Geschichte Stadt und Amt Boizenburg/Elbe in Daten bis 1990

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Die Geschichte der Stadt und des Amtes Boizenburg wurde von Dieter Greve verfasst.

Zeittafel

1945, 1. Juli
Entsprechend dem Jalta-Abkommen über die Besatzungszonen rücken sowjetische Truppen in Boizenburg ein. Dazu wird eine 24-stündige Ausgangssperre ab 30.Juni 18 Uhr verhängt. Stadtkommandant wird Hauptmann Schamenow.[1]

Die Aufteilung Nachkriegsdeutschlands in Besatzungszonen macht Boizenburg zur Grenzstadt an der Zonengrenze (britische/sowjetische Zone) mit den daraus entstehenden Folgen für den nachbarschaftlichen Verkehr mit den Gebieten in Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Der freie Verkehr über die Grenze wird sofort untersagt. Selbst Heimkehrer aus der Kriegsgefangenschaft der Westmächte müssen die Grenze illegal überqueren und geraten deshalb teilweise in eine erneute Haft. Auch die Geschäftsbeziehungen zu den benachbarten Orten werden unterbrochen.


1945, 9. Juli
Der Kommunist Ingenieur Richard Markmann wird als Bürgermeister eingesetzt.[2]


1945, 13. August
Bürgermeister Markmann ordnet die Umbenennung der Straßen auf der Siedlung an, die nach Größen des Nationalsozialismus und nach „Helden“ des Ersten Weltkrieges benannt waren.[3]


1945
Wie in allen Orten des Amtes und darüber hinaus leben in Boizenburg nach Kriegsende viele Flüchtlinge, die aus unterschiedlichsten Regionen kommen. Ihre Unterbringung bereitet einige Probleme. Es muss sogar auf die Baracken des ehemaligen KZ-Außenlagers auf dem Elbberg zurück gegriffen werden. Als im Dezember ein zusätzlicher Zug mit aus dem Sudetenland ausgesiedelten Deutschen eintrifft, ordnet Bürgermeister Markmann an, dass diese in Wohnungen aktiver Unterstützer des NS-Regimes untergebracht werden sollen.[4] Unbestätigte Berichte sprechen von zeitweilig über 20000 Einwohnern in Boizenburg.


1945, 1. Oktober
Die Schule nimmt unter Rektor Pegler den Schulbetrieb wieder auf.

Paul Schomaker wird als Werftdirektor eingesetzt.

7. November: Die Fliesenproduktion in der Plattenfabrik beginnt unter sowjetischer Leitung durch Oberst Rakow.[5]


1945
Auf Anordnung der Sowjetischen Militäradministration (SMA) wird die Bodenreform durchgeführt. Davon sind nach einer Liste aus dem Kreisarchiv Hagenow betroffen:

- Gresse Waldgut Besitzer: Buchlinde 589 ha

- Heidekrug „Bruns268 ha

- Leisterförde„Rehwinkel111 ha

- Metlitzhof„ Kock125 ha

- Schwanheide „Alm123 ha

- Sprengelshof „Bädgen102 ha

- Teschenbrügge „Winkelmann116 ha

- Tüschow „Mangels311 ha (dav. 229 ha Wald)

- Wiebendorf „Puls540 ha

- Zahrensdorf „Immelmann124 ha[6]

Die Liste betrifft in dieser Aufzählung außer Wiebendorf, Sprengelshof und Teschenbrügge nur Resthöfe. Es fehlen Amholz und Timkenberg in der Teldau sowie Wendisch Lieps, aber auch darüber hinaus enteignete und aufgeteilte Höfe von aktiven Nationalsozialisten in Niendorf.


ca. 1946
Die Königstraße wird in Karl-Marx-Straße umbenannt. Etwa zu dieser Zeit erfolgt auch die Umbenennung der Duensingstraße in Karl-Liebknecht-Straße.[7]


1946
Die neu gegründete Konsumgenossenschaft eröffnet in Boizenburg vier Verkaufsstellen.[8]


1946
In Gülze wird in der ehemaligen Schule ein Kinderheim eingerichtet, um die vielen Kinder unterzubringen, die elternlos oder sonstwie entwurzelt sind.


