Zempin - Schulchroniken der Schule zu Zempin

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Schulchronik der Schule zu Zempin - angelegt von Lehrer Ballmann

A. Schulverband:

Die Gemeinde Zempin bildet auf Grund des Volks-

schulunterhaltungsgesetzes vom 28.7.1906 einen Einzel-

Schulverband. Zempin ist ein neuer Ort, der noch zu

Anfang des 19. Jahrhundert nur aus vier Höfen bestand: Lüders, Steffen

u. Schütts u. Heydens Hof; letzterer wurde von den übrigen Höfen angekauft.

Heydens Hof wurde zum Teil parzelliert.

Infolgedessen siedelten sich in Zempin mehrere "kleine Leute"

an. Von den umwohnenden Ortschaften, auch vom Haff kom-

mend, bauten sie sich am Achterwasser an. Sie

trieben Fischerei auf dem Achterwasser und der Ostsee. Landwirtschaft

wurde von Zempiner Fischern nur im Nebenerwerb (meistens

von den Frauen) getrieben. In dem letzten Jahrzehnt des 19. Jahr-

hunderts nahm der Ort einen zwar langsamen, aber doch stetigen

Aufschwung. Aufgemuntert durch das schnell aufblühende Bad

Zinnowitz, auch wohl angeregt durch Freunde, welche die vorzüg-

liche Lage unseres Ortes rühmten, bauten sich eine Anzahl Fischer

am Walde villenartige Häuser zum Vermieten an Badegäste.

Dadurch hat Zempin ein anderes Gepräge erhalten. Es ist jetzt

ein Fischer- und angehender Badeort. Der am 1. April 1909

begonnene Bahnbau Heringsdorf-Wolgasterfähre wird am

1. Mai 1911 fertig gestellt sein und gibt berechtigte Hoffnung

auf weitere günstige Entwicklung unseres Ortes.

Die Bevölkerung ist durchgehend evangelisch lutherisch mit

Ausnahme einer Familie, welche seit etwa fünf Jahren der

Sekte der Adventisten angehört. Einwohnerzahl seit der letzten

Volkszählung im Jahr 1910: 420.


Der Schulvorstand wurde auf Grund des V.-Sch.=U.=G. v. 28.7.06

neu gebildet: 1)Pastor Dr. Uhlig-Koserow Verbandsvor-

sitzender, 2. Gemeindevorsteher Johann Steffen,

3.) Büdner u. Fischer Gottlieb Krüger

4.) Büdner u. Fischer Johann Florin

5. Halbbauer Heinrich Lüder

6. Lehrer Ballmann


Im November starb Gemeindevorsteher Steffen,

welcher der Gemeinde über 25 Jahre vorgestanden, und an

seine Stelle trat Halbbauer Heinrich Lüder als Ge-

meindevorsteher. An Stelle des verstorbenen Herrn Steffen

trat nun als neues Mitglied des Schulvorstandes Herr

Halbbauer Ludwig Lüder. Seit dem 1. Oktober 1910 hat

der bisherige Ortsschulinspektor u. Vorsitzende des Schulvorstandes

Herr Pastor Dr. Uhlig-Koserow sein Amt niedergelegt und ist zum

Vertreter Herr Pastor Lorenz-Netzelkow ernannt.


Die Zempiner Schule gehörte bis zum 1. Dezember 1909

zur Kreisschulinspektion Usedom I. , Kreisschulinspektor

Herr Superintendant Splittgerber-Usedom. Vom Dezember

1909 ist die Schule der Kreisschulinspektion Usedom II zugeteilt,

Kreisschulinspektor zur Zeit Herr Pastor Fischer in Crummin

Die Ortsschulinspektion befand sich seit Gründung der Schule in den

Händen der Herrn Ortsgeistlichen in Koserow.

Lokalschulinspektoren seit 1851 waren:


1) Pastor Bernhard
2.) Pastor Wandel von 1854 bis 1870
3.) Pastor Kopp von 1870 bis 1882
4) Pastor von Gaza von 1882 bis 1895
5) Pastor Trapp von 1895 bis 1902
6. Pastor Dr. Uhlig von 1902 bis 1. Oktober 1910
7) Pastor Lorenz-Netzelkow 1. Oktober 1910 bis 1. April 1911
8. Pastor Dilloo vom 1. April 1911


Seit Oktober 1913 ist die Kreisschulinspektion

Usedom II. aufgelöst und eine Kreisschulinspektion

im Hauptamte unter der Bezeichnung "Swinemünde"

eingeführt.


