Wiebendorf

Aus Ortschroniken
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Allgemeines

  • Name (heute): Wiebendorf
  • Frühere Ortsteile: Bretzin und Beckendorf
  • Regionale Einordnung (heute):
  • Gemeinde: Bengerstorf
  • Postleitzahl 19258
  • Verwaltungsamt: Boizenburg-Land
  • Landkreis: Ludwigslust-Parchim

Geographische Lage

Wiebendorf

 * N 53° 24' 12 
 * E 10° 49' 15 

Bretzin

 * N 53° 24' 57 
 * E 10° 48' 51 

Beckendorf

 * N 53° 26' 01 
 * E 10° 48' 24

Kurzbeschreibung nach Rabe 1857

„Wibendorf, an der Schale, 1 ¼ Meilen nordöstlich von Boizenburg, Hof mit 68 Einw., Allodialgut der Erben des Oberhauptmanns von Witzendorf, steuert von 673 Scheffeln und umfasst 121.934 Quadratruthen mit ergiebigem Acker und ansehnlicher Heuwerbung, Landesherrliches Vorkaufsrecht. Bretzin Hof, nördlich Wibendorf, mit 27 Einw., Allodialitätscognition zahlendes Allodialgut, steuert von 978 Scheffeln und umfaßt 127.381 Quadratruthen. Das Dorf Bretzin mit 3 Bauern gehört zu Badekow.“

"Bekendorf, 1 1/2 Meilen nordöstlich Boizenburg, Hof mit 103 Einw., Lehn. und seit 1834 Baron von Stenglin'sches Fideikommißgut, steuert von 1481 Scheffeln und enthält 228727 Quadratruthen. Jetziger Besitzer ist der Rittmeister a.D. Baron von Stenglin"

Geschichte der alten Gemeinde Wiebendorf mit den Ortsteilen Bretzin und Beckendorf

bearbeitet von Dieter Greve Schwerin 2015 bis 2020

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Entstehung der Kulturlandschaft
  • 2. Ursprünge der Besiedlung und erste Entwicklung der Dörfer
  • 3. Entwicklung des ritterschaftlichen Gutes Wiebendorf
  • 4. Geschichte des Dorfes Bretzin
  • 4.1. Die erste Erwähnung des Dorfes Bretzin
  • 4.2. Entwicklung des Dorfes in der Geschichte
  • 4.3. Besetzung der verbliebenen Bauernhufen
  • 4.4. Die Schule in Bretzin
  • 5. Geschichte des Rittergutes und späteren Dorfes Beckendorf
  • 5.1. Erste Erwähnung und frühe Geschichte des ritterschaftlichen Dorfes
  • 5.2. Entwicklung des Dorfes im Laufe der älteren Geschichte
  • 5.3. Entwicklung des Dorfes zwischen 1918 und 1945
  • 6. Besitzer der Dörfer Wiebendorf, Beckendorf und Zahrensdorf
  • 7. Wiebendorf nach dem Zweiten Weltkrieg
  • 7.1. Die Bodenreform in Wiebendorf
  • 7.2. Die neuere Geschichte Beckendorfs nach 1945
  • 7.3. Die Maschinenausleihstation (MAS)
  • 7.4. Entwicklung der Gemeinde Wiebendorf nach 1945
  • 7.5. Die Landwirtschaft in den 1950er Jahren
  • 7.6. Die weitere kommunale Entwicklung in Wiebendorf
  • 7.7. Der „sozialistische Frühling“ und seine Folgen
  • 7.8. Die Gemeinde und die Konsolidierung der LPG
  • 7.9. Die weitere Entwicklung der kommunalen Arbeit in den 1970/80er Jahren
  • 8. Wiebendorf nach dem „Wendejahr 1989“
  • 8.1. Die kommunale Entwicklung
  • 8.2. Geschichte der Freiw. Feuerwehr Wiebendorf
  • 9. Zeittafel zur Geschichte der Dörfer Wiebendorf, Bretzin und Backendorf
  • 10. Flurnamen auf den Gemarkungen
  • 1o.1. Wiebendorf, einschl. Hof Bretzin
  • 10.2. Bretzin
  • 10.3. Beckendorf
  • 11. Quellen und Literatur
  • 12. Besitzer der Hausgrundstücke im Jahre 2008

*Wiebendorf *Bretzin *Beckendorf

1. Die Entstehung unserer Kulturlandschaft

Unsere Heimat ist durch die Eiszeit geformt worden. In einer älteren Eiszeit, nämlich im Warthe-Stadium der Saale-Eiszeit, entstanden unter dem lagernden Eis lehmige Grundmoränen. Als sich das Eis zurückzog und dann in der Weichseleiszeit erneut vorstieß, türmten sich die Schuttmassen vor dem Eis zu den großen Endmoränenzügen auf, die sich von Schleswig-Holstein über Mecklenburg bis in die Uckermark erstrecken. Die südliche Endmoräne befindet sich in unserem Raum an den Südenden des Schaalsees, des Dümmer Sees und des Schweriner Sees. Als das Eis abtaute wälzten sich gewaltige Wassermassen zum Urstromtal der Elbe. Auf ihren Bahnen durchschnitten sie die Lehmplateaus und schufen auf diese Weise die Täler der Boize, Schaale, Schilde und der oberen Sude (bis etwa Redefin). In diesen Tälern lagerten sie gewaltige Sandmassen ab. Weil in dieser Zeit sich noch keine Pflanzendecke gebildet hatte, konnten die Winde den Sand weit transportieren. So wurden auch die verbliebenen lehmigen Hochflächen noch übersandet. Außerdem war die Versickerung und Erosion der Niederschläge in den noch unbewachsenen Böden sehr stark, so dass zusätzlich Lehmbestandteile fortgeschwemmt wurden. Auf Grund dessen findet man in unserer Heimat sowohl lehmige als auch sandige Hochflächen, sandige Talniederungen, wie das Schaaletal, und auch moorige Bildungen besonders dort, wo in den Tälern ständig das Wasser staute. Auf den sandigen Böden siedelten sich Eichen-Birken-Wälder an, wie wir sie noch heute finden, wo die Wälder durch natürliche Bildung entstanden sind. Dort wo ständige Feuchtigkeit vorhanden war, siedelten sich Bruchwälder an, die in erster Linie von Erlen (plattdeutsch Ellern) bestockt waren. Diese Bruchwälder (plattdeutsch Ellerbraucks) finden wir am Übergang von der Höhe zu den Schaalwiesen sowie auch an der Möllerbäk.. Natürlich wird es auch Buchenbestände gegeben haben, aber nicht in Reinkultur. Sie sind ebenso wie die Kiefernwälder ein Teil der vom Menschen geformten Kulturlandschaft. Unsere Heimat ist eine Landschaft, die sich natürlicherweise immer wieder bewalden wird. Äcker und Wiesen sind ein Produkt der Arbeit des Menschen.


2. Die Ursprünge der Besiedlung und erste Erwähnung der Dörfer

Eine Landschaft, die reichlich mit Vegetation und Wasser ausgestattet ist, ist auch für die Tierwelt ein Paradies. Diese Bedingungen haben auch den Menschen bereits in frühen Zeiten gute Lebensbedingungen geboten. Zeugnisse für die frühe Besiedelung in der Bronzezeit, die etwa bis 600 vor der Zeitenwende gedauert hat, sind die reichlich vorhandenen Gräberfelder sowie die Kegelgräber in Bretzin und im Düstern Busch.

Die Sage hat sich u.a. der Kegelgräber in Bretzin und im Düstern Busch bemächtigt. In Bretzin soll es eine unterirdische Verbindung zwischen den Gräbern geben. Eines der Bretziner Gräber soll ein Königsgrab sein, in dem sich auch eine goldene Wiege befindet. Im Düstern Busch wurde bei Grabungen nach mündlicher Überlieferung eine Hutnadel ausgegraben. Es wird sich sicher um eine nadelartige Fibel gehandelt haben. Scherbenfunde wurden vielerorts gemacht.

Die früheste Besiedelung ist stammesmäßig nicht mehr zuzuordnen. Es ist aber sicher, dass bis zu dem 6.Jahrhundert unserer Zeitrechnung in unserem Gebiet, dem lüneburgischen, lauenburgischen und westmecklenburgischen Raum die germanischen Langobarden ansässig waren, die im Zuge der Völkerwanderung bis nach Norditalien zogen und dort der Lombardei (um Mailand) ihren Namen gaben. Der Name der Langobarden ist aber auch noch in den Ortsnamen Bardowieck und Barförde (Bardenfurt) zu erkennen. Prof. Horst Keiling hat in den 1970er Jahren im Wiebendorfer Wald östlich des Dorfes über 700 langobardische Gräber ausgegraben. In seinem Buch „Wiebendorf – ein Urnenfriedhof der frührömischen Kaiserzeit in Hagenow“ heißt es „Wiebendorf ist der erste vollständig untersuchte frühkaiserzeitliche Urnenfriedhof im Norden der DDR. Von etwa 800 ursprünglich auf dem Platz niedergelegten Bestattungen sind 718 mehr oder weniger gut erhalten geblieben und freigelegt worden.



Abbildung 1. Funde auf dem Wiebendorfer Langobardenfriedhof

Der Bestattungsplatz gehört kulturell in die kleine Gruppe der im Kreis Hagenow verbreiteten Langobardenfriedhöfe, die mit Kulturgut vom Spät-Latene-Charakter einsetzen, das im Unterelbegebiet für die Augusteische Zeit (etwa 30 v.u.Z. bis 20 u.Z.) typisch ist und im 2.Jahrhundert abbrechen.“ In seinem Aufsatz „Das Römischen Reich und die Germanen im Boizenburger Raum um den Beginn unserer Zeitrechnung“ (in „Zur Geschichte Boizenburgs“, Boizenburg 2007) führt Keiling aus: „Als im Herbst 1972 ein gewaltiger Sturm über das Land brauste, entwurzelte er in einem alten Hochwald auf einem Kiesrücken östlich des Tessiner Moores (Wiebendorfer Moor, D.G.) auf der Wiebendorfer Gemarkung zahlreiche dicke Kiefern. Beim Durchstreifen des Windbruchgebietes entdeckte ein Traktorist einen Bronzeeimer im Wurzelloch einer umgestürzten Kiefer. Unmittelbar danach erfolgte die Besichtigung des Fundplatzes durch einen Fachmann sowie die Übernahme des Gefäßes. Dabei bestätigte sich, dass hier ein unbekannter Langobardenfriedhof liegt, der offenbar noch nicht sehr zerstört ist. … Wiebendorf war der erste Friedhof aus dieser Zeit im Nordosten, der planmäßig und vollständig untersucht worden ist. 715 Bestattungen und zahlreiche Einzelfunde konnten ausgegraben und in einem Katalogband (Keiling 1984) der Öffentlichkeit vorgelegt werden. …

Überblickt man das aus den Wiebendorf-Gräbern stammende umfangreiche Fundmaterial, so lassen sich besonders nach dem Formenwandel der Keramik drei aufeinanderfolgende Zeitphasen erkennen. …

1. Wiebendorf setzt mit Bestattungen ein, die mit situlaartigen oft mit einem Henkel versehenen Terrinen mit Punkt- und Strichverzierung niedergelegt sind (Abb. 1 m). Übrigens sind aus solchen Urnen mehrfach Harzstücke bekannt geworden, auf denen sich Zahnabdrücke befinden. Das aus Pech bestehende Harz fand wohl beim Totenbrauchtum Verwendung. Die Mehrzahl der Bronzegefäße, die die Langobarden von den Römern erhalten haben dürften, gehört auch in diese frühe Zeit. Es sind Eimer (Abb. 1 k), flache Becken, Bronzekessel mit Eisenrand und eine besonders schöne Kanne mit Gesichtsmaske mit Henkelansatz (Abb. 1 l).

2. Es folgen vorwiegend schwarze Terrinen, die mit ein- und zweireihigen Rollrädchenmustern verziert sind. (Abb. 1 n)

3. Zum Schluss herrschen Terrinen mit mehrlinigem Rollrädchenmuster und Riefornamenten vor (Abb. 1 o). Auch die Depots aus Waffen und Eisengegenständen, wie sie links der Elbe auf Langobardenfiedhöfen freigelegt wurden, traten in Wiebendorf auf. Lanzenspitzen (Abb. 1 h), Schildbestandteile (Abb. 1 i) und Schwerter sowie die von der Reiterei verwendeten Sporen (Abb. 1 c) weisen auf kriegerische Auseinandersetzungen hin. Eiserne, aber manchmal auch aus Bronze bestehende Gewandhaften, die die Archäologen Fibeln (Abb. 1 a/b) nennen, waren wie die verschieden geformten Schnallen und Gürtelverschlüsse Bestandteile der germanischen Kleidung. Eiserne Pfrieme, halbmondförmige Rasiermesser (Abb. 1 g), Messer (Abb. 1 e) und Scheren (Abb. 1 f) sind häufig auftretende Gebrauchsgegenstände.“

In das verlassene fast menschenleere Land zogen dann wendische Stämme ein. In dem von den Langobarden verlassenen Gebiet haben sich die Polaben (Anwohner der Labe = Elbe) angesiedelt. Ihr Stammeszentrum und -heiligtum war in Ratzeburg zu finden. Als um die Mitte des 12.Jahrhunderts die deutsche Besiedlung der von den wendischen Polaben bewohnten westmecklenburgischen Gebiete erfolgte, wurde um den Boizenburger Burg- oder Schlossbezirk auch das Land oder die Vogtei Boizenburg gebildet. Dieses später auch Amt genannte Land Boizenburg wird etwa gleichzeitig mit dem 1154 gegründeten Bistum Ratzeburg, zu dem es kirchlich bis zur Durchsetzung der Reformation etwa 1535 gehörte, entstanden sein. In der weltlich-politischen Organisation gehörte es zunächst bis 1203 zur Grafschaft Ratzeburg, dann zur Grafschaft Schwerin und ab 1358 zu Mecklenburg. Erwähnt wird es erstmalig in einer Urkunde aus dem Jahre 1158 als Heinrich der Löwe dem Bischof von Ratzeburg ein Tafelgut "in Boyceneburg Benin" schenkt. Die Ersterwähnung von Bennin ist somit auch die für die Vogtei Boizenburg. Die Dörfer der Vogtei dürften jedoch alle um diese Zeit entstanden sein, wenn sie denn nicht schon vorher als wendische Siedlungen bestanden haben. Ihre Ersterwähnung in Urkunden liegt aber häufig um vieles später. Das Ratzeburger Zehntenlehenregister von 1229/30, in dem viele Dörfer u.a. des Amtes Wittenburg zum ersten Mal urkundlich erwähnt wurden, ist für das Amt Boizenburg nur unvollständig erhalten. Mit Sicherheit sind aber mit ihren Zehntenlehen genannt:

   Zehnten für den Bischof:
        Granzin               24 Hufen
        Nieklitz              12  -"-
        Klimprow      	  	4  -"- (auf der Tüschower Feldmark)
        Niendorf         	-
        Bahlendorf   	        -
        Karrentin    	        7  -"-
        Dersenow   	        5  -"-
        Zahrensdorf           12  -„- 
        Blücher                4  Hufen  
        Lüttenmark             4  -"-
        Leisterförde           4  -"-.

In der Curie (bischöflicher Hof) "Bunserstorpe" sind von 6 Hufen Zehnten an den Bischof zu zahlen. In Übereinstimmung mit dem Mecklenburgischen Urkundenbuch darf man davon ausgehen, dass es sich bei Bunserstorpe um Bengerstorf handelt, da auch kein anderes Dorf mit ähnlichem Namen historisch belegt ist. Über die Zehnten für den Bischof hinaus sind Zehntenlehen für andere Personen in Granzin, Tessin und Gallin sowie zwei weitere nur unvollständig lesbare (der jeweils erste Buchstabe des Namens fehlt) und bisher nicht identifizierte Dörfer erwähnt. Es könnte sich bei ".ebande" um Nebande, das sagengafte Nebein auf der Gemarkung Bennin handeln und bei ".amnetin" um Gamnetin, verkürzt zu Gamm, um das Vorwerk an der Boize, das 1255 Graf Gunzelin III. an die Bürger zu Boizenburg verkauft hat. Der Name Gamm existiert nach wie vor für die Ausbaugehöfte in Boizenburg, Schwartow und Neu Gülze sowie als Flurname für die zwischen diesen liegenden Flächen. Bennin ist aufgeführt als "freigemacht für den Bischof in Feldern und Wäldern, Weiden und Wiesen, welche Herzog Heinrich (der Löwe) für den Bischof von allen Diensten befreit hat".

Bretzin ist das ersterwähnte Dorf der ehemaligen Gemeinde Wiebendorf. Im Landeshauptarchiv liegt eine Urkunde vor, in der im Jahre 1297 der Verkauf des Dorfes durch den Grafen Nicolaus von Schwerin an das Kloster Zarrentin erfolgt. Der Ortsname ist als Birkenort zu deuten.

Das ritterschaftliche Gut Beckendorf wird im Jahre 1323 erstmalig erwähnt, als die Ritter Wipert und Hermann von Blücher die Einkünfte von sieben Hufen einer von ihnen gestiftete Vikarei in der Wittenburger Kirche widmen. Der Ortsname ist als Ort am Bach zu verstehen.

Die erste Erwähnung findet der Ort Wiebendorf im Jahre 1479 im Landbederegister als Wybendorpe. Aus dem Dorf wird in diesem Jahr keine Landbede gezahlt. In der Karte von Hoinckhusen etwa 1700 wird der Ort als Widendorf bezeichnet. Der Name dürfte deutschen Ursprungs sein (z.B. aus Wiew oder Wieb = Weib, bzw. aus dem weiblichen Vornamen Wiebe).

3. Die Entwicklung des ritterschaftlichen Gutes Wiebendorf vom 15. bis in das 20. Jahrhundert

3.1. Wiebendorf unter adligen Gutsbesitzern (1453 bis 1877)

Wiebendorf war bereits am Ende des 15. Jahrhunderts ein ritterschaftliches Gut im Amt Boizenburg ohne Hüfner. Wahrscheinlich ist ein ehemaliges ritterschaftliches Bauerndorf an diesem Ort bereits im Mittelalter wüst gefallen und dann an seiner Stelle ein Gutshof eingerichtet worden. Möglicherweise war der Rittersitz Wiebendorf auf einer der im Jahre 1453 im Landbederegister erwähnten wüsten Feldmarken entstanden. Zu diesen zählten auch Beckendorf, Zölkow, Wendisch Granzin, Tüschow, Schild (später Schildfeld genannt) und Karrentin.

Die erste bildliche Darstellung von Wiebendorf findet sich in Freeses Abriss der Schaalfahrt aus dem Jahre 1587. Ob diese aber den tatsächlichen Gegebenheiten entsprach, ist kaum noch zu klären. Dargestellt ist ein Gutshof. Dazu sind die Grenzen des Blücherschen Besitzes. angegeben. Ebenso sind Bengerstorf und Zahrensdorf dargestellt. Die erste etwa exakte Karte ist die Direktorialvermessungskarte aus dem Jahre 1771, aus der in den Abbildungen 3 und 4. jeweils ein Ausschnitt wiedergegeben ist. Diese bildete auch die Grundlage für die Mecklenburg-Karte von Wiebeking und dann von der Schmettauschen Karte (Ausschnitt in Abb. 2). Diese gibt u. a. die Grenzen der Gemarkung im 18. Jahrhundert wieder. Außerdem ist die Lage des Gutshofes mit seinem Grundriss im Jahre 1771 in den Karten dargestellt.

Wiebendorf hatte eine reine Gutsflur, die in der Direktorialvermessungskarte 1773 in Koppeln eingeteilt war. Die Feldmark erfuhr durch Zuerwerb von Hof Bretzin, dass durch die Legung von sechs Bretziner Bauern und Neuordnung der Feldmark entstanden war, im Jahre 1797 eine Erweiterung. Die Feldmark Hof Bretzin wurde später in die Wiebendorfer vollständig integriert. In der Direktorialvermessung wurde sie im Jahre 1770 mit dem Hauptgut Badekow zusammen vermessen. Mit dem Gut Zahrensdorf erfolgte im 19. Jahrhundert ein Austausch von Flächen.

1545 und 1562 werden in der Rossdienstrolle alle Blücher zu Wiebendorf erwähnt, d.h. dass mehrere Angehörige des Geschlechts Blücher Rechte in Wiebendorf hatten. 1575 wird nur „Hanß Blucher zu Wibendorf“ genannt. 1584 zahlt auch laut dem Boizenburger Amtsregister unter Bretzin „die alte Blüchersche von der sandtmuhlen 4 ß (Schillinge) Pacht, wie auch 1593. Hier besteht die Möglichkeit, dass die „alte Blüchersche“ in der Familie des Beckendorfer Gutsbesitzers Hans Blücher zu finden war, der sein Hauptgut in Waschow hatte. Möglicherweise war Beckendorf der Witwensitz für die Mutter von Hans Blücher. Die Angabe kann sich aber auch auf den Wiebendorfer Zweig der Familie Blücher beziehen. Dafür spricht, dass die „alte Bluchersche“ auch bereits im Landbederegister 1570 genannt wird, einem Zeitpunkt zu dem Beckendorf noch wüst lag und zudem die Witwe eine Bretziner Hufe nutzte und dafür keine Landbede zahlte.

Im Pachtverzeichnis des Gutes Wiebendorf (LHA Schwerin, Rep. 77, Lehnkammer, Gut Wiebendorf) ist zu lesen: „1582 Mai 8. Georg Blücher zu Suckow verkauft seinem Vetter Hans Blücher zu Boddin für 5000 fl (Gulden) die ihm vom Vater Thonnies Blücher zugefallenen Güter „zu Wibendorff, uf der Teldow, und in der Auwe … die halben baw- und wonhoefe sampt dem halben zugehörigen ackerwerke der halben feldtmarcken, pauren-rechte und –dienste so darzu belegen“ Dazu gehören - zu Blücher: 10 Halbhufen und 5 Katen geben Rauchuhn, Pacht, Gänse, Futterhafer, Pachthafer und Pachthuhn.

  „Von diesen baw und katenleuten den gewonlichen und vollen dienst sampt der pacht alleine.“ (für Hans Blücher)

- zu Schwartow: eine Hufe

„Dieses rockhuen, pacht, pachthafer und pachthuen kompt und gebuert mir halb zu, und dienet dieser huefner meinen vettern mit nahmen Merten, Hartwig und Hans gefettern den Bluchern das eine und mich das ander jar.“

- zu Bickhusen:

 Hier handelt es sich wohl um die Pacht für die Aue (jetzige Feldmark Horst).
 „Ime dorfe Bickhausen, dorein mein gnediger furst und herr, herr Ulrich, hertzog zu Meckelnburgk, zum ampte Boitzenburgk den burckdienst und das rockhuen zu heben hat.“ Pacht, Futterhafer, Pachthuhn und Wiesenpacht von 10 Bauern, von weiteren vier nur Wiesenpacht.
  „Diese obenberurte Bickheuser oder paurschaff semptlich geben 1 fl weidegelt. Von diesen obengesetzten pacht, pachthuenern, heurewischgelt und 1 fl weidegeltt in diesem dorfe die helfte“.

