Tessin-Kuhlenfeld

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Kenndaten des Orts
Name (heute)Tessin-Kuhlenfeld
Regionale Einordnung (heute)
Postleitzahl19258
VerwaltungsamtBoizenburg-Land
LandkreisLudwigslust-Parchim
Zahlen
Einwohner?
KoordinatenBreite: 53.3770 / Länge: 10.8564

Tessin-Kuhlenfeld ist eine Gemeinde im Landkreis Ludwigslust-Parchim. Sie wird vom Amt Boizenburg Land verwaltet.

Vorbemerkung

Diese digitale Chronik wurde von Dieter Greve aus Schwerin bearbeitet, der seine ersten Lebensjahre in Boizenburg und Klein Bengerstorf verbracht hat. Dabei wurde die handschriftliche Chronik von Karl-Heinz Lietz, seinem Schulfreund und Verwandten, benutzt. Weitere Quellen wurden schon für die Bengerstorfer Chronik herangezogen. Das beruflich bedingt mögliche benutzte Kartenmaterial bildete eine weitere Quelle.

Geographische Lage

Das Gemeindegebiet Tessin-Kuhlenfeld befindet sich östlich der Schalle, an die es teilweise angrenzt.



-Größere Karte von Tessin-Kuhlenfeld anzeigen-


Ortsnamen, Dorf- und Flurformen

Bei seiner Ersterwähnung im Ratzeburger Zehntel-Lehen-Register in Jahre 1230 ist Tessin in der aktuellen Namensform als Tessin genannt, später auch als Villa Tessyn (Dorf Tessin) im Landbederegister des Jahres 1453. Den Namen deutet KÜHNEL als Ort des Tesa. Der slawische Name ist wie alle auf die Endsilbe -in auslautenden Ortsnamen auf eine Person bezogen. Den Namen des Ortsteils Kuhlenfeld wird man rein deutsch deuten müssen als unebenes Feld mit Kuhlen, eine schwer nachvollziehbar Deutung. Wenn man jedoch den ursprünglichen bis 1792 gültigen Namen "Kuhlendorf" ansieht, kann er durchaus auch slawisch/deutsch gedeutet werden als Dorf des Kula, vön altslawisch "kula für Kugel bzw. "kolo" für Kreis.

Tessin wird bei ENGEL als Zeilendorf und bei BENTHIEN als Zeilendorf mit einer Guts-Bauernflur beschrieben. Beiden Beschreibungen kann man nur bedingt folgen., denn die Zeile krümmt sich im Osten zu der Niederung sackförmig, so dass das Dorf in seiner ursprünglichen Gestalt mit der Bezeichnung als Sackplatzdorf, dem im Nordwesten zwei Gehöfte fehlen, besser beschrieben wäre. Von der grundsätlichen Anlage hat Tessin eine Langstreifenflur, wie die Wiebekingsche Karte von 1786 deutlich zeigt. Zeitweilig wurde eine Hufe als Schäferei betrieben, die sich jedoch offenbar in die Flur wie eine Hufe eingefügt.

Kuhlenfeld ist in seiner Geschichte sehr unterschiedlichen Bewirtschaftungsformen unterworfen gewesen, so dass sich die Flur- ganz abgesehen von der historischen Dorfform nicht mehr eindeutig feststellen lässt. Die von Benthien genannte Gutsflur wird zeitweilig zutreffend gewesen sein.

Kurztext zum Ort

In Raabe/Quade, Mecklenburgische Vaterlandskunde, Ausgabe 1894, Seite 563 werden Tessin und Kuhlenfeld gesondert aber als zusammengehörend beschrieben:

Tessin

Tessin bei Boizenburg, 1 1/4 Meile, östlich von der Stadt, (incameriertes Dorf mit 11 Erbpächtern, 4 Büdnern (1 Schmied), 13 Häuslern (1 Krüger), Schule. 170 (179) Einw.. Die Hamburg-Berliner Eisenbahn und Chaussee gehen südlich von Tessin über die Feldmark.

Kuhlenfeld

Kuhlenfeld bei Blücher, 1 1/4 Meile östlich von Boizenburg. Erbpachthof mit 4 Büdnereien und 60 (61) Einw. Der Hof, über dessen Feldmark die Hamburg-Berliner Eisenbahn führt, ist im Erbpachtbesitz von 9 Erbpächtern zu Tessin.

Tessin-Kuhlenfeld im Spiegel von Karten und Bildern

Feldmark Tessin im Jahre 1786 bei Wiebeking.

Diese Karte ist auf Grund älterer Vermessungen, wahrscheinlich bei der Landesvermessung und Bonitierung 1703 ff. entstanden

Tessin Wiebeking.jpg



Dorflage von Tessin nach Wiebeking.

Diese Karte ist ein vergrößerter Ausschnitt der Karte von Wiebeking.


Tessin.Dorf bei Wiebeking.jpg



Ausschnitt aus der Liegenschaftskarte von Tessin


Tessin.LK.jpg



Tessin in einem modernen Orthophoto


Tessin Orthophoto.jpg

Ortschroniken

Vorhandene Chroniken

Karl-Heinz Lietz, Chronik des Dorfes Tessin/Bzbg. Die Chronik ist nach seinem Bekenntnis auf der Grundlage eines Vortrages entstanden, den er 1976 zu einer 600-Jahrfeier des Dorfes gehalten hat. Diese Feier bezog sich auf das Jahr 1376. Dieses Jahr ist danach das der ersten nachweisbaren Existenz des Dorfes.

Die frühe Geschichte der "terra boiceneburg" (des Landes Boizenburg) und des Dorfes Tessin

Die Entstehung unserer Kulturlandschaft

Unsere Heimat ist durch die Eiszeit geformt worden. In einer älteren Eiszeit, nämlich im Warthe-Stadium der Saale-Eiszeit, entstanden unter dem lagernden Eis lehmige Grundmoränen. Als sich das Eis zurückzog und dann in der Weichseleiszeit erneut vorstieß, türmten sich die Schuttmassen vor dem Eis zu den großen Endmoränenzügen auf, die sich von Schleswig-Holstein über Mecklenburg bis in die Uckermark erstrecken. Die südliche Endmoräne befindet sich in unserem Raum an den Südenden des Schaalsees, des Dümmer Sees und des Schweriner Sees. Als das Eis abtaute wälzten sich gewaltige Wassermassen zum Urstromtal der Elbe. Auf ihren Bahnen durchschnitten sie die Lehmplateaus und schufen auf diese Weise die Täler der Boize, Schaale, Schilde und der oberen Sude (bis etwa Redefin). In diesen Tälern lagerten sie große Sandmassen ab. Tessin und Kuhlenfeld befinden sich vor einem kleinen Höhenzug auf dem Schüttkegel der Schaale am Übergang in das Tal der Sude. Der liegende Boden ist in stärkerem Maße mit Sand aus der Elbe-Sude-Niederung übersandet worden. Weil in dieser Zeit sich noch keine Pflanzendecke gebildet hatte, konnten die Winde den Sand weit transportieren. So wurden auch die verbliebenen lehmigen Hochflächen noch übersandet. Außerdem war die Versickerung und Erosion der Niederschläge in den noch unbewachsenen Böden sehr stark, so dass zusätzlich Lehmbestandteile in den Untergrund fortgeschwemmt wurden. Auf Grund dessen findet man in unserer Heimat sowohl lehmige als auch sandige Hochflächen, sandige Talniederungen, wie das Schaaletal, und auch moorige Bildungen besonders dort, wo in den Tälern ständig das Wasser staute. Auf den sandigen Böden siedelten sich Eichen-Birken-Wälder an, wie wir sie noch heute finden, wo die Wälder durch natürliche Bildung entstanden sind. Dort wo ständige Feuchtigkeit vorhanden war, siedelten sich Bruchwälder an, die in erster Linie von Erlen (plattdeutsch Ellern) bestockt waren. Diese Bruchwälder (plattdeutsch Ellerbraucks) finden wir am Übergang von der Höhe zu den Schaalwiesen sowie auch an den Bächen. Natürlich wird es auch Buchenbestände gegeben haben, aber nicht in Reinkultur. Sie sind ebenso wie die Kiefernwälder ein Teil der vom Menschen geformten Kulturlandschaft. Unsere Heimat ist eine Landschaft, die sich natürlicherweise immer wieder bewalden wird. Äcker und Wiesen sind ein Produkt der Arbeit des Menschen.

Die Ursprünge der Besiedlung und erste Erwähnung der Dörfer

Eine Landschaft, die reichlich mit Vegetation und Wasser ausgestattet ist, ist auch für die Tierwelt ein Paradies. Diese Bedingungen haben auch den Menschen bereits in frühen Zeiten gute Lebensbedingungen geboten. Zeugnisse für die frühe Besiedelung in der Bronzezeit, die etwa bis 600 vor der Zeitenwende gedauert hat, sind die reichlich vorhandenen Gräberfelder.

Die Sage hat sich u.a. der Kegelgräber in Bretzin bemächtigt. In Bretzin soll es eine unterirdische Verbindung zwischen den Gräbern geben. Eines der Bretziner Gräber soll ein Königsgrab sein, in dem sich auch eine goldene Wiege befindet. Im Düstern Busch wurde bei Grabungen nach mündlicher Überlieferung eine Hutnadel ausgegraben. Es wird sich sicher um eine nadelartige Fibel gehandelt haben. Scherbenfunde wurden vielerorts gemacht. Auf dem Tessiner Feld beiderseits der Straße nach Kuhlenfeld wurden beim Pflügen Urnen gefunden, in denen u.a. eine Bronzefibel enthalten war. Im Garten der Hufe VIII wurde ein Steinbeil gefunden, ein Beleg für eine sehr frühe Besiedlung in der Steinzeit.

Die früheste Besiedelung ist stammesmäßig nicht mehr zuzuordnen. Es ist aber sicher, dass bis zu dem 6.Jahrhundert unserer Zeitrechnung in unserem Gebiet, dem lüneburgischen, lauenburgischen und westmecklenburgischen Raum die germanischen Langobarden ansässig waren, die im Zuge der Völkerwanderung bis nach Norditalien zogen und dort der Lombardei (um Mailand) ihren Namen gaben. Der Name der Langobarden ist aber auch noch in den Ortsnamen Bardowieck und Barförde (Bardenfurt) zu erkennen. Prof. Horst Keiling hat in den 1970er Jahren im Wiebendorfer Wald östlich des Dorfes nahe der Grenze zu Tessin über 700 langobardische Gräber ausgegraben. In seinem Buch „Wiebendorf – ein Urnenfriedhof der frührömischen Kaiserzeit in Hagenow“ heißt es „Wiebendorf ist der erste vollständig untersuchte frühkaiserzeitliche Urnenfriedhof im Norden der DDR. Von etwa 800 ursprünglich auf dem Platz niedergelegten Bestattungen sind 718 mehr oder weniger gut erhalten geblieben und freigelegt worden.

Abb. 1 Langobarden-Friedhof.jpg






Abbildung 1. Funde auf dem Wiebendorfer Langobarden-Friedhof

Der Bestattungsplatz gehört kulturell in die kleine Gruppe der im Kreis Hagenow verbreiteten Langobardenfriedhöfe, die mit Kulturgut vom Spät-Latene-Charakter einsetzen, das im Unterelbegebiet für die Augusteische Zeit (etwa 30 v.u.Z. bis 20 u.Z.) typisch ist und im 2.Jahrhundert abbrechen.“ In seinem Aufsatz „Das Römischen Reich und die Germanen im Boizenburger Raum um den Beginn unserer Zeitrechnung“ (in „Zur Geschichte Boizenburgs“, Boizenburg 2007) führt Keiling aus: „Als im Herbst 1972 ein gewaltiger Sturm über das Land brauste, entwurzelte er in einem alten Hochwald auf einem Kiesrücken östlich des Tessiner Moores (Wiebendorfer Moor, D.G.) auf der Wiebendorfer Gemarkung zahlreiche dicke Kiefern. Beim Durchstreifen des Windbruchgebietes entdeckte ein Traktorist einen Bronzeeimer im Wurzelloch einer umgestürzten Kiefer. Unmittelbar danach erfolgte die Besichtigung des Fundplatzes durch einen Fachmann sowie die Übernahme des Gefäßes. Dabei bestätigte sich, dass hier ein unbekannter Langobardenfriedhof liegt, der offenbar noch nicht sehr zerstört ist. … Wiebendorf war der erste Friedhof aus dieser Zeit im Nordosten, der planmäßig und vollständig untersucht worden ist. 715 Bestattungen und zahlreiche Einzelfunde konnten ausgegraben und in einem Katalogband (Keiling 1984) der Öffentlichkeit vorgelegt werden. … Überblickt man das aus den Wiebendorf-Gräbern stammende umfangreiche Fundmaterial, so lassen sich besonders nach dem Formenwandel der Keramik drei aufeinanderfolgende Zeitphasen erkennen. …

1. Wiebendorf setzt mit Bestattungen ein, die mit situlaartigen oft mit einem Henkel versehenen Terrinen mit Punkt- und Strichverzierung niedergelegt sind (Abb. 1 m). Übrigens sind aus solchen Urnen mehrfach Harzstücke bekannt geworden, auf denen sich Zahnabdrücke befinden. Das aus Pech bestehende Harz fand wohl beim Totenbrauchtum Verwendung. Die Mehrzahl der Bronzegefäße, die die Langobarden von den Römern erhalten haben dürften, gehört auch in diese frühe Zeit. Es sind Eimer (Abb. 1 k), flache Becken, Bronzekessel mit Eisenrand und eine besonders schöne Kanne mit Gesichtsmaske mit Henkelansatz (Abb. 1 l).

2. Es folgen vorwiegend schwarze Terrinen, die mit ein- und zweireihigen Rollrädchenmustern verziert sind. (Abb. 1 n)

3. Zum Schluss herrschen Terrinen mit mehrlinigem Rollrädchenmuster und Riefornamenten vor (Abb. 1 o). Auch die Depots aus Waffen und Eisengegenständen, wie sie links der Elbe auf Langobardenfiedhöfen freigelegt wurden, traten in Wiebendorf auf. Lanzenspitzen (Abb. 1 h), Schildbestandteile (Abb. 1 i) und Schwerter sowie die von der Reiterei verwendeten Sporen (Abb. 1 c) weisen auf kriegerische Auseinandersetzungen hin. Eiserne, aber manchmal auch aus Bronze bestehende Gewandhaften, die die Archäologen Fibeln (Abb. 1 a/b) nennen, waren wie die verschieden geformten Schnallen und Gürtelverschlüsse Bestandteile der germanischen Kleidung. Eiserne Pfrieme, halbmondförmige Rasiermesser (Abb. 1 g), Messer (Abb. 1 e) und Scheren (Abb. 1 f) sind häufig auftretende Gebrauchsgegenstände.“

In das verlassene fast menschenleere Land zogen dann wendische Stämme ein. In dem von den Langobarden verlassenen Gebiet haben sich die Polaben (Anwohner der Labe = Elbe) angesiedelt. Ihr Stammeszentrum und -heiligtum war in Ratzeburg zu finden. Als um die Mitte des 12.Jahrhunderts die deutsche Besiedlung der von den wendischen Polaben bewohnten westmecklenburgischen Gebiete erfolgte, wurde um den Boizenburger Burg- oder Schlossbezirk auch das Land oder die Vogtei Boizenburg gebildet. Dieses später auch Amt genannte Land Boizenburg wird etwa gleichzeitig mit dem 1154 gegründeten Bistum Ratzeburg, zu dem es kirchlich bis zur Durchsetzung der Reformation etwa 1535 gehörte, entstanden sein. In der weltlich-politischen Organisation gehörte es zunächst bis 1203 zur Grafschaft Ratzeburg, dann zur Grafschaft Schwerin und ab 1358 zu Mecklenburg. Erwähnt wird es erstmalig in einer Urkunde aus dem Jahre 1158 als Heinrich der Löwe dem Bischof von Ratzeburg ein Tafelgut "in Boyceneburg Benin" schenkt. Die Ersterwähnung von Bennin ist somit auch die für die Vogtei Boizenburg. Die Dörfer der Vogtei dürften jedoch alle um diese Zeit entstanden sein, wenn sie denn nicht schon vorher als wendische Siedlungen bestanden haben. Ihre Ersterwähnung in Urkunden liegt aber häufig um vieles später. Das Ratzeburger Zehntenlehenregister von 1229/30, in dem viele Dörfer u.a. des Amtes Wittenburg zum ersten Mal urkundlich erwähnt wurden, ist für das Amt Boizenburg nur unvollständig erhalten. Mit Sicherheit sind aber mit ihren Zehntenlehen genannt:

   Zehnten für den Bischof:
        Granzin               24 Hufen
        Nieklitz              12  -"-
        Klimprow      	  	4  -"- (auf der Tüschower Feldmark)
        Niendorf         	-
        Bahlendorf   	        -
        Karrentin    	        7  -"-
        Dersenow   	        5  -"-
        Zahrensdorf           12  -„- 
        Blücher                4  Hufen  
        Lüttenmark             4  -"-
        Leisterförde           4  -"-.

In der Curie (bischöflicher Hof) "Bunserstorpe" sind von 6 Hufen Zehnten an den Bischof zu zahlen. In Übereinstimmung mit dem Mecklenburgischen Urkundenbuch darf man davon ausgehen, dass es sich bei Bunserstorpe um Bengerstorf handelt, da auch kein anderes Dorf mit ähnlichem Namen historisch belegt ist. Über die Zehnten für den Bischof hinaus sind Zehntenlehen für andere Personen in Granzin, Tessin und Gallin sowie zwei weitere nur unvollständig lesbare (der jeweils erste Buchstabe des Namens fehlt) und bisher nicht identifizierte Dörfer erwähnt. Es könnte sich bei ".ebande" um Nebande, das sagengafte Nebein auf der Gemarkung Bennin handeln und bei ".amnetin" um Gamnetin, verkürzt zu Gamm, um das Vorwerk an der Boize, das 1255 Graf Gunzelin III. an die Bürger zu Boizenburg verkauft hat. Der Name Gamm existiert nach wie vor für die Ausbaugehöfte in Boizenburg, Schwartow und Neu Gülze sowie als Flurname für die zwischen diesen liegenden Flächen. Bennin ist aufgeführt als "freigemacht für den Bischof in Feldern und Wäldern, Weiden und Wiesen, welche Herzog Heinrich (der Löwe) für den Bischof von allen Diensten befreit hat". In Tessin hat ein Reimboldus das "beneficio", das Zehntenlehen. Somit ist auch für Tessin das Jahr des Ratzeburger Zehntenlehenregisters 1230 das Jahr der Ersterwähnung. Kuhlendorf ist darin nicht erwähnt. Es scheint erstmalig im Landbederegister 1538 genannt worden zu sein, als die Besitzer Bauern das wüste Feld Kuhlendorf nutzen und dafür Bede zahlen..

Zugehörigkeit zur Pfarre Zahrensdorf

Tessin gehörte von Alters her zur Pfarre Zahrensdorf. Die Kirche in Zahrensdorf ist um 1200 erbaut worden. Der Sage nach sollte die Kirche ursprünglich ihren Standort auf den Bretziner Bergen erhalten. Es war bei der Missionierung des Slawenlandes durchaus üblich, den heidnischen Glauben dadurch zurückzudrängen, dass man die Gotteshäuser auf den Standorten heidnischer oder slawischer Heiligtümer errichtete. Das Bauholz, das tagsüber nach Bretzin gefahren wurde, lag am nächsten Morgen aber immer wieder in Zahrensdorf. Das wurde als ein Fingerzeig Gottes angesehen, die Kirche nicht auf den heidnischen Gräbern zu errichten. Deshalb soll sie schließlich in Zahrensdorf gebaut worden sein.

Zahrensdorfer Kirche im Jahre 1928

Zum Kirchspiel Zahrensdorf gehörten weiterhin beide Bengerstorf, Bretzin, seinerzeit auch Hof und Mühle Beckendorf (Die in den Registern genannte Sandmühle - daher der Name Möllerbäk für den Grenzbach zwischen Bretzin und Groß Bengerstorf. Die Bretziner bewirtschafteten in dieser Zeit auch das wüste Feld Beckendorf), Wiebendorf und Zahrensdorf, zeitweilig Dersenow, später auch die zwei Schildfelder Büdner östlich der Schilde. Dazu kam ehemals das gesamte Kirchspiel Blücher, zu dem Besitz, Timkenberg, Niendorf und das später in Niendorf aufgegangene Steder, Teschenbrügge und das lüneburgische Krusendorf gehörten. Kuhlendorf dürfte ursprünglich zum Kirchspiel Blücher gehört haben, weil beispielsweise der Dersenower Kirchsteig über Alt Kuhlenfeld führt. Es wird erst durch den Übergang der Nutzung des Feldes von Besitz an Tessin zum Kirchspiel Zahrensdorf gekommen sein, ähnlich wie Beckendorf durch den Übergang zum Gresser Gut von dem Kirchspiel Zahrensdorf an Gresse fiel. Der Kirchweg von Tessin führte durch den Wiebendorfer Wald auf kürzestem Wege nach Zahrensdorf. Der Kirchweg von Groß Bengerstorf nach Zahrensdorf führte über Bretzin, vermutlich eil es keine Brücke über die Schaale bei bengerstorf gab. Eine Erklärung für die Benutzung des Groß Bengerstorfer Kirchweges gibt die mündliche Überlieferung. Die deutschen Siedler in Groß Bengerstorf wollten nicht durch das wendische Klein Bengerstorf fahren. Die Groß Bengerstorfer hatten auch das Vorrecht, mit dem Totenwagen bis auf den Friedhof gefahren zu werden. Die Bewohner der ursprünglich wendischen Dörfer Klein Bengerstorf, Tessin und Zahrensdorf wurden dagegen über die Mauer auf den Friedhof gebracht, später durch das Tor getragen. In der mündlichen Überlieferung ist dieser Brauch noch bis heute bekannt (1996 Wilhelm Hagemann und Fritz Behrend nach Berichten des Vaters bzw. Schwiegervaters). Mündlichen Überlieferungen zufolge soll Groß Bengerstorf zeitweilig zum Kirchspiel Granzin gehört haben. Ina KAHNS, geb Hinselmann (Boizenburger Müllerfamilie, Großvater war der Küster/Lehrer Müller in Zahrensdorf) schreibt darüber in ihrem Buch "Zur Volkskunde des Landes Mecklenburg am Beispiel des alten Amtes Boizenburg zu Beginn des 20. Jahrhunderts" (Dortmund 1983). "Die Einwohner (von Groß Bengerstorf, D.G.) sollen evangelisch geworden sein, als in Zahrensdorf noch kein lutherischer Geistlicher war. Deshalb gingen sie über einen schmalen Richtsteig nach Granzin." In den Archivunterlagen war dazu keine Aussage zu finden. Dafür sprechen könnte aber ein in dem Messtischblatt von 1881 eingezeichneter Fußsteig vom Zölkower Weg bis Granzin, der aber auch einem anderen Zweck gedient haben könnte. Die arm an Wiesen wirtschaftenden Granziner landesherrlichen Bauern hatten in Besitz Wiesen zugewiesen bekommen. Es könnte sich folglich um einen Granziner Heuweg handeln.

Tessin und Kuhlendorf im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit

Landbederegister 1453

Villa Tessyn
Hans Wineken......1 M
Jacob Rusche......1 M
Ludeke Puche......1 M
swarte Tideke........4 ß
Clawes Hintzeman..1 M
Tydeman...........1 M
Hans Meyne........1 M
Clawes Peters.....1 M
Hans Janden.......1 M
Hans Rabaden......1 M
swarte Wineke.....1 M
Hinrik Tidemans... -
Jurges Tiges...... -
Summe...........10 M 4ß

In den Schlossregistern 1456, 1458, 1459, 1460, 1461 und 1462 wird Tessin nicht wie die übrigen Dörfer des Kirchspiels Zahrensdorf genannt. Die Schloss- und die Amtsregister führen die Pachtabgaben an den Grundherrn auf.

Das Kirchenhebungsregister aus dem Jahre 1598 gibt für Tessin weitere Angaben zu Abgaben:

Zu Tessin ein jeder Hofener 1/2 Scheffel und seint ihrer 12, Köter Claus Hintzeman  2 ß. Noch 2 Hufen daselbst , so Hartich Zule zu seinem 
Meyerhofe und Scheferey genommen und hat zuvor allzeit gegeben 1 Schfl.

und für den Küster:

To tessin schoelen wesen 13 (hufen)  und kriege von 11, 2 hefft Zule der juncker  genamen und von der eine hufe einen meyerhof gemaket, von 
der  andern eine scheffereye, er hat sich wol erboden da von zu geben, eß ist aber noch nicht in werk gestellet. Auß dem dorffe von den  11 
hovenern 5  1/2 Schfl.

Für das Jahr 1600 findet sich im Pachtregister des Gutes Gresse die Aussage: 1600 Januar 17. Heinrich Sprengel zu Gresse verpfändet an Hartwig Bischwang zu Körchow für 8000 Mark lübisch hypothekarisch seine Hof zu Leisterförde und die ganze Feldmark daselbst, auch die Schäferei, ferner: zu Dessin 5 pauren

Darauf folgt eine Aufstellung der Abgaben der 5 Tessiner Hufner an das Gut Gresse

 Hufner...............Pacht....Pachthafer....Futterhafer....Schneidelschwein.... Rauchhuhn
 in...................M..ß.......Schl. .........Schfl. .........Stück.............Stück
 -----------------------------------------------------------------------------------------
 Heinrich Hintzman....2...........6...............1...............1.................1
 Ties Meier...........2...........6...............1...............1.................1
 Simon Schröder.......1..10.......6...............1...............1.................1
 Hanß Berfoth.........2...8.......6...............1...............1.................1
 Pawel Tideman        2...........6...............1...............1.................1

Somit wird deutlich, dass von Sprengel auf Gresse der Grundherr für diese bauern war, an den sie folglich die Abgaben zu entrichten hatten.

Im Register der einfachen Landbede 1462 wird Tessin wie andere Dörfer mit einer summarischen Bede von für 12 1/2 Hufen aufgeführt.

Das Register der anderthalben Landbede trifft folgende Angaben:

..................hoven
Heneke Barvud.......1/2
Hinrik Hintzeman..1
Tideman Nigebur...1
Tideke Gereken....1
Tewes Wineken.....1
Hans Rabade.......1
Hans Jander.......1
Peter Vyd.........1
Hermen Dreyger....1
Hans Wyneken......1
Peter Peters 
    non dedit.....1
Hans Meynen.......1
swarte Werneke
    non dedit.....1

Summe 12 1/2 hoven 10 1/2 fl (Gulden)

Die Hufner Peter Peters und "swarte" Werneke zahhlen nich (non dedit). Sie sind entweder verarmt (pauper) oder von einer Katastrophe betroffen.

In den Schlossregistern 1463, 1464, 1468 und 1469 wird Tessin wiederum nicht aufgeführt.

Das Register der einfachen Landbede 1468 führt nur die summarische Angabe. Auch dabei ist Tessin nicht genannt.

Das Register der einfachen Landbede 1479 führt Tessin auf mit

Hinrik Hintzeman..... 1 hove
Hinrik Tiden..........1 "
Klawes Jander.........1 "
Hans Tydeman..........1 "
Hans Dreiger..........1 "
Heyne Struve..........1 "
Hans Rabode...........1 "
Tewes Wineken.........1 "
Hans Meynen...........1 "
Hans Jander...........1 "
Ostman................1 "
Henneke Barvot.........1/2"
korte Werneke       
tenetur (gehalten)....1 "

Summe 12 1/2 Hufen 11 172 Mark

1485 zahlen die einfache Landbede Hans Meyne, Hinrik Beneken, Hans Tydeman, Hinrik Tydeman, Thewes Wineken, Hans Rabade, Hans Jande, Ostman Tzeleken, Hans Dreger, Clawes Jande und Hey Struve jeweils 1 M für 1 Hufe, Henneke Barvot für 1/2 Hufe 8 ß (Groschen), Werneke dessen Hufe wüst ist, zahlt trotzdem 1 Mark.

Im Kaiserbederegister 1496" sind die Familien aufgeführt:

in deme dorpe Testzyn

Hans Meyne, 1 baden
Hans Pantze
Hanneke Barevot, 1 baden
Hinrik Beneke
  Hinrik Beneke, 1 baden
Hans Tidemann, 1 baden
  Jurgen Tydeman
Peter Rabade, 1 baden
Hans Rabade, 1 baden
olde Jande
  Bene Maneke
Ostman Tzeleke
  Hermen Tzeleke
Idel Woldeke
Clawes Jande
Heyne Struve
olde Rabadesche
Thewes Wynekesche

Bei andere Dörfern sind die Ehefrauen mit der Formulierung "cum uxore" genannt. Bei Tessin fehlt die Angabe. Man kann davon ausgehen, dass auch für Tessin die Formel "omnes cum eorum uxoribus" (alle mit ihren Ehefrauen) gilt, die bei Klein Bengerstorf angefügt ist. Dann würden 15 oder 16 Ehefrauen hinzu zu zählen sein. Wenn dann noch zwei bis 3 Kinder und einige Altenteiler hinzugefügt werden, käme man etwa auf 85 Einwohner.

Im Jahre 1538 zahlen Peter Hintzeman, Hans Barvoth, Peter Tydeman, Hans Boddiker, Hennike Schroder, Tytke Wever, Hermen Lemke, Clawes Manike, Hinrich Woldike, Hans Struve, Hans Manike Hans Scroder und Clawes Bertholdt jeweils für eine Hufe 2 Mark doppelte Landbede. Es sind also 13 Hufen anzunehmen

Im Lanndbederegister 1560 sind die Hüfner Steffan Hintzeman, Hans Barvoth, Steffan Tideman, Tomas Blucher, Hennecke Schroder, Titke Wever, Jurgen Bruckmoller, Marx Woldicke, Hans Maneke, Achim Woldicke, Hans Schroder und Hans Beneke genannt, die jeweils 2 Mark doppelte Landbede entrichten. Somit besitzen sie je eine Hufe.

Im Kirchenhebungsregister 1579 ist Tessin mit einer pauschalen Angabe enthalten: Tessin 6 1/2 Schfl. rogken als Meßkorn.

In den Landbederegistern 1584 und 1585 fehlt Tessin. Möglicherweise waren die Tessiner auf Grund von Witterungsbedingungen oder einer Katastrophe (Brand) außerstande zu zahlen.

