Zur Geschichte des Dorfes Steffenshagen – Hans Erichson 1954

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Zur Geschichte des Dorfes Steffenshagen – Hans Erichson 1954

Bevor der Mensch kam

Als die Gletscher der letzten Eiszeit vor rund 17000 Jahren unser Heimatland freigaben, waren die Möglichkeiten für den Pflanzenwuchs gegeben. Ganz allmählich zog die Pflanzenwelt hier wieder ein, und auch die Tiere breiteten sich in den Wäldern aus. Als letzterer folgte dann der Mensch.

Die ersten Menschen

Die ältesten Spuren menschlicher Besiedlung reichen bis in die jüngere Steinzeit zurück. In unserer Umgebung hat man verschiedene Geräte aus Knochen und Stein gefunden, die aus jene Zeit stammen. Bei Bauarbeiten auf dem Hof Steffenshagen fanden Arbeiter 2 geschliffene Feuersteinbeile, 1 Meißel, mehrere Schaber aus Feuerstein sowie 2 durchbohrte Äxte aus Feldstein. Diese vielen Geräte lassen ziemlich sicher auf eine steinzeitliche Siedlung schließen. Vor drei Jahren brachte mir der Schüler H. Formanowitz ein geschliffenes Feuersteinbeil mit zur Schule, das er in einem Bach beim Gehöft des Bauern Uplegger fand. Vielleicht mag ein Jäger seine Axt bei der Jagd verloren haben? Nur durch Zufall geraten diese Geräte heute in unsere Hand und berichten uns über die Anfänge menschlicher Besiedlung unserer engeren Heimat. In der Steinzeit errichteten die Jäger und Ackerbauern ihren Toten große Grabmäler aus gewaltigen Steinen, die heute unter dem Namen „Hünengräber“ bekannt sind. Solche Großsteingräber fehlen in unserer nächsten Umgebung. Dagegen finden wir 6 Kegelgräber an der Wittenbecker Seite der Kühlung, diese stammen aber aus der Bronzezeit. (2000-800 v. d. Z. ) Lisch berichtet, dass auch auf der Steffenshäger Feldmark früher 2 zerstörte Kegelgräber vorhanden waren. Das zeigt uns, dass auch während der Bronzezeit Menschen in unserer Gegend lebten. Die Germanen bewohnten unsere Heimat bis zur Völkerwanderungszeit.

Von den Wenden zur deutschen Besiedlung

Dann drangen von Osten die Wenden in Mecklenburg ein. Viele Ortsnamen weisen noch auf den wendischen Ursprung hin, sie enden vielfach auf -ow, -in und -itz, z.B. Parkentin, Kröpelin, Stülow, Jennewitz u. a. Es ist aber auffallend, dass nördlich der Linie Wustrow, Alt-Garz (Rerik), Blengow, Wischuer, Büttelkow, Jennewitz, Reddelich, Stülow, Bad Doberan, Parkentin und Wilsen keine slawischen Ortsnamen vorkommen, während sie südlich davon recht häufig häufig auftreten. Die wendischen Bauern bevorzugten den leichteren Boden und besiedelten deshalb nicht die Grundmoränenflächen und den schweren Lehmboden. Wir wissen, dass dieses Gebiet zwischen der Kühlung und der Warnow, das heute im Süden durch die Bahnlinie Rostock - Kröpelin begrenzt wird, in der Wendenzeit von einem großen Wald bedeckt war, den die Wenden die Drenow nannten. Als der Sachsenherzog Heinrich der Löwe den tapferen Wendenfürsten Niklot besiegte ( Niklot fiel 1160 bei der Burg Werle bei Schwaan), drangen die Deutschen ins Wendenland ein, Sie gaben an, die Wenden zum Christentum bekehren zu wollen. Eine der ersten Klostergründungen war das Zisterzienser Kloster im heutigen Althof. Im Jahre 1171 stifteten Pribislaw, der Sohn Niklots, das Kloster Doberan und stattete es mit einem umfangreichen Besitz aus. Dieses erste Kloster hatte aber keinen langen Bestand, denn nach dem Tode Pribislaws bei einem Turnier in Lüneburg erhoben sich die Wenden in Mecklenburg. Sie überfielen am 10. November 1179 das Kloster Doberan und erschlugen alle Mönche und andere Insassen, insgesamt 70 Personen, nur dem Abt und wenigen Mönchen scheint die Flucht zum Mutterkloster Amelungsborn gelungen zu sein. Die Zerstörung muss recht gründlich gewesen sein, denn in den folgenden Jahren hören wir nichts wieder vom Kloster in Althof. Die Zisterzienser ließen sich jedoch nicht beirren. Pribislaws Sohn Heinrich Borwin unterstützte sie in ihrem Vorhaben, und so konnte im Jahre 1186 ein neuer Convent aus Amelungsborn nach Doberan ziehen. Das neue Kloster wurde aber nicht wieder in Althof, sondern in der Nähe des „wendischen Hofes Doberan“ in der Niederung des Dobersches errichtet. Nach der Sage sollte das Kloster dort errichtet werden, wo Heinrich Borwin den ersten Hirsch erlegte. Dies war die Stelle, wo heute das Doberaner Kloster liegt. Die Gegend war aber sumpfig und schien als Bauplatz gar nicht geeignet. Da erhob sich aus dem Wasser ein Schwan und schrie mehrmals „dober, dober“. Dieses wendische Wort bedeutet „gut“, und man deutete es als eine Botschaft des Himmels, um dort dann das Kloster anzulegen. Einer Urkunde Bernos vom Jahre 1177 können wir entnehmen, dass das Kloster einen umfangreichen Besitz zugewiesen erhielt. Er war teilweise durch natürliche Grenzen bestimmt, nämlich im Westen durch den Hügel Dobimerigoria (Eichenhügel am Meer, vielleicht Diedrichshäger Berge) und von einer Eiche auf der Feldmark Wilsen über Parkentin, Brusow nach Kröpelin. In diesem Gebiet lagen nur wenige Dörfer. In einer Urkunde vom Jahre 1177, in der Bischof Berno dem Kloster den Zehnten verleiht, werden folgende Dörfer genannt: Doberan (Althof), Parkentin, villa slavica Doberan (das heutige Doberan), Putscha (Hohenfelde), Stulea (Stülow), Crupelin et dui ville Brunonis. Witu weist nach, dass Bruze das Dorf Brusow ist, während die anderen 3 Dörfer in Cubance nicht genau bestimmt werden können. Wir erkennen hieran, dass nur wenige wendische Dörfer im Klostergebiet vorhanden waren. Besonders der nördliche Teil war ganz mit Wald bedeckt und unbesiedelt. Der Besitz des Klosters vergrößert sich schnell, 1192 werden u.a. auch Domastyz (Ivendorf), Bojannewitz (Jennewitz) und Stäbelow sowie die ersten Indago (Rodungen) genannt. Die rege Siedlungstätigkeit des Klosters beginnt aber erst nach 1218 durch den Erlaß Heinrich Borwins, der dem Kloster das Ansiedlungsrecht gewährt. Doch die Aussiedlungen fanden nicht auf offenem Boden statt, sondern das Ackerland wurde dem durch Rodung abgewonnen. Platz für diese Neugründung war genug vorhanden.