Da Pastor Dillow 1918 versetzt wurde, kam die Oberschulinspektion

an Hauptlehrer Zastrow in Zinnowitz. Nach der Revolution

im Nov. 1918 wurde die Ortsschulinspektion aufgehoben.


Im Frühjahr 1920 wurde der Schulvorstand neu

gewählt. Dazu gehören:


1. Gem.Vorst. Heyden, 2. Fischer Bernhard Schütt, 3. Fischer Fr. Krüger,

4. Eisenb. Aushelfsweichensteller Alb. Labahn, 5. Bäcker Alb. Janott,

6. Fischer Wilhelm Schätzchen, 7. Fischer R. Knuth,

8. Lehrer E. Lüdke.

Nach Einrichtung der 2. Lehrerstelle ist auch der angestellte

2. Lehrer organisches Mitglied des Schulvorstandes.


Um die Zusammenarbeit zwischen Schule und

Haus zu pflegen wurde auf Grund eines Ministerial=

erlasses Ostern 1920 ein Elternbeirat ins Leben

gerufen. Nach aufklärenden Versammlungen,

die Lehrer Lüdke einberief, wurden folgende Personen

als Mitglieder des Elternbeirates gewählt:

1. Schlossermeister Otto Kagemann

2. Briefträger Friedrich Graumann

3. Fleischbeschauer Wilh. Hauschild

4. Fischer Max Krüger

5. Fischer Wilh. Wallenstein

B. die Schule.

Die Zempiner Schule ist zum Ende des 18ten

Jahrhunderts gegründet worden. Die älteren Leute Zempins

erzählen, daß ihre Eltern noch nach Koserow zur Küster-

schule gegangen sind. Der zur Zeit älteste Einwohner

Zempins, Altsitzer Friedrich Walter ist 1832 als 8jähri-

ger Junge in dem jetzigen Armenhause zur Schule gegangen.

1833 wurde das jetzige Schulhaus gebaut, das Schulzimmer

war das östlich gelegene kleine Zimmer, jetzige Vorder-

stube der Lehrer=Dienstwohnung.

1. äußeres:

Das Schulgrundstück besteht außer einem kleinen Hofraum

aus einem hinter dem Hause gelegenen Garten, 8 a Größe

einem neben dem Garten gelegenen Acker 0,8568 ha

und einer am Riek gelegenen Wiese 0,7548 ha groß.

Von der Lehrerstelle ist eine in Zinnowitz gelegene Wiese unter der Bedingung

des Wiederankaufs 0,7609 ha Größe für 920 M ver-

kauft, wovon der Lehrer zur Zeit die Zinsen bezieht.

Die Gebäude sind folgende:

A. 1. Schulhaus, aus Lehmfachwerk (mit Ausnahme des südlichen

Giebels) und Rohrdach, besteht 1.) aus dem Schulzimmer
9 m l, 5 m br. u. 2,66 m hoch, welches im Jahr 1860 an
das alte Schulhaus angebaut ist, 2.) aus der Lehrerdienstwohnung.
Letztere besteht aus einer heizbaren Wohnstube 4,35m l., 4,38m br.
u. 2,75m hoch.
2. einer heizbaren Wohnstube 4,25 l. 4,88m br. 2,75 m hoch.
3. einer heizbaren Oberstube
4. einer Speisekammer 2,60 m l. 2,70 m breit u.2,75 m hoch.
5. einer nicht heizbaren Kammer 2,70 l, 2,60 br. u. 2,75 m hoch.
6. einer einer Küche 4,53 m l. 2,65 m br. u. 2,70 hoch.
Die Wirtschaftsräume bestehen aus
a) einem massiven Stalle mit Rohrdach 7,50 m l. 4,50m breit
u. 5 m hoch, enthaltend 4 Räume,
b. aus einem massiven mit Rohrdach gedeckten Keller 2,35 l, 1,60 m
breit u. 1,95 m hoch.

Zum Turnplatz ist von der Gemeinde im Jahre 1900 ein

kleiner Platz neben dem Spritzenhause an der Dorfstraße

eingeebnet, welcher mit Bare und Reck versehen, sich zur

Aufstellung der Schüler zur Ausführung der Freiübungen eignet.

