Chronologie und fortlaufende Ortschronik von Ribnitz: Unterschied zwischen den Versionen
Zeile 442: | Zeile 442: | ||
==Über Ribnitzer Flurnamen== | ==Über Ribnitzer Flurnamen== | ||
+ | |||
+ | ==="Orts- und Flurnamen der Stadt Ribnitz (Von Richard Suhr 1957)=== | ||
+ | |||
+ | Unsere Orts- und Flurnamen bilden für den Heimatforscher einen reichen Quell, aus dem er für die verschiedensten wissenschaftlichen Gebiete eine Fülle von Erkenntnissen zu schöpfen vermag. Sie haben mit der Gegenwart ihren Abschluß noch nicht gefunden und reichen zum Teil bis in die fernste Vergangenheit zurück. Mithin geben sie Kunde von alledem, was im Laufe der Jahrhunderte Sinn und Herz der jeweiligen Bevölkerung bewegte und beschäftigte. | ||
+ | Unser Stadtteil Ribnitz blickt im Jahre 1958 auf das achtunggebietende Alter von 725 Jahren zurück, aber die Gründung des Ortes als wendische Fischersiedlung müssen wir noch einige Jahrhunderte zurückverlegen. Der Name versetzt uns in die Zeit vor über 1000 Jahren, als das Volk der Wenden aus fernen Landen auswanderte, um sich eine neue Heimat zu suchen. Eine wendische Sippe ließ sich auf der hiesigen Flur nieder, die ihr in reichem Maße alles bot, was sie zur Fristung ihres Lebens gebrauchte: Wälder voller Wild, Gewässer voller Fische und geeigneten Boden für ihr primitives Ackergerät. Die Wohngruben wurden ausgehoben, einfache Hütten errichtet, und als der Fischreichtum des Binnensees offenbar wurde, war die Namensfrage gelöst, man nannte die Siedlung Rybanitz, das ist Fischort („Ryba“ = Fisch, „itz“ = Ort). | ||
+ | Es ist verständlich, daß alle Ereignisse aus der Geschichte des Ortes, die mit Kampf und Tod zusammenhingen, sich am tiefsten einprägten und in den Ortsbezeichnungen infolgedessen in besonderem Maße ihre Überlieferung und ihren Niederschlag fanden. So erinnerte der „Strieblingsberg“ als „Striedebrink“ (das ist Kampfrasen) noch heute an die Schlacht im Jahre 1322, „wo Hinnerk twei, de Löw, den Pommer Witzlaff krüzlahm slög“. | ||
+ | In die Zeit des 30jährigen Krieges versetzt uns die Bezeichnung „Damgartsche Wall“. Er befindet sich auf dem Wiesengebiet, das heute von Paß, Bahn und Chaussee begrenzt wird und erinnert an die Laufgräben, die der Schwedenkönig Gustav Adolf vor der Erstürmung der Stadt Ribnitz im Jahre 1630 aufwerfen ließ. In derselben Zeit dürfte auch die im Süden von Ribnitz liegende „Schanze“ entstanden sein. Mit der Kriegführung ist sodann sicher auch der „Schusterwall“ am Graben in Verbindung zu bringen, der wahrscheinlich den Verteidigungsabschnitt der ehrbaren Schuhmacherzunft in Kriegszeiten bildete. | ||
+ | Ein schauerlicher Pfad war vermutlich der „Richtsteig“, der früher über das Bamberg‘sche Grundstück hinweg auf den Bahnübergang am Neuhöfer Weg zuführte. Er diente nicht nur der Bequemlichkeit der Neuhöfer, die bei ihren Stadtbesuchen in „die Richt“ gingen, sondern war jedenfalls der Armsünderweg für alle diejenigen, die dem Schwert oder Beil verfallen waren. Dicht hinter der Bahn findet man hart an der rechten Seite des Weges nach Neuhof das „Blutstück“ und an der linken Seite das „Kopfstück“. „Nach unserer Familienüberlieferung ist hier früher viel Blut geflossen“, so erklärte mir ein älterer Bürger diese Flurbenennung, und wir gehen wohl nicht fehl, hier die Stätte zu suchen, an der der Scharfrichter seines schaurigen Amtes waltete. Viel Kopfzerbrechen machte den Leuten von jeher die Deutung des Namens „Köppenberg“. Einige wenige wollten ihn mit , „Bergkuppe“ in Verbindung bringen, aber die meisten witterten Blut. Manche ließen den alten Seepiraten Klaus Störtebeker hier seine Freveltaten mit dem Kopf büßen, während andere ihn selbst zum Scharfrichter über unbotmäßige Raubgesellen setzten. Dem Verfasser unserer Stadtchronik, Dr. Kühl, ist es jedoch gelungen, aus den Gutsakten des Dorfes Pütnitz festzustellen, daß der Köppenberg in früheren Zeiten die Richtstätte dieser Ortschaft war. Allgemein bekannt ist der „Schneidersprung“ am Körkwitzer Bach, an dem vor Jahren ein Schneider seinem Leben durch Ertränken ein Ende machte. | ||
+ | Auf ein friedlicheres Gebiet begeben wir uns mit den Bezeichnungen, die sich aus den besonderen Bodenverhältnissen ergeben. Mit grimmigem Humor poltert der Ackerbürger den Spottvers vom „Nedde1rad“ und dem Hund: „In’n Neddelrad sch... dei Hund di wat!“ um die Unfruchtbarkeit dieses Gebietes zu charakterisieren, und ähnliche Vorstellungen wecken bei uns die Bezeichnungen „Sandhufe“ und „Bullerbarg“. „Penningsbrink“ und „Kloeterpott“ haben ihren Namen den Pflanzen Pfennigskraut und Klappertopf entliehen. Ein Gebiet von großer Fruchtbarkeit trägt zutreffend den klangvollen Namen „Güldengrund“. – „Dei kolle Pogg“ ist wie geschaffen, ein Tummelplatz der Frösche zu sein, und die Blutegel finden eine prächtige Heimstatt in dem sumpfigen „Ihlenpaul“. Auch für besondere Formen der Ackerstücke prägte der Volksmund besondere Bezeichnungen, wie zum Beispiel „Auf der Stoht“ für das Wiesenstück, das am weitesten gegen Pütnitz vorstößt; „Hörn“ = Spitze; „Lange Wiese“, ‑ „Swoegenstiert“ = Schwalbenschwanz und „Stäwelschacht“ = Stiefelschaft. | ||
+ | Manche Erinnerungen an alte Gerechtsame und Bestimmungen werden wieder wach in folgenden Namen: „Wohrdländer“ = Ackergrundstücke, die ein Vorrecht für Häuser bilden, „Hl.-Geist-Wohrdland“ = Kirchenacker. Auf dem „St. Jost“ stand wahrscheinlich die Kapelle gleichen Namens. Diese Annahme gewinnt dadurch an Glaubwürdigkeit, daß man hier noch in jüngster Zeit Bausteine fand. „Kuhwiese“ erklärt sich aus sich selbst, „Kalwerkaben“ war ein eingefriedigter Raum für Jungvieh. „Papenhörn“ und. „Mönchland“ sind Kirchenacker; „Auf der Drift“, „Ackerweg“, „Hufenweg“ und „Alte Brak“ sind wieder leicht verständlich; auf dem Feldstück „Bei den Borgstegen“ befand sich eine Brücke zum Borger Gebiet. „Auf dem Schlüsenbarg“, dessen Name von der Klosterbachschleuse abgeleitet sein dürfte, finden die Ribnitzer ihre letzte Heimstatt, weshalb man oft von Alten und Kranken die Redewendung hört: „Ick möt woll bald nah‘n Slüsenbarg trecken.“. | ||
+ | Längst entschwundene Industriezweige werden vor unseren Augen wieder lebendig in den Ausdrücken: „Beim Ziegelhofe“, „Bleicherberg“, „Hemphöfe“ (Hanfhöfe) und „Salzborn“. Der letztere liegt an der Scheide von Klockenhagen und diente um 1600 zur Salzgewinnung. | ||
+ | Der „Wulfsbarg“ am Rostocker Landweg, dessen höchste Erhebung „Wulfskopp“ heißt und der Namensvetter südlich vom alten Borgweg geben Kunde von den Wölfen, die unsere Heimatflur früher unsicher machten. Von dem letzteren weiß noch der Volksmund zu erzählen, daß ein Musikant in eine hier angelegte Wolfsgrube gestolpert sei und nun zwangsweise einem bereits gefangenen Wolfe Gesellschaft leisten mußte. Mit seinem Klarinettspiel hat er jedoch das Untier so lange in Schach gehalten, bis er am Morgen aus seiner bedrängten Lage befreit wurde. | ||