Steffenshagen taucht erstmals auf

Unser Dorf wird zum ersten Male im Jahre 1273 urkundlich erwähnt (M. U. B. 1297). In diesem Jahre bestätigt der Bischof Hermann von Schwerin, dass das Kloster der vollen Zehnten (Getreide und Vieh) aus den Dörfern Boldewinshaghen (Boldenshagen), Dhiderricheshaghen (Dietrichshagen), Stephaneshaghen (Steffenshagen), Bollhagen, Wittenbeck, Glashagen, Alardeshaghen, Bertrameshaghen, Glashütte (Hütten bei Parkentin) Ravenhorst, Redwisch, Steinbeck und Higenhaghen besitzt. Die Rodung des Urwaldes, die Anlage der Dörfer, die Gründung von Kirchen und Pfarren waren 1273 schon vollendet und sind also zwischen 1218 und 1273 erfolgt. Steffenshagen ist eine Gründung des Klosters Doberan. Das Kloster erteilte einem Siedlungsunternehmer (Lokator) den Auftrag, Siedler anzuwerben. Er fuhr nun nach Niedersachsen, Westfalen oder Friesland und kehrte dann mit den neuen Bauern zurück. Meist waren es die jüngeren Bauernsöhne, die nicht den Hof erben konnten. Sie brachten sich das allernotwendigste Inventar gleich mit. Der Lokator wurde Schulze in dem neuen Dorfe und bekam auch eine doppelte Hufe. Meistens waren die Dörfer so groß, dass 16 Bauernstellen entstanden. Die Siedler begannen damit, die neue Dorfstraße anzulegen. Sie schlugen in dem ihnen angewiesenen Waldstück eine Schneise durch den Wald, die sich dem Gelände und den Bächen gut anpasste. Die Mönche hätten für unsere Dorfanlage keinen geeigneten Platz finden können! Es ist anzunehmen, dass die heutige Dorfstraße noch ungefähr dort verläuft, wo sie vor 700 Jahren angelegt wurde. Eine wichtige Voraussetzung für eine gute Dorfanlage war die Nähe des Wassers, denn Mensch und Tier waren auf das Wasser angewiesenen. An dieser Schneise, der neuen Dorfstraße, wurden die Hufenbreiten für jeden Bauern angesteckt, und dann später durch richtige Bauernhäuser ersetzt wurden. Sie führten diese in der Bauweise auf, wie sie ihnen aus ihrer alten Heimat in Niedersachsen und Westfalen bekannt war. So kam das Niedersächsische Bauernhaus nach hier. Nun begann die harte Rodungsarbeit, und der Urwald musste der Axt des Bauern Schritt für Schritt weichen. Das Ackerland vergrößerte sich und schließlich wurde der Wald bis an die Feldmarksgrenze zurückgedrängt. Dann lag der Acker jedes Bauern als langer Streifen in einem geschlossenen Block, der von der Dorfstraße senkrecht durchschnitten wurde. Diese lange Gehöftzellen sind eines der deutlichsten Merkmale der Hagendörfer. In Ober-Steffenenshagen kann man noch die Streifenform der Hufen sehr deutlich erkennen. Die Hufe Nr. 1 in der Ober-Steffenshagen (Barten) reicht von der Hundehäger Forst bis zur Brodhäger Scheide, die Länge beträgt etwa 2,5 km und die Breite durchschnittlich 100 – 180 m. In Nieder-Steffenshagen ist die Streifenform der Hagenhufen nicht mehr gut zu erkennen, wahrscheinlich sind die Hufen bei der Neueinstellung der Feldmark im 19. Jahrhundert ungelegt worden. Unser Dorf ist ein gutes Beispiel für das lange Reihendorf. Die Länge des Ortes beträgt 5 km. Die Streifenform der Stufen bedingte eine lange lockere Gehöftreihe, der Abstand der Gehöfte beträgt 50 – 100 m und mehr. Es ist anzunehmen, dass die Gehöfte früher an einer Seite der Straße (Südseite) gelegt haben, wie man es heute in Bartenshagen noch deutlich sehen kann. Von Bartenshagen heißt es deshalb, dass der Pfannkuchen nur auf einer Seite gebacken und die Wagen nur auf einer Seite geschmiert werden. Ein weiteres Kennzeichen der Hagendörfer ist der Name, der aus einem Personennahmen und der Endung -hagen besteht. Unser Dorf hieß in den ältesten Urkunden Stephenshagen und zeigt uns diese Zusammensetzung. Steffenshagen ist also ein Hagendorf, das um die Mitte des 13. Jahrhunderts gegründet wurde und 1273 zum ersten Male urkundlich erwähnt wird.

Die Sage vom Heiligen Blut

Durch die Sage vom heiligen Blut wird unser Dorf jedoch noch ein ¾ Jahrhundert früher genannt. Ernst von Kirchberg berichtet in seiner „Chronicon Mecklenburgicum“, die 1370 aufgezeichnet wurde, von dem „wunderlichen Mirakil von dem heiligen Blut zu Doberan“. In Reihenform erzählt er uns die wunderbare Geschichte von Steffenhäger Hirten“. Der Anfang lautet wie folgt:

„In der ezid by sundir, geschach eyn michel wundir, in der Abdeye zu Doberan als ichs uch lassin will virstan, es geschach zu eyner Veste, daz do guam ein hirte zu Schtefanshagin her hunders phlag, es waz uf eynem Ostirtag, do wolde her ouch commoniciren und nach dem Gelouben sich regiren, nach der gemeynen Gewonheit dy do waz in der Christenheit als her gensm daz Sakramente von des Priesters Presente da ging her dennen eszüchtiglich, und nam das Heiligtum beymelich ich meyne daz Sacrament vil werde un eyenvaldiglichir Geberde, God den ym do der Pristir gab den machte her yn seynen hirtenstab......... Bei Heinrich Hesse finden wir die Sage folgendermaßen aufgezeichnet: Ein Hirte aus Steffenshagen ging am ersten Ostertage des Jahres 1189, in Doberan zum Abendmahl. Er behielt die Heilige Hostie während der Feier im Munde, ohne sie zu essen, und brachte sie mit nach Hause. Dort nah die Hostie hinein. Die Öffnung wurde fein säuberlich wieder verschlossen, die Hostie verlieh dem Stabe Wunderkraft, und jeden Morgen umkreiste der Hirte damit seine Herde, um sie vor Wölfen zu schützen. Das half auch, denn von Stund an ließ sich kein Wolf mehr sehen. Nach der Verrichtung übergab der Hirt seinem Weibe den Stab zur heimlichen Verwahrung, und diese verbarg ihn im Bettstroh. Die Sache blieb mehrere mehrere Jahre geheim, bis endlich ein fremdes Weib ins Haus kam. Die neue Hausgenossin bemerkte nun um Mitternacht, dass neben dem Bette des Hirten ständig zwei kleine Lichtlein glühten, ohne zu zünden. Sie teilte ihre Wahrnehmung der Hirtenfrau mit, und da die Erscheinung fortdauerte, entlockte sie ihr nach und nach das ganze Geheimnis. Als der Hirte das erfuhr, wollte er seinen Wunderstab anderswo verstecken und in eine verborgene Kiste schließen. Allein die Kiste war für den Stab zu klein. Er wollte denselben kürzer machen. Aber der Stab wurde immer wieder länger, so musste er denn an seine alte Stelle im Bettstroh zurückgebracht werden und leuchtete wie zuvor. Da plagte eines Tages der böse Geist die beiden Weiber, dass sie sich erzürnten. Die fremde Frau lief zum Dorfschulzen und zeigte das Wunder an. Dieser ließ den Hirten und seine Frau festnehmen und sandte sogleich Botschaft von dem Vorfall ins nahe Kloster Doberan. Dort weilte gerade der Bischof Brunwald von Schwerin. Derselbe kam sofort mit dem Abt zusammen nach Steffenshagen. Aus Furcht vor Strafe gestand der Hirte seine Tat ein. Der Stab wurde aufgetan, und sie sahen, dass die geweihte Hostie zu wahrem Blut geworden war. Das geschehene Wunder befreite den Hirten vor seiner Strafe. Alle Mönche wurden herbeigerufen und das Blut im Triumphe nach Doberan gebracht. Dort geschahen Zeichen und Wunder. Es wurde in der Kirche aufbewahrt und alljährlich einmal dem Volke gezeigt. Bei Kirchberg heißt es zum: „Dyt mirakulum had by keyne Stad wante es geschah by Herzh Hinrich Burwy als der daz Rich der Wenden hielt und Herr Hugo waz Appid zu Doberan do man schrieb nach Godes Geburt Fusent Czevey hundirt und eyn Jar wy Keysir Friderich Meylan gewan.“ Nach dieser Sage hätte wir also im Jahr 1951 das 750-jährige Jubiläum feiern können, wir müssen jedoch diese Quelle, die erst 170 Jahre später aufgezeichnet wurde, sehr kritisch betrachten und müssen 1273 als die erste Erwähnung gelten lassen. Das Heilige Blut war die erste dieser Art in ganz Norddeutschland und machte Doberan zu einem viel besuchten Wallfahrtort. Bezeichnend ist aber, dass Kirchberg nichts von einer Bestrafung des Hirten zu berichten weiß, denn er schreibt nur: „Die Mönche holten den Leib des Herrn zurück.“ Ganz anders war es doch bei dem Sternberger Heiligen Blut, dort wurden 42 Juden auf dem Scheiterhaufen verbrannt, weil sie die Hostie mit dem Messer zerstechen!

Die Entwicklung der bäuerlichen Verhältnisse in unserem Dorfanlage

1.Die Bauern in der Klosterzeit

Die meisten Einwohner unseres Dorfes sind in der Landwirtschaft tätig. Das trifft für die Vergangenheit noch mehr zu als für Gegenwart, denn heute arbeiten viele Einwohner in den Industriegebieten in Doberan, Rostock und Warnemünde. Deshalb möchte ich zuerst die Entwicklung der bäuerlichen Verhältnisse in unserem Dorf verfolgen. Wir können auch in unserem Dorf ein ständiges Anwachsen der Zahl der nebeneinander bestehenden Siedlungsformen erkennen. Jedes Zeitalter fügte neue für seine Lebensformen bezeichnende Siedlungstypen hinzu, ohne dass die älteren Typen aussterben. Im 13. Jahrhundert entstand die älteste Form: die 16 großen Bauernstellen. Nach dem 30 -jährigen Krieg wurde durch Zusammenlegung von 4 Bauernstellen der Hof Steffenshagen geschaffen. Daneben entwickelten sich besonders im 19. Jahrhundert die Büdnereien und Häuslereien. Unsere Zeit fügte noch weitere Siedlungsformen hinzu, nämlich die Neubauernstellen und die LPG. Man kann aber nicht die Verhältnisse in unserem Dorf schildern, wenn man nicht immer wieder die allgemeinen politischen wirtschaftlichen und kulturellen Verhältnisse in Mecklenburg beachtet. Erst dann können wir die besonderen Ereignisse unseres Dorfes verstehen. Aus dem Mittelalter liegen uns natürlich nicht so viele Nachrichten vor, als aus der neuen Zeit. Es war mir nicht möglich, Zehntlisten, Kontributionsregister, Kirchenbücher und andere Urkunden des Schweriner Archivs durchzuarbeiten, die ja sicherlich viele genaue Nachrichten geben können. Eine Schadensrechnung des Doberaner Kloster aus dem Jahre 1312 gibt uns einen guten Einblick in die damaligen wirtschaftlichen Verhältnisse. Die Rostocker befanden sich damals dem König Erich von Dänemark im Kriege und betrachteten die seit 1300 unter dänischen Oberlehnsherrschaft stehenden Lande Rostock als feindliches Gebiet. Sie verwüsteten die Dörfer unserer Umgebung und plünderten auch in Steffenshagen. Sie raubten dem Bauer Arnold 1 Pferd und Kleidungsstücke im Wert von 4 Mark Silbers, dem Johann Wedemann 10 Kühe im Wert von 30 Mark, dem Kruse 5 Pferde=20 Mark und dem Johann Hildebrandt seine Wirtschaftsgeräte im Werte von 24 Schilling. Diese Urkunde nennt in Steffenshagen also nur Deutsche. Wir sehen, dass die Bauern damals einen recht umfangreichen Viehbestand besaßen, auch eine Mühle war in Steffenshagen vorhanden. Dieses war sicher eine Wassermühle und muss wohl in Nieder Steffenshagen gestanden haben. Sie bestand sogar noch bei der Übergabe des Klosters im Jahre 1552, wird aber 1611 nicht mehr genannt. Unser Dorf gehörte damals zum Kloster Doberan. Die Bauern wurden im Mittelalter noch nicht von den hohen Abgaben und den Diensten bedrückt, sie lebten im allgemeinen sicher und zufrieden, so dass es hieß: „Unter Krummstab ist gut wohnen.“

