Die Geschichte von Doberan als Chronologie
Version vom 25. Januar 2023, 17:55 Uhr von PeterBecker (Diskussion | Beiträge) (→Drittes Reich (1933-1945))
Um die Chronik übersichtlicher zu gliedern, existiert für jede Epoche ein eigener Artikel.
Ur- und Frühgeschichte in der Region Doberan
Zeittafel zur Geschichte von Doberan im Kontext zur Mecklenburger Historie: (zusammengestellt von Peter Becker)
- 995
- Ersterwähnung Mecklenburg(Michelenburg)
- 1160
- Heinrich der Löwe besiegt Niclot
- 1167
- Pribislaw wird nach Taufe belehnt mit Obotritenr.
- 1171
- Klostergründung der Zisterzienser in Althof
- 1177
- Doberan als „villa slavica“ erwähnt
- 1178
- Pribislaw stirbt bei einem Turnier in Lüneburg
- 1179
- Kloster zerstört und Mönche getötet
- 1186
- Neugründung Kloster in Doberan
- 1201
- Heiligblutreliquie zieht Pilgerscharen an
- 1219
- Gebeine Pribislaws werden nach Doberan überführt
- 1232
- Weihe der rom. Kirche durch Bischof Brunward
- 1285
- verm. mit Umbau zur got. Kirche begonnen
- 1280 ab
- Bau weiterer Wirtschaftsgebäude
- 1291
- Blitzschlag(keine Schäden an Kirche nachweisbar)
- 1300
- got. Kirche zumind. rohbaufertig
- 1301
- Glockenguß unter Abt Johann von Elbing
- 1302
- Flut vom… ev. verantw. für Legende vom Heilig. D.
- 1310 um…
- lithurg. Funktionsfähigkeit der Kirche gegeben
- 1337
- Mönchskrieg offiziell beendet
- 1348
- Albrecht II. und Bruder Johann werden Herzöge
- 1368
- Bischof von Bülow weiht die got. Kirche
- 1402
- Abt Joh. Plate erhält vom Papst die Bischofswürde
- 1478
- Provinzialkapitel für Klöster nach Dob. einberufen
- 1530
- Kaiser Karl V. nimmt Kloster unter seinen Schutz
- 1552
- Auflösung(Säkularisierung) des Klosters
- 1586
- Generalrestaurierung Kirche durch Elisabeth
- 1610
- Kapelle Althof als Backhaus genutzt
- 1623
- In der „Vorstadt“ wohnen etwa 120 Menschen
- 1636
- Holzlieferungen für Schwedenschanze Warnemünde
- 1637 bis 1638
- Schäden durch 30-jährigen Krieg
bis zur napoleonischen Zeit (bis 1813)
- 1650
- Generalrep. Münster; Dob. hat 100 EW
- 1675
- Friedensverhandl. zw. Schweden und Brandenb.
- 1681
- Gründung einer Brandgilde in Doberan
- 1707 - 1713
- Prinz(seit 1713 Herz.) Karl Leop. res. in Dob.
- 1716
- Lindenh. erhält Schankrecht u. wird Krug u. Postst.
- 1717
- In der „Vorstadt“ werden 19 Häuser registriert
- 1730
- 250 EW in Doberan
- 1750
- 500 EW in Doberan
- 1762
- Wollmanufaktur im alten Schloss und Wollscheune
- 1763
- Torhaus, verm. ältest. Gebäude nach der Säkolaris.
- 1767
- 38 Häuser, 20 halbe Häuser und 3 Buden registriert
- 1770
- Gaststätte "Zum Ochsen" mit Ausspanne
- 1782
- zweite Schulst., bis zu 150 Schüler pro Klasse(wo?)
- 1783
- Wohnhaus Kammerhof durch Seydewitz gebaut
- 1793
- Gründung des 1. Dt. Seebades Heiligendamm
- 1793 -1801
- Bauten von Seydewitz(Logier-, Amts-,Badeh.)