+ | Von besonderem Interesse dürfte nun noch die Erklärung einiger Straßennamen sein. An der „Hl.-Geist-Straße“ lag die Kirche gleichen Namens, am Ausgang der „Mühlenstraße“ die Wassermühle. Der seewärts gelegene Teil der Mühlenstraße hieß früher die „Scharfrichterstraße“, weil der Scharfrichter hier seine Wohnung hatte. Da dieser auch gleichzeitig das Amt eines Schinders bekleidete, bürgerte sich der Name „Schinnerstrat“ ein, eine Benennung, die später als anrüchig empfunden und deshalb ebenfalls in Mühlenstraße abgeändert wurde. Eine Hecke von wilden Rosen gab dem „Rosengarten“, der früher zwischen den Stadtwällen lag, seinen lieblichen Namen. Wirr wie die Hagebuttenhecke, die vormals die wüsten Stätten der „Hahnbittstraße“ umsäumte, ist die Ableitung dieses Straßennamens aus Hagebuttenstraße Der westliche Teil der Hahnbittstraße hieß vor Jahren „In dei Twölften“, weil hier nur 12 Häuser standen. An die Gänsezucht unserer Alten erinnern das „Göschenhäger Viertel“ und die „Gänsestraße“, die auf die „Gänsewiese“ jenseits des Grabens zuführt, an die Rindviehzucht der „Ochsenbrunnen“ hinter dem Stralsunder Hof. Wie die Fischer in der „Fischerstraße“ wohnten, so hatten die Hüter des Gesetzes, unsere Stadtbüttel (Stadtwachtmeister), ihre Wohnung in der „Büttelstraße“. Der Volksmund verbindet diesen Namen jedoch gerne mit der sagenhaften Gestalt des Feuerreiters, der während des großen Brandes im Jahre 1759 dem Feuer Einhalt gebot. Er „boedelte“ die Straße hinab, das Feuer in einem langen Schweif hinter sich herziehend, und stürzte sich kopfüber ins Wasser, worauf der Brand urplötzlich verlöschte. Dem Stadtrat Böhmer zu Ehren, der in der Frankenstraße seinen Wohnsitz hatte, wurde diese Straße seinerzeit allgemein „Senater-Böhmer-Strat“ genannt. Gleicherweise änderte man die heutige „Predigerstraße“, die vormals „Präpositenstraße“ hieß, nach dem Prediger Hane (geb, 1781, gest. 1851) in „Pastor-Hane-Straße“ um. Das Andenken an verdienstvolle Männer wird wachgehalten durch die Straßennamen: Richard-Wossidlo-Straße, Helmuth-Schröder-Straße, Fritz-Reuter-Straße, Georg-Adolf-Demmler-Straße, Nizzestraße usw. In den Bezeichnungen wie Straße des Friedens, Straße der Einheit usw. finden die charakteristischen Bestrebungen der Gegenwart ihren Ausdruck, und die Geistesgrößen und Führer des Sozialismus und Kommunismus ehrte unsere Vaterstadt, indem sie dieselben zu Namenspaten unserer Hauptstraßen machte: Stalinallee, Karl-Marx-Straße, August-Bebel-Straße und dergleichen. | ||
+ | Die obigen Orts- und Flurnamen sind nur eine Auslese aus der Fülle des Materials. Bei der Deutung der Namen sind trotz aller Sachlichkeit Irrtümer nicht ausgeschlossen, da manches vom Volksmund überliefert wurde und nicht urkundlich zu belegen ist. | ||
+ | Rückschauend möchte ich unsere Heimatflur mit dem Antlitz einer alten Mutter vergleichen, in dessen Zügen sich die Sorgen, Leiden und Freuden ihrer Kinder widerspiegeln. Aus diesen tausend Falten, Runzeln, Wund- und Ehrenmalen die wechselvolle Geschichte unserer Heimat zu lesen, ist eine so fesselnde wie dankbare und wichtige Aufgabe. | ||
+ | Richard Suhr, Ribnitz | ||
+ | In: Heimatheft Nr. 5. Seite 65 – 68. | ||
===Kämpfte Heinrich II. auf dem ‚Striedebrink‘ gegen Witzlaw III.?=== | ===Kämpfte Heinrich II. auf dem ‚Striedebrink‘ gegen Witzlaw III.?=== |
Version vom 11. August 2023, 16:30 Uhr
Chronologischer Abriss der Geschichte von Ribnitz
- Um die Ribnitzer Chronik übersichtlicher zu gliedern, existiert für jede Epoche ein eigener Artikel.
- Die Kürzel in Klammern am Ende des Ereignisses weisen auf die Herkunftsquelle hin.
- -HE als Herkunft steht für "Archiv Hans Erichson"
Ortschronik Ribnitz spätes Mittelalter (um 1200 bis 1517)
1210 Älteste sichere Urkunde über Ribnitz (HE)
1230 um Baubeginn an der Ribnitzer Stadtkirche (HE)
1233 Ribnitz erstmalig als Stadt bezeichnet (HE)
1257 Ribnitz bedient sich des lübischen Rechts (HE)
1286 Ribnitz kauft die Recknitzbrücke (HE)
1290 Rostocker Tor zum ersten Mal genannt (HE)
1311 Erik von Dänemark bestätigt Ribnitzer Rechte (HE)
1322 Witzlaw von Pommern wird durch Heinrich II. (der Löwe) von Mecklenburg bei Ribnitz besiegt (HE)
1323 Stiftungsjahr des St. Klarenklosters (HE)
1330 Weihe der Klosterkirche (HE)
1339 Ribnitz kauft die Dörfer Klockenhagen und Schmachthagen (HE)
1384 Großer Brand von Ribnitz (HE)
1395 um Zerstörung der Durchfahrt zur Ostsee am Permin bei Wustrow (HE)
1408 Die Pest wütet in der Stadt (HE)
1412 Bestätigung des Strandrechts fürs Kloster (HE)
1455 Riesenbrand. Die Stadt brennt bis auf ein Haus ab (HE)
1455 Ribnitz erhält die Geleitsfähigkeit (HE)
1456 Ältestes Stadtbuch von Ribnitz (HE)
1514 Erste Erwähnung der Schützengilde (HE)
Reformation und Nachreformationszeit (1517 bis 1648)
1526 Die Klockenhäger Klosterbauern begehren gegen das Kloster auf (HE)
1528 Erwähnung der ersten Märkte in Ribnitz (HE)
1537 Schlimmes Brand und Pestjahr (HE)
1539 - 1586 Amtszeit der Äbtissin Prinzessin Ursula (HE)
1556 Stadtkirche wird evangelisch (HE)
1558 und 1577 Vergleiche zwischen Stadt und Kloster (HE)
1572, 1.März Beschwerde an Herzog Johann Albrecht und den Amtshauptmann zu Ribnitz wegen unerlaubtem Holzfällen in der Rostocker Heide im Strombruch. (Rostocker Extractus Libri Missivarum de anno 1572) 1572, 28.Juni "Ribbeniciensis" schenken zum Petri-Turmbau 20 Stück eichenes Bauholz. (Rostocker Extractus Libri Missivarum de anno 1572)
1577 Sturmflut (HE)
1582 Pest (HE)
1586 Äbtissin Ursula stirbt und das Kloster wird evangelisch (HE)
1588 Einführung der neuen Bürgersprache (HE)
1591 Grenzvertrag zwischen Mecklenburg und Pommern (Malchiner Grenzrezess) (HE)
1599 Übergabe des Klosters an die mecklenburgischen Stände und Umwandlung in ein Damenstift (HE)
1624 - 1626 Pestjahre, 448 Menschen sterben (HE)
1625 Sturmflut (HE)
1626 Ribnitzer Pestordnung (HE)
1630 Gustav Adolf von Schweden erobert Ribnitz (HE)
1632 Ribnitzer Kleiderordnung (HE)
Bis zur napoleonischen Zeit (bis 1813)
1678 Schwedengeneral von Königsmark erstürmt Ribnitz (HE)
1688 Große Beschwerde der Bürger über die Bürgermeister (HE)
1704 Bildung einer neuen Schützengilde (HE)
1724 Erbauung des Gerichtsgebäudes (HE)
1733 Beide Bürgermeister gefangen (HE)
1748 Die Ribnitzer Bürger begehren gegen den Rat auf (HE)
1759 Großer Brande - Von 325 Häusern werden 300 eingeäschert (HE)
1788 Während des russisch-schwedischen Krieges erwerben über 200 Schiffer aus Vorpommern das Bürgerrrecht in Ribnitz (HE)
1793 Handwerkerunruhen (HE)
1806 Die Franzosen besetzen auch die Stadt Ribnitz (HE)
1809 Von jetzt ab nur ein Bürgermeister (HE)
1809 Ferdinand von Schill in Ribnitz, die Schillschen Husaren erkämpfen den Übergang an der Recknitz (HE)
Bis zur Reichseinigung (bis 1871)