Da unser Dorf zum Kloster gehörte, kamen die Bauern in den Genuss auch aller wichtigen Rechte des Klosters. Schon in der Urkunde vom Jahre 1189 wurde bestimmt, dass „kein Graf, kein Vogt oder eine andere weltliche Gewalt sich irgend welches Rechtes über die Güter, Sachen oder Leute des Klosters ohne Genehmigung des Abtes anmaßen sollte; ihm allein sollte in dem ganzen Gebiet die Verwaltung und Gerichtsbarkeit oder die Bestellung der Beamten zur Verwaltung und zum Gericht zustehen. Die Bauern sollten vom Burg- und Brückenbau und von den allgemeinen Diensten beständig frei sein, um desto ruhiger der Brüderschaft (dem Kloster) dienen zu können.“ (M.U.B. 147) Ursprünglich hatte der Landesherr das höchste Gericht im Klostergebiet, während das Kloster dann im Laufe der Zeit, die landesherrlichen Rechte an sich zu bringen. Die mecklenburgischen Herzöge benötigten recht viel Geld und verpfändeten oder verkauften diese Rechte an die Grundherrschaft. So heißt es beispielsweise von Parkentin und galt auch für Steffenshagen: „Dat hogeste Gericht mit Hals und Hanth, dortho dath Kerklehn, Uplath im Alath, de Tegethe horeth alles dem Huse Dobberahn“. Dies bedeutet, dass das Kloster Doberan hier die hohe und niedere Gerichtsbarkeit, das Patronatsrecht, die Zehnten für Korn und Vieh und schließlich das Recht, der Bauern ein – und absetzen besaß. Das Besitzrecht des Bauern kann allgemein als günstig bezeichnet werden. Da die Bauern ihre Stellen erst urbar machen mussten, sind sie nicht bloß Pächter gewesen wie vielfach die Bauern im übrigen Mecklenburg, sondern hatten ein beschränktes Eigentumsrecht, dazu auch das Recht der Vererbung. Als Abgaben hatten die Bauern an das Kloster, ihren Grundherrn, eine geringe feststehenden Kornpacht zu zahlen, die aus Roggen, Gerste und Hafer bestand. Für jeden Herd musste das Rauchhuhn gezahlt werden. An die Kirche (das Doberaner Kloster) musste der Zehnt geliefert werden. Geldpacht war selten. Außer den Bauern wird es in Steffenshagen noch Kossaten gegeben haben. Sie haben meist nur wenig Acker und müssen sich als Schmied, Kröger und auch als Landarbeiter ein Nebeneinander schaffen. Die Dienste, die die Bauern dem Kloster leisten mussten bedrückten sie kaum. Sie mussten auf den Klostergütern etwa 10 -20 Tage im Jahr Dienste und einige Fuhren leisten. Diese Höfe des Klosters wurden in den ersten Jahrhunderten von Laienbrüdern und mit Hilfe von Dienstleuten bewirtschaftet. Als nicht mehr genug Land zur Rodung vorhanden war, legte das Kloster sogar ganze Bauerndörfer und verwandelte sie in Klosterhöfe. Im Jahre 1297 war Rabenhorst noch ein Bauerndorf, im Jahre 1312 aber ein Gutshof, um diese Zeit entstand auch der Klosterhof Bollhagen. Die gelegten Bauern wurden aber in der damaligen Zeit wieder auf eine andere Bauernstelle gesetzt. Wir können aber auch feststellen, dass das Kloster neuerworbene Ritterhöfe in Bauerndörfer umwandelte, z.B. Bargeshagen, Lüninghagen und Retschow.

Die Steffenshäger Bauern mussten sicher diese Dienste auf dem Hof in Bollhagen leisten, der Steffenshäger Hof ist erst später entstanden.

Auch die Verpflichtungen gegenüber dem Landesherren sind im Mittelalter nicht groß. Anfangs mussten sie den Herzögen die Bede geben, die etwa 1 Gulden je Hufe betrug. Um 1500 entstand eine neue Abgabe. Wenn der Herzog in den Wäldern des Klosters jagte, mussten die Bauern Lebensmittel für den Herzog an das Gästehaus liefern. Dieses sogenannte Ablager wurde nachher in bestimmter Höhe festgelegt, und musste auch dann gezahlt werden, wenn der Herzog gar nicht zur Jagd kam. Jedes Dorf musste etwa 1 Ochsen, mehrere Schafe und Schweine, einige Drömpt Hafer sowie mehre Tonnen Bier liefern. Bemerkenswert ist, dass die Bauern im Mittelalter eine sehr große Anzahl von verschiedenen Abgaben zu zahlen hatten. Barnewitz berichtet, dass der Bauer in Rethwisch 21 verschiedene Abgaben an den Herzog und an das Kloster zahlte. Diese Verhältnisse blieben bis 1552 bestehen. In diesem Jahr wurde das Doberaner Kloster aufgelöst und der gesamte Besitz gehörte zum Domanium. Das Kloster hatte bei seiner Auflösung einen recht umfangreichen Grundbesitz von über 50 Dörfern. Aus dem Klosterbesitz wird zunächst das Amt Doberan- Marienehe gebildet, später wird es geteilt, wodurch das Amt Doberan entsteht. Aber dadurch, dass die Steffenshäger Bauern zum Kloster und danach zum Domanium gehörten, blieb ihnen das Schicksal der Legung durch die Gutsherrn erspart. In den fruchtbaren Gebieten Ostmecklenburgs finden wir überwiegend ehemalige Gutshöfer, die alle durch das Legen der Bauern entstanden, während in unserer Umgebung die Bauerndörfer überwiegen.