Verbesserungen
Im Herbste 1910 wurde der alte Glockenschornstein herausgenom-

men, ein neuer gemauert und die Küche mit einem neuen
Pflaster ausgelegt. Die neue Kochmaschine im Wert von 87 M hat sich
Lehrer Ballmann auf eigene Rechnung setzen lassen, die Gemeinde hat
ihm 20 M Beihülfe gegeben. Im Jahre 1911 sind 5 neue Schulbänke
u. ein Lehrtisch angefertigt. Im Juni 1916 wurde vor dem Eingang
zur Schule eon neuer Tritt zementiert, die schadhaften Wände ober-
flächlich ausgebessert und neu gestrichen. Im November 1916 wurde
wurde die Lehrerwohnung mit einer elektrischen Leuchtanlage versehen.
Die Lampen mußte sich Lehrer Lüdke selbst beschaffen.

Im Herbst 1919 wurde das schadhafte Schulhaus durch den Regierungsbaurat und

den Kreisbaumeister besichtigt. Schulvorstand und Gem. Vertretung waren

zugegen. Der 1914 von der Regierung geplante Schulumbau für

2 Klassen war durch Krieg unterbrochen. Diese Besichtigung sollte

ergeben, ob ein Neubau unbedingt notwendig oder ob durch durch

geeignete Reparaturen der alte Bau noch lebensfähig erhalten

werden könnte. Die hohen Baukosten veranlaßten die Regierung

von einem Neubau abzusehen. Die Gem. mußte sich verpflichten,

die schadhafte Seite des Daches neuzudecken, den Schulraum

mit Ventilation zu versehen und etwa auftauchende Schäden

sofort zu reparieren. Das schadhafte Dach wurde 1910 nur mit

einem neuen First versehen. Im Frühjahr 1920 sank an der

Westseite infolge Unterspülung das Fundament heraus.

Im Sommer 1920 wurde dieser Schaden notdürftig beseitigt und

der wacklige Nordgiebel wurde neu verschalt. Die Schulstube

wurde mit elektrischer Lichtanlage versehen. Sommer 1921 wurden

der Schulofen und der Ofen in der Hinterstube der Lehrerwohnung

umgesetzt.

2. Innere Einrichtung:

Die Schule ist einklassig. Im Winterhalbjahr werden alle

Schulkinder gemeinsam unterrichtet. Vom 1. Mai bis 1. November,

ist die Sommerschule eingerichtet. Die Unterstufe bekommt im

Winterhalbjahr 20 Unterrichtsstunden, die Mittel= u. Oberstufe 30.

Die Mädchen außerdem 2 Stunden Handarbeitsunterricht. Die

Unterrichtsstunde fallen im Winter von 8 bis 11 vormittags u. an

Wochentagen von 1 bis 4 Nachmittags. Im Sommerhalbjahr wird die

I. Abteilung (Ober= u. Mittelstufe) von 7 bis 10 u. die II: Abteilung (I - III Schul=

jahr) von 1/2 11 - 1 Uhr u. am Mittwoch u. Sonnabend von 1/2 11 bis 1/2 1 un=

terrichtet.

Im Winter 1911 ist auf Grund eines von der Königlichen Regierung

vorgelegten Lehrplanes ein neuer Lehrplan für die Schule ausgear=

beitet, dergl neue Rechenverteilungen.

Änderungen in der Schuleinrichtung:

Weil die Schülerzahl stetig gewachsen und die Klasse für

alle Schüler zu klein ist, mußte seit Winter 1912 Halbtags-

schule eingerichtet werden.


Da die Schülerzahl ständig stieg, wurde am 1. April 1921

die 2 Lehrerstelle eingerichtet. Durch die neuen Richtlinien die

Volksschule neugegliedert in Grund= u. Bürgerschule.

Die 4 oberen Jahrgänge der Volksschule jetzt im Sommerhalbjahr

von 7 - 12 Unterricht, die 4 Jahrgänge der Grundschule von

1 - 5 mit Ausnahme des Sonnabendnachmittags. Im

Winterhalbjahr haben die 4 oberen Jahrgänge von 8 - 12 1/2 und

die Grundschule ja nach ausreichender Beleuchtung von 1 -5.

Mit dieser Neugliederung der Schule war auch die Aufstellung

neuer Lehrpläne verbunden.