- 1795
- Flecken Doberan hat etwa 900 Einwohner
- 1795
- Anlage des Englischen Gartens und des Kamps
- 1795
- erster Brückensteg in Heiligendamm
- 1798
- 540 Gäste, dar. Hufeland und Thaer
- 1801
- Errichtung eines Damenbades in Heiligendamm
- 1801 – 1836
- Schaffung der Bauten Severins
- 1802
- Eröffnung der Goldbank im Logierhaus
- 1802
- Verbot von Strohdächern
- 1804
- erste Pferderennen auf freiem Felde
- 1806
- erste Vorstellung im Schauspielhaus(Graf Hahn)
- 1807
- Fr. Fr. I. kehrt aus 1-jähr. Exil zurück u. wird gefeiert
- 1807
- 127 Häuser und 1.349 EW
bis zur Reichseinigung (bis 1871)
- 1816
- Blücher erholt sich in Doberan. Er soll bei der Gelegenheit im Casino die Bank gesprengt haben.
- 1817
- 165 Häuser und 1777 EW
- 1819
- Madame Reichard mit Heißluftballon
- 1821
- Erbohrung einer Eisenquelle
- 1822
- erstes Galopprennen mit Vollblutpferden und Gründung des „Doberaner Rennvereins“
- 1824
- Dampfschifffahrt Travemünde-Heil.d.-Kopenhagen
- 1824
- Mendelssohn Bartholdy weilt in Doberan
- 1825
- Silberbank eröffnet im Lindenhof
- 1826
- Fr. Fr. I. stiftet Wanderpokal „Goldene Peitsche“
- 1830
- Neuer Friedhof und Altstadt entstehen; 2.210 EW
- 1836
- Severin stirbt in seinem Haus in Doberan(Grabst. ?)
- 1837
- Fr. Fr. I., Leop. von Plessen und S. v. Vogel sterben
- 1838
- Demmler beginnt Bautätigkeit in Heiligendamm
- 1839
- Masch.fabr. u. Eisengieß. Kähler prod. Landmasch.
- 1841
- Versamml. dt. Land- u. Forstw. in Dob.(900 Gäste)
- 1841/42
- Überbauung Bäche Alexandrinenplatz und Markt
- 1842
- Gh. Paul Fr. stirbt am 07.03.1842 im Alter von nur 42 J.
- 1843
- Findling von 220 t von Elmenh. nach Hd. in 100 Tg.
- 1846
- Bürgerschule im Kornhaus
- 1846
- Kaltwasseranstalt in der Neuen Reihe
- 1850
- Allee nach Hd. wird mit holl. Linden angelegt
- 1850
- 3531 EW
- 1850 um
- Frh. von Drais fährt mit Laufrad auf dem Kamp
- 1863
- Gründung des Doberaner Sportvereins
- 1868
- Verbot des Betr. von Spielbanken durch norddt. Bund
- 1871
- Gärtnerhaus im Palaisgarten entsteht
Kaiserreich (1871-1918)
- 1871
- Gärtnerhaus im Palaisgarten entsteht
- 1872
- Jahrhundertflut mit schweren Schäden
- 1873
- Seebad wird wegen finanz. Probl. an AG verkauft
- 1877
- Wirken Möckels beginnt
- 1879
- Doberan erhält Stadtrecht
- 1879
- Progymnasium eingew.(Puppenh. Beethovenstr.)
- 1879
- Salongeb. wird Rathaus und Amtsger. – 4500 EW-
- 1880
- Park. Weg, G.-str., Dammch., N. Reihe, Sever.str.
- 1883
- Gh. Fr. Fr. II. verstirbt am 15. April kurz nach seinem 60.
- 1883
- Eisenbahnstrecke Rostock-Doberan
- 1884
- Eisenbahnstrecke Wismar-Rostock
- 1885
- Baron von Kahlden wird der all. Besitzer v. Hd.
- 1886
- Molli nimmt Betr. auf, 1910 bis Brunshaupten
- 1887
- Postbaurat Perdisch aus SN err. das Postgebäude
- 1888
- Aufstockung des Stahlbades mit dem Festsaal
- 1889
- Gymnasium nimmt Betrieb auf
- 1894
- Lindenhof wird vergrößert(Hotel)
- 1902
- Bau der Turnhalle am Gymnasium
- 1903
- Gaswerk am Bahnhof
- 1908
- Glashäger Mineralquelle
- 1910
- Verk. von Hd. an den Schriftst. Walter John-Marlitt
- 1911
- Konkurs, Bildung der Ostseebad Heiligend. GmbH
- 1912
- Villa Feodora entsteht
- 1912
- Stromversorgung
- 1913
- Gründung Heimatmuseum von Doberan
- 1913
- Sturmflut in Silvesternacht
- 1914 -18
- Kartoffelanbau in Notzeiten auf dem Kamp
Weimarer Republik (1918-1933)
- 1919
- das erste Kino wird eröffnet(Mollistraße)
- 1921
- Doberan wird Bad
- 1921
- Die Sparkasse wird eröffnet(Sitz im Ratshaus)
- 1922
- chem. Fabr. Walkenhg.(Pr. v. Nikot. u.Tabakextr.)
