Geschichte Stadt und Amt Boizenburg/Elbe in Daten seit 1990
Die Geschichte der Stadt und des Amtes Boizenburg wurde von Dieter Greve verfasst.
Zeittafel
- 1990, 14. Oktober
- In Mecklenburg-Vorpommern, das als Land am 30. September wieder gebildet worden ist, finden seit fast sechs Jahrzehnten die ersten freien Landtagswahlen statt.[1]
- 1991, Februar
- Die Hamburger Gaswerke liefern nach 46-jähriger Unterbrechung wieder Gas nach Boizenburg.
Februar: Auf der Elbewerft kommt es zu einer Protest-Demonstration gegen die drohende Betriebsschließung.
Juni: Auf dem ehemaligen Grenzstreifen südlich der B 5 wird ein Radweg nach Lauenburg eröffnet.
Aus der Erweiterten Oberschule wird nun das Elbe-Gymnasium.
Juli: Die Fliesenwerke werden privatisiert. Eigentümer werden Apel-Dube und Brehmer.
Das Biosphärenreservat Elbetal wird zunächst unter der Bezeichnung Nationalpark gegründet.[2]
- 1991
- In den Dörfern werden die LPG aufgelöst und teilweise in Agrargenossenschaften m.b.H. umgebildet, wie in Nostorf, Greven, Bengerstorf, Neu Gülze, Brahlstorf und Dersenow. Es bilden sich auch private Betriebe als Wiedereinrichter, wie Hof Weitenfeld. In einigen Dörfern, wie in Wiebendorf und Tessin sind Niederländer als Neueinrichter ansässig geworden. In Beckendorf und Heidekrug sind Betriebe der Pferdezucht und -haltung und Reiterhöfe, in Gresse ein Gemüsebaubetrieb entstanden.
- 1991, Dezember
- In der Ellerholzwiese unmittelbar am Rande der Altstadt eröffnet ein neu gebauter Einkaufsmarkt.[3]
- 1992
- Die Elbewerft ist akut in ihrem Bestand gefährdet. Beim 568. Stapellauf wird ein Büro- und Kommunikationscenter ohne eigenen Antrieb zu Wasser gelassen. Wegen finanzieller Schwierigkeiten wird der Weiterbau eingestellt. Es kommt zu Protestkundgebungen mit Blockade der B 5.
In der Stadt werden mehrere Straßen umbenannt:
Rückbenennungen: Platz des Friedens in Markt
Karl-Marx-Straße in Königstraße
Straße der Solidarität in Baustraße
Clara-Zetkin-Straße in Reichenstraße
Wilhelm-Pieck-Straße in Bahnhofstraße
Carl-Templiner-Straße in Straße der Einheit
Umbenennungen: Ernst-Thälmann-Straße in Hans-Jürgen-Peter-Lemm-Straße
Straße der Aktivisten in Friedrich-Jakob-Klepper-Straße
Karl-Liebknecht-Straße in Rudolf-Tarnow-Straße
Im neuen Gewerbegebiet am Gammgraben werden die ersten Gewerbebetriebe eröffnet (Autohaus Sturm, Gummi Bear Factory, Drinkuth Fensterbau).
In der Dr.-Alexander-Straße entsteht ein neues Einkaufszentrum.
Boizenburg und Lauenburg entscheiden sich für ein neues gemeinsames Krankenhaus am Galgenberg. Die Entscheidung wird dann aber nicht umgesetzt.[4]
- 1993
- Auf der Elbewerft wird ein Longliner-Fischereifahrzeug gebaut.
Der Bau der Umgehungsstraße für die B5 beginnt.
Auf der Horst wird die Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber des Landes Mecklenburg-Vorpommern eröffnet.
Das Boizenburger Schützenhaus fällt einem Brand mit einem Schaden von 500000 DM zum Opfer.
Mai: Die Elbewerft feiert ihr 200-jähriges Bestehen.
