Niendorf bei Neuhaus(Elbe) Festschrift (Dieter Greve) 1. Leibeigenschaft

Aus Ortschroniken
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1. Die Entwicklung der ehemals leibeigenen Bauern von Steder-Niendorf zu ritterschaftlichen Lehnsbauern

Die früheste Besiedlung des Gebietes nördlich der Elbe ist stammesmäßig nicht mehr zuzuordnen. Es ist aber sicher, dass bis zu dem 6.Jahrhundert unserer Zeitrechnung in unserem Gebiet, dem lüneburgischen, lauenburgischen und westmecklenburgischen Raum die germanischen Langobarden ansässig waren, die im Zuge der Völkerwanderung bis nach Norditalien zogen und dort der Lombardei (um Mailand) ihren Namen gaben. Der Name der Langobarden ist aber auch noch in den Ortsnamen Bardowieck und wohl auch Barförde (Bardenfurt) zu erkennen.

In das fast menschenleere Land zogen dann wendische Stämme ein. In dem von den Langobarden verlassenen Gebiet haben sich die Polaben (Anwohner der Labe = Elbe) angesiedelt. Ihr Stammeszentrum und -heiligtum war in Ratzeburg zu finden. Als um die Mitte des 12. Jahrhunderts die deutsche Besiedlung der von den wendischen Polaben bewohnten westmecklenburgischen Gebiete erfolgte, wurde um den Boizenburger Burg- oder Schlossbezirk auch das Land oder die Vogtei Boizenburg gebildet. Dieses später auch Amt genannte Land Boizenburg wird etwa gleichzeitig mit dem 1154 gegründeten Bistum Ratzeburg, zu dem es kirchlich bis zur Durchsetzung der Reformation etwa 1535 gehörte, entstanden sein.

In der weltlich-politischen Organisation gehörte es zunächst bis 1203 zur Grafschaft Ratzeburg (umstritten!), dann zur Grafschaft Schwerin und ab 1358 zu Mecklenburg. Erwähnt wird es erstmalig in einer Urkunde aus dem Jahre 1158 als Heinrich der Löwe dem Bischof von Ratzeburg ein Tafelgut „in Boyceneburg Benin“ schenkt. Die Ersterwähnung von Bennin ist somit auch die für die Vogtei Boizenburg. Die Dörfer der Vogtei dürften jedoch alle um diese Zeit entstanden sein, wenn sie denn nicht schon vorher als wendische Siedlungen bestanden haben. Ihre Ersterwähnung in Urkunden liegt aber häufig um vieles später.

Das Ratzeburger Zehntenlehenregister von 1230/34, in dem viele Dörfer zum ersten Mal urkundlich erwähnt wurden, ist für das Amt Boizenburg nur unvollständig erhalten. Mit Sicherheit sind aber mit ihren Zehntenlehen genannt:

Zehnten für den Bischof:

  • Granzin 24 Hufen
  • Nieklitz 12 -"-
  • Klimprow 4 -"- [auf der Tüschower Feldmark]
  • Niendorf -
  • Bahlendorf -
  • Karrentin 7 -"- [auf der Klein Bengerstorfer Feldmark]
  • Dersenow 5 -"-
  • Zahrensdorf 12 -"-
  • Blücher 4 -"-
  • Lüttenmark 4 -"-
  • Leisterförde 4 -"-.

Über die Zehnten für den Bischof hinaus sind Zehntenlehen für andere Personen in Granzin, Tessin und Gallin sowie zwei weitere nur unvollständig lesbare (der jeweils erste Buchstabe des Namens fehlt) und bisher nicht identifizierte Dörfer erwähnt. Es könnte sich bei „.ebande“ um Nebande, das sagengafte Nebein auf der Gemarkung Bennin, handeln und bei „.amnetin“ um Gamnetin, verkürzt zu Gamm, um das Vorwerk an der Boize, das 1255 Graf Gunzelin III. an die Bürger zu Boizenburg verkauft hat. Der Name Gamm existiert nach wie vor für die Ausbaugehöfte in Boizenburg, Schwartow und Neu Gülze sowie als Flurname für die zwischen diesen liegenden Flächen. Bennin ist aufgeführt als „freigemacht für den Bischof in Feldern und Wäldern, Weiden und Wiesen, welche Herzog Heinrich (der Löwe) für den Bischof von allen Diensten befreit hat“. Für Niendorf ist keine aufgeführte Hufenzahl erhalten, Steder ist nicht genannt. Es stellt wohl das ältere slawische Dorf dar. Für das angrenzende Land Dirtzink (etwa das historische Amt Neuhaus) sind keine Dörfer aufgeführt aber „in terra Dirtzike Sclaui sunt …“, soll heißen: „Im Land Dirtzink Slawen sind…“. Das lässt darauf schließen, dass noch keine deutschrechtliche Besiedlung erfolgt ist. Es wird sich um ein Rückzugsgebiet der Wenden gehandelt haben, wie auch die ungewöhnlich häufigen wendischen Flurnamen erkennen lassen. Die breite Talniederung, die von der unregulierten Elbe mit vielen Armen durchflossen war, wird teilweise auch von den südlich angrenzenden Höhen her landwirtschaftlich genutzt worden sein. Deren Besiedlung erfolgte auf unterschiedlichen Wegen. Die historische Zugehörigkeit zu den Pfarren lässt diese am besten deutlich werden. Während Niendorf und auch Krusendorf historisch zum Sprengel der Pfarre Zahrensdorf, später Blücher gehörten, waren beispielsweise Stiepelse und Neu Garge in Barskamp eingepfarrt.