- 1924
- Baron Oskar von Rosenberg aus Zürich rettet Hd.
- 1927
- Besuch Hindenburgs beim Pferderennen
- 1927
- Bau des Wasserturmes mit Wasserleitung
Drittes Reich (1933-1945)
- 1932
- Adolf Hitler wird Ehrenbürger von Bad Doberan
- 1933
Alltag unterm Hakenkreuz (Teil 3) OZ, 2.1.1993 * Brennende Fackeln im Januar 1933
- 31. Januar 1933. Der „Niederdeutsche Beobachter" meldet: „Mecklenburg jubelt! Regierung und Volk bekennen sich zum neuen Führer des Reiches-Huldigungstelegramme „ Machtvolle Kundgebungen im Gaugebiet. Punkt 1 auch der Tagesordnung der Doberaner Stadtverordnetenversammlung: „Ehrung des zum Reichskanzler ernannten Ehrenbürgers der Stadt Adolf Hitler“.
- Auch die Ortsgruppe der NSDAP in Bad Doberan begrüßte die „nationale Wende". Gemeinsam mit dem SA-Sturm 21/90 setzte sie einen Fackelzug an. Er formierte sich am Abend vor dem „Lindenhof“. Jungvolk, Hitlerjugend und NS-Frauenschaft waren zur Stelle. Mit der Stadtkapelle und dem Satower SA-Spielmannszug an der Spitze, wälzte sich der Zug durch die Straßen der Stadt. In der Regionalpresse stand: „Überall hatten sich zahlreiche Menschen angesammelt, die den Fackelzug begeistert begrüßten". Vor dem Kriegergedenkstein 1870/71 dann die "packende Ansprache" des Ortsgruppenleiters der NSDAP, die in ein „Sieg heil!" ausklang.
- Viele am Straßenrand waren fasziniert von der nationalen Woge. Sie erwarteten jetzt Arbeit und Brot, Ordnung und Sicherheit, den Beginn einer besseren Zeit überhaupt. Vielleicht war auch unter den Zuschauern jene Abiturientin aus einer angesehenen Adelsfamilie, die wenige Tage später am Gymnasium im Deutschaufsatz ihre Ansichten darlegte. Sie schilderte die Folgen der Weltwirtschaftskrise auf Deutschland: die Stillegung der Fabriken, den Ruin großer Teile der Landwirtschaft, die Arbeitslosigkeit, Demoralisierung und Radikalisierung der Politik. Ihre Meinung: „Alle diese Übel lassen sich nur beseitigen, wenn sie bei ihrer Wurzel, der Arbeitslosenfrage angepackt werden. Es ist gleich, auf welche Weise es geschieht, es muß nur bald geschehen.“
- Mitglieder linker Arbeiterparteien und der Gewerkschaft hatten wiederum andere Vorstellungen von der Lösung dieses Problems. Sie liefen auf die Reformierung oder die revolutionäre Überwindung des Weimarer Systems hinaus. Weit verbreitet war aber unter allen die Illusion, daß Hitler bald wieder abwirtschaften würde. Auch Kräfte aus dem Bürgertum, die diesem abwartend gegenüberstanden, hatte sie. Doch dieser trat nicht wieder ab. Er konnte den Umstand nutzen, daß die Talsohle der Wirtschaftskrise durchlaufen war. „In 1 bis 2 Monaten", so hatte Goebbels am 30. Januar in seinem Tagebuch notiert, „haben wir Ruhe und Ordnung in Deutschland wieder hergestellt.