Juni: Die Werft wird privatisiert. Neuer Eigner ist die Firmengruppe Petram Stahlwasserbau Werft KG und Petram Schiffsreparaturen und Anlagenbau.
Die Sanierung der Altstadt beginnt mit der Straßenerneuerung auf dem Bolllenberg.
Die Maschinenfabrik BAGELA im Gewerbegebiet nimmt die Produktion auf.
Die wiedergegründete Freimaurerloge „Vesta zu den drei Türmen“ erhält ihr Logengebäude in der Kleinen Wallstraße 7 rückübertragen.
Der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) baut eine neue Seniorenanlage.[5]
- 1993
- Der Schaalelauf wird unter Naturschutz gestellt.[6]
- 1993, 30. Juni
- Das Amt Neuhaus wird nach Niedersachsen rückgegliedert. Dabei wird das urmecklenburgische Dorf Niendorf als Ortsteil der seinerzeitigen Gemeinde Sumte mit nach Niedersachsen gelegt. Die Rückgliederung hat auch Veränderungen in der Gemeinde Teldau zur Folge, weil die ursprünglich lüneburgischen Dörfer Neu Bleckede, Neu Wendischthun und Stiepelse aus der Gemeinde ausscheiden und der Stadt Bleckede bzw. dem Amt Neuhaus (Stiepelse) zugelegt werden.
- 1994
- In diesem Jahr werden auf der Grundlage der neuen Kommunalverfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern die Ämter als Zusammenschluss von Gemeinden gebildet. Das Amt Boizenburg-Land entspricht nun im Wesentlichen dem historischen Amt Boizenburg, aus dem nur die Gemeinden Bennin (Amt Vellahn), Gallin (Amt Zarrentin) und Niendorf (Gemeinde Amt Neuhaus, jetzt in Niedersachsen) fehlen. Amtsvorsteher wird Harry Guhl aus Zahrensdorf. Die wesentlichen Verwaltungsvorgänge werden nun in den Ämtern bearbeitet. Aus diesem Grunde werden in den kleinen Gemeinden keine hauptamtlichen Bürgermeister mehr benötigt.[7]
- 1994
- Beginn der Sanierung des Boizenburger Rathauses.
Die Stadtwerke übernehmen die Stromversorgung der Stadt von der WEMAG.
Zwischen Boizenburg und Brackede wird eine Fährverbindung eingerichtet. Diese hat aber nicht lange Bestand.
Die wieder privatisierte Firma Both Metallbau feiert ihr 50-jähriges Jubiläum. Kurz danach kommt es zur Werksschließung auf Grund einer Insolvenz.
12. Juni: Bei der Kommunalwahl ergibt sich für die Stadt Boizenburg folgende Stimmverteilung: SPD 10 Sitze, CDU 7 Sitze, PDS 6 Sitze, Bürgerbündnis 2 Sitze.
Am Tage der Kommunalwahl wird der neue Großkreis Ludwigslust, der aus den Kreisen Hagenow und Ludwigslust entstanden ist, mit seinem neu gewählten Kreistag wirksam.
- 1995
- Die Elbewerft hat nach wie vor mit finanziellen Problemen zu kämpfen, obwohl die Auftragslage gut ist.
Die Boizenburger Umgehungsstraße wird eingeweiht.
Das Land Schleswig-Holstein steigt aus dem gemeinsamen Lauenburg-Boizenburger Krankenhausprojekt aus, für das 1994 bereits der Erste Spatenstich erfolgt war. In Boizenburg kommt es deshalb zu Protesten mit einer Blockade der B 5 und einem Hungerstreik des Landtagsabgeordneten Till Backhaus, des Bürgermeisters Dr.Uwe Wieben, des Chefarztes Dr.Winfried Heß und der Oberschwester Monika John in der Boizenburger Kirche.
Ein neu gegründeter Trägerverein widmet sich der Aufgabe der Einrichtung des „Ersten Deutschen Fliesenmuseums“ in Boizenburg.[8]
- 1996
- Das sanierte Rathaus wird übergeben.
