Fortlaufende Ortschronik von Garz (Usedom)
Abgeschrieben von Dokumenten, die 2009 in der Kirche Garz ausgestellt waren:
Zur Geschichte von Garz
In der Vita eines Prüfeninger Mönches wir über eine Segelfahrt von Bischof Otto I. von Bamberg bei seiner ersten Missionsreise (1124) nach Pommern berichtet. Von Stettin fuhr er übers Haff in die kleine Stadt Griditz (im dt. Burg oder Burgwall) und dann weiter nach Liubin (heute Lebin) am selben Tag, deuten auf unser Garz.
Ob Otto I. bei diesem Besuch einheimische Heiden taufte oder sogar eine Kirche gründete ist nicht eindeutig belegt, aber stark zu vermuten. Demnach könnte Garz das älteste Kirchdorf der Insel sein und viel älter als es Urkunden belegen können.
Den ersten urkundlichen Hinweis auf unser Dorf gibt es im Jahre 1231, wo ein Parochianus Petrus aus Gardist (Garz) mit seiner Unterschrift ein amtliches Schreiben beglaubigt. 11 Jahre später (1242) bezeugt eine Kaufurkunde den Verkauf der beiden Dörfer Gardis und Kasibour, von den slawischen Besitzern Sabic und Rozsuar, an das damals noch pommersche Kloster Dargun.
Die Reste des Burgwalls der einstigen bronzezeitlichen Fluchtburg auf dem Golmberg, zeugen sogar von einer über 2700-jährigen Geschichte der Besiedlung und Nutzung des Garzer Gebietes durch Menschen.
Kurze Geschichte in Zahlen des Dorfes Garz
1124 besuchte Bischof Otto von Bamberg bei seiner ersten Missionsreise in Pommern Gridiz (im deutschen: „kleine Burg“). Vermutlich handelte es sich dabei um das heutige Dorf Garz.
1242 wird urkundlich belegt, dass die slawischen Besitzer Sabik und Rozsvar, das Dorf Gardis an das Kloster Dargun verkaufen.
Um 1450 wurde die heutige Kirche gebaut. Wegen einer vielbereisten Handelsstraße (Anklam-Garz-Wollin) wurde die Kirche durch eine Gilde (Bruderschaft) als eine Art Nachtlager und Asylheim für Reisende eingerichtet.
1781 starben an „Roter Ruhr“ 33 Menschen.
Seit 1800 entwickelte sich Garz vom Fischerdorf zu einem Arbeiter und Eigentümerdorf.
Mehr als die Hälfte der Garzer Familien (etwa 60) lebten um 1925 von einer Arbeitsstelle in Swinemünde. Auch die Bauern und Landwirte hatten ihre Kunden hauptsächlich in Swinemünde.
1866 Choleraepidemie kostet viele Menschenleben
1918 im I. Weltkrieg kamen 18 Garzer Einwohner ums Leben
1945 im 2. Weltkrieg blieben 29 Männer und Jugendliche auf den Schlachtfeldern. Weitere 10
Einwohner starben nach Ende des Krieges durch Gewalt oder Suizid.
Am 4. Mai 1945 wurde Garz durch sowjetische Flugzeuge bombardiert.
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Die Kirche
Wo sich die erste Garzer Kirche befand ist nicht mehr bekannt. Oft waren die ersten Inselkirchenschilfgedeckte Holzkirchen, die von den Mönchen des Klosters Grobe (bei Usedom) gebaut wurden. Die Mönche gingen in die Dörfer und gründeten die ersten christlichen Kirchgemeinden auf der Insel.
Die jetzige Garzer Kirche stammt zum größten Teil aus dem 15. Jh., ist durch viele spätere Veränderungen aber ein Bauwerk der letzten Jahrhunderte. Ein Feldsteinbogen hinter dem Altar, das Altarfundament aus Feldsteinen und Teile der Grundmauern könnten sogar schon aus dem 12. Oder 13. Jh. Stammen. Giebelblenden im Stil der Spätromanik bis Gotik, eine entfernter Anbau an der Nordseite, die zugemauerten kleinen Fenster und der ehemalige Eingang an der Südseite, machen es fast unmöglich das einstige Aussehen der Kirche nachzuempfinden.
Ein hölzerner Glockenturm wurde im 18. Jh. Wegen Baufälligkeit entfernt. Aus Geldmangel wurde 1854 vor der Kirche ein freistehender Glockenstuhl errichtet.