1832 Cholera-Epedemie (HE)
1832 - 1834 Schul- und Rathausbau (HE)
1835 Neue Stadtverfassung (HE)
1835 - 1870 Dr. med. Nizze Bürgermeister (HE)
1839 Gründung der Sparkasse (HE)
1840 J.H. Wilken gründet in Ribnitz eine zweite Segelschiffswerft. (HE)
1840 Die Stadtwälle werden abgetragen (HE)
1842 Fertigstellung der Chaussee Ribnitz - Rostock (HE)
1847 Erste Zeitung in Ribnitz gedruckt (HE)
1848 Aufstellung einer Bürgerwehr (HE)
1855 Großer Scheunenbrand (HE)
1864 Ribnitz erhält Gasbeleuchtung (HE)
1870 - 1902 Dr. Reinhold Nizze Bürgermeister (HE)
1870 Der Stadtpark wird angelegt (HE)
1871 Gründung der Realschule (HE)
Deutsches Reich bis 1918
1872 November Große Sturmflut (HE)
1881 Der Raddampfer "Verein" eröffnet eine ständige Verbindung zum Fischland (HE)
1888 Ribnitz bekommt eine Bahnverbindung und seinen Bahnhof (HE)
1890 Weiterführung der Bahnstrecke von Ribnitz nach Stralsund
1904 Silvesterstturmflut (HE)
1905 Errichtung der Gerberschen Höheren Töchter-Schule (HE)
1908 Dr. Anschütz ist erster Autofahrer in Ribnitz (HE)
1913 Sturmflut (HE)
Deutsches Reich bis 1945
1919 Neue Städteordnung eingeführt und eine Stadtverordnetenversammlung gebildet (HE)
1920 Aufhebung des Damenstiftes (HE)
1923 Ribnitz erhält elektrisches Licht (HE)
1928 Entstehung des Ostseebades Ribnitz (HE)
1929 Hundertjahrfeier des Kinderfestes (HE)
1929 Ankauf von Freudenberg (HE)
1929 Eröffnung der Fischland-Chaussee (HE)
1930 Bau des Ribnitzer Wasserwerkes (HE)
1931 Wasserleitung in Betrieb (HE)
1932 Die Stadt Ribnitz ist zahlungsunfähig (HE)
1932 Der Goldschmied Kramer entwickelt den Fischlandschmuck (HE)
1933 700-Jahrfeier der Stadt (HE)
1935 Bau der Walter Bachmann Flugzeugwwerke (HE)
1935 Die hölzerne Recknitzbrücke wird durch eine Hubbrücke ersetzt (HE)
1937 Bau von Siedlungshäusern in Ribnitz und Damgarten (HE)
1939 Richard Wossidlo wird auf dem Ribnitzer Friedhof beigesetzt (HE)
1945 1.Mai Die Ribnitzer Bevölkerung verhindert die Erschießung von KZ-Haftlingen aus dem Lager Barth auf dem Marktplatz (HE)
1945 8.Mai Ende des zweiten Weltkrieges (HE)
SBZ und DDR bis 1950
1948 Gründung des VEB Fischlandschmuck in Fortsetzung der Tradition der Firma Kramer (HE)
1950 Vereinigung der Städte Ribnitz und Damgarten (HE)
Weiter folgende Chronologie ab 1950 unter der gemeinsamen Stadtgeschichtsschreibung von Ribnitz-Damgarten !
Einigen wichtigen Einrichtungen sind eigene Artikel gewidmet:
Die Stadt Ribnitz
Die Ribnitzer Stadtkirche
Die Ribnitzer Stadtwaldungen
- Angesichts der von der Fläche bedeutend größeren benachbarten Rostocker- und Fürstlichen Heide vollzog sich am nordöstlichen Rande, im Kommunalwald der Stadt Ribnitz eine häufig zu wenig beachtete eigenständige jahrhundertelange entwicklung. Schon im Jahre 1272 findet der große Kern der heutigen städtischen Waldungen erstmals Erwähnung.
- Am 12. September 1618 ließ Herzog Johann Albrecht II. an den Amtmann Restorff und den Rat zu Ribnitz eine Verordnung wegen der Jagd ergehen, die nach altem Recht jedem Ribnitzer Bürger lediglich noch auf der Stadtwiese und dem Ribnitzer Binnensee die Ausübung der niederen Jagd erlaubte. Die herzogliche Bestimmung, Freunde oder andere Schützen nicht mit auf die Jagd zu nehmen, wurde erneuert und dadurch erweitert, dass das Mitführen von Jagdtüchern, Fangnetzen und Hunden nicht mehr gestattet wurde.
- Ein Vertrag vom 25. November 1772 regelte die nachbarschaftlichen Beziehungen zwischen den herzoglichen und den Ribnitzer Waldungen. Darin war auch festgeschrieben, dass dem Landesfürsten in den städtischen Waldungen das alleinige Jagdrecht oblag (nachdem eigentlich mit dem Landesgrundgesetzlichen Erbvergleich 1755 selbst das Recht der Hohen Jagd seitens der Landesfürsten in ritterschaftlichen und städtischen Wildbahnen abgeschafft worden war und ihm somit hier gar keine jagdlichen Rechte mehr oblagen !), aber der Stadt wenigstens ein Teil des Wildbrets daraus zustehe. In der praktischen Umsetzung dieser Übereinkunft jedoch gab es immer wieder Konfliktstoff zwischen den herzoglichen Beamten des Amtes Hirschburg und den Vertretern der Stadt. Um Pfingsten des Jahres 1775 ließ der herzogliche Hirschburger Amtmann Brandt ...
Torfgewinnung im Ribnitzer Moor
Die Bachmann-Werke
Von Kramers Fischlandschmuck bis VEB Ostseeschmuck
Das Deutsche Bernsteinmuseum
Das Faserplattenwerk
Das Klarissen-Kloster Ribnitz
Die besonderen Umstände der Gründung des Klarissen-Klosters
(Text Hans-Friedrich Fischer 1993)
- Die Kunde von der Stiftung einer Abtei in Ribnitz steht uns durch die niederdeutsche Klosterchronik des Lambert Slaggert sehr lebendig vor Augen. Diese Schrift vom Beichtvater und Kaplan des Klarissenklosters in der Zeit seines Wirkens (1522 - 1533) verfaßt, wahr anfänglich wohl zum 200jährigen Gedächtnis des Weihetages (4.Februar 1330) gedacht. Wenn man die Vielzahl der im späten 12. und frühen 13. Jahrhundert aufblühenden Klöster in ganz Europa und in nächster Nachbarschaft betrachtet, dann wird einem die späte Gründung in Ribnitz erst recht bewußt. Über einhundert Jahre waren seit der großen Zeit der Klostergründungen verstrichen, als der Bau im Jahre 1323 an der Südostseite der Stadt seinen Anfang nahm.
- Der Baugrund trug bis dahin die "alte Curia", einen Fürstenhof, der möglicherweise aus einer wendischen Fliehburg hervorging. Der Stifter Heinrich II., genannt der Löwe regierender Fürst in Mecklenburg 1302-1329, stellte die Örtlichkeit zur Verfügung. Dieser streitbare und furchtlose Mann, der immer als Sieger das Feld verließ, konnte sein Land etwa um die Hälfte vergrößern. Ruhmvoll war sein Weg nach außen, aber mit der inneren Wohlfahrt gab es viel Kummer. Die Geldnot blieb der ständige Begleiter des Fürsten. Als Heinrich dann eines Tages keinen finanziellen Ausweg mehr fand, forderte er von den Klöstern und von dem geistlichen Stand nie da gewesene hohe Abgaben. Das konnte kein gutes Ende nehmen. Der Bischof von Schwerin, die Äbte der Klöster Dargun, Doberan, Tempzin und Reinfeld verweigerten diese Erhebung, woraufhin Heinrich die Einkünfte für die Klöster zurückhielt. durch solche Handlungsweise hatte sich der Landesherr bei seiner Kirche gänzlich in Mißkredit gebracht. Bischof Markwardt von Ratzeburg ließ es nicht lange anstehen, den Fürsten in den Bann zu tun und das Land mit der Strafmaßnahme des Interdikts (Verbot kirchlicher Amtshandlungen) zu belegen.
- Dies veranlasste bei Heinrich einen radikalen Gesinnungswandel. Er bereute sein Vorgehen zutiefst, gab alles beschlagnahmte Kirchengut zurück und reichte als Sühnopfer großzügige Geschenke an die Geschädigten. Damit konnte der Bann gelöst werden. In jenen Tagen erschreckte ihn ein schlimmer Traum, der den Fürsten sehr beunruhigte, da er die geleistete Sühne als zu gering erscheinen ließ. So reifte der Entschluß zur Stiftung des Klosters.