1946
Der erste Stapellauf auf der Elbewerft am 16. März bringt einen Fischkutter für die Sowjetunion zu Wasser.354


1946
In Wiebendorf wird auf dem Wirtschaftshof des ehemaligen Gutes der Maschinenhof der Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe (VdgB) gegründet. Dieser hatte die Aufgabe, die Neubauern aus der Bodenreform mit landwirtschaftlicher Technik zu unterstützen.[9]

Etwa gleichzeitig werden aus den ehemaligen Raiffaisen-Genossenschaften die Landwirtschaftlichen Dorfgenossenschaften der VdgB, die ebenfalls erweiterte Aufgaben hinsichtlich der Unterstützung der Bauern haben, insbesondere durch Bereitstellung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln, sowie auch anderen landwirtschaftlichen Hilfsmitteln, aber auch hinsichtlich der Kassengeschäfte und Finanzierungen. Diese werden später in Bäuerliche Handelsgenossenschaften (BHG) der VdgB umbenannt und unterliegen einem immer stärkeren Konzentrationsprozess, so dass im heutigen Amtsbereich 1989 nur noch die BHG in Boizenburg und Brahlstorf, diese vereinigt mit Neuhaus und Kaarßen, bestehen.

Für den Aufkauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse werden die Volkseigenen Erfassungs- und Aufkaufbetriebe (VEAB) gegründet, die an den Bahnhöfen Brahlstorf, Kuhlenfeld und Schwanheide sowie am Boizenburger Hafen Betriebsteile haben. Wie der Namensbestandteil „Erfassung“ bereits zum Ausdruck bringt, hatten diese Einrichtungen auch repressive Aufgaben zur Eintreibung der Pflichtablieferung der Bauern.


1947, 1. Januar
Die Elbewerft geht in das Landeseigentum über. 1948 wird sie Volkseigener Betrieb. 1. September: In Boizenburg wird eine Oberschule eingerichtet. Damit beginnt erstmalig in der Stadt eine Ausbildung bis zum Abitur.[10]


1949
Im Textilwarengeschäft von Johannes Haupt jun. in der Königstraße wird ein Kaufhaus der HO, der volkseigenen Handelsorganisation, eröffnet.[11]


1949
Der Maschinenhof der VdgB in Wiebendorf wird in eine volkseigene Maschinen-Ausleih-Station (MAS) umgewandelt und erhält erste neue Technik. Diese umfasst als Arbeitsbereich den gesamten südwestlichen Teil des Kreises Hagenow [12]


1949, August
In der Erntezeit kommt es in Klein Bengerstorf zu einer Brandkatastrophe, bei der zunächst das Gehöft des Bauern Fritz Rehse mit Wohnhaus, Scheune, Speicher und Schweinestall, dann auch das Wohnhaus und der Wagenschauer des Bauern Hermann Behncke dem Brand zum Opfer fallen.[13]


ca. 1949
Der Boizenburger Markt wird in Stalinplatz umbenannt. Weitere Umbennungen erfolgen
ca. 1951
Bahnhofstraße in Wilhelm-Pieck-Straße

Reichenstraße in Clara-Zetkin-Straße

1955/56
Baustraße in Straße der Solidarität.
ca. 1960
Stalinplatz in Platz des Friedens[14]


1950
Die Fernstraße F5 wird „Interzonenstraße“ für den Transit nach Westberlin. Durch den Durchgangsverkehr erhält Boizenburg eine ständig hohe Verkehrsbelastung, die auch durch Unfälle zur Zerstörung von Häusern an der Straßenkreuzung Reichenstraße-Klingbergstraße führt.


1950
In Mecklenburg wird eine Gemeindereform durchgeführt, bei der viele Gemeinden zusammengelegt werden: Neu Gülze und Zahrensdorf, Gülze und Bandekow, Groß und Klein Bengerstorf, Wiebendorf, Bretzin und Beckendorf, Bennin, Schildfeld und Tüschow, Gresse und Badekow sowie Horst, Bickhusen und Rensdorf.