Zum Verständnis der Geschichte des Dorfes Niendorf ist es erforderlich, einige Erläuterungen zur mecklenburgischen ständischen Verfassung einzufügen, die in ihrer antiquierten Form bis 1918 gültig war, was Bismarck zu der viel, aber häufig falsch zitierten Äußerung veranlasste, dass er beim Weltuntergang nach Mecklenburg gehen würde, weil dort alles fünfzig Jahre später geschehe. Die seit 1755 gültige ständische Verfassung in Mecklenburg unterteilte das Land im Wesentlichen in drei Teile, nämlich in das Domanium (Besitztum des Landesherrn), die Ritterschaft (Besitztum der ritterschaftlichen Gutsbesitzer) und die Landschaft (Besitztum der Städte). Die Vertretung der Landesteile im ebenfalls bis 1918 bestehenden ständischen Landtag übernahmen für das Domanium gemeinsam die beiden Großherzöge von Schwerin und Strelitz, für die Ritterschaft die landtagsfähigen Gutsbesitzer und für die Landschaft die Bürgermeister der Städte. Da Steder-Niendorf als landtagsfähiges Hauptgut galt, hatten dessen Vertreter die Möglichkeit der Teilnahme an den Landtagssitzungen. Ob diese wahrgenommen wurde, ist nicht überliefert.

Offenbar war Niendorf anfangs kein ritterschaftliches Lehen. Erst im 14. Jahrhundert werden die von Sprengel genannt, die ihren Sitz in Gresse, Amt Boizenburg – ursprünglich Süttorf, Amt Bleckede – hatten. Steder und Niendorf gehörten dann zur Ritterschaft und wurden von dem jeweiligen Gresser bzw. Badekower Gutsherrn im Landtag vertreten. Andererseits hat sich in Niendorf und Steder, dem ursprünglichen Hauptgut, das später in Niendorf aufgegangen ist, niemals ein ausgeprägter Gutsbetrieb entwickelt. Die Ursachen dafür werden zum einen in der großen Entfernung zum Stammsitz der Ritter und zum anderen in der schwierigeren Bewirtschaftung des Marschbodens, aber auch in der selbstbewussten Niendorfer Bauernschaft gelegen haben. Dieses Selbstbewusstsein mag unter dem Einfluss der benachbarten lüneburgischen und lauenburgischen Bauernschaften entstanden sein, die keine Leibeigenschaft in der in Mecklenburg ausgeprägten Form kannten. Die Niendorfer hatten es sich bewahrt, obwohl ihre Angehörigen über Jahrhunderte formal leibeigen waren. Teils mag es auch der ausgesprochenen Bodenständigkeit entsprungen sein, denn bereits die Bederegister von 1453 bis 1479 enthalten die später immer wieder genannten Namen

  • Beste,
  • Bliseke [Bliesch],
  • Bodiker [Böttger],
  • Boiche [Boye],
  • Brockmoller,
  • Goedecke,
  • Greve,
  • Jamer,
  • Kröger,
  • Lemkule,
  • Niemann,
  • Riebe,
  • Tewes,
  • Tymmermann,
  • Scomaker,
  • Scroder.

Das ausgeprägte Selbstbewusstsein der Niendorf/Stederschen Bauern führte über die Jahrhunderte immer wieder zu Konflikten mit der Gutsherrschaft, zu Dienstverweigerungen und zu wechselseitigen Beschwerden beim Herzog. Die Gresser Gutsherren bezeichneten die Bauern im 16. Jahrhundert als so hartnäckig und mutwillig, wie es ihresgleichen kaum im Lande geben dürfte. Graf von Oeynhausen, bei dem seine Herkunft aus den Kreisen der Ritterschaft häufig erkennbar wird, zitiert in seiner Niendorfer Chronik den Gutsherren folgendermaßen:

„... als sie neulich mitten in der Ernte am unentbehrlichsten gewesen, sind sie nach Blücher in den Krug gelaufen, wo sie trotz aller Vorstellungen bis in den dritten Tag sitzen, saufen und tanzen und sich das Essen von Hause nachkommen lassen.“

In dieser Zeit haben sie sich sogar zu Tätlichkeiten gegenüber dem Gutsherrn von Sprengel und seinen Bediensteten hinreißen lassen, indem sie diese mit der Sense bedrohten und aus dem Dorfe jagten. Wegen dieser Differenzen und wohl auch zur Ablösung der eigenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten bieten die von Sprengel mehrfach ihrem Herzog und einmal auch der lauenburgischen Herzogsgemahlin vergeblich Niendorf und Steder zum Kauf an.