1590 sind im Kirchenhebungsverzeichnis die Hufner verzeichnet, die "ider 1/2 Schfl. rogken" geben. Das sind die 12 Bauern: Chim Beneke, Hans Barfoet, Hinrich Hintzeman, Pawl Tideman, Drews Lemmeke, Hans Blucher, Simon Schroder, Tews Maneke, Hinrich Schroder, Stephan Woldeke, Hinrich Meyer und Chim Mowseke. Dazu wurde eine Nachbemerkung geschrieben: noch eine hofe so Hartwich Zule zu sich genommen und eine Scheferey dahin geleget, hat der pawr, so auf der hofe zuvor gewonet, dem pastor jerlich einen Schfl., dem custer eine halben Schfl. geben pflegen, gibt der juncker itzo nichts, wird aber billich dahin gehalten.

Cossaten: Claws Hintzemann 2ß.

Im Kirchenhebungsverzeichnis von 1598 sind die gleichen Hufner genannt, jedoch fehlt Chim Beneke. Dafür "von Zulen have 1 Schfl." Somit ist davon auszugehen das die Hufe von Chim Beneke zum Schäferhof des Zule gelegt wurde. Die Züle waren seinerzeit u.a. in Marsow angesessen.

Beginnend mit dem Bederegister 1538 findet sich für Besitz der Eintrag "de bur samptlich von dem wusten velde tho Kulendorp". Somit haben in dieser Zeit die Besitzer Bauern zusätzlichen Acker des ehemaligen Dorfes Kuhlendorf genutzt, der später nach der Bildung einer Schäferei an den Tessiner Hof zur gemeinsamen Bewirtschaftung gegeben wurde.

Der Dreißigjährige Krieg und seine Folgezeit

Die nächsten Nachrichten über Tessin erhalten wir aus der Boizenburger Amtsbeschreibung aus dem Jahre 1640. Zuvor hatten auch die Dörfer des Amtes unter ständigen Durchzügen der Heere beider Seiten, von der katholischen Liga und von der protestantischen Union, zu leiden. Diese gingen einher mit Plünderungen, Brandschatzungen, Gewalttaten an Bewohnern und gewaltsamen Rekrutierungen.

Amtsbeschreibung 1640

Der Hoff Teßin

 ist gantz wüste

Das Dörff Teßin

Darinen seint noch Leute vorhanden wie folget
Hans Lembke, ein Huefener, ist noch allein übrich, Frau und Kinder sind gestorben, ist bei andere leute immer, hatt kein Viehe und  
 nur 1/2 Schffl. geseyhet. Das gehöfte oder gebäude stehet zwar noch aber sehr baufellich.

Jochim Manke, ein Huefener, sein Haus stehet noch Frau und Kinder seint abgestorben, hat wieder gefreyet, hat gantz kein Viehe und nur

1/2 Schffl. Roggen geseyet. Das Haus ist noch in ziemlichem Stande.
Christoph Schütte, ein Huefener, hatt 1 Kuhe, 1 Kalb, aber gantz keine Anspannung, das Haus ist verwüstet, wohnt in einem Kathen,  
der wüst gestanden (zuvor Heinrich Arends)

Jochim Manßicke, ein Huefener, ist zu Kriege gezogen und ist diese Hufe gantz wüste

Jochim Arens, ein Köther nun wüst, Kathen hat Christoph Schütte.

Junker Krautz Sprengel (von Greße) hatt in diesem Dörffe 5 Hufen.

Her Bürgermeister Vogeler in Hamburgk zu Wiebendorf hatt in diesem Dörffe 1 Hufe, haben guten Stande


Auf das Jahr 1653 findet sich im Landeshauptarchiv eine Specification, die Aussagen zu den Hufen, Cossaten und Einliegern, sowie auch zum Viehbestand und zur möglichen Saat macht:

 Tessin , darin wohnen 3 Huffener, 1 Cossate, 1 Einlieger
             Haben an Viehe und Haabe: 9 Pferde, 10 Ochsen, 5 Kühe, 4 Stiere, 1 Starke, 8 Schweine, 0 Schafe, 0 Bienenstöcke,
             Können an Korn seihen:    34 Schl. Roggen, 12 Schl. Gerste, = Schfl. Erbsen, 14 Schl. Habern, 7 1/2 Schl. Buchweizen
 In der Specificatin fällt die geringe Zahl der Stellen auf. Dabei ist zu berücksichtigen, dass, wie 1640 benannt, 6 Hufen sich in der Hand 
 von Gutsbesitzern (Sprengel und Vogeler) befinden.

Auf das Jahr 1697 findet sich eine Spezifikation über Tessin. Daraus geht hervor, dass wenige Jahre zuvor eine Brandkatastrophe Tessin betroffen hat, Die Häuser der Hufen 3, 4 und 5 sind dem Brand zum Opfer gefallen, waren aber 1697 bereits wieder aufgebaut. Es gab aber noch einige Fehlbestände in der Hofwehr. Die übrigen vier Hufen waren in einem schlechten Zustand, was noch Folgen des Dreißigjährigen Krieges sein konnten.

Zum Begriff Hofwehr:
Die Hofwehr bestand aus den Gebäuden des Hofes und dessen Nebenanlagen, wie Zäune. Zur Hofwehr gehörte aber auch ein vom Amt festgelegter 
Bestand an lebendem und totem Inventar, incl. Saatgut. War mehr als der festgesetzte Bestand vorhanden, sprach man von der Überwehr. Diese 
war Eigentum des  Hufenbesitzers. Die festgesetzte Hofwehr war vom Bauern zu erhalten. Darunter fiel auch die Instandhaltung der Gebäude und 
Nebenanlagen. Bei der Hofübergabe war ein Minderbestand in der Hofwehr durch den Hufner materiell oder finanziell zu ersetzen.


Verzeichnis der Hofstellen im Jahre 1725: Tessin 8 Dreiviertelhufen, 2 Viertelhufen.


Die nächsten Nachrichten erfahren wir aus den Beichtkinderverzeichnissn der Pfarre Zahrensdorf.

Beichtkinderverzeichnis 1704

Tessien, Hof und Dorf gehören nebst allen Einwohnern Ihro Hochfürstl. Durchl. außer einem Bauern, de quo infra (diesen einbezogen):

1. Bothmann, Clauß, 56, Verwalter, E: Engel, 44
    Tiedemann, Hans, 19, Schäferknecht
    Möller, Hinrich, 16, Junge
    Schütt, Hans, 15, Junge
    Mahnken Gret, 22, Magd
    Abel, Ilsabe, 23, Magd
2. Schütt, Jochim, 43, Schultze, E: Ilsabe 43
    Schütt, Engel, 70, Mutter
    Schütten, Ann Dorthie, 16, T.
    Schütt, Frantz Clauß, 14, S.
    Schwart, Detlof, 22, Knecht
3. Lembke, Clauß, 26, Hüfner, E: Anna, 28
    Lembke, Köhn, 18, Bruder
    Schütten, Anna, 18, Dirne
    Kruse, Hans, 31, Einlieger
4. Tiedeman, Hinrich, 30, Hüfner, E: Trien, 23
    Tiedeman, hinrich, 80, Vater
5. Hintzman, Jochim, 40, Hüfner,  E:Greth, 33
    Hintzman, Anne, 60, Brudersfrau
    Hintzmansch, Dorthie, 16 deren Tochter
    Hintzman, Clauß, 40, Einlieger,  E: Liese
    Hintzmansch, Ann, 15, Tochter
6. Dähling, Hinrich, 60, Hüfner,  E: Greth, 50
    Dähling, Jochim, 20, S.
    Dähling, Hinrich, 18, S.
    Behnck, Jochim, 60, Einlieger,   E:Ilsabe 57
7. Ahrendt, Hinrich, 40, Hüfner,  E: Cathrine, 30
    Kahl, Hans, 15, Junge
    Behnck, Jochim, 34, Knecht,  E: Anna, 32
8. Mahncke, Caspar, 36, Hüfner,  E: Anna, 33
    Mahncke, Jochim, 70, Vater,  E: Anna, 70
    Mahncken, Liese, 19, Schwester
    Mahncke, Johann, 20, Bruder 
9. Hostman, Johan, 50, Hüfner,  E: Abel, 43
    Hintzman, Hanß Jochim, Stiefsohn
    Hostman, Caspar, S.
10. Schütt, Detlof, 50, Käter, E: Engel, 60
    Schwartz, Hinrich, 25, Stiefsohn als Knecht
    Schütt, Peter Hinrich, 15, S. als Junge
11. Kruse, Hartwig, 39, Käter
    Kruse, Jochim, 70, Vater,  E: Gret, 63
    Krusen, Ilsabe, 20, Schwester
12. Schütt, Stoffer, 40, Käter,  E: Sophie, 39
13. Schwartz, Hinrich, 60, Kuhhirte,  E: Cathrin, 57
Dieser nachfolgende Hüfener gehöret nach Wiebendorf dem H. von Stöterogge
Meincke, Hanß, 32, Hüfner,  E: Liese
 Meincke Jochim, 70, Vater,  E: Anna, 60
 Meincke, Hinrich, 26, Bruder, Schiffsknecht
 Meincken, Anna, 30, Schwester
 Schröder, Johann, 16, Junge

Kuhlendorf ist eine kleine Schäferey oder Meyerey, gehöret nach dem Hofe Tessien.

 Tiedeman, Gerdt, 30, Schäfer,  E: Anna, 23
  Schröder, Stoffer,, 40, Knecht,  E: Cathrin, 26
  Niemeyer, Hinrich, 18, Junge
  Bulowsch, Annmarie, 20, Dirne
  Bättger, Jochim, 30, Bauknecht,  E: Gret, 27

Aus dem Beichtkinderverzeichnis 1704 ergibt sich die interessante Tatsache, dass das im 16. Jahrhundert noch von den Besitzer Bauern genutzte wüste Feld Kuhlendorf offenbar nach dem Dreißigjährigen Krieg in einen Meierhof verwandelt wurde, der mit dem Tessiner Meierhof gemeinsam bewirtschaftet wurde. Dort wohnten 1704 8 Personen.

In den Jahren nach 1700 erfolgte nach der nach Landesvermessung und Bonitierung 1703 ff. eine Neubewertung der Hufen. Später wurden die Hufen in Abständen nach einer erneuten Bonitierung neu bewertet. Dabei erfolgte hinsichtlich der Feldanteile häufig auch eine Neueinteilung der Hufen. Daraus resultieren veränderte Angaben zu den Hufengrößen in den nachfolgenden Registern. In einer Specification aus dem Jahre 1725 für das Domanialamt Boizenburg werden für Tessin aufgeführt (s.o.): 8 Dreiviertelhufen und 2 Viertelhufen genannt.

Für die Spezifikation von 1725 war die Vermessung der Feldmarken und deren Bewertung nach Scheffel Einsaat durchgeführt worden. Die Karten der Feldmarksvermessung sind in den Archiven kaum noch vorhanden. Sie waren aber für den Ingenieur Wiebeking eine wesentliche Grundlage für die Erarbeitung seiner Landeskarte, die wiederum von Schmettau die Grundlaage seiner Karten wurde.

Die Bonitierung, d.h. die Feststellung der Ertragsfähigkeit der Böden erfolgte durch die Landmesser in Scheffel Einsaat. Flächen 
mit 100  Scheffel Einsaat sollten nun eine Hufe bilden. Zuvor war die Hufengröße als Flächenmaß gesehen worden. Eine Hufe sollte nach 
heutigen Maßeinhelten eine Fläche von 20 bis 21 ha ausmachen. Das war jedoch je nach Region uneinheitlich. Die Neubewertung 
sollte bessere Grundlage für die Besteuerung der Hufen sein. Bei der Bonitierung ging man von der je nach Bodenart 
unterschiedlichen Einsaatmengen aus. Auf den  Scheffel Einsaat entfielen bei guten Böden 100 Quadratruhten, bei schlechten 
Böden 200 Quadratruthen. Die Wiesen wurden nach Fuder Heu bewertet. Auf eine Hufe sollten 20 Fuder Heu kommen. Dem 
Fuder Heu entsprachen 150 bis 300 Quadratruthen, Aus diesen Zahlen ergab sich eine Hufengröße von 10000 bis 20000 Quadratruthen 
das sind 21,7 bis 46,4 ha. Die Dreiviertelhufen sind somit etwa mit 75 Scheffel (70 bis 80 Schfl.) bewertet worden.

Auch nach Ende des Dreißigjährigen Krieges bleiben die Zeiten im Amt Boizenburg unruhig. Im Jahre 1719 wird das Amt durch braunschweigische und hannoversche Exekutionstruppen besetzt. Auslöser dafür war der der Streit des Herzogs Carl-Leopold, der eine absolutitische Herrschaft einführen wollte, mit den Ständen, die ihrerseits keine Privilegien aufgeben wollten. Diese hatten sich beim Kaiser beklagt. Der Kaiser ordnete die Reichsexekutution im Reichskreis an, der von Braunschweig und dem Kreisobersten Hannover durchzuführen war. Im Jahre 1734 wird das Amt Boizenburg an Hannover verpfändet, um die Exekutionskosten einzutreiben. In Boizenburg werden hannoversche Truppen stationiert.

In den Jahren 1756 bis 1763 führte Preußen den Siebenjährigen Krieg, in dem Mecklenburg neutral war. Das Land hatte jedoch unter Durchmärschen mit Plünderungen und zwangsweisen Soltatenanwerbungen zu leiden.


Aus dieser Zeit liegt für Tessin das Beichtkinderverzeichnis aus dem Jahre 1751 vor.

Tessien, ein Herzogl. Amtsdorf:

1. Schultze Joch. Schütte (6 Personen)
2. Hüfner Hans Christopher Dahlenborg (5 P.)
3. Hüfner Hans Joch. Mancke (4 P.)
4. Hans Joch. Thal (6 P.)
5. Joh. Hintzman (5 P.)
6. Joch. Hintzman (4 P.)
7. Hans Joch. Tiedeman (5 P.)
8. Joh. Hinr. Wagener (5 P.)
9. Hartwig Meinecke (6 P.), gehört nach Wiebendorf

10. Cossate Hans Joch.Dahlenborg (5 P.) 11. Cossate Hans Jürgen Frantz (Frank?) (5 P.) 12. Clauß Hintzman (4P.) in Johan Hintzmans Backhaus 13. Kuhhirt Stoffer Stieger (2 P) 14. Schweinhirt Jac. Friedr. Pagel (2 P.)

Summa 62 Beichtkinder

Freie Leute: Verwalter in Tessien Caspar Stier, T. Marg., hat in der Meyerey Kuhlendorf 2 Schäfer so Schwäger sind Joch.Hinr. Lemkuhl, E: Sophie Dor. und Casper Michel Dunckelman, E: Liese, SchäferK: Jochen Böcke In der Schäferey Tessien hat er Schäfer Claus Casper Krantz, E: Trin, T: Magdalene und Christiana, SchäferK:Christian Friedr. Bencke

Eine Amtsbeschreibung aus dem diesem Jahre (1751) nennt für Tessin wiederum

 8 Dreiviertelhufen und 2 Viertelhufen, nun aber bereits 2 Büdner

Im Jahre 1800 wird für Tessin nur ein Büdner genannt. Möglicherweise ist von den 1751 genannten 2 Büdnern einer dem Pachthof Kuhlendorf zuzurechnen, somit wäre es dort der erste Büdner.

Weitere Entwicklungen im 18. und 19. Jahrhundert

Die Bauern, seit 1621 Hauswirte genannt, waren im Domanium wie in der Ritterschaft Leibeigene. Die Gesindeordnung aus dem Jahre 1654 formulierte "§1 . Nachdem die tägliche Erfahrung bezeuget, daß die Bauersleute und Unterthanen, Mannes und Weibes Personen ... ihrer Herrschaft, dieser Unser Lande Fürstenthümer kundbarem Gebrauch nach mit Knecht- und Leibeigenschafft sampt ihren Weib und Kindern verwandt und daher ihrer Person selbst nicht mächtig sind" so sollen sie "sich ohne ihrer Herren Bewilligung ihnen zu entziehen und zu verloben nicht befüget sein." Ebenfalls 1621 war den Untertanen die "Erbzins- und andere Gerechtigkeit" abgesprochen worden. Im landesherrlichen Besitztum, dem Domanium, waren die Auswirkungen der Leibeigenschaft geringer als in der Ritterschaft, aber doch wirksam bei den dort gelegten Bauern, die nicht mehr als Hauswirte auf ihrer Scholle saßen sondern in geringer Zahl auf dem landesherrlichen Hof arbeiteten. Die Hauswirte im Domanium saßen auch als Leibeigene auf ihren Hufen. Ihre Dienste waren weniger umfangreich als in der Ritterschaft. Sie stellten jedoch eine solche Belastung dar, dass Personal und Zugvieh (Pferde und Ochsen) in größerem Umfange als in der Eigenwirtschaft erforderlich gehalten werden musste. Daraus resultieren die umfangreichen Pferdebestände in den Registern des 17. und 18. Jahrhunderts. Die Dienste wurden als Hofedienste am landesherrlichen Hof oder als Extradienste für besondere Aufgaben, wie Fuhrleistungen, Wege- und Brückenbau und Reparaturen an landesherrlichen Gebäuden usw. geleistet. Für die ritterschaftlichen Bauern wurden in den Registern auch Pflugdienste aufgeführt, die selbstverständlich auch Bestandtteil der Hofedienste an landesherrlichen Höfen waren, Auf das Jahr 1681 datiert ein Kaufvertrag zwischen "Gustaff Àdolph, Hertzog zu Mecklenburg usw. und Generalleutnant Freiherr von Dellwig", der zu diesem Zeitpunkt Wiebendorf und Zahrensdorf besaß, über den Kauf von zwei Hufen in Klein Bengerstorf. Dieser ist offenbar nicht vollzogen worden, denn noch 1776 bekommt die Gutsherrin Frau Obrist-Lieutenantin von Kirchnern "aus dem Communion-Dorf Lütten-Bengerstorff zur contributuablen Hälfte eine Hufe, vier Zwölf Sechzehnteltheil, in Tessin 1777 ein Viertel Hufe, Zwanzig Eilf-Zwei-und-Dreyßigtheil Scheffel". Hier ist eine Hufe ein steuerlicher Begriff, der seit dem Landesgrundgesetzlichen Erbvergleich von 1755 300 Scheffel Einsaat beinhaltete, d.h. dass durchaus mehrere Hüfner die zugehörigen Flächen bewirtschaftet haben können, z.B. als Drittelhüfner mit 100 Scheffel Einsaat. Im Jahre 1782 bietet Baron von Rosen auf Wiebendorf der Reluitionskommission bei der herzoglichen Kammer die Hufen in Klein Bengerstorf und Tessin zum Kauf an.

Aus einem seinerzeitigen Schlagregister für Klein Bengerstorf wird erkennbar, das bereits um diese Zeit eine Einteilung der Feldmark in Schläge erfolgt ist. Die Schläge sind in Streifen unterteilt, die den einzelnen Hufen zugehören. Dabei befinden sich die ritterschaftlichen Bauern in Gemengelage mit den landesherrlichen Bauern. Die Anteile der einzelnen Hufen an den Schlägen konnten je nach Hufengröße unterschiedlich sein.

Ein Edict von Herzog Friedrich Franz aus dem Jahre 1785 bestimmt die Übernahme an die Reluitionskommission (Entschuldungskommission) für

 * Zwei 3/4-Hüfner   Hans Jochen Rehse (Hu. 2, wahrscheinlich Nachfolger von Claus Wiesecke)
                     Hans Jacob Köster (Hu. 8, wohl Nachfolger des Jochim Pinck)
 * 3/8-Hüfner        Jochen Brockmöller (Hufe 13)
               und Schneider Hans Behncke in Klein Bengerstorf, der bei Rehse wohnte.
 * 3/4-Hüfner        Jochen Peter Schwarz in Tessin


Copia

Friederich Franz von Gottes Gnaden Herzog zu Mecklenburg etc.

Ehrsame liebe Getreue! Wir wollen vor der Hand bis zu der im künftigen Frühjahr vorzunehmenden neue Regulirung der Dorf-Feldmark Lütten Bengerstorff bei der Bestimmung der Praestandorum der aquirirten Hufen in besagtem Dorfe und Tessin, den von aufgefertigten Ertrags-Anschlag zum Grunde legen, wonach

  • a) jeder der beyden 3/4tel Hüfner in Lütten Bengerstorff.........64 Rthlr., 32 ß. 6 4/5 &
  • b) der 3/8-Hüfner in Lütten Bengerstorff.........................32 Rthlr., 16 ß, 3 2/5 &
  • und c) der 3/4-Hüfner in Tessin..................................51 Rthlr., 32 ß, 4 &

erlegen soll.

Diese Praestandorum habt ihr folgendermaaßen wahr zunehmen

  • 1.) von jedem 3/4-Hüfner
  • a) an Contribution..............................................8 Rthlr., 2 ß
  • und b) an Pacht Geld in Quartals ratis.........................56 Rthlr., 30 ß, 6 4/5 &
  • 2.) von dem 3/8-Hüfner
  • a) an Contribution..............................................4 Rthlr., 1 ß und
  • b) an Pacht Geld in Quartals ratis.............................28 Rthlr., 15 ß
  • 3.) von dem 3/4-Hüfner in Tessin
  • a) an Contribution..............................................8 Rthlr,. 2 ß n/3 courant
  • b) an Pacht Geld 43 Rthlr., 2 ß, 4 & cour.

Dabey muß noch jeder dieser gedachten Hüfner jährlich die Neben-Steuer für Gesinde besonders bezahlen, wohingegen sie bis auf anderweitige Regulirung von Extra-Diensten befreyet sind.

Die Neben-Steuer ist nach dem Edict für Unsere Domainen wahr zunehmen, nach dem Edict für die Ritterschaft aber an den Land-Kasten gleich der Hufensteuer zu berichtigen. Desgleichen habt ihr auch die, von diesen Hufen zu berichtigenden Landes- und Amts-Anlagen zu bezahlen, und beym Schluß des Rechnungs-Jahres über die Ausgaben zu liquidiren. Wonach ihr euch zu richten.

Datum auf Unserer Vestung Schwerin, den 2ten Dec. 1785

Rechnung über die zum Herbst 1785 von den in Lüttenbengerstorff und Tessin aquirirten Hufen erhobene Contribution

Lüttenbengerstorff

  • 3/4 Hüfner Hans Jochen Rehse..............8 Rthlr. 2 ß
   für 1 Knecht, 1 Junge und 1 Mädchen....1 Rthlr. 26 ß
  • 3/4 Hüfner Hans Jacob Köster..............8 Rthlr. 2 ß
   für 1 Knecht und 1 Jungen..............1 Rthlr. 14 ß
  • 3/8 Hüfner Jochen Brockmöller.............4 Rthlr. 1 ß
   für 1 Knecht, 1 Jungen und 1 Mädchen   1 Rthlr. 26 ß
  • Schneider Hans Behncke.....................................2 24


Tessin

  • 3/4 Hüfner Jochen Peter Schwarz...........8 Rthlr., 2 ß
   für 1 Knecht...........................1 Rthlr., 2 ß

                                          33 Rthlr., 2 ß    2 24

Summa......................................36 Rthlr., 3 ß

Boizenburg 21. Ocktober 1786


Um den immer noch größeren Umfang der nicht genutzten Flächen zu verringern und damit verbunden auch den nicht erbenden Bauernsöhnen, den Dorfhandwerkern sowie den Dorfarmen eine wirtschaftliche Perspektive zu geben, damit auch der Landflucht vorzubeugen, erließ Herzog Christian Ludwig im Jahre 1753 das Büdnerpatent, das die Ansetzung von Bauern auf wüsten Hufen und von Tagelöhnern auf kleinen Erbpachtstellen (Büdnereien) im Domanium vorsah. Den Büdnern wurden

- zwei Freijahre (ohne Abgaben),
- das nötige Holz für den Bau und die Reparaturen der Gebäude,
- Teilnahme an der Gemeindeweide gegen Hütelohn für eine Kuh mit Kalb, einige Schafe und Schweine,
- 100 Quadratruten Gartenland,
- und nur 4 Thlr. Abgaben zugestanden.

Diese Büdneransiedlung wurde 1778 bereits wieder gestoppt und erst zum Ende des Jahrhunderts wieder aufgenommen. In den Dorfscontracten von Klein Bengerstorf von 1792 und Groß Bengerstorf von 1797 finden sich folgende Aussagen, die allgemein in dieser Zeit in die Contracte aufgenommen wurden, obwohl es in beiden Dörfern noch keine Büdner gab: "Sind die etwanigen Büdner im Dorfe zwar in Ansehung ihrer Amts- Erlegnisse (offenbar wurde von den Büdnern grundsätzlich Geld hinterlegt), nach Vorschrift des §phi 3 dieses Contracts von Pachtung gänzlich ausgeschlossen (von der contractlich festgelegten Gemeinschaftspachtung der Hauswirte und Cossaten). Inzwischen müßen sie doch, wenn es dort hergebracht ist, zu den gemeinsamen Dorfs-Lasten, als zu den Pfarr- und Mühlen-Diensten, zum Hirten- und Pfänder-Lohn (Pfänder = Panner = Feldwächter) zu den Feuer-Versicherungs-Anstalten, auch allenfalls zur Unterhaltung der Dorfs-Armen, zu ihrem Antheil nach Ermäßigung (Maßgabe) des Amtes mit zu Hilfe kommen, da sie patentmäßige Weide-Freyheit für ihr Vieh genießen (gemäß Büdnerpatent). Jedoch hat vorstehende Verbindlichkeit auf etwanige Büdner-Kathen im Dorfe keine Anwendung, weil diese ihre Wohnungen blos auf eigene Kosten zu unterhalten verbunden sind" (Büdner hatten den Status von kleinen Erbpächtern).

Im Jahre 1809 wurde ein neues Regulativ betreffend die Büdneransetzung erlassen. Dieses sah nun veränderte Bedingungen vor:

- gründliche Prüfung der Gesuche der "Baulustigen",
- Beihilfen an Geld, Material und Fuhren wurden zum Bau nicht mehr gewährt,
- nur noch ein Freijahr,
- keine Weidefreiheit auf der Gemeindeweide für die neu anzusetzenden Büdner,
- keine jährliche Hilfe mit Feuerung und Befriedigungsmaterialien, nur noch Stubbenroden und Holzsammeln an festgelegten Tagen,
- zur Verhinderung von Forstfreveln war die Pferdehaltung untersagt,
- keine Zuteilung von Wiesen in Erbpacht, nur in Zeitpacht, wenn ausreichend Wiesen vorhanden waren.
- Zu den 100 Quadratruten Haus-, Hof- und Gartenplatz wurde dann jedoch häufig noch weiteres Acker-, Wiesen- und Weideland in 
  Erbpacht gegen besondere Bezahlung gegeben. 

Nach einem Regulativ von 1828 waren alten Büdnereien bei künftige Feldmarksregulierungen für die Weidegerechtigkeit mit Land abzufinden. Das führte zu einer Vergrößerung der Büdnereien. Die Inerbpachtnahme weiteren Acker- Wiesen- und Weidelandes wurde nun gesetzlich sanktioniert. Darüber hinaus wurde es gestattet, mit Erlaubnis des Amtes weiteres Land in Zeitpacht zu erwerben. Den Büdnern wurde häufig Land in den Außenschlägen, das weniger intensiv genutzt worden war, oder weniger ertragsfähiger Acker zugeteilt. Dabei ging man davon aus, dass die Büdner zur Ernährung ihrer Familien die Nutzung ihrer Flächen intensivieren würden. Die Bedingungen für die Büdnereipacht waren im Büdnerbrief festgelegt, der nur bei Vergrößerung der Büdnerei verändert werden durfte. Das gab den Büdnern einige Sicherheit gegen willkürliche Eingriffe des Amtes. Als Erbpacht hatten die Büdner nun den Kornkanon in Geld zu zahlen, für den der Roggenwert als 20jähriger Durchschnittswert an verschiedenen Marktorten, so neben Schwerin, Wismar, Rostock und Grabow auch in Boizenburg festgestellt wurde.

In Tessin und Kuhlenfeld wurden am Ende des 18. Jahrhunderts erste Büdnereien geschaffen. Im Jahre 1800 waren es laut Mecklenburg-Schwerinschem Staatskalender (MStK) in Tessin 1 Büdner und in kuhlenfeld 2 Büdner.

Das Armenwesen in Mecklenburg bezogen auf Tessin

Bereits die Bede-, Landbede- und Schloßregister aus dem 15./16. Jahrhundert lassen erkennen, dass es eine Schicht der Armen gab, die keine oder nur geringe Abgaben zahlten. Da ist die Rede von den Kuffeners oder Kiffeners, die teils wie die Kother (Cossaten) teils auch nur die Hälfte der Abgaben zahlten. Diese werden nur ihre "Kuffe", einen kleinen Katen ohne Land besessen haben. Im benachbarten Lüneburgischen und in Sachsen-Lauenburg wurden sie auch als Brinksitzer bezeichnet, weil ihre Katen auf dem Brink, der Dorffreiheit standen, die Gemeineigentum der landbesitzenden Dorfbewohner war. Auch werden hin und wieder Hüfner genannt mit dem Zusatz "pauper" (arm), die obwohl sie wie Marten Kruße in Groß Bengerstorf 1554 noch Abgaben zahlten, doch danach in die Armut gefallen sein können.

Das in Norddeutschland verbreitete altsächsische für den Erhalt der Hufen vorteilhafte Anerbensystem, bei dem der älteste Sohn den Hof erbte und an seine Geschwister nur einen kleinen Anteil auszahlte, führte dazu, dass die Geschwister, wenn sie nicht in einen anderen Hof einheiraten konnten, zu Einliegern herabsanken oder sich einen eigenen Katen ohne Landbesitz bauten. Diese mussten sich ihr Brot durch Arbeit auf den Hufen anderer, als Hirten oder als Dorfhandwerker verdienen. Dieser Zustand hielt bis in das 20. Jahrhundert hinein an, wenn sich auch dann erweiterte Möglichkeiten boten, u.a. durch die Errichtung einer Häuslerei oder zuvor mit Einschränkungen auch die Einrichtung oder die Übernahme einer bestehenden Büdnerei.