- zu Rensdorf: „Im dorfe Rensdorf darein die Sprengel den dienst und das rockhuen zuheben haben“, Pacht; Futterhafer Pachthuhn und Wiesenpacht von drei Bauern. „Dieser Hans Burmeister und Heinrich Mundt wohnen unter Franz Sprengeln und seint desselben unterthanen. Noch gibt die itztgemelte dorff- und paurschaft daselbst einen halben gulden weidegeldt. Von dieser specificierten pacht, pachthuenern, wisch und weidegelt … die helffte.“ - zu Gehrum:

  Von zwei Bauern Pacht, Futterhafer und Pachthuhn, „Von diesem allem die helfte.“ 



Abbildung 2. Feldmark Wiebendorf in der Schmettauschen Karte aus dem Jahre 1788. Die Karte ist auf der Grundlage der Direktorialvermessungskarte aus dem Jahre 1771 entstanden. Die Feldmark Wiebendorf befand sich nur östlich der Schaale. Die jetzt aufgeforsteten Flächen waren seinerzeit noch Heide. Der Acker umschloss noch teilweise das Wiebendorfer Moor. An der Rämenbäk, die die Grenze zu Tessin bildet, befand sich ein Ackerstreifen. Im Jahre 1585 wird wieder „Hans Blucher zu Wiebendorf“ in der Rossdienstrolle mit 1 Pferd aufgeführt. Im Kirchenvisitationsprotokoll 1590 wird vermerkt: „Hanß Blucher gibt dem pastorn jerlich 1 Schl., dem custer aber ½ Schfl.“ Messkorn. Das entspricht der Abgabe einer Hufe für die ein Scheffel entrichten war. 1597 lesen wir in einer Akte des Landeshauptarchivs (Rep. 77, Lehnkammer, Gut Wiebendorf) „Hanß Blucher zu Wibendorf (hat einen bauhof zu Blucher und einen bauhof in der Awe) 1598 noch einmal den Vermerk „Hans Blucher zu Wibendorf“ in der Rossdienstrolle mit einem Pferd.

Im Jahre 1616 kauft Joachim Blücher auf Wiebendorf das Gut Zahrensdorf von Sigismund Heldorfs Erben. Zahrensdorf wird nun ein Nebengut zu Wiebendorf und bleibt es für fast 200 Jahre bis zum Jahre 1800. Die beiden Güter haben nun einen häufigen Besitzerwechsel zu verzeichnen. Im Jahre 1633 gehen sie aus der Hand der Familie von Blücher. Sie werden an den Hamburger Bürgermeister Hieronimus Vogeler verkauft, der sie im Jahre 1639 an den Bürgermeister Barthold Möller verschenkt. Von diesem kauft im Jahre 1651 Oberstlieutenant Joachim Sander die Güter. Im Kontributionsregister dieses Jahres wird der Pensionarius (Pächter) Dieterich Meyer auf Wiebendorf aufgeführt. Somit hat Sander Wiebendorf verpachtet. Der Pächter Meyer hatte für seine vierköpfige Familie, für 3 Knechte, 3 Mägde und 1 Jungen Kontribution zu entrichten. Außerdem waren 4 Pferde, 13 Kühe, 7 Ochsen, 12 Schweine 3 Ziegen und 19 Bienenstöcke zu versteuern.

Bereits 1655 wird das Gut wiederum verkauft, an Erich von Wördenhofen. Gleichzeitig wird es allodifiziert, d.h. dass es von einem Lehnsbesitz in Volleigentum überführt wird. Im Jahre 1659 erwirbt Joachim Tellien das Gut. Er heiratet Joachim Sanders Witwe, die wahrscheinlich noch in Wiebendorf gewohnt hat. Im Jahre 1668 heiratet Generalmajor Heinrich von Delwig die Witwe Joachim Telliens und erscheint nun als Eigentümer der Güter.

Aus dem Kopulationsregister der Pfarre Zahrensdorf ergeben sich weitere familiäre Veränderungen bei den Delwigs. Es heiraten (copulierten): 19.11.1696 v. Dellwig, H. Wolter, Erbherr auf Wiebendorf und Zarrenstorf Großvater: Hans, Vater: Otto, und v. Dellwigen, Frl. Catrina (beider Urgroßvater war Gebhard v. D. Großvater: Wolter, Vater: Hinrich) 11.05.1703 v. Stöterogge, H. Statius Fridr., Herr auf Wiebendorf und Zarnstorf und v. Dellwichen, Frl. Sophia Elisabeth.

Stöterogge hatte das Gut im Jahre 1700 von Kapitän Wolter von Delwig erworben. Offenbar hatte zwischenzeitlich innerhalb der Familie eine Eigentumsübertragung von Heinrich auf Wolter von Delwig stattgefunden. Es bleibt durch die Heirat Stöterogges im weiteren Sinne folglich bei den Delwigs.

Im Kopulationsregister werden darüber hinaus aufgeführt: 13.01.1679 Wernike, Heinr., Dersenow und Burmeisters, Ingeborg Maria, Wiebendorf 23.11.1680 Burmeister, Frantz, Wiebendorf und Papen, Marg. Elisabeth 27.06.1683 Möller, Joch. Wilhelm, Verwalter auf Wiebendorf und Griesen, Anna 30.11.1685 Peterßen, Laurentius und Heyen, Ilsabe zu Wiebendorf 08.10.1694 Scharnwefer, Heinrich, Wiebendorf und Trappen, Cathrin, Tessin 10.11.1696 Fröcht, Jürgen und Püstrichs, Anna zu Wiebendorf

Somit war das Gut Wiebendorf im Jahre 1683 von Joachim Möller verwaltet worden. Möglicherweise haben die Delwigs nicht in Wiebendorf gelebt. Aus diesem Register ergibt sich auch, dass in Wiebendorf die Familien Burmeister, Möller, Peterßen, Heye, Scharnwefer (Scharnweber), Fröcht (Früchten?) und Püstrich sowie möglicherweise auch Pape und Griese gewohnt haben.

Im Beichtkinderverzeichnis aus dem Jahre 1704 führt der Zahrensdorfer Pastor Schrader aus: „Der Hof Wiebendorf, wobey eine Schäferey liegt, und gehört dieser Hof und das … Dorf Zarrenstorf mit allen Bauren und Schäferey dem H. von Stöterogge Patricio Luneburg: Die Namen und Alter von diesem Hofe habe nicht erhalten können. v. Stöterogge, Statius Friderich,Besitzer, Ehefrau: Sophia Elisabeth, dazu eine Schwester v. Stöterogges sowie Dorthie, Magd; Susanna Ilse Grefen, Magd; Christian, Kutscher; Wieske,Hans, Knecht; Petersen,Jürgen, Junge; und ein Kuhhirte. Hart vor dem Hofe liegt eine kleine Schäferey, auf welcher wohnet: Brum, Claus 45, Schäfer Ehefrau: Ann Lehn 37.“ Vermerk zum Beichtkinderverzeichnis: „Der Hof Wiebendorf gibt 1 Schfl. Messkorn, der Hof Zahrensdorf 4 Schfl. an den Pastor“.


Abbildung 3. Der Hof Wiebendorf auf der Karte der Direktorialvermessung aus dem Jahre 1771. Sie zeigt nur einen Gutshof und die nahebei nordöstlich des Gutshofes belegene Schäferei. An der Schaale ist das Wohnhaus der Gutsherrschaft zu erkennen. Dessen Lage entspricht etwa der des im 19. Jahrhundert errichteten Schlosses.

Im Zahrensdorfer Kopulationsregister werden für die Jahre 1700 bis 1751 folgende Wiebendorfer genannt: 1710 Ann Margreth Garbe, Mädgen am Hof Wiebendorf, die den Zahrensdorfer Krüger Meyer heiratet, 1724 Obrist-Lieutenannt Herr von Both, der die Witwe Statius Friedrichs von Stöterogge Sophia Elisabeth, geb. von Delwich heiratet, 1724 heiraten der Weber Paasch Müller und Regina Ahnicke, 1734 der Gärtner Johann Mathias Fließ.

Nach dem Tode Stöterogges im Jahre 1723 erbt Sophia Elisabeth die Güter. Sie heiratet im Jahre 1724 den Oberstlieutenannt Friedrich von Both und nach dessen Tod dann im Jahre 1737 Joachim Werner von dem Knesebeck, dessen Familie auch im Besitz von Gresse ist. Nach dessen Tod und dem seiner Gemahlin im Jahre 1749 erbt Frau Oberstlieutenant Hedwig Juliane von Kirchner, geb. von Delwig die Güter. Nach deren Tod im Jahre 1772 fallen die Güter an Otto von Kirchner und nach dessen Tod an eine Erbengemeinschaft von Delwig/von Kirchner. Im Jahre 1782 gehen die Güter aus den Händen der Famile von Delwig durch einen Verkauf an Reinhold von Rosen. Im Mecklenburg-Schwerinschen Staatskalender wird Major Robert Gottlieb, Baron von Rosen genannt.

Im Beichtkinderverzeichnis aus dem Jahre 1751 werden als freie Leute in Wiebendorf - der Verwalter zu Wiebendorf und Zarrenstorf Bartold Wolter mit der Ehefrau Maria Juliana Fischern, den Söhnen Johann, Carl und Hans Jürgen und der Tochter Christina - sowie ein Gustav Johann Hackert genannt. Bartold Wolter hat das Gut offenbar für Frau von Kirchner verwaltet, die möglicherweise nicht am Ort wohnte.

In dem Kopulationsregister der Zahrensdorfer Pfarre werden zwischen 1751 und 1800 zweimal Wiebendorfer genannt: 1786 Christina Hanna Wilde vom Hofe Wiebendorf, die einen Boizenburger Brauknecht heiratet. 1799 Johann Wilhelm Wieske, Tagelöhner.

Zu den domanialen Bauerndörfern der Nachbarschaft gab es auf verschiedenen Ebenen Beziehungen. So waren nach dem Dreißigjährigen Krieg die ritterschaftlichen Bauern aus Tessin und Klein Bengerstorf in die Abhängigkeit des Gutes Wiebendorf gekommen und zum andern gab es an den Grenzen einige Streitigkeiten über deren Verlauf. In Klein Bengerstorf werden 1640 als "Der vom Adel Leute" die Hufner Chim Schröder (Schröer), Clas Wieseke und Chim Dalenborch genannt. Ob diese bei von Züle in Marsow, der auch die halben Jagdanteile hat, oder wie später in Wiebendorf Dienste leisten, ist nicht erwähnt. Hermann Behnke (Schröer-Behnk) wusste noch 1997 aus Erzählungen seiner Vorfahren von Diensten mit Prügelstrafen in Wiebendorf zu berichten.

Auf das Jahr 1691 datiert ein Kaufvertrag zwischen Gustaff Adolph, Hertzog zu Mecklenburg und Generalleutnant Freiherr von Dellwig, der zu diesem Zeitpunkt Wiebendorf und Zahrensdorf besaß, über den Kauf von zwei Hufen in Klein Bengerstorf. Dieser ist offenbar nicht vollzogen worden, denn noch 1776 bekommt die Wiebendorfer Gutsherrin, Frau Obrist- Lieutenantin von Kirchnern aus dem Communion-Dorf Lütten Bengerstorff „zur contributuablen Hälfte eine Hufe, vier Zwölf Sechzehnteltheil Scheffel, in Tessin 1777 eine Viertel Hufe, Zwanzig Eilf-Zwei-und Dreyßigtheil Scheffel“. Hier ist die Hufe ein steuerlicher Begriff, der 300 Scheffel Einsaat beinhaltete, d.h., dass durchaus mehrere Hüfner die zugehörigen Flächen bewirtschaftet haben können, z.B. als Drittelhüfner. Im Jahre 1782 bietet Baron von Rosen auf Wiebendorf der Reluitionskommission bei der herzoglichen Kammer die Hufen in Klein Bengerstorf und Tessin zum Kauf an.

Die Akten des Landeshauptarchivs beinhalten auf das gleiche Jahr ein „Lütken Bengerstorfer Schlag-Register“ mit dem Titel „Wie denen dreyen Adel. Unterthanen, so nach dem Adel. Guthe Wiebendorff gehören, ihre Korn-Länder, und Wiesen, nach Stück weise aufen Felde belegen sind; und zwar wie folgt“: Es folgt eine Aufstellung, aus der hervorgeht, dass die Ackerstreifen der ritterschaftlichen Bauern in Gemengelage sich zwischen denen der domanialen Bauern befunden haben. 1784/86 werden die vier hofpflichtigen Bauernstellen (spätere Hufe 3 in Tessin; spätere Hufen 2, 8 und 13 in Klein Bengerstorf) an die Reluitionskommission verkauft.

Ein Edict des Herzogs Friedrich-Franz aus dem Jahre 1785 bestimmt die Übernahme an die Reluitionskommission (Entschuldungskommission) für

a.  Zwei ¾ Hüfner Hans Jochen Rehse (spätere Hu. 2, Nachfolger des Joachim Pinck) und                                            Hans Jacob Köster (spätere Hu. 8, Nachfolger des  Clauß Wiesecke)   
b.  3/8-Hüfner Jochen Brockmüller
und Schneider Hans Behncke in Klein Bengerstorf, der bei Rehse wohnte
c.  ¾-Hüfner in Tessin Jochen Peter Schwarz (sp. Hufe 3)

Die Grenzstreitigkeiten betrafen: - Eingriffe der Güter Zahrensdorf und Wiebendorf in die herrschaftliche Forst auf dem Klein Bengerstorfer Felde (1778/80) - Die von Seiten des Gutes Wiebendorf beeinträchtigte Amtsgrenze der Klein Bengerstorfer Feldmark in der Gegend der Kuhlstücke und des Strukkamps (wohl Strittkamps), 1782/84 Die Grenzstreitigkeiten zwischen Klein Bengerstorf und Wiebendorf sind beigelegt worden, wie ein Vergleich alter und neuer Karten am Strittkamm (schon der Name deutet auf einen strittigen Kamp hin) beweist. Eine Akte aus dem Jahre 1817 im Landeshauptarchiv enthält denn auch die Kostengenehmigung der Kammer für „Ziehung des Scheidegrabens zwischen Kleinen Bengerstorff und Wiebendorff“ sowie für die Erbauung einer steinernen Brücke im Wittenburger Weg. Die Streitigkeiten betreffen aber nicht nur die Grenzen der Feldmarken, die auch immer Amtsgrenzen zwischen den Domanialämtern und den ritterschaftlichen Ämtern waren, sondern auch die Weidegerechtigkeit, die Jagdgerechtigkeit und die Holznutzung. So übte 1761/80 Baron von Kurzrock, genau wie seine Nachfolger auf Beckendorf, Koch und Dunkelmann, die Jagdgerechtigkeit in der "Solkau" auf der Feldmark Groß Bengerstorf, obwohl es ihm nach längeren Verhandlungen untersagt wurde, trotzdem weiter aus. Überliefert sind auch die Archivalien: - Das den Wiebendorfer Gutsuntertanen zu Klein Bengerstorf aus der herrschaftlichen Forst anzuweisende Bau-, Nutz- und Pfahlholz (1746/80) - Streitigkeit mit dem Untertanen Brockmöller (1739) Hierbei handelt es sich um eine skurrile Affäre. Offenbar hatte 1739 der Gutsherr, wohl von dem Knesebeck, eine Eiche auf dem Hofe des Untertanen an einen Boizenburger Müller verkauft. Dazu stand ihm als Grundeigentümer das Recht zu. Die Eiche war wohl Bestandteil der sogenannten Hofwehr. Offenbar verteidigte aber ein selbstbewusster Bauer sein Recht als Nutzeigentümer des Hofes. Das deutet darauf hin, dass die leibeigenen Hauswirte sich trotz aller Repressalien ein bäuerliches Selbstbewusstsein bewahrt hatten.


Abbildung 4. Grenze zu Klein Bengerstorf im Jahre 1771. Man sieht den Grenzverlauf nördlich des historischen Postweges weiter in Richtung Bengerstorf und südlich näher an Wiebendorf.

In dieser Zeit wurde die Wiebendorfer Feldmark von einem wichtigen Verkehrsweg durchschnitten, der noch bis etwa 1830 als Postweg diente. Er führte von Boizenburg über Schwartow, Zahrensdorf, Klein Bengerstorf, Schildfeld und Wittenburg nach Schwerin und stellte die Verbindung zur Berlin-Hamburger sowie zur Lüneburg-Celler Post her. Der Weg ist auf der Wiebekingschen Karte von 1786 deutlich zu erkennen. Ein anderer wichtiger Verkehrsweg, der Wiebendorf, Bretzin und beide Bengerstorf berührte, war die Schaalfahrt. Die Lübecker bauten sich am Ende des 13.Jahrhunderts den Stecknitzkanal von Lauenburg über Mölln nach Lübeck, um sich einen billigeren Salztransport von Lüneburg nach Lübeck zu organisieren. Als sie dann begannen, den Lüneburgern ihre Bedingungen und vor allem die Preise zu diktieren, wollten die Lüneburger die alten Verbindungen zwischen Lüneburg und Wismar wieder aufleben lassen. Ein wesentlicher Teil dieser Verbindung sollte der Wasserweg zwischen beiden Städten sein. Dazu wurde zwischen 1561 und 1564 die Schaalfahrt, ein kanalartiger Ausbau der Schaale mit 13 Schleusen, als Konkurrenz zur Stecknitzfahrt geschaffen. Da jedoch die Verbindung vom Schaalsee nach Wismar nicht mehr gebaut wurde, musste das Salz auf Fuhrwerke umgeladen werden. Auf Grund dessen wurde die Schaalfahrt in erster Linie für den Holztransport aus den mecklenburgischen und den sächsisch-lauenburgischen Wäldern für die Saline in Lüneburg genutzt. Im Bereich von Wiebendorf und Bengerstorf haben sich in der Schaale keine Schleusenbauwerke befunden. In den Archivalien finden sich einige Male in den Dörfern Schiffsknechte, die auf der Schaale die Tätigkeit eines Flößers ausführten.

1784 kauft der Rechtsanwalt Johann Hermann Kütemeier die Güter Wiebendorf und Zahrensdorf und behält sie bis 1791. In diesem Jahre kauft sie Heinrich Ludwig Giese, doch bereits im Jahre 1798 wieder Kammerherr Hartwig Ludwig von Bülow. 1797 wird die Feldmark Hof Bretzin von Wiebendorf erworben. Zu Hof Bretzin gehörten 1856 nach Raabe noch 27 Einwohner, später ist nur die Feldmark genannt. Ein Wirtschaftshof zu Hof Bretzin hat noch 1857 jenseits des Weges von Bretzin nach Zahrensdorf bestanden. Dazu gehörte ein Tagelöhnerhaus mit vier Wohnungen gegenüber dem Bretziner Schmiedegehöft. In der Volkszählung 1819 werden nur 10 Einwohner in Hof Bretzin genannt.

Im Jahre 1800 kauft Heinrich Joseph, Graf von Malet die Güter und trennt sie, indem er Zahrensdorf an Dr. Franz Philipp Christian Mecklenburg weiterverkauft. Er behält Wiebendorf nur bis 1802. Dann geht das Gut durch Kauf an Kober, 1804 an Knaudt (Boizenburger Kaufmannsfamilie?) und 1811 an Commerzienrath Johann Friedrich Rüdel. Im Jahre 1818 erwirbt Johann Conrad Oluff Krükmann Wiebendorf und behält das Gut bis 1841.

In der Volkszählung des Jahres 1819 werden in Wiebendorf folgende Familien bei insgesamt 62 Einwohnern erfasst: Badel, Berghan, Brenner, Cordes, Engel, Harms, Kaurtz, Koch, Köster, Krückmann, Krull, Lange, Langhans, Lasch, Levers, Lindemann, Mahncke, Marckwardt, Meinke, Müller, Pagel, Piel, Rotlem, Schütt, Stophenhagen, Stophers, Tolle, Wieske, Witt und Wöhl.

In dem zu Wiebendorf gehörenden Hof Bretzin wohnten nur noch drei Familien, nämlich Melchert, Saß und Schaefer, insgesamt 10 Einwohner.

Unter den Namen ist die Familie des Gutsbesitzers zu finden. Man findet keine Namen, die noch gegenwärtig in Wiebendorf zu finden sind. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es noch eine Familie Engel, die dann in den 1920er Jahren auf dem Klein Bengerstorfer Strittkamm eine Häuslerei errichtet hat.

Hier soll nun eine Passage aus der Ausarbeitung des Zahrensdorfer Lehrers Heinrich Garber eingefügt werden: „Wiebendorf hatte auch Tagelöhner im Dienst und es steht fest, daß nicht alle zufrieden und glücklich ihre Tagewerke verrichteten. Ein Brief läßt das erahnen. Er war mir vor wenigen Monaten zugestellt worden und kam aus Australien. Er war geschrieben von einem Nachkommen eines ehemaligen Wiebendorfer Tagelöhners. Dieser Tagelöhner war Schäfer in Wiebendorf, hieß Wilhelm Schmaal, brach hier seine ‚Zelte’ ab und begab sich als 62-jähriger mit Frau und 7 Kindern auf die Suche nach einer neuen Heimat, die er nach 132 Tagen Seefahrt in Australien erreichte. Mit Wilh. Schmaal fuhren noch die Familien Dahlenburg, Hoklas, Meinke und Eckermann, alle aus der Kirchgemeinde Zahrensdorf nach Australien.“

Bedauerlicherweise fehlt hier die Angabe des Jahres der Auswanderung. Im Jahre 1841 kauft Friedrich Gabriel Zarnekow das Gut, behält es aber nur bis 1843. Die Familie des Amtmanns Zarnekow finden wir von 1821 bis 1911 auf Groß Timkenberg. Im Jahre 1843 erwirbt der Oberhauptmann Peter Friedrich Ludwig von Witzendorf das Gut Wiebendorf. In dieser Familie verbleibt es wieder einige Jahrzehnte bis zum Jahre 1877. Im Jahre 1845 hatte Wiebendorf 84 Einwohner und 9 Häuser.

In einer Situationsskizze des Gutsbesitzers von Witzendorff zum Hof Wiebendorf in den Jahren 1845 und 1857 aus den Brandversicherungsunterlagen sind zu finden: 1. Herrschaftliches Wohnhaus, 79,5 x 40 Fuß (f) 2. Flügelanbau, 30 x 41,5 f 3. Wirtschaftshaus, 64,5 x 31 f 4. Ackerwirtshaus mit Zimmern und Kornboden,

       50 x 29 f

5. Scheune und Holzstall, 75 x 26 f 6. Pferdestall und Wagenremise, 138 x 42 f 7. Scheure, 125 x 45,5 f 8. Zirkelrunde Scheure, 68 Fuß Durchmesser 9. Schafstall 10. Viehhaus, 120 x 46,5 f 11. Backhaus, 36,5 x 21 f 12. Mehrhieschiger Kathen, 126 x 27,5 f (ist 1857 nicht mehr vorhanden) 13. Vierhieschiger Kathen, 80 x 30 f 14. Stall bei demselben 43,5 f 15. Spritzenschauer und Nutzholzkammer, 42 x 27 f 16. Vierhieschiger Kathen h 17. Stall bei den Kathen Die Nummern 15 bis 17 sind 1845 noch nicht vorhanden.

Raabe hat in seiner Mecklenburgischen Vaterlandskunde im Jahre 1857 die Wiebendorfer Verhältnisse so beschrieben: „Wibendorf, an der Schale, 1 ¼ Meilen nordöstlich von Boizenburg, Hof mit 68 Einw., Allodialgut der Erben des Oberhauptmanns von Witzendorf, steuert von 673 Scheffeln und umfasst 121.934 Quadratruthen mit ergiebigem Acker und ansehnlicher Heuwerbung, Landesherrliches Vorkaufsrecht. Bretzin Hof, nördlich Wibendorf, mit 27 Einw., Allodialitätscognition zahlendes Allodialgut, steuert von 978 Scheffeln und umfaßt 127.381 Quadratruthen. Das Dorf Bretzin mit 3 Bauern gehört zu Badekow.“

Wiebendorf mit Hof Bretzin hatte somit 95 Einwohner. (121.934 Quadratruthen = 265 ha; 127.381 Quadratruthen = 277 ha). In Wiebendorf wurden für 673 Scheffel und von Hof Bretzin für 978 Scheffel Einsaat Steuern gezahlt. Der Scheffel Einsaat war ein Maß zur Bonitierung der Böden zu Steuerzwecken (ein Scheffel ca. 28 kg Roggen). Die seinerzeitige Annahme war, dass schlechter Boden weniger Korn trägt und deshalb weniger Einsaat benötigt (Einsaat eines Scheffels bei gutem Boden auf 75 Quadratruthen, bei schlechtem Boden auf 250 Quadratruthen). Wiebendorf lag durchschnittlich bei etwa 180 Quadratruthen je Scheffel. Die Aussage Raabes von dem „ergiebigen Acker“ zeugt doch von schlechter Kenntnis des Wiebendorfer Bodens, anders bei Hof Bretzin, wo die Bonität bei 130 Quadratruthen je Scheffel lag, bereits ein recht guter bis mittlerer Boden. Der Hufenstand von 673 Scheffel Einsaat in Wiebendorf entspricht etwa 1,12 Ritterhufen oder 2,3 Bauernhufen, in Hof Bretzin etwa 1,63 Ritterhufen oder 3,3 Bauernhufen als Vollhufen von 600 bzw. 300 Scheffel Einsaat). Die Bauernhufen der Region waren in der Regel keine Vollhufen sondern Viertelhufen mit 75 bis 80 Scheffel Einsaat, so dass der Wiebendorfer Acker dann 10 und der Hof Bretziner Acker 13 bis 14 Viertelhufen in der Größe wie in Bengerstorf entsprechen würde. Die Allodialitätscognition war eine Zahlung, die auch bei einigen Allodialgütern, die ansonsten freies Eigentum waren, an den Landesherrn beim Eigentumswechsel zu zahlen war.