Im Jahre 1614 wird Niendorf mit weiteren Sprengelschen Besitzungen Pfandbesitz der von der Wense auf Holdenstadt und Dorfmark (bis 1650). Auch diese beklagen sich bald über die widerborstigen Niendorfer Bauern beim mecklenburgischen Herzog. Die Zeit der Pfandschaft hat trotz der Widrigkeiten und Belastungen des Dreißigjährigen Krieges das Selbstbewusstsein der Niendorfer Bauernschaft nur gesteigert, so dass sie nach dem Wiedereintritt der Sprengels in ihre Rechte deren Oberhoheit nicht mehr anerkennen wollen. Sie wenden sich 1655 an den Herzog mit der Erklärung, dass sich Franz von Sprengel die Gerichtsbarkeit über sie anmaße, während sie früher der fürstlichen Gerichtsbarkeit des Amtes Boizenburg unterstanden hätten. Zum Beweis legen sie sogar die Abschrift einer Urkunde aus dem Jahre 1432 vor, nach der Niendorf dem Domstift in Güstrow zugelegt worden sei. Diese Urkunde betraf aber ein Dorf gleichen Namens im Amte Schwaan. Der herzogliche Kanzler Cothmann beurteilt den Vorgang dann:

„Hieraus erhellt, daß diese bösen Leute wider besseres Wissen und Gewissen, weil sie in ihrem Herzen überzeugt sind, daß sie und ihre Vorfahren über Menschen Gedenken hinaus den Sprengels wahre erbliche Untertanen gewesen und noch seien, lediglich unter Fälschung des Namens diesen ihren eigenen Junkern und Herren unverantwortlich und ohne Grund, aus lauter Bosheit, Groll und Widersetzlichkeit, deren sie und ihre Vorfahren schon vorhin aktenmäßig sich oft schuldig gemacht, von dem Seinigen zu bringen, sich besten Fleißes bemüht. Und haben sie den Sprengels, den offenkundigen Besitzern und Herren dieses Dorfes, entgegen allem Rechte der Welt, den Beweis, wie sie dazu gekommen zuschanzen wollen. Es sind demnach diese ungetreuen Leute auf dem nächsten Termin billig und mit Ernst anzuhalten, auszusagen, wie sie zu dieser Abschrift der Gründungs-Urkunde gekommen, wer sie ihnen mitgeteilt und ihnen Rat und Tat dazu gegeben, sich vermöge derselben gegen ihre Junker aufzulehnen und ihren Gehorsam und Untertänigkeit zu entziehen ...“

Verständlicherweise reagieren die herzoglichen Beamten auf solch widersetzliches Verhalten verärgert und mit Unverständnis in einer Zeit, in der gerade erst im Jahre 1654 die mecklenburgische Bauern- und Gesindeordnung erneuert worden war, die die Aussage enthielt, dass die Bauern

„ihrer Herrschaft, dieser Unser Lande und Fürstenthume kundbaren Gebrauch nach, mit Knecht- und Leibeigenschaft sampt ihren Weib und Kindern verwandt, und dahero ihrer Personen selbst nicht mächtig, noch sich ohn ihrer Herren Bewilligung zu entziehen und zu verloben einigermaßen befugt.“

Bald danach, im Jahre 1656, beklagen sich die Niendorfer beim Herzog Franz Carl von Sachsen-Lauenburg, der seinerzeit in Neuhaus residierte, dass sie die erforderliche Instandsetzung der Deiche, die während des Krieges sehr gelitten hätten, nicht durchführen könnten. Franz von Sprengel presse sie derart, dass noch nicht einmal alle Gehöfte wieder besetzt werden konnten. Er vertreibe einen nach dem anderen und sei bemüht, ihnen ihre Gerechtsame und Freiheiten streitig zu machen. Nun könnte diese Klage sicher nur der Rechtfertigung für die zögerliche Instandsetzung der Deiche und Gräben gedient haben, denn Einflussnahme auf den mecklenburgischen Junker dürfte Franz Carl kaum möglich gewesen sein. 1689 gab es erneuten Streit zwischen Bauern und Gutsherrschaft, weil Sprengel vier noch wüst liegende Hufen für sich einziehen und ihnen das Recht, die harte Hölzung nach Belieben zu nutzen, nicht zugestehen wollte. Hinrich Greve und Drewes Kravack wurden mitten in der Erntezeit mehr als zwei Wochen in Badekow in Gewahrsam genommen (in Halseisen und Handkloben).