Da unter den Bedingungen der Adelsherrschaft über den Ständelandtag, durch mittelalterliche Einrichtungen wie Zunftzwang und Bannmeile sowie auch wegen mangelnder natürlicher Voraussetzungen eine frühkapitalistische Entwicklung sehr behindert wurde, ergaben sich in Mecklenburg für eine wachsende Bevölkerung nicht genügend Erwerbsmöglichkeiten. Deshalb entwichen zahlreiche Leibeigene ihren Herren, den Rittergutsbesitzern und dem Herzog. Sie fanden im 18. Jahrhundert im Preußen Friedrichs II., genannt der Große, Möglichkeiten zur Ansiedlung in den kultivierten Brüchen (Oderbruch, Warthe- und Netzebruch, Havelländisches Luch). Auch in Rußland fanden Ansiedlungen in nahezu unbebauten Landstrichen statt. Im 19. Jahrhundert wanderten viele Mecklenburger nach Hamburg und Berlin aus. Hamburg wurde häufig scherzhaft "Hauptstadt von Mecklenburg" genannt, weil dort mehr Mecklenburger lebten als in der größten mecklenburgischen Stadt. Ein weiteres Ziel der Auswanderer wurde im 19. Jahrhundert Amerika.

Im 19.Jahrhundert entwickelte sich insbesondere nach der Aufhebung der Leibeigenschaft in verstärktem Umfange eine Schicht der grundbesitzlosen Dorfeinwohner. Diese bestand aus den Gehöftstagelöhnern, die zur Miete in den Katen oder anderen Nebengebäuden bei den Hauswirten bzw. Erbpächtern wohnten und den Einliegern, die ebenfalls bei den Hüfnern oder Büdnern zur Miete wohnten. Der Unterschied zwischen beiden Gruppen bestand darin, dass die Tagelöhner ein vertragsähnliches Arbeitsverhältnis mit den jeweiligen Gehöftsbesitzern hatten, während die Einlieger freier Lohnarbeit in der Landwirtschaft, in der Forst, im Torfstich oder als Handwerksgesellen nachgingen.

Der zweihieschige Tagelöhnerkaten der Hufe 14 am Karrentin. Grundrisszeichnung des Zimmermeisters Maaß aus Boizenburg. Archiv Greve

Die Wohnungen dieser Grundbesitzlosen in den Katen bestanden aus einer, selten zwei Stuben, einer Kammer, Küche, wenig Nebengelass und kleinen Ställen. Die Einrichtung von Mietswohnungen war begrenzt und durch das Amt zu genehmigen. Dadurch ergab sich die Situation, dass die Kündigung bei Tagelöhnern, mit deren Arbeit oder Verhalten der Gehöftsbesitzer nicht zufrieden war, oder bei Nichtzahlung der Miete bei den Einliegern schwer durchsetzbar war. Es war nämlich im Domanium nicht gestattet, Mieter auf die Straße zu setzen, so dass sie dann der Gemeinde als Obdachlose zur Unterbringung im Armenkaten und zur Zahlung von Unterstützung anheim gefallen wären. Das führte wiederum bei einigen Einliegern und Tagelöhnern zum Ausnutzen dieser Rechte, indem Mieten nicht bezahlt wurden (oft auch nicht bezahlt werden konnten) und die Arbeitspflichten der Tagelöhner nicht erfüllt wurden bzw. anderweitig gearbeitet wurde. Die Tagelöhner hatten contractmäßig von ihren Hauswirten Acker, Wiese und Weide zu erhalten, um eine Kuh oder ersatzweise einige Ziegen oder Schafe und in der Regel auch ein Schwein halten zu können. Die Einlieger hatten diese Möglichkeit zunächst nicht. Bei den Feldmarksregulierungen gingen die Ämter seit der Mitte des 19. Jahrhunderts immer mehr dazu über, von den Hufen oder von den extensiven Weideflächen Einliegerkaveln zu separieren, für die im Dorf wohnenden Einlieger und später auch die Häusler die Nutzungskompetenz (Nutzungsrecht) übertragen bekamen. Sie wurden deshalb Kompetenzländereien oder auch Einliegerkompetenzen genannt. Da nicht in allen Dörfern die Möglichkeit bestand Einliegerkompetenzen zu separieren, erhielten diese nach Möglichkeit auf den Nachbarfeldmarken diese Ländereien.

Die Spann- und Fuhrleistungen für die Tagelöhner mussten von den jeweiligen Gehöftsbesitzern gegen zusätzliche Arbeitsleistung erbracht werden. Die Einlieger, die spannviehlosen Häusler und vereinzelt auch Büdner mussten mit den Hauswirten bzw. Erbpächtern Vereinbarungen zur Durchführung der Spann- und Fuhrleistungen treffen. Für diese waren sie dann verpflichtet, Arbeitsleistungen zu erbringen. Das führte in vielen Familien zu Überforderungen insbesondere der Frauen, da die Männer in der Regel einer anderweitigen Arbeit nachgingen. Es blieb auch wenig Zeit für die eigene Ackerwirtschaft und das insbesondere zu den für die Arbeiten günstigen Terminen, zu der der Bauer sie auch anforderte. Balck klagt 1864 in seinem Buch "Domaniale Verhältnisse": "Bei einiger, für Häusler selbst principmäßiger Entfernung der Ländereien vom Dorfe können jene schon zu gewöhnlicher Zeit mit den oft spärlich bemessenen Mußestunden zu eigner täglicher Ackercultur nicht ausreichen, von ihren Ehefrauen nicht die nöthige Hilfe erhalten und müssen auch hier wieder Arbeitsverdienst opfern, wenn sie es nicht nur zu oft vorziehen, den Kirchenbesuch der Sonntage einzustellen und dann gesetzlich nur bis 1 Stunde vor Anfang und für ihre Gärten seit 1 Stunde nach Beendigung des öffentlichen Gottesdienstes ihnen gestattete landwirthschaftlichen Arbeiten vorzunehmen." Wenn man von der gesetzlichen Regelung der Sonntagsarbeit absieht, hatten diese Aussagen bis in die 1950er Jahre hinein Gültigkeit. Für die Nutzung der Kompetenzen waren die Einlieger verpflichtet, sich anteilig an den Lasten in der Gemeinde und der Kirche zu beteiligen, z.B. an den Beiträgen zu den "geistlichen Gebäuden" und für die Schule, sowie die Handdienste, während die Spanndienste nur von den Hufenbesitzern und den Büdnern mit Spannvieh zu leisten waren. Andererseits erhielten sie "die nothwendigen Fuhren zur Anholung von Holz und Torf sowol innerhalb als auch außerhalb der Feldmark, nach dem Prediger, dem Arzte, der Hebamme, zur Saline und zur Mühle, nach Ermessen des Amtes unentgeltlich oder gegen billige Bezahlung "übers Dorf", d.i. von den contractlich dazu verpflichteten Hufenbesitzern in abwechselnder Reihenfolge derselben, ..., geleistet, wogegen sie aber schuldig sein sollen um billigen Tagelohn bei diesen zu arbeiten." (Balck, ebd.)

Die Erbpächter und Hauswirte in der Region nahmen im allgemeinen eher "Dienstboten" als Tagelöhner in Stellung. Dadurch, dass diese ledig waren, konnten sie sich besser in die noch sehr patriarchalischen Verhältnisse in den Bauernfamilien einfügen, zu denen sie nahezu gehörten. Das hatte für beide Seiten Vorteile, in manchen Familien aber auch den Nachteil der größeren Ausnutzung. Gehalten wurden meist ein Grot'knecht (älterer Knecht) und ein Lütt'knecht (jüngerer Knecht) und ein bis zwei Mädchen (Grot' und Lütt'deern). Wie der Bauer im wesentlichen die Feldarbeit mit den Pferden erledigte und die Bäuerin der Arbeit in Haushalt und Viehwirtschaft vorstand, übertrug sich diese geschlechterspezifische Arbeitsteilung auch auf die Knechte und Mädchen. Die Stelle dieser Dienstboten konnten auch die erwachsenen unverheirateten Familienangehörigen übernehmen. Knechte und Mädchen wurden zunächst in erster Linie mit Naturalien entlohnt (Kleidung, Schuhe, Leinen, Wolle) und dazu Bargeld, dessen Zahlung mit der Zeit die Naturalvergütung immer mehr zurück drängte. Die Knechte und Mädchen wohnten in den Bauernhäusern in den Kammern der Abseiten neben der "Grot'däl". Der Wechsel des Dienstpersonals erfolgte in älteren Zeiten immer zu Michaelis (29. September).

Wie groß der Wunsch nach eigenem Haus mit ein wenig Land zu dieser Zeit war, lässt sich aus der Zahl der Gesuche ersehen, die in den Archivalien zu finden sind. Im Jahre 1821 ersuchten beispielsweise die Einlieger Hans Hinrich Jens aus Groß Bengerstorf, Franz Jochim Dalenburg aus Klein Bengerstorf und Franz Jochim Weseke aus Tessin und 1822 der Tischler Wunderwalck (Wunderwaldt?) aus Zahrensdorf um "Anbau nach Büdnerrecht". Dabei ist das Schreiben Dalenburgs, der sicher ein Abkömmling der einer der beiden Hüfnerfamilien (Hufen 9 o. 14) gewesen sein wird, besonders interessant:

"Aus Lüttenbengerstorf, wo ich jetzt wohne, bin ich gebürtig, habe aber einen gebrechlichen Körper, weshalb ich, da ich mich außerhalb des Dorfes nicht hinlänglich von der Schneider Profession, - die ich erlernt habe - ernähren kann, mich etwas auf die Musik gelegt habe. In dem Dorf Groß Bengerstorf ist jetzt kein Schneider und da bey der künftigern Regulirung dieses Dorfes wohl Büdnerstellen anfallen werden; so bitte ich unterthänig: Das hohe Collegium wolle gnädig geruhen, bey der Regulirung von Groß Bengerstorf, mir einen Platz zum Anbau eines Büdner Katens, nebst den übrigen Büdnergerechtsamen, an Garten, Wiesen, Acker, Weide u.s.w. auch das Recht in Groß Bengerstorf allein Schneider seyn zu dürfen, zu ertheilen.

In tiefster Devotion

der Großherzogliche ReluitionsCommission

unterthäniger Franz Jochim Dalenburg

Lüttenbengerstorf, den 15. Sept. 1821

conc. Neumann, Notar Boitzenb."

Dass das nicht immer den Vorstellungen der großherzoglichen Kammer entsprach, kann man aus einem vom Kammerpräsidenten v. Lehsten unterzeichneten an das Amt Boizenburg gerichteten Schreiben ersehen. Dieses lautet:

"Die Einlieger Hans Jens, Dalenberg und Weseke haben sich mit Gesuchen der Art, wie das unter dem 13. vorigen Monats ist, an ihre Amtsobrigkeit zu wenden, welche pflichtgemäß darüber berichten, oder sie von der Unstatthaftigkeit ihres Wunsches überführen wird. Schwerin, den 1ten Oct.1821."

Offenbar haben die Ersuchenden aber kein Gehör gefunden. Die Namen tauchen später nicht als Büdner, wohl aber als Einlieger und Häusler auf, so Jens und Wunderwaldt.

Die Verhältnisse nach der 1820 aufgehobenen Leibeigenschaft brachten es mit sich, dass sich die großherzogliche Regierung 1821 gezwungen sah, eine "Allgemeine Armenordnung" zu erlassen. Darin wurde unter anderem geregelt, dass jedem am Ort seiner Geburt oder des langjährigen Aufenthalts das "Heimatrecht" zu gewähren war. Damit war die Gestellung einer Wohnung verbunden. In der 1823 nachfolgenden Verfügung war ausgeführt, "daß solches Obdach, da es Schutz gegen die Witterung gewähren soll, mindestens mit einem von dem Hilfsbedürftigen zu benutzenden Herde und Ofen versehen sein muß." Wenn diese Festlegung auch mehr auf die Rittergüter zielte, so gibt sie doch ein allgemeines Bild über die Lebensbedingungen der Armen. Mit dem Heimatrecht verband sich auch die Gewährleistung der Versorgung der Armen, weshalb die Gemeinden und die Ämter nicht unbegrenzt bereit waren, Arme aufzunehmen. Häufig entstanden daraus entwürdigende Streitigkeiten. Nach der am 9. Mai 1859 erneuerten Armenordnung, die die Verhältnisse etwas günstiger gestaltete, wurden auch Armenkaten in den Domanialämtern gebaut, in denen Obdachlose untergebracht wurden. Diese hatten, nachdem sie wieder in Lohn und Brot standen, der Armenkasse die Mietszahlung nachträglich zu erstatten.

Eine kleine überlieferte Erzählung mag die Situation etwas illustrieren:

De dode Tippelbrauder

(So vertellt man sick in Bengelstörp, na de Upteicknungen von Fritz Behrendt)

Bi de Schaalbrüüg twüschen Groten un Lütten Bengelstörp in't Amt Boizenborg würr üm 1830 ein'n verhungerten Tippelbrauder dod upfunden. Dit weer in damaligen Tieden nix ungewöhnliches. Dat weern damals nah de Franzosentied ok schlechte Tiden. Nah dat damalige Gesetz müss de Dörpschaft, in de de Liek funden würr, se ok begraben. Hier geiw dat oewer Swierigkeiten. Dei Dode leig äben up de Brüüg mit den Kopp nah Lütten Bengelstörp un mit de Bein nah Groten Bengelstörp. Nu judizierten de beiden Schulten Franz Wöhlk' und Heiner Porthun hen un her. Keiner wull de Dörpskass' noch wieder belasten. Dor weer sowieso nich väl in. Sei würden sick nich einig un haalten deshalb den' besonners klauken Schaulmeister ut Tessin as Unparteiischen. De grüwelt hen un her. Schließlich besünn hei sick up ein olle latinsche Wiesheit, de hei up de Schaul lehrt harr. Hei särr. "Wo de Bein sünd, dor is dat Varrerland, de dodig Mann is dien, Schult!" un wieste up den' Schulten Porthun ut Groten Bengelstörp. De hett denn ok richtig den' doden Tippelbrauder up den' Kirchhoff in Zarnstörp begrawen laten."

Der Schriftsteller Jürgen Borchert hat in seinem Buch "Mecklenburg - Ein Anekdotenbuch" aus dem Hinstorff-Verlag, Rostock 1994 diese Anekdote aufgenommen:

Salomonisch

Auf der Schaalebrücke zwischen Groß Bengerstorf und Klein Bengerstorf im Amte Hagenow wurde um 1830 ein offensichtlich verhungerter Landstreicher tot aufgefunden. Dies war für sich genommen, in jenen Jahren nichts Ungewöhnliches, da die Tippelbrüder zu Hunderten im Lande Mecklenburg umherstrichen. Es galt nun aber das ungeschriebene Gesetz, daß in solchen Fällen die Gemeinde des Fundortes die Leiche auf ihrem Kirchhofe zu bestatten habe. Dabei ergab sich jedoch die Schwierigkeit, daß der Tote eben mitten auf der Brücke lag, mit dem Kopfe in Klein und mit den Füßen in Groß Bengerstorf. Die beiden Dorfschulzen judizierten lange hin und her, keiner von beiden wollte die ohnehin karge Gemeindekasse nun auch noch mit der Ausrichtung eines Begräbnisses belasten. Schließlich riefen sie den als gelehrt geltenden Schulmeister von Tessin als unparteiischen Dritten hinzu. Der besah sich die Sache, ging im Geiste seine angelernten lateinischen Sprüche durch, um einen passenden Tenor für diesen Fall zu finden, besann sich schließlich auf den alten Cicero und sprach: "Ubi bene, ibi patria". Das heißt: Wo de Beene sünd, is dat Vadderland. De Lik is din, Schult!". Dabei wies er auf den Schulzen von Groß Bengerstorf, der den Toten auch richtig zur Erde bestatten ließ.

(Der lateinische Spruch lautet richtig übersetzt: "Wo es gut ist, da ist das Vaterland". D.Greve)

Die Akten des Landeshauptarchivs enthalten eine Vielzahl von Auswanderungsfällen. Dabei ist zu unterscheiden in die Auswanderung in einen anderen deutschen Bundesstaat, die auch bereits die Entlassung aus der Staatsbürgerschaft - im mecklenburgischen Ständestaat noch "Unterthanen-Verband" genannt - zur Folge hatte, und der Auswanderung nach Übersee. Hier sollen die Bengerstorf betreffenden Fälle kurz aufgeführt werden:

Auswanderung in andere Bundesstaaten:

Notwendig waren Geburtsurkundwn, Entlassung aus dem "Unterthanenverband", wenn die neue Zugehörigkeit zum Staatsverband im anderen Bundesstaat genehmigt war., anderenfalls Nachweis des Heimatrechts durch Vorlage eines Heimatscheines, der im Falle der sozialen Bedürftigkeit die Abschiebung in die Heimat ermöglichte, bei dienstpflichtigen Männern der Nachweis der genügten militärischen Dienstpflicht.

  • 1866 Knecht Franz Joachim Christian Behnke aus Klein Bengerstorf beantragt die Entlassung aus dem Untertanenverband, um sich in Hof Grabow im preußischen Amt Lüchow niederzulassen. Nach knapp einem Jahr teilt das Amt Lüchow mit, dass der Hofmeister F.J.C Behnke das Wohnrecht in Hof Grabow erhalten hat, und sendet den Heimatschein zurück.
  • 1867 Hausknecht Franz Wilhelm Christian Behnke aus Klein Bengerstorf, zu der Zeit in Eutin, beabsichtigt sich dort niederzulassen und bittet um Entlassung aus dem Untertanenverband. Wenige Wochen später erfolgt aus Eutin die Mitteilung, dass Behnke in den dortigen Staatsverband übernommen sei. (Großherzogtum Oldenburg)

Auswanderung nach Amerika

Die Akten des Archivs enthalten eine Vielzahl von Auswanderungsfällen mit besonderer Häufung in der Teldau in Besitz und Gülze. Teilweise sind ganze Familienverbände ausgewandert. Um das deutlich zu machen, werden hier auch Fälle aus Bennin, Granzin und Tessin aufgeführt:

  • 1855 Liste der Auswanderungsverträge der Agentur Lazarus in Boizenburg enthält zahlreiche Fälle, auffällig Teldau, Besitz, Gülze, aber auch Bandekow und Lüttenmark.
  • 1857 Der vormalige Erbpächter Franz Heinrich Jacob Abel aus Klein Bengerstorf Nr.5 (Rehmen), der seine Hufe verkauft hat, beantragt für sich, seine Ehefrau, geb. Bantin aus Bennin, und seine acht Kinder den Auswanderungkonsens, weist Vermögen von 4500 Taler Courant nach, Protokoll beim Amt Boizenburg regelt noch erbrechtliche Angelegenheiten, ältester Sohn als Gehöftserbe erhält 400 Taler Bruder und Schwester des vormaligen Erbpächters erhalten die noch ausstehende Abfindung, zweiter und dritter Sohn sollen noch ausstehender militärischer Dienstpflicht genügen, bitten aber mit Unterstützung des Schulzen um Befreiung, Konsens wird ohne Auflagen erteilt, Abel verpflichtet sich zum Dank zu einer Zahlung in die Armenkasse, Auswanderung erfolgte mit dem Einlieger J.H.E.Bantin aus Granzin und Musicus J.H.C.Bantin aus Bennin, den Verwandten der Frau am 1.September 1857.
  • 1858 beantragt auch der Erbpächter Bantin Nr.8 (später Tiedemann) für seine Familie den Auswanderungskonsens, dazu der Einlieger Fick aus Granzin (Frau Fick war Schwester des Bantin) und dessen Bruder aus Gallin,
  • 1858 beantragt der Büdner Franz Hintzmann Nr.1 aus Tessin für seine Tochter Maria den Auswanderungskonsens, die dem Musicus Joh. Bantin "in Begleitung der Bantinschen Familie" folgen möchte,
  • 1858 kehrt aber auch ein Groß Bengerstorfer, der Knecht Heinrich Garber, nach vierjährigem Aufenthalt aus Amerika zurück, erhält jedoch die "verwirkte Unterthanenschaft" nicht zurück, darf aber auf Grund seines "Ortsangehörigkeitsverhältnisses" sich bei seinem Bruder (Hufe 10) in Groß Bengerstorf aufhalten.

Zu nennen ist auch der Schriftsteller Hermann Rehse (Bruder von Fritz Rehse, dem Älteren) aus Klein Bengerstorf, der zunächst 1901 nach Deutsch Ostafrika und nach der erzwungenen Rückkehr in der Folge des Ersten Weltkrieges in den frühen Zwanziger Jahren nach Kalifornien auswanderte.

Veränderung der bäuerlichen Verhältnisse ab 1800

Im ausgehenden 18.Jahrhundert wurden mit den Bauern der Domanialdörfer (Hüfner und Kossaten) gemeinschaftliche Pachtversicherungen, oft als Dorfscontracte bezeichnet. Letztere Bezeichnung war rechtlich nicht möglich, da mit leibeigenen Bauern keine Contracte (Verträge) abgeschlossen werden konnten. Diese Pachtversicherungen gaben den leibeigenen Hauswirten und Cossaten eine gewisse Sicherheit, dass sie bei ordnungsgemäßer wirtschaftlicher Führung nicht von ihrem Hof abgemeiert werden konnten. Sie dienten aber in erster Linie einer Neubonitierung und damit Neubewertung ihrer Hufe mit dem Ziel, möglichst eine höhere Pacht zu erlangen. Der Bonitierung ging häufig eine Neuvermessung und eine Neueinteilung der Feldmark voraus.


Für Tessin ist eine solche Urkunde zu dem frühen Zeitpunkt nicht bekannt. Für Klein Bengerstorf liegt eine solche aus 1792 vor, für Zweedorf aus 1793, für Groß Bengerstorf aus 1797, für Besitz 1856. Die Pachtversicherungen wurden in Abständen von 24 Jahren, teils auch geringer erneuert. Als Beispiel soll hier auszugsweise die Klein Bengerstorfer Pachtversicherung wiedergegeben werden:


 „Pacht-Versicherung für die Dorfschaft Lütten-Bengerstorff 
      Amts Boitzenburg auf
24 Jahre von Joh. 1792 bis dahin 1816“ 

(Anmerkung: Pachten wurden immer zum Beginn eines neuen Wirtschaftsjahres zu Johannis, dem 24.Juni abgeschlossen.)

„Wir Friederich Franz von Gottes Gnaden Herzog zu Mecklenburg, Fürst zu Wenden, Schwerin und Ratzeburg, auch Graf zu Schwerin, der Lande Rostock und Stargard Herr! Geben hiemit zu wißen: daß Wir nach beschafter neuer Regulirung der Dorfschaft Lütten-Bengerstorff Amts Boitzenburg solche Feldmark den Hauswirthen Pachtweise eingeben, und darüber nachstehende Versicherung ertheilet haben. Es wird solchemnach

                   § 1

den sämmtlichen Hauswirthen zu Lütten-Bengerstorff, namentlich … ihre bisher inne gehabte Feldmark mit allen, nach dem neuen Ertrags-Anschlage dazu gehörenden Aeckern, Wiesen, Weiden, Gärten und Wohrten (Hofland u.-koppeln, D.G.) und überhaupt mit aller Nutzung auf 24 nach einander folgende Jahre, nämlich von Johannis 1792 bis dahin 1816 solchergestalt pachtweise überlaßen, daß sie das alles bester ihrer Gelegenheit nach, jedoch auf gute hauswirthschafthliche Art, und wie es dieser Contract vorschreibt, während dieser Jahre nutzen und gebrauchen können, und so lange sie diesen Contracts-Verbindlichkeiten genau nachkommen, bei dem ruhigen Besitz und Genießbrauch allerwege gegen jedermann kräftigst geschützet werden sollen.

                   § 2

Wird zwar der von dieser Feldmark gefertigte neue Ertrags-Anschlag bey dieser Verpachtung zum Grunde gelegt; jedoch wird von dem angeschlagenen weiter nichts, als die Ruthen-Zahl garantiert. Conductores (Pächter, D.G.) haben sich dahero weiter nichts, als was besagter Anschlag, und so wie er in diesem Contract zum Theil noch näher bestimmt ist, enthält, anzumaaßen, mithin dürfen sie sich auf einen vormahligen Besitz und Genießbrauch nicht beziehen, sondern müßen sich mit demjenigen genüge laßen, was nach dem Anschlage und diesem Contracte ihnen verpachtet worden.

                   § 3

Gleichwie nun Conductores auf die Zukunft, wie im vorherigen §pho gedacht worden, sich nichts weiter anmaaßen dürfen, als was der Ertrags-Anschlag besaget, und durch diesen Contract näher bestimmt worden; so bleiben auch den zu folge nachstehende Punkte von der Pachtung gänzlich ausbeschieden: 1. Es cessiret (fällt weg, D.G.) ... 2. Werden der Garten, Acker und Wiesen des Schulmeisters, ferner der, zu dem am Post-Wege bei Schildfelde belegenen Kathen gehörende Garten, nicht minder der Schulzen-Acker, die Schulzen-Wiese, und die an die Mühle zu Schildfelde gekommenen Pertinenzen ... 3. Sind Pächtern schuldig dem Schulmeister die freye Weide für sein Vieh, welches er nach dem Schul-Reglement halten kann, zu geben. Demnächst bleiben 4. Pächter verpflichtet, die bishero von ihnen geschlagenen 14 Faden Deputat-Holz, da der Betrag im Anschlag dafür gekürzet ist, jährlich zu schlagen. 5. Sind auch die Büdner im Dorfe und deren Praestanda (Abgaben, Pflichtleistungen, D.G.), in der Pachtung nicht mit begriffen, maaßen diese nach wie vor besonders ans Amt entrichtet werden müßen. Ist auch die Jagd und die Mast in dieser Feldmark reserviret. Sollte letztere aber zur Verpachtung kommen, wird sie Pächtern vorzüglich für das Taxatum überlaßen.

                  § 4

...

                  § 5

Ist das gesammte Ackerwerk auf dieser Feldmark auf Kosten unserer Reluitions-Commission unter die 9 3/4-Hüfner und 5 3/8-Hüfner in 15 gleiche Theile vertheilet, daß mithin 14 Hauswirthe unter sich völlig gleich gemacht sind, und die beiden Achtler zusammen so viel, wie ein Hauswirt erhalten haben; auch das Feld in 7 Binnen- und 7 Außen-Schlägen vertheilet worden. Pächter müßen nun während diesen Contracts-Jahren, jede Schlagordnung so nutzen, daß 3 davon jährlich besäet, einer Braach und 3 zur Weide genutzet werden. Inzwischen wird den Pächtern auch gestattet, in die Braach Buchweizen zu säen. Conductores müßen den Acker jederzeit tüchtig und hauswirthschaftlich bestellen, die Braach-Schläge jedesmal gehörig bedüngen, und die nöthigen Acker- und Abzugs-Gräben aufziehen, mithin sich jederzeit als fleißige und tüchtige Hauswirthe bezeigen. Und da

                 § 6 

Pächter überhaupt schuldig und verbunden sind, alle zur Verbeßerung ihres Acker- und Wiesenwerks nöthige Waßer-Ableitungs-Gräben auf ihrer Feldmark aus eigenen Mitteln zu ziehen, und selbige stets offen und in gutem Stande zu erhalten; so wird ihnen noch besonders zur Pflicht gemacht:

                  § 7

Müßen Pächter auf die Grenzgräben auf ihrer Feldmark, wenn solche das erstemahl auf Kosten unserer Reluitions-Commission nach Ermäßigung (wohl Maßgabe, D.G.) des Amts gezogen, und in gutem Stande gesetzt sind, mit ihren Grenz-Nachbarn gemeinschaftlich stets offen und in gutem Stande erhalten. Dabei wird Pächtern überhaupt, besonders aber dem Schulzen zur Pflicht gemacht, auf die Erhaltung wichtiger Scheiden und Grenzen ein wachsames Auge zu halten, und dadurch allen Schmälerungen derselben vorzubeugen. Sollte aber von den Grenz-Nachbarn einige Schmälerung und Beeinträchtigung der Scheide unternommen werden, müßen sie davon dem Amte unverzüglich Anzeige machen.

                  § 8

                  § 9

Müßen Pächter ihre Gebäude auf den Gehöften, auch die sonstigen Dorfs-Gebäude, als Hirten- und Schul-Kathen u.s.w. jederzeit in Dach und Fach auf eigenen Kosten in gutem Stande unterhalten, mithin alle dabey vorkommende Reparaturen ohne Unterschied übernehmen; jedoch sollen ihnen dazu die rohen Holz-Materialien, ausgenommen die Tannen Bretter, als welche Pächter sich selbst anschaffen müßen, unentgeldlich, die erforderlichen Mauer-Steine aber gegen Erlegung des Brennlohnes und Zählgeldes, nach Ermäßigung des Amts und Forstes verabreichet werden. Allemahl aber wird Dorfs wegen das Dachstroh, wie es bey allen Pächtern in Unsern Domainen gebräuchlich ist, von ihnen unentgeldlich hergegeben. Jedoch hat vorstehende Verbindlichkeit auf die etwanige Büdner-Kathen im Dorfe keine Anwendung, weil diese ihre Wohnungen blos auf eigene Kosten zu erhalten verbunden sind. Daferne

                  § 10

aber neue Bauten unvermeidlich werden, soll Pächtern, in so ferne solche ohne ihr Verschulden, und bei Beobachtung zeitiger Reparaturen nothwendig werden, bei unentgeldlicher Verabreichung der sämmtlichen rohen Holz-Materialien außer den Tannen Brettern und der Ziegel-Steine, letztere gegen Erlegung des Brennlohnes und des Zählgeldes, zum Bau eines neuen Hauses = 100 Rthlr N/3tel und zum Bau einer neuen Scheune = 30 Rthlr N/3tel, wofür sie solche Bauten tüchtig und untadelich beschaffen müßen, ausbezahlt werden. Auf andern sonstige neue Bauten aber, als Schul-, Altentheils-Katen, Thor- und Hirten-Häusern, auf Ställen, wird außer den rohen Holzmaterialien nichts gut gethan. Mit den, bey den in ihrem Dorfe vorkommenden neuen Bauten erforderlichen Spann- und Hand-Diensten, auch Dach-Stroh-Lieferung, bleibt es bey der bisher eingeführten Ueblichkeit, worauf ein jeder Wirth pro rata diese Dienste unentgeldlich leistet, und das Dachstroh hergiebt.