2. Die Lage Bauern während des 30- jährigen Krieges und der Leihbeigenschaft

Durch die Auflösung des Klosters verschlechtert sich die Lage der Bauern sehr bald!. Die Klosterhöfe, die bisher von den Laienbrüdern bewirtschaftet wurden, werden in Gutshöfe umgewandelt, sie werden jetzt von den Bauern der benachbarten Dörfer bearbeitet. Zu jedem Gutshof gehören bestimmte Dörfer, die zu einem sogenannten Hofsystem ( auch Vogtei genannt) zusammengefasst werden. Die Steffenshäger gehörten sicher zu Bollhagen. Der Bauer leistete Pflugdienst, der Kossat den Handdienst. Diese Dienste nehmen jetzt beträchtlich zu und betragen vor dem 30-jährigen Krieg etwa 3 Tage wöchentlich. In der Saat- u. Erntezeit sind sie vielfach noch höher. So sehen wir, dass sich die wirtschaftliche Lage der Bauern von der Besiedlung bis zum 30-jährigen Krieg immer mehr verschlechterte. Dann brach der 30-jährige Krieg über Mecklenburg herein. In den ersten Jahren spielte sich der Krieg nicht auf mecklenburgischem Boden ab. Auch unter Wallensteins Regierung wurde noch die Ordnung aufrechterhalten. Die schlimmste Zeit sind die Jahre 1637/1638, als in den hin- u. herwogenden Kämpfen zwischen den kaiserlichen und Schweden Mecklenburg zum Kriegsschauplatz wurde, zugleich wüteten unter den hungernden Menschen die Pest und andere Seuchen. Im Vergleich zu anderen Ämtern kam das Amt Doberan noch verhältnismäßig glimpflich davon. Weite Strecken des Landes lagen öde da, viele Bauernstellen waren verlassen, wohl die Hälfte der Bauern war durch den Krieg und durch die Pest umgekommen, viele Gehöfte waren zerstört und vielfach fehlte es an Vieh und Inventar. Paster Eddelin hat über diese Jahre einen kurzen wahrhaftigen Bericht geschrieben, der ein anschauliches Bild jener schrecklichen Zeit gibt. „Anno 1637 sein die Kaiserlichen wieder heruntergekommen in dieses Land und hatten darinnen mit Rauben u. Tyrannischen Umgehen mit den armen Leuten sehr ütel hausgehalten, sonderlich sein sie den 5. Oktober auf dies Amt Doberan gefallen und darauf so hausiert, dass es einen Stein in der Erden hätte mögen erbarmen. Das Weibervolk, so sie überkommen haben sie geschändet, den Schreiber Servatius Sonmann genannt, mit einem Seile oder Schnur um den Kopf gewrögelt (d.i. Gewürgt) ihm und vielen den schwedischen Trank von Mistwasser und anderer unreiner Materie eingegeben., und ihnen hernachher mit den Knieen auf`n Leib gestoßen, dass das Mistwasser und die andere Materie zum Munde hat wieder herausspringen müssen, den einen, sonst den anderen so geängstigt, dass er nicht gewusst, wo aus noch ein, dem Priester M. Petro Eddeling drei Wunden, als zwei in den Kopf und eine in den linken Arm, gehauen, einen Mühlenknecht im Backofen verbrannt und den Küster Joachim Kopman gar umbs Leben gebracht, auch alles mit sich hinweggenommen,; sein also des Ortes beängstigt, betrübt, entraubet aller Nahrung. Zu geschweigen was anno 1638, da sich der Krone Schweden Kriegsgeneral Johann Bannir im Lande Mecklenburg mit dem schwedischen Kriegsherr, das der Religion und Region zu defendieren aus Schweden, Finn- und Lappland herausgekommen war, zu Neuenkloster und um Wismar im Herbst, gewaltsam zuartieret, das liebe Land noch noch erfahren und betroffen, o Jammer , o Not, o Elend ! Wie greuliche Verfolgung, wie grimmige Bekriegung, wie greuliche Verwüstung, so alles erst recht angegangen! Adel und Unadel, geistlich und weltlich, Bürger und Bauer, Mann und Weib, Herr und Knecht, alt und jung, Gelahrt und Ungelahrt sein ohne Unterschied von den undisziplinierten schwedischen Völkern über traktieret, sehr gejagst , heftig geschlagen , böslich verwundet, gänzlich beraubt, tyrannisch, unchristlich, barbarisch auf mancherlei unaussprechliche Art und Weise gemartert, gepeiningt, unschuldig und erbärmlich getöte, zu bekennen, wo das Ihre und sonsten Viehe, Geld und Gut anzutreffen. Viele haben von Rauch und Dampf, von Frost und Hunger, - der so groß gewesen, dass auch ein Teil der Leute das gestorbene Ass, ja auch der verstorbenen und umgebrachten Menschen Fleisch Gott erbarme es, gefressen haben, - verschmachtet und auf den Gassen, auf dem Felde in den Hölzernen oder Wäldern, in den Morasten liegen bleiben müssen. Keine Wintersaat ist gesäet, und die Sommersaat ist auch nicht bestellet worden, weilen an den Menschen, Korn und Vieh großer Mangel vorhanden gewesen. Die fürstlichen Ämter, die kleine Städte, die Dörfer sein eine grausame Zeit wüste und leer gestanden, denn man allda nicht sicher sein können, und was noch an Menschen, hohes und niedriges Standes, erhalten worden, das hat sich zum Teil in Rostock und Wismar aufgehalten, zum Teil aber in andere Königreiche und Fürstentümer retirieren müssen. Viele herrliche Gebäude, Zimmer und Scheunen, auch adelige Sitze sein teils heruntergerissen und verödet, teil aber gar nicht in die Asche gelegt, wie dann auch dieses Ortes zu Doberan der eine Bauhof oder Ziegelhof genannt und die daselbst befindlichen beiden Scheuren mit allen Getreide in Brand gesteckt worden. Summa, der schwedische Bannier hat mit seinen ruchlosen kriegerischen Völkern das ganze Land gar erschöpft, aus dem Mecklenburg eine rechte Eckelnburg gemacht und das rein ab, fast Reinab, Gott bessere es, mit ihr gespielt. Weil die Menschen fehlten, blieben große Flächen des Landes unbebaut liegen. Oftmals werden diese „Wüsten Hufen“ auch in Schäfereien verwandelt. Vermutlich weist der Name „Schapdrift“ für den Weg von Nieder- Steffenshagen nach Dietrichshagen noch darauf hin, dass hier nach dem 30- jährigen Krieg die Schafe des Hofes Dietrichshagen nach den wüsten Feldern von Hinter- Bollhagen getrieben wurden. Vielfach wurden dann diese Schäfereien später in Pachthöfe (Domänen) verwandelt, und die Aussage des Pächters von Hinter- Bollhagen aus dem Jahre 1723, dass sein Hof aus „wüsten Hufen“ besteht, bestätigt dies. Auch in Steffenshagen ist nach dem 30- jährigen Krieg der Hof entstanden. Ob diese Bauern während des Krieges ums Leben gekommen sind, oder ob sie „gelegt“ wurden, konnte ich nicht feststellen. Der Hof besteht aus 4 zusammengelegten Bauernstellen, von denen uns sogar noch die Namen der früheren Besitzer übermittelt wurden. So heißt der Berg am Kröpeliner Landweg der „Waakenbarg“ und ein Soll an der Bollhäger Scheide „Borgwardts Soll“. Sie gehörten also dem Bauern Waak und Borgwardt, die anderen beiden Stellen sollen 2 Pentzins gehört haben. Um dem Menschenmangel zu begegnen und die vorhandenen Arbeitskräfte festzuhalten, kann es in der Zeit nach dem 30- jährigen Krieg zur Ausbildung der Leibeigenschaft. Schon vorher kann es im Jahre 1621 bei der Landesteilung und Schuldentilgung zum Abschluss der Reversalien. In diesem Vertrag werden die Bauern zu Zeitpächtern erklärt. Im Artikel 16 heißt es: „zum 16. wollen die verordnen Wir, dass die Pauerleute die ihnen umb gewissen Zins oder Pacht eingethane Hufen, Äcker oder Wiesen, sofern sie keine Erbzinsgerechtigkeit oder dergleichen gebührlich beizubringen, den Eigentums- Herrn, auf vorhergehende Loßkündigung, unweigerlich abzutreten und einzuräumen schuldig sein sollen. Nur selten besaßen die Bauern Besitzurkunden, weil es früher nicht üblich war, solche auszustellen. Durch diesen Vertrag wurden die Bauern den Rittern ausgeliefert. Nach dem 30- jährigen Krieg waren die Dörfer entvölkert, so dass die noch übriggebliebenen Bauern durch die Gesindeordnung von 1654 zu schollenpflichtigen Leibeigenen herabgedrückt wurden. In der Gesindeordnung heißt es unter anderem: „Nächst diesem und fürs andere Orden uns setzen wir, nachdem die tägliche Erfahrung bezeuget, dass die Bauersleute und Untertanen, Mannes oder Weibes Personen, sich in diese Zeit vielfältig unterfangen, sich ohne ihrer Herren und Obrigkeit Vorwissen und Bewilligung zu gesellen, zu verloben und zu befreien, solches aber, weil sie ihrer Herrschaft, dieser Unsere Lande und Fürstentürme kundbaren Gebrauch nach, mit Knecht- und Leibeigenschaft, samt ihren Weib und Kindern verwandt und daher ihrer Person selbst nicht mächtig, noch sich ohne ihrer Herrn Bewilligung ihnen zu entziehen und zu verloben, einigermaßen befüget, dass wir demnach solches angemaßtes heimisches Verloben und Freiyen der Bauersleuten Kennzeichen der Leibeigenschaft sind die Schollenpflichtigkeit, der Ehekonsens und die Frohndienste. Ein leibeigener Bauer aus Steffenhagen durfte nur mit Genehmigung des Amtes Doberan verziehen, dabei achtete das Amt genau darauf, dass der Bauer in dem Amtsbezirk blieb. Jeder Leibeigene musste im Domanium erst das Amt fragen, wenn er heiraten wollte. Der leibeigene Untertan, das ist die damalige Bezeichnung für den Bauern, wurde wie ein Unmündiger behandelt unter strenger Aufsicht von Amt und Pachthof gehalten. Da ich für Steffenshagen kein Beispiel fand, will ich ein charakteristisches aus unserer Umgebung anführen.