Im Beichtkinderverzeichnis werden im Jahre 1704 folgende Niendorfer und Stedersche Bauern genannt (spätere Hufennummern – wie auch 1724, 1751 und 1763 nach der Reihenfolge der Nennung):

In Niendorf:

  • Jammer, Clas (Hufe 1)
  • Drinkgern, Jochim (Hufe 3)
  • Kwack (Kravack), Hedwig (54, Wwe.) und Sohn Andres Kwake (19 J.) (Hufe 4)
  • Jammer, Hans (Hufe 5)
  • Burmester, Wilhelm (Schulze) (Hufe 6)
  • von Hecht (Hachten) (Hufe 7)
  • Wolter, Hinrich (Hufe 8 ?)
  • Wolter, Jochim (Hufe 9)
  • Lütke, Jochim (Hufe 10)
  • Greve, Hinrich (46) und Margaret (40), kein Sohn genannt, aber Tochter Ann Margaret (Hufe 11)
  • Benz (Banz), Hans (Hufe 12)
  • Scheel, Thies (Hufe 13)
  • Timmermann, Clas (56) und Mari (26)
  • Brusch, Clas (Hufe 14)
  • Busch [Brusch ?], Carsten (Hufe 15)
  • Buck, Hartwig (Hufe 16)
  • Greve, Jochim (Schulze) (Hufe 17)
  • Timmermann, Ann (58, Wwe.) und Sohn Christopher Hinrich (32) als Knecht, weitere Söhne Clas (18) und Hans Jürgen (15) (Hufe 18)
  • Köhn, Tönnis (Hufe 19)
  • Nibuhr, Frantz Hinrich (Hufe 20)

Kötener in Niendorf:

  • Hase, Jochim
  • Eggerts, Hinrich
  • Gercken, Hans

In Steder:

  • Eggert, Hinrich
  • Best, Hans
  • Pink, Hedwig (55, Wwe,) und Sohn Adam (28)
  • Dornmann, Clas
  • Vögeler, Hans

Kötener in Steder:

  • Schakk, Jacob
  • Fett, Clas
  • Dahm, Johann (Kifner)
  • von Lewens (Obrist im Baur-Haus)

Im Jahre 1724 einigen sich der Gutsbesitzer Gustav Adolf von Sprengel und die Niendorfer Bauern in einem Vergleich, dass die vier noch verbliebenen Stederschen Bauern nach Niendorf versetzt werden. Das betrifft Pinck, Dohrmann, Vogeler und Eggert, während Bests Stelle zum Hofe gelegt wird. Damit sind in Niendorf nun 23 Hufen vorhanden. Das Niendorfer Bauernland wird auf diese gleichmäßig aufgeteilt. Das Land der Stederschen Bauern nimmt von Sprengel zu seinem Hof. Gleichzeitig werden die Niendorfer Kätner bis auf Claus Niederhoff nach Steder versetzt. Der Gutsherr verzichtet im Vertrag auf das Recht des uneingeschränkten Bauernlegens und erteilt den Bauern ein, wenn auch eingeschränktes Erbrecht, ein bis dahin in Mecklenburg einmaliger Vorgang. Der Vertrag hat denn auch im Jahre 1733 noch immer keine landesherrliche Bestätigung.

Ausschnitt aus der Schmettauschen Karte aus dem Jahre 1788 mit den benachbarten mecklenburgischen und lüneburgischen Dörfern
Diese Karte ist auf der Grundlage der Direktorialvermessungskarte von Wilsh aus dem Jahre 1770 entstanden. Besonders deutlich wird auf dieser Karte, dass in weiten Teilen der Feldmark noch der Wald vorherrschte (Im Hollen, Binschenholt, südlich späterem Ausbaugehöft Nr. 9).