                  § 11

Zu den Befriedigungen erhalten Pächter keinen Busch aus unserm Forst unentgeldlich angewiesen, sondern sie müßen diese Bedürfnisse aus ihrer Weiden-Zucht nehmen, und zu dem Ende muß jeder Hauswirth jährlich wenigstens = 100 Stück Pathweiden stoßen und zum Anwachs bringen oder für jede fehlende Weide = 16 ßl N/3tel Strafe erlegen. Des Endes sollen alle auf ihrem Felde befindliche Weiden aufgezählet, und diese Aufzählung alle 6 Jahre Forstwegen wiederholt, und sodann derjenige Hauswirth, der es an der vorgeschriebenen Beförderung der Weiden-Zucht ermangeln laßen, mit obiger Strafe belegt werden. Setzen Pächter statt der Befriedigungen Stein-Mauern, so erhalten sie für jede Ruthe 16 ßl N/3tel vergütet. Die benötigten Latten, Schleete p.p. müßen Pächter aus dem ihren anzuweisenden kleinen Brüchen auf ihrem Felde nehmen. Und da

                  § 12 

in Zukunft alle Brücken auf dem Felde und in den Wegen auf dieser Feldmark nach Möglichkeit von Feldsteinen auf Kosten des Amtes verfertigt werden sollen; so verbinden sich Conductores, die hiezu erforderlichen Spann- und Hand-Dienste ohne Vergütung zu leisten und demnächst diese Brücken im Stande zu erhalten. Wie sie denn auch verpflichtet sind, die sämmtlichen Land- Communications-(Verbindungs-, D.G.) Kirchen- Mühlen- und Acker-Wege, so weit ihr Feld reicht, imgleichen die Dämme im Dorfe auf ihre Kosten in gutem Stande zu erhalten. Besonders müßen Pächter den über ihre Feldmark gehenden Postweg stets in gutem fahrbahren Stande erhalten und wenn er verschnien ist aufschaufeln. Das zu den Wegebeßerungen etwa nöthige Holz, soll ihnen, wenn sie davon bei der jährlichen Zimmer-Besichtigung die nöthige Anzeige machen, nach Ermäßigung des Amtes und Forstes unentgeldlich verabreicht werden.

                  § 13 

Sind die etwanigen Büdner im Dorfe zwar in Ansehung ihrer Amts-Erlegnisse (offenbar wurde von den Büdnern grundsätzlich Geld hinterlegt, D.G.), nach Vorschrift des §phi 3 dieses Contracts von der Pachtung gänzlich ausgeschlossen. Inzwischen müßen sie doch, wenn es dort hergebracht ist, zu den gemeinsamen Dorfs-Lasten, als zu den Pfarr- und Mühlen-Diensten zum Hirten- und Pfänder-Lohn (Pfänder = Panner = Feldwächter, D.G.), zu den Feuer-Versicherungs-Anstalten, auch allenfalls zur Unterhaltung der Dorfs-Armen, zu ihrem Antheil nach Ermäßigung (Maßgabe) des Amtes mit zu Hülfe kommen, da sie die patentmäßige Weide-Freyheit für ihr Vieh genießen. (d.h. gemäß Festlegungen im Büdnerpatent, D.G.)

                  § 14

Entrichten Pächter die üblichen Priester- und Küster-Gebühren außer der Pension ohne Vergütung; sie leisten auch bei vorfallenden Pfarr- und Kirchen-Bauten die ihnen obliegenden Spann- und Hand-Dienste nach wie vor unentgeldlich, wie solche nötig sind, und sie ihnen angesagt werden.

                  § 15

Müßen Pächter nach der vom Amte ihnen anzuweisenden Mühle mahlen, und sind als Zwang-Mahl-Gäste verbunden, diejenigen Fuhren und Hand-Dienste, die überhaupt zur Erhaltung der Mühle erforderlich sind, unentgeldlich zu leisten.

Nicht minder

                  § 16

müßen Pächter nach der ihnen Amtswegen anzuweisenden Schmiede arbeiten laßen, auch das ihnen jährlich enquotisch einländische Salz von unserer Saline zu Sülze (heute Bad Sülze, D.G.) oder der nächsten Niederlage, nach Vorschrift des Amts gegen Bezahlung des bestimmten Preises nehmen, auch die Salz-Quoten des Schulmeisters und der übrigen Einwohner im Dorfe unentgeldlich mitbringen.

Sollte

                  § 17

Forstwegen es verlangt werden; so muß jeder Hauswirth einen Herrschaftlichen Sau-Hetz-Hund frey auf die Fütterung nehmen, oder für die Befreyung von der Ausfütterung jährlich = 1 Rthlr. N/3tel ans Amt bezahlen.

                  § 18

Wird auch besonders noch vestgesetzet, wie Conductores zu allen den Praestationen (Leistungen, Verpflichtungen), wozu sie als Leibeigene verbunden sind, und die theils nach dem Amts-Haushalt, theils nach der bey den Aemtern eingeführten Polizei erfordert werden, z.B. zur Lieferung der Betten für die Handwerker, bei neuen Bauten im Dorfe, zu Schlagung und Anfahrung des Holzes für die Hebammen p.p. nach wie vor verpflichtet bleiben, in so ferne sie nicht durch diesen Contract ausdrücklich davon befreyet sind.

                  § 19

Sind Pächter zwar vom Hofe-Dienst während dieser Contracts-Jahre gänzlich befreyet; es muß aber jeder der 14 Hüfner jährlich 18 Spann- und 12 Hand-Tage, und jeder der 2 Achtel-Hüfner 12 Hand-Tage im Extra-Dienst verrichten, wofür ihnen die Vergütung in der Pension abgesetzt ist. Sollte auch den Umständen nach, das Amt, außer diesen bestimmten Extra-Diensten, etwa noch mehrere von ihnen in einem Jahre verlangen; so müßen sie solche jedesmahl prompt und gehörig leisten. Es sollen ihnen aber die über die bestimmten Extra-Dienste noch mehr verrichteten, beim Schluß jeden Rechnungs-Jahres, mithin auf Johannis, nach deshalb zugelegter Liquidation, baar vom Amte respee (bzw.) mit 16 und 6 ßl N/ 3tel vergütet werden. Pächter sind aber auch verbunden, die von den bestimmten Extra-Diensten etwa in einem Jahr nicht abgeleisteten, nach eben dem Verhältnis zu bezahlen. Daneben wird ihnen noch die Versicherung gegeben: daß sie in der Erndte- und Saat-Zeit mit diesen Extra-Diensten, außer in den dringendsten Nothfällen, und wenn das Amt nicht anders rathen kann, gänzlich verschont bleiben sollten.

                  § 20

In Ansehung der etwanigen Erbfolge bei anstehenden Sterbefällen, behält es allerwege bei der eingeführten Cammer-Üblichkeit sein Bewenden, daß nämlich eines von des verstorbenen Hauswirths Kindern, so ferne der Tüchtigkeit wegen nichts eizuwenden seyn mögte, nach Befinden bey dem Gehöfte conserviret bleibt, ein weiteres Erbgangs-Recht aber schlechthin nicht statt findet, viel mehr Unserer Reluitions-Commission die allerfreieste Disposition vorbehalten bleibt.

Wie denn auch

                  § 21

Wir in dem Fall, da einer oder der andere von ihnen, mit oder wider sein Verschulden in Rückfall geriethe, Uns die eventuelle Bestellung eines neuen Wirths, doch, daß auf denjenigen, den die Hauswirthe vorschlagen mögten, vorzüglich Betracht genommen werden soll, ausdrücklich vorbehalten, und hiedurch denjenigen Hauswirthen, , die nur auf gewiße Jahre angenommen sind, und als Interims-Wirthe das Gehöft besitzen, kein weiteres Recht, die Hufen länger zu bewohnen, als sie außer diesen Contract hatten, ertheilt haben wollen.

                  § 22

Die nothdürftige Feuerung müßen Pächter, aus den ihnen Forstwegen anzuweisenden kleinen Brüchen, die des Endes in Kaveln getheilt werden sollen, nehmen, und müßen sie diese Kaveln nach Vorschrift der Forst hauen. Diejenigen Bedürfnisse hingegen, welche zur Erhaltung der Hofwehre nöthig sind, mithin auch das Nutz- und Rade-Holz müßen Pächter nach der Forst-Taxe kaufen, und sich hierunter aller weiteren Anträge beim Amte, um deßen unentgeldliche Verabreichung gänzlich enthalten, maaßen solches bei Pacht-Huefnern nicht weiter ohne Bezahlung gegeben wird.

                  § 23

Wollen Wir es insonderheit wegen der Unglücks-Fälle auch mit ihnen, wie mit Unsern Cammer-Pächtern auf den Höfen halten laßen.

                  § 24

Für den obbeschriebenen Genießbrauch sollten die Pächter während dieses Contracts, jedes Jahr besonders zwar die anschlagmäßigen Pensions-Summen von Sieben Hundert acht und zwanzig Rthlr. 20 ßl. 3 & in neuen nach dem Leipziger Fuß ausgeprägter ein und zwei Drittel Stücke außer der Contribution zahlen; Wir wollen es aber bis auf weitere Verordnung geschehen laßen, daß die Hufen-Steuer von dem anschlagmäßigen Ertrage abgesetzt, mithin dieses Quantum nach folgendermaaßen abgetragen werde, so daß jeder der egalisirten Hauswirthe zu seinem Antheil dazu jährlich = 48 Rthlr. 27 ßl. N/3tel nachstehender maaßen beiträgt 1. An Hufen-Steuer in N/3tel zu 30 ßl. jedesmahl im Herbst 6 Rthlr. 16 ßl. 1/5 & 2. Durch Ableistung 18 Spann- und 12 Hand-Tage jährlich respee zu 16 ßl. 6 & N/3tel 7 Rthlr. 24 ßl 3. An Pachtgeld in Quartal ratis in N/3tel zu voll 34 „ 4 4/5 &

                                                    Summa              48 Rthlr.  27 ßl.   --  N/3 tel

Die beiden Achtel-Huefener, welche zusammen mit einem der egalisirten 14 Hüfener gleich gemacht sind, bezahlen beide zusammen gleichfalls den Antheil von 48 Rthlr. 27 ßl. N/3 tel, und zwar folgender Gestalt: 1. An Hufen-Steuer in N/3tel zu 30 ßl. jedesmahl im Herbst 6 Rthlr. 16 ßl. 7 1/5 & 2. Durch jährliche Ableistung 24 Handtage für beide in N/3tel 3 „ - „ - 3. An Pachtgeld in Quartal ratis in N/3tel zu voll 39 „ 10 „ 4 4/5 &

                  Summa                 48 Rthlr. 27 ßl.  – N/3 tel 

wozu jeder der beiden Achtel-Hüfener zu seinem Antheil 24 Rthlr. 13 ßl. 6 & beiträgt.

Das Pacht-Geld müßen Pächter auf ihre Gefahr und Kosten jedesmahl 14 Tage vor dem Zahlungs-Termin bei Strafe der gestracktesten Exekution an Unsere Reluitions-Casse nebst den üblichen Quitungs-Gebühren für den Bewohner mit 16 ßl. N/3tel fürs Hundert bezahlen, und falls die Pensions-Zahlung an unser Amt Boitzenburg geschiehet, das Postgeld darauf bis Schwerin besonders entrichten. Die Hufen-Steuer hingegen bezahlen Pächter jedesmahl im Herbst, nebst den Receptur-Gebühren an Unser Amt Boitzenburg. Außerdem wird noch von jedem Hauswirth jährlich um Martini die edictenmäßige Neben-Steuer fürs Gesinde, nebst dem gewöhnlichen Contributions-Accidenz fürs Amt berichtiget. Und da von Johannis 1792 an die Abgabe des bisherigen Pacht-Habers gänzlich cessiret; so müßen Pächter den Beamten für die hergebrachte Uebermaaße die Vergütung a Scheffel mit 4 ßl. machen, welches für jeden Hüfener auf 6 Rthlr. 24 ßl. N/3tel beträgt.

                  § 25

Wollen Wir die Pächter so lange sie mit der Pensions-Zahlung prompt einhalten, von Bestellung eines zinsenlosen Vorschußes zwar befreyen. Damit aber

                  § 26

Unsere Reluitions-Commission über das alles gesichert sein möge; so haften die Conductores (Pächter) wegen des Ausgelobten alle für einen und einer für alle, mithin in solidum (einzeln) und verpfänden Uns auch ihr gesammtes eigenthümliches Vermögen, itziges und künftiges, nichts davon ausbeschieden, so, daß in dem Fall, da sie mit der Pensions-Zahlung nicht prompt einhalten, Unsere Reluitions-Commission durch die übers ganze Dorf zu verhängende Execution sich aus ihrem eigenthümlichen Vermögen in Ansehung der Rückstände, Schäden, Kosten und Intereße nach allerfreiester Wahl ohne Proceß bezahlt machen könne und möge. Und würde

                  § 27 

der Fall würklich eintreten, daß Unsere Reluitions-Commission genöthiget wäre, von dieser wechselseitigen Bürgschaft Gebrauch zu machen; so haben die Pächter auf vorgängige sattsame Bedeutung vor Unserm Amts-Gericht zu Boitzenburg, sich dahin erkläret, daß ihnen wider solche Verbürgung keinerlei Einwand, oder Rechts-Behelf schützen oder zu statten kommen solle. Vielmehr entsagen sie aufs bündigste der Einrede, daß der Schuldige zuvörderst executiret, und das Recht wider ihn ihn cedirt (übertragen, D.G.) werden müßte. Auch verbinden sie sich, daß weder sie noch ihre Erben, welche besonders in solidum verpflichtet werden, auf eine Theilung ihrer Bürgschaft, oder auf den Hof- und Land-Gerichts-Gebrauch, vermöge deßen der Bürge, oder deßen Erben mit Erlegung ihres Stranges frey kommen, sich berufen wollen.

Und damit

                  § 28

die Hauswirthe diese Verbindlichkeit in Ansehung ihrer Verbürgung desto beßer erfüllen mögen; so soll jeder von ihnen die Freyheit und Befugnis haben, wenn er siehet oder mercket, daß einer von ihnen in solche Umstände gerathen mögte, daß er sein ausgelobtes Pacht-Geld zu bezahlen außer stande käme, solches so fort dem Amte anzuzeigen, und einen andern Wirth statt des Unwirths in Vorschlag zu bringen. Da dann nach vorhergegangenr Untersuchung auf dem Felde und dem Gehöfte, dem Befinden nach weiter verfahren werden soll. Vorzüglich hat der Schulze die Verbindlichkeit auf sich, ein wachsames Auge darauf zu halten, daß kein schlechter Wirth etwas von dem unentbehrlichen Inventario des Gehöfts zur Ungebühr veräußere.

                  § 29

Zur Vesthaltung alles vorstehenden entsagen Conductores den Einwendungen der Übereilung, des Irrthums, der Unwißenheit, des Mißverstandes, der Überredung und wie sie sonst Namen haben mögen, auch redlich der Rechts-Regul, daß eine allgemeine Verzicht nicht gelte, wo nicht eine besondere vorhergegangen. Alles nach sattsamer Überzeugung, maaßen vor der Vollziehung dieses Contracts ihnen vor Unserm Amts-Gericht zu Boitzenburg alles dieses genugsam verdeutlicht worden. Urkundlich ist dieser Contract in zwei gleichlautenden Exemplaren ausgefertiget, das eine, nachdem Wir es Höchst Selbst behandzeichnet, und mit Unserm Cammer-Insigel versehen laßen, Pächtern ausgeantwortet, das andere von ihnen vollzogen aber ad Acta gelegt. Gegeben auf Unserer Vestung Schwerin den 5ten Octbr 1792

                            Friederich Franz HzM
                                    Sereniss.

In der vorstehenden Klein Bengerstorfer Pachtversicherung ist im § 5 festgehalten, dass die Hufen alle gleichgemacht werden sollen und die beiden Achtelhhüfner zusammen einer Hufe gleich gemacht werden sollen. Die Anpassung der Hufen an ein betimmtes Maß war überhaupt ein Zweck der Pachtversicherungen. Dadurch wurden einige Hufen vergrößert. Die Hufen wurden jedoch generell neu bonitiert.

Aus dem Jahre 1800 liegt ein Auszug aus dem Mecklenburg-Schwerinschen Staatskalender vor, der auf eine gleichartige Vorgehensweise schließen lässt, da alle Hufen die gleiche Größe haben:


1800 Tessin, Hof und Dorf (MStK. 1800)

11 Dreiviertelhufen, 1 Büdner und Schule
Kuhlenfeld. Die Dorfschaft Tessin und 2 Büdner

Alle Hufen sind als Dreiviertelhufen bonitiert. Somit ist auch der Hof in eine Dreiviertelhufe umgewandelt, wie auch die beiden Cossatenstellen. Kuhlenfeld wird von den Tessiner Hauswirten gemeinsam bewirtschaftet. Es gibt in Tessin einen, in Kuhlenfeld zwei Büdner.


Die Bonitierung der Hufen erfolgte in der Regel mit der neuen Pachtversicherung im Allgemeinen im Abstand von 24 Jahren. Die Ergebnisse kann man in den Staatskalendern (MStK) finden, so für Tessin und Kuhlenfeld 1825 Tessin, Hof und Dorf

 11 Dreiviertelhüfner, 4 Büdner und Schule

Kuhlenfeld

 11 Erbzinsmänner und 4 Büdner

In Tessin hat sich die Bewertung der Hufen nicht geändert. Es sind jedoch noch 3 Büdner hinzugekommen, ebenso in Kuhlenfeld 2 Büdner. Die Tessiner Hüfner treten nun in Kuhlenfeld als Erbzinsmänner auf. Das ist eine Variante der Erbpacht, während sie auf ihren Stammgehöften noch Zeitpächter sind. Rechtlich möglich war das erst, nachdem im Jahre 1820 die Leibeigenschaft aufgehoben war. Damit wurden die Hauswirte nun zu möglichen Vertragspartnern.

Veränderungen haben sich Staatskalender 1851 ergeben. Die 11 Hufen sind nun als Drittelhufen ausgewiesen zu den 4 Büdnern ist nun auch ein Häusler hinzugekommen.

Die Ansetzung von Häuslern war nach einem Großherzoglichen Patent von 1846 möglich geworden. Sie erhielten ein kleines Haus- und ein Gartengrundstück in der Regel von 85 Quadratruthen. Das wurde in einem Grundbrief wie bei den Erbpächtern festgelegt. Sie mussten sich aber zum Bau eines Hauses verpflichten. Im Grundbrief der im Prinzip dem der Erbpächter entsprach waren die Rechte und vor allem die Kanonabgabe als Erbpacht festgesetzt.

An dieser Stelle wird als Beispiel die Abschrift eines Grundbriefs der Häuslerei 13 in Klein Bengerstorf eingefügt. Die genannte Catharina Reusch, geb. Tiedemann war die Ururgroßmutter des Verfassers. Sie wurde als Tochter des Tagelöhners Hans Joachim Tiedemann 1837 in Tessin geboren , heiratete den Tagelöhner Johann Jochen heinrich Reusch, der während des Baues der Häuslerei verstorben ist, und heiratete dann in zweiter ehe Friedrich Jacob Wilhelm Behnke, jüngerer Sohn aus der Hufe 1 in Klein Bengerstorf.

 G r u n d b r i e f
         über die
      Häuslerei  Nr. 13  zu  Klein Bengerstorf

.....................

Durch gegenwärtigen Grundbrief wird die Wittwe 
Reusch, Catharina, geb. Tiedemann
nach vorschriftsmäßiger Ausführung des ihr gestatteten Anbaues, als rechtmäßige Besitzerin der vorstehend und in der Anlage A bezeichneten 
Häuslerei Nr.13 zu Klein Bengerstorf Amtswegen anerkannt.
Die Bedingungen der Verleihung sind in der Anlage B  angeschlossen.
Boizenburg, den 8ten Februar 1877 		(Siegel)
                                			Großherzogliches Amt

Petersen

               .........................................................................

Anlage A.

Feldregister

der Häuslerei Nr.13 zu Klein Bengerstorf
                       Amts Boizenburg				
Extrahiert aus der Gesammt-Classificationstabelle de 1869 der Dorffeldmark 
  Klein Bengerstorf

Berichtigt im Jahre 1921 F e n s c h , Distriktingenieur

Das Register enthält zusammengefasst:
Haus und Hofplatz..........25 Quadratruthen
Garten.....................60 Quadratruthen
Befriedigungsufer am Wege.. 3 Quadratruthen 

Grundbedingungen

          der Häuslerei Nr.13 zu Klein Bengerstorf
1.Die Richtigkeit des angegebenen Flächeninhalts, der Bonität und des Hufenstandes wird nicht gewährleistet.
2.Jede Parcelirung der Häuslerei und jedes Zusammenziehen derselben mit anderen Grundstücken ist unstatthaft.
  Der Besitz der Häuslerei kann nur einer Person zustehen. Zulässig ist jedoch der ungetheilte Besitz mehrerer Erben des letzten Besitzers 
  bis zur Erbschaftstheilung.
3.Alle Steuern, Abgaben und Leistungen an den Landesherrn, die Kirche, Pfarre, deren Witthum, Küsterei und Schule sowie zu administrativen, 
  polizeilichen und gemeinnützigen Einrichtungen für den Ort, einzelne Theile des Orts oder Classen seiner Bewohner, oder auch für größere 
  Bereiche, überhaupt alle aus dem  ö f f e n t l i c h e n Rechte der Gegenwart und Zukunft fließenden, das Grundstück ergreifenden 
  Verbindlichkeiten werden ausschließlich vom Häusler, mithin zu keinem Theile von der Domanial-Verwaltung getragen.
4.Jedes  Bauunternehmen  bedarf   bis   d a h i n,   d a ß   d i e s e   V e r h ä l t n i s s e   g e s e t z l i c h     o d e r            
   s t a t u a r i s c h    g e r e g e l t   s e i n   w e r d e n,  der  vorherigen  amtlichen Bewilligung.
   Eigenmächtige Bauunternehmungen jeder Art, also auch Abweichungen hinsichtlich des Bauplatzes, der Bauart, Größe und inneren Einrichtung,, 
   sie mögen bei dem ersten Aufbau oder später geschehen, werden nach Befinden bestraft und auf Kosten des Häuslers rückgängig gemacht.
5.Geht die Häuslerei aus irgendeiner Veranlassung auf einen andern Besitzer über, so hat dieser, mit Nachweisung des Uebergangs, bei dem Amte 
  einen Anerkennungsbrief zu bewirken.

Im Jahre 1855 haben die Hufen teils bereits eine neue Einstufung erhalten, nämlich 6 Drittelhufen und 5 Viertelhufen, dazu 4 Büdner und nun 3 Häusler.

Im Jahre 1860 sind es 11 Viertelhufen, 4 Büdner und 3 Häusler, 1865 4 Häusler. Kuhlenfeld bleibt jeweils unverändert.

_______

Die Veränderung in von Dreiviertelhufen in Drittelhufen ist eine rein durch Veränderung des Maßstabs vollzogene. Sie wird keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Abgabenhöhe gehabt haben. Der alte Maßstab seit der Vermessung und Bonitierung von 1703ff. war 100 Scheffel Einsaat je Hufe, der neue nach der Direktorialvermssung auf Grund des Landesgrundgesetzlichen Erbvergleichs war 300 Scheffel je Hufe. Die Neueinstufung ist offenbar sehr verzögert durchgeführt worden. Dreiviertelhufen nach altem Maßstab hatten in der Regel etwa 80 Scheffel Einsaat. Sie wurden dann als Drittelhufen und später gar als Viertelhufen eingestuft. Möglicherweise war beim Übergang von Drittel- auf Viertelhufen eine Neubonitierung durchgeführt worden, da sie für die Hufen zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgte. Eine Rolle kann gespielt haben, dass gerade in dem Zeitraum die Hamburg-Berliner Chaussee (1829) sowie die Eisenbahn (1846) gebaut wurden, die Flächen in Anspruch genommen haben.

Um 1820 hatten in den Dörfern des Amtes die ersten Vererbpachtungen stattgefunden. 1818 waren die Tessiner Hüfner bereits Erbzinsmänner am Hof Kuhlenfeld (noch als Leibeigene! als gemeinsame Pachtung). Im gleichen Jahr wurden in Klein Bengerstorf der Schulze Wöhlke und der Hüfner Dahlenburg Erbzinsmänner. Letzterer hatte damit verbunden eine neue größere Hufe am Karrentin übernommen. 1830 wurden Benniner Hufen und 1833 Neu Gülzer Hufen vererbpachtet, letztere mit der Gründung des Dorfes Neu Gülze. In beiden Bengerstorf erfolgte 1853/54 die Neueinteilung und danach die Vererbpachtung der Hufen.

Da dem Verfasser für Tessin keine Dokumente zur Gehöftsübertragung mit einem ausführlichen Inventarium vorliegt, soll an dieser Stelle ein Dokument für die Hufe 12 in Groß Bengerstorf (Mahnke, jetzt Heiden) folgen. In diesem Falle erfolgte fünf Jahre vor der Vererbpachtung bereits eine Gehöftsübertragung vom Interimswirt (der Mutter des künftigen Hauswirts) an den Hauswirt Mahnke. Deshalb soll das dazugehörige Protokoll incl. des ausführlichen Inventariums hier vorangestellt werden. Dieses macht den Umfang des zur Hofwehr gehörenden Inventars deutlich:

Haus- und Hofbrief der Hufe 12. Archiv Greve

Haus- und Hofbrief

für den Hauswirth Franz Mahnke

auf dem Gehöfte Nr.12

zu Groß Bengerstorf

Wenn der Franz Joachim Heinr. Erdmann Mahnke zu dem abschriftlich anliegenden Amts-Protocolle vom 4.März d.J. in das Gehöft Nr.12 zu Gr.Bengerstorf eingewiesen und solche Einweisung durch den Collegialbeschluß des Amts gebilliget worden ist, so wird dem nunmehrigen Hauswirthe Franz Mahnke, unter Vorbehalt etwaiger Rechte Dritter hiermit die Versicherung ertheilt, daß, wenn er den in besagtem Protocolle enthaltenen Bedingungen gehörig nachkommen, die Abgaben prompt entrichten, dem jedesmaligen Contracte genüge leisten und sich als rechtlicher Hauswirth stets bezeigen wird, er beim Besitze und Genusse dieses Gehöftes obrigkeitlich geschützt werden soll.

Urkundlich unter Amtssiegel und Unterschrift

Boizenburg, am 8.März 1869

Großherzogliches Amt

A.Bagner

Cassirt zum angeschlossenen Haus- und Hofbrief d.D. 8.März 1869

Protocollum gehalten Amt Boizenburg, auf dem Geh. N.12 zu Gr.Bengerstorf am 4.März 1869 sub directione des Oberamtmann Petersen

a subscriptio (vom Unterzeichneten, D.G.)

Am 12. März 1863 ist der Hauswirth Franz Jacob Mahnke vom Geh. N.12 hies. mit Hinterlassung minderjähriger Kinder und einer Wittwe verstorben. Die leztere hat seitdem mit Genehmigung h. Cammer die Gehöftswirtschaft fortgesetzt. - Seit dem 2. Novber. v.J. hat der Gehöftserbe Franz Joachim Heinr. Erdmann Mahnke aber die Volljährigkeit erreicht und war deshalb die heutige Tagefahrt angesetzt, um die Wirthschaft der Wittwe abzunehmen u. dem ältesten Sohn zu überweisen.

Zu dem Ende waren heute vorgeladen und erschienen

  1. Wittwe Mahnke, geb. Tiedemann,
  2. die Vormünder der annoch minderjährigen Mahnkeschen Kinder, Hausw. Mahnke N.1 und Wegner N.11 von hier,
  3. der Dorfschulze Porthun,
  4. der Dorfdeputirte Hinzmann vom Gehöft N.14 und
  5. der vorgenannte Gehöftserbe Franz Mahnke.

Dem letzteren geben der Schulze u. der Dorfdeputirte Hinzmann das Zeugnis, daß er zur Führung einer Bauernwirthschaft befähigt sei, u. demselben auch sonst keine Vorwürfe zu machen seien. Die Erfüllung seiner Militärpflicht docirte der pp. Mahnke durch Vorzeigung seines Militärfreilassungsscheins, u. wurde sodann mit dem Geschäfte selbst, wie nachsteht, verfahren:

I. Der Wittwe geben Schulze nebst Dorfsdeputirten u. die Vormünder das Zeugnis, daß sie bisher ordnungsmäßig die Gehöftswirthschaft geführt u. namentlich Pacht und öffentliche Gefälle regelmäßig abgeführt und die Gebäude u. das Inventario ordnungsmäßigem Zustande erhalten habe, so daß in dieser Beziehung Ansprüche wider dieselbe nicht zu erheben seien.

II. Die herrschaftliche Hofwehr ist in diesem Protocolle sub A. angelegtem Verzeichnis aufgefürt. Dieselbe wurde unter Zuziehung der Vormünder u. sow. revidirt u. fand sich gegen den Zustand derselben nichts zu erinnern. An den einzelnen Stücken derselben stellten sich die nachfolgenden Defekte heraus: Es fehlen 2 Pferde, 1 Füllen, 2 Ochsen, 4 Gänse. Der Werth dieser Gegenstände beläuft sich nun nach der Hofwehrtaxe von 1806

  1. für 2 Pferde zus. auf --- 70 rtl. Cour.
  2. für 1 Füllen auf ---------11. 32 ß
  3. für 2 Ochsen auf ---------58. 16 ß
  4. für 4 Gänse auf -----------1. 26. 8 &

so daß im ganzen der Werth von 141 rtl. 26 ß 8 & Cour. durch die Ueberwehrstücke zu ergänzen ist. Diese Ergänzung zu beschaffen, wurden von den überwehrigen Stücken die nachstehenden eingeschossen:

  1. 4 Starken a 15 rtl. Cour. --- 60 rtl. Cour
  2. 4 Kälber a 4 rtl. Cour.-------16 rtl.
  3. 8 Schafe a 1 rtl. 16 ß N 2/3--12. 21 ß 8 & Cour.
  4. 6 Lämmer a 1 rtl. Cour. -------6.-.-
  5. 6 Hühner ----------------------1. 8.-
  6. 2 Schweine zus.---------------18.32.-
  7. 1 neuer beschl. Wagen --------27.13.-

was wieder die Summe der Defekte von 141 rtl. 26 ß 8 & Cour. ergiebt.