- Der fürstliche Vater, Heinrich I., genannt "der Pilger", hatte auf seinen weiten Reisen die Arbeit der Franziskaner kennengelernt und war mit seiner Gemahlin Anastasia dem Orden in besonderer Weise zugetan. Diese "väterliche Erbschaft" übertrug sich warscheinlich auf den Sohn, so daß sich daraus die Wahl des Ordens ergab. Die schlichten Franziskaner hatten in knapp einhundert Jahren von Assisi aus ihren Weg über die Alpen genommen und eine beträchtliche Anzahl von Gründungen auh im Norden erreicht. Durch die Predigten des heiligen Franz (1182 - 1226) ließen sich auch viele Frauen in den zweiten, den weiblichen Franziskanerorden rufen. Als die bedeutendste Nachfolgerin auf dem geistlichen Weg des Franziskus trat Klara Skiffi aus Assisi (1194 - 1253) in Erscheinung. Sie erwirkte die Ordensgründung. Die Ausstrahlung der Klarissen muß in den folgenden Jahrzehnten gewaltig gewesen sein, denn zur Zeit der Ribnitzer Klosterstiftung, siebzig Jahre nah Klaras Tod, waren bereits 2000 Klarenklöster im Abendland vorhanden. Im Norden allerdings kam kein weiterer Klaren-Konvent hinzu.
Zur Geschichte des Klarissenklosters
- (Autor Hans-Friedrich Fischer 1993)
- Die Stiftung des Klosters "an den Gestaden der Ostsee" brachte für Heinrich den Löwen unerwartet viele Schwierigkeiten. Sowohl der Rat als auch der Kirchherr stellten sich gegen den steinernen Bau am Rande der Stadt. Man befürchtete durch die zu erwartenden Klosterprivilegien in den bisherigen Freiheiten und Rchten arg beschniten zu werden. So kam es dann auch. Die folgenden Jahrhunderte waren mit mehr oder weniger erregten Konflikten um die Selbstbehauptung auf beiden Seiten angefüllt. Die Stadtkirch St. Marien geriet unter Patronatsrecht des Klosters. Die Schenkungen des Fürsten und seiner Gattin schafften ständig mehr Grundbesitz. Das Land Zwante Wustrow, der Wald Müritz, zwei Wassermühlen und später die Erworbenen Klosterdörfer schafften einen weiten Raum um die etwas beengte Gründung.
- Das gute Verhältnis des Fürstenhauses zu den Klarissen blieb in der 263 jährigen Geschichte unverändert bestehen. Das lag auch in der verwandschaftlichen Beziehung begründet. Von den neun Äbtissinnen, die auf einander folgten, kamen sechs aus dem familiären Hause des Landesherrn. Die dritte Äbtissin Beatrix, als Kind bereits dem Kloster übergeben, war die Tochter des Stifters. Wie in den mittleren Konventen dürfte die Anzahl der Nonnen um die fünfzig gelegen haben. Aus dem Jahr 1373 ist eine Belegung mit 57 Klosterfrauen ermittelt. Die franziskanische Regel wurde in Ribnitz streng befolgt, und deshalb stand das Kloster im 14. Jahrhundert in hohem Ansehen. Es wurde vor anderen das "geistliche Kloster" genannt. Die lebendigste geistliche ewertung ist aber über weite Strecken vor Erstarrungen nicht gefeit. So erfahren wir, daß es wiederholt Erneuerungen und Rückführungen auf die Ordensregel gegeben hat. Wenn anfangs von der späten Gründung berichtet wurde, so kann man jetzt feststellen, daß die Abtei am längsten unter allen Klösternim Norden von Bestand geblieben ist. Die Einführung der Reformation in Mecklenburg, 1549 auf dem Landtag zu Sternberg, setzte sich nicht über die hiesige Klostermauer hinweg. Durch die Standhaftigkeit der letzten Äbtissin, der Prinzessin Ursula, kam es zu keiner Auflösung. Erst mit ihrem Ableben im Jahre 1586 starb der noch verbliebene kleine Konvent aus.
Klockenhäger Bauern rasselten mit der Sense (1526)
- (Autor Wilfried Steinmüller)
- Der Ribnitzer Klosterchronist Lambert Slaggert gibt uns für das Jahr 1526 Kunde von einem in die Zeit der beginnenden Reformation fallenden Aufruhr der Klockenhäger Bauern. Die Äbtissin Dorothea hatte den Bauern durch ihren Gardian ausrichten lassen, das diese bei gutem Wetter auf dem Klostercamp Roggen zu mähen hätten. Als es am frühen Morgen des kommenden Tages stark regnete, erschien ein Bauer als Abgesandter auf dem Klosterhof und trug dem Reitknecht der Äbtissin, Hans Schymmelmann, auf, seiner Herrin zu bestellen, daß wegen des Regens an diesem Tage nicht gearbeitet werden würde. Daher wurde auch in der Klosterkirche , wie sonst üblich, kein Essen für sie gekocht. Da der Regen aber gegen zehn Uhr morgens aufhörte, fanden sich die Klockenhäger doch noch auf dem Klostercamp ein und fingen flott an zu mähen. Als sie gegen Mittag aber weder Speise noch Trank erhielten ergrimmten sie sehr und zogen mit ihren Sensen auf den Klosterhof. Sie beabsichtigten den Gardian Joachim Meyger und den Schaffer Joachim Düvel umzubringen. Der Gardian arbeitete gerade mit dem Beichtvater in dem neuen Badehause der Nonnen. Die Bauern suchten den Gardian hier auf und stellten ihn zur Rede. Er antwortete, daß er nicht angenommen hätte, daß sie bei dem Regen noch zum mähen kommen würden, zumal sie doch hätten absagen lassen. Die Bauern begaben sich nun wieder auf den Hof, berieten unter sich und riefen: „Diese Sensen sollen noch an diesem Tage den Gardian und den Schaffer durchbohren!“ Darauf gingen die hungrigen Bauern in den Speisesaal, wo Heinrich Hennynges und der jünger Bolte gegen den inzwischen zur Beschwichtigung der Aufrührer herbeigerufenen Gardian als Wortführer auftraten und äußerten: „Sie müßten zu Hofe gehen, schwere Arbeit verrichten und dennoch können sie weder Essen noch Trinken erhalten. Sie könnten auch noch nicht vergessen, daß man ihnen vor Zeiten ihre Kühe genommen habe. Sie wollten ihm das wohl heimzahlen.“ Dabei fuchtelte Bolte ganz aufgeregt mit seiner Sense in der Luft herum und nahm eine drohende Haltung an. Darauf griff der Gardian zum in Reichweite stehenden Speer, um sich zu verteidigen. Die aufs äußerste erregten Klockenhäger sammelten sich inzwischen auf dem Klosterhof und rasselten mit den Sensen. Inzwischen war auch der Äbtissin von der Gefahr Mitteilung gemacht worden. Prinzessin Dorothea erschien mit ihrer Vikarin Konstantia und einigen Nonnen in der großen Tür und trat den aufrührerischen Bauern entgegen. Sie redete sofort hart an und drohte, daß die harte Hand des mecklenburgischen Landesfürsten den Aufruhr schwer bestrafen würde. Diese bestimmte Rede veranlaßte die Bauern, daas Kloster zu verlassen. Nur der junge Peters wagte es noch, mit seiner Sense vor die Äbtissin hinzutreten. Doch als er sah, daß alle anderen weggingen, folgte auch er bald. Die Äbtissin ließ nun alle Bauern zurückrufen und im Speisesaal kräftiges Essen reichen. Als Sühne für den Aufruhr mußten die Klosterbauern im Folgejahr in ihrem Dorf einen verfallenen Hof gemeinsam wieder aufbauen und beim Gardian Abbitte tun.
Das Klarissen-Kloster in der Reformationszeit - Säkularisation und Weiterexistenz als Damenstift
- (Autor Hans Friedrich Fischer 1993)
Zur Geschichte des Stiftes
- Ein zweiter Geschichtsabschnitt begann 1599 mit der Umwandlung des Klosters in ein Damenstift. Es ist nicht mit Sicherheit zu sagen, wann die Räume des klösterlichen Lebens, das Refektorium (Speisesaal) und das Dormitorium (Schlafhaus) mit den Zellen und der Kreuzgang abgerissen wurden. Vermutlich geschah das erst im späten 17. Jahrhundert. Allein die Klosterkirche blieb von den mittelalterlichen Gebäuden erhalten. Die Ritterschaft in Mecklenburg hatte inzwischen drei der ehemaligen Frauenklöster eworben. Außer Ribnitz noch Malchow und Dobbertin.Für die "unversorgten Töchter" entstanden Alterswohnsitze. Kloster Ribnitz, als die kleinste Anlage, nahm fortan 12 Konventualinnen (stimmberechtigte Stiftsmitglieder) auf, die aus ihrer Mitte die Domina wählten. Jede der Damen bewohnte seit dem 18.Jahrhundert ein halbes Haus mit eigenemEingang. Anfangs in Anlehnung an klösterliches Reglement, später dann in Lebensformen überleitend, wie man sie der Zeit entsprechend in Adelsfamilien pflegte. Die Geburteines Mädhens in einem Herrenhaus setzte gleich einen berittenen Boten in Bewegung, der die Anmeldung in einem der Landesklöster erledugte. So sah die Vorsorge der Eltern aus. Die gezahlte Summe berechtigte zum späteren Einzug, falls eine erfolgte Heirat den Einkaufsvertrag annulieerte. Soweit die Daten zur Verfügung stehen, läßt sich als Durchschnittsalter für den Einzug der Stiftsdamen auf 45 Jahre errechnen. Die Häuser in der Ausstattung des 18. und 19. Jahrhunderts wurden von einem Fluidum der Vornehmheit geprägt. Die Stiftsgeschichte umspannt 320 Jahre, bis zum Ende der Mönarchie. 27 Dominae regelten mit dem Klosterhauptmann die Wirtschaftsangelegenheiten und die Repräsentation des Klosters. Vom Jahre 1920 an gab es keine Einschreibungen mehr. Die verbrieften Rechte der Konventualinnen blieben bis zu ihrem Heimgang bestehen. Die letzte Domina, Olga von Oertzen, verstarb im Jahre 1961.