3.2. Wiebendorf unter bürgerlichen Besitzern (1877 bis 1945)

Im Jahre 1877 kauft der Ingenieur Carl Hermann Theodor Haase das Gut. Eine Enkelin Haases berichtete gegenüber den Zahrensdorfer Lehrer Heinrich Garber: „Mein Großvater Carl Hermann Theodor von Haase wurde in Stralsund geboren, erlernte dort das Schlosserhandwerk und landete in Persien, wo er sich nicht nur mit Erdöl und Gas bekannt machte, sondern die Erzeugung und den Umgang mit brennbarem Gas zu seiner Lebensaufgabe bestimmte. Er lenkte die Aufmerksamkeit auf sich, wurde in Berlin bekannt, baute die Hamburger Gaswerke auf und aus und erwarb 1877 das kleine Gut Wiebendorf und gestaltete dieses völlig neu. Seine durchgreifenden Erneuerungen fanden Anerkennung. 1890 wurde er geadelt“.


Abbildung 5. Schloss Wiebendorf. Dieses hat C.H.Th. v. Haase in den Jahren 1880 bis 1886 zusammen mit der Gutsanlage nach einem Entwurf des Hamburger Architekten Martin Haller errichten lassen. Es wurde aus Kostengründen 1942 gesprengt.

Haase ließ die alten Gebäude abbrechen. Er errichte nicht nur einen neuen Hof sondern auch neue Tagelöhnerwohnungen. Die Tagelöhnerhäuser wurden in neugotischem Stil nach englischen Vorbildern errichtet (Abb.6). Anklänge an diesen Stil finden sich auch an den Gebäuden des Hofes, die sich nördlich der Achse des Gutes befanden, die durch die Tagelöhnerwohnungen gebildet wurde und im Schloss/Herrenhaus ihren Zielpunkt fand (Abb.5). Südlich dieser Hauptachse befanden sich vor dem Schloss die Orangerie mit den Gewächshäusern und dem anschließenden Park, der die Schaale überschritt. Östlich der Orangerie befand sich jenseits des Wiesenweges das Gärtnerwohnhaus mit einem Anbau, in dem Gas erzeugt wurde. Davor wurde später ein Pumpenhaus für die Wasserversorgung errichtet, in das in den 1950er Jahren die Konsumverkaufsstelle einzog.

Der Hof bestand aus dem Verwaltergebäude an der Südwestecke gegenüber dem Schloss, dem Pferdestall mit Speicher und dem Turm, der das Gebäude im Zusammenklang mit der Architektur (ähnlich einer Basilika) an eine Kirche erinnern lässt, an der Südseite, einer Wagenremise an der Ostseite, dem Kuhstall und der großen Scheune mit Werkstätten (Stellmacherei, Schmiede), Kornboden und Düngerlager an der Nordseite sowie dem Hühnerstall und einem Turbinengebäude an der Westseite (Schaaleufer). Dort wurde nicht nur Strom für das Gut erzeugt, sondern auch über einen Wasserbehälter im Turm des Pferdestalls das Wasser in die Ställe gefördert.


Abbildung 6. Die Tagelöhnerhäuser an der Langen Straße. Im Hintergrund der Pferdestall mit Speicher und Turm.

In der Feldmark ließ er eine Reihe von Modernisierungen durchführen. Er ließ eine Brücke über die Schaale und eine daran anschließende befestigte Straße auf den ehemals Hof-Bretziner Flächen bauen, die sich bis an die Badekower Scheide erstreckte. Er ließ die Ackerflächen dränieren, die Schaale oberhalb Wiebendorf begradigen und ein Turbinenhaus oberhalb der Schaalbrücke errichten, in dem Strom für das Gut erzeugt wurde. Auch die Aufforstung der in Abbildung 2 noch erkennbaren Heideflächen gehen auf sein Konto. Im Wiebendorfer Moor ließ er Torf gewinnen, was noch an den zwischenzeitlich weitgehend verlandeten Gewässern im Moor zu erkennen ist, die die ehemaligen Torfstiche darstellen. Zur Entwässerung des Moores wurde eine spezielle Pumpstation mit einer Rohrleitung zur Rämenbäk errichtet.


Abbildung 7. Die Schaalbrücke in Wiebendorf . Auf dem Bild ist im Hintergrund noch die zwischenzeitlich abgebrannte ehemalige Gutsscheune zu erkennen.



Abbildung 8. Im Wiebendorfer Moor


Im Jahre 1888 erwarb C.H.Th.Haase auch das Gut Roggendorf bei Gadebusch mit Dorotheenhof und Klein Salitz. Im Jahre 1894 wurde Haase persischer Generalkonsul. Nach seinem Tode im Jahre 1896 fielen die Güter an Arthur Benno Kurt von Haase. In dieser Zeit - 1901 - hatte Wiebendorf 90 Einwohner, im Jahre 1912 noch 86 Einwohner. In Wiebendorf gab es in dieser Zeit keine Schule. Zunächst wurde offenbar die Schule in Bretzin oder in Zahrensdorf besucht. Nach dem Ersten Weltkrieg war es die Schule in Zahrensdorf. In der NS-Zeit wurden nach preußischem Vorbild Schulverbände gebildet. Die Gemeinde Wiebendorf bildete gemeinsam mit Klein Bengerstorf den Schulverband Klein Bengerstorf.

Im Staatshandbuch von Mecklenburg-Schwerin auf das Jahr 1923 ist wiederum Kurt von Haase mit Wohnort Wiebendorf angegeben. Nun nach der mit dem Sturz der Monarchie verbundenen demokratischen republikanischen Verfassung der Weimarer Republik gab es auch einen Dorfschulzen. Diese Aufgabe unterlag jedoch nun der Wahl durch die Einwohnerschaft. 1922/23 übte Paul Beck diese Aufgabe aus. Später war Wiebendorf verpachtet. Das Staatshandbuch Mecklenburg-Schwerin wies in den Jahrgängen 1927 und 1930 den Pächter Kommissionsrat C.H.Belger aus. Dieser übte auch die Funktion des Dorfschulzen aus. In dieser Zeit wird die Feldscheune nördlich des Hofes errichtet worden sein, die um 1990 abgebrochen wurde. Im Jahre 1928 wurde für Wiebendorf nachstehender Viehbestand angegeben: 12 Pferde 50 Rinder 30 Schweine Im Jahre 1931 wird für Wiebendorf im Verzeichnis sämtlicher Ortschaften der Oberpostdirektion Schwerin die Zahl von 100 Einwohnern angegeben.


Abbildung 9. Der Standort des 1942 gesprengten Schlosses. Man erkennt noch Trümmerreste. Im Hintergrund sieht man das Wirtschaftsgebäude und den den Eindruck eines Kirchengebäudes erweckenden Pferdestall/Speicher.

In den 1930er Jahren geriet das Gut in finanzielle Schwierigkeiten. Deshalb wurde es von der Landesbank als Pfandbesitz übernommen. Im Jahre 1934 wurde das Gut an Franz Puls verkauft. Aus dieser Zeit finden sich im Landeshauptarchiv zwei Dokumente, die hier inhaltlich wiedergegeben werden sollen:

Ausfertigung Sie werden benachrichtigt, daß auf Antrag des Kommissars für die Osthilfe (Landstelle Rostock) auf Grund des § 14 der Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung der Ernte vom 17ten November 1931 die Zwangsverwaltung des im Amte Hagenow belegenen im Grundbuche für Ritterschaftliche Landgüter auf den Namen des Gutsbesitzers v. Haase in Roggendorf eingetragenen Landgutes Wiebendorf am 3. Dezember 1932 angeordnet ist. Als Verwalter ist Rechtsanwalt Otto Peter Faull bestellt.. Boizenburg a. E. den 4ten Januar 1932 Meckl. Schwer. Amtsgericht gez. V. Laffert


Abschrift Landwirtschaftsministerium Schwerin, den 30. Juni 1934 L.II.3514 Zum Antrage vom 16. v. Monats Das Ministerium genehmigt auf Grund der Bestimmung der Bundesratsverordnung vom 15. März 1918 über den Verkehr mit landw. Grundstücken den Verkauf des im Kreise Hagenow belegenen Gutes Wiebendorf an den Landwirt Franz Puls aus Nienburg a/Weser in Gemäßheit des Vertrages vom 11. Mai 1934. Durch Genehmigung des Kaufvertrages wird die Ausübung des Vorkaufsrechtes aus dem Reichssiedlungsgesetz nicht berührt.

Franz Puls nahm auch seinen Wohnsitz in Wiebendorf. Im Staatshandbuch für das Jahr 1938 wird er als Bürgermeister ausgewiesen. Darin werden als Eigentümer nun die Gebrüder Puls (Franz und Wilhelm, D.G.) genannt. Das Schulzenamt, dem zwei gewählte Schöffen zugeordnet waren, war seit 1936 nach preußischem Vorbild in das Bürgermeisteramt mit zwei Beigeordneten umgewandelt worden. Die Gebrüder Puls waren Kleinunternehmer, die in Nienburg/Weser eine Kaffeerösterei betrieben haben. Ihnen wird in der Region häufig die Nähe zu den Nationalsozialisten nachgesagt. Das wurde aus der Bekanntschaft mit dem NSDAP-Gauleiter und Reichsstatthalter für Mecklenburg Friedrich Hildebrand gefolgert. Nach der Aussage von Wilhelm Puls junior aus Nienburg ergab sich diese Bekanntschaft aber lediglich daraus, dass Hildebrand häufiger auf dem Gebiet des Gutes der Jagd gefrönt hat. Sie waren nicht Mitglied der NSDAP. Das führte sogar zur Ablösung von Franz Puls als Bürgermeister. Im Jahre 1940 wurde vom nationalsozialistischen Staat das Schloss in Beschlag genommen. Wegen der hohen Unterhaltungskosten wurde es im Jahre 1942 gesprengt. Ein wesentlicher Grund soll der marode Zustand der Stahlkonstruktion in der Kuppel gewesen sein. Zuvor wurde die wertvolle Innenausstattung demontiert und anderwärts verwendet. In der Region hieß es Hildebrandt hätte wesentliche Teile in seinem Herrenhaus in Gößlow einbauen lassen. Wilhelm Puls junior spricht davon, dass einiges auch in Berlin verwendet worden sein soll.

An dieser Stelle soll Wilhelm Puls junior selbst zu Wort kommen. Er schreibt: „Das Rittergut Wiebendorf wurde 1934 von den Herren Franz und Wilhelm Puls sen., geboren in Bandekow/Lübtheen, erworben. Beide Herren waren keine Nationalsozialisten sondern absolute Gegner des Regimes. Herr Franz Puls sen. wurde als Bürgermeister abgesetzt da ihm das ,richtige‘ Parteibuch fehlte. Das Herrenhaus (Schloss) ist 1940 beschlagnahmt worden. Hierbei muss der Kontakt zwischen Herrn Franz Puls sen. und dem damaligen Gauleiter Hildebrandt zu Stande gekommen sein. Das Herrenhaus sollte nach meinem Kenntnisstand damals unter Denkmalschutz gestellt werden. Jedoch durch Sachverständige festgestellt, dass der Turm durch Witterungseinflüsse baufällig geworden war. Da kein Material für die Sanierung zur Verfügung stand und auch die Kosten zu hoch gewesen wären, ist die Sanierung nicht durchgeführt worden. 1940 wurde das Herrenhaus von der Wehrmacht gesprengt (mündlich von W.Puls jun. auf 1942 geändert). Vorher sind die Bilder, Inneneinrichtung und der Marmor entfernt worden. Die Abfuhr des Bauschuttes erfolgte im Auftrag von Herrn Hildebrand.“

In der Volkszählung 1939 wurden in Wiebendorf nur noch 50 Einwohner erfasst. Ein Spiegelbild für die abnehmende Einwohnerzahl gibt auch die Hofkarte des Reichsnährstandes:


Abbildung 10. . Hofkarte des Reichsnährstandes – eine Betriebstatistik für 1936 bis 1945 Die Beschäftigtenzahl betrug danach: männlich weiblich (dav. Nichtständige) 1937/38 17 6 (4) 1939 18 11 (9) 1940 13 9 (9) 1945 7 2

Die landwirtschaftliche Nutzfläche betrug 1940 nur 173 ha gegenüber 350 ha Wald.

Viehbestand: Pferde Rinder dar. Kühe Schweine (dar. Mastschw.) Legehennen 1937 9 72 35 35 13 56 1938 9 77 32 8 3 88 1940 5 61 31 8 - 28

Technik 1939: Traktoren mit 15/30 PS 1 Lokomobile 20 PS 1 Verbrennungsmotoren 24 PS 1 Elektromotoren 18 PS 4 Eisenbereifte Ackerwagen 10 Gummibereifte „ 2 Drillmaschine 3m 1 Dreschmaschine 10 dz/Std. 1 Pferdebinder (1937) 2 Zapfwellenbinder 1 Höhenförderer 1 Strohpresse 1 Kartoffelroder 1 Futterdämpfer 1

Nach dem Zweiten Weltkrieg wohnten in den Tagelöhnerhäusern nur noch die Familien Behnke, Hufnagel, Kahl, Lücht und Timm. Die übrigen Wohnungen sollen mit Kriegsgefangenen belegt gewesen sein. Auf einem Schulbild der Zahrensdorfer Schule aus dem Jahre 1923 finden sich außer diesen Namen auch Träger der Namen Engel und Wienrank, die mit Sicherheit Wiebendorfer Kinder waren.

4. Geschichte des Dorfes Bretzin

4.1. Die erste Erwähnung des Dorfes

Die Ersterwähnung des Dorfes Bretzin erfolgte 1297 (MUB 2448) als Britzin. In diesem Jahre verkauft Graf Nikolaus von Schwerin das Dorf mit sechs Hufen und dem Katenland wohl als heimgefallenes Lehen an das Kloster Zarrentin. Vor 1297 hatte der Ritter Johannes Balch als Vasall des Grafen von Schwerin Bretzin als Lehen. Der Originaltext im Mecklenburgischen Urkundenbuch (MUB 2448, 1297. April 28. Wittenburg) lautet: Regestentext: „Nicolaus, Graf von Schwerin verkauft dem Kloster Zarrentin den freien Besitz der Dörfer Zweedorf, Schaliss und Kl.Welzin, ferner 6 Hufen in Bretzin und 2 Hufen in Kothendorf, auch den Zehnten aus dem Dorfe Stöllnitz.“

Originaltext: “In nomine domini. Amen. Nos Nicolaus dei gratia comes Zverinensis omnibus presentum paginam percepturis in perpetuum quoniam omnia, que celi continentur ambitu, lapsum spondent, et acta hominum, etiam quantum laudabilia, liuoris persepe aculeo labefiunt, eapropter expedit, ut quecumque aguntur in tempore, scriptis caucius muniantur et testimoniis, ne euolutione eiusdem inueniatur occasio malignandi. Noscat itaque fidelis etas presencium et discat felix successio futurorum, quod nos de bona voluntate et mera animi liberalitate ac heredum nostrorum quorumcumque laude et assensu sancte congregationi ancillarum Christi ordinis Benedicti in Cernetyn, nobis familiarum, libertatum ville Twedorpe dicte, ab heredibus Rotcheri empte, in lignis, agris cultis et incultis, pratis, ripis, aquarum decursibus naviumque consuetis applicationibus, et cum minori iudicio at sexaginta solidos, reseruata insuper eisdem in maiori iudicio secundum consuetudinem fassalorum nostrorum et terre debita portione, et libertatem ville integre Scalisse dicte simileter et ville integre Wendeschen Weltsin nuncupate, et sex mansorum cum cotlant habentibus in Britsin, quibus iuribus Johannes miles dictus Balch plenarie tenuit, duorumque mansorum in Cotendorpe sitorum cum omni iure, libertate et coseruatione quibus celeri nostri gaudent fassali, similiter et perpetuitatem decime in villa Stolniste poste, quam pro centium et sexaginta marcis denariorum Lubicensium a nobis predicte ancille de Cernetyn emerunt: hec omnia particulatim et summatim prescripta pro trecentio marcis denaniorum Lubicensium eisdem rendidimus in perpetuum libere perfruendo ut, sicut hec actu et profectu utilitate earum cupimus semper esse viuida, ita in presenti scripto sigilli nostri appensione munito et subscriptorum commendabili testimonnio volumus in dei fore nomine perhenniter valitura. Nomina festium sund hec: (Unterschriften) Datum et actum Wittenburg, ad incarnatione domini anno gratie M CC XC VII, IIII kalendas Maii, dominica qua Misericordia domini.”

Sinngemäße Übersetzung: „Im Namen des Herrn. Amen. Wir Nicolaus, von Gottes Gnaden Graf von Schwerin, präsentieren allen die grundlegende Urkunde für alle Zeiten, so alle sich rasch der Umschweife enthalten, die Sünden vergeben, auch die menschlichen Werke, wie viel noch Löbliches, Neid und Spitzfindigkeiten, oft Sorge wankend machen, deswegen besorgen, wie auch die Zeiten sich ändern, die Schriften und Zeugnisse zu sichern, damit nicht böswillige Anlässe Veränderungen derselben erwirken. Wir bekennen daher in Treue sowohl für die Anwesenden und wissen auch glücklich die künftigen Nachfolger, dass es unser guter Wille ist, auch aus lauterer Gesinnung und Höflichkeit sogar unser Erbe vollen Lobes und Zustimmung der heiligen Gemeinschaft der Mägde Christi des Benediktinerordens in Zarrentin unseren Besitz das freie Dorf, Zweedorf genannt, aus dem Erbe Rotchers zu verkaufen, mit Wäldern, bebauten und unbebauten Äckern, Wiesen, Ufer, Wasserläufen und Schiffen gewöhnlicher Anlage, auch mit der niederen Gerichtsbarkeit für sechzig Schillinge, bewahrt bleiben zudem in der hohen Gerichtsbarkeit unser folgender Brauch und auch die Schuldverhältnisse des Landes, auch das freie ganze Dorf Schaliß genannt ähnlich auch das ganze Dorf Wendisch Weltzin werden feierlich benannt, auch sechs Hufen mit dem Katenland, die wir besitzen in Bretzin, welche Rechte der Ritter Johannes, genannt Balch, vollständig innehatte, auch zwei Hufen in Kothendorf gelegen mit allen Rechten, Freiheiten und Reservaten, welche uns rasch erfreuen, ähnlich auch der ständige Zehnten im Dorf Stöllnitz zuletzt, welches auf hundert und sechzig Mark Lübecker Dinare von uns für die Nonnen von Zarrentin festgesetzt ist: Dieses alles in Teilen und Summen verordnet für dreihundert Mark Lübecker Dinare solcher Einkünfte auf Dauer frei zu genießen, dass diese Werke Nutzen bringen, solches wünschen wir, sei für immer lebendig, so in der präsentierten Urkunde mit unserem angehängten Siegel bezeugen auch die Unterzeichner der bezeugenden Schriftrolle in Gottes Namen mit dauerhafter Bekräftigung. Die bekräftigenden Namen sind diese: (Unterschriften). Gegeben und verfügt Wittenburg, im Jahre 1297, 4. Mai, am Sonntag Misericordia domini.“


4.2.. Die Entwicklung des Dorfes im Laufe der Geschichte

Dorfstruktur und Flurform

Die Dorfstruktur der Gründungszeit hat sich in Bretzin nur noch in Ansätzen erhalten. Die Dorfform war die eines Zeilendorfes. Durch die Legung von sechs Hufen im 18.Jahrhundert und den Abbruch eines weiteren Gehöftes im 20. Jahrhundert ist diese kaum noch zu erkennen. Sie wird jedoch noch in den Karten des 18. Jahrhunderts deutlich. Die Flurform kann nur als Langstreifenflur vermutet werden. Trautmann führt den Ortsnamen auf ursprüngliches Britzin (aus altsl. Brzezina für Birkengehölz) zurück.


Abbildung 11. Bretzin in der Karte der Direktorialvermessung für das Gut Badekow von Hartmann aus dem Jahre 1770. Seinerzeit haben 2 der 8 Hufen östlich des Zahrensdorfer Weges gelegen, während sich 6 Hufen westlich dieses Weges am Weg nach Badekow befanden. Die 9. Hufe, die 1734 nach Beckendorf verlegt worden ist, hat sich offenbar auf dem Grundstück, das später als Schulgarten genutzt wurde, befunden. Dort ist nur ein kleines Gebäude zu erkennen, ebenso nördlich des Badekower Weges (vermutlich der Hirtenkaten am Ort des späteren Tagelöhnerkatens)

Zugehörigkeit zum Kirchspiel Zahrensdorf

Bretzin gehörte von Alters her zur Pfarre Zahrensdorf. Die Kirche in Zahrensdorf ist um 1200 erbaut worden. Der Sage nach sollte die Kirche ursprünglich ihren Standort auf den Bretziner Bergen erhalten. Es war bei der Missionierung des Slawenlandes durchaus üblich, den heidnischen Glauben dadurch zurückzudrängen, dass man Gotteshäuser auf den Standorten heidnischer oder slawischer Heiligtümer errichtete. Das Bauholz, das tagsüber nach Bretzin gefahren wurde, soll am nächsten Morgen immer wieder in Zahrensdorf gelegen haben. Das wurde als ein Fingerzeig Gottes angesehen, die Kirche nicht auf heidnischen Gräbern zu errichten. Deshalb soll sie schließlich in Zahrensdorf gebaut worden sein.

Zu der Pfarre Zahrensdorf gehörten weiterhin: Groß und Klein Bengerstorf, Tessin, Wiebendorf und Zahrensdorf, bis etwa 1700 Beckendorf, zeitweilig Dersenow, später auch die zwei Schildfelder Büdner östlich der Schilde. Dazu kam in frühen Zeiten das gesamte Kirchspiel Blücher, zu dem Besitz, Timkenberg, Niendorf und das später darin aufgegangene Steder, Teschenbrügge und das lüneburgische Krusendorf gehörten.