Den Vertrag mit von Sprengel unterzeichnen im Jahre 1724:

  • Adam Pinck (Hufe 20)
  • Anton Banse, Schulze (Hufe 6)
  • Jochim Drinkgiern (Hufe 3)
  • Jochim Dohrmann (Hufe 21)
  • Jochim Wolter (Hufe 9)
  • Claus Eggert (Hufe 19)
  • Hinrich Greve (Hufe 11)
  • Johann Henning Buck (Hufe 16)
  • Stoffer Timmermann (Hufe 18)
  • Johann von Hachten (Hufe 7)
  • Jochim Heinrich Scheel (Hufe 13)
  • Jürgen Banse (Hufe 22)
  • Claus Böttcher, ist Schulze (Hufe 12)
  • Claus Brusch (Hufe 14)
  • Heinrich Wolter (Hufe 8)
  • Hans Jammer (Hufe 5)
  • Claus Grube [Greve ?] (Hufe 17 ?)
  • Hans Jürgen Witt (Hufe 15)
  • Andreas Kravack (Hufe 4)
  • Johann Hinrich Jammer (Hufe 1)

abwesend:

  • Claus Berthold Timmermann (Hufe 23 ?)
  • Jacob Wolter (Hufe 2)
  • Hans Vogeler (Hufe 10)]]

Im Beichtkinderverzeichnis werden im Jahre 1751 genannt:

  • Wilhelm Jammer (Hufe 1)
  • Jacob Wolter (Hufe 2)
  • Franz Joachim Drinkgehrn (Hufe 3)
  • Johann Peter Kevake [Kravack] (Hufe 4)
  • Hans Hinrich Jammer (Hufe 5)
  • Schultze Christopher Hinrich Burmeister (Hufe 6)
  • Hans Hinrich Burmeister (Hufe 7)
  • Hans Hinrich Wolter (Jurat) (Hufe 8)
  • Johann Jacob Wolter (Jurat zu Blücher) (Hufe 9)
  • Johann Rudolph Vogler (Hufe 10)
  • Jürgen Wilhelm Gräve (Cap. Jurat) mit Stiefsohn Johann Hinrich Gräve (Hufe 11)
  • Hans Jürgen Bödeker (Hufe 12)
  • Hans Hinrich Schele (Hufe 13)
  • Franz Hinrich Timmermann (Hufe 23 ?)
  • Clas Hinrich Brusche (Hufe 14)
  • Hans Hinrich Witte (Hufe 15)
  • Andreas Jürgen Drews (Hufe 16)
  • Schultze Franz Joachim Gräve (Hufe 17)
  • Hans Jürgen Timmermann (Hufe 18)
  • Frantz Joachim Gehrken (Hufe 19)
  • Frantz Hinrich Pinke (Hufe 20)
  • Frantz Joachim Dornman (Hufe 21)
  • Johann Hinrich Gräve (Hufe 22)

Kiffner [etwa Häusler oder Büdner]:

  • Hans Joachim Niederhoff
  • Wwe. Catharine Hedwig Gehrken
  • Windmüller Georg Hinrich Behrens
Auszug aus der Direktorialvermessungskarte von Wilsh aus dem Jahre 1770 (Veröffentlichung mit Genehmigung des Landeshauptarchivs Schwerin)
Auf dieser Karte ist die Anordnung der Hufen zu erkennen. Die Nummern (vermutete Lage) wurden vom Verfasser dieser Schrift eingetragen. Südlich des geschlossenen Dorfes befinden sich wahrscheinlich das Gehöft des Kätners Fett, die spätere Büdnerei Nr.1 und der Hirtenkaten.

Im Jahre 1738 erwirbt der braunschweig-lüneburgische Hauptmann Ernst Friedrich von dem Knesebeck die Sprengelschen Rechte an Niendorf und Steder. Auch mit ihrer neuen Gutsherrschaft geraten die selbstbewussten Niendorfer wegen ihrer Rechte sehr bald in Streit, der dann auch zu Prozessen führt.

Im Bewusstsein ihrer Wirtschaftskraft beantragen sie am 20. Juni 1762 beim Lehnsherrn, Herzog Friedrich den Kauf des Lehens Steder-Niendorf. Sie wollten das Lehen so unter die 23 Bauern aufteilen, dass jeder seinen Hof als Lehen erhalte. Die Zahlung des Kaufpreises von 38000 Talern N 2/3 sei gesichert. Dem wird auch bereits nach wenigen Wochen der Konsens der Lehnkammer erteilt. Die Bereitwilligkeitserklärung des Lehnsherrn erfolgt mit der Aussage, die Bauern in die gewöhnlichen Rechte eines bürgerlichen Lehnsmannes einzusetzen. Dem steht jedoch der Status der Leibeigenschaft der Bauern noch entgegen. Deshalb erklärt das herzogliche Reskript:

„daß ihr vor Erhaltung des Consenses die Aufhebung der Leibeigenschaft und die öffentliche Erklärung für freie Leute bei Unserer Regierung auszubringen habt.“

Nach der entsprechenden Bitte der Bauern erhalten sie am 14. Februar 1763 das Patent des Herzogs, in dem ihre Leibeigenschaft aufgehoben wird. Dieses hat für den Schulzen den Wortlaut:

„Wir Friedrich von Gottes Gnaden Herzog von Mecklenburg ...... fügen hiemit Männiglichem zu wissen, wes Gestalt wir aus bewegenden Ursachen und Gnaden den Schulzen Franz Jochim Greve aus dem, in Unserem Amt Boizenburg belegenen Gute Niendorf sowohl, soviel seine eigene Persönlichkeit anbetrifft, als auch seine Ehefrau, seine Kinder und alle desselben eheliche Nachkommen der Leibeigenschaft enthoben und von derselben befreit haben. Inmaaßen Wir denselben, seine Frau und seine jetzige und zukünftige Kinder und Nachkommen dieser, ihnen bisher anklebenden Leibeigenschaft für jetzt und künftig aus Landesherrlicher hoher Obrigkeit, Macht und Autorität Kraft Dieses wissentlich entheben, davon befreien, und also ihn und seine Frau, auch ganze Posterität [Nachkommenschaft] für freie Leute erklären, denenselben sammt und sonders auch alle Freiheit, Gerechtsame und Befugnisse, welche andern Freigeborenen nach Recht und Gewohnheit zustehen, hiedurch ausdrücklich verliehen und zugetheilt haben wollen.

Dessen zu Urkund haben Wir diesen Freibrief ..... 14.Febr. 1763“

Gleichlautende Urkunden haben außer dem Schulzen Franz Jochim Greve (Hufe 17) erhalten:

  • Schulze Heinrich Wilhelm Burmeister (Hufe 6)
  • Jochim Wilhelm Jammer (Hufe 1)
  • Christoph Hinrich Greve (Hufe 2) als Vormund seines Stiefsohnes Christopher Wilhelm Greve
  • Franz Jochim Drinkgiern (Hufe 3)
  • Johann Peter Cravack (Hufe 4)
  • Hans Jacob Jammer (Hufe 5)
  • Hans Heinrich Burmeister (Hufe 7) als Vormund seines Stiefsohnes Andreas
  • Hinrich Hacht
  • Hans Hinrich Wolter (Hufe 8)
  • Johann Jacob Wolter (Hufe 9)
  • Hans Hinrich Vogeler (Hufe 10)
  • Jürgen Wilhelm Greve (Hufe 11) als Vormund seines Stiefsohnes Johann Hinrich Greve
  • Franz Heinrich Cravack (Hufe 12) als Vormund seines Stiefsohnes Johann Hinrich Boedicker
  • Hans Heinrich Scheele (Hufe 13)
  • Franz Hinrich Timmermann (Hufe ?)
  • Jochim Caspar Brusch (Hufe 14)
  • Andreas Jochim Greve (Hufe 15)
  • Andreas Jürgen Dreves (Hufe 16)
  • Claus Jürgen Timmermann (Hufe 18)
  • Franz Jochim Gercke (Hufe 19)
  • Franz Hinrich Pinck (Hufe 20)
  • Hans Jürgen Cravack (Hufe 21) als Vormund seines Stiefsohnes Johann Jürgen Dohrmann
  • Johann Hinrich Greve (Hufe 22).
Ehemaliger Hirtenkaten 1903 (Quelle: von Oeynhausen, 1903)

Am 8. Dezember 1763 erhalten die bisherigen Leibeigenen den Lehnbrief für ihren Anteil an dem erblichen Lehen.

Mit den Höfen und Ländereien erwerben die Bauern auch die Brennerei-, die Brau- und die Kruggerechtigkeit von ihrem Gutsherrn. Auch die bisherige Zahlung eines Erbzinses durch den Erbmüller an Knesebeck entfällt und geht jetzt an die „Kommüne“.

Die Grenze des früheren Hofes Steder mit dem Boizenburger Amtsdorf Besitz wird protokollarisch festgehalten. Steder wird nun völlig aufgegeben. An diesen Ort erinnern in der Feldmarkskarte der Direktorialvermessung aus dem Jahre 1770 nur noch Flurnamen an der Besitzer Grenze („Stederweide“ an der Teschenbrügger Grenze, „Sprengels Hoff“ im nördlichen Krainkebogen außendeichs). Die genannte Karte aus dem Jahre 1770 trägt nun bereits die Kartuschenaufschrift: „Plan von dem den Bauern zuständigen Dorffe Niendorf und Steder Im Amte Boitzenburg auf Verordnung Herzogl: Direct: Commission aufgemessen 1770 Mon: Decbr:“ (Wilsh/Francke).

In der Karte steht auf dem Teschenbrügger Feld noch Blücher, südlich des Dorfes ist Bebauung eingetragen. Es handelt sich wohl um den Hirtenkaten und evtl. ein Kossatengehöft etwa bei der späteren Schmiede.