Der Klosterschatz
(HaFriFi)
Das Landeskloster Ribnitz
1671 Der Verkauf des Rostocker Stadtdorfes Willershagen an das Klarissen-Kloster Ribnitz
- 1671 Kaufte das Kloster Ribnitz das verpfändete Gut Willershagen mit der Hölzung für 9000 Gulden. (BK)
- Die Witwe des Vorstehers von St. Nikolai, Sophia Engelbrecht, eine Schwester des Rostocker Senators Johann Dankwart, verkauft die von ihrem Mann von Johann Lange, Johann Beselin, Friedrich Thesant und Chim Boyens Erben erhandelten Rechte an Willershagen an die Ritter- und Landschaft des Herzogtums Mecklenburg. Die Ritter- und Landschaft wiederum verschenkt Willershagen dem Landeskloster Ribnitz zu dessen besseren Ausstattung und zur Verpflegung der dort wohnenden Conventualinnen.
- Das Kloster Ribnitz war nach der Säkularisation dem Landesherren anheim gefallen und 1572 den Ständen vom Landesherren als Gegenleistung für die Bewilligung einer Steuer zur Deckung der fürstlichen Schulden in Höhe von 400.000 Gulden zugesprochen. Es sollte der „Christlichen ehrbaren Auferziehung der inländischen Jungfrauen“ dienen. Entgegen der Stiftungsurkunde wurden sie aber fast ausschließlich für die Versorgung der unverheirateten Töchter des „eingeboren“ Adels und einiger Töchter aus den städtischen Oberschichten (Bürgermeister- und Ratstöchter) verwandt. Das Kloster erhielt mit dem Kaufvertrag alle zu dem Dorf gehörigen Grundstücke, nebst „allen Herrlich- und Gerechtigkeiten und mit den Bauern, Einliegern, Erbzinsleuten, Krügen, Schmieden, samt der Hofwehr, nicht weniger mit allen Untertanen, den Mühlen, der Civil- und Kriminalgerichtsbarkeit, hoher und niederer Jagd, harter und weicher Hölzung, Kirchenstühlen, Begräbnissen ....“
- Bei der Übergabe an das Kloster wird ein Inventar angefertigt, in dem die Veränderungen am Dorf seit dem dreißigjährigen Krieg erfaßt werden.
- Die von Jacob Engelbrecht vorgenommenen Veränderungen werden wie folgt beschrieben:
- 1. Auf der Stelle des Hinrich Broeken ist ein neuer Katen errichtet worden, in dem der Einlieger Chim Wilcke wohnt. :Dieser Katen wird auf 60 Gulden taxiert. Ein anderer neuer Katen, in dem der frühere Kuhhirte Cheel Lafrentz wohnt, schlägt mit 40 Gulden zu Buche.
- 2. Auf der Stelle Chim Ströffers ist ebenfalls ein neuer auf 70 Gulden taxierter Katen errichtet worden, in dem jetzt der Schulz Claus Ströffers wohnt.
- Das Backhaus, das auf dieser Stelle gestanden hat, ist nach Aussage der Bauern jedoch längst „herunter gefallen“.
- 3. Das Haus des Hans Wollenböker blieb erhalten, ist aber mit neuen Sohlen, Balken, Ständern und einem teilweise neuen Dach versehen worden und repräsentiert einen Wert von 40 Gulden.
- Die neu errichtete große Scheune auf diesem Hof hat dagegen einen Wert von 160 Gulden.
- 4. Die Verbesserungen am Haus von Chim Lehmhus sind noch nicht ganz abgeschlossen und erhöhen den Wert des Hauses auf lediglich 20 Gulden.
- Daneben ist ein noch nicht ganz fertiges neues Haus im Wert von 280 Gulden und aus altem Holz eine neue Scheune im Wert von 60 Gulden errichtet worden.
- 5. Das Haus der fünften Stelle – von Hinrich Wollenböker – ist ebenfalls aus altem und neuem Holz errichtet worden und hat einen Wert von 60 Gulden, die neu errichtete Scheune mit Wagenschauer dagegen 180 und ein neuer Katen 50 Gulden.
- 6. Auf dem Hof von Claus Daden ist ein neues Haus gebaut worden, in dem Christoffer Hoff wohnt. Es wird auf 70 Gulden taxiert.
- Insgesamt wird der Jacob Engelbrecht gehörende Teil des Dorfes auf 1.020 Gulden taxiert.
- Der Johann Beselin gehörende Teil von Willershagen sieht offensichtlich nicht so gut aus, denn die Spuren des Krieges sind noch augenscheinlich:
- 1. Die Scheune auf Peter Wilckens Stelle ist, da das Dach fehlt, inzwischen „gantz verrottet und herunter fallen“.
- 2. Hinrich Broekens und
- 3. Jacob Jessen Stelle sind noch im alten Stand.
- 4. Von Hinrich Wollenbokers Stelle ist „nichts mehr vorhanden, sondern alles veraltet und verrottet.“
- 5. Der auf dem Hof von Hinrich Hoff errichtete neue Katen, in dem Hans Jurges wohnt, wird auf 80 Gulden taxiert.
- 6. Cheel Lafrentz neues Bauernhaus schlägt mit 300 Gulden zu Buche.
- 7. Auf Chim Hoffs Katenstädte ist ein neuer Katen im Wert von 80 Gulden errichtet worden.
- 8. Claus Stroffers Katen ist mit neuem Holz und einem neuen Dach verbessert worden und hat einen Wert von 30 Gulden.
- Das auf der Stelle errichtete neue Wohnhaus des Bauern wird auf 320 Gulden veranschlagt.
- 9. Die Stellen von Hans Schultze, Chim Wilcke und Hinrich Wollenbokers liegen „annoch öde und wueste“.
- Der Wert der von Hans Beselin vorgenommenen baulichen Veränderungen beträgt also 810 Gulden, zuzüglich der Investitionen für Saatgut und Vieh 1.191 Gulden und 8 Schillinge.
- Die Investitionen von Jacob Engelbrecht und Hans Beselin belaufen sich zusammen demnach auf 2.211 Gulden und 8 Schillinge.
- 1671, nach
- In einem undatierten Verzeichnis der der Stadt Rostock und den dortigen Hospitälern und Bürgern zustehenden Landgüter und Dörfer heißt es zu Willershagen:
- „Ist auch ein Rostogker Dorf gewesen, ist aber von den Creditoren an das Closter zu Ribbenitz vorkaufft“.
Der Rückkauf der Klosterdörfer Willershagen, Bentwisch, Bartelsdorf und Kessin vom Kloster Ribnitz an die Stadt Rostock am 18.Dezember 1781
Die Rückgabe Willershagens vom Kloster Ribnitz an die Stadt Rostock
Der klösterliche Waldbesitz
- Einen Tag vor seinem Tode, am 20.Januar 1329 (MUB 5020), schenkte Heinrich der Löwe seinem Stiftskloster Ribnitz das Gebiet zwischen dem Holze der Stadt Ribnitz und dem Walde Müritz und die fürstliche Hofwiese (Houewisch) an der Kuhbrücke (Kobrügge) bei der selben Stadt für 200 Marklübsche Pfennige, die der weiland Ritter Dethlev Wulf von dem Fürsten zu forden und dem Klarenklostervermacht hatte (nach dem Original aus dem Ribnitzer Klosterarchiv). (Kühl p.177)
- Dieser Streubesitz umfasste im 16. Jahrhundert Waldflächen bei Dierhagen, Müritz, Altheide/Neuhof, Petersdorf und Wilmshagen, laut der Klosterchronik von Lambert Slaggert:
- „Waldungen um rund 1 000 Schweine feist zu machen“.
- Eine Größenbestimmung, die uns zugleich von einer weiteren Art der Waldnutzung, der in Teilen bis Anfang des 19. Jahrhunderts anhaltenden Waldweide, berichtet.
- Wald und Schweinebestand des Klosters Ribnitz und seiner Höfe waren unzertrennbar mit einander verbunden, denn der Waldbestand spielte als Ernährungsfaktor in der Schweinehaltung die weitaus größte Rolle.
- Die klösterliche, wie auch die fürstliche Forstwirtschaft war zu Beginn des 16. Jahrhunderts vernachlässigt worden.