1951
Auch in Schwanheide und Rodenwalde werden Maschinen-Ausleih-Stationen gegründet. Dadurch wird der Wiebendorfer Arbeitsbereich überschaubarer.[15]


1952
Die Maschinen-Ausleih-Stationen werden nach sowjetischem Vorbild in Maschinen- und Traktoren-Stationen (MTS) umbenannt.[16]


1952, Juni
An der gesamten Westgrenze der DDR wird die „Aktion Ungeziefer“ durchgeführt, nachdem bereits zuvor Maßnahmen eines gestaffelten Sicherheitssystems mit einer Einteilung in Grenzstreifen (10m), der offen gehalten und geharkt wurde, Schutzstreifen (500m) und Sperrgebiet (5 km) getroffen worden waren. Bei der „Aktion Ungeziefer“ werden aus den Dörfern des Amtes Boizenburg viele Familien ausgesiedelt. Das betrifft nahezu alle Gastwirte im 500m-Schutzstreifen, häufig aber gerade gut wirtschaftende Bauern, aber auch Bürger, die für das DDR-System als unzuverlässig galten, wie ehemalige NSDAP-Mitglieder oder kritische Bürger. In vielen Fällen war für die Mitbürger der Betroffenen überhaupt kein Grund zu erkennen. In vielen Fällen werden die Vorbereitung der geplanten Kollektivierung der Landwirtschaft, wie auch Neid und Missgunst eine Rolle gespielt haben. Besonders betroffen waren Dörfer wie Bickhusen, Nostorf und Zweedorf. Die Zwangsausgesiedelten werden in die Kreise Güstrow, Malchin u.a. weiter entfernt von der Westgrenze gebracht.[17]


1952
Das Kulturhaus „Kurt Bürger“ der Fliesenwerke erbaut.

Auf dem Schützenplatz entsteht die Betriebsberufsschule mit der Lehrwerkstatt der Elbewerft. Damit wird der schön gelegene Veranstaltungsplatz seiner Funktion beraubt. In der Elbewerft wird mit dem Sektionsschiffbau begonnen.[18]


1952
Die Plattenfabrik wird volkseigener Betrieb.[19]


1952
Zwischen Gallin und Granzin wird eine Straße gebaut.[20]


1952
In der Landwirtschaft wird begonnen, so genannte „devastierte“ (wörtlich: verwüstete) Betriebe zu enteignen. Das waren in der Regel Betriebe, die ihr Soll in der Pflichtablieferung von landwirtschaftlichen Produkten nicht erfüllen können. Betroffen sind im Allgemeinen Bauern mit über 20 ha Fläche, die unabhängig von der Bodenqualität als kapitalistisch wirtschaftende Großbauern eingestuft werden und mit relativ höheren Ablieferungssoll beauflagt werden als kleinere Bauern, aber auch Neubauern, denen die landwirtschaftliche Erfahrung fehlt. Aus den enteigneten Betrieben werden Örtliche Landwirtschaftsbetriebe (ÖLB) gegründet, die später Keimzellen vieler Landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaften (LPG) werden. In Groß Bengerstorf werden beispielsweise acht landwirtschaftliche Betriebe, in Klein Bengerstorf vier und in Besitz sechs Betriebe in den ÖLB überführt und bilden dann den Grundstock für die 1953 gegründeten LPG „Gerechtigkeit“ Bengerstorf und „Kurt Bürger“ Besitz.[21]

In diesem Jahr werden allgemein die ersten LPG gegründet. In Schwartow wird 1953 die LPG „Bundschuh“, in Metlitzhof 1955 die LPG „Paul Czellnik“ gegründet.[22]


1953
Das Kinderheim Jugendhof in Klein Bengerstorf fällt der Brandstiftung durch eine Insassin zum Opfer.[23]


1954
Die Arbeiter-Wohnungsbaugenossenschaft (AWG) in Boizenburg wird gegründet.[24]


1954
Ein Sommerhochwasser im Juni gefährdet die landwirtschaftlichen Kulturen in den Sommerpoldern. Diese müssen mit Hilfe der Freiwilligen Feuerwehren auch aus den benachbarten Dörfern teils vorzeitig geerntet werden.


1956
Der Bahnhof Kuhlenfeld wird zu einer Grenzübergangsstelle für den Güterverkehr ausgebaut.


1956
In diesem Jahr gibt es einen strengen Winter. Am 25. Februar werden in der Boizenburger Wetterstation -23,50 gemessen. Im März sind auf der Elbe fünf Eisbrecher im Einsatz.[25]


1957
Das Gebäude des Amtsgerichts wird zu einem Schulgebäude umgebaut.[26] Die Einweihung für den Schulbetrieb erfolgte 1958.[27]


1958
Im Frühjahr wird bekannt, dass die BRD in Geesthacht den Bau einer Staustufe in der Elbe plant. Dieser Plan wird in den Medien der DDR als Attentat auf 17000 ha Bauernland in der Elbniederung bezeichnet.[28] Die Staustufe sollte ein Teil eines schon älteren Konzeptes für die Kanalisierung der Elbe mittels Staustufen zwischen Geesthacht und Melnik sein. Sie soll Auswirkungen auf die Elbniederung bis etwa nach Wehningen haben. Das erfordert in vielen Fällen, so bei Boizenburg, den Neubau von Deichen, in anderen Fällen die Erhöhung und Verstärkung der Deiche, sowie in den entstehenden Poldern den Bau von Schöpfwerken zur Gewährleistung der Vorflut. Die Arbeiten zum Hochwasserschutz „Untere Elbe“ werden 1963 im Wesentlichen abgeschlossen.


