Otto Gottlieb Böcler, 1763-1823, Pastor
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Otto Gottlieb Böcler (geb.26.1.1763 Gandenitz bei Templin, gest. 8.2.1823)
Sohn eines Pastors,
1789 Diakon der St. Nikolaikirche Wismar,
1802-1823 Pfarrer in Blankenhagen
Sein Sohn Heinrich Otto Böcler schildert in seinen Lebenserinnerungen unter anderem die Ereignisse vom 14. November 1806:
„An dem Manne ist ein General verlorengegangen“ - der wehrhafte Pastor von Blankenhagen
- Am östlichen Rande des heutigen Landkreises Bad Doberan liegt, etwa 12 km südöstlich von Ribnitz-Damgarten das Dörfchen Blankenhagen, wie der Name zu berichten weiß, ein Hagen-, also Waldrhodungsdorf, dessen Wurzeln in der Christianisierungszeit Mecklenburgs liegen..
- Abseits der großen Verkehrswege gelegen scheint das Weltgeschehen in vergangenen Jahrhunderten daran vorbeigegangen zu sein.
- In einer bischöflichen Verfügung des Jahres 1233 findet der Ort erstmalig Erwähnung.
- Die Grundherren und Obrigkeiten über das Dorf haben früher häufig gewechselt.
- Die bekanntesten und auch ältesten in dieser Chronologie waren wohl die Moltkes, denen viele Dörfer der Region gehörten.
- Am 23.August 1318 stiftet Johann Moltke eine Vikarei in der Kirche zu Blankenhagen.
- Das Stiftungsdokument gehört auch zu den frühesten Dokumenten in Mecklenburg, in dem die für die Geschichte Mecklenburgs so bedeutende Familie Moltke Erwähnung findet.
- Weniger das alltägliche Leben der Bauern, denn kriegerische Ereignisse, Epidemien und andere bedrückende Zäsuren hielten die Chronisten für aufschreibenswert, was sich auch in den Dokumenten zu Blankenhagen widerspiegelt.
- Ein Ereignis aus der Franzosenzeit scheint hier besonders erwähnenswert.
- Im Jahre 1812, im Gefolge des Rußlandfeldzuges der napoleonischen Armee kam es wiederholt zu Belästigungen und Bedrückungen.
- Als sich in jenem Jahr marodierende französische Verbände verschiedener Waffengattungen den Heideortschaften näherten, ergriffen die Brüder Böcler - der eine Oberförster in Gelbensande und der andere Pfarrer in Blankenhagen - Maßnahmen zur Verteidigung ihrer Dörfer.
- Eine Bauernmiliz wurde gebildet.
- Dem Oberförster standen hierfür reichlich Jagdwaffen zur Verfügung.
- In Blankenhagen wurden Sensen zu Säbeln umgeschmiedet und Heugabeln bereitgelegt.
- Das verabredete Alarmsignal war das Geläut der Kirchenglocke.
- Eines Morgens war es dann soweit, ein Trupp von 60 bis 70 Franzosen war im Anmarsch.
- Bereits am Vortage hatten diese die Stadt Ribnitz heimgesucht.
- Doch Pastor Böcler wollte bei aller Wehrhaftigkeit der Blankenhäger und Gelbensander unbedingt ein Blutvergießen verhindern. So traf man zuerst einmal :Vorkehrungen zur Bewirtung der Truppen wenn diese die Dorfbewohner in Frieden ließen.
- Aber auch für den unfriedlichen Fall traf man die Vorkehrungen.
- Eine Abteilung wurde zum Kirchturm beordert, um dort beim ersten Schuß die Sturmglocken zu läuten und damit die Mannschaften der Nachbardörfer herbeizurufen.
- Alsbald meldeten die Kundschafter, daß die „Franzmänner“ in etwa einer Stunde das Dorf erreichen würden.
- Der resolute Pastor lud seine Pistolen durch, dann hielt er mit seiner Gemeinde in der Kirche Morgenandacht.
- Alsbald erschien die französische Einheit. Schon die Uniformen zeigten, daß es sich um verschiedene zusammengewürfelte Waffengattungen handelte.
- Auf drei Troßwagen wurde Raubgut mitgeführt.
- Ein Disput voller Spannung begann, als sich Pastor Böcler in französischer Sprache bei dem gefährlich aussehenden Anführer nach dem Begehr erkundigte. :„Zweihundert Thaler Kontribution und Speisen für Mann und Pferd!“ forderte dieser.
- Böcler antwortete darauf, daß man zur Speisung der Truppe bereit sei, aber keinen Pfennig geben werde.
- Der Anführer stellte daraufhin ein Ultimatum von einer Stunde und drohte andernfalls mit Plünderung und Brandschatzung des Dorfes, wobei er gefährlich mit dem Säbel rasselte um den Pastor zu erschrecken.
- Doch der zog kurzerhand seine Pistolen, ließ den Hahn knacken und rief: „Leute heraus!“
- Diese traten alsbald wohlbewaffnet an seine Seite. Ein Blick zur Friedhofsmauer zeigte den Franzosen die inzwischen aus Gelbensande herbeigeeilten, mit Büchsen und Gewehren bewaffneten Forstmänner.
- Eingeschüchtert, sich entschuldigend und hungrig zogen die Franzosen nunmehr in Richtung Dänschenburg weiter.
- Im Blankenhäger Kirchspiel ließ sich fortan kein Franzose mehr sehen.
- Der Überlieferung nach war Pastor Böcler ein großer starker Mann, der nicht nur mit dem Worte, sondern auch mit der Faust recht gut umgehen konnte.
- Als der Großherzog Friedrich Franz I: die Geschichte von der Abwehr der Franzosen erfuhr, meinte er: „In dem Priester ist ein General verloren gegangen.“
- In seiner strengen Ordnungsliebe verlangte Böcler, daß auch der Dorfkrug rechtzeitig Feierabend machte und sorgte mit seinem Erscheinen dafür, daß sein Wille respektiert wurde.
- Die Gemeindemitglieder fügten sich, die jungen Leute Erbitterte jedoch sein energisches Auftreten.
- Eines Abends versammelten sie sich zahlreich im Kruge mit der festen Absicht zu trotzen.
- Als Böcler erschien und sich im Krug zu seiner vollen Größe aufrichtete, die mitgebrachte Hetzpeitsche schwang und ein „Hinaus“ donnerte, floh der Schwarm eiligst.
- Die jungen Leute verklagten ihn dann vor Gericht und die Grundherren der Umgebung bestürmten den Großherzog, Böcler zur Rechenschaft zu ziehen.
- Dieser entschied: „Toller Kerl, infamer Kerl! Müssen ein Exempel statuieren. Soll ein Jahr lang nicht auf die Kanzel, wird dann schon zahm werden!“
- Seine Vertretung durch andere Pastoren wurde angeordnet.
- Am nächsten Sonntag traf der dazu bestimmte Amtsbruder denn auch pünktlich in Blankenhagen ein.
- Auf dem Kirchhofe war die gesamte Gemeinde versammelt.
- Niemand rührte sich, dem fremden Pastor zu folgen.
- Ihm blieb nichts anderes übrig, als unverrichteter Dinge wieder nach Hause zu fahren.
- Darauf hin hielt Böcler von einem Grabhügel aus seine Predigt.
- Ein fremder Pastor wagte sich zu Böclers Zeiten nie wieder in die Blankenhäger Kirche.
- Der Großherzog aber, als er die Meldung davon erhielt, begnügte sich mit einem Achselzucken: „Mit dem Kerl ist ja doch nichts zu machen!“