- Man betrieb die Forstwirtschaft nur als Plänterwirtschaft, d.h. man fällte die geeigneten Stämme regellos, ohne sich um den Ersatz durch Anpflanzung junger Bäume zu kümmern.
- Eine Ausnahme machten ab 1620 klösterliche Flächen in der Dierhäger Feldmark.
- Sie zu rein landwirtschaftlichen Zwecken zu benutzen schien unwirtschaftlich, deshalb hatte man junge Bäume angepflanzt, so dass hier im Gegensatz zu den Ausrodungen alter Waldungen der damals sicherlich seltene Fall eintrat, das früheres Ackerland zum Holzanbau benutzt wurde.
- Zum Problem wurde die Übernutzung der sogenannten „weichen Holzung“ (Büsche, Sträucher und niedrige Bäume).
- Aus ihr verschaffte sich das Kloster eine wesentliche Einnahmequelle.
- Es erlaubte den Klosterbauern, sich ihren Bedarf Holz zu hauen, und erhob für mehrere Ladungen 20-30 Thaler.
- Die weiche Holzung wurde nicht allein als rohes Holz, sondern bereits im 16. Jahrhundert nachweislich zur Holzkohleherstellung genutzt.
- In dem am 16.Juni 1558 im Zuge der Säkularisation zwischen Stadt und Kloster geschlossenen Vergleichsvertrag betrafen folgende Punkte den klösterlichen Wald und die Ausübung des Jagdrechtes (Auszüge aus Kühl p.190-192):
- "1. Die Ribnitzer sollen sich aller Gewalt enthalten, wenn Klosterangehörige oder Klosteruntertanen Jagdnetze auf der Stadtfeldmark aufstellen, da es früher bei Wegnahme derselben schon zu bösen Ausschreitungen gekommen ist. Klosterleute wie Ribnitzer Bürger. Klosterleute wie Ribnitzer Bürger dürfen das Jagdrecht nur auf ihrem Gebiete ausüben und sollen sich gegenseitig nicht daran hindern. Danach hatten also die Stadteinwohner damals noch das Jagdrecht auf der städtischen Feldmark. Jagen und Schießen auf Klostergebiet istz nach dem Vertrage von 1588 untersagt. Dies Verbot soll der Rat durch den Stadtpfarrer dreimal jährlich von der Kanzel bekanntmachen lassen.
- 2. Den Ribnitzer Einwohnern ist das Holzfällen in den Klosterwaldungen bei Vermeidung von Strafe und Pfändung verboten.
- 3. Die Scheiden zwischen der Stadtfeldmark und dem Klosterfelde sollen neu besetzt wwerdden.
- 4. In der Klosterheide oder in den Klosterwaldungen dürfen die Ribnitzer nicht mit Wagen fahren, doch sollen die Klösterlichen auch dem Stadtholz und den Stadtwegen keinerlei Schaden durch Fuhren tun. ..."
- ...
- 6. Wenn Ribnitzer Einwohner oder Fremde auf Klostergebiet jagen oder schießen, wird ihnen von dem Klosterschützen (Jagdaufseher) die Büchse abgenommen. ..."
- Das Kloster selbst betrieb bis zur Säkularisation keine Meiler, sondern es kaufte die benötigte Kohle von seinen Bauern.
- Durch den Erbvertrag von 1611 wurde auch der Übergang der Klosterwaldungen in den Besitz der Herzöge Adolph Friedrich und Johann Albrecht von Mecklenburg festgeschrieben.
- Dem folgte jedoch ein mehr als ein halbes Jahrhundert anhaltender Streit, bis schließlich 1669 der überwiegende Teil des Ribnitzer Klosterwaldes in fürstlichen Besitz über ging und nun Bestandteil der fürstlichen Heide wurde.
- Der "Saaler Markt" in den klösterlichen Waldungen.
Olga von Oertzen
Volkskunde, Sagen, Geschichten und Legenden aus der Ribnitzer Gegend
To de Ribnitzer Geschicht up platt (Läuschen un Rimels in uns tweit Amtssprak)
- Anmerkung
- Mecklenburg-Vorpommern ist wohl das einzige Bundesland, das bereits in seiner Verfassung der plattdeuschen Sprache einen besonderen Schutz und besondere Pflege angedeihen läst. Daß es sogar offizielle Amtssprache ist, kann man nicht nur in der plattdeutschen Version der * Verfassung von Mecklenburg-Vorpommen nachlesen, sondern in einer Vielzahl von Orten und Regionen hören und lesen. Plattdeutsches us den Regionen sollte auch im volkskundlichen Kapitel der Orte festgehalten und bewahrt werden.
Anregung
- Übrigens im Wossidlo-Archiv kann fast jeder heimatverbundene Meklenburger etwas zur niederdeutschen Volkskunde seines Ortes finden.
- "De hett eenen Ribnitzer in de Frömd nah Pommern schickt" (Gerd Lüpke)
Renovierte Ribnitzer „Börgersprak“ von 1588
- In einer Zeit, als es noch keine Zeitungen gab und das Lesen und Schreiben nicht jedermanns Sache war, rief der Bürgermeister jedes Jahr die ganze Bürgerschaft am 22. Februar (cathedra Petri) vor dem Rathaus zusammen und las ihr die wichtigsten Anordnungen und Bekanntmachungen vor. Das war die „Börgersprak“. Die uns überlieferte „renovierte Rbnitzer Börgersprak“ von 1588 ist in Mittelniederdeutsch aufgezeignet, läßt sich aber heute ohne große Schwierigkeiten von einem des Plattdeutschen Kundigen verstehen.
- Dit is de börgersprak, welche jährlich auf cathedra petri der Börgerschaft von dem oldesten Börgermeister vom Rahthuse wird vorgespraken. Renovieret Anno 1588.
- 1. Erstlich ein jeder schal sehen zu sinen feuer und licht.
- 2. Nemandt schal in den hof mitt bloten (offenem) licht gahn.
- 3. Ein jeglicher schall heben rechte wichte un fulle Mas.
- 4. Ein jeglicher schall sehen, wen he herberget.
- 5. Ein jeglicher schall hebben ein höfischen mundt up Herren und Fürsten, Knappenfruwen un Jungfruwen.
- 6. Ein jeglicher sall sülvest sitten vor dem Dohr.
- 7. Nemand schall dröschen by bloten lichte.
- 8. Nemand schall decken sondern mitt Stein oder lemdack.
- 9. Nemand schall in den Stadtgrawen fischen oder schep leggen.
- 10. Nemand schall köpen ewige rente in der Stadt egendom.
- 11. Nemand schall verkopen oder verlaten der Stadt Kohlhöfe ohne des Rahts willen.
- 12. Ein jeglicher schall hebben sin wehre to redem rechte unde nich versetten.
- 13. Nemand schall leggen fuder (Futter) int hus.
- 14. Ein jeder sall full don vor sien erfe oder sall so buwe.
- 15. Nemand schall (Flachs) röten in den Stadtgrawen.
- 16. Wer Korn kauft, de schall redtlich köpen, mehten (messen) und empfangen.
- 17. Up den Stadtgrawen schall nemandt vehe driewen.
- 18. Ein jeder sall dem andern den feltgrawen vorrumen.
- 19. Nemand schall ein frömden sien mohr (Torf) verköpen bi ein tonne behr (Bier) straf.
- 20. Ein jeglicher sall sinen Loß bringen uht der Stadt.
- 21. Nemand schal den lantwehre daltreden oder holtz daraff hauwen.
- 22. Nemant schall den lantweg toh nah grawen.
- 23. Ess soll nemand liggende grunde oder stahende stocke verköpen oder verpfanden ohne mitt weten oder willen dess Rahts bei Straf 10 Taler.
- 24. Wer fenster het to der straten, de schall se schluten.
- 25. Nemand schall lopen mit vordeckten angesichte.
- 26. Nemand schall werpen den mess öwer den rönstein.
- 27. Den marckt sall man holden rein.
- 28. Wahnduchtig vehe schall man driewen vor den Hirten.
- 29. Nemand schall erbschichtung holden ahn willen des Rahts.
- 30. Wer gepant wert van der Stadt wegen, de schall sin pant (Pfand) lösen binnen 14 tagen, oder de Caemeri sol dortoh antwort nich schuldig sien.
- 31. Nemand schall Heu Kaweln köpen up gewinnst ahn willen des Rahts.
- 32. Nemand (Kein Fremder) schall up den Stadtwater fischen un de fische hier to marckt bringen.
- 33. Nemand schall stigen in de böte (Boote) bei strafs 4 Schillings.
- 34. Vorkop (Bruch des Marktzwanges) schall nemand den andern don.
- 35. Nemand schall hebben Verbunt wedder den Raht.
- 36. Wer want up de örden (Boden), de schall hebben Leddern up den örden hengen bi siene hüsern.
- 37. Ein jeder schall sin Soot (Brunnen) holden rein un fertig.