Bildsiegel des Bauern Christoph Greve (Siegelabdruck nach Steinbruch aus SVZ-Mecklenburg-Magazin Nr. 3/2001)
Bildsiegel des Bauern Hans Jammer und Schriftsiegel des Bauern H.A. Pinck (Siegelabdruck nach Steinbruch aus SVZ-Mecklenburg-Magazin Nr. 3/2001)

Die neu gewonnene Stellung als Träger eines Lehens, die die Niendorfer aus dem Bauernstand heraushob, hob das Selbstbewusstsein der Niendorfer Bauern. Das wurde daran erkennbar, dass sie sich jetzt Siegel zulegten, mit denen sie Dokumente siegelten. Einige solcher Siegelabdrücke sind in Archiven erhalten.

Offenbar war die neue Stellung aber nicht ganz einfach zu tragen. In Artikeln, die sie sich gegeben hatten und die 1776 vom Herzog bestätigt wurden, wurde das Zusammenleben und -arbeiten geregelt. Ihr Inhalt macht aber auch die dabei bestehenden Probleme deutlich. Die innere Verfassung der Kommune wird aber bereits im Jahre 1766 geregelt. Es werden nämlich von nun ab jährlich vier Rechnungsführer gewählt, welche den Titel Anwalt führen. Diese sollen dem jeweiligen Schulzen die Einnahmen und Ausgaben besorgen und die Rechnung so führen, dass sie dem Konsulenten (Boizenburger Advocat Dr. Mecklenburg) zur Revision vorgelegt werden können.

Der wirtschaftliche Stand der neuen Eigentümer muss ein guter gewesen sein, denn im Jahre 1779 kaufen sie sich aus einem Konkurs heraus das benachbarte Allodialgut Teschenbrügge.

Bald entstehen aber erbrechtliche Konflikte wegen des unterschiedlichen Charakters der lehnsrechtlichen und der bäuerlichen Erbfolge und dessen Auswirkungen unter anderem auch auf das Altenteil. Prozesse gehen bis vor das Reichskammergericht. Auch sind die Miteigentümer als Lehnsträger jeweils einzeln gehalten, bei Erb- oder auch Verkaufsfällen erneut den Lehnseid zu schwören. Gemeinschaftlich sind sie dazu beim Wechsel des Lehnsherrn verpflichtet. Jedoch als 1785 Friedrich Franz I. seinem Oheim Friedrich als Herzog folgt, lassen sie sich per Vollmacht von dem Schulzen Joachim Wilhelm Greve vertreten. In einer Petition an den Landesherrn tragen sie im Jahre 1797 vor, dass sie sich als gespaltene Persönlichkeiten sähen, einerseits als Mitbesitzer eines Gutes seien sie Lehnsträger, andererseits aber seien sie dem Charakter nach Bauern in einer Dorfskommune geblieben. Sie bitten den Landesherrn um die Allodifizierung (Entlassung aus dem Lehsrecht, Übergang in freies Eigentum) des Gutes. Zur Untersuchung des Falles wird von Schwerin aus der Lehnsfiscal Hofrat Krüger eingesetzt, ein den Niendorfern sehr wohlgesonnener herzoglicher Beamter. Im Ergebnis der Untersuchung schlägt Krüger vor, aus Steder mit der Pertinenz Niendorf und dem Allodialgut Teschenbrügge ein einziges Lehn zu machen

„und mit diesem Lehn die Kommüne der Niendorfer Eigentümer und nicht den Einzelnen zu belehnen, dergestalt, daß die bisherige, teils blos ideale, teils unvollkommene und durchaus confundirende, auch dem üblen Rate eines Sachwalts ihren Ursprung verdankende Annehmung 22 besonderer Lehne fortan cessire [entfalle], hingegen die Leute einen Ew. Herzoglichen Durchlaucht annehmlichen provasallum [Lehnsträger] stellen müssen, der die Lehnspflichten leiste und das ganze Gut vorstelle; woraus dann weiter folge, daß jeder einzelne Eigentümer, soweit es die Kommunion zuläßt, seinen Anteil nach eigenen den Verhältnissen angemessenen und von Ew. Herzoglichen Durchlaucht zu genehmigenden Gesetzen behandle und vererbe.“

Am 8. November 1798 wird der Schulze Joachim Wilhelm Greve als erster Lehnsschulze, wie die Schulzen jetzt genannt werden, vereidigt und am 19. April 1799 wird der Lehnbrief ausgereicht, nachdem die alten Lehnbriefe bis auf drei nicht mehr auffindbare zurückgegeben waren. In den Mecklenburg-Schwerinschen Staatskalendern spiegelt sich diese Veränderung in der aufgeführten Ritterschaft des Amtes Boizenburg wider. Während 1797 noch alle 22 Hauswirte aufgeführt sind (siehe Faksimile) enthält der Staatskalender des Jahres 1800 nur den Eintrag „[Steder und] Niendorf 1558,17 / Teschenbrügge 344,8 Schulze Joachim Wilhelm Greve, Namens der XXII Hauswirthe (1146)“.