Der Kirchweg von Groß Bengerstorf nach Zahrensdorf führte früher über Bretzin, wobei eine noch bis in die 1960er Jahre hinein bestehende Abkürzung über die Möllerbäk unterhalb der Bretziner Berge vorbeiführte. Dieser Weg wurde bis zum Bau der Chaussee Anfang der 30er Jahre benutzt, weil offenbar zwischen beiden Bengerstorf bis in das 19.Jahrhundert hinein keine Brücke und auch wohl keine brauchbare Wegeverbindung bestanden hat. Bei der Nutzung des Kirchweges taten sich den Groß Bengerstorfern 1864 einige Schwierigkeiten auf. Der Baron von Witzendorff, der seit über zwei Jahrzehnten das Gut Wiebendorf mit Hof Bretzin (heutiges Wiebendorf westlich der Schaale) innehatte, wollte zwischen Hof Bretzin, das seit 1798 zu Wiebendorf gehörte, und dem noch immer zum Gut Badekow gehörenden Dorf Bretzin einen Grenzgraben ziehen. Auf diese Weise sollten auch die Bengerstorfer von einer Abkürzung ihres Kirchweges abgedrängt werden. Die Proteste der Bengerstorfer haben dazu geführt, dass der Steig weiter genutzt werden konnte. Eine andere Erklärung für die Benutzung des Groß Bengerstorfer Kirchweges gibt die mündliche Überlieferung. Die deutschen Siedler in Groß Bengerstorf wollten nicht durch das wendische Klein Bengerstorf fahren. Die Groß Bengerstorfer hatten auch auf dem Friedhof das Vorrecht, mit dem Totenwagen bis auf den Friedhof gefahren zu werden. Die Bewohner der ursprünglich wendischen Dörfer Klein Bengerstorf, Tessin und Zahrensdorf wurden dagegen über die Mauer auf den Friedhof gebracht. Später wurden sie durch das Tor getragen. In der mündlichen Überlieferung ist dieser Brauch noch bis heute bekannt (1996 Wilhelm Hagemann und Fritz Behrendt aus Klein Bengerstorf nach Berichten ihres Vaters bzw. Schwiegervaters).

Bretzin – Grundherrn und Einwohner

Im Landbederegister 1453 findet sich der Eintrag „Villa Brutzin non dedit“ (gibt nichts). Wahrscheinlich konnten die Bretziner auf Grund einer Katastrophe, Ertragsausfälle o.ä keine Bede entrichten. Im Landbederegister 1462 heißt es „Brutzin in dem olden register so hebben se geven 9 M. Danach hatte Bretzin von Anfang an 9 Hufen. Im Jahre 1479 zahlten acht Bauernhufen je 1 Mk. Bede, das waren:

  • Hans Kale,
  • Hinrik Lemkule,
  • Hans Lemkule,
  • Klas Wakendorp,
  • Hinrik Beneken,
  • Arnt Beneken,
  • Hinrik Berkhane,
  • Henneke Maneken und
  • Detmer, (der) burmester.

Das Kaiserbederegister 1496 nennt 36 Personen:

  • Hinrik Barkhan cum uxore (c.u. = mit Ehefrau) 1 baden 3 Personen
  • Cord Kale c.u., 1 baden, 3 Pers.
  • olde Dytmersche, 1 Pers
  • Jacob Tideman c.u., 1 baden, 3 Pers.
  • Mette Lemkule, 1 Pers.
  • Hinrick Lemkule c.u., 2 baden, 4 Pers.
  • Clawes Wakendorpe c.u. 2 Pers.
  • Hinrik Wakendorp, 3 baden, 4 Pers.
  • olde Hinrick Barckhane c.u., 2 Pers.
  • Hinrick Beneke c.u., 2 Pers.
  • Idel Arent c.u., 2 baden, 4 Pers.
  • Hinrick Koster c.u., 2 baden, 4 Pers.
  • Hans Crabbe c.u., 2 Pers.
  • Heyne Valkenbarch, 1 Pers. Summe: 1 ½ fl. (Gulden) zu zahlen, von 36 Personen

Einschließlich der Kinder und der Altenteiler dürften im Dorf etwa 70 bis 80 Personen gewohnt haben.

1538 im Landbederegister werden wieder neun Hufen genannt, für die je 2 Mark doppelte Landbede gezahlt werden. Außerdem zahlen „de bur samptlich vor dat velth tho Bekendorp“. 1554, 1565 und 1577 zahlt neben den neun Hufnern auch der „santmoller“ Pacht an das Amt. Dieser hatte 1485 noch zum Gut Badekow gehört. 1584 zahlt „die alte Blüchersche von der sandtmuhlen 4 ß (Schillinge) Pacht, wie auch 1593. Hier besteht die Möglichkeit, dass die „alte Blüchersche“ in der Familie des Beckendorfer Gutsbesitzers zu finden war, der sein Hauptgut in Waschow hatte. Möglicherweise war Beckendorf der Witwensitz für die Mutter von Hans Blücher. Die Angabe kann sich aber auch auf den Wiebendorfer Zweig der Familie Blücher beziehen. Dafür spricht, dass die „alte Bluchersche“ auch bereits im Landbederegister 1570 genannt wird, als sie die Bretziner Hufe des Ludtke Julicke nutzt und dafür keine Landbede zahlt.

Im Register der doppelten Landbede 1560 zahlt „Lutke Janeke vor eine walckmollen.“ 8 Schillinge. Vermutlich ist die Mühle auch als Walkmühle für die Bearbeitung selbst gewebter Stoffe genutzt worden.

Die Sandmühle hat sich wohl nahe der Grenze der Gemarkungen Beckendorf und Bretzin befunden. Dort im Tal der Möllerbäk im Zuge des Bengerstorfer Weges ist noch ein Damm vorhanden, der den Mühlenteich aufgestaut haben dürfte. An die Sandmühle erinnern noch heute der Name des Baches "Möllerbäk" sowie der Flurname "Mühlenrade" in Bretzin. Nach dem Dreißigjährigen Krieg wird die Mühle nicht mehr genannt.

Im Jahre 1555 nach der Reformation unterfällt das Kloster Zarrentin der Säkularisation, d.h. das Eigentum des Klosters fällt an weltliche Herren, allgemein in das Eigentum der Landesherrn, dem Domanium.

Im Jahre 1584 ist nun auch ein Krug in Bretzin ausgewiesen, für den Hanß Bodeker Steuern bezahlt. Im Amtsregister 1577 wird Ulrich Berckhane als „der schultze“ bezeichnet. Das Schulzenamt wurde meist in der Familie vererbt. Es ist offenbar lange in der Familie Barckhahn verblieben, denn selbst nach dem Ersten Weltkrieg begegnet uns noch ein Schulze dieses Namens.


Register der doppelten Landbede 1584
                             

Hufenbesitzer Landbede in fl (Gulden) ß (Schillinge)

  • Hanß Bodeker 1 fl, 8 ß
  Idem vom kroge		                    8 ß
  • Pawel Bartoldus 1 fl, 8 ß
  • Hanß Koster 1 fl, 8 ß
  • Heinrich Beneke 1 fl, 8 ß
  • Ulrich Bergkhane 1 fl, 8 ß
  • Heinrich Wakendorpf 1 fl, 8 ß
  • Chim Lembkuhle 1 fl, 8 ß
  • Chim Tideman 1 fl, 8 ß
  • Hanß Boddeker 1 fl, 8 ß


Im Messkornregister der Pfarre Zahrensdorf aus 1598 sollen von den Bauern Hanß Bodiker, Kesten Mundt, Merten Leunenburch, Tomaß Beneke, Jochim Berkhan, Jochim Wakendorf, Peter Mundt, Jochim Hostmann, Hinrich Boediker und uth der sandtmöhlen jeweils ½ Scheffel Roggen gegeben werden. „Auß Bretzin wonen 9 hovener, geben 4 ½ Schfl.- Auß der Sandtmoele hefft der pastor und der kuster jerlichen ½ Schfl entpfangen, nue nichts.“


Abbildung 12. Der vermutete Standort der Sandmühle an der Möllerbäk und dem Bengerstorfer Weg im Frühjahr 2008

Aus dem Jahre 1640 liegt eine „Beschreibung des Amtes Boizenburg“ vor, aus der hier der Bretzin betreffende Ausschnitt wiedergegeben werden soll. (Quelle: Landeshauptarchiv Schwerin, Bestand Domanialamt Boizenburg, Nr. 1, Fasc. 3) Diese Beschreibung wurde angefertigt, um die Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges zu erfassen.

Brützin In diesem Dörffe ist noch vorhanden der Schultz zu sambt die drey Huefeners, haben an Viehe und lebendiger Haabe wie folget:

  • Der Schultze Hans Bergkhaen

2 Kühe, 2 Ochsen, hat geseyet (gesät) 6 Scheffel Roggen

  • Drey Huefener:
  • Heinrich Kohp
          2 Stiere, hat geseyet 2 Schffl. Roggen
  • Hans Beneke
         hatt gantz kein Viehe, auch nur 1 Schffl. Roggen geseyet
  • Jochim Barckhaen
         1 Kuhe, hat 1 Schffl. Roggen geseyet

War das Dörff im rechten stande haben J.P.M. darinnen ohne den Schultzen 8 Huefener. Die Wirte auf den wüsten Hufen haben geheißen:

  • Heinrich Köster, auf er selben stede stehet noch eine dachloß Scheune
  • Jochim Pröpke, auf dieser stede stehet noch eine gute Scheune (evtl. Pincke)
  • Jochim Leimkuhle, auf dieser stede eine dachloß und wüste Scheune
  • Heinrich Tiedemann, das Hauß ist nieder gefallen, die Scheune stehet noch
  • Heinrich Böddeker, das Hauß ist abgebranndt, die Scheune stehet zwar, aber die Pfannen nieder gefallen.

….. Dieses Dorf gehöret u. g. F. und Herrn allein zu

Die Amtsbeschreibung 1653 nennt die Namen der Hüfner:

  • Hans Bergkhan, der Schultz,
  • Jochim Bergkhan,
  • Hanß Behncke,
  • Hinrich Kohp,
  • Jürgen Wegener,
  • Frantz Stüefe,
  • Marthenn Kop,
  • Hinrich Hardekop und
  • Hinrich Pincke.

Im Jahre 1685 erfolgt eine Permutation (Austausch) mit den ritterschaftichen Sprengelschen Anteilen in Tessin (4 Hufen und 1 wüste Hufe) und Klein Bengerstorf (2 Hufen, 1 Katen). Dadurch fällt Bretzin an die von Sprengel auf Badekow.

Im Beichtkinderverzeichnis 1704 findet sich die Aussage „Bretzien, dieses Dorf gehöret dem H. Rittmeister Sprengeln auf Badekow.“ Es sind folgende Bewohner ausgewiesen:

  • 1. Barckhahn, Hanß Jochim 25 (Jahre) Schultze
 mit Ehehfrau Gret Liese (21), Mutter Regina (44), Brüder Frantz Jochim (21) und Jochim Willm (19) sowie Magd Marie Scheven (20)
  • 2. Harddtkopf, Hinrich (24), Hüfner mit Ehefrau Cathrien (29), Mutter Cathrien (64) sowie Knecht Hinrich Banthien (27), Junge Tieß Elerß (18) und Magd Dorthie Röpers (20)
  • 3. Claußen, Hinrich (33), Hüfner mit Ehefrau Ann (28), Bruder Wilhelm (22)

sowie Junge Jochim Arendts (16) und Magd Ann Ilse Krusen (20)

  • 4. Barthels, Hanß (50), Hüfner mit Ehefrau Ann, Söhne Wilhelm (22) und Hanß

Hinrich (17) sowie Magd Ann Trin Abeln (19) dazu Einlieger Hanß Mundt (49) mit Ehefrau Grete (50) und Sohn Frantz Jochim (20)

  • 5. Barckhahn, Hanß (70), Hüfner mit Ehefrau Liese (60) und Söhne Jochim (27) und Hanß (24), Tochter Cathrien (22) sowie Junge Friedrich Drenckhahn (19) und Magd Marie ? (20), dazu Einlieger Clauß Barckhahn (60) mit Ehefrau Greth (45)
  • 6. Jenckel, Hinrich (38), Hüfner mit Ehefrau Greth (35), Bruder Hanß (28) sowie Vater Jochim (80) und Mutter Liese (58) sowie Junge Hanß Behncke (18) und Magd Ilse Banthiens (20)
  • 7. Tiedemann, Jochim (32), Hüfner mit Ehefrau Dorthie (30), sowie Vater Harm (70) und Mutter Ilse (50), Halbschwester Ann Marie Tiedemanns, sowie Hanß Banthien (229, der alten Mutter Sohn, und Liese Magdalena Tiedemanns (15), Brudertochter
  • 8. Pinck, Wilhelm (36), Hüfner mit Ehefrau Marie Dorthie (32), sowie Knecht Ulrich Jenssohn (20), Junge Jochim Labuhn (17) und Magd Engel Labuhns (19)
  • 9. Pinck , Cathrina (50), Hüfnerin, Witwe, mit Sohn Hanß (20), Töchter Ann Grete (19) und Trien Grete (16) sowie Bruder des Wirts Hinrich (40) und Mannesbruder (Schiffsknecht) Jacob sowie Knecht Tieß Wägener (30)
  • 10. Abel, Stoffer (46), Kuhhirte mit Ehefrau Ann (46)
  • 11. Hengevoß, Hanß (60), Schweinehirte,mit Ehefrau Anna (50)

Von den genannten neun Hüfnern wird im Jahre 1734 einer als Viertelhüfner nach Beckendorf umgesetzt. Zwei weitere Hüfner, die ebenfalls umgesetzt und verkleinert werden sollten, wehrten sich erfolgreich dagegen.

In dem Kopulationsregister (Heiratsregister) werden zwischen 1706 und 1750 folgende Familiennamen genannt: Abel, Barckhahn, Barthelt/Bartels, Claßen/Clasen, Hagemann (der Schwehn = Schweinehirt), Hardtkopf, Jenckel, Kahl, Mahncke, Martenß, Nieske, Pinck, Schmitt (Schulmeister), Tiedeman und Wreed.

Bereits im Jahre 1736 gerät das Gut an den Hauptmann von der Soden und im Jahre 1751 an den Braunschweig-Lüneburgischen Hauptmann Ernst Friedrich von dem Knesebeck.

Im Beichtkinderverzeichnis 1751 der Zahrensdorfer Pfarre ist dagegen verzeichnet: „Pretzien, ein adel. Dorf, gehöret dem Obrist-Lieutenant von dem Knesebecken zu Gresse, darin sind nur 8 Hüfner und ein Hirtenkaten u. Schulhaus“. Darin sind aufgeführt: (Abkürzungen E: Ehefrau, K: Knecht, J: Junge, D: Dirn = Magd)

  • 1. Claus Wiske, E. Cath. K: Joch. Wiske, J: Frantz Kummerfeld,
    D: Ann Lies und Trin Wisken
  • 2. Joh. Mundt, E: Trin, K: Hans Barckhan, J: Hans Möller,
     D: Gret u. Trin M. (Möller?)
  • 3. Hans Barckhan, E: Trin, K: Frantz Barckhan, J: Joh. Joch. Löwe, D: Ann Gret Kummerfeldten, Kinder D: Trin Lehn Pincken, Mutter: An Gret Barckhanen
  • 4. Hans Hinr. Jenckel, E: Trin Liese, K: Joch. Wagener u. Hans Joch. Jenckel, J: Hans Joch. Barckhan, D: An Ilse Jenckel, Vater Jacob, E: Anna J.
  • 5. Hinr. Tiedeman, E: Liese, K: Hans Hinr. Abel, J: Joch. Hinr. Mancke, D: Trin Kohlhoffen,
    Vorwirt Wilh. Mancke, E. Trin Liese.
  • 6. Joch. Barteld, E: Ann Dor., K: Frantz Barteld, J: Hans Joch. Hageman, D: Gret Bartels; Mutter Trin Gret Bartels
  • 7. Frantz Pahl, E: Gret, K: Hinr. Hintzman, J: Hans Joch. Manck, D: Ann Ilse Schütten,
     Einlieger An Marg. Pincken
  • 8. Joch. Hinr. Pinck, E: Susanna, Vater Hans P. E: Trin Lehn, K: Frantz Pinck, D: Trin Gret Pincken
  • 9. Kuhhirt Hans Hinr. Bartels, E: Anna; Schweinehirt Joch. Manck E: Marg.
    im Hause ist noch die alte An Dor. Schelen
    (Hier handelt es sich sicher um den Hirtenkaten.)
  • 10. Schulmeister Jac. Schmidt (au. in Gresse), E: Ann Trin

In diesem Verzeichnis fällt auf, dass der Pastor auch die Kinder der Hüfner oft als Knecht und Dirn bezeichnet hat.

Der Wechsel der Badekower Gutsherrschaft erfolgt nun weiterhin immer bereits nach wenigen Jahrzehnten: 1785 von Witzendorf 1790 von Hahn 1794 Michelsen Die Gutsherren von Hahn und Michaelsen betreiben zur Einführung der Koppelwirtschaft die Legung der verbliebenen Bauern. Auch in Badekow sind im Landbederegister 1479 noch vier Hufen ausgewiesen. Später ist Badekow eine wüste Feldmark, dann eine Schäferei zu Gresse.

Schildt schreibt im Jahre 1891 (Schildt, F., Die untergegangenen Dörfer Mecklenburg-Schwerins, MJB 56, 1891, S. 162: 8. Hof Bretzin): Das Dorf Bretzin und die jetzige unbewohnte Feldmark Hof Bretzin bildeten noch bis gegen Ende des vorigen Jahrhunderts eine ungetheilte Feldmark, bis der Besitzer von Bretzin, Kammerrath v. Hahn, damit begann, einige Bauern zu legen und auf diese Weise neben den noch übrigen kleinen drei Bauerfeldern eine Hoffeldmark zu bilden. 1793 wurde der Nachfolger v. Hahns im Besitze, Namens Michelsen, vom Lehnsfiskal wegen der Niederlegung der Bauern angeklagt. Er wußte sich aber so geschickt zu vertheidigen, daß er mit der geforderten Wiederherstellung der Bauerhufen zuletzt verschont wurde. Damals wird auf diesem neuen Hoffelde von Bretzin ein Hof erbaut sein, der im Staatskalender von 1797 zuerst als ein selbständiges Gut unter dem Namen Hof Bretzin auftritt, 1798 jedoch schon mit Wiebendorf, zu welchem Gut es noch jetzt als Pertinenz (Zubehör) gehört, unter demselben Besitzer aufgeführt wird. Die nicht gelegten Bauernstellen, welche als Pertinenz zu Badekow gehören, wie noch jetzt, heißen seitdem Dorf Bretzin. Der Hof bekam von der alten Bretziner Feldmark den größeren südwestlichen, das Dorf den kleineren nordöstlichen Theil. In der Raabeschen Ortskunde (herausgegeben 1856) werden zu Hof Bretzin 27 Einwohner gezählt. In der Volkszählung von 1867 wird dieses Hofes nicht mehr gedacht, ein Beweis, daß derselbe nur noch eine unbewohnte Feldmark war. Der Staatskalender nennt ihn indessen erst seit 1888 „Feldmark“.

Abbildung 13. Die Feldmark Bretzin in der Schmettau-Karte aus dem Jahre 1788 Im Jahre 1798 ist das Gut Badekow für etwa zwei Jahre in der Hand der Familie von Ranzau, dann im Jahre 1800 in der derer von Lützow. Im Jahre 1815 erwirbt Georg Nikolaus Gerstenkorn Badekow mit den Pertinenzen. In dieser Hand bleibt es bis zum Jahre 1886.

In den Kopulationsregistern (Register der Zahrensdorfer Pfarre über die Heiraten) zwischen 1751 und 1800 wurden folgende Namen genannt:

  • 1752 Hanß Jochim Barkhan und Trin Gret Pinck (Beichtkinderverzeichnis 1751 Nr. 3

und Nr.8),

  • 1755 Frantz Jacob Pahl (BKV 1751 Nr.7)
  • 1764 Hans Joch. Mahnk
  • 1765 Hans Jochim Wiesk (wohl BKV 1751 Nr.1)
  • 1766 Witwer Julius Jochim Reese
  • 1771 Schulmeister Hans Jochim Möller und Anna Catharina Elisabeth Schmidt
  • 1772 Witwe Margarete Elisabeth Wiesk, geb. Thomsen
  • 1775 Maria Margarete Wieseke
  • 1777 Catrina Margarete Schmidt
  • 1778 Jochim Christoph Meyer

Maria Juliana Schmitt Anna Elisabeth Berkhan

  • 1779 Hans Jacob Pahl (wohl BKV 1751 Nr.7)
  • 1780 Schulmeister-Witwe Anna Catharina Eilsabeth Müller (Möller), geb. Schmitt (Schmidt), s.o. Sie heiratet einen Sühr aus Langenleisten (Langenlehsten).
  • 1781 Hans Jacob Jenckel (BKV 1751 Nr.4)
  • 1782 J. (Jungfer) Catharina Elisabeth Pahl (BKV 1751 Nr. 7)

Hans Jacob Battelt (BKV 1751 Nr. 6)

  • 1783 Hans Hinnerich Jenckel (BKV 1751 Nr.4) und Witwe Maria Elisabeth Jenckel, geb. Abel. Sie stammt aus Klein Bengerstorf. Möglicherweise hat Jenckel die Witwe seines Bruders geheiratet.
  • 1784 Jochim Hinnerich Barkhan und J. Anna Margarete Jenckel (BKV 1751 Nr. 3 und 4)
  • 1786 J. Catharina Elisabeth Schmidt

Frantz Jacob Pinck (BKV 1751 Nr. 8)

  • 1788 Witwer Jochim Hinnerich Barkhan und J. Catharina Maria Jenckel (BKV 1751 Nr. 3
          und Nr. 4)
  • 1789 Jochim Hinnerich Barkhan (BKV 1751 Nr. 3)

Anna Catharina Levers, Tochter des Hauswirts Hans Jochim Levers (Ein Hüfner

          Levers ist im BKV 1751 noch nicht ausgewiesen)
  • 1790 Witwer Hans Hinnerich Jenckel, Hauswirt (BKV 1751 Nr. 4)
  • 1791 Franz Jochim Behncke, angehender Hauswirt (Ein Hauswirt Behncke ist im BKV 1751 noch nicht ausgewiesen)
  • 1792 Witwer Jürgen Mathias Behncke, Hauswirt (Ein Hauswirt Behncke ist im BKV 1751 noch nicht ausgewiesen)
  • 1797 Dienst-Knecht Hans Detloff Pahl und Anna Elisabeth Pahl, Tochter des Hauswirts Hans Jacob Pahl (BKV 1751 Nr. 7)
  • 1798 Schäfer Johann Jochim Scharnweber
  • 1799 Tagelöhner Franz Jacob Jenkel
  • 1800 Witwer Franz Jochim Behncke, Hauswirt (siehe 1791)

Im Kopulationsregister der Pfarre Gresse findet sich außerdem:

  • 1783 J. Kathrina Maria Barkhahn
  • 1792 Catharina Marg. Pahl, Tochter des ehemaligen Hauswirts Franz Jacob Pahl
  • 1793 Hans Heinrich Pinck, Tagelöhner in Bretzin.

Die drei Eintragungen im Kopulationsregister der Pfarre Gresse und weitere der Pfarre Zahrensdorf lassen einige Schlussfolgerungen zu:

  • Der Hauswirt Pahl ist bereits 1792 einer der gelegten Hüfner.
  • Wahrscheinlich ist auch der Hüfner Pinck gelegt worden, da 1793 ein Tagelöhner Pinck erscheint.
  • Da im Jahre 1800 noch ein Hauswirt Behncke genannt wird, wird er der Vorfahre des dann 1819 in der Volkszählung genannten Hauswirts Kahl sein.
  • Somit dürften die nach 1751 gelegten Hüfner die Hauswirte Barteld, Pahl, Pinck, Tiedemann und Wieske sein. Dabei ist in Anbetracht der genannten Reihenfolge im BKV davon ausgegangen worden, dass der genannte Johann Mundt der Vorgänger von Behncke und Kahl war.

Im Jahre 1814 wurde Bretzin auch vom Weltgeschehen berührt, als im August die napoleonischen Truppen unter Marschall Davoust die deutschen Verbände unter General Wallmoden nach einem Gefecht bei Lauenburg nach Schwerin über Boizenburg und Wittenburg zurück drängten. Der Überlieferung nach sind unter den Franzosenbuchen südlich des Lindemannschen Gehöfts in Beckendorf gefallene Franzosen begraben worden. Die Buchen wurden bedauerlicherweise in der Notzeit nach dem Zweiten Weltkrieg von den Beckendorfern zu Brennholz geschlagen. Auch am Weg von Groß Bengerstorf nach Bretzin soll ein französischer Offizier unter einem Wacholderstrauch begraben sein.

