erinnern sich: Es ging für viele wieder aufwärts. Ein Arbeitsbeschaffungsprogramm brachte 250 Arbeitslosen Lohn und Brot. In Notstandsarbeiten pflasterten sie z. B. die Alexandrinen- und Hindenburgstraße und gaben dem Stadtgut Kammerhof, dem Rathaus und der Stadtschule ein neues Aussehen. Baugewerbe und Wirtschaft florierten durch Reichszuschüsse. Die Sparkasse, durch einen Neubau erweitert, gewährte wieder Darlehen, Hypotheken und Zwischenkredite. Hatten die Spareinlagen der Bevölkerung Ende 1932 noch 183 000 Reichsmark betragen, so stiegen sie bis Ende 1933 auf 294 000 Reichsmark an. Die Schulabgänger hatten wieder eine Perspektive, so die 18 Lehrlinge, die im April an der Gewerbeschule ihre Gesellenprüfung ablegten.
  • Es gab mitunter auch Spektakuläres. „Vatermord in Parkentin. Sohn schneidet seinem Vater die Kehle durch", lautete die Schlagzeile des „Niederdeutschen Beobachters" vom 15. April. Die Tat des 27jährigen Bauernsohnes, der seinen Vater im Streit um die Art der Aussaat umgebracht hatte, erregte vorübergehend die Gemüter. Gelassener nahm die Mehrheit die Straßenumbenennungen hin. Aus der Dammstraße wurde die Friedrich-Hildebrandt-Straße, aus der Straße am Rathaus die Hindenburg-Straße und aus dem Schulzen- der Horst-Wessel-Platz.
  • Das NS-Regime sorgte auch für die Unterhaltung. Der 1. Mai wurde erstmals als „Tag der nationalen Arbeit" begangen. Um 6.00 Uhr früh weckte die SA. Es ging um 8.00 Uhr weiter mit Flaggenhissen, Glockenläuten und Sirenengeheul. Danach Rundfunkübertragung aus Berlin, Feldgottesdienst und das Pflanzen einer Adolf-Hitler-Eiche auf dem Kamp. Nachmittags dann die gemeinsame Kaffeetafel von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, der große Festzug und ab 22.00 Uhr endlich der „Deutsche Tanz" in allen Sälen. Der wärmende Gedanke, in einer neuen Volksgemeinschaft geborgen zu sein, begann zu greifen.
  • Der Sommer hatte weitere Höhepunkte. Am 21. Juli wurde das „Heimattreffen der Mecklenburger" im Münster mit der Aufführung des „Messias" eröffnet. Am folgenden Samstag führten eine Riege des Turn- und Sportvereins von 1863, der Männergesangverein „Liederfreund" und die Doberaner Kurkapelle Proben ihres Könnens vor. Und am Sonntag dann das Doberaner Rennen, von dem der „Niederdeutsche Beobachter" am 24. Juli zu berichten wußte: „Alle Tribünen und anderen Plätze waren sehr gut besucht. Das ganze Bild wurde aber beherrscht von den Marschkolonnen des Dritten Reiches, der SS, SA, Hitlerjugend sowie vom Stahlhelm.“ In der Fürstenloge bemerkte man u. a. den Reichsstatthalter, das Großherzogspaar, SA-Oberführer Fust und andere Amtswalter der NSDAP." Das Rennen der Reitervereine (ca. 1000 m) gewann ein H. Uplegger auf „Caspar", das Offiziersflachrennen Oberleutnant Radeke vom Reiterregiment Nr. 14 (Ludwigslust) auf dem Pferd „Hohenau".
  • Das Kurhaus-Fremdenbuch registrierte regen Besuch, z. B. am 1. August unter Nr. 91 Dr. Goebbels mit Frau. Unter der Rubrik „Stand oder Beruf" war jetzt „Reichsminister Berlin" eingetragen. Für den 15./16. August trug sich auch Leni Riefenstahl, Filmschauspielerin aus Berlin, ein.
  • Ein Thema der Sommersaison war der „Schönheitswettbewerb für Kraftwagen" in Heiligendamm, veranstaltet am 13. August vom Allgemeinen Deutschen Automobil-Club (ADAC) Gau VIb Mecklenburg. Der Rennfahrer Stuck aus Berlin erwarb hier durch Abstimmen des Publikums mit 142 Stimmen das „Blaue Band von Ostseebad Heiligendamm".
  • „Den Teufel spürt das Völkchen nie, und wenn er sie beim Kragen hätte", kommentiert Mephisto in Goethes „Faust". Viele ahnten kaum, was sie sich mit dem NS-Regime eingehandelt hatten. Die von den Nationalsozialisten verheißene Freiheit hatte ihren Preis. Ihn hatten nicht nur die organisierte Arbeiterschaft und engagierte Demokraten zu zahlen.
  • Ins Visier waren die jüdischen Mitbürger geraten, die als „Sündenböcke" für nicht eingelöste Versprechen der neuen Politiker herhalten mußten. So erfolgte am 1. April in Neubukow der Boykott jüdischer Geschäfte. „Deutsche, kauft in deutschen Geschäften nur bei deutschen Fachleuten Uhren, Gold und Silberwaren", hieß es in einer Anzeige der Regionalpresse. Fritz Burchard erinnert sich in einem Brief an den Heimatforscher Walter Haak vom 7. März 1987: „Ich fühlte mich so als Deutscher, wie eben jeder andere deutsche. Die Religionsfrage wurde nie angeschnitten. Ich hatte meine Freunde und besuchte die Oberrealschule in Wismar. Anfang 1933 merkte ich, daß ich doch nicht mehr in Neubukow, vielleicht auch nicht mehr in Deutschland bleiben konnte. Plötzlich wandten sich Freunde und Bekannte von mir ab. So ging ich nach Amsterdam und bereitete meine Reise nach Brasilien vor..."
  • Fritz Burchard hatte Glück. Für manche führte der Weg in den Holocaust. - Alltag unterm Hakenkreuz. Das Kreuz hatte viele Haken(DR. HERMANN LANGER)