Faksimile des Eintrags zu Niendorf im Mecklenburg-Schwerinschen Staatskalender von 1797
Die aufgeführten Zahlen bei den Namen des Lehens geben die steuerbaren Scheffel Einsaat wieder. Der Scheffel Einsaat ist das alte Maß für die steuerliche Bonitierung des landwirtschaftlichen Grundbesitzes. Die Zahl 1146 auf der Seite der Lehnsträger gibt den geistlichen Grundbesitz in Quadratruten an, der von der Steuer befreit war.

Außer den Niendorfer Bauern haben nur wenige ritterschaftliche Dorfschaften in Mecklenburg es erreicht, für sich das Eigentum an ihrem Grundbesitz zu erwerben. Die übrigen Dorfschaften, nämlich Buchholz (1764/76), Grabow (1776) und Zielow (1821) im Amt Wredenhagen, Wendisch Priborn (1801/39) im Amt Lübz und Rossow (1836) im Amt Plau, waren unmittelbar an der preußischen Grenze belegen, Rossow ursprünglich sogar eine domaniale mecklenburgische Exklave in der Mark Brandenburg.

Im Kaufvertrag werden 1763 auch die Abfindung der nachgeborenen Geschwister durch den Gehöftserben sowie das Altenteil geregelt:

„An Abfindung erhält jeder nachgeborene Sohn oder Tochter, beständigem Herkommen nach aus dem Gehöft: ein Pferd oder 16 Tlr., 2 Kühe oder 12 Tlr., zwei Stiere oder 10 Tlr., 16 Tlr. zur Hochzeit oder 9 Himten Roggen [ca. 180 kg] und 9 Himten Weizen und zwar letzteres so, daß wenn ihnen Geld zur Hochzeit gegeben wird, sie außerdem noch ein fettes Schwein, einen fetten Hammel und eine Tonne Bier erhalten. Wird jedoch Korn anstatt des Geldes genommen, so gibt es außerdem noch einen fetten Ochsen, 2 Schweine, 2 Hammel und 6 Tonnen Bier. Ferner bekommen die Mädchen ein volles, die Söhne aber ein halbes Bett; endlich ein Kiste, eine Lade und an Leinen nebst Kleinigkeiten nach Verhältnis des Vermögens und nach Gutdünken der Eltern. Das Altenteil besteht nach Dorfsgebrauch aus folgendem: Freie Wohnung auf dem Gehöfte, ein Stück Landes von 1 Sack Gerste-Aussaat; ein Stück Land auf dem Weizenacker von 5 Himpten Aussaat, ein Stück Land zu Hafer von 1 Scheffel Aussaat, Gartenland für 2 Spint Leinsamen und 20 Obstbäume, 2 Kühe, die unter des Wirtes Vieh frei gefüttert und geweidet werden, jedoch kein Heu bekommen, und alle Jahre 1 Schwein.“ (von Oeynhausen, 1903)

Nach dem Erwerb der Ländereien von Steder und Niendorf werden diese unter den 23 Hufen gleichmäßig aufgeteilt. Dabei wird auf Grund der unterschiedlichen Bodenverhältnisse eine Vielzahl von Koppeln gebildet. Ausgenommen von der Teilung bleiben die Weide und die als Weide genutzten Holzungen. Im Jahre 1780 wird die Aufteilung noch einmal verändert. Dabei werden die Hofstücke gebildet.

Im Jahre 1776 geben sich die Miteigentümer Regeln für das Zusammenleben in der „Commüne“, die in 27 Artikeln festgelegt sind. Diese werden 1798 wegen der neuen lehnsrechtlichen Situation noch einmal ergänzt. Dann wird u.a. festgehalten, dass die Anzahl der Gehöfte dauerhaft bei der Zahl 22 bleiben soll, wie sie sich nach dem Aufkauf der Eggers’schen Hufe (hier als Hufe 23 bezeichnet) durch die Kommune und deren Aufteilung auf die 22 verbleibenden Hufen ergeben hat. Es sollten niemals zwei Gehöfte in einer Hand liegen, wovon 100 Jahre später jedoch abgewichen wurde. Ebenso wurde die so genannte Hofwehr festgelegt, d. i. das mindestens vorhandene lebende und tote Inventar:

8 Pferde, 1 Fohlen, 8 Kühe, 2 Starken, 6 Schafe, 4 Schweine, 1 Zuchtsau, 6 Gänse, 8 Hühner, 1 Hahn und an Saatgetreide: 7 Sack Weizen, 3 Sack Roggen, 4 Sack Gerste, 5 Sack Hafer, 2 Sack Erbsen, 1 Sack Wicken und 1 Sack Bohnen, dazu die notwendigen Wirtschaftsgeräte.


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