So schreibt im Jahre 1778 die Frau von Oertzen auf Blengow an, den Gutsbesitzer von Müller auf Detershagen, Kägsdorf usw., er möge seine Untertanin Marie Steußloff dem Schneider in Blengo zur Ehe geben. Darauf antwortet dieser u. a. : „ Im vorigen Jahr sind 4 Dierns aus meinen Gütern durch Heirat weggegangen, und diesen Herbst habe ich mir auf keine Weise gestehen, eine wegzugeben, ohne dagegen gleich eine andere zu erhalten. Als ich nur durch ein Gerücht vernahm, dass der Schneider diese Marie Steußloffen heiraten wolle, habe ich es ihr durch den Schreiber zu Hohen- Niendorf verbieten lassen, darin zu willigen. Euer Gnaden werden diese Gründe so gerecht finden, dass sie die gnädige Gemahnung meiner Bitte folgen müssen, dem Schneider die Heirat zu verbieten, welche er, ohngeachtet meines Verbots einzuleiten sich unterstanden hat.“ Aus einem Protokoll einer Gerichtsverhandlung in Detershagen über „ die Zugehörigkeit solcher Kägsdorfer Guthunterhanen, welche dem ehemaligen Gersdorfer Antheile zu Kägsdorf zugehörte und in den Gersdorfer Güthern verstreut lebten“ erkennen wir Folgen des Schicksals von Tagelöhnern. Als Zeugen hatte sich der Gutsbesitzer Müller die Bauern Otto Hinnrich Jenß und den Käther Jochen Hinrich Steinfeldt zu der Gerichtsverhandlung geladen. Sie beschworen nun, dass Jürn Steinfeldt und Johann Schwiesow auf dem Gute Kägsdorf dienten, Christian Ahrens aber bei dem Gutsherr sie zusammenrufen. „In der Mitte auf der Diele wäre ein Tisch und auf demselben ein brennendes Licht gesetzt worden, bei dem Tisch waren die beiden Herrn als der Herr Findeisen und der Herr Dr. Hausen einen Handschlag zu geben wären sie gekommen und hätten den Handschlag als seine nunmehrigen Untertanen empfangen. „Nach dieser Zeit hatte Schwiesow und seine Frau im Dorf „keine Hüsung“ erhalten und der Inspektor ihm die Erlaubnis gegeben, dass sie so lange wohnen und sich vermieten könnten, wo sie wollten, bis sie nötig wären und sie gefordert wurden. „An dieser Gerichtsverhandlung nahmen Gutsbesitzer von Müller auf Detershagen, Persionär Stumpe in Altenhagen und Notar Boldt teil. Nunmehr konnte der Gutsbesitzer seine auswärts, wohnenden „Untertanen“ wieder auf seine Güter holen lassen!. Aber am drückendsten waren die Dienste für die leibeigenen Bauern. Weil die Zahl der Bauern durch den Dreißigjährigen Krieg abgenommen und gleichzeitig die Zahl und Größe der Höfe zugenommen hatte, wurden die Dienste immer höher. Aus einer Dienstordnung des Amtes Doberan von 1709 entnehmen wir, dass ein Bauer wöchentlich folgende Dienste zu leisten hatte. Im Frühjahr bis zur Heuernte 4 Tage mit Gespann, 1 Tag mit der Hand, in der Heuernte die ganze Woche hindurch mit dem Gespann und täglich 2 Leute mit der Hand, während der Roggenernte solange gemäht wurde, täglich mit 2 Mähern und 2 Bindern, beim Einfahren mit dem Gespann und 3 Tage mit der Hand. Die Arbeitszeit dauerte im allgemeinen 9 Stunden täglich, während der Erntezeit jedoch vom Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang. Um diese Fromdienste erfüllen zu können, mussten die Bauern eine sehr große Zahl Zugpferden und -ochsen halten. Bei der Übergabe der Bauernstelle übernahm der Bauer Barten im Jahre 1727 sieben Pferde, ein Füllen, vier Ochsen, drei Kühe, 3 Stärken, 1 Kalb, 7 Schweine, 2 Schafe, 6 Gänse und 12 Hühner. Diese hohe Zugviehhaltung ist die Regel im 18. Jahrhundert. Auch in der Garbeschen Chronik fand ich einige Nachrichten über jene „Zeit“. Damals drohte auch den noch verbleibenden 4 Hauswirthstellen zu Ober- Steffenshagen die Gefahr des Bauernlegens. Im Laufe der Zeit war auf diese Stelle eine schwere Last an Hand- und Spanndiensten gelegt worden. So war an den Pächter von Vorder- Bollhagen ein Gespann von vier Pferden nebst Knecht und einem schulentlassenen Jungen zu stellen. Hiermit noch nicht genug. Jetzt sollten auch diese Bauernstellen dem schon bestehenden Hof Steffenshagen hinzugefügt werden. Als Retter trat da der damalige Prediger von Steffenshagen, der Pastor Hummel auf. Das im 30 jährigen Kriege zerstörte Pfarrgehöft hatte damals wegen Geldmangel nicht wieder aufgebaut werden können. Es war dafür eins hinter den vier Bauernstellen gelegenes, leerstehendes Bauernhaus als Pfarrhaus benutzt und ausgebaut worden. So ist es gekommen, dass in unserem Dorf das Pfarrhaus und die Pfarrländereien von der Kirche entfernt liegen. Nun wollte der Amtmann die Pfarre wieder neben die Kirche verlegen, weil sonst nach Schleifung der vier Bauernstellen die Pfarrländereien den Hofacker durchschnitten hätten. Diesem Plan widersetzte sich der Pastor Hummel. Es kam zum erbitterten Streit zwischen ihm und dem Amtmann. Dabei soll einmal der Pastor den Anspruch getan haben: „Dieser böse Haman (Anspielung auf das Buch Esther), er soll doch nicht seinen Willen durchsetzten“. Es gelang ihm auch wirklich, die Pläne des Amtmannes zu hindern, bis mit dem nicht lange darauf erfolgten Tode desselben die Gefahr das Bauernlegens für Ober- Steffenshagen beseitigt wurde“. (Gottfried Hummel war von 1773 bis 1805 Pastor in Steffenshagen) Wenn diese Geschichte, die mündlich überliefert wurde, auch von der geplanten Bauernlegung in Steffenshagen berichtet, so wurden aber die Bauern in unserem Dorf dadurch vor der Bauernlegung bewahrt, dass sie zum sogenannten Domanium und nicht zum ritterschaftlichen Besitz gehörten. Besonders in den fruchtbaren Gebieten des östlichen Mecklenburgs wurden in den Jahrzehnten nach dem Dreißigjährigen Krieg fast alle Bauern gelegt, sodass vor allem hier die vielen Rittergüter lagen.

