Zempin Lebensläufe

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Gedanken zur Absicherung im Alter

Lüderhof im Ausbau

Der Zempiner Landwirt und Schulze Martin Lüder - geb.08.02.1797 hat einen Notarvertrag mit seinen Kindern abgeschlossen.

Den Begriff Rentenversicherung - die Rente - benutzen wir als Selbst-verständlichkeit. Täglich hören wir über Prozentsätze, die zu zahlen sind, sich erhöhen sollen usw. Seit wann gibt es solch eine Absicherung für das Alter? Es sind die zusammengefassten Bestimmungen der Reichsversiche-rungsordnung, Angestelltenversicherung und der Reichsknappschaft. Diese gingen hervor aus der Invalidenversicherung für den Fall der Invalidität und des Alters der Arbeiter im Rahmen der Bismarckschen Sozialreform vom 22. Juni 1889, die ab 1.Januar 1891 eingeführt wurden.

Dabei wurde eine Rente erst ab 70 Jahre gezahlt. Ab 1916 wurde das Alter für den Anspruch einer Rente auf 65 Jahre herabgesetzt. Also erst gut 100 Jahre ist diese generationsübergreifende Absicherung für Deutschland vorhanden. Wie sicherten sich aber die Menschen vor dieser Zeit ab? Aus Zempin ist uns ein genaues Beispiel durch den Erbteilungs-Rezess des Bauern und Schulzen Martin Lüder

Erntewagen

(geb.08.02.1797, gest. 09.12.1865) mit der Gültigkeit vom 1. Oktober 1863 bekannt.

Seine Frau Christine, geb. Dosin, war 1857 gestorben. Drei Kinder sind aus der Ehe hervorgegangen und der Witwer hat all seinen Besitz gleichmäßig den drei Kindern übergeben, aber was blieb für ihn zum Leben übrig? Was, wenn die Kinder ihn nicht mehr ernähren wollten oder konnten?

Aus der Erfahrung hat er sich seine Absicherung viel Geld kosten lassen. Denn er hat eine ausführliche Urkunde anfertigen lassen. So bittet er sich folgendes Altenteil aus:

Dreschkasten

1. Freie Wohnung, Essen und Trinken, ärztliche Pflege und Wäsche auch unentgeltliche Hergabe des Fuhrwerkes zu etwaigen Reisen. Er soll sich bei demjenigen seiner Kinder aufhalten können, bei dem es ihm gefällt. Die beiden anderen Kinder haben den entsprechenden Anteil zum Unterhalt zu erstatten.

2. Von jedem der drei Erben erhält er jährlich 14 Taler bar an Taschengeld, ein neues Hemd, eine eigengemachte wollene Hose, eine ebensolche Weste und ein Paar neue wollene Strümpfe. Außerdem von jedem noch jährlich einen Taler, für den Fall, daß das Bett des Martin Lüder schlecht werden sollte.

3. Jeder der drei Erben oder deren Rechtsnachfolger sind verpflichtet dem Martin Lüder 1000 Taler für den Fall zu geben, daß sie die Wirtschaft verkaufen, versterben und die Grundstücke in fremde Hände geraten, oder wenn er bei keinem der drei Erben das Altenteil nehmen möchte.

Nur zwei Jahre war es ihm vergönnt sein Altenteil zu genießen, mit 68 Jahren verstarb er in Zempin.

Gedanken zu einer Zempiner Ansichtskarte vom 01.Juli 1901

1901 Henriette

Andenken an Seebad Zempin - Amtsspeigel 12/1997

Diese freundlich blickende Frau, wurde vor 160 Jahren geboren und hat bis heute in Zempin ihre Spuren hinterlassen. Das Foto zeigt Henriette Michaelis geb. Schmock.

1901 macht sie Werbung für den Tourismus mit frischen Lebensmitteln Brot und Milch.

Geboren am 07.05.1837 in Zinnowitz, gestorben am 01.08.1904 in Zempin. Das Foto wurde am 01.Juli 1901 aufgenommen.

Sie ist ein Kind eines der ersten freien Bauern in Zinnowitz, Friedrich Schmock und seiner Ehefrau Friedericke geb. Venz und nicht mehr als Leibeigene geboren. Sie heiratete nach Zempin und zog drei Kinder groß. Ihre Tochter Wilhelmine heiratete Carl Wodrich, der ebenfalls von einem Kolonisten vom Kappen aus Zinnowitz stammt.