- Auch in Bad Doberan sorgten die Nationalsozialisten für „Ruhe und Ordnung". Erinnert sei an den 19. Februar 1933, als die SA aus Bad Doberan, Satow und Rostock die antifaschistische SPD-Demonstration in der FriedhofStraße abriegelte und in den Zug feuerte. Der Reichsbannermann Ernst Wolff wurde dabei durch einen Brustschuß tödlich getroffen. Der Reichstagsbrand vom 27. Februar führte auch zum Ausnahmezustand im Kreisgebiet. Den Polizeiakten im Stadtarchiv Bad Doberan ist zu entnehmen, daß Haussuchungen jetzt auf der Tagesordnung standen. Sie erfolgten z. B. am 17. März bei Funktionären des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold und der eisernen Front, die einst zum Schutz der Demokratie von der SPD geschaffen worden waren. Am 2. Mai beschlagnahmten zehn „Hilfspolizisten" der SA und ein Polizeikommissar das Vermögen der Gewerkschaften. Wer dagegen protestierte, wie der Genossenschaftsfunktionär Heinrich Brügge, kam in „Schutzhaft". * So lautete die Umschreibung der Überweisung ins Gefängnis, Zuchthaus und KZ. Ein Verzeichnis der vom 28. Februar bis 18. Mai Inhaftierten registrierte 17 Personen. Unter ihnen befand sich Adolf Arendt, Vorsitzender der KPD Bad Doberans, ab 2. Mai in Berlin inhaftiert, ferner Hans Christiansen, Vorsitzender des Holzarbeiterverbandes, und Otto Lange, Kassierer der Freien Turnerschaft. Zuerst. Zuerst waren die Arbeiterfunktionäre dran. Bald folgten andere, die in Opposition zum NS-Regime standen, z. B. der Oberpostschaffner a. D. Albert Schwanck (Deutschnationale Volkspartei) „wegen Verbreitung von Gerüchten und Herabsetzung der Autorität des Staates", der Pastor i. R. Martin Jacoby, der vermutlich der Bekennenden Kirche angehörte, der Landwirt Erich Picht. - Die Fackeln, die da am 30. Januar brannten, sollten nicht nur den Gegner im Innern versengen, sondern bald auch die Welt(Dr. Hermann Langer)
Alltag unterm Hakenkreuz OZ, 9.1.1993
- Das erste Jahr unter Hitler
- „Mecklenburg wird dann erst frei, wenn Du wählst die Liste 3" - mit dieser Parole war die NSDAP zu den Landtagswahlen 1932 angetreten. Wie sah nun die neue Freiheit aus? Manche ältere Bürgerinnen und Bürger aus Bad Doberan erinnern sich: Es ging für viele wieder aufwärts. Ein Arbeitsbeschaffungsprogramm brachte 250 Arbeitslosen Lohn und Brot. In Notstandsarbeiten pflasterten sie z. B. die Alexandrinen- und Hindenburgstraße und gaben dem Stadtgut Kammerhof, dem Rathaus und der Stadtschule ein neues Aussehen. Baugewerbe und Wirtschaft florierten durch Reichszuschüsse. Die Sparkasse, durch einen Neubau erweitert, gewährte wieder Darlehen, Hypotheken und Zwischenkredite. Hatten die Spareinlagen der Bevölkerung Ende 1932 noch 183 000 Reichsmark betragen, so stiegen sie bis Ende 1933 auf 294 000 Reichsmark an. Die Schulabgänger hatten wieder eine Perspektive, so die 18 Lehrlinge, die im April an der Gewerbeschule ihre Gesellenprüfung ablegten.
- Es gab mitunter auch Spektakuläres. „Vatermord in Parkentin. Sohn schneidet seinem Vater die Kehle durch", lautete die Schlagzeile des „Niederdeutschen Beobachters" vom 15. April. Die Tat des 27jährigen Bauernsohnes, der seinen Vater im Streit um die Art der Aussaat umgebracht hatte, erregte vorübergehend die Gemüter. Gelassener nahm die Mehrheit die Straßenumbenennungen hin. Aus der Dammstraße wurde die Friedrich-Hildebrandt-Straße, aus der Straße am Rathaus die Hindenburg-Straße und aus dem Schulzen- der Horst-Wessel-Platz.
- Das NS-Regime sorgte auch für die Unterhaltung. Der 1. Mai wurde erstmals als „Tag der nationalen Arbeit" begangen. Um 6.00 Uhr früh weckte die SA. Es ging um 8.00 Uhr weiter mit Flaggenhissen, Glockenläuten und Sirenengeheul. Danach Rundfunkübertragung aus Berlin, Feldgottesdienst und das Pflanzen einer Adolf-Hitler-Eiche auf dem Kamp. Nachmittags dann die gemeinsame Kaffeetafel von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, der große Festzug und ab 22.00 Uhr endlich der „Deutsche Tanz" in allen Sälen. Der wärmende Gedanke, in einer neuen Volksgemeinschaft geborgen zu sein, begann zu greifen.