3. Die bäuerlichen Verhältnisse im 19. Jahrhundert

Das 19. Jahrhundert fügt zu den bereit bestehenden bäuerlichen Betrieben, den Bauernstellen und dem Hof, noch weitere hinzu. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts oder zu Beginn des 19. Jahrhunderts entstehen die ersten Büdnereien und in der Mitte dieses Jahrhunderts die Häuslereien. In jenem Abschnitt wurden auch noch eine Reihe anderer Maßnahmen durchgeführt, die sich besonders für die großen Bauernstellen günstig auswirken sollten: die Hofdienste wurden abgeschafft, die Feldmark wurde neu vermessen und eingeteilt (Separation) die Abgaben wurden vereinheitlicht, der Abschluss langjähriger Pachtverträge die Aufhebung der Leibeigenschaft und schließlich die Verpachtung der Bauern. Daneben gibt es in unserem Dorf den Hof (Domäne), die Kirche, die Pfarrer , die Schule und eine Reihe von Einliegern (Katenleute), die meistens bei den Bauern und auf dem Hof als Tagelöhner arbeiteten. Im folgenden will ich versuchen, die Entwicklung der bäuerlichen Besitzverhältnisse genauer darzustellen.

Während im ritterschaftlichen Teil Mecklenburgs die Bauern immer mehr zurückgedrängt wurden und die Gutsbetriebe sich entfalteten, versuchte man im Domanium seit der Mitte des 18. Jahrhunderts die Verhältnisse auf dem Lande zu verbessern. Die Herzöge waren bestrebt, die Besitzverhältnisse zu verbessern, um dadurch ihre Einnahmen an Pacht zu erhöhen. Sie waren aber keineswegs uneigennützig, sondern diese Maßnahmen (z.B. die Vererbpachtung) brachte ihnen beträchtliche finanzielle Vorteile und Gewinne.

Eine dieser Maßnahme war die Ansiedlung der Büdner. Für die Ansetzung der Büdner war das Patent des Herzogs Christians Ludwig vom 14. März 1753 von großer Bedeutung, in dem es u.a. heißt, dass er sich vor allen Dingen die Vermehrung, und die damit verknüpfte ruhige Niederlassung unserer Untertanen in den Ämtern und Kammer-Gütern zum Hauptaugenmerk gesetzt haben. Nichts kann uns bei solcher gnädigen Gesinnung zweckwidriger sein, als wenn wir vernehmen, dass verschiedene unserer Leibeigenen Untertanen austreten und sich entweder in die benachbarten Reichsstädte oder auch unter fremde Gerichtsbarkeit zu dienen und zu wohnen begeben. „ Es kam darauf an, die Lebensbedingungen der Tagelöhner zu verbessern, ihnen erträgliche Wohnstätten auf dem Lande zu schaffen. Da die Büdner aber durchweg unbemittelt waren, stellte ihnen das Amt das Land, ferner Bauholz und Materialien und für den Übergang eine volle Ernte zur Verfügung. Sie erhielten anfangs neben Haus und Hof etwas Gartenland und Weide für eine Kuh. Bei der Separation der Feldmark zu Anfang des 19. Jahrhunderts erhielten die Büdner auch Ackerland. Die ersten Büdner in Steffenshagen finden wir zwar erst 1810 in den mecklenburgischen Staatskalender verzeichnet, aber sie können auch schon vorher entstanden sein. Die Größe der Büdnereinen können wir aus den Pachtverträgen ersehen, die nach der Separation in Nieder- Steffenshagen mit den Bauern abgeschlossen wurden, dort wurde 1834 „der Besitzstand sämtlicher Büdner mit 7256 Quadratruten angegeben, das sind für jeden der damals vorhandenen 7 Büdner etwas mehr als 1000 Quadratruten. 1840 sind aber schon 12 Büdner angesiedelt und bei dieser Zahl bleibt es dann auch in Nieder-Steffenshagen. Wenn man aus den Nummern der Büdnereien auf die Reihenfolge ihrer Entstehung schließen kann, so kommt man zu folgender Ordnung: Im allgemeinen waren die Büdnereien nicht so groß, dass sich eine Familie davon ernähren konnte, sie waren also gezwungen, weiteres Land hinzu zu pachten oder auf Nebenerwerb zu gehen.

Gegen Ende 18. oder zu Anfang des 19. Jahrhunderts wurden im Domanium die Hofdienste der Bauern abgeschafft. Die Steffenshäger brauchten nun nicht mehr den Hof Steffenshagen und Vorder-Bollhagen bestellen helfen, sondern konnten ihr Zugvieh verringern und mehr Kühe halten. Die Dienste wurden nunmehr in Geld umgerechnet: 1 Tag Spanndienst 14-16 Schilling, 1 Tag Handdienst 7-8 Schilling. Ich konnte noch nicht Genaueres über die Aufhebung der Hofdienste der Steffenshäger Bauern ermitteln.