 Zur Erläuterung (D.Greve):
 Auf den Hufen der Hauswirte und Cossaten wurde eine Hofwehr (Inventar) 
 gehalten, die auch als bewegliches Inventar dem Grundeigentümer   
 (Großherzog) gehörte. Diese war bei der Gehöftsübergabe nachzuweisen. 
 Erforderlichenfalls wurde sie aus der Überwehr (Eigentum des Hüfners)      
 wie hier ergänzt.

III. Nach Ausscheidung der vorstehend verzeichneten Ueberwehrstücke zur Ergänzung der herrschaftl Hofwehr behält die Ueberwehr so wie sie in der Inventur vom 24. Febr. 1863 [14] act., das allseitig noch als richtig anerkannt worden ist, aufgeführt steht noch den nachstehenden Werth

  1. für Ackergeräth -------------------------45 rtl. 12 ß
  2. für Hausgeräth ---------------------------50. 21.
  3. für Bett- und Leinenzeug -----------------35. 4.
  4. Kleidungsstücke ---------------------------7. 30.
  5. Varia nach Abzug einer dort verzeichneten, aber nicht mehr vorhandenen, sondern einem Miterben übergebenen Taschenuhr 3. 40.

In Summa also 142 rtl. 11 ß. Bezüglich dieser noch vorhandenen Ueberwehr einigten sich nun die Vormünder der noch minderjährigen Mahnkeschen Kinder mit dem Antreter dahin, daß er selbige für die Taxe zum Eigentum übernehme, jedoch mit Ausschluß des Bett u. Leinenzeugs u. der Kleidungsstücke, die der Wittwe Mahnke zur Verwendung für ihre Kinder nach bestem Ermessen zu überlassen seien. Die Taxe dieser beiden Capitel des Inventars beträgt im Ganzen 42 rtl. 34 ß und hat somit der Gehöftserbe, nach Abzug dieser Summe, für die Ueberwehr in das gemeinschaftliche Vermögen die Summe von 99 rtl. 25 ß einzuzahlen.

IV. Die vorhandenen Vorräthe an Korn, Kartoffeln Victualien etc. sind nach dem Zeugnis der Anwesenden, namentlich auch des Dorfschulzen, zur Fortführung der Gehöftswirthschaft bis zur nächsten Ernte erforderlich und kann daher für diese Gegenstände dem Allodialnachlasse (frei verfügbar, D.G.) nichts hinzugerechnet werden.

V. In einem am 2. d.M. vor dem Amtsgerichte abgehaltenen Termin betr. die Auseinandersetzung des Gehöftserben mit seinen Miterben wegen des Capitalvermögens ist bestimmt worden, daß dem Gehöftserben zur Ausgleichung mit seinen Miterben aus der Taxe der Ueberwehr 115 rtl. 37 ß Cour. zu Gute zu rechnen seien. Nach vorstehender Ermittelung beläuft sich der Werth der Ueberwehr aber nur auf 99. 25. und wurden Vormünder daher darauf aufmerksam gemacht, daß sie dem Gehöftserben noch 16 rtl. 12 ß auszuzahlen hätten.

VI. Die öffentlichen Abgaben, Pächte und Gefälle sind berichtigt, ebenso alle Handwerkerrechnungen, z.B. die des Schmieds, Rademachers, Webers u.s.w.. Zu bezahlen ist aber noch der Lohn der Dienstboten, bestehend aus 2 Mädchen und einem Knechte, vom 24. Octb. d.J. ab an. Diesen rückständigen Lohn zu berichtigen, übernahm der Antreter u. hat er natürlich auch eine über Dorf existirende, aus dem Neubau des Schulhauses originirende, in Summa z.Z. noch 200 rtl. Cour. betragende Schuld zu einem Theile zu übernehmen, ohne deshalb Entschädigung von seinen Miterben beanspruchen zu dürfen. Ein Ersatz für Contractgebühren liegt dagegen dem Antreter nicht ob, da der Contract wegen der bevorstehenden allgemeinen Vererbpachtung der Gehöftsstellen von Jahr zu Jahr prolongirt ist u. daher für die Zukunft Contractgebühren nicht berücksichtigt worden sind.

VII. Dieses vorausgeschickt, ging man dazu über, das Geh. N.12 hies. dem Antreter Franz Mahnke unter den nachstehenden Bedingungen zu überweisen:

  1. Der Franz Mahnke übernimmt sein väterliches Gehöft N.12 hies. von heute ab in Gemäßheit des jetzt geltenden Dorfcontracts event. in Gemäßheit derjenigen Bedingungen, die demnächst von h. Cammer, namentlich bezüglich der bevorstehenden Vererbpachtung werden festgestellt werden.
  2. Antreter anerkennt, die herrschaftliche Hofwehr, sowie sie in der Anl. A dieses Protocolles verzeichnet worden ist, empfangen zu haben, u. verheißt sie dermaleinst in Gemäßheit dieses Verzeichnisses vermehrt u. verbessert wiederum anzuliefern.
  3. Als Gehöftsabfindung hat der Antreter jedem seiner beiden Brüder bei Ihrer Verheirathung eine begangene Starke zu liefern, oder, wenn sie es vorziehen sollten, anstatt derselben 25 rtl. baar zu zahlen, ist aber nicht gehalten, in einem u. demselben Jahre beide Brüder abzufinden.
  4. An Altentheil hat der Antreter seiner Mutter, geb. Tiedemann aus dem Gehöfte, das zu 10 Scheffel bonitirt worden ist, das nachstehende zu gewähren:
  • A. als Wohnung eine Stube nebst Kammer, Küche u. den zugehörigen Bodenraum.
  • B. freie Weide u. Durchfütterung einer Kuh unter den Kühen des Hauswirths, u. desgleichen auch für 1 Schaf nebst Lamm.
  • C. Die Kuh für die Altentheilerin liefert der Hauswirth - hat derselbe für die abgängige Kuh auch eine neue wiederum einzuschießen, empfängt dafür aber auch beim Tode der Altentheilerin die dann vorhandene Kuh.
  • D. Sollte der Hauswirth vielleicht einmal auf dem Gehöfte Schafe nicht halten, so hat er der Altentheilerin für die Durchfütterung u. Durchwinterung eines Schafes jährlich 2 Pfd. Wolle zu liefern u. wird noch bemerkt, daß das Schaf Eigenthum der Altentheilerin u. auch von dieser anzuschaffen u. zu ergänzen ist.
  • E. An Korn empfängt Altentheilerin jährlich, halb zu Martini und halb zu Fastnacht zu liefern:
 - 10 Schfl. Roggen
 - 1 Schfl. Weizen
 - 1 Schfl. Hafer
 - 1 Schfl. Buchweizen
 - 1 Schfl. Gerste    alles Rostocker Maaße 
  • F. An Kartoffeln jährlich halb zu Michaelis u. halb zu Lichtmeß zu liefern, 6 Sack Eßkartoffeln.
  • G. 15 []R gedüngtes Leinland, da wo Hausw. seine Flachs bauet.
  • H. Das erforderliche Stroh zum Bett u.s.w.
  • I. Jährlich ein fettes Schwein von 200 Pfd.
  • J. Gartenland ungefähr 20 []R u. zwar links vom Eingange des Hofes mit den darauf stehenden Obstbäumen, u. außerdem den Abnutz von dem Spätbirnbaum u. dem Sauerapfelbaum.
  • K. jährlich 100 Eier in vierteljährlichen Raten zu liefern.
  • L. die erforderliche Feuerung sowie die nöthigen Fuhren u. außerdem alle erforderliche Hege und Pflege, für diese wenn wegen Krankheit, Altersschwäche oder aus sonstigen Gründen nöthig.

Für den vorstehenden Altentheil ist Altentheilerin gehalten, nach ihren kräften in für sie angemessener Weise in der Wirthschaft auf dem Gehöfte hülfreich Hand zu leisten, und wird noch darauf aufmerksam gemacht, daß anderweitige Regulirung des Altentheils nach amtlichem Ermessen, u. überhaupt für die ganze heutige Verhandlung die Genehmigung des gesammten Amtscollegii vorbehalten bleibt. Ein mehreres, wie vorsteht, fand sich nicht zu bemerken, u. wurde sodann Franz Mahnke in sein väterliches Gehöft N.12 hies. eingewiesen u. m. dabei darauf aufmerksam gemacht, daß er die heute zu Protocoll regulirten Bedingungen, den jetzigen u. die künftigen Contracte zu erfüllen habe u. er seinem Landesherrn Treue u. der Obrigkeit Gehorsam schuldig sei. - Er verhieß diesen Obliegenheiten nachzukommen, u. wurde nach verlesenem u. genehmigtem Protocolle geschlossen.

In fidem H.Ehlers Sekr.

Die Gehöftsfamilie ist in vorstehendem Protocolle versehentlich nicht aufgeführt; dieselbe besteht aber außer der Wittwe Mahnke, geb. Tiedemann u. dem Anerben Franz Heinr. Joachim Erdmann Mahnke aus den beiden Brüdern, nämlich

  dem Jochim Heinrich August, geb. 31. März 1847
  und
  dem Franz Heinrich Wilhelm, geb. am 3. März 1852

Boizenburg, d. 6.März 1869 Fr. Petersen


Inventarium

von der herrschaftlichen Hofwehr

auf dem Gehöfte N.12 in Gr.Bengerstorf

I. Gebäude und Brunnen

  1. Das Wohnhaus ist 81 Fuß lg. (23,6 m) , 47 F. tief (13,7 m) u. 7-11 F (2,04-3,2 m) im Ständer hoch (1 Fuß 0,291 m, D.G.), der Ring von Eichenholz, die Tafeln - mit Ausnahme des ausgemauerten westlichen Giebels - geklehmt (mit Lehmstaken, D.G.) mit Strohdach ohne Schornstein, ist über 150 Jahre alt, noch ziemlich erhalten u. bei der Dom.Brandkasse zu 600 rtl.Cour. versichert;
  2. Die Scheune 46 F. lang, 40 F. tief u. 5-11 F. Ständerhöhe, Ring von eichen Fachwerk u. geklehmten Wänden, mit Strohdach, ist im gleichen Alter des Wohnhauses, noch in brauchbarem Zustande u. 200 rtl. Crt. versichert;
  3. Der Stall 21 F. lang, 16 F. tief u. 8 Fuß Ständerhöhe, Ring von Eichen- und Buchenholz mit geklehmten Wänden u. Strohdach, ist über 100 Jahre alt noch gut erhalten u. zu 25 rtl versichert;
  4. Das Backhaus von 19 F. Länge, 15 F. Breite u. 7 F. Ständerhöhe, Ring von eichen Fachwerk u. geklehmte Tafeln, mit Steindach, ist etwa 50 Jahre alt u. mit 25 rtl. versichert;
  5. Der Altentheilskathen 24 F. lg. 30 F. tief u. 10 resp. 5 F. im Ständer hoch, mit einem Eichenringe u. Klehmwänden, ist über 100 J. alt, bereits hinfällig u. zu 100 rtl Crt. versichert;
  6. Der Brunnen hat ein eichen Schlenkwerk, ist mit Feldsteinen aufgesetzt, mit Stütze, Schweng u. Ruthe versehen, u. in gutem Zustande befindlich.

II. Befriedigungen, Dämme, Brücken

  • a. Hof u. Garten haben theilweise Zaunbefriedigung, theilweise Steinmauern, u. betragen letztere 11 Ruthen doppelte u. 3 Ruthen einfache; in derselben befinden sich ein bretternes Hofthor, u. kleine Bretterpforten u. 1 Fleckenheck (mit Srohflechtwerk gefüllte Rahmen, D.G.). Die äußere Gartengrenze ist stellenweise mit Weiden bepflanzt u. mit Buchen-Buschwerk eingefaßt.
  • b. Acker und Wiesen sind mit Gräben eingefriedigt u. deren Ufer mit gut bestandenen Birken u. Ellern etc bepflanzt.

III. Bäume und Hecken

   16 Apfelbäume
   14 Birnbäume
   50 Pflaumenbäume
    8 Kirschenbäume
  100 Weiden
    2 Walnußbäume
    2 Holzkoppeln  (als Weide u. Wiesen)

IV. Vieh

   6 Pferde
   1 Füllen
   2 Ochsen
   4 Kühe
   3 Schweine
   4 Schafe
   4 Gänse
   5 Hühner

V. Ackergeräth

   1 Blakwagen mit Zubehör (Blakwagen - wohl Wagen mit Seitenbrettern, sog. Flaken oder Fläken)
   1 Pflug
   4 Eggen
   2 Wachtbaum
   1 Halskoppel
   6 Sielen
   6 Zäume

VI. Hausgeräth

   1 kupferner Kessel
   1 Kohlgrapen (Grapen = gußeiserner Kessel für das offene Herdfeuer)
   1 Kessel u. Langhaken
   2 Grabeschaufeln
   2 Mistgabeln
   1 Axt
   2 Beile
   1 Hacke
   2 Sensen
   1 Wurfschaufel (zum Kornreinigen auf der Diele nach dem Dreschen)
   2 Biertonnen
   1 Backtrog
   1 Wasserzuber
   4 hölzerne Teller u. Löffel
   4 Stühle
   1 Schneidelade (auch Hackelslad', zum Häckselschneiden aus Haferstroh, D.G.)

VII. Betten und Leinenzeug

   1 aufgemachtes Bett
   4 Bettlaken
   4 Tischlaken
   4 Handtücher
   4 Kornsäcke

VIII. Feuerlöschgeräth

   1 kleine Leiter
   1 lederner Feuereimer
   1 Leuchte
   1 Feuerhaken mit Stiel

IX. Der gesammte Betrag der vorhandenen Lebensmittel u. des vorhandenen Korns, beziehw. der Einschnitt u. die sonstige Ernte des laufenden Wirthschaftsjahres von Johannis zu Johannis, soweit als dieses zu der Fortführung der Wirthschaft des Gehöfts in allen Beziehungen bis zur nächsten Ernte, daher auch zu der Fütterung des Viehs, zu der Bestreitung der Wirthschaftskosten, des Altentheils, aller sonstigen Abgaben u. der Pacht erforderlich ist; sowie alle anderen Vorräthe an Heu, Stroh u.s.w.

X. Die voll u. wohlbestellte Hufe



Erbpacht-Contract

über die Hufe No.X zu Tessin

Amts Boizenburg


Wir Friedrich Franz

von Gottes Gnaden Großherzog von Mecklenburg, Fürst zu Wenden, Schwerin und Ratzeburg, auch Graf zu Schwerin, der Lande Rostock und Stargard Herr etc.

thun kund und hiermit zu wissen

§ 1

Wir überlassen dem Gehöftserben Johann Hinzmann zum erbpachtlichen Besitz und Genuß als Hufe No.X zu Tessin, Amts Boizenburg, die in Anlage A verzeichneten Ländereien von 19896 Quadratruthen mit Zubehör. 

§ 2

Von der Vererbpachtung ausbeschieden wird die Jagd zur beliebigen Ausübung und die Fischerei.

§ 3

Alle und jede Erinnerungen wegen vererbpachteter, aber nicht überwiesener Ländereien muß Erbpächter noch vor Ablauf der ersten beiden Contractsjahre vorbringen und gehörig begründen, sonst sind dieselben von selbst und für immer ausgeschlossen. Aus Vermessungsfehlern, welche das Gesetz als unerheblich dem Ingenieur nachsieht, darf auch während der ersten beiden Contractsjahre ein Anspruch nicht hergeleitet werden. Hinsichtlich der Classification als Garten, Acker, Wiese, Weide und Unbrauchbar, ferner der Bonität der Ländereien, also auch der Höhe des in der Anlage A angegebenen Hufenstandes, wird nicht gewährleistet.

§ 4

Die Anweisung der Erbpachthufe geschieht Johannis 1874 durch Unser Amt an einem von demselben zu bestimmenden Tage. Erbpächter muß das Grundstück als im gehörigen Zustande befindlich annehmen. Erinnerungen stehen ihm demnach überall nicht zu, selbst nicht Brandschäden, welche die Gebäude seit dem Abschlusse des Contracts getroffen haben; jedoch sollen ihm alsdann die zur Auszahlung kommenden Brandschadengelder zu Theil werden.

§ 5

An Stelle eines Canons schuldigt Erbpächter die Capitalsumme (Kaufgeld) von 2050 Thalern courant zu vier Procent Zinsen, welche in Quartalsraten an die anzuweisende Stelle Unserer Verwaltung - bis auf Weiteres an Unser Amt - von dem Erbpächter auf seine Gefahr und Kosten gezahlt werden. Dieser Posten wird für Unsere Cammer in die dritte Abtheilung des Grund- und Hypothekenbuches der Hufe auf Kosten des Erbpächters eingetragen und zwar als erstes Geld und ohne daß ein anderer Posten gleichsteht. Das Capital kann, abgesehen von Concursfällen, nicht abgetragen werden, bis Wir oder Unser Nachfolger in der Regierung die Kündbarkeit solcher Capitalien allgemein aussprechen und regeln sollten.

§ 6

  1. Erbpächter schuldigt Unserer Cammer weiter als Kaufgeld 949 Thaler, 46 Schillinge, 11 Pfennige. Hierauf zahlt Erbpächter bei der Anweisung 49 Thaler, 46 Schillinge, 11 Pfennige, bleibt Schuld 900 Thaler.
  2. Diese Capitalschuld wird für Unsere Cammer nach den 2050 Thalern in das Grund- und Hypothekenbuch auf Kosten des Erbpächters eingetragen.
  3. Erbpächter zahlt auf dieses Capital für das Jahr in den landesüblichen Terminen vier Procent Zinsen und ein Procent zur allmählichen Tilgung des Capitals (zum sinkenden Fond), die Eintragung in das Grund- und Hypothekenbuch geschieht mit fünf Procent Zinsen.
Auf den jedesmaligen Betrag des sinkenden Fonds werden dem Erbpächter in jedem landesüblichen Termin Zinsen und Zinseszinsen zu vier Procent gutgeschrieben.
  1. Erbpächter kann halbjährig zu den landesüblichen Terminen kündigen, und zwar auch Theile seiner Schuld. Auf seinen Antrag geschieht zwar die Tilgung solcher Theile im Grund- und Hypothekenbuche, allein nur zur Rechtsfolge der Nichtwiedereintragung. Der sinkende Fond wird nicht bei Theilzahlungen, sondern erst bei dem völligen Abtrage der Capitalschuld in Anrechnung gebracht. Unsere Cammer ist zur Kündigung des Capitals zum nächsten landesüblichen Termin bis zu drei Monaten vor demselben befugt, sowie Erbpächter mit der Zahlung an Zinsen oder zum sinkenden Fond in Verzug gerät.

§ 7

Entschädigung bei Viehsterben, Feuer-, Hagel-, Wasser-, Sturm- und Wildschaden, Mäuse-, Wurm- und Schneckenfraß, so wie wegen Kriegserleidungen, überhaupt aus Zu- und Unglücksfällen wird eine Entschädigung von Seiten Unserer Verwaltung nicht gewährt.

§ 8 Die Bewirthschaftung und Benutzung des Erbpachtgrundstücks steht zur freien Entschließung des Erbpächters. Dasselbe soll jedoch eine selbständige landwirthschaftliche Nahrungsstelle sein und bleiben. Insbesondere

  1. Darf das Erbpachtgrundstück nicht parcellirt werden, vorbehaltlich späterer Beschränkungen dieses Verbots durch Gesetz oder Statut.
  2. Unzulässig ist die Consolidation oder auch nur die wirthschaftliche Zusammenziehung mit einem anderen Grundstücke. Deshalb muß denn auch Erbpächter dafür sorgen, daß auf dem Grundstück stets die zur eigenen Bewirthschaftung erforderlichen Wohn- und Wirthschaftsgebäude vorhanden sind.

§ 9

  1. Altentheile, Alimente und Gehöftssteuern aus dem bisherigen Verhältnisse, einschließlich etwaniger Rückstände, hat Erbpächter ohne Vergütung von Seiten Unserer Verwaltung, zu übernehmen. - Für die Schlichtung von Streitgkeiten und anderweitige Regelung dieser Gehöftslasten, sowie für die Vollstreckung bewendet es bei den bisherigen Befugnissen Unserer Verwaltung.
  2. Die bisherigen Belastungen bezüglich der Mitbenutzung gewisser Theile der Hufe, als der Sand- Lehm- und Mergelgruben, desgleichen privativer Wege für Forstreservate und andere Grundstücke, behalten Bestand, es sei denn, daß die Mitbenutzung durch die Eintheilung der Feldmark zweifellos entbehrlich geworden.

§ 10

Alle Steuern, Abgaben und Leistungen an Uns als Landesherrn, die Kirche, Pfarre, deren Witthum, Küsterei und Schule, sowie die administrativen, polizeilichen und gemeinnützigen Einrichtungen für den Ort, einzelne Theile des Orts oder Classen seiner Bewohner oder auch für größere Bereiche, überhaupt alle aus dem öffentlichen Rechte der Gegenwart und Zukunft fließenden, das Grundstück ergreifenden Verbindlichkeiten werden ausschließlich vom Erbpächter, mithin zu keinem Theile von Unserer Verwaltung getragen.

§ 11

In Verkaufsällen bleibt Unserer Cammer das Vorkaufsrecht für das Grundstück mit Zubehör nach folgenden Bestimmungen vorbehalten:

  1. Unsere Cammer kann von dem Vorkaufsrechte auch zu Gunsten Dritter, insbesondere der Gemeinde Gebrauch machen.
  2. Wenn bei einem Zwangsverkaufe, welche das Erlöschen der zur dritten Abtheilung des Grund- und Hypothekenbuches eingetragenen Pöste zur Rechtsfolge hat, der Käufer gegen welchen Unsere Cammer das Vorkaufsrecht geltend macht, zu den intabulirten Gläubigern gehört und nun mit seinen eingetragenen Forderungen ganz oder theilweise ausfällt, so hat Unsere Cammer diesen Ausfall zu decken.
  3. Ist in dem Kaufcontracte die Eintragung rückständiger Kaufgelder vereinbart, so werden letztere bei Ausübung des Vorkaufrechts auf Verlangen Unserer Cammer bei der Uebergabe des Grundstücks ausgezahlt.
  4. Erbpächter muß das Hauptexemplar des Kaufcontracts bei dem Amte einreichen und die Erklärung über die Ausübung des Vorkaufsrechts vier Wochen abwarten. Wenn dieselbe binnen dieser Zeit nicht erfolgt, so wird eine Verzichtleistung für diesen Veräußerungsfall angenommen.

§ 12

  1. Der Erbpachtbesitz kann nur einer Person zustehen. Zulässig ist jedoch der ungetheilte Besitz mehrerer Erben des letzten Besitzers bis zur Erbschaftstheilung.
  2. Jede in der Person des Besitzers eintretende Veränderung bedarf Unserer Anerkennung. Der neue Erwerber muß binnen 3 Monaten nach Eintreten des Rechtsgrundes, durch welchen die Veränderung veranlaßt worden, bei dem Amte nachsuchen. Die Frist fängt bei dem Zeitpuncte der Auseinandersetzung an, wenn die Erbschaft getheilt ist.

Für die Anerkennung werden nur die Stempelkosten und die Cammer-Canzlei-Gebühren nach der jedesmal geltenden Taxe erlegt:

  • in Verlassenschaftsfällen,
  • bei Zwangsverkäufen, welche das Erlöschen der zur dritten Abtheilung des Grund- und Hypothejenbuches eingetragenen Pöste zur Rechtsfolge haben.
  • wenn ein Blutsverwandter des letzten Besitzers bis zum vierte Grade einschließlich das Grundstück erwirbt.

In allen übrigen Fällen sind außerdem zwei Procent des Werthes der Hufe mit Zubehör - also auch der Saaten, Bestellung, Heu, Stroh, Dung - zu entrichten. Der Werth wird in Verkaufsfällen nach dem Kaufpreise berechnet. In allen anderen Fällen tritt eine billige Veranschlagung durch Unsere Cammer ein. Alle diese Erlegnisse werden mit Vollziehung der Bestätigungsacte fällig und können bei Veräußerungen unter Lebenden auch von dem Veräußerer wahrgenommen werden.

§ 13

Für die Ertheilung dieses Contracts und die Amts-Anweisung (§ 4) hat Erbpächter nur die Stempelkosten und Cammer-Canzlei-Gebühren - auch für das dem Amte zustehende Exemplar - und die Amtsgebühren nach den jedesmal geltenden Taxen zu entrichten. Für die (erste) Auflassung zu Grund- und Hypothekenbuch soll der taxmäßige Satz von 1/4 Procent des Werthes der Hufe nicht wahrgenommen werden.

§ 14

Erbpächter verpfändet für die Erfüllung dieses Contrcts sein gesammtes jetziges und zukünftiges Vermögen, und entsagt allen Einreden, insbesondere der Verletzung über die Hälfte. Zur Urkunde alles Vorstehenden ist dieser Contract doppelt ausgefertigt und das mit Unserm Handzeichen und Cammer-Insigel versehene Exemplar gegen Vollziehung und Rückgabe des zweiten Exemplars behändigt.


Gegeben durch Unser Finanzministerium, Abtheilung für Verwaltung der Domänen und Forsten.

Schwerin, den ....1870

Friedrich Franz



Die Vermessung und Bonitierung der Hufen in Tessin erfolgte 1867. In deren Ergebnis ist die Karte des Distriktingenieurs (Landmessers) Darjes entstanden. Diese Vermessung war auch mit einer Neueinteilung der Feldmark verbunden. Die Tessiner Hufen erhielten zum größten Teil zusammenhängende Hufen von 36 bis 41 ha, wie sich auf nachstehendem Kartenausschnitt andeutet..

Tessin.Engere Dorflage.jpg

Das Dorf Tessin. Ausschnitt aus der Feldmarkskarte von Darjes 1867


Der Staatskalender von 1871 weist dann auch für Tessin aus:

Tessin 1871 (MStk): 9 Erbpächter, 2 Viertelhufen, 4 Büdner, 12 Häusler und Schule, Kuhlenfeld unverändert.

Tessin 1881 10 Erbpächter, 1 Viertelhüfner, 4 Büdner, 13 Häusler und Schule

Kuhlenfeld nun nicht mehr getrennt sondern als Bestandteil von Tessin ausgewiesen (neue Gemeindeordnung): die 10 Erbpächter und ein Hauswirt zu Tessin als Erbpächter und 4 Büdner.

1890 sind alle Hufen in Tessin vererbpachtet. Bei den 13 Häuslern wird ein Häusler als Krüger genannt. Zu der Schule kommt die Industrieschule.

Kuhlenfeld: Erbpachthof im Besitz von 9 Erbpächtern zu Tessin, 4 Büdner, 1901 sind es nur 8 Tessiner Erbpächter, die den Hof Kuhlenfeld besitzen, 1 Häusler in Kuhlenfeld

1910 gibt es in Tessin neben den 11 Erbpächter und 4 Büdnern 15 Häusler, von diesen sind6 Eisenbahner, 2 Zimmerleute, 1 Schneider, 1 Chausseewärter, 1Kolonialwarenhändler, 1 Maurer, 1 Schiffszimmermann und 2 Hofgänger auf dem Gut Banzin

Tessin wird eine Gemeinde im Großherzoglichen Amt Boizenburg

Die Gemeinde als Begriff, der in der evangelischen Kirche bereits seit langem üblich war, wurde für die Dorfschaften aber erst im 19. Jahrhundert gebräuchlich. In Domanial-Dörfern hatte der Schulze zuvor unmittelbar "auf Grund der ihm erteilten Anweisungen die herrschaftliche Verwaltung nach allen Richtungen zu unterstützen, vornehmlich auch in der Gemeindeverwaltung, da diese unmittelbar vom Amte geleitet wurde und die Gemeinde eine selbständige Verwaltung nicht führte." (BIERSTEDT, Die Amtsführung der Gemeinde- und Ortsvorstände im Domanium des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin, Lübz 1904). Im Jahre 1865 wurde eine Gemeindeordnung erlassen, die bereit 1869 als "Revidierte Gemeindeordnung" erneuert wurde. Danach wurden die Gemeinden im Domanium gegründet, so auch in Tessin. Sie erhielten eine selbständige Gemeinde-, Armen- und Schulverwaltung. Die Schulzen waren Ortsvorsteher. Sie wurden auf Antrag des Domanialamtes an das Ministerium des Innern durch den Großherzog bestellt. Die Gemeindemitglieder hatten kein Mitbestimmungsrecht. Als 1848 die Klein Bengerstorfer Bauern die Forderung stellten ihren Schulzen selbst bestimmen zu dürfen, erhielten sie eine grobe Abfuhr. Die Vertretung des Schulzen im Verhinderungsfalle können nur Mitglieder des Gemeindevorstandes übernehmen.

Die Schulzen in Tessin waren, soweit bekannt:

 1704 Jochim Schütt, Hufe 5
 1751 Jochen Schütt, Hufe 5
 1853 Jochim Hinzmann
 1890 Ahrens, Hufe 5 oder 11
 1901 Ahrens, Hufe 5 oder 11
 1930 Otto Rabethge, Hufe 7

Ab 1933 wurden die Schulzen wie in Preußen Bürgermeister mit einer preußisch strukturierten Verwaltung mit Gemeinderat statt Gemeindevorstand und Dorfversammlung und mit Beigeordneten statt der Schöffen (stellvertretende Schulzen).

 1939 Bürgermeister Otto Rabethge
 1950 Bgm. Friedrich Franz Hinzmann
 2000 Bgm. Gertrud Geistlinger, geb. Hinzmann

Feuerlöschwesen

Der Schulze war auch der Hauptverantwortliche im Feuerlöschwesen. Dazu hatte er im Brandfall uneingeschränkte Befehlsgewalt. Im Brandfall hatte die Gemeinde sich beim Löschen im Umkreis von 6km zu beteiligen. In der Gemeinde hatte er die Verantwortung für die Vollständigkeit der Löschmittel und -einrichtungen. Auch die privaten Löschgeräte (Lederne Eimer, Feuerhaken, Leiter, Leuchte, siehe unten im Inventarium) waren bei Bedarf heranzuziehen. In den 1830er Jahren wurden in den Domanialämtern Feuerlöschverbände, auch Spritzenverbände genannt, gebildet, in denen an einem zentralen Ort eine Spritze stationiert wurde. Der Schulze dieses Dorfes war auch der Hauptverantwortliche beim Einsatz der Spritze im Brandfall. Im Amt Boizenburg befanden sich diese in Gülze, Nostorf und Groß Bengerstorf. Der Schulze des von einem Brand betroffenen Dorfes hatte einen reitenden Boten in das Dorf des Spritzenstandortes (für Tessin nach Groß Bengerstorf) zu schicken. Bis zum Eintreffen der Spritze war im Dorf mit eigenen Mitteln der Brand zu bekämpfen.