In der Volkszählung 1819 werden folgende Familien bei insgesamt 75 Einwohnern genannt: Banthien, Barkhan (Hauswirt), Behnke, Bielefeldt, Falke, Hintzmann, Hofschild, Jenkel (Hauswirt), Kahl (Hauswirt), Kliebath, Lewisch, Lindemann, Meinke, Nack, Olrock, Riehlandt, Scharnweber, Schröder, Suhr, Voß, Wölke, Wrake, Wulf. In Hof Bretzin wohnten die Familien Melchert, Saß und Schaefer, insgesamt 10 Einwohner. Somit haben in Bretzin im Jahre 1819 insgesamt 85 Einwohner gelebt.

Raabe hat in seiner „Mecklenburgischen Vaterlandskunde“ im Jahre 1857 zu Bretzin geschrieben: „Bretzin, Dorf mit 3 Bauern, Schule, Schmiede und 77 Einw., zahlt Königsbede“. Für Hof Bretzin, das zu Wiebendorf gehörte nennt er 27 Einwohner.

In diesen Jahrzehnten wanderten aus den mecklenburgischen Dörfern viele Einwohner nach Übersee aus, so auch aus der Bretziner Familie Barkhahn (s. Zeitungsausschnitt (Abb. 16).

Ab dem Jahre 1886 ist Georg Gade für 30 Jahre der Eigentümer des Gutes Badekow. Dann in 1916 kommt es in die Hand eines Herrn Elmering. Im Jahre 1922 ist Besitzer von Badekow der Gutspächter Emil Peters aus Lanken bei Schwarzenbek. Der Schulze, der nun gemäß der demokratischen Landesverfassung zu wählen war, ist nun ein Richard Kirschstein.

Im Jahre 1901 wird im Staatskalender in Bretzin eine Schmiede aufgeführt. Diese gehörte zum Gut Badekow. Auch Raabe hat sie in seiner „Vaterlandskunde“ 1857 genannt. Es ist aber unbekannt, wann die Schmiede gegründet wurde. Die Schmiedewerkstatt soll sich gegenüber dem zugehörigen Gehöft auf der anderen Seite des Weges befunden haben. Vermutlich handelt es sich um das in der Abbildung 18. am Fuße des B des Schriftzuges Bretzin eingetragene Gebäude an der Wegekreuzung. Sie war bis 1916 in der Hand des Schmiedes Arnhold, der aus Neuenkirchen bei Zarrentin zugezogen war. In diesem Jahr baute dieser sich in Boizenburg eine eigene Schmiede. Das Schmiedegehöft blieb jedoch bestehen. Im Staatshandbuch für 1923 wird Bretzin mit drei Hofbesitzern, Schmiede, Schule und Industrieschule genannt. Danach wird die Schmiede auch in den 1920er Jahren noch bestanden haben.

     Abbildung 14.  Auswanderung aus Badekow-Bretzin.  SVZ  vom 26./27.03.2000

Im Jahre 1926 erwirbt der Kölner Bankier Carl Freiherr von Schröder Badekow mit Dorf Bretzin. Als Schulze ist nun der Hofbesitzer Barckhahn aus Bretzin im Staatshandbuch von Mecklenburg-Schwerin ausgewiesen (so auch 1927/30). Die Bezeichnung als Hofbesitzer löst nun die des Hauswirts oder auch des Erbpächters ab.

Im Jahre 1930 brannte der letzte Tagelöhnerkaten in Bretzin ab. Die wohl letzten Bewohner dürften die Familien Mahncke und Dahm gewesen sein. Erstere zogen 1933 nach Klein Bengerstorf. David Dahm lebte noch lange in Boizenburg.

Für Bretzin wird im Verzeichnis sämtlicher Ortschaften der Oberpostdirektion Schwerin im Jahre 1931 die Zahl von 52 Einwohnern angegeben.


Abbildung 15. Ansichtskarte von Bretzin im Jahre 1908. Die Ansichtskarte zeigt das Haus des Bauern Barkhahn – hier als Interimswirt Wilhelm Arnhold., die Schmiede und eine Ansicht der seinerzeitigen Dorfstraße mit einer Scheune, dem 1930 abgebrannten Tagelöhnerkaten und weit im Hintergrund der Schule


Abbildung 16. Ortslage Bretzin auf dem Messtischblatt aus dem Jahre 1881. Auf der Karte befinden sich: 1. von SO nach NW auf der Südseite des Badekower Weges: Wohngrundstück zur Schmiede – Hufe Jenckel – Hufe Barckhahn – Hufe Kahl - Schulgarten 2. von NW nach SO auf der Nordseite das Badekower Weges: Schule – Tagelöhnerkaten – Scheunen zu den Hufen – Schmiede.

Das Staatshandbuch für 1938 weist als Eigentümer für Badekow (seit 1936) die Reichsumsiedlungsgesellschaft m.b.H. aus. In dieser Zeit wird das Gut Badekow aufgesiedelt. Das betrifft auch auf der Gemarkung Bretzin gelegene Flächen an der Schaale sowie das Schmiedegehöft.

Das Staatshandbuch 1939 wies für Badekow/Bretzin bei 147 Einwohnern 3 Erbpachthöfe, 2 Häusler und 10 Neubauernhöfe aus. Bürgermeister war Helmut Kahl aus Bretzin. Vermutlich war die ehemalige Schmiede nun als Häuslerei klassifiziert. Die Neubauernhöfe befanden sich in Badekow, wohl auch die zweite Häuslerei.


4.3. Besetzung der drei verbliebenen Bauernhufen in Bretzin

Barckhahn

  • 1472 Hinrik Berkhane
  • 1496 Hinrik Barkhan
  • 1538 Clawes oder Bene Berckhane
  • 1554 Bene oder Ulrich Berhane
  • 1569 Ulrich Bergkhane
  • 1585 Ulrich Berckhane
  • 1590 Cim Berckhaen
  • 1598 Joachim Berckhan
  • 1640 Hans Bergkhaen, Schulze
  • 1653 Hans Bergkhan , der Schultz

und Jochim Bergkhan

  • 1704 Hans Joachim Barckhahn , Schulze

und Hans Barckhahn

  • 1751 Hans Barckhahn
  • 1819 Hauswirt Barkhahn
  • 1914 Wilhelm Barckhahn
  • 1962 Werner Barckhahn

In manchen Jahren sind in den Registern zwei Hufen im Besitz eines Barckhahn genannt. Deshalb ist nicht mit Sicherheit zu sagen, welcher Barckhahn der Vorfahre der Barckhahns aus dem 20. Jahrhundert ist. Möglicherweise ist der Schulze Barckhahn auf einer anderen Hufe angesessen gewesen.

Jenckel

  • 1668 Erstmalige Nennung des Namens Jenckel in Bretzin im Zahrensdorfer Kirchenbuch (nach Auskunft Paul-Friedrich Jenkel, ehemals Bennin)
  • 1676 Jochen Jenckel aus Bretzin heiratet Elisabeth Glockmans aus Bennin
  • 1704 Hinrich Jenckel
  • 1714 Hinrich Jenckel
  • 1751 Hans Hinrich Jenckel
  • 1819 Hauswirt Jenkel
  • 1919 Jenckel
  • ca. 1925 Otto Abel
  • 1955 Irma Meier, geb. Jenckel

Kahl

  • 1751 Johann Mundt (unsicher)
  • 1791 Franz Jochim Behncke
  • 1800 Franz Jochim Behncke (nach der Legung von 5 Hufen noch genannt)
  • 1819 Hauswirt Kahl
  • 1939 Helmut Kahl
  • 1953 Helmut Kahl

Bereits in den Jahren 1472 und 1496 werden Hüfner mit dem Namen Kahl genannt. Dann gibt es aber eine jahrhundertelange Unterbrechung.


4.4. Die Schule in Bretzin

Im Jahre 1748 wird im Kopulationsregister und im Jahre 1751 im Beichtkinderverzeichnis der Pfarre Zahrensdorf der Schulmeister Jacob Jürgen Schmidt (Schmitt) aus Bretzin erwähnt. Dabei steht die Bemerkung „au in Gresse“, die bedeutet, dass er Gresser Untertan war. Im Jahre 1771 heiraten der Schulmeister Hans Jochim Möller und Anna Catharina Elisabeth Schmidt. Diese wird die Tochter des Jacob Schmidt gewesen sein. Die Witwe A.C.E. Schmidt heiratet im Jahre 1780 einen J.J.Sühr aus Langenlehsten und 1786 die Jungfer Catharina Elisabeth Schmidt (Tochter des Schulmeisters?) aus Bretzin den Schulzen Johann Wilhelm Mahncke aus Groß Bengerstorf. Diese wenigen Angaben deuten auf das Vorhandensein einer Schule in dem Dorf Bretzin hin. Die Bemerkung „au in Gresse“ lässt darauf schließen, dass in der Schule auch die Kinder aus Badekow und Beckendorf unterrichtet wurden, wie es auch bis in das 20. Jahrhundert hinein, der Fall gewesen ist.

Die Bretziner Schule war von den Grundherren, den jeweiligen Gutsbesitzern auf Badekow und Beckendorf zu unterhalten. Sie stellten auch den Schulmeister, wie seinerzeit der Lehrer genannt wurde, ein und entlohnten ihn. Die Aufsicht über die Schule lag bis 1918 bei dem Zahrensdorfer Pastor.

Im Jahre 1825 nimmt der Lehrer Wollwerth seine Tätigkeit auf, die er offenbar bis 1853 ausführt, denn in diesem Jahr stellt der Gutsherr Gerstenkorn den Präparanden (Anwärter) Küchenmeister aus Timkenberg zunächst für ein Jahr ein, nachdem er von Präpositus (Propst) Seitz aus Boizenburg examiniert und für geeignet befunden worden ist.

In der Pfarre Zahrensdorf ist ein Dokument überliefert, dass uns Aufschluss über die Schulverhältnisse liefert:

„Beantwortung der Fragen wegen der ritterschaftlichen Schullehrer hiesigen Kirchspiels zu Bretzin und Zahrensdorf

  • A betreffend die Schule zu Bretzin, Schullehrer Wollwerth, Gutsbehörde Herr Gerstenkorn aus Badekow
  • 1. In Ansehung der Schulwohnung
  • a) ob jeder Schulort eine eigene zu diesem Zwecke bestimmte Wohnung hat und zugleich eine abgesonderte eigene Schulstube?

Antw.: Ja. Jedoch ist die Wohnung schlecht, soll aber reparirt werden.

  • b) ob die Schulstube hinlänglich Raum für die Jugend habe?
   Antw.: Ja.
  • c) ob ein Ofen und die nöthigen Tische und Bänke in demselben sind oder etwas vermißt werde?
    Antw.: Der Ofen ist schlecht, auch fehlt es an Bänken; doch soll dem Mangel abgeholfen werden.
  • 2. In Ansehung des Schullehrers
  • a) ob auch dermalen eine Schule vielleicht unbesetzt sey und seit wann?
  Antw.: Es ist keine unbesetzt.
  • b) ob seit Michaelis 1821 neue Schullehrer angestellt sind und von wem selbige examinirt sind?
       Antw.: Der Schullehrer zu Bretzin Wollwerth, welcher von dem Herrn Präpositus Riemann zu Boitzenburg examinirt worden, ist 1825 angestellt.
  • c) ob diesem neuangestellten Schullehrer die Emolumente eingeräumt sind, welche die Patentverordnung 21.ten Junius § 17 festgesetzt, oder woran es nach dem einen oder anderen fehle?

Antw.: Dem Bretziner Schullehrer Wollwerth ist zwar nicht jedes der Emolumente (Nebeneinkünfte, allgemein Naturalien, D.G.) gerade so, wie Verordnung festgesetzt hat, eingeräumt, wozu örtliche Verhältniße wohl die Veranlaßung gewesen seyn mögen, doch ist die Summe derselben der, in erwähnter Verordnung bestimmten Emolumente völlig gleich zu stellen, und hat sich der Schullehrer völlig zufrieden erklärt.

  • d) ob auch Nebendienste aufgelegt sind?
       Antw.: nein.
  • e) ob einem Schullehrer von seiner Einnahme etwas entzogen werde?

Antw.: Wollwerth hat noch nichts eingenommen, da die Bretziner Hauswirte nicht eher etwas geben wollen, als bis die dem verehrlichen Herrn Ephorus schon bekannte Streitsache mit der Gutsbehörde, welche nun vor hoher Regierung steht, beendigt ist.

  • f) ob von der Gutsbehörde darauf gehalten wird, daß die Schule vorschriftsmäßig besucht werde?
     Antw.: ja. 
  • g) ob etwa sonst noch von der Gutsbehörde gegen die Verordnung gehandelt werde?
        Antw.: nein.

Verzeichnis über das Einkommen der Schulstelle Bretzin

  • a) Vom Herrn Gerstenkorn auf Badekow
 Habe ich erhalten: 19 rtl  40 ß, welches das Schulgeld der Kinder dortiger Tagelöhner ist, das Herr Gerstenkorn für die Leute bezahlt.

Außerdem erhalte ich von Badekow freie Kost, Wohnung und ein Fuder Torf zum Heizen der Schulstube.

  • b) Von Bekendorf
    Der Herr Baron v. Stenglin zahlt an mich nichts; dagegen erhalte ich das Schulgeld für die Kinder, und werden für Kinder, welche nicht schreiben 24 ß bezahlt, dagegen die, welche Schreibunterricht empfangen 1 rtl  8 ß. Ich habe von Bekendorf erhalten: 9 rtl  8 ß.
  • c) Von Wiebendorf
    Der Oberhauptmann Herr v. Wietzendorf steuert auch nichts zu meiner Besoldung bei, außer 2 rtl  16 ß, welches er für die Kinder der Wittwen Schröder bezahlt. Von dortigen Tagelöhnern habe ich eingenommen 2 rtl, also im Ganzen von Hof Bretzin 4 rtl  16 ß.

d) Dorf Bretzin

   Von den beiden Hauswirten Barkhahn und Jenkel zahlt jeder 3 rtl. (Das Schulgeld für Kahls-Kinder ist bei dem Einkommen von Badekow mitgerechnet.) Außerdem wird von jeder der drei Bauernstellen ein Fuder Brennholz gegeben. 

Demnach ist meine gesamte Einnahme an baarem Geld *a) von Badekow: 19 rtl 40 ß *b) von Bekendorf 9 „ 8 „ *c) von Hof Bretzin 4 „ 16 „ *d) von Dorf Bretzin 6 „ 0 „ 39 rtl 16 ß “

                                            =========

Erläuterung: rtl Reichsthaler ß Schilling (48 ß = 1 rtl) Präpositus = Propst (hier in Boizenburg) Ephorus = Anrede für den Superintendenten des Kirchenkreises (seinerzeit in Schwerin)

------------

„Der Praeparant Küchenmeister aus Timpkenberge, ist in Ermangelung eines nach der gesetzlichen Vorschrift bestimmten Schullehrers, mit Bewilligung der hohen Regierung einstweilen auf ein Jahr als Lehrer der Schule in Bretzin von mir angenommen, und von dem Herrn Präpositus Seitz dazu im Examen als tüchtig befunden worden.

Badekow, d. 29. Oktober 1853 gez. Gerstenkorn (Gerstenkorn)“


Im Jahre 1853 besuchten 43 Schülerinnen und Schüler diese Schule, davon 20 aus Badekow, 14 aus Bretzin und 9 aus Beckendorf. Im Unterricht wurden die Fächer Religion, Gesang, Schreiben, Lesen und Rechnen vermittelt. Dieser war überwiegend im Winter zu erteilen, da sowohl die Kinder der Tagelöhner als auch die der Bauern im Sommer bei den Feldarbeiten helfen mussten. Dafür wurden den älteren Schülern Dienstscheine - besser würden sie als Unterrichtsbefreiungsscheine bezeichnet - vom Pastor erstellt.

Die Abhängigkeit vom Wohlwollen des Gutsherrn wird aus den Dokumenten ebenso deutlich, wie die widrigen Lebens- und Dienstumstände der Lehrer an ritterschaftlichen Schulen waren. Es scheint so, als ob die Wiebendorfer Kinder im Jahre 1853 noch in die Bretziner Schule gingen. In dem Bericht über die Zahrensdorfer Schule wird nämlich kein Gutsherr aus Wiebendorf genannt. Anders ist es im Jahre 1878, aus dem ein weiteres Dokument vorliegt, in dem neben dem Herrn von Lücken auf Zahrensdorf ausdrücklich auch der Wiebendorfer Gutsbesitzer Haase genannt wird.

Im Jahre 1878 erarbeitet der Zahrensdorfer Pastor Chrestin ein Regulativ für eine in Zahrensdorf einzurichtende „Industrieschule“. Er schreibt an die Gutsherrschaften in Zahrensdorf und Wiebendorf: Den hochwohlgeborenen Gutsherrschaften von Zahrensdorf und Wiebendorf Einer der allerwichtigsten Unterrichtsgegenstände für Mädchen ist unstreitig der Unterricht in weiblichen Handarbeiten. Nur mit der Tüchtigkeit in diesen Arbeiten kann Lust und Neigung erwachen, sowohl sich selbst als späterhin die etwaige Familie in ordentlicher sauberer Kleidung zu erhalten, was ohne einen bestimmten Grad von Fähigkeit, ihren Kindern selber ausreichende Anweisung in dieser Hinsicht zu ertheilen, so muß die Schule dem Hause zu Hülfe kommen. Doch hat es bisher an einer Industrieschule für Zahrensdorf und Wiebendorf gefehlt. In Zahrensdorf ist bisher durch Privathülfe diesem Mangel abgeholfen, doch wird diese Privathülfe jetzt durch die Verhältnisse unmöglich gemacht. In Wiebendorf ist, soviel mir bekannt in dieser Sache bisher nichts geschehen. So erlaubt Unterzeichneter sich Ew. Hochwohlgeboren zur Erwägung zu erstellen, ob es nicht angezeigt sein dürfte, eine Industrielehrerin für die beiden genannten Güter anzustellen, und zugleich auf diesbezüglichen Wunsch, einen Entwurf eines Regulativs für eine solche Schule , beizulegen. Ew. Hochwohlgeboren ergebenster F. Chrestin Zahrensdorf, d. 15.Okt.1878 Pastor

Solche Industrieschulen bestanden in den benachbarten domanialen Dörfern Groß und Klein Bengerstorf bereits im Jahre 1837, wie aus einem Schreiben des Lehrers Birnbaum aus Klein Bengerstorf an den Zahrensdorfer Pastor Bauch hervorgeht. Diese beinhalteten aber nicht nur die Handarbeitslehre für die Mädchen sondern auch Gartenarbeit mit dem Schwerpunkt des Obstbaus. Damit sollte der intensivere Obstbau in den Dörfern popularisiert werden.

Die Schule befand sich bis um die Mitte des 20. Jahrhunderts am Dorfausgang nach Badekow östlich des Landweges. Bis 1936 wurde hier unterrichtet. Mit der Bildung der Schulverbände in Groß Bengerstorf und Gresse wurde diese Schule nicht mehr benötigt. Der letzte Lehrer Brencke übernahm im Schulverband Klein Bengerstorf die Schulstelle. Das Schulgebäude ist im Jahre 1974 abgebrochen worden.

5. Geschichte des Rittergutes und späteren Dorfes Beckendorf

5.1. Erste Erwähnung und frühe Geschichte des Dorfes

Beckendorf wurde im Jahre 1323 zum ersten Mal genannt (MUB 4423). In diesem Jahr bewidmen die Ritter Wipert der ältere und Hermann aus dem Geschlecht der von Blücher mit Einkünften aus sieben Hufen in Beckendorf eine von ihnen gestiftete Vikarei mit einer Kapelle in der Kirche zu Wittenburg. Auszug aus der Urkunde: „Insuper et rursus nos damus huic noue vicarie atque capelle septem mansos in villa nostra Bekendorpe sitos cum omni iure maioris et minoris [iudicii] vidilicet manus et colli, cum areis et agris et katelant expressis loquendo, cum sedecim pullis ad dictos mansos pertinentibus, sicud nunc lucide di(n)stincti in suis limitibus et terminis invenientur cum omnibus suis redditibus, excessibus, deriuacionibus, emolumentis et pertinentiis, tam agris cultis quam incultis, nominatis et innominatis, pratis, pascuis, lignis, virgultis, paludibus, aquis, aquarum decursibus.“ Eine sinngemäße Übersetzung dieses lateinischen Textes lautet: „Obendrein und andererseits unserer Frauen hiesige neue Vikarei mit einer Kapelle sieben Hufen in unserem Dorfe Bekendorf gelegen mit allen Rechten hoher und niederer Gerichtsbarkeit nämlich an Hand und Hals mit Plätzen und Äckern und Katenland ausdrücklich versprechen, mit sechzehn an den besagten Hufen angelegten Pertinenzien (Zubehör), wie es nun immer in seinen Grenzen sich finden mag mit allen seinen Beilegungen, Abschweifungen, Veränderungen, Nutzen und Ausdehnungen, soweit die Äcker bebaut und unbebaut sind, genannt oder nicht genannt, Wiesen, Weiden, Gehölze, Gesträuch, Sümpfe, Gewässer, Wasserläufe.“

Im Jahre 1328 findet sich im Mecklenburgischen Urkundenbuch unter der Nr. 4913 folgender Regesten-Text: „Adelheid, Wittwe des Ritters Heirich Sprengel, bezeugt mit dem Priester Johannes von Tarnewitz und dem Knappen Segeband von Oedem, dass ihr Gemahl die von ihm zu Boizenburg gestiftete Vicarei mit 4 Mk. Jährl. Hebungen aus Bekendorf bewidmet hat.“ Diese Hebung entspricht der Bede von vier Hufen. Beckendorf war seinerzeit folglich ein ritterschaftliches Bauerndorf und befand sich in der Hand der von Blücher und von Sprengel. Aus den beiden urkundlichen Ersterwähnungen könnte auf das Vorhandensein von 7 bis 11 Hufen geschlossen werden.

Der Ortsname ist rein niederdeutsch – das Dorf am Bach (Bäk, Beck), der Möllerbeck – ndt. gesprochen Bäkendörp, hdt. besser Beekendorf.


5.2. Die Entwicklung des Dorfes im Laufe der älteren Geschichte bis 1918

Im späten Mittelalter sind in der Region viele Dörfer wüst gefallen. Die Ursache dafür ist nicht sicher. Möglicherweise war es das Ergebnis von Pestepidemien, verstärkt durch die um diese Zeit einsetzende Stadtflucht. In den Bederegistern erscheint Beckendorf nun als eine wüste Feldmark. Im Jahre 1538 finden wir diese im Register der doppelten Landbede unter Bretzin. Dort zahlen „de bur samptlich vor dat velth tho Bekendorf 2 M“. Ähnlich im Jahre 1560 im Register der doppelten Landbede wieder unter Bretzin: „de buren samptlich vom felde Bekendorf 2 M“ und 1569, 1570 und 1573 im Register der doppelten Landbede „die pauren semptlichen vom felde Bekendorf 2 M“.

Im Jahre 1587 finden wir im Pachtregister des Gutes Gresse, dass Hans Bodeker und Heinrich Hagemann aus Groß Bengerstorf sowie Chim Schroder, Hans Dalenborch, Drewes Struve und Hans Pincke aus Klein Bengerstorf Pacht an Gresse zahlen. 1599 zahlen Heinrich Hagemann und Heinrich Boddicher aus Groß Bengerstorf weiterhin Pacht an Gresse. Die Klein Bengerstorfer Bauern werden nicht mehr genannt. Die genannten Groß Bengerstorfer Bauern gehören später zum selbständigen Gut Beckendorf.