- 38. Nemand schall werpen up de Straten bi Straf von 4 Schilling.
- 39. Ein jeden schall heuden sin schwin un ander vieh vor den Kerckhoff.
- 40. Nemand schall holt oder strucke hauen von der Stadt wohld.
- 41. Nemand schall vehe driewen up den rosengarden.
- 42. Ein jeder Börger schall holden sin tohgeordnet lederspann. (Feuereimer)
- 43. Ein jeder börger hohes oder niedriges standes soll nah disser tiet sin flass (Flachs) buten der Stadt in brackelhuse bracken.
- 44. So sall ock keiner einen, de kein börger is, in sinen hüsern, boden oder kellern zu hure (Heuer, Miete) innehemen, ahn vorweten un willen eines Rahts.
- 45. Ein jeglicher vorminder (Vormund) sall van sienen vertrauten gütern des dingstags nah Trinitatis für E. E. Raht Rechnung tuhn bi straf van 10 Taler.
- 46. Auch sall nemand fluchen un den namen Gott unnützlich führen bei straf des halseisen oder ander geltstraff.
- In: Paul Kühl, Geschichte der Stadt und des Klosters Ribnitz. Neubrandenburg 1933. Seite 225 - 226.
Plattdeutsch-Autoren aus der Region Ribnitz-Damgarten
* Richard Wossidlo
*Helmuth Schröder
*Richard Suhr
*Richard Fett ("Schauster Harms")
*Gerd Lüpke
*Hans-Friedrich Fischer
*Hans Erichson
*Hilde Neumann
*Eleonore Rösel
Über Ribnitzer Flurnamen
"Orts- und Flurnamen der Stadt Ribnitz (Von Richard Suhr 1957)
Unsere Orts- und Flurnamen bilden für den Heimatforscher einen reichen Quell, aus dem er für die verschiedensten wissenschaftlichen Gebiete eine Fülle von Erkenntnissen zu schöpfen vermag. Sie haben mit der Gegenwart ihren Abschluß noch nicht gefunden und reichen zum Teil bis in die fernste Vergangenheit zurück. Mithin geben sie Kunde von alledem, was im Laufe der Jahrhunderte Sinn und Herz der jeweiligen Bevölkerung bewegte und beschäftigte. Unser Stadtteil Ribnitz blickt im Jahre 1958 auf das achtunggebietende Alter von 725 Jahren zurück, aber die Gründung des Ortes als wendische Fischersiedlung müssen wir noch einige Jahrhunderte zurückverlegen. Der Name versetzt uns in die Zeit vor über 1000 Jahren, als das Volk der Wenden aus fernen Landen auswanderte, um sich eine neue Heimat zu suchen. Eine wendische Sippe ließ sich auf der hiesigen Flur nieder, die ihr in reichem Maße alles bot, was sie zur Fristung ihres Lebens gebrauchte: Wälder voller Wild, Gewässer voller Fische und geeigneten Boden für ihr primitives Ackergerät. Die Wohngruben wurden ausgehoben, einfache Hütten errichtet, und als der Fischreichtum des Binnensees offenbar wurde, war die Namensfrage gelöst, man nannte die Siedlung Rybanitz, das ist Fischort („Ryba“ = Fisch, „itz“ = Ort). Es ist verständlich, daß alle Ereignisse aus der Geschichte des Ortes, die mit Kampf und Tod zusammenhingen, sich am tiefsten einprägten und in den Ortsbezeichnungen infolgedessen in besonderem Maße ihre Überlieferung und ihren Niederschlag fanden. So erinnerte der „Strieblingsberg“ als „Striedebrink“ (das ist Kampfrasen) noch heute an die Schlacht im Jahre 1322, „wo Hinnerk twei, de Löw, den Pommer Witzlaff krüzlahm slög“. In die Zeit des 30jährigen Krieges versetzt uns die Bezeichnung „Damgartsche Wall“. Er befindet sich auf dem Wiesengebiet, das heute von Paß, Bahn und Chaussee begrenzt wird und erinnert an die Laufgräben, die der Schwedenkönig Gustav Adolf vor der Erstürmung der Stadt Ribnitz im Jahre 1630 aufwerfen ließ. In derselben Zeit dürfte auch die im Süden von Ribnitz liegende „Schanze“ entstanden sein. Mit der Kriegführung ist sodann sicher auch der „Schusterwall“ am Graben in Verbindung zu bringen, der wahrscheinlich den Verteidigungsabschnitt der ehrbaren Schuhmacherzunft in Kriegszeiten bildete. Ein schauerlicher Pfad war vermutlich der „Richtsteig“, der früher über das Bamberg‘sche Grundstück hinweg auf den Bahnübergang am Neuhöfer Weg zuführte. Er diente nicht nur der Bequemlichkeit der Neuhöfer, die bei ihren Stadtbesuchen in „die Richt“ gingen, sondern war jedenfalls der Armsünderweg für alle diejenigen, die dem Schwert oder Beil verfallen waren. Dicht hinter der Bahn findet man hart an der rechten Seite des Weges nach Neuhof das „Blutstück“ und an der linken Seite das „Kopfstück“. „Nach unserer Familienüberlieferung ist hier früher viel Blut geflossen“, so erklärte mir ein älterer Bürger diese Flurbenennung, und wir gehen wohl nicht fehl, hier die Stätte zu suchen, an der der Scharfrichter seines schaurigen Amtes waltete. Viel Kopfzerbrechen machte den Leuten von jeher die Deutung des Namens „Köppenberg“. Einige wenige wollten ihn mit , „Bergkuppe“ in Verbindung bringen, aber die meisten witterten Blut. Manche ließen den alten Seepiraten Klaus Störtebeker hier seine Freveltaten mit dem Kopf büßen, während andere ihn selbst zum Scharfrichter über unbotmäßige Raubgesellen setzten. Dem Verfasser unserer Stadtchronik, Dr. Kühl, ist es jedoch gelungen, aus den Gutsakten des Dorfes Pütnitz festzustellen, daß der Köppenberg in früheren Zeiten die Richtstätte dieser Ortschaft war. Allgemein bekannt ist der „Schneidersprung“ am Körkwitzer Bach, an dem vor Jahren ein Schneider seinem Leben durch Ertränken ein Ende machte. Auf ein friedlicheres Gebiet begeben wir uns mit den Bezeichnungen, die sich aus den besonderen Bodenverhältnissen ergeben. Mit grimmigem Humor poltert der Ackerbürger den Spottvers vom „Nedde1rad“ und dem Hund: „In’n Neddelrad sch... dei Hund di wat!“ um die Unfruchtbarkeit dieses Gebietes zu charakterisieren, und ähnliche Vorstellungen wecken bei uns die Bezeichnungen „Sandhufe“ und „Bullerbarg“. „Penningsbrink“ und „Kloeterpott“ haben ihren Namen den Pflanzen Pfennigskraut und Klappertopf entliehen. Ein Gebiet von großer Fruchtbarkeit trägt zutreffend den klangvollen Namen „Güldengrund“. – „Dei kolle Pogg“ ist wie geschaffen, ein Tummelplatz der Frösche zu sein, und die Blutegel finden eine prächtige Heimstatt in dem sumpfigen „Ihlenpaul“. Auch für besondere Formen der Ackerstücke prägte der Volksmund besondere Bezeichnungen, wie zum Beispiel „Auf der Stoht“ für das Wiesenstück, das am weitesten gegen Pütnitz vorstößt; „Hörn“ = Spitze; „Lange Wiese“, ‑ „Swoegenstiert“ = Schwalbenschwanz und „Stäwelschacht“ = Stiefelschaft. Manche Erinnerungen an alte Gerechtsame und Bestimmungen werden wieder wach in folgenden Namen: „Wohrdländer“ = Ackergrundstücke, die ein Vorrecht für Häuser bilden, „Hl.-Geist-Wohrdland“ = Kirchenacker. Auf dem „St. Jost“ stand wahrscheinlich die Kapelle gleichen Namens. Diese Annahme gewinnt dadurch an Glaubwürdigkeit, daß man hier noch in jüngster Zeit Bausteine fand. „Kuhwiese“ erklärt sich aus sich selbst, „Kalwerkaben“ war ein eingefriedigter Raum für Jungvieh. „Papenhörn“ und. „Mönchland“ sind Kirchenacker; „Auf der Drift“, „Ackerweg“, „Hufenweg“ und „Alte Brak“ sind wieder leicht verständlich; auf dem Feldstück „Bei den Borgstegen“ befand sich eine Brücke zum Borger Gebiet. „Auf dem Schlüsenbarg“, dessen Name von der Klosterbachschleuse abgeleitet sein dürfte, finden die Ribnitzer ihre letzte Heimstatt, weshalb man oft von Alten und Kranken die Redewendung hört: „Ick möt woll bald nah‘n Slüsenbarg trecken.