1958
Ein Sommerhochwasser im Juni gefährdet den Elbdeich an der Grenze Teldau-Neu Bleckede, weil ein Deichsiel beim Schöpfwerk Bleckeder Holz nicht schließt. Durch Einsatz aller verfügbaren Kräfte kann die Katastrophe verhindert werden.


1958
Die Firma Both wird Betrieb mit Staatlicher Beteiligung. In der Berliner Straße wird der Verkehrshof des VEB Kraftverkehr Hagenow eingeweiht.[29]


1958
Bennin, das ältesterwähnte Dorf des Landes Boizenburg, feiert sein 800-jähriges Bestehen.


1959
Die LPG Schwartow und Metlitzhof schließen sich zur LPG „Boizetal“ Metlitzhof zusammen.[30]


1960
In einer konzertierten Aktion der SED in Verbindung mit den Blockparteien, den Massenorganisationen und den staatlichen Organen wird durch massive Agitation bis hin zum Einsatz von Druckmitteln der Eintritt aller Bauern in die LPG erzwungen. Im März ist der Kreis Hagenow „vollgenossenschaftlich“. Es existieren 317 LPG auf 90258 ha.[31] Bis etwa 1965, teilweise auch noch später, erfolgt ein Zusammenschluss vieler kleiner LPG zu größeren Betrieben. Das betrifft insbesondere die kleinen LPG des Typs I, die nur eine gemeinsame Feldwirtschaft aber eine individuelle Viehwirtschaft betreiben.


1960
Im Rahmen des landwirtschaftlichen Strukturwandels wird die Molkereigenossenschaft Klein Bengerstorf nach 50jährigem Bestehen der Boizenburger Molkerei angeschlossen. Die Galliner Molkerei bleibt als Annahmestelle bestehen.


1960
Für die Badeanstalt an der Boize bei Schwartow erfolgt der Baubeginn. Die Einweihung erfolgt erst 1964.[32]


1961
13. August: Der Mauerbau in Berlin ist der Startschuss für die Errichtung von Grenzzäunen durch die DDR-Organe an der innerdeutschen Grenze, so auch im Bereich des Amtes und der Stadt Boizenburg. Die Grenze wird nun auf Jahre völlig undurchlässig.


1961
Die Grenzsicherungsmaßnahmen haben auch die Folge, dass die Gläubigen aus Schwanheide nicht mehr die Gottesdienste in der Kirche in Zweedorf besuchen können. Deshalb wird gleich nach 1961 in Schwanheide eine Kapelle aus Holz im schwedischen Stil errichtet. Die Kirche in Zweedorf wird aus Gründen der „Grenzsicherheit“ 1978 abgerissen. Der wertvolle Schnitzaltar wird nach Sülstorf bei Schwerin umgestzt. In diesen Jahren werden weitere weitere Kapellen wegen des schlechten Bauzustands abgerissen, so in Gülze und in Niendorf. In Niendorf entsteht 1975 ein Ersatzbau in einfacher unangepasster Bauweise. Die Ausstattung der Gülzer kapelle wird nach Bandekow umgesetzt.[33]


1961, 3. Oktober
In der Aktion „Kornblume“ erfolgen erneut Zwangsaussiedlungen aus den Orten entlang des Sperrgebietes an der Westgrenze der DDR. Von diesen Zwangsaussiedlungen sind wiederum viele Familien aus Boizenburg und den umliegenden Dörfern betroffen.[34]


1962-65
Bau der Kreisstraßen von Horst nach Bickhusen, Rensdorf, Nostorf, Zweedorf, Schwanheide, sowie von Leisterförde nach Lüttenmark bis Hatzberg.