- Der Sommer hatte weitere Höhepunkte. Am 21. Juli wurde das „Heimattreffen der Mecklenburger" im Münster mit der Aufführung des „Messias" eröffnet. Am folgenden Samstag führten eine Riege des Turn- und Sportvereins von 1863, der Männergesangverein „Liederfreund" und die Doberaner Kurkapelle Proben ihres Könnens vor. Und am Sonntag dann das Doberaner Rennen, von dem der „Niederdeutsche Beobachter" am 24. Juli zu berichten wußte: „Alle Tribünen und anderen Plätze waren sehr gut besucht. Das ganze Bild wurde aber beherrscht von den Marschkolonnen des Dritten Reiches, der SS, SA, Hitlerjugend sowie vom Stahlhelm.“ In der Fürstenloge bemerkte man u. a. den Reichsstatthalter, das Großherzogspaar, SA-Oberführer Fust und andere Amtswalter der NSDAP." Das Rennen der Reitervereine (ca. 1000 m) gewann ein H. Uplegger auf „Caspar", das Offiziersflachrennen Oberleutnant Radeke vom Reiterregiment Nr. 14 (Ludwigslust) auf dem Pferd „Hohenau".
- Das Kurhaus-Fremdenbuch registrierte regen Besuch, z. B. am 1. August unter Nr. 91 Dr. Goebbels mit Frau. Unter der Rubrik „Stand oder Beruf" war jetzt „Reichsminister Berlin" eingetragen. Für den 15./16. August trug sich auch Leni Riefenstahl, Filmschauspielerin aus Berlin, ein.
- Ein Thema der Sommersaison war der „Schönheitswettbewerb für Kraftwagen" in Heiligendamm, veranstaltet am 13. August vom Allgemeinen Deutschen Automobil-Club (ADAC) Gau VIb Mecklenburg. Der Rennfahrer Stuck aus Berlin erwarb hier durch Abstimmen des Publikums mit 142 Stimmen das „Blaue Band von Ostseebad Heiligendamm".
- „Den Teufel spürt das Völkchen nie, und wenn er sie beim Kragen hätte", kommentiert Mephisto in Goethes „Faust". Viele ahnten kaum, was sie sich mit dem NS-Regime eingehandelt hatten. Die von den Nationalsozialisten verheißene Freiheit hatte ihren Preis. Ihn hatten nicht nur die organisierte Arbeiterschaft und engagierte Demokraten zu zahlen.
- Ins Visier waren die jüdischen Mitbürger geraten, die als „Sündenböcke" für nicht eingelöste Versprechen der neuen Politiker herhalten mußten. So erfolgte am 1. April in Neubukow der Boykott jüdischer Geschäfte. „Deutsche, kauft in deutschen Geschäften nur bei deutschen Fachleuten Uhren, Gold und Silberwaren", hieß es in einer Anzeige der Regionalpresse. Fritz Burchard erinnert sich in einem Brief an den Heimatforscher Walter Haak vom 7. März 1987: „Ich fühlte mich so als Deutscher, wie eben jeder andere deutsche. Die Religionsfrage wurde nie angeschnitten. Ich hatte meine Freunde und besuchte die Oberrealschule in Wismar. Anfang 1933 merkte ich, daß ich doch nicht mehr in Neubukow, vielleicht auch nicht mehr in Deutschland bleiben konnte. Plötzlich wandten sich Freunde und Bekannte von mir ab. So ging ich nach Amsterdam und bereitete meine Reise nach Brasilien vor..."
- Fritz Burchard hatte Glück. Für manche führte der Weg in den Holocaust. - Alltag unterm Hakenkreuz. Das Kreuz hatte viele Haken(DR. HERMANN LANGER)
Alltag unterm Hakenkreuz (Teil 5) OZ,16.1.1993
- Vor jeder Schulstunde: „Heil Hitler, Herr Lehrer!“
- Auch an den Schulen zieht der braune Alltag ein. Schuldiener ziehen Hakenkreuzfahnen hoch und bringen an sichtbarer Stelle Porträts vom neuen „Volkskanzler“ an. Manche Lehrer tragen nagelneue braune Uniformen zur Schau. Waren es in Rostock-Stadt und Land vor dem 1. November 1932 nur 21 Lehrer, die der NSDAP angehörten, so folgen bis zum 1. Mai 1933 weitere 58, die - im Volksmund spöttisch „Märzgefallene" oder „Märzveilchen" genannt-bei der neuen Bewegung ihr Heil versuchen. Alle anderen sind gezwungen, zumindest dem Nationalsozialistischen Lehrerbund (NSLB) beizutreten. Zögernd tun das auch Mitglieder des Lehrervereins Bad Doberan, dessen liberale Traditionen bis in das Jahr 1844 zurückreichen.