“. Längst entschwundene Industriezweige werden vor unseren Augen wieder lebendig in den Ausdrücken: „Beim Ziegelhofe“, „Bleicherberg“, „Hemphöfe“ (Hanfhöfe) und „Salzborn“. Der letztere liegt an der Scheide von Klockenhagen und diente um 1600 zur Salzgewinnung. Der „Wulfsbarg“ am Rostocker Landweg, dessen höchste Erhebung „Wulfskopp“ heißt und der Namensvetter südlich vom alten Borgweg geben Kunde von den Wölfen, die unsere Heimatflur früher unsicher machten. Von dem letzteren weiß noch der Volksmund zu erzählen, daß ein Musikant in eine hier angelegte Wolfsgrube gestolpert sei und nun zwangsweise einem bereits gefangenen Wolfe Gesellschaft leisten mußte. Mit seinem Klarinettspiel hat er jedoch das Untier so lange in Schach gehalten, bis er am Morgen aus seiner bedrängten Lage befreit wurde. Von besonderem Interesse dürfte nun noch die Erklärung einiger Straßennamen sein. An der „Hl.-Geist-Straße“ lag die Kirche gleichen Namens, am Ausgang der „Mühlenstraße“ die Wassermühle. Der seewärts gelegene Teil der Mühlenstraße hieß früher die „Scharfrichterstraße“, weil der Scharfrichter hier seine Wohnung hatte. Da dieser auch gleichzeitig das Amt eines Schinders bekleidete, bürgerte sich der Name „Schinnerstrat“ ein, eine Benennung, die später als anrüchig empfunden und deshalb ebenfalls in Mühlenstraße abgeändert wurde. Eine Hecke von wilden Rosen gab dem „Rosengarten“, der früher zwischen den Stadtwällen lag, seinen lieblichen Namen. Wirr wie die Hagebuttenhecke, die vormals die wüsten Stätten der „Hahnbittstraße“ umsäumte, ist die Ableitung dieses Straßennamens aus Hagebuttenstraße Der westliche Teil der Hahnbittstraße hieß vor Jahren „In dei Twölften“, weil hier nur 12 Häuser standen. An die Gänsezucht unserer Alten erinnern das „Göschenhäger Viertel“ und die „Gänsestraße“, die auf die „Gänsewiese“ jenseits des Grabens zuführt, an die Rindviehzucht der „Ochsenbrunnen“ hinter dem Stralsunder Hof. Wie die Fischer in der „Fischerstraße“ wohnten, so hatten die Hüter des Gesetzes, unsere Stadtbüttel (Stadtwachtmeister), ihre Wohnung in der „Büttelstraße“. Der Volksmund verbindet diesen Namen jedoch gerne mit der sagenhaften Gestalt des Feuerreiters, der während des großen Brandes im Jahre 1759 dem Feuer Einhalt gebot. Er „boedelte“ die Straße hinab, das Feuer in einem langen Schweif hinter sich herziehend, und stürzte sich kopfüber ins Wasser, worauf der Brand urplötzlich verlöschte. Dem Stadtrat Böhmer zu Ehren, der in der Frankenstraße seinen Wohnsitz hatte, wurde diese Straße seinerzeit allgemein „Senater-Böhmer-Strat“ genannt. Gleicherweise änderte man die heutige „Predigerstraße“, die vormals „Präpositenstraße“ hieß, nach dem Prediger Hane (geb, 1781, gest. 1851) in „Pastor-Hane-Straße“ um. Das Andenken an verdienstvolle Männer wird wachgehalten durch die Straßennamen: Richard-Wossidlo-Straße, Helmuth-Schröder-Straße, Fritz-Reuter-Straße, Georg-Adolf-Demmler-Straße, Nizzestraße usw. In den Bezeichnungen wie Straße des Friedens, Straße der Einheit usw. finden die charakteristischen Bestrebungen der Gegenwart ihren Ausdruck, und die Geistesgrößen und Führer des Sozialismus und Kommunismus ehrte unsere Vaterstadt, indem sie dieselben zu Namenspaten unserer Hauptstraßen machte: Stalinallee, Karl-Marx-Straße, August-Bebel-Straße und dergleichen. Die obigen Orts- und Flurnamen sind nur eine Auslese aus der Fülle des Materials. Bei der Deutung der Namen sind trotz aller Sachlichkeit Irrtümer nicht ausgeschlossen, da manches vom Volksmund überliefert wurde und nicht urkundlich zu belegen ist. Rückschauend möchte ich unsere Heimatflur mit dem Antlitz einer alten Mutter vergleichen, in dessen Zügen sich die Sorgen, Leiden und Freuden ihrer Kinder widerspiegeln. Aus diesen tausend Falten, Runzeln, Wund- und Ehrenmalen die wechselvolle Geschichte unserer Heimat zu lesen, ist eine so fesselnde wie dankbare und wichtige Aufgabe. Richard Suhr, Ribnitz In: Heimatheft Nr. 5. Seite 65 – 68.
Kämpfte Heinrich II. auf dem ‚Striedebrink‘ gegen Witzlaw III.?
- (Veröffentlicht durch Hans Erichson in der Ostsee-Zeitung 13.04.1996 in der Artikelfolge "Wertvolles Kulturgut im Bernsteinmuseum")
- Ernst Garduhns Flurnamenkartei enthält für die Ribnitzer Feldmark (ohne die Waldungen) etwa 110 Flurnamen.
- Sie wurden früher oft in Verträgen als nähere Lagebezeichnungen für bestimmte Flurstücke benutzt und finden sich deshalb in verschiedenen Akten. Alte Flurnamen sind deshalb eine wichtige Quelle für die Heimatforschung. Heute ist ihre Bedeutung zurückgegangen, aber manchmal stehen sie Pate bei der Namensgebung neuer Straßen oder Gewerbegebiete.
- Beginnen wir doch auf dem östlichen Teil der Ribnitzer Feldmark.
- Am Weg nach Damgarten lagen vor der Krümmung die "Vordersten Worthländer“ und am Weg nach Marlow am "Strieblingsberg" die "Hinteren Worthländer". Wortland war ein Ackerstück, das zu einem bestimmten Haus (Erben) gehörte. Beim Stieblingsberg (auch Strübingsberg u. ä.) liegt auch ein Flurstück mit dem Namen "Striedebrink". Richard Suhr hielt diesen "Kampfrasen" für die Stelle, an der im Jahre 1322 der mecklenburgische Fürst Heinrich II. den Rügenfürsten Witzlaw III. besiegte.
- In der Nähe der Ribnitz‑Freudenberger Grenze liegen bei "Einhusen“ die Flurstücke "Beim Ziegelhof" und "Auf dem Ziegelhof". Hier lag also früher die Ribnitzer Ziegelei.
- Andere Ackerstücke heißen „Im Papenhörn" und "Mönchland", das war wohl Kirchenacker.
- Andere Flurnamen lassen auf die Güte des Bodens schließen, so die Bezeichnungen "Auf der Lehmkuhle", "Auf der Gülden Grund", "Penningsbrink" oder "Sandhufe", wo jetzt die neue Klinik errichtet wird.
- Am Petersdorfer Weg liegt "Bei der Gretenbrücke“ (Margaretenbrücke) die "Schanze“, die vermutlich auf eine Befestigungsanlage aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges hinweist.
- Am Klosterbach liegen der "Waschenberg" und der "Wienberg" oder "Wiehenberg", die heute von den Ribnitzern als "Russenberg" bezeichnet werden, weil dort bis vor wenigen Jahren die Radargeräte der "Russen" standen.
- Auf der anderen Seite des Klosterbaches heißen Ackerstücke "Auf dem Sankt Jost" (heute Kleingartenkolonie), "Auf der Hohen Worth“, „Crohns Weyden", „In der Hufe“.
- Unmittelbar vor dem Rostocker Tor lagen die "Gänsewiese", die „Mühlenwiese" und der „Klüßenberg".
- Auf dem „Dämmchen" stand eine Windmühle.
- Wo sich die Wege nach Klockenhagen und Borg gabelten, stand ein Handweiser, der dem Ackerstück "Vom Handweiser bis zur Landwehr" den Namen gab.
- Östlich von dem Dorf Borg lag der "Wulfsberg", westlich das Ackerstück "Auf dem Dörperfeld", dort lag einmal das wüst gewordene Dorf Schmachthagen.
- Der Name "Bei der alten Braack an der Landwehr" weist auf die früher hier vorhandene Landwehr hin. Sie bestand aus einem dicht bewachsenen Grenzwall, der sich auch entlang der Petersdorfer und Freudenberger Grenze hinzog.
- Nördlich des Klockenhäger Weges lag das "Nettelrad" und der "Worthlandgraben" sowie ein großes Ackerstück mit "Worthländern", die der heutigen "Wortlandstraße" den Namen gaben.
- In der Nähe der Landwehr bei Körkwitz weist der Name "Soltborn" auf eine Salzquelle hin, die um 1600 sogar für die Salzgewinnung genutzt wurde.
- Die obigen Flurnamen sind eine kleine Auslese aus dem Material, das Ernst Garduhn zusammentrug.