1963
Bau der Kreisstraße von Kuhlenfeld nach Besitz und Blücher.[35]


1963
Boizenburg wird an die Ferngasleitung Rostock-Schwerin-Magdeburg angeschlossen.[36] Die Stadt war bereits seit 1928 mit Ferngas aus Bergedorf versorgt worden. Nach der Bildung der Besatzungszonen wurde die Ferngasversorgung jedoch unterbrochen.


1963
Die Kommunale Wohnungsverwaltung übernimmt die Verwaltung des städtischen Wohnungsbestandes in Boizenburg.[37]

Zwei Produktionsgenossenschaften des Handwerks (PGH) werden gegründet, die PGH „Installation und Heizungsbau“ sowie die PGH „Ofenbau“.382


1965
In Boizenburg stellt die Chemische Fabrik (vormals Hirsch und Richter) die Produktion ein. Die Mühle wird modernisiert.[38]


1965
Bau der Kreisstraße von der Fernstraße F 5 nach Tessin.


1966
Der Erweiterungsbau des Krankenhauses in der Bahnhofsvorstadt wird eingeweiht.[39] In dem Bau, der ursprünglich eine andere Funktion für die Fliesenwerke bekommen sollte, wir die Internistische Station untergebracht.


1966
Auf dem Vier wird die Polderleitstelle übergeben.[40] Diese moderne Einrichtung dient sowohl der technischen Überwachung als auch teilweise der Steuerung des Betriebs der Schöpfwerke, die seit 1958 gebaut bzw. modernisiert wurden. Außerdem wird dort die Flussbereichsleitung Sude, der Wasserwirtschaftsdirektion Untere Elbe-Sude-Elde untergebracht.


1967
Die Boizenburger „Stadt- und Hafenbahn“ stellt den Betrieb ein. Der innerstädtische Personennahverkehr wird vom VEB Kraftverkehr Hagenow übernommen. In diesem Zuge entsteht ein Busbahhof in der Bahnhofsvorstadt.[41]


1968
Auf die Landwirtschaft des heutigen Amtes Boizenburg kommt eine neue staatlich initiierte Erscheinung zu, die Entwicklung von Koopoerationsbeziehungen zwischen den LPG. Diese vertiefen sich in den kommenden Jahren immer mehr über die Zusammenarbeit in der Ernte mit gemeinsamen Erntekomplexen, bestehend aus Mähdreschern, Strohräum- und Transportttechnik bis hin zu gemeinsamer Silomaisernte und Feldbestellung.[42]


1969
Die Fliesenwerke Boizenburg übernehmen als Betriebsteile nacheinander das Dachziegelwerk Karstädt, Kreis Perleberg, das Mosaikplattenwerk Zahna, Kreis Jüterbog und das Bodenfliesenwerk Friedland, Kreis Neubrandenburg.[43]


1969
An der Theodor-Körner-Straße entsteht ein Neubaugebiet auf ehemaligem Gartenland.[44]


1969
Bau der Kreisstraße von Besitz nach Preten.[45] Etwa um diese Zeit erfolgt auch der Bau der Kreisstraße von Brahlstorf nach Düssin und Melkof.


1970
Die Werft in Roßlau an der Elbe wird mit der Boizenburger Elbewerft unter dem Namen VEB Elbewerften Boizenburg/Roßlau vereinigt. Die Elbewerft eröffnet einen Betriebsteil in Zarrentin, der der Produktion von „Konsumgütern“ dient. [46]


1972
Das 5km-Sperrgebiet wird aus ökonomischen Gründen verkleinert, weil dadurchdie Versorgungsbedingungen des Umlandes vereinfacht werden und auch besondere Zahlungen für im Sperrgebiet wohnende Beschäftigte in Höhe von 15% des Bruttogehalts u.a. Vergünstigungen entfallen können. Dadurch werden außer Boizenburg auch Neu Gülze, Gülze, Bandekow, Bahlen, große Teile der Teldau, Timkenberg, Niendorf, Schwartow, Gresse, Badekow, Lüttenmark, Greven, Gallin und Granzin aus dem Sperrgebiet ausgegliedert. Der Kontrollpunkt an der F5 wird von Neu Gülze auf den Elbberg verlagert.


1972
Die Kommunale Wohnungsverwaltung Boizenburg wird in einen VEB Gebäudewirtschaft umgewandelt.

Die Firma Both wird verstaatlicht und firmiert nun unter dem Namen VEB Metallbau Boizenburg.

Aus der Firma Rausch wird durch Verstaatlichung der VEB Papierverarbeitung Boizenburg.