Alltag unterm Hakenkreuz (Teil 5) OZ,16.1.1993

  • Vor jeder Schulstunde: „Heil Hitler, Herr Lehrer!“
  • Auch an den Schulen zieht der braune Alltag ein. Schuldiener ziehen Hakenkreuzfahnen hoch und bringen an sichtbarer Stelle Porträts vom neuen „Volkskanzler“ an. Manche Lehrer tragen nagelneue braune Uniformen zur Schau. Waren es in Rostock-Stadt und Land vor dem 1. November 1932 nur 21 Lehrer, die der NSDAP angehörten, so folgen bis zum 1. Mai 1933 weitere 58, die - im Volksmund spöttisch „Märzgefallene" oder „Märzveilchen" genannt-bei der neuen Bewegung ihr Heil versuchen. Alle anderen sind gezwungen, zumindest dem Nationalsozialistischen Lehrerbund (NSLB) beizutreten. Zögernd tun das auch Mitglieder des Lehrervereins Bad Doberan, dessen liberale Traditionen bis in das Jahr 1844 zurückreichen.
  • „Heil Hitler, Herr Lehrer!" - Mit diesem Gruß betraten seit Ende Juni 1933 - noch kurz vor den 'Hundstagsferien'- 550 Schülerinnen und Schüler in Bad Doberan die Schule. Nur wenige Pädagogen, wie der Zeichenlehrer Willi Hennig-Hennings, wagten es, den Gruß zu verweigern oder ihn allenfalls anzudeuten. Doch anders dachte der Leiter der privaten höheren Knaben- und Mädchenschule zu Brunshaupten und Arendsee (heute: Kühlungsborn), die 72 Schülerinnen und Schüler aufwies, darüber. „Es ist ein herrliches Sinnbild", so notierte er in der Chronik, daß „jede Unterrichtsstunde mit Heil Hitler begonnen und geschlossen wird." Und er wertete Rituale wie „Deutscher Gruß" und „Feierliche Fahnenehrung" als „eine Mahnung an Lehrer und Schüler, daß alle Erziehung, aller Unterricht, alle Arbeit in der Schule geleistet werden muß im Dienste des Führers aus nationalsozialistischem Denken zum Wohl von Volk und Vaterland."
  • Die materielle Situation an den Schulen war nicht spürbar besser geworden. Auf den Dörfern besuchten die Schülerinnen und Schüler zumeist eine ein- oder zweiklassige, in Satow eine fünfklassige Schule. In Bad Doberan platzte die Volksschule aus den Nähten. Der Ankauf der alten Superintendentur im Jahre 1936 zum Unterbringen der Mädchenklassen erwies sich nur als Notlösung. Ähnliche Probleme hatte das Gymnasium Friderico-Francisceum. Seit Jahren mußten Unterklassen in das Prinzenpalais umgesiedelt werden. Daneben gab es für Mädchen die private höhere „Elise-Albrecht"-Schule. Volksschulabgänger konnten die Gewerbe- und Kaufmannsschule besuchen.
  • Unterdessen kam die „Gleichschaltung" in Schwung. Nach dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" vom 7. April 1933 wurden wiederholt Schulbeamte und Lehrer als Angestellte des öffentlichen Dienstes überprüft. Ins Visier gerieten diejenigen, die nach dem 9. November 1918 ihre Tätigkeit aufgenommen hatten, und die sogenannten „Nichtarier". Am 13 Juli versicherte der Rektor de Doberaner Stadtschule seiner vorgesetzten Behörde, daß die Mitglieder seines Kollegiums „durchaus die Gewähr" bieten, „jederzeit rückhaltlos für den nationalen Staat" einzutreten. Ab August hatten die Lehrkräfte eine schriftliche Erklärung nach folgendem Muster abzugeben:
  • „Erklärung - Ich erkläre hiermit an Eidesstatt, daß ich der SPD nicht vom ... bis ... als Mitglied angehöre oder angehört habe."
  • Manche fügten übereifrig, wie der Lehrer der Schule von Detershagen, hinzu, daß man „bereits mehrmals nationalsozialistisch gewählt habe" und sich „ seit Jahr und Tag nach bestem Wissen und Können bemühe, nationalsozialistisches Gedankengut zu verstehen und der deutschen Jugend zu vermitteln. " Bald waren auch die Mitglieder ehemaliger Freimaurerlogen dran. Der am Doberaner Gymnasium amtierende Oberstudienrat Helmuth Gaedt wurde aus diesem Grunde am 1. Oktober 1937 entlassen.
  • Richtungweisend für das, was im Unterricht zwischen dem Austausch des Hitlergrußes inhaltlich ablief, war Hitlers Erziehungsauftrag. Er wollte nur „Kerle statt Köpfe". Dementsprechend stand bald auf den Stundentafeln die „Leibeserziehung" oben an. An zweiter Stelle rangierten die „deutschkundlichen Fächer" (Deutsch, Geschichte, Erdkunde, Naturkunde bzw. Biologie, Zeichnen bzw. Kunsterziehung und Musik). Sie hatten zur „Entwicklung des Charakters" beizutragen. Die „wissenschaftliche Schulung" in den übrigen Fächern kam zuletzt, wobei auch hier NS-„Gedankengut" einfloß. Neue Lehrbücher erschienen, z. B.: 1934 die Fibel „Pimpf und Küken", 1935 in einer Neubearbeitung das erste Lesebuch für Mecklenburger Kinder „Heini und Lene". Ranzenträger eigneten sich hier u. a. zu einem Bild mit Hakenkreuzfahnen, marschierender SA und stramm grüßenden Passanten die Schreibweise des Hitlergrußes an. Sie buchstabierten Texte über raufendes Jungvolk, kantige Hitlerjungen und lasen Auszüge aus Führerreden. Und sie lernten Gedichte wie „Aus Jungen werden Soldaten". Eine Strophe lautete: „Ein scheckiges Pferd, ein blankes Gewehr und ein hölzernes Schwert, was braucht man denn mehr?" Besonders einschneidende Veränderungen erfuhren Naturkunde und Biologie. Nach einem Schweriner Erlaß vom 12. Dezember 1933 waren in den Abschlußklassen „Vererbungslehre und Rassenkunde" zu behandeln. Hier wurde die Lehre vom „deutschen Herrenmenschen" propagiert.
  • Während aus der Kreislehrerbücherei Rostock Werke von Heinrich und Thomas Mann, Lion Feuchtwanger und Kurt Tucholsky aussortiert wurden, schaffte die Ausgabestelle Satow Hitlers „Mein Kampf" und die „Einführung in die Rassenkunde" von Meil und Miehlke an. Der braune Ungeist gewann an Boden(DR. HERMANN LANGER)