In der Elbewerft dauern die Finanzierungsprobleme bei guter Auftragslage an, während sich die Fliesenwerke als gesundes Unternehmen sehen. Im Oktober hat die Werft noch 400 Beschäftigte und Aufträge für acht Containerschiffe, benötigt aber einen Überbrückungskredit in Höhe von 15 Millionen DM.
Im Gewerbegebiet wird der Grundstein für die Basys Print GmbH mit geplanten 100 Arbeitsplätzen gelegt.
Die Medigreif Greifswald bietet sich als Träger des Boizenburger Krankenhauses als „Gesundheitszentrum“ an.
Bürgermeister Dr. Wieben wird auf Grundlage einer Stasi-Überprüfung von der Stadtvertretung beurlaubt, verbunden mit der Untersagung der Dienstgeschäfte.[9]
- 1997, 6. Februar
- Die Fliesenwerke melden beim Amtsgericht die Gesamtvollstreckung an.
In der Elbewerft läuft das letzte komplett gefertigte Schiff vom Stapel.
28. Mai: Die Elbewerft stellt den Antrag auf Gesamtvollstreckung. Am 19. Dezember läuft das letzte Schiff als Rohbau vom Stapel.
Nahe dem Gewerbegebiet wird ein neues Klärwerk gebaut.[10]
Boizenburg hat 10662 Einwohner.[11]
- 1998, 15. Januar
- Das Abwahlverfahren gegen den Bürgermeister Dr. Wieben scheitert in der Stadtvertretung.
Harald Jäschke, bisher Sozialamtsleiter in Lauenburg, wird mit der Wahrnehmung der Bürgermeisterfunktion beauftragt. Der Rechtsstreit Dr. Wieben gegen die Stadt dauert noch an.
Die Fliesenwerke melden wieder ein positives Betriebsergebnis.
Der Umbau des alten Krankenhauses Vor dem Mühlentor sowie der Neubau einer Feuerwache sind in der Planung.
Beim Wiederaufbau des Schützenhauses kommt es zum Stillstand wegen finanzieller Schwierigkeiten.
Das „Erste Deutsche Fliesenmuseum“ wird eröffnet .
November: Der Interessent für die Elbewerft Hegemann springt ab. Mit dem Jahresende gehen die letzten Werftarbeiter in die Beschäftigungsgesellschaft.[12]
Der Naturpark „Mecklenburgisches Elbetal“ wird gegründet.[13]
- 1998
- Die Verbindungsstraße Groß Bengerstorf-Beckendorf-Hatzberg wird im Zuge eines Bodenordnungsverfahrens gebaut.[14] Zuvor war bereits eine Straße von Badekow bis zum Hatzberg gebaut worden. Im Anschluss folgt auch die Straße vom Hatzberg nach Granzin mit einer Verbindung nach Greven. Dadurch haben sich die Verkehrsverhältnisse zwischen der B 195 und der L 05a wesentlich verbessert.
- 1999
- Einweihung des Integrativen Gesundheitszentrums der Medigreif im neuerbauten Krankenhaus Vor dem Mühlentor 3.
Beginn der Sanierung des Marktes und der Wallanlagen.[15]
- 2001
- Übergabe der sanierten Wallanlagen.[16]
- 2002
- August: Ein Sommerhochwasser gefährdet die Stadt, weil die Sanierung der Hochwasserschutzanlagen am Hafen noch nicht abgeschlossen ist. Durch Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr, der Bundeswehr und vieler freiwilliger Helfer wird eine Überschwemmung des Altstadtgebietes abgewendet.[17]
- 2004
- Das Amt Vellahn schließt sich als Gemeinde Vellahn dem Amt Zarrentin an. Dabei wählen die Gemeinden Dersenow-Dammereez und Brahlstorf-Düssin einen anderen Weg. Sie schließen sich dem Amt Boizenburg an, zu dem sie bereits um 1930 gehört haben.