In den 1920er Jahren wurden diese Feuerlöschvernände aufgelöst. Das führte um 1925 zur Gründung der Freiwilligen Feuerwehren, so auch in Tessin. Verfasser der Chronik erinnert sich: Als im August 1949 in Klein Bengerstorf zwei Gehöfte im Dorf (Fritz Rehse und Hermann Behncke) von einem Großbrand betroffen waren und die Klein Bengerstorfer Spritze nicht anspringen wollte, waren die Tessiner Feuerwehrmänner neben der Boizenburger Feuerwehr die ersten, die mit den Löscharbeiten beginnen konnten.

Überhaupt blieb die Tessiner Feuerwehr immer aktiv.

Die Schule in Tessin

Die Schule in Tessin wird nach 1704 entstanden sein, denn im Beichtkinderverzeichnis 1704 wird noch kein Schulmeister erwähnt. Jedoch heiratet im Jahre 1726 der Schulmeister Jürgen Nienou die Trien Greet Schütz (Schütte) in Tessien. Möglicherweise war Jürgen Nienow der erste Inhaber der Schulstelle in Tessin. im Jahre 1774 geht ein Schulmeister Grill von Tessin nach Besitz. Von seinen Nachfolgern ist nur der Schulmeister J. Koch bekannt, der um 1900 in Tessin wirkte.

Der hier benutzte Begriff Schulstelle war allgemein üblich. Der Schulmeister, der in den meisten Fällen ein Handwerk erlernt hatte, wie Schneider oder Weber, und deshalb auf der Wanderschaft sich einige Kenntnisse angeeignet hatte, bekam kein Gehalt sondern in geringem Maße Schulgeld von den Eltern der Schüler. Seine Einkünfte verdiente er sich mit seinem Handwerk. Er wohnte in dem Schulkaten, der etwa die Größe und den Grundriss eines Büdnerkatens hatte. Die Schulstelle wurde mit ein wenig Land ausgestattet, so dass der Schulmeister sich Kuh oder Ziegen und ein Schwein halten konnte. Die Einkünfte daraus wurden ihm als Salair (Gehalt) angerechnet. So blieb dem Schulmeister bei der Beschaffung von Einkünften aus Handwerk und kleiner Landwirtschaft nicht viel Zeit für seine Schüler. Oft war es dagegen so, dass diese Ihm noch in seiner Wirtschaft helfen mussten. Für den Schulkaten in Tessin liegt uns kein Bild vor. Deshalb soll an dieser Stelle ein Bild des Schulkatens von Groß Bengerstorf eingefügt werden, der nach dem Bau des neuen Schulhauses 1856 als Stall und Scheune weitergenutzt wurde und noch heute in Resten vorhanden ist. Das neue Tessiner Schulhaus wurde 1908 errichtet.


Bengerstorf Alte Schule Gr.Bengerstorf.jpg


Tessin.Schulhaus.jpg

Das 1908 erbaute nun zu Wohnzwecken umgebaute

ehemalige Schulhaus in Tessin im Jahre 2023


Die Aufsicht über die Dorfschulen lag beim jeweiligen Pastor, hier folglich beim Zahrensdorfer. Er erarbeitete auch die Stundenpläne. Noch aus dem Jahre 1914 liegt uns ein Stundenplan vor, den der Zahrensdorfer Pastor Ahrens verfasst hatte, als der Tessiner Lehrer Garber Halbtagsunterricht in Groß und Klein Bengerstorf halten musste, weil die dortigen Lehrer in den Krieg eingezogen waren.

  Montag.......Dienstag.......Mittwoch.......Donnerstag.......Freitag.......Sonnabend
----------------------------------------------------------------------------------------
1. Biblische    Katechismus   Schönschreiben  Biblische      Katechismus   Perikopen
   Geschichte                                 Geschichte                   u. Bibellesen

2. Rechnen      Deutsch       Deutsch         Rechnen        Deutsch       Zeichnen
3. Singen       Erdkunde         -            Deutsch        1/2 Geschichte
                                                             1/2 Naturkunde
Erklärung: Perikope ist ein Bibeltextabschnitt zum Vortragen


Eine Inventarliste der Tessiner Schule aus dem Jahre 1896 mag die damit mögliche Qualität des Unterrichts darstellen:

1 Katheder
10 Subsellien (Schulbänke)
2 Wandtafeln 
1 Stativ
1 Rechenmaschine
1 Karte von Deutschland
1 Erdkarte
1 Karte von Europa
1 Karte von Mecklenburg1 
1 alte Karte von Palästina
1 alter Tritt
2 Spucknäpfe
1 alter Kasten
1 Litermaß für Flüssigkeiten
1 Kubikdezimeter
1 L Trockenmaß
1 Verzeichnis religiösen Memorienstoffes
1 Klassenbuch
  Die Biblische Geschichte von 1872
  Sprachbücher von Kahmeyer und Schulze
1 Sprachfehler-Buch
1 Klassenschrank
1 Globus
1 Plakat vom Norddeutschen Lloyd

Welche Ergebnisse die geringe Qualität des Unterrichts hatte, mag eine Schulrevision im Amt Boizenburg aus dem Jahre 1865 belegen, hier beim Übergang vom 4 zum 5. Schuljahr:

1. Lesen - Alle Kinder, ohne Ausnahme, konnten nicht lesen. Alles halb oder ganz verkehrt.
2. Chatechismuslehre und Biblische Geschichte - sehr mangelhaft
3. Chatechismus - es war bis dahin nur der Kleine Chatechismus gelernt.
4. Sprüche - waren seit Jahren gar nicht gelernt.
5. Singen - zur Genüge
6. Gesänge - wenige gelernt.
7. Rechnen und Schreiben - sehr mangelhaft.
8. Deutsch - keine Ahnung davon.
9. Geographie - keine Kenntnisse

Der Lehrer Heinrich Garber senior war in Tessin fast 40 Jahre im Amt (1908 bis 1946). Er hatte ein hervorragendes Ansehen. Das Vorbild für den oben genannten "klauken Tessiner Schaulmeister" wird sicher in seiner Person zu sehen sein. Heinrich Garber hat in Tessin auch über seine Tätigkeit als Lehrer hinaus in der Gemeinde gewirkt, insbesondere für das kulturelle Leben. So geht die Gründung des Tessiner Gesangvereins "Eintracht" auf sein Wirken zurück.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden zunächst alle Lehrer ihres Amtes enthoben, unabhängig von ihrer Haltung während der NS-Zeit. Als 1945 der Unterricht in den Schulen wieder begann, standen zunächst nur wenige unbelastete Lehrer zur Verfügung. Diese hatten ja nun auch die Aufgabe ein antifaschistisch-demokratisches Weltbild zu vermitteln. Zudem waren die Schülerzahlen auf Grund der Flüchtlinge aus dem deutschen Osten erheblich gestiegen. Es mussten zusätzliche Räume als Klassenräume genutzt werden u.a. in der Gastwirtschaft Kahl in Kuhlenfeld. Dort in Kuhlenfeld wurde 1949 eine Teilschule gebaut, die von Frau Tony Wilke geleitet wurde. In Tessin wurden drei neue klassenräume eingerichtet. Deshalb wurden viele junge Neulehrer eingesetzt, die nur eine kurze Ausbildung genossen hatten und sich selbst ständig weiterbilden mussten. Der Wechsel der Lehrer war zunächst recht häufig. Wie nachstehende Aufstellung zeigen mag:

 1945/46  Elfriede Rathmann
          Irmgard Schubert
 1946/47  Ilse Peterke
 1946/49  Erna Zameitat
 1947/54  Tony Wilke
 1952/54  Herr Gratzky (Tod durch Unfall)
 1947/59  Herr Plewonska nur für den Russischunterricht, auch in Bengerstorf (sein Wohnort), Bennin und Granzin

In den Jahren 1949 bis 1957 war das Ehepaar Elisabeth und Arnold Klinker in der Tessiner Schule tätig. Beide haben viel für die Weiterentwicklung der Schule und auch der Gemeinde geleistet. Sie setzten sich für den Ausbau des Freizeitsports ein, veranlassten den Ausbau der Schulscheune zum Turnraum und initiierten den Ausbau des Dorfteiches zur Badeanstalt. Das Ehepaar Klinker verzog dann nach Kessin bei Rostock. Es wurde durch das Ehepaar Schulz abgelöst.

Die Schülerbeförderung wurde vom Kuhlenfelder Fuhrunternehmer Hermann Wienekamp mit seinem umgebauten LKW durchgeführt. Das wurde umso notwendiger als ab 1959 die oberen Klassen in Neu Gülze unterrichtet wurden. Ab 1967 wurden die Schulen aus Besitz und Tessin zu einem Schulkombiat zusammengefasst. Damit wurde der gleichzeitige Unterricht von zwei Klassenstufen abgeschafft. Die weitere Konzentration führte zum Ausbau der Schule in Zahrensdorf im ehemaligen Gutshaus und nach dessen Abbruch im neuen Schulneubau am gleichen Standort. Dadurch wurde der Einzugsbereich der Schule immer größer. Von der Teldau bis Bennin und zeitweilig auch Camin, Rodenwalde und Banzin.

Dörfliches Brauchtum

Das dörfliche Leben ist traditionell geprägt durch das gemeinsame kulturelle Leben im Rahmen der Kirche und später auch in Vereinen als auch durch die unterschiedlichen Interessen und Möglichkeiten der Besitzstände des Dorfes. Durch die Kirche geprägt waren die Taufen, die Konfirmationen, die Hochzeiten und die Trauerfeiern. Das waren bei den größeren Bauern häufig Feste für das Dorf bzw, große Teile der Dorfeinwohner. Das traf insbesondere auf die Hochzeiten zu, bei denen oft mehr als 100 Gäste geladen waren, in kleinerem Umfange auch bei den Konfirmationen. Die Bauernhochzeiten wurden auf der "grot Däl" ähnlich wie das Erntefest gefeiert, mit großer Tafel zum Festessen, zum Kaffee und zum Abendbrot. Auf der Diele wurde nach den Klängen der Dorfmusik getanzt, mit den traditionellen Tänzen, später auch den moderneren Tänzen. In einigen Fällen dauerte Feier mehrere Tage.

Hufe 8. Bauernhochzeit.jpg

Bauernhochzeit. Großer Auftritt zum Foto vor dem Dielentor. Sammlung Greve

Das wichtigste kulturelle Ereignis im Dorf ist natürlich das Erntefest gewesen. Die Erntefeste wurden in der Region traditionell in den meisten Dörfern erst Ende Oktober oder Anfang November gefeiert, wenn außer der Getreideernte auch die Kartoffeln und weitgehend die Rüben unter Dach und Fach bzw. in der Miete waren. In älteren Zeiten, in denen es noch keine Tanzsäle in den Dörfern gab, wurden die Erntefeste abwechselnd auf der „Grotdäl“ bei den Hüfnern gefeiert. Das Fest begann am Vorabend mit dem Binden der Erntekrone durch die Dorfjugend (manchmal auch der reiferen Jugend) auf der Diele eines Bauern. Dass es dabei schon recht lustig zuging, kann man sich sicher vorstellen. Am Tage des Erntefestes wurde die Erntekrone zum Umzug durch das Dorf mit Musik aus dem für das Binden der Erntekrone gastgebenden Bauernhaus abgeholt. Das unterlag einem festen Zeremoniell. Zunächst wurde die Erntekrone abgetanzt. Dabei hatte der gastgebende Bauer mit seiner Frau den ersten Tanz. Danach tanzten der Kronenträger mit seinen zwei Damen. Kronenträger war üblicherweise der Sohn eines Bauern, seine Damen zwei Bauerntöchter. Später wurde es auch üblich, dass Bauernknechte und Mägde diese Ehre erhielten. Nach dem Abtanz wurde ein „Kœm“ eingeschenkt, bevor der Umzug begann. Der Umzug wurde im Laufe der Jahre immer prächtiger, da immer mehr geschmückte Leiterwagen fuhren. Die Erntefestfeier begann mit einer gemeinsamen Kaffeetafel, zu der jeder Bauer für seine Familie und sein Personal den Kuchen (Butterkuchen) beisteuerte. Der „Danz up de Däl“ war natürlich seiner Zeit entsprechend noch durch Polka, Rheinländer und Walzer, dazu auch noch echte Volkstänze, wie Kegel und Windmöller, geprägt. Die Musik bestand aus einer Blaskapelle, in der die Basstuba für den Rhythmus sorgte. Auch dann gab es wieder die Extratänze für den Bauern und die Kronenträger. Nachdem am Anfang des 20.Jahrhunderts in den Dörfern Tanzsäle entstanden waren, wurden die eigentlichen Feiern auf diese Säle verlegt. Das Zeremoniell wurde jedoch beibehalten.

Bennin.Erntefest 1.jpg

Festwagen beim Erntefest (Bennin). Sammlung Greve


In den Dörfern hatten verschiedene Vereine Aktivitäten entwickelt:

  • In einigen Dörfern ist in erster Linie ist der Reiterverein zu nennen, der das in der Region traditionelle Ringreiten veranstaltete. Das waren Reiterspiele, bei denen an einem torartigen Gerüst aus Schleeten (Derbstangen) ein Ring aufgehängt war, den die Reiter mehrfach im Galoppritt auf der geschmückten Reitbahn unter dem Tor hindurch mit der Reitpeitsche aufspießen mussten. Derjenige, der die größte Zahl der Ringe erlangt hatte, wurde Reiterkönig. Seine Königin durfte der Reiterkönig sich aus der Mädchen des Dorfes auswählen. Der Abschluss erfolgte mit einem Reiterball, zu dem König und Königin mit Schärpen geschmückt zogen. Ein solches Ringreiten ist in Schleswig-Holstein in einigen Dörfern noch heute üblich. Auch in Mecklenburg lebt diese Tradition teilweise wieder auf.

Ringreiten 1949.2.jpg

Ausritt der Sieger des Ringreitens (Groß Bengerstorf). Sammlung Greve


  • Von großer Bedeutung nicht nur für die Brandbekämpfung und die Brandsicherheit war die Feuerwehr. Nach der Auflösung des um 1835 gegründeten domanialen Feuerlöschverbandes Groß Bengerstorf, der mit einer dort stationierten Spritze ausgestattet war und zu dem die Dörfer und Höfe Tessin-Kuhlenfeld, Klein Bengerstorf, Bennin, Schildfeld, Granzin, Greven und Gallin gehörten, wurden in den Dörfern eigene Feuerwehren gegründet. Die Gemeinde Tessin-Kuhlenfeld hatte nach dem Ersten Weltkrieg eine eigene Feuerwehr gegründet. Zuvor war der Groß Bengerstorfer Schulze im Verband mit der Leitung des Einsatzes bei der Bekämpfung von Bränden betraut. Bei größeren Bränden konnte auch das Amt die Leitung der Brandbekämpfung an sich ziehen. Ansonsten war nach der Verordnung über das Feuerlöschwesen von 1878 in jedem Dorf der Schulze des Dorfes mit der Leitung der Brandbekämpfung betraut. Alle Männer zwischen 18 und 60 Jahren waren verpflichtet, am Feuerlöschdienst und auch an Übungen teilzunehmen. An der Brandbekämpfung war in einem Umkreis von 6 km, in Ausnahmefällen in noch größerer Entfernung die Teilnahme Pflicht. Außer dem Feuerlöschgerät der Gemeinde (Löschwasserbehälter, Leitern) war auch das private wie lederne Feuerlöscheimer, Feuerhaken, Feuerpatschen und Leitern einzusetzen. Die Brunnen waren immer in solchem Stande zu erhalten, dass die Wasserentnahme durch Eimerketten möglich war. Zum Schutz vor der Ausbreitung von Bränden waren an der Dorfstraße und auf der Dorffreiheit große Bäume zu erhalten, deren Fällung genehmigt werden musste. Der Schulze hatte bei der Brandbekämpfung Polizeigewalt. Er konnte bei Nichtbefolgung seiner Anweisungen Strafen aussprechen.
  • In den Dörfern gab es traditionell Kriegervereine. Diese waren ursprünglich als Traditionsvereine der Teilnehmer des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 und später auch des Ersten Weltkrieges gegründet worden. Wenn auch die generelle Zielstellung solcher Vereine in unserer Zeit zu Recht nicht mehr hoch im Kurse steht, so haben sie doch unter den Bedingungen der begrenzten dörflichen Verhältnisse mehr einen Beitrag zum Leben der Dorfgemeinschaften geleistet als sie den reaktionären Zielstellungen gedient haben.

Sie waren auch die Initiatoren zur Aufstellung der Kriegerdenkmäler und 1913 auch für die Pflanzung der Friedenseichen. Im Kirchspiel Zahrensdorf wurde auf dem Friedhof ein Gedenkstein für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges aufgestellt, auf dem die Namen aller Gefallenen aufgeführt wurden. Die Gefallenen der vorhergehenden Kriege wurden auf Tafeln in der Zahrensdorfer Kirche genannt.

Zum Leben in den Dörfern insbesondere auf den Bauernhöfen gehörte immer auch das Backen in erster Linie des groben Bauernbrotes aus Roggenmehl, "dat groww' Brot". Zu Festtagen wurde auch Kuchen gebacken, der sogenannte Plaotenkauken (Blechkuchen). Das ist ein Zuckerkuchen mit viel Butter verfeinert, allgemein Borrerkauken genannt. Der Backofen wurde aber auch zum Flachsrösten genutzt. Die gemeinsame Nutzung von Backhäusern und auch der Backöfen führte zu fröhlichem Treiben beim Backen und Rösten und belebte das Dorf. Das setzte sich danach beim Flachsspinnen fort. Backhäuser und Backöfen befanden sich wegen der Brandgefahr allgemein in einiger Entfernung vom Bauernhaus im hinteren Bereich des Gehöftes. Sie stehen heute nur noch in seltenen Fällen (siehe Bilder). Dazu soll an dieser Stelle eine plattdeutsche Schilderung von Liselotte Buchholz, geb. Hühn aus Bennin eingefügt werden:

"Ein Festdag weer ümmer dei Backdag. Meistens backten poor Familien tausaomen, denn 
nich jeder harr‘ ‘n Backaoben. Morgens tiedig würr dei Aoben anbött un dat weer dei 
Keerls eer Upgaw‘. Intwüschen knäden dei Frugens den‘ Brotdeig un geiwen em dei 
richtige Form. Meistens geiw dat bloß Growwbrot, selten mal Fienbrot. 'N besunnere 
Freud‘ weer, wenn Mudder noch ‘n poor Plaotenkauckens in den Aoben schäuw. In‘ 
Harwst würden nah dat Backen öfters noch Beern un Plumm’n in’n Aoben schürrt un 
drögt. In'n Winter geiw dat denn Backbeernsupp. Dei Backbeern käumen ok, wenn 
slacht würr, in dat Swartsuer." 

Alter Backofen in Gr.Bengerstorf, Archiv Greve
Backhaus in Bennin als Ruine, Archiv Greve


Über die im früheren Amt Boizenburg üblichen Bräuche schreibt Ina Kahns, geb. Hinselmann in ihrem Buch Zur Volkskunde des Landes Macklenburg am Beispiel des alten Amtes Boizenburg zu Beginn des 20. Jahrhunderts: (Frau Kahns geb. Hinselmann stammt aus der Müllerfamilie, die später in der Hand ihres Schwagers Krey war, der ihre Schwester geheiratet hatte. Sie verwendet in ihrem Buch unterschiedliches Plattdeutsch. Es wurde für diese Chronik an die Sprache des östlichen Boizenburger Amtes angepasst.)

Über die Verarbeitung des Flachses.

Nach dem Sprichwort, "Wat gaud is vör de Küll' is ok gaud vör de Hitt", mußte man vor dem Ofen, in den der Flachs gelegt war, viel Zeug anziehen, große Holzschuhe oder Pantoffeln, einen Mannskittel, möglichst lang, aus Leinwand, dazu ein Tuch über den Kopf und Handschuhe, ein grünes Blatt in den Mund, ist angenehm bei dem Dunst. Mit angefeuchtetem Besen mußte man draußen in den großen Backofen kriechen, um die Reste des Flachses im Ofen zu bewegen, damit nicht alles verbrannte. Man konnte es nur einige Minuten im Ofen aushalten, dann zwangen Hitze und Durst, frische Luft zu schöpfen. Es gehörte viel Mut zu dieser Arbeit. Als man noch keine Rummel hatte, nahm man Siebe um den Leinsamen von den Hüllen und kleinen Stengeln zu trennen, dem Kaff'. ... Später benutzte man eine Schwingmaschine, von einem Pferd oder von Wasser getrieben (Vellahn). "De Schäw", das allerletzte Gedörrte, blieb bei den sparsamen Bengerstorfern am Backofen liegen, damit im Winter die Kartoffeln damit zugedeckt werden konnten. Die Benniner verkauften es an den Plünnenhändler. Andere legten sich einen Sack mit "Knüttkaff" unter das Unterbett. "Lütt Lienkram" bekamen die Kälber gegen Verstopfung. Endlich ist es dann soweit, daß man mit dem Braken beginnen kann. Hilft man sich gegenseitig, ist die Arbeit für jedes Haus an einem Abend getan. Natürlich muß man seine Hilfskräfte bewirten. Bescheiden gab es früher "Fienbrot" mit Honig, später großartig Butterkuchen. Kaffee durfte nicht fehlen.

Wie Arbeit und Frohsinn zusammengehen, zeigt ein kleines Gedicht aus Groß Bengerstorf:

  • De Aaft de rookt,
  • Dat Füer smookt,
  • Un wenn dat Füer ruter is,
  • Krüppt Mudders in den Aben rin,
  • Un drückt dat schir Flass dorin,
  • Det Avends wöllt wi braken.
  • Denn kümmt dat junge Volk tohoop,
  • Hätt väle narrsche Knäp in'n Kopp,
  • Fangt lustig an tau braken,
  • Dat klappt un brakt,
  • Dat snackt un singt,
  • Bet Mudders ehr den Kaffee bringt.
  • Dat is'n lustig Läben,
  • Dat in den Harvst ward dräben.

Zum Verständnis die hochdeutsche Übersetzung, ohne Reim.

  • Der Ofen raucht,
  • das Feuer schmaucht,
  • und wenn das Feuer raus ist,
  • kriecht Mutter in den Ofen rein,
  • un drückt das schiere Flachs darein,
  • des Abends wolln wir braken.
  • Dann kommt das junge Volk zuhauf,
  • hat vielen närrischen Unsinn im Kopf,
  • fängt lustig an zu braken,,
  • das klappt und brakt,
  • das erzählt und singt,
  • bis Mutter ihnen Kaffee bringt.
  • Das ist ein lustig Leben,
  • das in dem Herbst wird getrieben.

Übersetzung: D.Greve

Wer zuletzt mit dem Braken fertig war hieß "Brakelbuck". Kam dann der Winter, war die "Butenarbeit" vorbei. "Sünnabends wür haspelt d.h. up Spulen wickelt. As de Lüüd noch morrns Klock veer upstünn', müssen de Knechts drei Lag döschen, de Deerns spinnen, ehre dat Kaffee geiv." Als wir über das Weben sprachen, meinte eine Altenteilerin aus Besitz: "Wat meinst Du Vadder, wöllt wi noch mal ubpbömen?" (Was meinst Du Vater, wollen wir noch einmal aufbäumen? d.h. den Webstuhl aufbauen). In der Teldau hieß es: "Dat Uptreckelgeschirr liggt noch up'n Böhn." (Das Aufziehgeschirr liegt auf dem Boden, d.h. der Webstuhl wurde abgebaut und auf den Boden gebracht).Einen Webstuhl verkaufte man nicht. Er gehörte zum Hofe. .... Selbstverständlich hat es Spinnstuben oder, wie man in unserer Gegend sagte, "Spinngesellschaften" gegeben, wo auch die jungen Burschen erschienen und Unfug machten, "Snör aflopen" (Schnüre ablaufen) ließen und Geschichten erzählten, "bannig grugelich" (sehr gräulich). Das ist schon lange her. Fragt man danach bekommt man in Tessin zu Antwort: "mit dat Spennrad lopen mehrst de ollen Frugens", also die wenigen alten Frauen, die noch spannen. Das war das Ende. Die Weber starben auch aus.

Beim "Kartoffelpurren" (Kartoffelernte) durfte es kaum besondere Ausdrücke geben. Nur der Letzte heißt "Kartüffelbuck"! Aus Groß Bengerstorf stammt folgender Vers:

  • Up een Stück dor liggens all',
  • Un krupen ümmer up und dal,
  • un sammeln up Kartüffel.
  • De ein, de hackt se all' herut,
  • ok schürrt se in de Körv herut,
  • Dat deit ganz bannig pumpen,
  • De Wag' mütt hemmen Rungen."

Auf hochdeutsch (D.Greve):

  • Auf einem Stück da liegen sie,
  • und kriechen immer auf und nieder,
  • und sammeln auf die Kartoffeln.
  • Der eine hackt (oder hakt) sie alle heraus,
  • auch schüttet sie in die Körbe heraus,
  • das tut ganz mächtig pumpen (bullern oder auch anstrengen)
  • Der Wagen muss haben Rungen.

Wichtig war natürlich auch das Schlachten. Fast jede schwierige Arbeit war von Aberglauben begleitet. Leberwurst sollte man stillschweigend kochen, damit sie nicht platzte, auch sollte man stillschweigen rückwärts bei ihrer Zubereitung zur Tür gehen.

Ergänzung D.Greve: Das Schlachten war trotz der damit verbundenen mühevollen Arbeit ein Fest, das auch "Schlachtfest" genannt wurde. Geschlachtet wurden Schweine zwischen 250 und 400 Pfund (125-200kg). Entsprechend wurde auch die Wurst mehr oder weniger fett. Das Schlachten begann schon mit der schwierigen Aktion das Schwein, das sein Schicksal wohl bereits spürte, aus dem Stall an den Schlachteplatz zu bringen. Bevor die Schweine mit Bolzenschussgeräten betäubt wurden, war es üblich die Betäubung durch einen Schlag mit der stumpfen Axtseite zu betäuben. Das gelang nicht immer sofort, so dass der Schlag wiederholt werden musste. Danach wurde das Schwein mit einem Messerstich in das Herz getötet. Dabei lief aus der Wunde das Blut, das in einer Schüssel aufgefangen wurde. Das Blut musste in der Schüssel mit der Hand gerührt werden, damit es nicht gerann. Das war eine Aufgabe für die Frauen, die sie in der Regel ungern ausübten. Bis dahin war das Schlachten alles andere als ein Fest, eher eine grausam wirkende Aktion. Das ausgeblutete Schwein wurde auf eine Leiter über einem Brühtrog gezogen. Dort wurde es mit heißem Wasser begossen Dabei musste die geweichte Haut des Schweines mit einem speziellen Schaber von den Borsten befreit werden. Nach dem Brühen wurde die Leiter, an der das Schwein an einem Bügel hing, aufrecht an eine Wand gestellt und das Schwein aufgebrochen, d.h. längs seiner Unterseite in zwei Hälften getrennt. Zur weiteren Arbeit war es erforderlich, das das Fleisch auskühlt. Aus diesem Grunde wurde in der Regel nur im Winter (Dezember bis Februar) geschlachtet. Das ausgekühlte Schwein wurde dann vom Schlachter fachgerecht für die weitere Verarbeitung zerlegt. Bei der weiteren Arbeit hatte allgemein neben dem Schlachter die Bäuerin das Sagen. In der großen Bauernküche wurde die Wurst gemacht, für die teilweise das Fleisch gekocht werden musste. Vor dem Wurstmachen waren die Därme zu reinigen und zu kochen. Dann mussten auch die Leberwürste und die Blutwürste gekocht werden. Die traditionelle Mettwurst wurde aus ungekocht zerkleinertem Fleisch gestopft. Wie in Mecklenburg allgemein wurde die Wurst dann im Rauch konserviert. Das erfolgte von Alters her durch das Aufhängen im Wiemen der Bauerndiele mit dem Rauch des offenen Herdes, später in speziell eingerichteten Räucherkammern auf dem Boden über dem Wohnteil des Bauernhauses. Zuvor gab es jedoch am Abend des Schlachtetages ein üppiges Festessen mit je nach Familie unterschiedlichen traditionellen Gerichten. In vielen Bauernhäusern war das "Wellfleisch" das Gericht des Schlachtfestes, das wohl nur mit einem kräftigen Schnaps zu genießen war, in anderen Häusern gab es Koteletts oder die wohlschmeckende häufig Beefsteak genannte Frikadellen.

Die Zeit des Schlachtens war, wie oben erwähnt, die Zeit der Wintermonate sowohl wegen der günstigen Witterungsbedingungen bei der Aufbereitung des Fleisches als auch wegen der ruhigeren arbeitsärmeren Zeit nach der Ernte der Feldfrüchte. In dieser Zeit wurden auch die Bauernhochzeiten gefeiert.

Ina Kahns berichtet: "Aber erst kam der Köstenbirrer, geschmückt mit Blumen und Bändern. Nicht nur die Verwandtschaft, das ganze Dorf, oft das ganze Kirchspiel, nicht weniger als zwei- bis dreihundert Personen feierten mit." Das muss für das 20.Jahrhundert aber bereits eingeschränkt werden, in dem es sich auf die Verwandtschaft und das Dorf beschränkte und man selten mehr als hundert Personen als Gäste sah. Am Vorabend der Hochzeit wurde der Polterabend für die nicht zur Hochzeit geladenen Einwohner ausgelassen gefeiert. Die Hochzeitsgesellschaft fuhr mit der Kutsche nach Zahrensdorf in die Kirche zur Trauung. Auf der Rückfahrt wurde "geschneert", d.h. ein Tau über den Weg gespannt. Das Brautpaar musste sich mit eine "Buddel Koem" lösen, bevor es weiterfahren durfte. Das erfolgte in manchen Fällen mehrfach. Die Feier einer Bauernhochzeit erfolgte auf der "Grootdäl", auf der auch ein üppiges Mahl gereicht wurde. Bei Hochzeiten in den Familien der Häusler ging es freilich bescheidener zu. Bei der Hochzeitsfeier wurde allgemein auch die Dorfmusik engagiert, die abends zum Tanzen aufspielte. Wie bei anderen Festen wurden noch die traditionellen Volkstänze, wie Windmöller, Kegel und auch Rheinländer und Polka getanzt. Dabei gab es noch um 1950 solche Einlagen, wie "Du lieber Schuster Du, flick Du mir meine Schuh ...", bei denen eine Tänzerin auf dem Stuhl saß, und der Tänzer die Schuhreparatur imitierte. Um Mitternacht wurde zu der Melodie "Wir winden Dir den Jungfernkranz" der "Schleier abgetanzt". Dabei tanzten die Mädchen um die Braut herum, der die Augen verbunden waren. Sie musste dann ihren Kranz den Mädchen zuwerfen. Diejenige, die ihn erhielt, sollte die nächste Braut sein. In der nächsten Runde tanzten die Burschen um den Bräutigam, dem ebenfalls die Augen verbunden waren. Er musste sich einen der Burschen greifen, der der nächste Bräutigam sein sollte. Die Hochzeit dauerte mit den Nachfeiern mehrere Tage.