Zu dieser Zeit gehörte Beckendorf zumindest noch nicht vollständig zum Gut Gresse. Im Jahre 1597 gibt es die Aussage: „Sambson Blücher zu Bekendorf hat sonsten seinen rechten sitz zue Waschow, im ambt Wittenburgk belegen“ (LHA Schwerin, Lehnkammer, Rep. 77). Er hat ab 1584 in Beckendorf einen Hof angelegt. 1584 zahlt auch laut dem Boizenburger Amtsregister unter Bretzin „die alte Blüchersche von der sandtmuhlen 4 ß (Schillinge) Pacht, wie auch 1593. Hier besteht die Möglichkeit, dass die „alte Blüchersche“ in der Familie des Beckendorfer Gutsbesitzers zu finden war, der sein Hauptgut in Waschow hatte. Möglicherweise war Beckendorf der Witwensitz für die Mutter von Hans Blücher. Die Angabe kann sich aber auch auf den Wiebendorfer Zweig der Familie Blücher beziehen. Dafür spricht, dass die „alte Bluchersche“ auch bereits im Landbederegister 1570 genannt wird, als sie eine Bretziner Hufe nutzt und dafür keine Landbede bezahlt.

Die Sandmühle hat sich wohl nahe der Grenze der Gemarkungen Beckendorf und Bretzin befunden. Dort im Tal der Möllerbäk im Zuge des Bengerstorfer Wege ist noch ein Damm vorhanden, der den Mühlenteich aufgestaut haben dürfte. An die Sandmühle erinnern noch heute der Name des Baches sowie der Flurname Mühlenrade in Bretzin. Nach dem Dreißigjährigen Krieg wird die Mühle nicht mehr genannt.

Im Jahre 1590 beschreibt das Zahrensdorfer Kirchenvisitationsprotokoll (KVP): „Vom hofe Beckendorpf wirdt dem pastoren 1 Schfl., dem Custer ein halber gegeben,“ In dem KVP wird „der hof zu Bekendorpf“ genannt, der noch zum Kirchspiel Zahrensdorf gehört. Auch 1598 liest man im KVP Zahrensdorf: „Noch Samson Bluchers Meierhof zu Bekendorf gibt ½ Schfl.“ „Auß der Sandtmoele hefft der pastor und der kuster jerlichen ½ Schfl., nue nichts entpfangen.“

Im frühen 17. Jahrhundert muss der vollständige Übergang des Hofes Beckendorf an die von Sprengel auf Gresse erfolgt sein. 1645 werden die von Sprengel als Besitzer von Beckendorf genannt. Das bereits 1625 verpfändete Hauptgut Gresse wird 1651 an Georg Friedrich von Thun verkauft. Badekow mit Beckendorf und Bretzin bleiben in der Hand der von Sprengel. Im gleichen Jahr wird aber Nicolas von Dehn im Kontributionsregister als Pfandinhaber von Beckendorf genannt. Er bewirtschaftet den Hof mit einem Knecht und drei Mägden. Um diese Zeit werden (nach den Lehnakten 1646) in Beckendorf 52 ½ Scheffel Roggen, 2 Schfl. Erbsen und 2 Schfl. Hafer ausgesät. Das entspricht etwa der Aussaatmenge von 2 Bauern im benachbarten Groß Bengerstorf. An Vieh versteuerte von Dehn laut Kontributionsregister 1651 nur 5 Pferde, 8 Kühe, 2 Starken und 3 Bienenstöcke.

Im Kopulationsregister (Register der kirchlichen Trauungen) der Gresser Pfarre werden in Beckendorf vor 1700 genannt:

  • 1669 Hans Eylers und Magdalena Bärgen
  • 1687 Maria Margar. Brummers, Stieftochter des Schäfers zu Beckendorf, die einen Kloddramer Schäfer heiratet.
  • 1690 Abel Marg. Mundes, Tochter des Schäfers zu Beckendorf, die einen Krüger aus Brahlstorf heiratet.
  • 1697 Catharina Elisabeth Meyers, Tochter des Verwalters Hans Meyer zu Beckendorf, die einen Schäferknecht aus Perdöhl heiratet.

Folglich gab es bereits 1687/90 den Schäfer Mund, der im Beichtkinderverzeichnis 1704 aufgeführt ist. Die Meierei Beckendorf, die zum Gut Badekow gehörte, wurde im Jahre 1697 von Hans Meyer verwaltet.

Im Beichtkinderverzeichnis wird 1704 vom Zahrensdorfer Pastor Schrader ausgeführt: „In der Visitation wird auch der Hof Beckendorf zu dieser Pfarre gerechnet und mit 1 Schfl. Mißkorn (Messkorn, D.G.) angeschlagen. Wenn dieser Hof, Krug und Schäferey, ob sie gleich von diesem hervorgegangen, nicht mehr hieher zur Kirchen gehet, sondern weil cum reliquis nominatis dem H. Rittmeister Sprengeln auf Badekow gehöret, welcher Patronus bey der Kirchen zu Greß ist, so gehen zu sie nach Greß, und also geben sie auch hieher nichts mehr. Ob dieses nun publica Serenissimi oder privata possessoris autoritate geschehen wäre doch wohl der H. Rittmeister Sprengel zu dociren gehalten, zumalen ich nicht glaube, daß er jemalen consensum Episcopi darüber gehabt. Implorire desfalls die Hochfürstl. Regierung in Unterthänigkeit, ihm anzubefehlen, solches zu dociren.“

Der Gresser Pfarrer berichtet im Beichtkinderverzeichnis 1704, dass er aus dem zu Badekow gehörenden „Meyerhofe zu Beckendorf“ „1 Himpten Rogken“ als Meßkorn erhält (1 ½ Boizenburger Himpten bildeten 1 Scheffel. 1 Himpten etwa 38 Pfund Roggen). Diese Angabe deckt sich mit dem Bericht des Zahrensdorfer Pfarrers.

Somit wird deutlich, dass Beckendorf ursprünglich zum Pfarrsprengel Zahrensdorf gehört hat, und erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts auf Grund der Besitzverhältnisse am Hof Beckendorf und des Patronats an der Gresser Kirche, das auch bei den Sprengels lag, auf Druck des Kirchenpatrons von Sprengel stillschweigend nach Gresse übergegangen ist.

In diesem Beichtkinderverzeichnis werden in Beckendorf folgende Einwohner genannt:

  • Schlottman Joachim Pensionarius (Pächter), 22 Jahre alt mit Ehefrau und einer Tochter, dazu: Jacob Kaßbohm Junge (12 Jahre), Magnus Dietrich, Junge (20 J.)
  • Jürgen Binder Krüger (45 J.) mit Ehefrau und Tochter
  • Jürgen Mund Schäfer (40 J.) mit Ehefrau und vier Kindern
  • Jürgen Kläker Schäferjunge (17 J.)

Im Jahre 1704 ist Beckendorf somit an den jungen Joachim Schlottmann verpachtet. Er wird der Sohn des Pächters des Galliner Hofes Frantz Schlottmann (Schloetman) gewesen sein. Immerhin gibt es neben der Schäferei noch einen Krug in der Hand von Jürgen Binder, der auch vom Zahrensdorfer Pastor genannt wird.

Das Kopulationsregister der Gresser Pfarre führt nach 1700 in Beckendorf folgende Personen auf:

  • 1729 Schillhorn, Klaß, Mühl und Zimmermeister Beckendorf
  • 1732 Oldach, Johann Hinrich, Schäferknecht Beckendorf heiratet Margret Jenkel, Tochter des Hüfners Hinrich Jenkel zu Bretzin
  • 1739 Barckhahn Anna Cath. (ehrsam), Tochter des Hauswirts Jochim Barckhahn zu Beckendorf

in Zahrensdorf heiraten:

  • 1728 Schreiber, Clauß, Schäferknecht Beckendorf
  • 1732 Witte, Gottfried, Beckendorf

Im Jahre 1729 wird ein Mühlen- und Zimmermeister in Beckendorf erwähnt. Da die Sandmühle nun nicht mehr erwähnt wird, könnte dessen Auftreten auf den vorgesehenen Bau einer Windmühle hindeuten. Im Jahre 1732 ist Badekow mit seinen Pertinenzen (Nebengütern und Rechten) in der Hand von Cuno Ulrich und August Heinrich von Sprengel. Die Grundherrschaft richtet 1734 zwei Bauernstellen neben der Meierei ein, die aber nach wenigen Jahrzehnten wieder eingehen. Davon war einer der Hauswirte als verkleinerter nunmehriger Viertelhüfner von Bretzin nach Beckendorf umgesetzt worden. Der im Kopulationsregister genannte Hauswirt Jochim Barckhahn mag einer dieser Viertelhüfner gewesen sein. 1736 kommt das Gut nach einem Konkurs in die Hand der Familie von der Soden.



Abbildung 17. Der Hof Beckendorf im Jahre 1774 (Auszug aus der Direktorialvermessungskarte). Der Hof hat sich bereits zu diesem Zeitpunkt in der späteren Lage befunden. Interessant ist die Lage des Gartens mit einem zentralen rechteckigen Gewässer südwestlich des Hofes. Die Wohnhäuser der Tagelöhner haben sich jedoch in anderer Lage verteilt an der Dorfstraße befunden.

Bereits 1754 gerät Beckendorf an den Amtsrath Koch. Dann wird aber 1761 der Baron von Kurzrock (möglicherweise ein Mitglied der Familie Koch), aber im Jahre 1779 wieder Amtsrath Kochs Erben genannt, bevor das Gut 1780 an Johann Joachim Dunkelmann kommt. 1791 und 1792 führt der Mecklenburg-Schwerinsche Staatskalender J.J.Dunkelmanns Erben auf.

Im Jahre 1797 kommt das Gut für kurze Zeit in die Hand des Oberstlieutenant Gotthard von Penz, noch im gleichen Jahr an Rittmeister Ewald Christian von Damitz. Auch bei ihm bleibt das Gut nur kurze Zeit, denn 1801 erwirbt es die Familie Päpke, ursprünglich eine Beamtenfamilie, die in Mecklenburg mehrere Güter, u. a. Quassel erwirbt.

Ein Beichtkinderverzeichnis aus dem Jahre 1751 existiert für die Gresser Pfarre nicht. Deshalb kann die für Wiebendorf, Bretzin und andere Dörfer vorhandene Übersicht über die Einwohner nicht gegeben werden. Stattdessen wird nun das Kopulationsregister der Gresser Pfarre herangezogen. Darin werden nach 1750 folgende Personen genannt:

  • 1763 Anna Margareta Brockmöller, Tochter des Verwalters in Beckendorf
  • 1764 Discher (Tischler) Johann Jacob Sorge
  • 1766 Catharina Wilhelmina Brockmöller, Tochter des Verwalters
    *Schweinehirte Peter Lorenz Brodt
    *Tagelöhner Hans Jürgen Manke  (1768 noch einmal)
  • 1772 Wilhelm Christian Hengvoss
  • 1773 Frantz Jochim Berckhahn und Catharina Sophia Behnke
  • 1775 Lucia Elisabeth Röseke
  • 1777 Catharina Dorothea Harten
    *Erdmann Jochim Kliebaht und Hanna Maria Reusch
  • 1778 Franz Jochim Piehl und Catharina Cliebat
  • 1781 Hans Hinrich Hagman
  • 1782 Schäfer-Knecht Hans Kaspar Harten
  • 1783 Tagelöhner Hans Hinrich Wagner
  • 1784 Catharina Maria Piehl
    *Maria Dorothea Elisabeth Kliebat
  • 1785 Schäfer Franz Otto Bartels
  • 1788 Herr Johann Friedrich August Detlev Hilmers, Pächter zu Beckendorf

und J. (Jungfer) Antoinetta Lisetta Maria Dunkelmann, Tochter des Johann Joachim Dunkelmann, Gutsherr von Bekendorf.

  • 1789 Schäfer Johann Wilhelm Harten
  • 1790 Knecht Ernst Heinrich Kliebaht und Anna Catharina Elisabeth Behncke, Tochter des Johann Heinrich Behncke, Einlieger Bekendorf
  • 1791 J. Christina Marg. Reusch, Tochter des Leinwebers Hans Detlev Reusch, Bekendorf
  • 1792 Mamsell Dorothea Elisabeth Dunkelmann, Tochter des Erbherrn auf Bekendorf H. (Herr) Johann Joachim Dunkelmann
  • 1793 Johann Christoph Lindemann, Weber in Bekendorf
  • 1796 Catharina Franziska Büchner, geb. Becker, Witwe von Johann Heinrich David Büchner, Tischler in Bekendorf
  • 1797 Tagelöhner Hans Christian Burmeister und J. Maria Christina Elisabeth Berckhahn, Tochter des Franz Joachim Berckhahhn
  • 1798 Tagelöhner Hans Heinrich Müller und J. Catharina Maria Behncke, Tochter des Tagelöhners Johann Heinrich Behncke
  • 1799 Knecht Johann Joachim Samo und Anna Catharina Maria Berckhahn, Tochter des Tagelöhners Franz Joachim Berckhahn
  • 1800 Catharina Maria Kliebaht, Tochter des Tagelöhners Erdman Joachim Kliebaht
     *Franz Jürgen Berckhahn, Gutscher/Bekendorfer Hof (richtig wohl Kutscher)
     *Tagelöhner Johann Friederich Schefner und Hanna Maria Friederica Mirow, angenommene Tochter des Hirten Pieper in Bekendorf
     *H. Ernst Wilhelm Christian von Damitz, auf Bekendorf und Frl. Henrica Charlotte Louisa Dorothea von Schmeling, Tochter des Carl Alexander Ernst v. Sch., Hauptmann und Erbherr auf Jadeshagen im Kamminschen Kreise

Offensichtlich ist im 18. Jahrhundert die Zahl der Einwohner ganz wesentlich gewachsen. Aus dieser Übersicht können wir einige Erkenntnisse ziehen:

  • In der 1760er Jahren wird Beckendorf von dem Verwalter Brockmöller geführt.
  • Im Jahre 1788 ist Beckendorf an Johann Friedrich August Detlev Hilmers verpachtet, der in diesem Jahre die Tochter des Gutsbesitzers Dunkelmann heiratet.

- Ganz offensichtlich spielt die Schafhaltung weiterhin eine größere Rolle. Ausdruck dessen sind die mehrfach genannten Schäfer:

  • 1782 Schäfer-Knecht Hans Kaspar Harten
  • 1785 Schäfer Franz Otto Bartels
  • 1789 Schäfer Johann Wilhelm Harten

Träger des Namens Harten waren auch in Leisterförde und auf dem Vier als Schäfer angestellt.

- Nun gibt es in Beckendorf auch mehrere Handwerker:

  • 1764 Tischler Johann Jacob Sorge
  • 1791 Leineweber Hans Detlev Reusch
  • 1793 Weber Johann Christoph Lindemann
  • 1796 Tischler Johann Heinrich Büchner

- Die Träger der meisten genannten Namen sind aber Tagelöhner: Behncke, Berckhahn, Burmeister, Hengvoss, Kliebaht, Manke, Samo(w), Schefner, Wagner. Dazu sind sicher auch die meisten der übrigen Namen zu zählen, der des Schweinehirten Brodt, des Hirten Pieper und des Kutschers Berckhahn. Auffällig ist, dass diese Namen, teils in veränderter Schreibweise auch 1819 noch vorhanden sind.

Zwischen Groß Bengerstorf und dem ritterschaftlichen Gut Beckendorf gab es im 18. Jahrhundert Grenzstreitigkeiten. In den Archiven finden sich Akten über

  • Die von dem Amtsdorfe Groß Bengerstorf beanspruchte Mithutung in der Totenlage (1723/32)
  • Grenzirrung zwischen dem Amtsdorfe Groß Bengerstorf und dem Gute Beckendorf in der Todtlage und Barkhören 1741/56
  • Weide auf dem nach Groß Bengerstorf gehörigen Felde zu Bekendorf (1758)
  • Angemaßte Jagdgerechtigkeit des Hofes Bekendorf in der Solckau auf dem Groß Bengerstorfer Felde (1761/68). Dabei wird der Name von Kurzrock genannt.
  • Die mit dem Gute Beckendorf entstandene Differenz wegen des Ackers in den Barkhören
  • Hufenumschreibung wegen der Grenzregulierung zwischen dem Gute Beckendorf und Amtsortschaften
  • Permutation (Tausch) einer Badekow-Bretziner Wiese von Groß nach Klein Bengerstorf (1824/25).

Die Streitigkeiten zwischen dem Gut Beckendorf betrafen die Grenze in der Todtlage und in Barkhören. Es hat sich hier nicht nur um die Beweidung (Mithutung) sondern auch um die Lage der Feldmarkgrenze überhaupt gehandelt. 1751/56 wurde eine Einigung um die Grenzziehung erreicht. Jedoch hat der Landmesser Hertel noch 1841 berichtet: „Die äußeren Grenzen der Feldmark, an Bennin, Kl.Bengersdorf & Bretzin sind entweder durch Gräben oder die Schaale unzweifelhaft genau bestimmt, jedoch ist die Grenze mit dem Gute Beckendorf noch immer unzuverlässig und streitig. Eine vom Großherzoglichen Amte im Jahre 1837 vorgenommene Besichtigung unter Zuziehung des Gutsherrn bestimmte eine Grenzberechnung, die ich auch besorgte, welche aber nicht in Ausführung kam; ich habe daher abermals eine genaue Aussteckung und Rectificirung der Grenze vorgenommen, und solche in der Art besorgt, daß der zu beiden Theilen in Anspruch genommene Streitort von 70 []Ruthen in der Berechnung zur Theilung gekommen, und statt der krummen Linien möglichst gerade Richtungen, von der Bretzin-Bengersdorfer-Beckendorfer Grenze ab, bis zum Kaltengrund Tannen, angenommen sind. Auf der Bengersdorfer Directorial Karte, welche ich bei diesem Geschäfte zur Hand hatte, sind die Grenzlinien vorläufig mit Blei bezeichnet.“

Diese von Hertel bestimmte Grenze ist dann wohl doch ausgeführt worden, denn ein Vergleich der Karte von 1774 mit dem heutigen Grenzverlauf beweist dieses. Akten belegen, dass das Gut Beckendorf 1844 an Groß Bengerstorf 38 []-Ruten Acker und umgekehrt Groß Bengerstorf an Beckendorf 559 []-Ruten abgetreten hat. Die Streitigkeiten betreffen aber nicht nur die Grenzen der Feldmarken, die auch immer Amtsgrenzen zwischen den Domanialämtern und den ritterschaftlichen Ämtern waren, sondern auch die Weidegerechtigkeit, die Jagdgerechtigkeit und die Holznutzung. So übte 1761/80 Baron von Kurzrock, genau wie seine Nachfolger auf Beckendorf, Kochs Erben und Dunkelmann, die Jagdgerechtigkeit in der "Solkau" auf der Feldmark Groß Bengerstorf, obwohl es ihm nach längeren Verhandlungen untersagt wurde, trotzdem weiter aus.


Abbildung 18. Beckendorfer Feldmark auf der Wiebekingschen Karte 1786. Diese ist auf der Grundlage der Direktorialvermessungskarten entstanden, die für Beckendorf 1774 gemessen und gezeichnet wurde. In der Karte ist noch der streitige ältere Grenzverlauf zu erkennen.

In die ab 1792 abgeschlossenen Dorfpachtcontracte mit den Bauern der Domanialdörfer wurde regelmäßig die Pflicht für die Hauswirte und insbesondere für die Schulzen aufgenommen, die Grenze zu beobachten und zu bewahren: "Müßen Pächter auf die Grenzgräben auf ihrer Feldmark, wenn solche das erstemahl auf Kosten unserer Reluitions-Commission nach Ermäßigung (Maßgabe) des Amts gezogen, und in gutem Stande gesetzt sind, mit ihren Grenz-Nachbarn gemeinschaftlich stets offen und in gutem Stande erhalten. Dabei wird Pächtern überhaupt, besonders aber dem Schulzen zur Pflicht gemacht, auf die Erhaltung wichtiger Scheiden und Grenzen ein wachsames Auge zu halten, und dadurch allen Schmälerungen derselben vorzubeugen. Sollte aber von den Grenz-Nachbarn einige Schmälerung und Beeinträchtigung der Scheide unternommen werden, müßen sie davon dem Amte unverzüglich Anzeige machen".

Im Jahre 1814 hat der Kammerherr Otto Christian, Freiherr von Stenglin das Gut Beckendorf erworben. In dieser Familie sollte es über 100 Jahre verbleiben.

Im gleichen Jahr wurde Beckendorf auch vom Weltgeschehen berührt, als im August 1814 die napoleonischen Truppen unter Marschall Davoust die deutschen Verbände unter General Wallmoden nach einem Gefecht bei Lauenburg nach Schwerin über Boizenburg und Wittenburg zurück drängten. Der Überlieferung nach sind unter den Franzosenbuchen südlich des Lindemannschen (Lestinschen) Gehöfts gefallene Franzosen begraben worden. Die Buchen wurden bedauerlicherweise in der Notzeit nach dem Zweiten Weltkrieg von den Beckendorfern zu Brennholz geschlagen. Auch am Weg von Groß Bengerstorf nach Bretzin soll ein französischer Offizier unter einem Wacholderstrauch begraben sein.

In der Volkszählung des Jahres 1819 werden folgende Familien bei insgesamt 98 Einwohnern genannt: Arbert, Barkhan, Behncke, Brockmüller, Brumm, Burmeister, Burmester, Conradi, Dittmer, Ellergrün, Hagemann, Jungblut, Klatt, Klieboth, Kock, Mahncke, Meinke, Memmert, Möller, Muddel, Muß, Niemann, Oldach, Reusch, Sachleben, Samow, Scharffenberg, Schmidt, Schumacher, Steer, Von Stenglin, Stockmann, Vogt, Voß, Wegener, Wolbrecht, Wulff, Zapp.

Stenglin ließ das Herrenhaus errichten. Offenbar wurde es an den Vorgängerbau mit dieser Funktion angebaut, das dann zu einem Wirtschaftsgebäude herabgesunken ist. Das neue recht bescheidene Herrenhaus im neogotischen Stil ist noch vorhanden. Es gehörte nach der Aufsiedlung als Wohnhaus zum Resthof.

Raabe hat in seiner „Mecklenburgischen Vaterlandskunde“ im Jahre 1857 über Beckendorf geschrieben: „Bekendorf, 1 ½ Meilen nordöstlich Boizenburg, Hof mit 103 Einw., Lehn- und seit 1834 Baron von Stenglin’sches Fideicommißgut, steuert von 1481 Scheffeln und enthält 228.727 Quadratruthen. Jetziger Besitzer ist der Rittmeister a.D. Baron von Stenglin.“ Es handelt sich dabei um Dethloff Barthold Baron von Stenglin, der auch 1881 noch im Staatskalender genannt wird. Er hatte das Gut als Inhaber eines Fiideikommisses für den Familienverband zu verwalten und zu erhalten. Ein Fideikommiss sicherte das unveräußerliche und unteilbare Eigentum in der Regel für eine Familie. Die Familienkommisse wurden in der Weimarer Republik durch die Verfassung aufgelöst. Die Größe des Gutes betrug nach dem Staatskalender 1913 495,9 ha. Diese stimmt mit den angegebenen Quadratruten überein (228.727 QR : 461,3 QR/ha = 495,83 ha). In Beckendorf wurden für 1481 Scheffel Einsaat Steuern gezahlt. Der Scheffel Einsaat war ein Maß zur Bonitierung der Böden zu Steuerzwecken (ein Scheffel c für Roggen 38,85 Liter). Die seinerzeitige Annahme war, dass schlechter Boden weniger Korn trägt und deshalb weniger Einsaat benötigt (Einsaat eines Scheffels bei gutem Boden auf 75 Quadratruten, bei schlechtem Boden auf 250 Quadratruten). Beckendorf lag durchschnittlich bei etwa 154 Quadratruten je Scheffel. Das entspricht einem mittleren Boden. Der Hufenstand von 1481 Scheffel entspricht etwa 2,5 Ritterhufen oder 5 Bauernhufen als Vollhufen von 600 oder 300 Scheffel Einsaat). Die Bauernhufen der Region waren in der Regel keine Vollhufen sondern Viertelhufen mit 75 bis 80 Scheffel Einsaat, so dass der Beckendorfer Acker dann 20 Viertelhufen in der Größe wie in Bengerstorf entsprechen würde. Der Hof Beckendorf war 1848 abgebrannt und dann neu aufgebaut worden. Die Eigentümer von Beckendorf waren gleichzeitig auch Erbpächter auf Franzhagen in der Teldau, einem kleinen Hof von etwa 60 ha Größe mit ausgeprägter Weidewirtschaft. Letzter Besitzer aus der Familie von Stenglin ist Detlef Baron von Stenglin. In den Jahren 1896 bis 1913 war das Gut einschließlich Franzhagen an einen Herrn C. Ueckermann für jährlich 7000 Mark verpachtet. Franzhagen wurde jedoch 1905 verkauft. Der Beckendorfer Acker wurde bis 1916 in 5 Schlägen bewirtschaftet.