Der VEB Ofenbau Hagenow eröffnet einen Betriebsteil in Boizenburg.

Eine PGH Elektroinstallation entsteht in Boizenburg.

Aus der Teilen der Bäuerlichen Handelsgenossenschaft der VdgB wird durch Ausgliederung das Agrochemische Zentrum (ACZ) Boizenburg als Zwischengenossenschaftliche Einrichtung der LPG der Umgebung gebildet.[47]


1973
Die Fliesenwerke Boizenburg werden Stammbetrieb des Kombinats Baukeramik mit Betrieben in Karstädt, Zahna, Velten, Meißen und Friedland.[48]


1973
Die Dörfer Gothmann, Bahlen und Vier-Streitheide werden als Ortsteile nach Boizenburg eingemeindet.393


1974
Im Dezember führt die Elbe Hochwasser. Bei einem Pegelstand von 5,82 m werden in der Altstadt Räumungen erforderlich.[49]


1975
Aus dem Schmiede- und Schlossereibetrieb Lüthke entsteht die PGH Stahlbau.[50]


1975
Bildung der Kooperativen Abteilungen Pflanzenproduktion (KAP) aus den Kooperationsgemeinschaften der LPG heraus.[51]


ca. 1975
Durch Zusammenschluss der Gemeinden Teldau. Timkenberg, Gülze-Bandekow und Stiepelse entsteht die flächenmäßig große Gemeinde Teldau, die dem Bereich der zuvor zusammen geschlossenen LPG entspricht.


1976
Im Boizenburger Hafen wird der Umschlagbetrieb eingestellt. Das Hafengelände übernimmt die Elbewerft.[52]


1978
Für das Wohngebiet „Schwartower Steig“ beginnen die Bauvorbereitungen. Am Bretternhof entstehen 27 Eigenheime.[53]


1978
In den letzten Dezembertagen kommt es zu einer Katatstrophensituation durch extremen Schneefall mit Verwehungen. In Boizenburg ist die Folge ein Stromausfall in der Silvesternacht.[54]


1979
Durch Umstrukturierung entsteht das Kombinat Fliesen- und Sanitärkeramik mit dem Stammbetrieb in Boizenburg. Diesem werden weitere Betriebe in Dresden, Haldensleben und Wallhausen, später auch das Steinzeugwerk Zwickau zugeordnet.[55]


1980
Boizenburg feiert sein 725-jähriges Bestehen.[56] Parallel dazu feiern in diesen Jahren einige Dörfer, wie Tessin-Kuhlenfeld, ihr 750-jähriges Bestehen auf Grund der Ersterwähnung im Ratzeburger Zehntlehenregister 1228/30.


1980
Vorgeblich aus Anlass des 85. Geburtstages von Otto Grotewohl wird die Hamburger Straße in Otto-Grotewohl-Straße umbenannt. Die gleichzeitige Einbeziehung des Lauenburger Postweges in die Bergstraße macht aber deutlich, dass der eigentliche Grund der Umbenennung das Abgrenzungsbestreben der DDR-Führung war.[57]


1980
Gründung der LPG Pflanzenproduktion aus den Kooperativen Abteilungen Pflanzenproduktion.[58]


1981
Die Elbe führt wieder ein extremes Frühjahrshochwasser. Der Wasser erreicht einen Pegelstand von 6,13 m.[59]


1981
Im Zuge des landwirtschaftlichen Wegebaus erhalten Beckendorf und Bretzin eine feste Straße nach Wiebendorf. Ein Jahr später (1982) wird ebenfalls als landwirtschaftlicher Weg die Verbindung von der Landesstraße beim Klein Bengerstorfer Ausbau Strittkamm nach Tessin gebaut.[60]


1982
Die Autobahn Wittstock-Zarrentin-Hamburg wird freigegeben. Dadurch entfällt der seit Jahrzehnten hohe Durchgangsverkehr durch Boizenburg und die Dörfer an der F5.[61]

In diesem Jahr beginnen die Arbeiten am Sudeumfluter von Gothmann bis in die Hafenmündung.


1984
Auf der Elbewerft werden nun Binnenfahrgastschiffe für die Wolga und denDnjepr gebaut.

Der Umfluter der Sude mit neuen höheren Deichen und einem Abschlusswehr wird fertig gestellt.