In den Jahren 1816-1818 wurden die Bauernstellen in Nieder-Steffenhagen neu vermessen und eingeteilt, wodurch die früher auch dort vorhandenen „Hagenhufen“ verschwanden, während diese langen streifenförmigen „Hagenhufen“ ja heute noch in Ober-Steffenshagen zu erkennen sind. Diese sogenannte „Separation“ der Hufen sollte die wirtschaftliche Lage der Bauern haben, gleichzeitig wurde auch der Flurzwang aufgehoben und der Boden bonitiert. „Die Bonitierung ergab dann die genaue Höhe der Pacht. Nach der Separation wurden langjährige Pachtverträge mit den Bauern abgeschlossen. Der erste dieser Pachtverträge „für die Hauswirte zu Nieder-Steffenshagen, „ denn Hauswirt war die damalige Bezeichnung für die Bauern, galt von 1818-1834. Als Hauswirte stehen dort verzeichnet: Schulze, Johann, Schof, Daniel, Böckmann, Gottlieb Frahm, Daniel Uplegger, Claus Uplegger, Johann Rathsack, Andreas Saß, Johann Schof und Martin Levtzow. Weitere Pachtverträge wurden für die Zeit von 1834-1848 und von 1850-1864 abgeschlossen. Weil sie uns einen guten Einblick in die wirtschaftlichen Verhältnisse jener Zeit gewähren, so will ich sie nicht hier, sondern an einer anderen Stelle ausführlich behandeln. Durch diese Verpachtung wurde eine bedeutende Verbesserung der Rechte der Bauern erreicht. Im Jahre 1820 wurde in Mecklenburg die Leibeigenschaft aufgehoben, für Steffenshagen soll sie sogar schon 2 Jahre früher aufgehoben worden sein. Die Bauern waren jedoch nach Abschaffung der Hofdienste und Aufhebung der Leibeigenschaft weiterhin verpflichtet bestimmte Fuhren für das Amt zu leisten. Zwei Jahre nach Aufhebung der Leibeigenschaft wurde die Vererbpachtung der Hufen eingeleitet. Für die Hofwehr (Gebäude, Vieh, Geräte) wurde ein niedriger Kaufpreis und als Erbstandsgeld die 10-20 fache Höhe der Jahrespacht festgesetzt. Durch die Vererbpachtung wurde der Pächter zum Besitzer der Stelle. Die Steffenshäger Bauern scheinen keine Lust gehabt zu haben, ihre Höfe im Erbpachthöfe zu verwandeln. Erst nach der allgemeinen Vererbpachtung vom 1867 wurden dann auch die Steffenshäger Bauern in den Jahren nach 1870 Erbpächter. Auch die Garbesche Chronik bringt über diese Zeit einige interessante Nachrichten. Dort heißt es u.a. : „Beim Aufruf an sein Volk zum Kampf gegen die Franzosen hatte Friedrich Franz den Teilnehmern am Freiheitskampf Befreiung von der Leibeigenschaft zugesagt und hielt nun sein Wort. Allerdings hatten es die Bauern im Domanium lange nicht so schlimm gehabt wie ihre Kollegen in der Ritterschaft. Aber die von ihnen zu leistenden Hand- und Spanndienste hinderten auch hier ein gedeihliches Wirtschaften. Jetzt hörte dies auf. Dafür kam, je nach Größe und Güte der Stelle, eine im Korn festgesetzte und nach mehrjährigem Durchschnittspreis berechnete Geldabgabe. Und dazu als höchstes Gut erhielten sie jetzt die persönliche Freiheit. Während sonst im allgemeinen das Jahr 1820 als das Jahr der Aufhebung der Leibeigenschaft für Mecklenburg genannt wird, hörte in Steffenshagen die Leibeigenschaft schon 1818 auf. Der ersten Tat der Befreiung folgte für Steffenshagen sofort die zweite , nämlich die Aufhebung der Gemeinschaftswirtschaft durch Aufteilung der Dorffeldmark in Hufen für die einzelnen Wirtschaften. Dies wurde als praktisch von der Regierung erstrebt, stieß aber bei den meisten noch am Alten hängenden Bauern auf Widerstand. Da wurde eine Verordnung erlassen, dass, wenn in einer Dorfschaft sich nur ein Bauer meldet, diese in Hufen aufgeteilt werden müsste. Sofort meldete sich Bauer Garbe. So kam es, dass in der dortigen Gegend Steffenshagen das erste Dorf war, in welchem die Separation vorgenommen wurde. „ Diese Maßnahmen waren für die Bauern günstig. Die Leidtragenden waren aber die bäuerlichen Einlieger (Katenleute). Es gab neben solchen Einliegern, die beim Bauern arbeiteten und dafür zur Miete wohnten und etwas Gartenland und Futter für Kleinvieh erhielten auch solche, die gar kein Land besaßen und auf Gelegenheitserwerb angewiesen waren. Der letzten Gruppe ging es am schlechtesten. Aus einem Protokoll aus dem Jahre 1854 (Anlage zum Pachtvertrag) kann man ersehen, „dass eine Kuhhaltung dieser kleinen Leute nicht stattfindet.. „ Auch Schafe konnten sich die Einlieger bis dahin nicht halten, und ihre Ziegen mussten sie im Stall halten, weil sie auch keine Weide hatten. Künftig sollen sie erhalten, da die Haltung von Kühen, zu deren Aufnahme es den Leuten gänzlich an Platz und Futter fehlt, unmöglich ist: eine Wohnung mit 30-35 Quadratruten Garten für 12 Taler, 150 Quadratruten Acker umgehend in den krafttragenden Schlägen für 2 Taler . Die Bestellung dieses Ackers, Dungabfuhr, Einbringung der Feldfrüchte geschieht unentgeltlich. Es wird die Abschrift zweier Schafe jedem Einlieger gegen Zahlung von 12 Schilling a Stück gestattet. Freie Anfuhr des Brennmaterials sowie andere kleine Transporte.“ Diese Katenleute hatten immerhin noch ihr regelmäßiges Einkommen, wenn es auch nur sehr gering war, schlimmer war die Lage jener „kleinen Leute“, die nicht beim Bauer arbeiteten, sondern auf die Gelegenheitserwerb angewiesen waren. Diesen Stiefkindern unter den Landbewohnern suchte die Regierung durch die Gründung von Häuslereien eine eigene „Hüsung“ zu schaffen. Auch in unserem Dorf wurden nach 1850 solche Häuslereien geschaffen. Sie umfassten neben dem Haus nur einen kleinen Landbesitz. Die Häusler pachteten meistens aber noch Land von der Gemeinde und Wiesen dazu, um sich eine Kuh halten zu können. Genau wie bei den Büdnern können wir auch bei ihnen das Streben nach einem kleinbäuerlichen Besitz feststellen. So entstehen in Steffenshagen insgesamt …. Häuslereien. In Orten mit günstigerer Lage ( z.B. Reddelich) ist aber die Zahl der Häusler bedeutend höher. Wir erkennen ein ständiges Anwachsen der Zahl der nebeneinander bestehenden Siedlungsformen. In unseren Tagen entstanden die Neubauernstellen und die LPG.