5.3. Die Entwicklung des Dorfes zwischen 1918 und 1945

Die Familie von Stenglin besaß Beckendorf bis 1916. Im Handbuch des ländlichen Grundbesitzes 1908 wurde der Pächter C. Ueckermann genannt. Ab 1913 bewirtschaftete Detlef Baron von Stenglin das Gut selbst. Nach der Auflösung des Familienfideikommisses im Jahre 1916, verkauft er 1917 das Gut an einen Oberleutnant a.D. Hans Schmidt aus Schwerin für 500.000 Mark. 1918 wollte dieser das Gut an einen Berliner Kaufmann Louis Astmann verkaufen, der aber wegen mangelnder landwirtschaftlicher Erfahrung nicht zum Zuge kommt. Deshalb wird das Gut 1919 für 1,4 Millionen Mark an einen Hans Nadeborn verkauft, der zuvor ein Gut Skadow bei Cottbus innehatte. Dieser verkaufte das Gut im Jahre 1920 für etwa 2 Millionen Mark an Dr. Georg Hasenkamp, einem Juristen aus Düsseldorf, der als Verwalter eines Gutes in Lothringen während des Ersten Weltkrieges einige landwirtschaftliche Erfahrungen gesammelt hatte. Das Staatshandbuch für Mecklenburg-Schwerin nennt 1923 den Gutsbesitzer Dr. Georg Hasenkamp, der 1927 mit dem Wohnort Tübingen ausgewiesen wird. Nun nach Einführung einer demokratischen und republikanischen Landesverfassung gab es im Dorf auch einen Schulzen, laut Staatshandbuch war das im Jahre 1923 Richard Müller. Seit dem Jahre 1925 liegt ein Protokollbuch der Gemeinde vor. In diesem Jahr bestand die Gemeindevertretung aus August Müller, W. Müller, Wilhelm Agit, Hermann Wendt, E. Nörren, Robert Siemann und dem Gutsvogt Adolf Bartels. Im Jahre 1927 wurde der Gutspächter August Beneke zum Schulzen gewählt. Dieser aus Wriedel bei Uelzen stammende Landwirt hatte das Gut im Jahre 1925 auf 15 Jahre gepachtet. Ihm zur Seite standen der Erste Schöffe August Müller (Arbeiter, Gemeindeältester) und der Zweite Schöffe Adolf Bartels. Im Staatshandbuch 1930 wird August Beneke als Administrator (möglicherweise im Auftrage einer Kreditbank) bezeichnet. Das war die Zeit, in der die Versiedelung wohl bereits vorbereitet wurde. Im Jahre 1922 war ein Herr von Kühlwetter als Inspektor nach Beckendorf gekommen. Dieser führte ein Tagebuch, das 1981 in das Landeshauptarchiv Schwerin gelangt ist. Dieses soll an dieser Stelle auszugsweise wiedergegeben werden: „Die Verkehrslage von Beckendorf … ist als äußerst ungünstig zu bezeichnen. Die Bahnstation Boizenburg liegt 12 km ab, die Stadt 14 km, davon 8 km einfacher Landweg, der bei feuchtem Wetter mit Lasten nicht befahrbar ist. In Boizenburg befinden sich die Amtshauptmannschaft, die Landdrostei und das Amtsgericht. … Post und Kirche liegen in Gresse 5 km Entfernung einfacher Landweg, Postbestellung findet einmal täglich mit Ausnahme der Feiertage statt. Als Marktort kommt Boizenburg in Frage, das Genossenschaftswesen ist nicht entwickelt. Störend ist, dass Boizenburg nicht D-Zugstation ist. Die Milchablieferungen erfolgen an die Genossenschaftsmolkerei Klein-Bengerstorf 4 km Landweg von Beckendorf. … Die Hoflage ist sehr günstig. Der Wirtschaftshof liegt genau in der Mitte der Wirtschaft, die Wiesen grenzen an den Hof, der Wald liegt an der Peripherie, so sind keine Außenschläge vorhanden. Der Hof ist groß und geräumig, aber nass und ist ein offenes Rechteck. Im Osten wird er durch das Herrenhaus begrenzt im Norden von Scheunen, Pferdestall und Schafstall, im Süden vom Rindvieh, Schweinestall und Scheune. Im Westen durch eine Mauer begrenzt geht er in das Gutsdorf über. Bauern gehören nicht zu Beckendorf. Im Jahre 1848 ist der ganze Hof abgebrannt und neu aufgebaut. Die Gebäude sind zum größten Teil massiv und hartgedeckt. Wasserverhältnisse sind unzureichend. Der Wasserbedarf wird aus 5 Handpumpen, die beinah 8 m tief sind gedeckt.


Abb. 19. Hof und Dorf Beckendorf im Jahre 1922


Abb. 20. Ansicht des Hofes Beckendorf vom Herrenhaus her gesehen im Jahre 1922


Abb. 21. Der Schweinehof in Beckendorf im Jahre 1922

Betriebsverhältnisse Acker Für die Bewirtschaftung der landw. genutzten Fläche ist in erster Linie die Schlageinteilung zu berücksichtigen. Bis 1916 wurde Beckendorf in 5 Schlägen a 250 Morgen bearbeitet. Dann wurde eine neue Schlageinteilung von 7 Schlägen a 150 Morgen und ein Außenschlag a 100 Morgen als Dauerweide vorgenommen. Die Fruchtfolge ist in den letzten 10 Jahren dauernd geändert worden, über die keine Aufzeichnungen vorhanden sind. Hieraus ergibt sich eine ungeordnete Düngungsübersicht, teilweise sind Schläge vorhanden, die seit 15 Jahren überhaupt keinen Stalldung, andere Schläge, die alle 2 Jahre Stalldung bekommen haben. Bis 1920 wurde wenig Kunstdung angewandt, vor dem Kriege ist aus eigenen Mergelgruben, die jetzt erschöpft sind, gekalkt worden. Seit 1920 beherrscht folgende Fruchtfolge Roggen, Roggen mit Serradella, Kartoffeln mit Stalldung, Hafer, Klee, Weide, Schwarzbrache. 1922 wurde die Schwarzbrache von mir abgeschafft und Gründunglupinen zu Roggen gesät und untergepflügt. Eine geologische Karte ist nicht vorhanden, der größere Teil ist lehmiger Sand und sandiger Lehm, der Untergrund ist größtenteils sandig, teilweise etwas Ton und Lehm. Außerdem ist der Boden quellig, schlecht drainiert und kalt. Der gesamte Acker ist ziemlich roh, stark verunkrautet mit Quecke und Hederich. Die Schlaggrenzen sind stark eingewachsen mit Dornhecken.

Wiesen und Weiden Das Wiesenverhältnis zur Gesamtwirtschaft ist als ungünstig zu bezeichnen. Es sind Niederungswiesen, die teilweise durch starken Baumwuchs sehr schattig liegen. Die Erträge sind knapp mittel, es wird 2mal gemäht. Koppeln und Weiden sind erst seit 1918 angelegt, da früher das Vorwerk Franzhagen genug Futter lieferte. Die angelegten Koppeln haben bis jetzt nur schwache Erfolge gehabt. 1920 und 1921 wurde ein Außenschlag als Dauerweide für die Schafe angelegt. Diese hat sich schlecht entwickelt und ist trotz ihrer Größe nicht in der Lage 200 Mutterschafen im Sommer genügend Futter zu geben. Im allgemeinen hat sich aus Mangel an Weiden seit 1920 der Zug bemerkbar gemacht Ackerland in Koppeln zu legen oder Luzerne anzubauen, beides mit schlechten Resultaten.

Wald Vorhanden sind 600 Morgen Wald, die in drei Teilstücken an den Außengrenzen liegen. Der Hauptbestand ist Kiefer, daneben aber auch Eiche und Buche vertreten und kleinere Bestände von Fichten und Birken. Das Durchschnittsalter liegt zwischen 40 – 50 Jahren. Eine geordnete Waldwirtschaft wurde erst von mir mit Hilfe der Forstberatungsstelle der Landwirtschaft eingerichtet. Die Forst wurde neu vermessen und ein Wirtschaftsplan aufgestellt. Der Wildbestand ist gering, mit Ausnahme des Rehwildes das zahlreich vertreten ist und Kaninchen. Rot- und Schwarzwild tritt nur vereinzelt als Wechselwild auf.

Leute und Arbeitsverhältnisse Menschliche Arbeitskräfte Um die Arbeiterfrage in Beckendorf beurteilen zu können, müssen einige Begleiterscheinungen aus der Nachbarschaft erwähnt werden. Irgend ein Verhältniss zwischen Besitzer und Arbeiter, wie es früher üblich war, besteht nicht mehr. Beide Parteien stehen sich feindlich gegenüber. Die Arbeiter sind im Landarbeiterverband streng organisiert, die Besitzer sind im Landbund hier nur sehr lose zusammengehalten. Seit der Revolution (von 1918, D.G.) haben sich die Verhältnisse stark verschlechtert und ist Besserung bis jetzt kaum zu bemerken. Teilweise liegt es an der falschen Behandlung von seiten der Besitzer. Überall macht sich das Eigenartige bemerkbar, dass nicht nur die jungen Leute sondern auch die Alten, die schon Jahrzehnte im Arbeitsverhältnis stehen den Besitzern feindlich gesinnt sind. In der hiesigen Gegend kommt hinzu, dass die meisten Güter in den letzten Jahrzehnten nicht mehr Familienbesitz sondern Handelsobjekt sind und viele Kaufleute und Industrielle Besitz erworben oder gepachtet haben. Die Besitzer wohnen nicht mehr auf den Gütern, die Fühlung mit den Leuten ist verloren gegangen, Beamtenwirtschaft ist eingerissen und heute wird es kaum möglich sein, wieder das persönliche in den Verkehr zwischen Arbeiter und Besitzer hineinzutragen. Jedes Entgegenkommen sei es durch Erntefeste oder ähnliches wird von den Leuten, hier also von der Gewerkschaft hetzerisch ausgenutzt. So sind seit 3 Jahren im der hiesigen Gegend auf allen Gütern die sonst üblichen Feste nicht mehr gefeiert worden. Dazu kommt die neue Verfassung in Mecklenburg-Schwerin, die dauernd Reibereien schafft. Alle Gutsobrigkeiten sind abgeschafft und selbst die reinen Gutsarbeiterdörfer sind in Landgemeinden umgewandelt, in denen durch das gleiche Wahlrecht die Arbeiter natürlich regieren. Die Arbeiter sind Gemeindevorstand, Schöffen, Schulvorstand u.s.w. Gemeindesteuern die nur der Besitzer tragen muss, werden beschlossen und der allein zahlende hat keinen Einfluss auf die Verwendung der Gelder. Der Gutsarbeiter gleichzeitig Gemeindevorsteher bewilligt sich im Kreise seiner Kollegen ein Gehalt. Alle amtlichen Schreiben, die nur für den Besitzer Interesse haben, sind an die Gemeinde adressiert und werden da im Kreise der Arbeiter erst beraten. Ein weiteres erschwerendes Moment macht sich für die Gegend stark bemerkbar, die Industrie. Hamburg, Lübeck und auch Berlin sind leicht zu erreichen. Boizenburg hat rege Industrie 2 Schiffswerften und eine große Wandplattenfabrik, in Zweedorf befinden sich noch große Fabriken zur Verwertung von Heeresgut. Die gesamte Landjugend auch Bauernkinder fährt per Rad in die Fabriken, wohnt zu Hause, verdient viel Baargeld und hat um 5 Uhr Feierabend. Aus diesen 3 Gründen

  • 1) Besitzer zum größten Teil nicht Landwirte
  • 2) Verfassung der Landgemeinden
  • 3) Nähe der großen Städte und Industrie

Sind die Leuteverhältnisse äußerst ungünstig. Dazu kommt für Beckendorf die einsame Lage, kein Gasthof, keine Gelegenheit zum tanzen. Außerdem wurden bei den wiederholten Verkäufen während der Kriegszeit und Leutenot, wahllos alte Leute in die Wohnungen gesetzt, bloß damit die Stuben voll waren. 14 Wohnungen sind vorhanden und besetzt. Hofgänger werden nicht gestellt, Frauen kommen nicht zur Arbeit. Also bei 14 Familien 14 Mann zur Arbeit, davon werden auf dem Hof gebraucht 1 Schäfer, 1 Schweizer, 1 Schweinefütterer, 1 Kutscher, 1 Gärtner, 1 Stellmacher, 1 Statthalter und ein Maurer. So bleiben nur 6 Mann zur Arbeit, die für Spezialarbeiten, bei den Maschinen, Kunstdung u.s.w. gebraucht werden. Die gesamte Feldarbeit muss mit Schnittern gemacht werden. Für polnische Leute (die Schnitter, D.G.) gab es jahrelang keine Erlaubnis und jetzt sind die Werbungskosten von der Grenze bis hier so hoch, dass sie kaum in Betracht kommen. Diese Arbeitskräfte rekrutieren sich also im allgemeinen aus deutschen Arbeitslosen, die keinen Drang zur Arbeit haben. Sie verstehen keine landw. Arbeit und besitzen auch nicht die geeignete Bekleidung, sodass sie bei ungünstiger Witterung nicht auf Arbeit kommen. Alle 8 – 14 Tage laufen sie weg und die einbehaltenen Kautionen decken nicht die entstandenen Unkosten. Ein sicheres Vorausdisponieren ist nicht möglich, da täglich die Zahl der Arbeiter wechselt. Gleichzeitig bringen diese Leute viel Ungeziefer mit und stehlen was sie bekommen können. Für die Lohn- und Arbeitsverhältnisse bestehen Tarife. Betriebsräte bestehen überall und muss mit ihnen gearbeitet werden.

Tierische Arbeitskräfte Es stehen nur Pferde zur Arbeit zur Verfügung. Kraftmaschinen zur Landarbeit sind nicht zur Verfügung.

Maschinen Die notwendige Kraft zum Dreschen, Schroten, Häcksel schneiden u.s.w. liefert ein 25 Ps.Benzolmotor. Maschinen sind ausreichend vorhanden. Technische Nebenbetriebe sind nicht vorhanden.“

Von Kühlwetter, der offenbar in der preußischen Provinz Pommern beheimatet war, lässt in seinen Aufzeichnungen erkennen, dass er einige standesbedingte Vorbehalte zu der Landarbeiterschaft und zu den neuen demokratischeren Bedingungen nach der Novemberrevolution 1918 hatte. In den nachstehenden Protokollauszügen aus dem Beckendorfer Gemeindebuch kann man jedoch einige seiner Bemerkungen durchaus nachvollziehen. Offenbar hatten sich durch die Aufgabe des Gutes durch die fast ein Jahrhundert ansässige Familie von Stenglin, durch die Bedingungen des Krieges und die Not der Nachkriegszeit doch wesentliche Veränderungen in der Gutsarbeiterschaft und deren Verhältnis zu den Gutsbesitzerfamilien ergeben. Die neuen Bedingungen ließen die Forderung nach Gestellung eines Hofgängers für die in den Gutsarbeiterwohnung wohnenden Familien nicht mehr wie in der Vorkriegszeit zu. In den nächsten Abschnitten macht von Kühlwetter Ausführungen zum ungünstigen Witterungsverlauf des Jahres 1922 (langer kalter und schneereicher Winter, trockenes Frühjahr und nasser Sommer bis in den Frühherbst hinein, frühzeitiger Wintereinbruch) sowie zu dem Anbau der Feldfrüchte 1921/22 (522 Morgen Roggen, 10 Morgen Winterweizen, 80 Morgen Hafer, 40 Morgen Gerste, 70 Morgen Mengkorn, Klee, 15 Morgen Serradella als Futter, 12 Morgen Lupinen, 52 Morgen Kartoffeln sowie Wrucken und Rüben, Koppeln, Dauerweiden und Wiesen), zum Viehbestand, zu den Futterverhältnissen, zur Forst, zum Garten und zu der "Verwertung der Produkte Genossenschaften und Viehverwertungsstellen sind nicht vorhanden. Der Absatz fand an Händler statt. Für Getreide, Futtermittel und Kunstdung kommt als leistungsfähig in der Hauptsache die Firma H. Knaack Boizenburg in Frage. Größere Kornverkäufe fanden nicht statt, da alles durch Zwangswirtschaft erfasst wurde. Für lebendes Vieh stellte sich der Schlachter Tennigkeit als der zuverlässigste heraus. Ferkel wurden direkt an die Leute verkauft. Wolle ging in die Wollverwertungsgesellschaft. Die Milch wird täglich in die Genossenschaftsmolkerei Klein-Bengerstorf geliefert. Holz wurde auf Auktionen verkauft. Geflügel an eine Weinstube in Boizenburg, Obst nach Hamburg. Die Preiserzielung war im Allgemeinen 20% unter Tagespreis der Hamburger Notiz. Die Frachtsteigerungen machten sich in den Preisen stark bemerkbar. Ein Nichtverkaufen und Anbieten an andere Händler brachten keine besseren Resultate. Es muss gesagt werden, dass es sich bei allen Produkten in der Regel nur um II. Sorte handelte, besonders beim Vieh, das wegen dauernden Futtermangel verhungert war. Gut verwertet wurden Wolle, Ferkel und Milch.

Totes Inventar Maschinen und Ackergeräte Maschinen und Ackergeräte waren ausreichend vorhanden, was fehlte wurde ergänzt. Das Fehlen einer Wiesenwalze und Schrotmühle machte sich fühlbar. Die benötigte Kraft wird von einem 25 Ps.Benzolmotor geleistet, der zu Anfang des Jahres wiederholt zu Reparaturen Anlass gab und die sehr unangenehme Eigenschaft besitzt bei Kälte schwer oder gar nicht anzuspringen. Die Brennstoffbeschaffung in der Hauptsache Reichskrafftstoff machte wenig Schwierigkeiten und wurde stets ein größerer Vorrat gehalten. Im Winter 21/22 wurden die Räder am Motor umgebaut, da die Riemen dauernd schleiften. Im Februar wurde ein großer Ledertreibriemen angeschafft, da der Kamelhaartreibriemen dauernd riss. Bei ungünstiger Witterung waren Tagesdruschleistungen von 10 Zentner nichts seltenes. Der Dreschkasten genügt für hiesige Verhältnisse, er ist stark abgenutzt. Entgran(n)er arbeitet schlecht, die Schlagleisten sind sehr abgenutzt. Unpraktisch ist das alle Lager in Öl statt in Stauferfett laufen und so viel Bedienung erfordern. Angeschafft wurde eine Saategge, 1 Einschaar-, 2 Hauptpflüge und versch. kleines Arbeitsgerät wie Hacken, Schaufeln, Forken u.s.w.. Im Lauf des Sommers wurde das ganze Gut und Dorf mit einer elektr. Anlage für Licht und Kraft versehen und die notwendigen Motore für Dreschen, Wasserpumpen und Stellmacherei gekauft. Die ganze Montage fiel in die Erntezeit und dauerte 4 Monate was für die Wirtschaft sehr unbequem war da oft geholfen werden musste, Löcher graben, Masten schälen und aufstellen u.s.w. Stromlieferung im Herbst 1923 geplant. Ungünstig ist das Fehlen einer Wasserzuleitung nach dem Pferdestall.

Gebäude Die Gebäude sind im allgemeinen in Ordnung. Neubauten fanden nicht statt, aber zahlreich Reparaturen. Die Dächer sind gegen Schnee alle undicht, nach einem Schneefall liegt in der Scheune ebensoviel Schnee wie draußen, ebenso auf den Stallböden. Im Frühjahr beim Beamtenwechsel wurde die Inspektorwohnung ausgebaut. Im Herrenhaus und im Wirtschaftshaus wurden die Fenster von außen gestrichen, um sie vor dem gänzlichen Verfaulen zu schützen. In den nächsten Jahren müssen eine große Zahl Fenster in beiden Häusern ersetzt werden, da sie bei ev. Öffnen auseinanderfallen. Ein Teil der Kachelöfen wurde im Frühjahr die andere im Dez. umgesetzt, da sie innerlich gänzlich verfallen waren. Im Dezember 22 wurde der Kuhstall aufgeschüttet und mit Feldsteinen gedämmt, solange war er pflasterlos und die Kühe standen in tiefen Löchern. Die Stellmacherei wurde aus der Scheune nach dem Schafstall verlegt, da die alten Räume für die elektr. Maschinen zu klein sind. Die Ställe wurden im Sommer geweißt, im Ackerstall eine Knechtestube eingebaut. Der Futterboden wurde an vielen Stellen ausgebessert, da er teilweise zusammenbrach. An Feuerlöscheinrichtungen ist eine Spritze vorhanden, zum Gebrauch fehlt das nötige Wasser. In allen Gebäuden befanden sich Feuerlöscher, in der Hauptsache Marke Total, die bei einer Probe restlos versagten. Es wurde eine größere Anzahl Minimaxapparate angeschafft und auf die Gebäude verteilt. Die Dorfgebäude befanden sich innerlich und äußerlich in schlechtem Zustande. Um die Dächer die 1921 neu gelegt waren und den Wohnungen mehr Licht zu geben, wurde jeder 2. Kastanienbaum abgenommen und verkauft. Die Böden in den Häusern sind alle unsicher, um einen Zusammenbruch zu vermeiden beim Holzlagern, wurde allen Familien ein Holzschuppen gebaut. Größtenteils haben die Wohnungen keinen Keller. In diesem Sommer wurden in 2 Wohnungen größere Keller mit Feldsteinen gebaut und 2 Kammern erhielten Holzfußboden. (vorher wohl Ziegelstein, D.G.) Die teilweise verfaulten Fenster wurden überall durch neue große ersetzt. Von außen wurden die Häuser ausgebessert und gekalkt. Am Herrenhaus wurden die gesamten Kanalisationen aufgenommen und gereinigt, da sie vollkommen verstopft waren und das Wasser in die Keller drang. Auf Schlag I wurden die verstopften Dränagen ausgebessert. Das Finden machte viel Arbeit, da keine Drainagekarte vorhanden ist. Dort wurden auch größere Partien Schwarz- und Weißdornhecken, die in den Schlag gewachsen waren, ausgerodet.

Geldverhältnisse Die Geldentwertung machte 1922 große Fortschritte, die sich in der Wirtschaft durch Bereitstellung immer steigender Mengen stark fühlbar machten. Im Winter fing man an mit Millionen zu rechnen. Bis zum Nov. hielten die Überweisungen des Besitzers mit den Ausgaben Schritt. Gearbeitet wurde in der Hauptsache mit der Meckl. Spar-Bank Boizenburg und der Sparkasse Klein Bengerstorf. Postscheckkonto wurde nicht benutzt, da der Postbote nur geringe Beträge mitbringen und annehmen durfte. Größere Summen mussten stets persönlich in Gresse ein oder ausgezahlt werden. Die Steuerlasten stiegen erheblich. Besonders die Schule erforderte große Ausgaben, da sie in den letzten Jahren vollkommen verwahrlost war. Die Versicherungen erforderten große Prämien, doch blieben die Versicherungssummen weit hinter dem Wert zurück.