Weiterhin berichtet Ina Kahns auch über die Bräuche zu Weihnachten, Ostern, Pfingsten und zum Viehaustrieb - auch die der Kuhhirten - sowie zur Ernte und den Erntefesten.

WEIHNACHTEN Die Überlieferungen der Zwölften (die zwölf Nächte zwischen Heiligabend und Dreikönigstag) brachten es mit sich, daß man dem christlichen Weihnachtsfest allerlei heidnische Bräuche beimischte. Es wird von den Alten immer wieder betont, wie bescheiden, ja kärglich dieses Fest einst war. Das galt natürlich nur für die Geschenke. Ein Ball, ein Griffelkasten für ein Kind war alles. Die Dienstmädchen und Knechte erhielten ein Kleidungsstück oder Geld. Statt der Tanne holte einer der Männer eine Kiefer, "Gräne", aus dem Walde, die die Frauen mit selbst gefertigten Papierketten, vergoldeten Pappsternen und Nüssen schmückten. Die Lichter brannten am Heiligabend nicht aus. Sie mußten bis Sylvester reichen. Zugerüstet wurde reichlich. "Bodderkauken" für die Gäste, denn die Verwandtschaft kam sicher an einem Festtag. Vor allem kleine weiße und braune Pfeffernüsse. Letztere wurden mindestens vierzehn Tage vorher angerührt, dann geknetet und ausgerollt. Mit alten oft ererbten Blechformen stach man Sterne, Monde, Fische und Herzen aus. Manche Stücke verzierte man mit Mandeln und Sukkade. Wo junge Mädchen im Hause waren, formten sie wohl einen Mann aus diesem Teig. Für die Kinder kaufte man "Kindjees"-Poppen (Kind-Jesus-Puppen), oft Wickelkinder aus einfachem weißen Teig mit Zucker verziert, oder "dat weern so'n Uhlen, Kreiden und Rüders (Eulen, Krähen und Reiter). Gemeint ist wohl Wodan (germanische Hauptgottheit) mit seinen Raben. Während man mit den Kindern alte Lieder sang, gingen die jungen Männer, oft mit Masken durchs Dorf und ließen sich hier und dort einen einschenken. In Bengersdorf gingen die Kinder am zweiten Festtag (St.Stefanus) "steffen". Sie erhielten überall etwas: Äpfel, Nüsse, Pfeffernüsse. In der Stadt schätzte man das Fröhliche-Weihnacht-Wünschen" nicht. Es wurde als Bettelei schließlich verboten. (In Klein Bengerstorf wurde dieser Brauch nach der Erinnerung von Herta Greve - jedoch in den Tagen vor Weihnachten - noch etwa 1920 ausgeübt.)

OSTERN

Was die Jugend in vielen Ländern zum Ostermorgen tat, das war auch hier Brauch. Man holte das "Osterwader" vor Sonnenaufgang und schöpfte es stillschweigend aus dem Strom. Für die Kinder wurden Eier gefärbt.

PFINGSTEN

Seit altersher hat das Pfingstfest einen besonderen Platz bei den Deutschen eingenommen. Jeder freut sich über die Schönheit der Natur. Viele Bräuche sind mit diesen Tagen verknüpft, gerade auf dem Lande. Der Maibaum, die Birke, stand mitten im Dorfe. Wenn auch jedes Haus eine Birke vor der Tür stehen hatte, so wollten doch die Burschen ihren Spaß haben. Für manches Mädchen stand noch ein besonderer Busch vor seinem Fenster. Hatte sich die "Deern" mit ihrem Burschen erzürnt oder konnten sich zwei nicht riechen, so fand sie wohl den starkriechenden "Fulboom" eingepflanzt. (Das Faulbaumpflanzen vor den Fenstern von Mädchen wurde in Klein Bengerstorf noch 1957 ausgeübt, D.G.)

Um Pfingsten, um den 1. Mai, wurden die Kühe ausgetrieben, ein wichtiges Ereignis im Dorf. Das Fest begann schon am Vorabend. Bis spät in die Nacht wurde von den Knechten und Jungen mit den Peitschen geknallt. "Wi stünnen in Greven up de Muer un knallten, dor künnen wie de Langen Lehster (im lauenburgischen) hüren." Unfug wurde natürlich auch getrieben. "Ick heff se oft untenanner bröcht, ich weer jo Nachtwächter", sagte ein alter Mann. Vielleicht hatte man zwei Stunden im Heu geschlafen, dann ging es an das Austreiben des Viehs. Keiner wollte der letzte der "Pingstkarr" sein. Um den anderen aufzuhalten, vertünte man die Pforte. Schwerer war es, als Zweiter oder Dritter das Vieh herauszulassen, Bedienter oder König zu werden. Erster war der "Dagswäper", der mit der Swäp (Peitschenende) den Tau (Dag) abwischt. Draußen begann ein fröhliches Treiben. Mit dem vom Geschenk erhandelten Alkohol bewirtete man die Kameraden. Es war das nicht immer "ein säuter Sluck", sondern richtiger Branntwein. Die Wirkung blieb nicht aus, "wääck leigen drei Dag achter de Häg" (Einige lagen drei Tage hinter der Hecke, D.G.). Den Höhepunkt des Festes bildete die Auszeichnung. In Besitz erhielt der Held des Tages einen geflochtenen "Beisenhaut" (Binsenhut), des öfteren auch in Gothmann. ... Gemeinsam erfolgte am Abend der Einzug ins Dorf. "Wi hötten (hüteten, D.G.) in Groten-Bengerstörp all anne Benniner Scheid, un den all' na'n anner tau Dörp" voran der König oder Dagswäper. Die Tiere waren teils mit Birken geschmückt, der Reihe nach, wie man am Morgen ausgezogen war. In Gothmann folgte die letzte Kuh mit einem Nesselkranz. In anderen Dörfern mußte der Pfingstkarr einen Birkenzweig am Bein nach Hause schleppen. "De Deerns weern schön bos', wenn sei so lat kämen, wägen dat Melken. Se wullen jo tau Ball."

Zum Hüten der Kühe auf der Weide nahmen die Bauern um Pfingsten Hütejungen (Kauheirers) in den Dienst. Sie gingen noch zur Schule, waren Kinder armer Eltern und stammten oft aus der Großstadt. Es war hart von den Eltern, so ein junges Wesen "auszutun". Die Hütejungen hatten aber bessere Verpflegung und bessere Kleidung beim Bauern als zu Hause. Mit acht Jahren war ein Junge zu schade zum Gänsehüten. Nach einer Schulprüfung durch den Pastor hatten die Hütejungen im Sommer schulfrei. Sie standen in einem regelrechten Dienstverhältnis und erhielten ihren Lohn, in alten Zeiten 10 Taler, dann 12 oder 14 Taler, sowie als Deputat 1 Spint (6 oder 7 Pfund) Leinsaat und etwas Kleidung. Das Kühehüten war keine schwere Arbeit, erforderte keine Kraft, sondern nur Pflichtgefühl und Aufmerksamkeit. Die Kühe durften nicht die eigene oder fremde Saat zertrampeln, auch nicht über den frischen Klee herfallen, weil sie sonst krank wurden. Langweilig war es sicher nicht auf der Weide. Es gab auf den Nachbarkoppeln immer Altersgenossen. Aus Weidenruten stellte man Flöten her. Beim Klopfen, damit sich die Schale vom Kern löst, sprach man:

  • Bub,Bub, Bastian,
  • Lat min Fläut ok gaud afgahn,
  • Lat's ok nich ünnergahn,
  • Dats bald werrer kümmt.

Zu hochdeutsch:

  • Bub, Bub, Bastian,
  • Lass die Flöte auch gut abgehn,
  • Lass sie auch nicht untergehn,
  • daß sie bald wieder kommt.

Variante aus Bennin nach Ernst Greve, übermittelt an Sohn Dieter Greve:

  • Piepen, Piepen Basterjahn,
  • lat de Fläut ok gaud afgahn,
  • lat se nich verdarben
  • lat se ok gaud warden.

Zu hochdeutsch:

  • Pfeifen, Pfeifen Bastian,
  • lass die Flöte auch gut abgehn
  • lass sie nicht verderben,
  • lass sie auch gut werden.

Zwischen den Hütejungen eines Dorfes herrschte größte Kameradschaft, mit denen anderer Dörfer lebte man oft in erbitterter Feindschaft. An Beschimpfungen fehlte es nicht, man verstieg sich sogar zu Spottversen:

  • Galliner Dinger,
  • Pipt up'n Finger,
  • Pipt up'n roden Lappen,
  • Frät all de Greiber (Grevener;D.G.) doden Katten.

Schlagfertig wurde dieser Reim von der Gegenseite mit versetzten Ortsnamen erwidert. Das währte nicht lange, "de Buern bröchten dat vör dat Amtsgericht, denn wür dat verbaden". Grimmige Feindschaft herrschte zwischen den Kauheirers von Groß und Klein Bengersdorf. "Up Ticktacken kümmt Burjacken, auf Anstoßen folgte die Jacke verhauen. So gerieten diese kleinen Kerle, die sich mit acht Jahren 'majoren' (reif, volljährig, D.G.) dünkten, oft in eine kleine Schlägerei. Das Schlachtfeld war die Schaalbrücke. Waren die Klein-Bengersdorfer die Angreifer, konnte es geschehen, daß der Feind Verstärkung durch Lüttknechte erhielt. Die Groß-Bengersdorfer Bauern hielten sich je zwei Knechte. Diese 14- bis 16-jährigen Burschen griffen aus Solidarität mit Knüppeln in den Kampf ein, "dat dat man so ballert". Aber gegen die doppelte Übermacht gab es für die Lütten Bengersdorfer nur den Rückzug: "Wi nähmt riet ut."

DIE ERNTE UND DAS ERNTEFEST

"Jacobi kümmt bald, gifft Koorn un Brod, huult de Hund." (Jacobi, der 25. Juli, kommt bald, gibt Korn und Brot, heult der Hund, D.G.). Es gibt viele Bräuche welche mit der Ernte zusammenhängen. Sie sind teilweise sehr alt und nach den Landschaften verschieden. Angemäht wurde gewöhnlich am Sonnabend, da nach altem Glauben nichts am Montag beginnen durfte . Für das Mähen spornte man die Mäher und die Binderinnen an:

  • Risch, risch,
  • Meiherlüd wäst gaud un frisch,
  • Dürten, Anne, Gret un Trin.
  • Bind de Garben drall un fin,
  • Risch, risch, risch.

Zu hochdeutsch:

  • Risch, risch,
  • Mäherleute seid gut und frisch,
  • Dörte, Anne, Grete und Trin,
  • bindet die Garben rund (oder fest) und fein,
  • risch, risch, risch. (Klein Bengerstorf)

"Gebunden" wurde nach altem Brauch, wer auf dem Lande an einem Kornfeld vorbei kam. Der "Gebundene" mußte sich mit einer Gabe wieder lösen. ... Vor allem ward natürlich auf den Gütern der Herr, der Inspektor, gebunden. ..

  • Der Herr soll gebunden sein,
  • Mit einem kleinen Bindelein,
  • Er gibt mir ein kleines Trinkelein,
  • Dann soll er erlöset sein (Bennin, oder Tüschow?)

.... "Bindbuck" nannte man den, der die letzte Garbe band. "Austbuck" ist eine Art Sonnenstich. "Dor sitt de Haas in" heißt es von dem letzten Teil des ungemähten Kornes (Nostorf und Zweedorf). "Laden" ist eine Kunst. Die Last der Garben muß gleichmäßig auf dem Wagen verteilt sein, sonst kippt dieser an einer scharfen Straßenecke um. Wenn das Fuder kippt, neckt man: "Dat kost't 'n Buddel". Beim Riss des Bindeseils muß derjenige, welcher dieses Tau über dem hochgetürmten Wagen gebunden hat, "einen utgäven". ...

Das Essen wurde, falls der Acker weit war, hinausgetragen; es mußte reichlich und gut sein. Mittags mußte außer Fleisch stets eine kleine Erfrischung, etwa Reismehlkloß mit Milch, dabei sein. Der Tag war lang, deshalb gab es am frühen Nachmittag eine Zwischenmahlzeit, die "Vesper", und erst dann den Nachmittagskaffee. Die Vesper gab es nur einige Wochen, dann hieß es "Barthelmeis (24. August, D.G.) is kamen, hett Vesper mitnahmen." Während der Ernte schlachtete man an einem Sonntag ein Huhn. Wossidlo deutet es als ein altes Opfer. Bei dieser Mahlzeit ging es lustig zu. Wer die Leber auf seinem Teller fand, mußte einen Vers dazu finden, sie mußte weitergegeben werden und der nächste ebenfalls ein Verslein erdenken. In Ruthen (bei Lübz, D.G.) und Besitz kannte man folgende Verse:

  • Wer dit Johr heurat', mütt anner Johr Büxen flicken,
  • De Läber is von'n Hauhn un nich von'n Hoppenstaken,
  • Wenn ik'n Mann heff, will ik em tamm (zahm, D.G.) maken,
  • Ik will't versäuken mit Hassel (Hasel) un mit Bäuken (Buchen), (aus Ruthen)
  • Von Kopp bit Liw, (Von Kopf bis Leib),
  • Bit dat sei schrigt, min hart leiv Wif. (Bis dass sie schreit, mein herzlich liebes Weib, D.G.)

War unter viel Arbeit und Schweiß die Ernte eingebracht, war der September und auch ein Teil des Oktobers vergangen, begann man für das "Oornbier" (Erntebier, Erntefest, D.G.) zu rüsten. In Besitz kamen acht Tage vorher die Bauern zusammen, um sich über die Musik und Ankauf des Bieres zu bereden, denn das Erntebier war eine gemeinsame Angelegenheit. Die jungen Mädchen waren zuständig für die Anschaffung von Papier und die Anfertigung von Blumen daraus, auch sollte jeder ein Sträußchen kaufen "för Oornbeervadder twei". Die Pferde, die ja auch ihr Teil der Arbeit geleistet hatten, "würden all reinklarrt" (Tessin). Donnerstags schlachtete man eine Kuh. Das Binden des Erntekranzes geschah mit viel Liebe. Er wurde in einem anderen Haus gebunden und mit Musik in das Haus gebracht, in welchem man feierte und dort in der Diele aufgehängt. In Tessin bestand er aus "Hahnenputten (Hagebutten?), rode Kaffeebohnen (Beeren der Eibe) und Blaumen, witt Parlkrut un Gräun". Dann aber begann das Fest. Jeder wollte nach der sauren Arbeit einmal sorglos sich ausruhen. Junge Leute zogen mit einem Korb von Hof zu Hof, um Eier zu schnurren, die "Oorenbeerbiddermudder" (Erntefest-bitte-mutter, Gastgeberin des Festes) ihnen zubereiten mußte. "De Buren müssen twei Anker Köm bewilligen" (Tessin). In Tessin wurden weniger Musikanten bestellt, es gab im Dorf Amteure: "Min Vadder hett drei Dag den Brummbaß sträken." Wer am zweiten Tag verschlief, dem machte man in Besitz diese Nachlässigkeit oder Unhöflichkeit drastisch klar. Vier bis fünf Mann erschienen bei dem Sünder, hoben ihn auf eine Leiter, welche auf jedem Ende von einem auf der Schulter getragen wurde und trugen ihn mit Hallo durchs Dorf (in anderen Dörfern wurde der Faulpelz auf einen Sattel gehoben). "Männigmal hadden wi drei Mann up, Musik vöran." War man in Tessin ganz ausgelassen, kam jemand auf den Gedanken, "anner Lüüd tau verfeern" (zu erschrecken, D.G.) "De Schimmel kümmt", rief jemand. Unter einem Bettlaken versteckt, ritt ein Junge auf einem Kornsieb, vorne steckte ein Pferdekopf, hinten ein Schwanz. "Frugens un Kinner würden all grugen" (grauen, D.G.). In Bennin ging noch ein Bursche mit Eimer und Schaufel hinterher. Wenn nach dem Fest die Abrechnung nötig war, fanden sich die Bauern eine Woche später zu einem gemütlichen Abend zusammen, ohne Frauen. Als dann nach und nach jedes Dorf eine Wirtschaft mit Saal erhielt, ging so mancher Reiz verloren. Auf den Gütern wurde gewöhnlich der Kornboden zum Tanzen benutzt. In Schadeland "danzt se up de Straat". Man tanzte auch im kleinen Kreis "up Söcken" in der Teldau (auf Socken,D.G.) un "barst" in Besitz (barfuß, D.G.). Es genügte schon, wenn jemand eine "Dwerfläut" besaß. Zu großen Festen wurde stets Musik aus der Stadt: "Klarnett, Hoorn, Fläut un Vigelin". "Wi harr'n Danzbauk, dor müssen wi mit na'n Schulten un den tau Amt, veer bit fief mal in'n Johr" (Gothmann). "In Granzin harrn de jung Lüüd dat Woort, haalten de Musik, un deilten sick dat." Wann haben junge Mädchen nicht gern getanzt? Frauen von Siebzig und älter gedachten gern dieser Zeit. "Von Klock acht bet Klock twei keinen Faut böögt" (nicht gesessen, Bretzin)."Ick harr nich naug (genug) in'n Dörp all söven Wochen, ick güng noch na Tüschow" (Alte Frau aus Nettelburg bei Bergedorf aus Groß Bengersdorf). Alle hatten Freude an den Tanzfiguren des Windmöllers, Figaros, Tampets, Kägels Veertourigen, Föfthalvtourigen mit Kett, Contra Medelit (letzterer nur in Tessin). Sie tanzten "Mudder Wittsch" und "Un wer den gräunen Kohl nich mag, de kriggt ok nix von'n Swinskopp af"(Reigen mit hinten verschränkten Armen). In Nostorf war einmal "Schottisch links verkehrt im Saal rum" Mode, wobei gesungen wurde:

  • As de Voss up'n Hügel steiht,
  • Jäger em den'n Steert afscheut,
  • Vössing dä dat furchtbor leed,
  • Dat de Jäger em den'n Steert afscheut"

In Zahrensdorf:

  • Rutsch mal'n bäten,
  • Rutsch mal'n bäten,
  • Stah mal'n bäten up."


Ina Kahns hat über die Feier des Erntefestes hinaus weitere auch improvisierte Feiern aus der Zeit vor 1900 beschrieben:

Eine unerwartete Gelegenheit bot sich für die Angestellten, wenn Bauer und Bäuerin ausgingen. Da holte der Knecht aus der Vorratskammer und dem Rauchfang, was der Tisch trug. Zuerst von dem Alten aus Gothmann erzählt, dann erinnerten sich auch andere daran: "Dat weer ok in anner Dörper so". Wossidlo fand die Bezeichnung dieses Festes "Hunnköst" (Hundefest, D.G.) besonders originell.

Für den Bauern bot sich manchmal auch die Gelegenheit zu einem besonderen Fest, dem "Hänseln". "Hei mütt Hänseln, süß hett hei kein Stimm inne Gemeinde: "Das bezog sich auf den Jungbauern, welcher die väterliche Stelle übernahm. "Tau eerst weer dat bi'n Schulten, dor stünn blot de Kömbuddel up'n Disch:" Später fand im Hause des Neubauern das "Äten" statt. "Kein Gedränk(Wein, D.G.), över väl Beer:". Es gab oft keine Einladung, sondern "wenn wi em grad fatkrägen" (zu fassen bekamen, D.G.). Man zog sich nicht erst um, sondern erschien in "Höltentüffel un Tüch, wat dat verdrägen kunn. De Frugenslüd müchen dat gor nich", denn es wurde allerlei Unsinn gemacht, "Schappen verkehrt henstellt un so."

Sowohl die improvisierten als auch die wiederkehrenden Feste hatten ihre Besonderheiten. "Heildreikönig harr de Kauhzunft in Lütten Bengerstörp ehr Tausamenkunft" mit einer kleinen Aufführung von "De Schäperdanz": Ein versereiches Gespäch zwischen Edelmann und Schäfer, worin letzterer zuletzt verhöhnt und ausgelacht wird. Ein Hund als "utgekleedte" Person wird vom Schäfer am Strick mitgeführt und muß auf der Erde kriechen. In Tessin spielte bei einer anderen Gelegenheit eine ausgestopfte Puppe mit: "De Gnädige". Mit dieser mußten "Entspekter, Schäper un Bedienter" tanzen.

Kein Dorf ließ es sich nehmen, ein großes Sommerfest zu begehen, oft auch im nächsten Jahr abwechselnd ein anderes. Beliebt war das "Jungfernföhren" (Jungfernfahren): Das eine Hinterrad des Wagens wird eingegraben, das andere, das darauf gelegt wurde, bleibt über der Erde. Über dieses legt man Bretter, darauf wird ein Stuhl gestellt. Unter viel Gelächter heben die jungen Leute ein Mädchen darauf. Sobald es saß, wurde das Rad gedreht, wer den Ring, welcher an einem Pfahl hing, griff war Königin. Bis alle Teilnehmerinnen an der Reihe waren, war der Nachmittag vergangen. Auf einer "Danzbrügg" oder im Kruge vergnügte man sich bis in die Nacht hinein.

Zum "Tunnenkloppen" brauchte man einen Spaßmacher. "dat weer so'n Anke (Clown), ganz bunt antrocken, mit'n Zuckerhaut". Gemeint war das blaue Papier, in welches die spitzkegeligen Zuckerblöcke eingewickélt wurden. Im Hause zerklopft, benutzte man den so "geläuterten" Zucker zum Obst einwecken. Dieses Papier, durchflochten mit roten Papierstreifen, eignete sich gut als Mütze (Tessin). In Besitz und Tessin hieß der Mann "Peiatz" (Pajatz = Bajazzo, Clown). Die Festvorbereitungen der Mädchen bestanden aus dem Einkauf von 10 Meter Seidenband und dem Nähen des Flickenanzuges. Auf dem Rücken wurde das Spielkartensymbol "Kreuz König", auf dem Dreispitz "Pik As" und "Pik König" befestigt. So ausstaffiert mußte der Spaßvogel in die Tonne kriechen. Nacheinander schlugen die Mädchen darauf. wer den Deckel entzwei schlug, war Königin. Damit war das Spiel noch nicht beendet. Der Harlekin sprang aus der Tonne, versuchte die Mädchen mit der Pappklappe zu schlagen und zu greifen. In Greven wählte man auch einen König.

In Bengerstorf wurden die Sommerfeste als Kinderfeste gefeiert.

Kinderfest in Klein Bengerstorf um 1930.jpg

Dabei zogen die Mädchen unter Blumenbügeln und die Jungen mit Blumenstöcken hinter der Bauernkapelle durch das Dorf zum Festplatz, der sich im allgemeinen auf den Schulsportplätzen am Bretziner Weg bzw in Klein Bengerstorf am Blocksberg, dort zeitweilig auch auf der damals sehr schönen Wiese an der Birkenssat befand. Auf dem Festplatz wurde einiges an Kurzweil veranstaltet, wie Luftgewehrschießen auf die Scheibe, Taubenstechen mit einer hölzernen Taube mit stählernem Schnabel, die am Band an einem Gerüst hing und in das Ziel auf einer Zielscheibe zu bringen war, Sackhüpfen, Klettern an einer Kletterstange, an der an einem Kranz kleine Naschereien hingen, auch Erbsenraten (Zahl der Erbsen in eine Flasche). Danach gab es als krönenden Abschluss den Kindertanz auf dem Saal der Gaststätte. Einen prächtigen Aufzug konnte man in Besitz am Sommerfest erleben. Voran die Knaben mit Flitzbogen, dann die Mädchen mit weißen Kleidern, anschließend die erwachsene Jugend. Der Zug marschierte durchs Dorf nach Sandbergs Hof (Sandbergs waren Windmüller und Gastwirte, D.G.). Ein Hahn kam unter den Topf. Manchmal auch eine Katze oder eine Taube. Wer den Topf zerschlug, war "Hahnenbrut" (Hahnenbraut). In Zweedorf sagte man "Hahn ut'n Pott", in Gallin und Granzin "Hahnenköst". Am längsten hielt sich wohl der "Hahnenträdel" (Hahnentritt) in Gothmann. Sogar Tänzerinnen aus der Stadt zog er an. (Hierzu ist zu bemerken, dass das "Topfschlagen", bei dem ein Hahn im Tontopf steckte, in Groß Bengerstorf noch 1949 beim letzten durchgeführten Ringreiten zur Wahl der Königin ausgeübt wurde. D.Greve)

Zahlreich sind die Überlieferungen im Bereich des Pferdesports. Das "Ringreiten" hat eine große Vergangenheit und eine weite Verbreitung und ist der Nachklang der mittelalterlichen Turniere. Mehrere Tage dauerten die Vorbereitungen. Sie versprachen schon vorab Feststimmung. Die Jungbauern schlugen Tannen und richteten die Masten, die in Reihen aufgestellt wurden. Inzwischen hatten die Mädchen viele Meter Girlanden gebunden. Das grüne Gewinde schlang sich nicht nur um die Pfosten, es verband sie auch.

Tessin, Besetzung der Bauernstellen im Laufe der Jahrhunderte

Beichtkinderverzeichnis 1704

Tessien, Hof und Dorf gehören nebst allen Einwohnern Ihro Hochfürstl. Durchl. außer einem Bauern, de quo infra (diesen einbezogen):

 1. Bothmann, Clauß, 56, Verwalter, E: Engel, 44
 2. Schütt, Jochim, 43, Schultze, E: Ilsabe 43
 3. Lembke, Clauß, 26, Hüfner, E: Anna, 28
    Lembke, Köhn, 18, Bruder
    Schütten, Anna, 18, Dirne
    Kruse, Hans, 31, Einlieger
 4. Tiedeman, Hinrich, 30, Hüfner, E: Trien, 23
 5. Hintzman, Jochim, 40, Hüfner,  E:Greth, 33
 6. Dähling, Hinrich, 60, Hüfner,  E: Greth, 50
 7. Ahrendt, Hinrich, 40, Hüfner,  E: Cathrine, 30
 8. Mahncke, Caspar, 36, Hüfner,  E: Anna, 33
 9. Hostman, Johan, 50, Hüfner,  E: Abel, 43
    Hintzman, Hanß Jochim, Stiefsohn
    Hostman, Caspar, S.
10. Schütt, Detlof, 50, Käter, E: Engel, 60
11. Kruse, Hartwig, 39, Käter
12. Schütt, Stoffer, 40, Käter,  E: Sophie, 39
13. Schwartz, Hinrich, 60, Kuhhirte,  E: Cathrin, 57

Dieser nachfolgende Hüfener gehöret nach Wiebendorf dem H. von Stöterogge

    Meincke, Hanß, 32, Hüfner,  E: Liese

BeichtkinderverzeichnisKV 1751
 1. Schultze Joch. Schütte (6 Personen)
 2. Hüfner Hans Christopher Dahlenborg (5 P.)
 3. Hüfner Hans Joch. Mancke (4 P.)
 4. Hans Joch. Thal (6 P.)
 5. Joh. Hintzman (5 P.)
 6. Joch. Hintzman (4 P.)
 7. Hans Joch. Tiedeman (5 P.)
 8. Joh. Hinr. Wagener (5 P.)
 9. Hartwig Meinecke (6 P.), gehört nach Wiebendorf
10. Cossate Hans Joch.Dahlenborg (5 P.)
11. Cossate Hans Jürgen Frantz (Frank?) (5 P.)
12. Clauß Hintzman (4P.) in Johan Hintzmans Backhaus
13. Kuhhirt Stoffer Stieger (2 P)
14. Schweinhirt Jac. Friedr. Pagel (2 P.) 


Tessin 1920.jpg


Als Übersicht über die Besetzung der Hufen in Tessin kann eine Archivalie aus dem Landshauptarchiv Schwerin dienen. Diese wurde aus anderen Quellen und persönlichen Kenntnissen des Verfassers dieser Chronik und Auskünften ergänzt.

Auszug für Tessin aus: Verzeichnis der vormaligen und gegenwärtigen Besitzer der Bauer-Gehöfte im Domanialamt Boizenburg 1700 bis 1722 mit Nachträgen bis 1832 (Landeshauptarchiv Schwerin, Bestand 2.22-10/1, Signatur 13/1), ergänzt aus anderen Quellen wie Beichtkinderverzeichnisse 1704 und 1751, u.a.

Die Zuordnung der Namen aus den Beichtkinderverzeichnissen ist schwierig. Trotzdem wurde es in einigen Fällen versucht.