Wie kam es zu den ersten freien Bauern in Zinnowitz, während in Zempin die Auswirkungen der Leibeigenschaft durch den Kauf des Grund und Bodens erst 1851 endgültig zu Ende ging.

Robert Burkhardt schrieb im 1906 herausgegebenen Heft zur 600jährigen Jubelfeier des Seebades Zinnowitz: „Gegen 1810 waren die Finanzen Preußens so schlecht, dass man daran gehen musste Königl. Domänen (land- und forstwirtschaftlich genutzte Güter in Staatshand) zu verkaufen: auf unserer Insel Morgenitz, Katschow, Loddin und Zinnowitz. Käufer war der Senator (und später Geheimer Kommerzienrat) Friedrich Wilhelm Krause in Swinemünde und er erhielt am 07. August 1812 die gerichtliche Auflassung.

Auch nach den Freiheitskriegen war die wirtschaftliche Not im ganzen Land noch sehr groß. Selbst der Kommerzienrat Krause fand für Zinnowitz keinen Pächter, so dass er das Gut am 11. Juni 1818 an 29 Bauern verkaufte.

Die Käufer, von denen nur 16 des Schreibens kundig waren, hatten den Schulhalter und Webermeister Friedrich Meinke mit den Verhandlungen betraut und bewirtschafteten das Gut gemeinsam. Unter den Käufern finden wir unter Nr.:

6. Karl Wodrich, Kolonist
7. Friedrich Schmock, Kolonist

Alle Käufer übernahmen auch gemeinsam 74 Kühe, 2 Bullen, zur Saat 18 Scheffel Erbsen.

Es gab Anlass zu Zank und Streit und so teilte man am 18. August 1848 das Gut in einzelne Teile, aber gemeinsam mussten sie für den Pfarrer jährlich die Reallast abliefern: 5 Mandeln Aale oder andere getrocknete Fische, 5 Würste, 5 Holzfuhren, 5 Stiegen Eier und Heuen der Pfarrwiese, für den Küster 5 Brote und 5 Holzfuhren. Diese Naturalien hatten alle Besitzer bis zum 18. Juli 1869 zu leisten.

Henriette Schmock heiratete den Fischer August Michaelis in Zempin. Aus dieser Ehe blieben die Kinder Hermann, Wilhelm und Berta am Leben. Hermann Michaelis lebte später in Berlin und baute das Haus, heute Peenestraße 12, auf dem ererbten Grund und Boden. Die Tochter Berta heiratete Willi Kochan und in zweiter Ehe den Fischer Julius Walter aus Zempin.

Weitere bekannte Nachfahren dieser so freundlich blickenden Frau sind die Kinder ihrer Tochter Wilhelmine, die mit dem Schneider Karl Wodrich verheiratet war. Der Schneider war eine bekannte Person in Zempin, einmal durch seinen spitzzulaufenden Bart, zum anderen durch seine Art des Umganges mit den Menschen. Er nähte nicht nur Anzüge nach Augenmaß, sondern auch die Segel der Fischer.

Die Familie des Schneidermeisters hatte 6 Kinder: Alfred, Reinhold, Adolf, Adelheide, Minna und Georg. Heute lebt von diesen Kindern noch in Zempin Frau Adelheide Wegener, die 1909 geboren wurde. Reinhold zog mit seiner Familie nach Zinnowitz. Adolf wurde Maurer und lebte in Trassenheide. Georg heiratete Helene Bast aus Zempin, deren Tochter Brigitte Kossmann lebt in Zempin und der Sohn Ehrfried ist, nachdem sein neues Haus in der Straße am Hafen fertig ist, wieder Zempiner Bürger.

Adolf Wodrich war unter dem ersten Bahnhofsvorsteher in Zempin, Karl Schichlein sen., Fahrdienstleiter. Seine Frau Berta war eine geborene Ganschow und wurde von der Familie Karstädt großgezogen, man nannte sie deshalb Berta Karstädt. Die Mutter Karstädt war eine geborene Voß. Der Vater Karstädt war Fischer. 1946 ging er in der Krümming (Dorfstraße) spazieren, fand eine Eierhandgranate, die er, trotzdem er bei der Marine war, nicht kannte. Sie explodierte in seinen Händen und er starb. Berta Wodrich erbte das Haus der Pflegeeltern, heute Peenestraße 27. Die Familie des Fahrdienstleiters zog die Kinder Senta, Lydia und die Zwillinge Waltraut und Horst groß. Die Kinder wurden zu dieser Zeit mit Hilfe der Hebamme „Detjen“ aus Zinnowitz in der Wohnung der Eltern geboren.