1934
Heimatmuseum im Möckelhaus
1936
Eingemeindung von Heiligendamm
1936
Bad Doberan hat 7000 EW
1939
Heiligendamm wird für Heereszwecke beschlagnahmt
1939
Eingemeindung von Althof
1939 bis 1941
Kamp-Lichtspiele von L. Elbrecht gebaut
1941
GmbH-Besitz von Heiligendamm für 1,7 Mio an die Reichsmarine
1942
Heiligendamm erhält schwarzen Tarnanstrich
1943
Seekadettenschule in Heiligendamm
1943
einziger Bombenangriff auf Heiligendamm (1 Toter, einige Verletzte)
1945
Doberan wird am 2. Mai kampflos der Roten Armee übergeben

SBZ und DDR (1945-1990)

1948
Beginn Kurbetrieb in Heiligendamm
1949
Sturmflut am 1. März mit schweren Schäden
1949
Jugendherberge auf dem Tempelberg
1955
Eingemeindung von Vorder Bollhagen
1956
Eingemeindung von Stülow
1957
Bauen auf dem Buchenberg beg. (auch AWG gegr.)
1961
Eingemeindung von Glashagen
1979
Brandstiftung Wirtschaftsgebäude Kloster
1983
Eröffnung Bädermuseum im Möckelhaus

die heutige Zeit

1990
Erstes Zappakonzert in der Klosterruine Althof
1992
Ausschreibung Heiligendamms
1993
Gründung des Zappavereins
1993
Wiedereröffnung der Galopprennbahn
1995
Fundusgr.(Jagdfeld) erwirbt Heiligendamm für 15 Mio DM
1996
Fundusgruppe erhält Zuschlag für Heiligendamm
1996
Eröffnung der Reha-Klinik Moorbad in Bad Doberan
1997
Eröffnung der MEDIAN-Klinik in Heiligendamm
2000
Bad Doberan erhält die Anerkennung als Heilbad
2002
Einweihung der Zappabüste
2003
Kempinski Grand Hotel eröffnet in Heiligendamm
2005
Bad Doberan erhält ein neues Rathaus
2007
Aufhebung der Ehrenbürgerschaft Adolf Hitlers
2007
G8 Gipfel in Heiligendamm
2014
Heiligend. darf mit dem Titel „Seeheilbad“ werben
2014
Treffen Bundespräsident J. Gauck mit Amtsbrüdern