- 2004
- Im Gewerbegebiet an der Ringstraße nimmt die Toffee tec GmbH die Süßwarenproduktion auf.[18]
- 2004
- /05 In der Bahnhofsvorstadt wird nach vielen Auseinandersetzungen mit der Bundesbahn ein Tunnel im Zuge der Berliner Straße/Bahnhofstraße gebaut.[19] Im Amtsbereich werden darüber hinaus die Tunnel in Schwanheide und Brahlstorf – ebenfalls nach Auseinandersetzungen mit der Bundesbahn – sowie die Straßenüberführungen in Schwanheide, Neu Gülze, Kuhlenfeld, Dersenow und Brahlstorf gebaut. Im Interesse höherer Reisegeschwindigkeiten auf der Bahnstrecke Hamburg-Berlin wird eine große Zahl von niveaugleichen Bahnübergängen geschlossen. Das führt zu Erschwernissen bei der Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen insbesondere in Düssin und Dammereez, sowie in Schwanheide, Kuhlenfeld und Neu Gülze auch zur Trennung der Dorfgebiete. Darüber hinaus ist in diesem Zuge auch der Bahnhof Kuhlenfeld aufgegeben worden.
- 2005
- Die Gemeinden Klein Bengerstorf und Wiebendorf schließen sich zur Gemeinde Bengerstorf zusammen.[20]
- 2006, 9. April
- Ein „Jahrhunderthochwasser“ erreicht den Pegelstand 6,76 m, den höchsten Stand seit Beginn der systematischen Messungen im Jahre 1895. Die Katastrophe blieb jedoch aus.[21]
- 2006, Juni
- Die Bengerstorfer feiern in diesen Jahren ihr 777-jähriges Jubiläum bezogen auf das Ratzeburger Zehntlehenregister 1229/30. Andere Dörfer haben zuvor bereits das 775. Jubiläum gefeiert.
- 2006, November
- Das Kulturhaus „Kurt Bürger“ fällt einem Brand zum Opfer und wird nicht wieder aufgebaut.
- 2006
- Im Gewerbegebiet Lindhorst nimmt die Sweet Tec GmbH ihre Süßwarenproduktion auf.[22]
- 2008
- Das historisch zum Amt Boizenburg gehörige Dorf Bennin, jetzt Bestandteil der Gemeinde Vellahn im Amt Zarrentin, feiert das 850. Jubiläum als erstgenanntes Dorf des Landes Boizenburg.
- 2011, 23. Januar
- Das Hochwasser der Elbe erreicht mit 6,90 m eine neue Höchstmarke. Die neuen Hochwasserschutzanlagen betehen ihre Bewährungsprobe.
Referenzen
- ↑ Ebenda, Seite 158
- ↑ Ebenda, Seiete 159
- ↑ Baier,wie Anm. 243, Seite 209
- ↑ Wieben, wie Anm. 286, Seite 164
- ↑ Ebenda, Seite 169ff.
- ↑ Greve, wie Anm. 230, Seite 217
- ↑ Greve, wie Anm. 138
- ↑ Wieben, die Anm. 286, Seite 181ff.
- ↑ Ebenda, Seite 187ff.
- ↑ Wieben wie Anm. 286, Seite 190ff.
- ↑ Baier, wie Anm. 243, Seite210
- ↑ Wieben, wie Anm. 286, Seite 193ff.
- ↑ Ebenda, Seite 197
- ↑ Greve, wie Anm. 230, Seite 218
- ↑ Wieben, wie Anm. 286, Seite 200f.
- ↑ Baier, wie Anm. 243, Seite 210
- ↑ Ebenda
- ↑ Internet
- ↑ Baier, wie Anm. 243, Seite 211
- ↑ Greve, wie Anm. 138
- ↑ Greve, Dieter, Jahrhunderthochwasser. Boizenburg und die Boizenburger leben mit dem Hochwasser an der Elbe, SVZ-Mecklenburg-Magazin vom 21. April 2006
- ↑ Internet