Die frei geborene Bauerntochter heiratete in das kleine Dorf Zempin und der Mann ernährte die Familie durch die Fischerei. Der Sohn kann mit seiner Familie hier leben, da er für die Fischer die Segel und für die Familien die Kleidung näht.

Der Badebetrieb beginnt auch in Zempin, die Eisenbahn verbindet diesen kleinen Ort mit Berlin und so kann sich der Sohn des Schneidermeisters seinen Lohn als Fahrdienstleiter verdienen. Sein Sohn wiederum erlernt in Koserow bei der Firma Hörter den Beruf des Schlossers. Motorräder und Autos bestimmen zunehmend den Straßenverkehr. Er geht nach dem Zweiten Weltkrieg, Ende der 50iger Jahre in den westlichen Teil Deutschlands, in die Heimat der Eltern seiner Frau und legt dort die Meisterprüfung ab. Er macht sich selbständig und heute führt sein Sohn dieses Geschäft weiter. Der Sohn Stefan lebt mit seiner Familie, den Kindern Marko und Jennifer in Witten im Ruhrgebiet. Der Vater Horst hat das Haus seiner Oma Karstädt in der Peenestraße nach der Wende übernommen, hat es renoviert und hat mit seiner frau Waltraut, Zempin wieder als Wohnsitz gewählt.

Nachgewiesen konnten 112 Personen, die direkte Nachkommen oder durch Heirat mit ihr verbunden sind.

Familie Kollhoff

Mitteilung der Familie Kollhoff Amtsspeigel 12/2001

In den Amtsspeigel – Blättern Nr. 3, 5 und 6 /2001 wurde die Lebensgeschichte eines Zempiners, des Robert Kollhoff, veröffentlicht, die Herr Wolfgang Hauff niedergeschrieben hat.

Der Vater von Robert, Friedrich, war Deichläufer in Swinemünde. Bei dieser Arbeit soll er mal ins Wasser gefallen, dann nass bis nach Zempin gelaufen sein, dadurch eine Lungenentzündung bekommen haben, an der er verstorben ist.

Geheiratet hatte er Auguste geborene Dinse aus Lütow. Sie wohnten in Zempin und haben neun Kinder großgezogen. Das jüngste Kind, Tochter Alice, wurde am 21.12.1906 in Zempin geboren.

Als sie mal nach Koserow zum Konfirmandenunterricht ging, ist sie ins Eis eingebrochen. Richard Walter aus Zempin hat sie aus dem kalten Wasser befreit und wurde vom Lehrer dafür belobigt. Alice erzählte, dass sie als Kind, wenn die Prinzessin mit der Kutsche durch Zempin fuhr, an der Straße mit anderen Kindern stehen musste, um sie mit Blumen zu begrüßen. Sie hatten nur Heidekraut, damit warfen sie. Dies wurde in späteren Jahren verboten, da die Prinzessin so viel Heidekraut ins Gesicht bekommen hätte und dies war ihr unangenehm.

Alice ging nach Berlin zu einem jüdischen Zahnarzt in Stellung. Zwei ihrer Brüder hatten in Berlin gearbeitet und ihr so diese Arbeit besorgt. Dort lernte sie ihren Mann kennen. Sie heiratete den Herrn Willner, der aus der Mark Brandenburg stammte. Aus dieser Ehe gingen zwei Töchter, Ursula und Margrit, hervor. Gern kamen sie immer in den Ferien zur Oma Auguste nach Zempin.

Ihre Mutter Alice, so schrieb mir Tochter Margrit, hatte immer Sehnsucht nach Zempin. Doch nun, da sie viele Jahre bettlägerig war, konnten die Töchter ihr diesen Willen leider nicht erfüllen.

Alice Willner geb. Kollhoff ist am 04. Oktober 2001 verstorben. Fast 95 Jahre ist sie alt geworden. Nun sind alle 9 Kinder dieser Familie nicht mehr am Leben. Einige Zempiner erinnern sich bestimmt noch an Alice.