Buchführung und Tarife Die Buchführung wurde durch den 2. Beamten erledigt. … Das Wirtschaftsjahr lief vom 1.April – 1. April. Am 1. April übernahm leider ein Bücherrevisor die Arbeit, das Wirtschaftsjahr wurde auf den 1. Juli verlegt. Gleich nach meinem Antritt musste ich den 2. Beamten Dr. Oberg wegen Trunkenheit an die Luft setzen und arbeitete bis zum 1. Juli allein. Dann stellte ich einen Herrn Berg ein. Viel Arbeit und Zeit forderte allmählich die Lohnzahlung durch die dauernden Änderungen der Abzüge und Deputatbemühungen. Das Markenkleben (für die Rentenversicherung, D.G.) wurde immer stärker und machte viel Arbeit. Die Tarife wurden durch die Landeslohnkommission stets den Geldverhältnissen angepasst bis zum Oktober Stundenlohn. Dann wurde eine Roggenwährung und damit Tagelohn eingeführt. Die verschiedenen Arbeitsgruppen wurden sehr verschieden bezahlt, die Schnitter wurden sehr schlecht bezahlt und das Futtergeld der Knechte war viel zu gering. Die Tarife wurden in hiesiger Gegend wiederholt überschritten.

Leuteverhältnisse Zum 1. April war ein Beamtenwechsel vorgesehen. Zur Übernahme der Wirtschaft traf ich am 1. Februar ein, um Mitte März die Wirtschaft ganz zu übernehmen. Die Leuteverhältnisse lagen hier recht eigenartig. Alles war im Verband organisiert, es regierte ein Betriebsrat, der eigenartige Sitten hatte und nur per „Wir“ redete, beim Eintritt ins Büro ungefragt sich Stühle nahm u.s.w. und einen großen Einfluss und Druck auf die tägliche Diensteinteilung ausübte. Er wurde von mir sehr schnell in seine gesetzliche Tätigkeit zurückgewiesen und ging nun in starke Opposition über, gegen mich wurde gehetzt als Landbundmann, der reaktionäre pommersche Sitten einführen wollte. Der Haupthetzer vor dem alle Arbeiter Angst hatten ist der hiesige Arbeiter W. Müller, der gleichzeitig Gauleiter des Landarbeiterverbandes ist. Im Frühjahr setze ich einige radikale Schnitter und Knechte raus, dieses verursachte große Aufregung und Widerstand beim Betriebsrat, der aber erfolglos blieb, da ich bis zur Landesschiedsstelle durchhielt und recht behielt. Überstunden wurden verweigert, trotzdem sie tariflich waren. Es musste wieder mit Erfolg bis zur Landesschiedsstelle durchgegangen werden. Langsam machten sich Erfolge bemerkbar und es trat etwas Ruhe ein. Das Knechtematerial war und ist heute noch schlecht, zeigt wenig Interesse für das Vieh. Die Fabriken ziehen alle jungen Leute an sich. Am schlechtesten stand es mit den Schnittern, für Polen gab es keine Erlaubnis, so kamen nur Arbeitslose in Frage, die zu keiner Arbeit zu gebrauchen waren. Ein sehr großer Fehler lag in der sehr schlechten Bezahlung der Schnitter, so dass brauchbare Leute sehr schnell versuchten, woanders Arbeit zu bekommen. Ordentliche Arbeit bei geringen Baargeld und fleischlosem Deputat war nicht durchzusetzen. Die Industrie wirkte weiter sehr ungünstig auf die Arbeiterverhältnisse. Die gesamte Feldarbeit muss mit Schnittern erledigt werden. Die Landarbeiter stellen keine Hofgänger mehr, auch die Frauen kommen nicht mehr zur Arbeit. Erntefeste fanden nicht statt. Arbeitsleistungen waren schlecht Die ganze Arbeiterfrage ist schon durch den Vorbesitzer verfahren und trostlos, sie ist der Hemmschuh für die ganze Wirtschaft.“

Im Anschluss beschreibt von Kühlwetter die Innenwirtschaft (Haus-, Geflügel- und Gartenwirtschaft, um die sich seine Ehefrau gekümmert hat. Angefügt sind einige wirtschaftliche Kennzahlen und die Fruchtfolge mit einem Plan der Schlageinteilung. Einige der genannten Kennzahlen werden hier im Anschluss wiedergegeben:


Entwicklung der Geldverhältnisse: Wert des Dollars in Papiermark 1920 1921 1922 1923 1. April 67 62 297 21500 1. Juli 37 75 401 54000 1. Oktober 61 124 1815 240.600.000 1. Januar 74 186 5600


Preise für 50 Kg Roggen in Papiermark 1920 1921 1922 1923 1. April 20 20 300 11500 1. Juli 20 142 580 41000 1. Oktober 20 165 640 320000 1. Januar 204 170 2500 245.000.000


Arbeitskräfte im Jahre 1922 Monat I II III IV V VI VII VIII IX X XI XII Zahl der Arbeiter 34 32 34 36 38 42 41 34 39 33 33 41


Wert der Arbeitsstunde bar 15,30 M bar + Deputat 84,70 M


Durchschnittl. Viehbestand: 1921 1922 Pferde 30,5 29 Rindvieh 47 46 Schafe 324,25 313,5 Schweine 62,5 72

Durchschnittliche Milchleistung der 27 Kühe: 1589 Ltr/Kuh


Ernte pro Morgen (in Zentner) 1920 1921 1922 dreijähriger Meckl.Schwerin Durchschnitt im Jahre1914 Weizen 9,4 12,3 6,8 9,5 10,8 Roggen 5,6 6,1 7,4 6,4 8,0 Gerste 5,2 9,3 11,1 8,5 10,7 Hafer 4,6 5,8 9,1 6,5 11,2 Gemenge 3,2 4,7 3,9 3,9 - Kartoffeln 10,8 45,6 67,8 41,4 63 Wrucken 40,5 - 141





Schlag Größe Vorfrucht Düngung 1921 Frucht 1922 Einsaat E Düngung 22 Einsaat Saat Bemerken 1 142 Petkuser Rog- gen, II.Absaat, nicht aufgelaufene Serradella 1 Ztn. 40% Kali, 10 Ztnr. Kalkstickstoff Kartoffeln, Wrucken, Mohr-rüben, Erbsen, Grünfutter Stall Stalldung 1 Ztnr. 50% Kali 1 Ztnr. Kalkstick-stoff Kart.

12 Ztnr.

Erbsen 80 Pfd.

 Grünfutter

1 Ztnr. gedrillt Saatfurche Im Frühjahr Wrucken und Rüben Erdfloh 2 201 „ „ 100 Petkuser Roggen 12 g Lupinen 15 Serradella 70 Mengkorn Serradella 1 Kaliamon- lauge 1 40% Kali 2 Thomas 7 Pfund 1 Zentner 20 Pfund 80 Pfund ??? gedrillt Stickstoff Mitte März auf den Kopf 3 118 Kleeweide Blaue Lupinen Gründung gedrillt Ende Juli wegen Hederich untergepflügt 4 171 Brache Petkuser Roggen Winterwiezen 25 Serradella 1 40% Kali 2 Thomas 1 Kaliamon-salp 70 Pfund

80 Pfund gedrillt Stickstoff Mitte März auf den Kopf 5 148 Mähklee Kleeweide schwach entwickelt gemäht 6 144 Hafer mit Klee 1 Ztnr. 40 Kali 1 P. 1 N. ?? 30 Serradella Mähklee 15 Pfund gedrillt vertrocknet, dürftige Kuhweide 7 135 Hackfrucht Stalldung 1 40% K. 1 Kalkstickstoff 40 S.Gerste 80 Hafer 10 Luzerne Kleegras 1 40 % Kali 2 Thomas ½ Ammoniak 70 Pfd. 70 Pfd. 20 Pfd. gedrillt Saatfurche im Frühjahr, Stickstof auf den Kopf Stark geeggt wegen Hederich 8 103 Dauerweide 1 40% Kali 2 Rhenania (phosphat) Duerweide 1 40% Kali 2 Rhenania dürftige Schafweide Koppel 65 Koppel 1 40% Kali 1 Thomasmehl Koppel 1 40 % Kali 2 Rhenania Koppeln Mai grün, Juni ausgebrannt Wies 55 Wiese 3 Kainit 2 Ltr. Rhenania Wiese 3 Kainit 2 Thomas Gute Gräser Narbe zu lose zu viel Schatten


Abb. 22. Schlageinteilung des Gutes Beckendorf im Jahre 1922 Die Abbildungen 19 bis 22 sind dankenswerter Weise von Herrn Dr. Matthias Manke aus dem Landeshauptarchiv Schwerin zur Verfügung gestellt worden.

Im Jahre 1931 wird für Beckendorf im Verzeichnis sämtlicher Ortschaften der Oberpostdirektion Schwerin die Zahl von 100 Einwohnern angegeben.

Im Januar 1931 wurde Beneke als Schulze - auch als Gemeindevorsteher bezeichnet – wiedergewählt, gleichzeitig sein Sohn G. Beneke als Erster Schöffe. Als Gemeindevertreter werden Wilhelm Agit, Gustav Mutz, August Müller, F. Wiemann und Adolf Bartels genannt. In diesem Jahr erwarb eine Siedlungsgesellschaft das Gut und siedelte es bis 1934 auf. Das ist wohl auch der Grund für das Ausscheiden des Schulzen August Beneke und seines Sohnes im September 1931, da er seine Pachtung verloren hatte. Als der neue Schulze wird in dem Protokoll August Müller genannt. Aber bereits am 15. Februar 1932 wird in der Wohnung des Gutsbesitzers Hasenkamp Arnold Friese als Schulze gewählt, gemeinsam mit den Schöffen A. Müller und W. Agit. Das Protokoll ist unterschrieben von Müller, Bartels, Agit, Wiemann, Karl Bobsien, G. Mutz und Friese. Offenbar hatte Dr. Hasenkamp noch Rechte in Beckendorf und Friese war als Pächter bzw. Administrator der Siedlungsgesellschaft nach Beckendorf gekommen.

Hier endet der erste demokratische Versuch in Deutschland, die Weimarer Republik. Sie war für die einfachen Menschen keine leichte Zeit, auch wenn sie jetzt demokratische Rechte hatten. Das äußert sich auch an einigen Protokolleintragungen in Beckendorf:

  • Am 30.01.1926 lehnt die Gemeindevertretung die Unterstützung für Tegler und Warnke ab. Diese waren offenbar arbeitslos. Sie sollten sich mehr um Arbeit bemühen.
  • 11. Jan. 1930: Austritt der Gemeinde aus dem Hebammenverband Greven.
  • 5. Jan. 1927: Robert Siemann erhält Feuerungszuschuss.
  • 4. Juni 1930: Der „Ortsarme“ Wendt soll Unterstützung erhalten. Zu einer Kornlieferung erbot sich der Mühlenbesitzer Konow aus Boizenburg, zur Milchlieferung der Arbeiter Gustav Mutz.
  • März 1931: Hilfsbedürftigkeit für einen Tillmann, der offenbar in Boizenburg lebte, wird bestritten. Es sollte keine Zahlung der Gemeinde an die Stadt erfolgen.
  • Mai 1931: Die Krankenunterstützung für Wendt wir abgelehnt.*
  • Juli 1931: Die Arbeiter Lüth und Kuckel erklären sich offenbar nach Querelen zur Zahlung der Bürgersteuer bereit, die vom Arbeitslohn abgezogen werden soll.
  • Jan. 1934: Der Landarbeiter Tepp soll in der Krankenkasse angemeldet werden. 1935 wird ihm eine Invalidenversorgung in Höhe von 17,50 RM (wohl monatlich) zugesprochen.
  • März 1934: „Weiter wurde beschloßen zwecks Ansiedlung des Landarbeiters Gieroska durch die Ansiedlungs-Gesellschaft die Beschaffung noch ausstehenden Geldes sofort in die Hand zu nehmen.“ Der Beschluss ist nicht mehr so ganz nachzuvollziehen. 1935 wird davon gesprochen, dass die Siedlungsgesellschaft ihn aus der Mietwohnung entfernen soll. Im September 1936 verzieht die achtköpfige Familie laut Meldebuch nach Kobrow.

Im November 1933 wird eine neue Gemeindevertretung gewählt, mit den Mitgliedern: Arnold Friese, der alte Schulze,, Albert Beck, Friedrich Lembke, August Müller, Hermann Petersen, August Heck und Hermann Schlichting. Neuer Schulze wird Hermann Petersen, Erster Schöffe August Müller, Zweiter Schöffe Hermann Schlichting. In diesem Protokoll sind bereits die Namen einiger neuer Siedler zu finden.

Im Jahre 1933 erfolgte die Versiedelung des Gutes Beckendorf durch die Norddeutsche Ansiedlungsgesellschaft AG Schwerin. Insgesamt entstanden 20 Siedlerhöfe:

  • A. Arnold Friese, der Resthof (war ehemals, wohl zwischen 1931 und 1933, Pächter des Gutes oder Administrator im Auftrage der Siedlungsgesellschaft),

1942 Hugo Laudahn

  • B. Elisabeth Gustävel, 1938 Paul Mundt
  • C. Paul Behncke
  • D. Friedrich Lembke, später seine Tochter Elisabeth Mundzeck
  • E. Hermann Lübbe, dann Berta Lübbe, später deren Tochter Betty, verw. Bunkowski,dann verehelichte Fiehn
  • F. Wilhelm Freitag, später Paul Freitag, dann F. Meyer, dann R. Haase
  • G. Wilhelm Behncke
  • H. Hermann Schlichting
  • J. Wilhelm Kort
  • K. August Müller, später W. Kort
  • L. August Heck
  • M. Karl Bobsien, später dessen Enkelin Ursula Schwark
  • N. Franz Striowski, später Bobsien
  • O. Albert Beck, 1938 Franz Bastian
  • P. Friedrich Grosch
  • Q. Hermann Petersen, später P. Meyer
  • R. Wilhelm Ahnefeld
  • S. Johann Lindemann, später Hermann Lindemann
  • T. Wilhelm Abel
  • U. Wilhelm Hinzmann (Ausbau Hatzberg)


Abbildung 23. Ortsplan nach der Aufsiedlung des Gutes etwa 1935

Für fünf Siedlungen wurden an der Straße nach Bretzin, für eine weitere am Hatzberg neue Gehöfte errichtet.


Abbildung 24. Haus Lindemann, jetzt Lentin

In diesem süddeutsch geprägten Baustil wurden die Gehöfte der Siedler Schlichting, Ahnefeld, Abel, Lindemann, Petersen und Hinzmann errichtet.

Zusätzlich wurden an Büdner und Häusler aus Groß Bengerstorf und Granzin weitere Flächen als Anliegerflächen verkauft. aus Groß Bengerstorf:

  • H.Goosmann, Büdnerei Nr.2 4,87 ha
  • W.Tofelde, Büdn. Nr.3 4,87 ha
  • Heinrich Voß, Büdn. Nr.5 4,87 ha

aus Granzin

  • K.Lemmermann, Büdn. Nr.6 7,85 ha
  • Karl Schwarz, Büdn. Nr.9 5,04 ha
  • Otto Muuß, Häuslerei Nr.13 5,11 ha

Die Siedler kamen aus folgenden Dörfern bzw. Regionen:

  • aus Klein Bengerstorf Hermann Schlichting
  • aus Lüttenmark (Hatzberg) Wilhelm Hinzmann
  • aus Altendorf (Boizenburg) Paul Mundt
  • aus Rensdorf Wilhelm Abel
  • aus Heidekrug Hugo Laudahn (erst 1942)
  • aus Schwanheide Karl Bobsien
  • aus Banzkow bei Schwerin *Paul Behnke

*Wilhelm Behnke *Paul Freitag *Friedrich Grosch *Friedrich Lembke *Hermann/Berta Lübbe

  • aus Plate bei Schwerin Johann und Wilhelm Kort
  • aus Lutheran bei Lübz Franz Bastian
  • aus Thomasburg bei Lüneburg Hermann Petersen
  • bei Gifhorn Johann und Hermann Lindemann
  • bei Minden Wilhelm Ahnefeld
  • aus Weißrussland August Heck (war zuvor bereits bei

Rostock ansässig)

Aus der nachstehenden Tabelle sind die Betriebsgrößen und die Kaufpreise für die Siedlungen zu ersehen.


Aus der Aufstellung wird erkennbar, dass die Anzahlungen verhältnismäßig gering waren und somit die Siedlungen von vornherein hoch belastet waren. Das wird sicher auch einer der Gründe für die schnelle Aufgabe der Siedlungen durch Elisabeth Güstävel, August Müller, Franz Striowski und Albert Beck gewesen sein. Der Anfang der Siedler auf ihren neuen Wirtschaften war nicht immer einfach. Nicht in jedem Falle waren die finanziellen Rücklagen so groß gewesen, dass eine gesicherte Wirtschaftsführung möglich war. Das Dorf war zu dieser Zeit auch noch nicht elektrifiziert, so dass der Einsatz von landwirtschaftlichen Maschinen (Dreschmaschinen, Schrotmühlen u. ä.), die einen Motorantrieb benötigten, nur mit Verbrennungsmotoren möglich war. Teilweise wurden Dieselaggregate zur Stromerzeugung genutzt. Hermann Lindemann (Jahrgang 1913) erzählt aus dieser Zeit (Auszug aus der Aufzeichnung von Dieter Kasper): „Das Gut Beckendorf wurde Anfang der 30er Jahre durch eine Besiedlungsgesellschaft in 20 Bauernstellen aufgeteilt. Man ging davon aus, dass sich die ehemaligen Tagelöhner des Gutes um eine Bauernstelle bewerben würden. Dem war aber nicht so. Nur einige wenige brachten dafür den Mut auf … Der Boden war überall ziemlich ausgelaugt, er brachte nur geringe Erträge. Nachdem das Gut aufgeteilt war, hat die Besiedlungsgesellschaft auf den Flächen, meist unmittelbar an der Straße gelegen, Wohn-Stall-Kombinationen bauen lassen. Die dazu gehörigen Ländereien … waren so gelegen, dass sie auf dem kürzesten Wege erreicht werden konnten. Da es nur wenige Einheimische gab, die sich um eine Stelle bewarben, wurden alle Höfe öffentlich ausgeschrieben. … Der Vater von Hermann Lindemann hatte zwei Siedlungen näher ins Auge gefasst, von deren Ackerflächen er sich wie alle anderen Bewerber, mit Spaten bewaffnet, Bodenproben holte, um für sich das günstigste Land auszusuchen. H.L., damals 20 Jahre alt, wurde von seinem Vater beauftragt, dabei mitzuhelfen. Lindemanns entschieden sich dann für diese Wirtschaft, u. a. deshalb, weil das Land recht günstig gelegen war und zum Hof über 15 ha gehörten. Lindemanns bewirtschafteten zuerst als einzige in Beckendorf ihren Acker mit Rindern im Gespann. Erst später legten sie sich ein Pferd zu. Die Arbeit war recht mühsam und schwer. Die ausgelaugten Felder gaben nicht viel her. Der Gutspächter A. Friese hatte vor der Aufteilung des Gutes, die Ländereien noch ordnungsgemäß bestellt. Gemeinsam wurde die Ernte eingebracht und unter die Siedler aufgeteilt. Zu der Wirtschaft gehörten 5, später mehr Kühe, Schweine, Geflügel u. a.. Um die Versorgung mit Kunstdünger war es sehr schlecht bestellt. Bereits zur Zeit des Rittergutes wurden die Felder mit Mergel, der aus der unmittelbaren Umgebung gewonnen wurde, gedüngt. Einige Mergelkuhlen sind auch noch heute erhalten.“

Bei der Aufteilung des Gutes hat die Gemeinde auch Gemeindeländereien erhalten. Im März 1934 wird benannt: 5,88 ha sollen an die Bedürftigen verpachtet werden. Darüber hinaus werden 11 Morgen am Hatzberger Weg und 2 Morgen an der Badekower Grenze genannt. Im Mai 1934 beschließt die Gemeindevertretung, dass die Gemeindeforst nicht verkauft werden soll, und im Juni 1934, dass ein Teil des Gemeindelandes in „14 Kompetenzen“ a 1200 Quadratruten als „Armenkompetenzen“ eingeteilt und der Rest von 3555 Quadratruten meistbietend verpachtet werden soll. Sie folgt damit dem Beispiel der benachbarten Bauerndörfer, in denen seit längerem ähnliche Verfahrensweisen üblich waren. Neu ist auch, dass die Gemeinde nun die Jagd auf dem Gemeindegebiet übernehmen kann. Sie will sie meistbietend verpachten. Der Jagdpächter aus Hamburg hatte eine Wohnung im Obergeschoss des ehemaligen Gutshauses (Friese, dann Laudahn) gemietet.

In Jahre 1934 befasst sich die Gemeindevertretung auch mit der „Reinigung der Wasserkuhle bei Behnke“ (Wilhelm Behnke), die als Löschteich genutzt werden soll. Ebenfalls in diesem Jahr wird eine Ortssatzung beschlossen, die vollständig mit der Mustersatzung übereinstimmte. Im September befasst man sich mit der „Übereignung der Schule“, wohl der Bretziner. Die Gemeinde sei bereit, die Schule unter der Bedingung zu übernehmen, dass sie unentgeltlich und ordnungsgemäß vom Schulverband übergeben wird. Auch die Wegebesserung als neue Aufgabe der Gemeinde wird nun ein Beschlussthema. Es wird im Dezember 1934 beschlossen, dass die Wegebesserung von Petersen bis Abel kabelweise nach Verlosung erfolgen soll. Und letztlich beschließt man in diesem Jahre auch die Beantragung eines Telefonanschlusses für das Haus des Schulzen. Im Übrigen befassen sich die Gemeindevertretungen überwiegend mit Haushaltsfragen. Die aufgeführten Beschlüsse über den Haushaltsabschluss lassen in jedem Jahr ein Defizit erkennen.

Im Jahre 1935 wird eine neue Struktur der Gemeindevertretung und -verwaltung wirksam. Es gibt nun keine Gemeindevertretung mehr sondern einen kleineren Gemeinderat. Am 17.12.1935 werden die Gemeinderäte Fritz Grosch, August Heck, Friedrich Lembke und Karl Bobsien vereidigt. Am 10.01.1936 wird Petersen erstmalig als Bürgermeister bezeichnet. Ebenso werden im Januar 1937 Albert Beck und Hermann Schlichting nun nicht mehr Schöffen sondern Beigeordnete genannt.

Das Staatshandbuch 1938 wies unter dem Bürgermeister Hermann Petersen 73 Einwohner, 494 ha Nutzfläche, einen Erbhof und sieben weitere Höfe auf. Da dieses rückwirkend für 1937 Aussagen traf, ist darin nicht der Wechsel im Bürgermeisteramt enthalten. Am 1. März 1938 übernahm der Siedler Albert Beck die Geschäfte des Bürgermeisters. Er ist aber bereits im September desselben Jahres verzogen.

Im Staatshandbuch 1939 wird dann für Beckendorf Hermann Schlichting als Bürgermeister genannt. Außerdem führt das Handbuch 73 Einwohner, und eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 499 ha, 13 Erbhöfe und 7 Nhf. (Neubauernhöfe) auf.

In den immer seltener werdenden Protokollen wird im Oktober 1943 Friedrich Lembke als Bürgermeister genannt. In den Protokollen ab 1938 unterschreiben nun auch Wilhelm Hinzmann und Wilhelm Abel, 1943 und 1944 ebenso Johann Kort und Ortsbauernführer Paul Behnke. Auffällig ist, dass der Krieg sich nicht in den Protokollen niederschlägt.