- „Heil Hitler, Herr Lehrer!" - Mit diesem Gruß betraten seit Ende Juni 1933 - noch kurz vor den 'Hundstagsferien'- 550 Schülerinnen und Schüler in Bad Doberan die Schule. Nur wenige Pädagogen, wie der Zeichenlehrer Willi Hennig-Hennings, wagten es, den Gruß zu verweigern oder ihn allenfalls anzudeuten. Doch anders dachte der Leiter der privaten höheren Knaben- und Mädchenschule zu Brunshaupten und Arendsee (heute: Kühlungsborn), die 72 Schülerinnen und Schüler aufwies, darüber. „Es ist ein herrliches Sinnbild", so notierte er in der Chronik, daß „jede Unterrichtsstunde mit Heil Hitler begonnen und geschlossen wird." Und er wertete Rituale wie „Deutscher Gruß" und „Feierliche Fahnenehrung" als „eine Mahnung an Lehrer und Schüler, daß alle Erziehung, aller Unterricht, alle Arbeit in der Schule geleistet werden muß im Dienste des Führers aus nationalsozialistischem Denken zum Wohl von Volk und Vaterland."
- Die materielle Situation an den Schulen war nicht spürbar besser geworden. Auf den Dörfern besuchten die Schülerinnen und Schüler zumeist eine ein- oder zweiklassige, in Satow eine fünfklassige Schule. In Bad Doberan platzte die Volksschule aus den Nähten. Der Ankauf der alten Superintendentur im Jahre 1936 zum Unterbringen der Mädchenklassen erwies sich nur als Notlösung. Ähnliche Probleme hatte das Gymnasium Friderico-Francisceum. Seit Jahren mußten Unterklassen in das Prinzenpalais umgesiedelt werden. Daneben gab es für Mädchen die private höhere „Elise-Albrecht"-Schule. Volksschulabgänger konnten die Gewerbe- und Kaufmannsschule besuchen.
- Unterdessen kam die „Gleichschaltung" in Schwung. Nach dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" vom 7. April 1933 wurden wiederholt Schulbeamte und Lehrer als Angestellte des öffentlichen Dienstes überprüft. Ins Visier gerieten diejenigen, die nach dem 9. November 1918 ihre Tätigkeit aufgenommen hatten, und die sogenannten „Nichtarier". Am 13 Juli versicherte der Rektor de Doberaner Stadtschule seiner vorgesetzten Behörde, daß die Mitglieder seines Kollegiums „durchaus die Gewähr" bieten, „jederzeit rückhaltlos für den nationalen Staat" einzutreten. Ab August hatten die Lehrkräfte eine schriftliche Erklärung nach folgendem Muster abzugeben:
- „Erklärung - Ich erkläre hiermit an Eidesstatt, daß ich der SPD nicht vom ... bis ... als Mitglied angehöre oder angehört habe."
- Manche fügten übereifrig, wie der Lehrer der Schule von Detershagen, hinzu, daß man „bereits mehrmals nationalsozialistisch gewählt habe" und sich „ seit Jahr und Tag nach bestem Wissen und Können bemühe, nationalsozialistisches Gedankengut zu verstehen und der deutschen Jugend zu vermitteln. " Bald waren auch die Mitglieder ehemaliger Freimaurerlogen dran. Der am Doberaner Gymnasium amtierende Oberstudienrat Helmuth Gaedt wurde aus diesem Grunde am 1. Oktober 1937 entlassen.