Für die Grenzziehung auf der Elbe werden Gespräche zwischen der BRD und der DDR geführt.[62]


1985
In der Boizenburger evangelischen Stadtkirche wird ein neues Gemeindezentrum in moderner Stahl-Glas-Konstruktion geweiht.[63]


1988
Das Hochwasser der Elbe erreicht am 5. April in Boizenburg einen Pegelstand von 6,22 m. Die ständige Kontrolle der Deiche wird auch mit Hubschraubereinsatz durchgeführt. Auch das Sommerhochwasser 1987 hatte bereits einen Stand von 5,88 m erreicht.[64]


1989
In Boizenburg tagt am 23. Oktober der erste Runde Tisch. Teilnehmer: Andreas Köckert und Dr. Michael Paasch (Neues Forum), Hans-Jürgen Weishaupt und Jürgen Hoclas (SED), Hermann Konow und Hans Seibt (CDU), Dieter Manthei und Dr. Uwe Wieben (NDPD), Hans Wilm und Knuth Wolfgramm (LDPD),Rolf Fischer (DBD) und Rudolf Matz (Freidenkerverband).[65]


1989
Am 2. November findet eine Bürgerversammlung in der Sporthalle statt. In der emotionsgeladenen Diskussion sieht sich Bürgermeister Otto Jahnke heftigen Angriffen ausgesetzt.[66]


1989, 9. November
Nach der Pressekonferenz des SED-Politbüros mit Günter Schabowski wird auch der Grenzübergang Horst-Lauenburg geöffnet. Unzählige Bürger der Stadt sowie der näheren und ferneren Umgebung nutzen die Gelegenheit zu einem ersten Besuch in Lauenburg, Lüneburg und Hamburg.[67]


1989
Noch im gleichen Monat finden in der Kirche zwei Veranstaltungen des Neuen Forums statt. Am 30. November tritt der Bürgermeister Otto Jahnke zurück.[68]


1989, 12. Dezember
In Boizenburg wird wieder ein Ortsverein der SPD gegründet. Damit wird eine alte Boizenburger Tradition, beginnend im 19. Jahrhundert (das genaue Gründungsdatum ist noch nicht aufgefunden worden) wieder belebt, die durch die Zwangsvereinigung mit der KPD seit 1946 unterbrochen war.[69]


1989, 23. Dezember
„Tausende Bürger aus Lauenburg und Umgebung reisen in Boizenburg ein und feiern in der Kirche, dem Rathaus, dem Museum, in allen Gaststätten usw. die neue Freiheit“.[70]


1989, Dezember
In einem spontanen Akt der Basisdemokratie werden die Otto-Grotewohl-Straße und ein Teil der Bergstraße wieder zu den historischen Namen rückbenannt in die Hamburger Straße und den Lauenburger Postweg.[71]


1990, 18. Januar
In die Stadtverordnetenversammlung werden Heinz Gohsmann und Alfred Margenberg (SPD) sowie Michael Paasch, Andreas Köckert und Elmar Wiener (Neues Forum) zusätzlich aufgenommen. Stadtverordnetenvorsteher wird nun Hans Seibt (CDU) und Bürgermeister wird Dr. Uwe Wieben (NDPD).

Am 24. Februar stellt der „Runde Tisch“ seine Arbeit ein.

Am 3. März protestieren Frauen auf dem Markt gegen den drohenden Arbeitsplatzverlust.

Am 15. April bilden die Städte Lauenburg und Boizenburg gemeinsame Stadtwerke.

Am Karfreitag wird der Grenzübergang Zweedorf- Dalldorf auf der Stecknitzbrücke eröffnet.

Am 29. April schließen die Städte Boizenburg und Lauenburg im Kulturhaus „Kurt Bürger“ einen Vertrag über die Städtepartnerschaft.

Am 6. Mai finden die ersten freien Kommunalwahlen nach fast sechs Jahrzehnten statt. Dabei ergibt sich in der Stadtverordnetenversammlung die folgende Sitzverteilung: SPD 8 Sitze, CDU 6 Sitze, PDS 5 Sitze, FDP 2 Sitze, Neues Forum 2 Sitze, DBD 1 Sitz, DSU 1 Sitz. Stadtverordnetenvorsteher wird Klaus-Dieter Möller (SPD), Bürgermeister Dr. Uwe Wieben (FDP).[72]


1990
Zwischen Wittenberge und Hamburg wird eine Eilzugverbindung hergestellt.

Der Werftenverbund Boizenburg mit Roßlau wird aufgelöst.

Am 1.Juli wird in den neuen Bundesländern die Deutsche Mark eingeführt. Der Umtausch erfolgt zu bevorzugten Sätzen.