Auf den Grundmauern des Vorgängerbaues baute die „Elenden Gilde“ (eine Bruderschaft) die Kirche um 1450 wieder auf und richtet hier eine Art Asylheim ein. Bedingt durch die vielbereiste Handelsstraße (Anklam-Garz-Wollin) suchten hier Reisende und Händler Schutz und Nachtlager, bevor sie am nächsten Tag über den Fluss Swine mit Fährkähnen auf die Insel Wollin übersetzen konnten.
Die Innenausstattung des 18.Jh. hatte sicherlich einmal eine farbenfrohe Bemalung. Der jetzige Altar ersetzte einen Schnitzaltar (Katharinenaltar), der vermutlich im 30-jährigen Krieg von den Schweden geraubt oder zerstört wurde.
Die alte Sakramentniesche stammt schon aus dem 16. Jh.
Zwei Kirchenschiffsmodelle (Votivschiffe) erinnern an die Nähe zur Seefahrt (Swinemünder Hafen). Beim großen Schiff (anno 1770) handelt es sich um eine preußische Fregatte. Die Initialen F.R. weisen auf den Preußenkönig Friedrich II. hin. Das kleine Schiff wird etwas jünger (um 1825) sein. Der genaue Ursprung dieser Schiffe ist nicht bekannt. In der Ostseeregion wurden den Kirchen von Seeleuten gebaute Votivschiffe gestiftet. Sie dienten zur Erinnerung an gefährliche Fahrten oder sie zeigten Gott dadurch ihren Dank für ihre Errettung aus Seenot.
Die Orgel mit ihren aus Platzmangel nach vorne und zur Seite gekrümmten Holzbässen
wurde 1856 von der Orgelbaufirma Kaltschmidt aus Stettin eingebaut.
Totenbrettchen und Holztafeln erinnern an Krankheit, Schicksalsschläge und Kriege der letzten Jahrhunderte. Auf ihnen stehen zum Teil Namen von ehemaligen Garzern, deren Enkel und Urenkel heute im Dorf leben.
Der Kirchenboden wurde in alten Zeiten von den Fischern des Dorfes zum Trocknen und Aufbewahren der Fischernetze genutzt. Darum gibt es auch kein Gewölbe und das Dach verläuft auffällig steil.
Die um den Kirchhof aus lose aufeinander gestapelten Feldsteinen bestehende Mauer wurde bereits 1575 erwähnt. Sie war zur Stabilität mit Moos (Mosch) bewachsen.
Die Reste der auf dem Kirchhof stehenden Linde gehören zu einem Baum, der nach Einschätzung eines Baumkundlers vor ca. 700 Jahren gepflanzt wurde. Die Linde hatte vor dem Sturmschaden 1992 einen Umfang von 8,50 m.
Die Ausstellung
Der Golm und seine Umgebung
Im Jahre 2000 entstand diese Ausstellung der seit 2006 aufgelösten Interessengemeinschaft Gedenkstätte Golm e.V. in Zusammenarbeit mit der Kirchengemeinde Zirchow. In der Ausstellung sind wichtige geschichtliche Fakten und Bildmaterial zusammengetragen worden. Sie gibt Einblicke in die Wechselhafte, durch Krieg und Elend gezeichnete Geschichte des Golms und der umliegenden Dörfer. Die Anfänge und die Entwicklung des Weltbades Swinemünde bis hin zum Bombenangriff 1945, sowie die Gründe für die Trennung der Stadt von Deutschland nach dem Kriege werden dargestellt. Im Mittelpunkt der Dokumentation steht aber der Golm als Mahnmal für tausende Kriegstote. Heute ist der Golm eine würdige und besinnliche Gedenkstätte und zum großen Teil auch Begräbnisstätte für die mehr als 20000 Kriegstoten des Swinemünder Gebietes. Die Autoren stützten sich dabei auf Chronisten, Geschichtsbücher, Lexika, Zeitzeugen, Heimatbücher und Archivmaterial.
Sehr viel Unterstützung kam von den Bewohnern der umliegenden Orte. Und von ehemaligen Swinemündern. Mit Bildmaterial, Infos und Hinweisen trugen sie zum Gelingen dieser Ausstellung bei, die mittlerweile in den Besitz der Jugendbegegnungsstätte Kamminke gegeben wurde. Die Ausstellung wird ihnen hier in der Garzer Dorfkirche vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge präsentiert.
Daniel Kühlcke (2009)