- Richtungweisend für das, was im Unterricht zwischen dem Austausch des Hitlergrußes inhaltlich ablief, war Hitlers Erziehungsauftrag. Er wollte nur „Kerle statt Köpfe". Dementsprechend stand bald auf den Stundentafeln die „Leibeserziehung" oben an. An zweiter Stelle rangierten die „deutschkundlichen Fächer" (Deutsch, Geschichte, Erdkunde, Naturkunde bzw. Biologie, Zeichnen bzw. Kunsterziehung und Musik). Sie hatten zur „Entwicklung des Charakters" beizutragen. Die „wissenschaftliche Schulung" in den übrigen Fächern kam zuletzt, wobei auch hier NS-„Gedankengut" einfloß. Neue Lehrbücher erschienen, z. B.: 1934 die Fibel „Pimpf und Küken", 1935 in einer Neubearbeitung das erste Lesebuch für Mecklenburger Kinder „Heini und Lene". Ranzenträger eigneten sich hier u. a. zu einem Bild mit Hakenkreuzfahnen, marschierender SA und stramm grüßenden Passanten die Schreibweise des Hitlergrußes an. Sie buchstabierten Texte über raufendes Jungvolk, kantige Hitlerjungen und lasen Auszüge aus Führerreden. Und sie lernten Gedichte wie „Aus Jungen werden Soldaten". Eine Strophe lautete: „Ein scheckiges Pferd, ein blankes Gewehr und ein hölzernes Schwert, was braucht man denn mehr?" Besonders einschneidende Veränderungen erfuhren Naturkunde und Biologie. Nach einem Schweriner Erlaß vom 12. Dezember 1933 waren in den Abschlußklassen „Vererbungslehre und Rassenkunde" zu behandeln. Hier wurde die Lehre vom „deutschen Herrenmenschen" propagiert.
- Während aus der Kreislehrerbücherei Rostock Werke von Heinrich und Thomas Mann, Lion Feuchtwanger und Kurt Tucholsky aussortiert wurden, schaffte die Ausgabestelle Satow Hitlers „Mein Kampf" und die „Einführung in die Rassenkunde" von Meil und Miehlke an. Der braune Ungeist gewann an Boden(DR. HERMANN LANGER)
- 1934
- Heimatmuseum im Möckelhaus
- 1936
- Eingemeindung von Heiligendamm
- 1936
- Bad Doberan hat 7000 EW
- 1939
- Heiligendamm wird für Heereszwecke beschlagnahmt
- 1939
- Eingemeindung von Althof
- 1939 bis 1941
- Kamp-Lichtspiele von L. Elbrecht gebaut
- 1941
- GmbH-Besitz von Heiligendamm für 1,7 Mio an die Reichsmarine
- 1942
- Heiligendamm erhält schwarzen Tarnanstrich
- 1943
- Seekadettenschule in Heiligendamm
- 1943
- einziger Bombenangriff auf Heiligendamm (1 Toter, einige Verletzte)
- 1945
- Doberan wird am 2. Mai kampflos der Roten Armee übergeben
SBZ und DDR (1945-1990)
- 1948
- Beginn Kurbetrieb in Heiligendamm
- 1949
- Sturmflut am 1. März mit schweren Schäden
- 1949
- Jugendherberge auf dem Tempelberg
- 1955
- Eingemeindung von Vorder Bollhagen
- 1956
- Eingemeindung von Stülow
- 1957
- Bauen auf dem Buchenberg beg. (auch AWG gegr.)
- 1961
- Eingemeindung von Glashagen
- 1979
- Brandstiftung Wirtschaftsgebäude Kloster
- 1983
- Eröffnung Bädermuseum im Möckelhaus
die heutige Zeit
- 1990
- Erstes Zappakonzert in der Klosterruine Althof
- 1992
- Ausschreibung Heiligendamms
- 1993
- Gründung des Zappavereins
- 1993
- Wiedereröffnung der Galopprennbahn
- 1995
- Fundusgr.(Jagdfeld) erwirbt Heiligendamm für 15 Mio DM
- 1996
- Fundusgruppe erhält Zuschlag für Heiligendamm
- 1996
- Eröffnung der Reha-Klinik Moorbad in Bad Doberan
- 1997
- Eröffnung der MEDIAN-Klinik in Heiligendamm
- 2000
- Bad Doberan erhält die Anerkennung als Heilbad
- 2002
- Einweihung der Zappabüste
- 2003
- Kempinski Grand Hotel eröffnet in Heiligendamm
- 2005
- Bad Doberan erhält ein neues Rathaus
- 2007
- Aufhebung der Ehrenbürgerschaft Adolf Hitlers
- 2007
- G8 Gipfel in Heiligendamm
- 2014
- Heiligend. darf mit dem Titel „Seeheilbad“ werben
- 2014
- Treffen Bundespräsident J. Gauck mit Amtsbrüdern