Das Boizenburger Krankenhaus wird in die Trägerschaft der Johanniter gegeben.

Die Elbewerft befindet sich trotz voller Auftragsbücher in einer schwierigen ökonomischen Situation. Es kommt zu einem Warnstreik. Der Betriebsteil Zarrentin wird aufgegeben.

Der Hafen kann wieder für den Getreideumschlag genutzt werden.

Aus dem VEB Gebäudewirtschaft enteht die Elbe-Wohnungs- und Verwaltungs-GmbH.[73]

Referenzen

  1. Ebenda, Seite 73f.
  2. Ebenda, Seite 74
  3. Greve, wie Anm. 297, Seite 43ff.
  4. Wieben, wie Anm. 286, Seite 74f.
  5. Ebenda, Seite 74
  6. Archivalien aus dem Kreisarchiv Hagenow
  7. Greve, wie Anm. 297, Seite 54ff.
  8. Wieben, wie Anm. 286, Seite 75
  9. Greve, wie Anm. 138
  10. Wieben, wie Anm. 286, Seite 76f.
  11. Ebenda, Seite 80
  12. Greve, wie Anm. 138
  13. Greve, wie Anm. 230, Seite 153
  14. Greve, wie Anm. 297, Seite 48ff.
  15. Greve, wie Anm. 138
  16. Ebenda
  17. Gentzen, Udo und Wulf, Karin, „Niemand wußte, wohin wir gebracht werden …“. Zwangsausgesiedelte von 1952 und 1961 berichten über ihr Schicksal, Hagenow und Boizenburg 1993, dazu: Erinnerungen des Verfassers Dieter Greve
  18. Wieben, wie Anm. 286, Seite 85
  19. Ebenda, Seite 86
  20. Schulz, wie Anm. 336, Seite 53
  21. Greve, wie Anm. 230, Seite 134ff. und Dettmann, Erwin, Chronik des Dorfes Besitz (Manuskript), Besitz 1996
  22. Wieben, wie Anm. 286, Seite 86 und 88
  23. Greve, wie Anm. 230, Seite 159
  24. Wieben, wie Anm. 286, Seite 87
  25. Ebenda, Seite 90
  26. Ebenda, Seite 91
  27. Kruse, wie Anm. 245, Seite 84
  28. Wieben, wie Anm. 286, Seite 96
  29. Ebenda
  30. Wieben, wie Anm. 286, Seite 97
  31. Ebenda, Seite 102
  32. Ebenda, Seite 102 und 112
  33. Gutte, wie Anm. 178, Seiten 16, 21 und 28
  34. Ebenda, Seite 109
  35. Dettmann, wie Anm. 367, Seite 72
  36. Wieben, wie Anm. 286, Seite 110
  37. Ebenda
  38. Ebenda, Seite 112
  39. Wieben, wie Anm. 286, Seite 115
  40. Ebenda
  41. Ebenda, Seite 116
  42. Greve, wie Anm. 230, Seite 161
  43. Wieben, wie Anm. 286, Seite 117
  44. Ebenda
  45. Dettmann, wie Anm. 367, Seite 72
  46. Wieben, wie Anm. 286, Seite 120
  47. Wieben, wie Anm. 286, Seite 122
  48. Ebenda, Seite 125
  49. Ebenda, Seite 127
  50. Ebenda, Seite 128
  51. Greve, wie Anm. 230, Seite 161
  52. Wieben, wie Anm. 286, Seite 128
  53. Ebenda, Seite 129
  54. Ebenda
  55. Wieben, wie Anm. 286, Seite 130
  56. Ebenda, Seite 134
  57. Greve, wie Anm. 297, Seite 52
  58. Greve, wie Anm. 230, Seite 161
  59. Wieben, wie Anm. 286, Seite 136
  60. Greve, wie Anm. 138
  61. Wieben, wie Anm. 286, Seite 137
  62. Ebenda, Seite 140f.
  63. Ebenda, Seite 142
  64. Wieben, wie Anm. 286, Seite 145f.
  65. Ebenda, Seite 148
  66. Ebenda
  67. Ebenda
  68. Ebenda
  69. Internet
  70. Wieben, wie Anm. 286 Seite 150
  71. Greve, wie Anm. 297, Seite 52
  72. Wieben, wie Anm. 286, Seite 154ff.
  73. Ebenda, Seite 157f.