Hufe No. 1

  -			Jochen Dahlenburg
1765			Hinnerich Schwartz
1802			Jochen Peter Schwarz
1828			Jochim Heinrich Schwarz
1832			Franz Heinrich Kruse, Interimswirth
1853			Interimswirth Franz Kruse
um 1900 	        Franz Behncke aus Hu. 1 Klein Bengerstorf
1920	                Franz Behnke
1928	                Franz Behnke
1950	                Frieda Schwarz, geb. Behncke aus Hu.1 in Klein Bengerstorf als Erbin
1970	                Elfriede Henckel, geb. Schwarz in Rostock
etwa 1980	        Annemarie Lembcke, geb. Marbs
etwa 1990              Käthe Neumann, geb. Lembcke


No. 2

 -			Hans Christoph Dahlenburg
1751	                Im Beichtkinderverzeichnis: Hans Christoffer Dahlenborg mit Knecht Hans Joch. Ahrend
1760			Hans Jochen Ahrens
1767			Johann Jochen Hinzmann
1777			Hans Hinnerich Hinzmann
1813			Jacob Christoph Ahrens
1853			Franz Hinzmann
um 1900                Hermann Bantin
1921	                Johann Haßhoff (Niekammers Güter-Adressbuch
1928	                H.Hensgen ??? (Niekammers Güter-Adressbuch), auch möglich dieser auf Hu.7, oder bereits W. Hinrichs
etwa 1930		Wilhelm Hinrichs


No. 3

1704                   im BKV  Hanß Meincke, gehört nach Wiebendorf
1751			Im Beichtkinderverzeichnis: Hartwig Meinecke (zu Wiebendorf)
1785			Jochen Peter Schwarz, dessen Dreiviertelhufe in dem Jahr durch die herzogliche Reluitionskommission angekauft wird
1813			Johann Heinrich Schwarz
1853			Heinrich Schwarz
1920	                Wilhelm Schwarz
1928	                Wilhelm Schwarz
1950			Emma Lange, geb. Schwarz
2000			Harry Lange


No. 4

1704  BKV              Caspar Mahncke
1751			Hans Jochen Mancke (BKV)
1765			Jochen Christoph Mancke
-			Johann Jochen Hinzmann
1792			Franz Jochen Ahrens
1813			Jacob Christoph Ahrens
1822			Franz Jacob Mahncke
1842			Heinrich Hoevet
1853			Franz Mahnke
1920	                 Heinrich Mahnke
1928         	        Johannes Mahnke
1950			Johannes Mahnke


No. 5

1704  BKV              Johan Hostman, mit Stiefsohn Hanß Jochim Hintzman
 -			Hans Jochen Hintzmann
1795			Jochen Detloff Hintzmann
1813			Franz Jochen Hintzmann
1853			Wittwe Ahrens	
1920	                Heinrich Ahrens
1928	                Heinrich Ahrens
1960			Hermann Ahrens


No. 6

1704                   Schütt, Jochim, Schulze
1751			Schulze Jochen Schütt
1783			Jacob Christian Schütt
1815			Heinrich Jacob Schütt
1853			Wilhelm Schütt 
1920	                Heinrich Mahnke
1928 	                Heinrich Mahnke
1950			Heinrich Mahnke


No. 7

  -                    Hermann Struve (evtl. 1687)
1704   BKV             
1752			Jochen Wegener
1757			Franz Jochen Hinzmann
1784			Claas Jochen Thiedemann
1818			Jochen Hinnerich Thiedemann
1853			Jochim Tiedemann
1920			Georg Adden (Niekammers Güter-Adressbuch)
1928			H. Hensgen ??? (Niekammers Güter-Adressbuch)
1930			Schulze Otto Rabethge, Teilaufsiedlung
1939			Bürgermeister Otto Rabethge
1950			Hermann Rabethge


No. 8

1704   BKV             Hinrich Tiedemann
1751	BKV		Hans Jochen Thiedemann (BKV)
1765			Franz Jochen Thidemann
1797			Johann Jacob Thiedemann
1830			Franz Heinrich Thiedemann
1853			Franz Tiedemann
1920		        Wilhelm Tiedemann
1928	                Wilhelm Tiedemann
1950			Tiedemann
2005			Hennings


No. 9

-			Hans Hinnerich Hinzmann
1801			Hans Christian Hinzmann
1835			Johann Jacob Hinzmann
1853			Schulze Jochim Hinzmann
1920			Johann Hinzmann
1928			Johann Hinzmann
1950			Eggert


No. 10

  -                    Thane (richtig wohl Thal) 
1751	                Hans Jochen Thal, im Beichtkinderverzeichnis. H.J.Thal aus Marsow hat 1749 die Witwe An Ilse Hinzmann geheiratet,  
                           ist folglich Interimswirt.
1757			Hans Jochen Hinzmann
1770			Jochen Detloff Hinzmann
1782			Jochen Wilhelm Abel
1801			Hans Jochen Hintzmann
1826			Hans Jacob Hinzmann
1853			Jacob Hinzmann
1920			Johann Hinzmann
1928			Johann Hinzmann
1950			Hermann Hinzmann


No. 11

-			Hans Jürgen Schwarz
1765			Franz Hinnerich Schwarz
1792			Johann Jürgen Schwartz
1815			Jochen Peter Blücher
1825			Johann Heinrich Ahrens
1853			Johann Ahrens
1920			Ida Ahrens
1928			Johannes Ahrens
1950			Johannes Ahrens


Büdner

B 1

1697                   Stoffer Schütt errichtet einen Katen, der später in die Büdnerei umgewandelt wurde. 
1853			Hinzmann  
1875			Boldt, Schmied
2023                   Mahnke

B 2

1853			Schwarz 
1930			Henckel
1950			Henckel

B 3

1853			Tiedemann
1950			Friedrich Franz Hinzmann
2000			Gertrud Geistlinger, geb. Hinzmann

B 4

1853			Schwarz
1900			Lüneburg
1940			Elli Garber, geb. Lüneburg
1970 u. 2000		Edda Brandt, geb. Garber u. Heinz Brandt

In der nachstehenden Tabelle ist die Kontinuität der Namen der Hufenbesitzer von 1453 bis 1751 dargestellt. Zum Öffnen der Tabelle bitte den untenstehenden blauen Link und danach das dann erscheinende pdf-Symbol anklicken.


Datei:Tessin.Kontinuität der Namen.pdf

Aus der Tabelle in Verbindung mit der Besetzungsliste der Hufen sind einige interessante Fakten zu erkennen:

1. Es gibt Familien in Tessin, die vom 15. Jahrhundert bis in das 20 Jahrhundert hinein Hufen besessen habe. Das sind die Familien Hinzmann und Tiedemann. Die Familie Meincke schied bereits in 19 Jahrhundert aus, während die Familie Mahnke nur wenig später am Ende des 15. Jahrhunderts hinzukam, tritt die Familie Ahrens in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges hinzu.
2. Bei den Hufen 4, 6, 8, 9 und 10 ist die größte Kontinuität der Besitzer festzustellen. Einzelne Besitzer mit anderen Namen zwischendurch sind oft Interimswirte, die beim Tod des Bauern für die nicht volljährigen Erben die Wirtschaft geführt haben. Bei der Hufe 3, die lange Zeit zur Grundherrschaft der Wiebendorfer Gutsherren gehörte, erfolgte nur ein Wechsel von der Familie Meincke auf die Familie Schwarz und dann erst im 20. Jahrhundert auf Grund weiblicher Erbfolge auf die Familie Lange. 
3. Die Hufe 6 war lange Zeit die Schulzenhufe der Familie Schütt und wechselte  dann erst am Ende des 19. Jahrhunderts auf die Familie Mahnke.
4. Die Hufe 1 wechselte häufiger den Namen der Besitzer, jedoch wohl in erster Linie durch Erbfälle, so noch mehrfach im 20. Jahrhundert.
5. Die Hufen 2 und 7 waren durch häufige Wechsel gekennzeichnet. Im 20. Jahrhundert wurden sie mehrfach verkauft. Die Hufe 7 wurde teilweise aufgesiedelt, so dass die Resthufe nur noch einer Büdnerei entsprach.


Niederdeutsche Hallenhäuser in Tessin

Tessin hat noch einen ansehnlichen Restbestand an niederdeutschen Hallenhäusern, die teils aus der Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg stammen. Durch Brände, von denen im Dorf noch gesprochen wird, ist die Zahl der in Ursprünglichkeit erhaltenen Häuser dezimiert worden. Der größere Abgang von Hallenhäusern ist jedoch im 20. Jahrhundert zu verzeichnen, in dem die Entwicklung der Landwirtschaft ihre Nutzbarkeit reduzierte. Bei den erhaltenen massiv erneuerten Hallenhäusern ist im allgemeinen die tragende Hallenhauskonstruktion mit Ständern, Balken und Sparren erhalten.

Hufe 1: Das noch heute im Dorf befindliche niederdeutsche Hallenhaus der Hufe 1 ist eines die Dorfansicht prägenden und charaktervollste. Wenn man die alten Karten der Direktorialvermessung (siehe die Karte von Wiebeking 1786) ansieht, ist es unverkennbar, dass an diesem Ort im Dorf sich einmal der herrschaftliche Hof befunden haben muss, der dann als Pachthof gemeinsam mit der offenbar am gegenwärtigen Standort der Büdnerei Nr.4 erkennbaren Schäferey in den domanialen Besitz übergegangen ist. Nach der Darstellung in der Karte von 1786 könnte das Haus bereits Bestandteil des Hofes Tessin gewesen sein. Nach mehreren Eigentümerwechseln im 20.Jahrhundert wurde Acker der Hufe teilweise an Häusler und Büdner verkauft.

Tessin.Hufe 1.Giebel.jpg

Tessin.Hufe 1.jpg


Das niederdeutsche Hallenhaus der Hufe 1 ist noch weitgehend im originalen Zustand. Umbauten sind im sogenannt Kammerfach (Wohnende) und am Vordergiebel erfolgt, der massiv in Mauerwerk ausgeführt ist. Auf dem Bild des Giebels fällt auf, dass während der Aufnahme ein einsamer Storch auf dem First gesessen hat.


Hufe 2: Das Hallenhaus der Hufe 2 existiert heuten nicht mehr. Es ist offenbar um 1900 vom damaligen Besitzer Bantin zur Stallscheune mit erhöhten Seitenwänden umgebaut worden. Noch in den 1950er Jahren waren die rußgeschwärzten Eichenbalken von großer Massivität, die auf ebensolchen Ständern lagerten, zu erkennen. Am ehemaligen Platz der zur Hufe gehörenden Scheune ist dann mit der Ausrichtung auf den Dorfplatz, dem Brink, das Wohnhaus separat errichtet worden. Danach hat die Hufe mehrfach den Besitzer gewechselt. Die LPG nutzte das ehemalige Hallenhaus als Rinderstall, das Wohnhaus als LPG-Büro, verbunden mit einer Wohnung.


Hufe 3: Das an der Ortsausfahrt in Richtung Kuhlenfeld stehende Hallenhaus der Hufe 3, ist seit Jahrhunderten durchgängig im Familienbesitz. Es gehört bis 1785 zum Gut Wiebendorf und wurde dann zusammen mit zwei Klein Bengerstorfer Hufen (Rehse u. Brockmöller) von der herzoglichen Reluitionskommission für das Domanium aufgekauft. Das Haus präsentiert sich mit in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts massiv errichteten Außenwänden mit dem traditionellen Hallenhausgerüst. Das Wohnende wurde bereits früher massiv erneuert.

Hufe 4:

Tessi.Hufe 4.Giebel.jpg


Dieses Haus gehört wie das der Hufen 1 und 5 zu den unter Denkmalsschiutz stehenden niederdeutschen Hallenhäusern. Auch dieses Haus ist massiv erneuert. Es befindet sich seit mehreren Generationen im Familienbesitz.


Hufe 5:


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Das Hallenhaus steht ebenso wie die Häuser der Hufen 1 und 4 unter Denkmalsschutz. Auch dieses steht seit Generationen im Familienbesitz (mit Wechsel der Namen). Es ist durchgängig massiv erneuert.


Tessin.Hufen 5 und 6.jpg


Hufe 6: Das auf der Hufe befindliche Hallenhaus ist bedauerlicherweise vor einigen Jahrzehnten dem Abriss zu Opfer gefallen. Es war über mehrere Generationen das Haus des Schulzen Schütte. Es befand sich auch in neuerer Zeit lange im Besitz der immer gleichen Familie (Mahnke). Die Erben errichteten ein modernes Wohnhaus.


Hufe 7: Diese Hufe hat nach dem Ersten Weltkrieg mehrere Eigentümerwechsel gehabt. Der Acker der Hufe wurde teilweise über eine Siedlungsgesellschaft an Häusler und Büdner verkauft. An der Stelle des Hallenhauses wurde etwa 1930/35 ein modernes Wohnhaus gebaut.


Hufe 8: Die Hufe 8 hat den geringsten Wechsel der Besitzer gehabt. Seit mindesten 1704 befand es sich im Besitz der Familie Tiedemann. Erst in der zweiten Hälfte des 20.Jahrhunderts fiel es durch Erbschaft an Hennings. Das Hallenhaus ist vollständig massiv erneuert, bei Erhalt des Hallenhausgerüstes.

Tessin.Hufe 8.jpg

Hufe 9: Die Hufe 9 befand sich wie die Hufe 10 lange Zeit im Besitz einer der ältesten Tessiner Bauernfamilien Hinzmann. Im 20. Jahrhundert hießen die Besitzer Eggert. Das niederdeutsche Hallenhaus ist in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf Grund mangelnder Instandhaltung dem Abriss zum Opfer gefallen. An seiner Stelle steht ein modernes Einfamilienhaus.

Hufe 10: Wie bereits ausgeführt befand sich die Hufe lange Zeit, mindestens seit der Mitte des 18. Jahrhunderts, im Besitz der Familie Hinzmann, Wie bei der Hufe 9 blieb vom Hallenhaus nichts. Es ist ein kleineres Wohnhaus errichtet worden.


Hufe 11: Die Hufe 11 war seit mehreren Generationen (1825) im Besitz der Familie Ahrens. Auch hier fiel das Haus nach den Fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts dem Verfall und somit dem Abriss zum Opfer. Ein Einfamilienwohnhaus wurde errichtet


Büdnereien:

B 1: Die Hallenhaus wurde bereits vor 1700 durch Stoffer Schütt, einem jüngeren Sohn des Schulzen, als Katen auf dem Brink errichtet.. Nach dem Erlass des Büdnerpatents wurde es dann eine Büdnerei. Der erste nachweisbare Büdner war ein Hinzmann (1853). Ab 1875 übernahm der Schmied Ernst Boldt, der aus dem mecklenburgischen Alt Horst bei Mölln nach Tessin gekommen war, die Büdnerei und richtete eine Schmiede ein. Es ist gegenwärtig im Besitz einer der Landwirtschaft fremden Familie. Es ist derart stark umgebaut, dass Zweifel bestehen, dass noch wesentliche Teile der früheren Hallenhauskonstruktion vorhanden sind.


Tessin.B 1.jpg


B 2: Das Hallenhaus gehörte 1853 einem Schwarz, später Henckel. Das Haus besteht gegenwärtig nicht mehr. Es ist durch ein Einfamilienwohnhaus ersetzt worden.


B 3: Die Büdnerei war 1853 im Besitz von Tiedemann, 1950 Friedrich Franz Hinzmann. Das Hallenhaus befindet sich in einem respektablen der Historie entsprechenden Zustand


B 4: Die Büdnerei war 1853 im Besitz von Schwarz, 1900 Lüneburg, 1940 Elli Garber, geb- Lüneburg und 1970 bis gegenwärtig Edda Brandt geb. Garber. Das ursprüngliche Hallenhaus ist vollständig mit massiven Außenwänden umgebaut. Wahrscheinlich haben sich nur wenige Konstruktionselemente eines niederdeutschen Hallenhauses erhalten.


Tessin.B 4.jpg

Der Erste Weltkrieg und die kritischen "Goldenen Zwanziger Jahre"

Nachdem es infolge der Verschiebungen des kontinentalen Gleichgewichts in Europa insbesondere nach der deutschen Reichseinigung unter Bismarck zu immer größeren Spannungen auf dem Kontinent gekommen war, genügte das Attentat eines serbischen Nationalisten in Sarajevo auf den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand am 28. Juni 1914, um die kriegslüsternen europäischen Staaten einen Krieg beginnen zu lassen, der sich dann zum Weltkrieg ausweitete.

Nachdem im Deutschen Reich zunächst eine Kriegs-Euphorie herrschte, die durch Siege an der Westfront in Frankreich gesteigert wurde, war auch in den Dörfern des Amtes Boizenburg noch die Begeisterung zu spüren. Mit der Dauer des Krieges verschlechterte sich die Stimmung. Als auch immer mehr Gefallenenmeldungen in den Dörfern ankamen und in den Städten, wie auch den bei den Dorfarmen der Hunger sich auszubreiten begann, wurde die Stimmung immer schlechter. Weil die Männer im wehrfähigen Alter zum Kriegsdienst eingezogen waren, fiel die wirtschaftliche Last bei den Bauern, Büdnern und Häuslern zunehmend auf die Frauen und die Altenteiler. Die Kinder im schulpflichtigen Alter hatten verkürzten Unterricht und wurden zu Arbeiten in der Landwirtschaft herangezogen. Im Jahre 1917 kamen wegen der allgemeinen Lebensmittelknappheit auch noch Kinder aus Hamburg hinzu. Bereits im Jahre 1916 war eine Missernte bei Roggen und Kartoffeln wegen übermäßiger Niederschläge zu verzeichnen gewesen, die die Situation noch verschärfte.

Die Nachkriegszeit

Im Krieg hatten auch Tessin und Kuhlenfeld Gefallene zu betrauern: ..

Am Ende des Krieges kam es, ausgehend von den Kieler Matrosen, zu revolutionären Aufständen. In Boizenburg wurde ein Arbeiter- und Soldatenrat gegründet. Auch in den Dörfern wurden wie die Arbeiter- und Soldatenräte in den Städten nun Bauernräte gebildet, die den Schulzen in kritischen Situationen kontrollieren und auch Hilfe geben sollten. Nach einer Bekanntmachung der der Landesregierung vom 11.Januar 1919 waren in en Dörfern Bauern- und Landarbeiterräte zu bilden Über einen solchen Bauernrat in Tessin ist nichts bekannt.

Der konterrevolutionäre Kapp-Putsch im Jahr 1920 verschärfte die Situation. Die Boizenburger Arbeiter beteiligen sich teilweise am Generalstreik, in dessen Ergebnis der Putsch beendet wurde. Der Kapp-Putsch wurde teilweise von den Gutsbesitzern unterstützt, wie dem Major von Henning auf Tüschow, der den Putschisten Unterstützung und vor allem Unterschlupf gewährt hat.


Die kritisch-bewegten Zwanziger Jahre

Die wirtschaftliche Situation in Deutschland wurde auf Grund der hohen Reparationszahlungen für die Schäden im Weltkrieg immer schwieriger. Von der Regierung wurde der Geldumlauf erhöht. Das führte zur Entwertung des Geldes und der Verteuerung der Waren. Es kam zu einer nie dagewesenen Inflation in Deutschland. Das Tempo der Entwertung des Geldes führte dazu, dass der Arbeiter der am Abend seinen Lohn ausgezahlt bekommen hatte, am nächsten Morgen bereits fast nicht mehr dafür kaufen konnte. Der Höhepunkt der Inflation kam im Jahre 1923. Ernst Greve berichtete seinem Sohn, dass er als Lehrling in dieser Zeit für einen Botengang 1 Million Mark bekam, für die er eine Zigarette kaufen konnte. Die Gemeinde-Haushalte bewegten sich in Billionen-Höhe. Die Schulzen hatten in dieser Zeit schwere Tage. Dann im November 1923 wurde die Rentenmark eingeführt. Findige Schulzen, wie der Benniner, haben die Situation genutzt, um das Dorf 1922 an die Elektroversorgung anzuschließen. Der Abtrag der Schulden konnte dann mit entwertetem Geld erfolgen. Beide Bengerstorf und Tessin hatten kurze Zeit später die Elektrifizierung auf der Tagesordnung. Sie wurde 1924 bzw.1926 auch umgesetzt. Paul Reusch berichtete seinem Enkel, welche finanziellen Probleme die Klein Bengerstorfer bei der Umsetzung der Elektrifizierung hatten. Ein Büdner und ein Erbpächter im Ausbau weigerten sich, sich an das Netz anschließen zu lassen. Letzterer wurde dann sehr viel später von Tessin her angeschlossen.

Die Erbpächter wurden nach der neuen Gesetzgebung als Hofbesitzer bezeichnet. Das änderte aber kaum etwas an ihrem Status. Die noch nicht abgetragenen Kanonschulden waren nach wie vor in den Grundbüchern zu finden. Sie galten als Schulden gegenüber dem Land Mecklenburg. Die finanziellen Belastungen veranlasste häufig Erbpächter in den Dörfern ihre Höfe zu verkaufen. Wie in den Nachbardörfern war das auch in Tessin der Fall: Die Hufen 2 Hermann Bantin und 7 Thiedemann wurden verkauft, die Hufe 2 sogar mehrfach. In den Niekammer-Adressbücher für 1921 und 1928 finden wir dafür die Belege.

Niekammer Güter-Adressbuch, Band IV Mecklenburg, Leipzig 1921 und 1928

Tessin bei Boizenburg

.........................1921.....Hufe.......1928
Adden;, Georg............39 ha....7..........?........................später verkleinert Otto Rabethge
Ahrens, Heinrich.........38 ha....5..........A. Heinrich... 38 ha
Ahrens, Ida..............41 ha...11..........A. Johann......41 ha
Behnke, Franz............41 ha....1..........B.Franz........41 ha
Haßhoff, Johann..........39 ha....2..........Hensgen H......39 ha,...möglicherweise schon Wilh. Hinrichs
Hinzmann, Johann.........39 ha...10..........H. Johann......39 ha
Hinzmann, Johann.........36 ha....9..........?.........................später Eggert
Mahnke, Heinrich.........37 ha....6..........M.Hans.........37 ha
Mahnke, Heinrich.........38 ha....4 .........M.Heinr........38 ha
Schwarz, Wilhelm.........39 ha....3 .........W.Schwarz......39 ha
Tiedemann, Wilhelm.......36 ha....8          T.Wilh........ 42 ha

Wie in anderen Dörfern wurden auch Hufen teilweise an Siedlungsunternehmen verkauft und dann parzelliert und an Häusler und Büdner verkauft. Das war bei der Hufe 7 der Fall, deren parzellierte Flächen noch in den 1960er Jahren als Adden-Koppel oder Eimen-Koppel bezeichnet wurden. Möglicherweise ist der Name Eimen ein weiterer Käufer der Hufe gewesen, die dann als Resthufe von Otto Rabethge erworben wurde.

Eine statistische Aufstellung der Dörfer des Amtes Boizenburg aus dem Jahre 1925 enthält einige Angaben zu Tessin und Kuhlenfeld:

Tessin hat nun 11 Hufen (Hofbesitzer), 4 Büdner und 16 Häusler.
Kuhlenfeld: 1 Hofbesitzer und nun 9 Büdner und 12 Häusler.

Diese Aufstellung von 1925 weist den Zustand von Alt Kuhlenfeld nach der Versiedelung des Pachthofes aus. Es sind 5 zusätzliche Büdnereien und 11 zusätzliche Häuslereien ausgewiesen. Letztere werden nicht in jedem Falle mit der Versiedelung des Pachthofes Kuhlenfeld in Verbindung zu bringen sein.


Kuhlenfeld 1956.jpg

Auf dem Ausschnitt aus der Wirtschaftskarte von 1956 ist der Resthof des ehemaligen 
Pachthofes mit den angrenzenden Büdnereien zu erkennen. Einige Büdnereien (Siedlerstellen)
befinden sich an der Straße nach Besitz.
Das nachstehende Orthophoto der Landesvermessung MV gibt uns die Situation in Alt Kuhlenfeld anschaulich wieder.
Deutlich ist das Gehöft des ehemaligen Pachthofes am nördlichen Rand zu erkennen. 

Alt Kuhlenfeld.Luftbild.png

Der Pachthof wurde nun aufgesiedelt und neben dem Erbpachthof fünf zusätzliche Büdnereien geschaffen. Den Resthof erwarb der Hamburger Krawatten-Fabrikant Riese. Dieser soll zusätzliche Flächen auch in Blücher gekauft haben. Nach 1945 ging er zurück nach Hamburg.

Die Tessiner Büdner und Häusler erwarben in den Rense-Wiesen zusätzliches Grünland. Durch den Erwerb von Acker aus der teilaufgesiedelten Hufe 7 (Otto Rabethge), von Grünland aus dem Pachthof Kuhlenfeld und vom Gut Banzin, sowie Pachtung von Gemeindeländereien (Kompetenzen) entwickelten sie sich teilweise zu Kleinbauern, die sich nur wenig von den Büdnern unterschieden. Trotzdem gingen sie in der Regel einer Arbeit außerhalb des Dorfes nach, wie bei der Bahn in Kuhlenfeld, in Baubetrieben und in Boizenburger Betrieben (Werft und Plattenfabrik).

Die 1920er Jahre waren in der Regel nicht die oft apostrophierten "goldenen Jahre". Nach den Inflationsjahren gab es zunächst einen wirtschaftlichen Aufschwung, der aber immer mit politischer Instabilität einherging. Ihm folgte am Ende des Jahrzehnts die Weltwirtschaftskrise mit ihren Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft bis in die kleinsten Dörfer. Die beharrenden Kräfte, die die Monarchie des Kaisers zurück haben wollten, hatten unter den Bauern häufig stille Anhänger gefunden. Ihre Anhänger waren am Ende der Zwanziger Jahre in das konservative Lager - repräsentiert durch Reichspräsident Hindenburg - übergegangen und bildeten dann eine Grundlage für das Ende der Demokratie. Auf der anderen Seite erstarkten die Kommunisten. In Boizenburg bis hinein in die Dörfer gab es Auseinandersetzungen zwischen den Boizenburger Kommunisten und teils berittenen SA-Leuten aus den Dörfern der Umgebung, besonders aus Niendorf.

Die Zeit des Nationalsozialismus

Es soll hier sogleich vorausgeschickt werden, dass der Nationalsozialismus in den Dörfern des ehemaligen Domanialamtes Boizenburg keinen großen Widerhall gefunden hat, obwohl die Versprechungen der Nazis in den Zeiten der Weltwirtschaftskrise insbesondere bei manchem Bauern, der in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war, sicher nicht auf taube Ohren gestoßen sein werden. Bereits vor der Machtergreifung des Nationalsozialismus waren die Auseinandersetzungen zwischen Kommunisten aus Boizenburg und Nationalsozialisten auch bis in die Dörfer der Umgebung hinein zu spüren.

Aus den Gemeindeprotokollbüchern dieser Jahre ist zu erkennen, dass sehr schnell nach der Machtergreifung des Nationalsozialismus in den Dörfern die Schulzen und die beiden Schöffen neu gewählt wurden, obwohl ihre Amtszeit erst später geendet hätte. Sie wurden nun nach preußischem Muster Bürgermeister und Beigeordnete genannt. In der Gemeinde Tessin war Hermann Rabethge, der neue Besitzer der Hufe 7, im Jahre 1930 der Schulze und wurde auch 1939 als Bürgermeister wieder genannt.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurden nach den Parteien auch solche Einrichtungen wie die Landwirtschaftskammer und die Gewerkschaften abgeschafft. Die Aufgaben der Landwirtschaftskammern übernahm in völlig anderer Organisationsform der nationalsozialistisch geprägte Reichsnährstand, der durch die Ortsbauernführer in den Dörfern vertreten war.

Wie es durch die Rüstungswirtschaft mit hoher Staatsverschuldung zu einer wirtschaftlichen (Schein-)Festigung in den Dreißiger Jahren gekommen war, so kam es auch zu einem Aufschwung in den bäuerlichen Wirtschaften. Äußeres Zeichen dafür war, dass einige Bauern sich neue Maschinen, Traktoren und auch bereits PKW anschafften.

Für die landwirtschaftlichen Betriebe wurden in diesen Jahren im Rahmen der Reichsbodenschätzung die landwirtschaftlichen Flächen neu bonitiert. Dabei wurde die traditionelle Bonitierung in Hufen, Scheffel Einsaat und Fuder Heu außer Kraft gesetzt und als neue Besteuerungs- und Planungsgrundlage die heute gültige Bonität nach Bodenwertzahlen, Ackerzahlen und Grünlandzahlen (heute häufig Bodenpunkte genannt) ermittelt.

Ende der Dreißiger Jahre steuerte nationalsozialistische Politik sichtbar auf einen Krieg zu, der dann mit dem Überfall auf Polen am 1.September 1939 auch begann. Es kamen schlimme Jahre. Die jungen Männer mussten in den Krieg ziehen. Viele von Ihnen sind dann gefallen oder auch verwundet nach Hause gekommen. Insbesondere die Frauen hatten große Lasten zu tragen. Nicht nur die ständige Angst den Ehemann, den Bruder oder den Sohn im Krieg zu verlieren, auch die Arbeit in der Landwirtschaft musste weitergehen. Die Bäuerinnen hatten eine schwere Zeit. Auch die Entlastung durch die Zwangsarbeit von Kriegsgefangenen konnte das nicht aufwiegen.

Wenn auch der Krieg sich in der Boizenburger Region nicht in größerem Umfange durch Kampfhandlungen bemerkbar machte, so war er doch in den Köpfen präsent. Erst als Anfang Mai 1945 die Amerikaner bei Bleckede die Elbe überschritten hatten, kamen die Truppen bei den Durchzügen nach Schwerin und Ludwigslust in die Dörfer. Am 30. Juni kam dann die sowjetische Besatzungsmacht.

Entwicklung von Gewerbe

Zu ersten gewerblichen Entwicklungen kam es in den Dörfern bereits im 16 Jahrhundert durch die Dorfhandwerker, die jedoch keine selbständigen gewerblichen betriebe gründen konnten. In den für Tessin vorliegenden Registern wurden solche Handwerker nicht aufgeführt. Erste Handwerker finden sich unter den Antragstellern für Büdnereien und Häuslereien, sowie unter den Auswanderungswilligen. Der erste in Tessin angesiedelte Handwerker ist der Schmied Ernst August Boldt, der aus dem zu Mecklenburg-Strelitz gehörenden Gut Alt Horst bei Mölln, wo er die Gutsschmiede betrieben hatte, nach Tessin gekommen ist. Er hat in der Büdnerei B 1 neben der Schule eine Schmiede eingerichtet. Ein Krug ist unter den Häuslereien im Staatskalender von 1890 erwähnt, so dass von einer Einrichtung in den 1880er Jahren auszugehen ist. Während die Schmiede durch den Sohn des Gründers um 1930 nach Scharbow bei Hagenow verlegt wurde, wird die Gastwirtschaft mit Fremdenzimmern noch gegenwärtig durch die Familie Ahrens erfolgreich betrieben. Die als Krug in den Staatskalendern erwähnte Gastwirtschaft blieb bis in die heutige Zeit hinein eine gut gehende attraktive Gastwirtschaft, zunächst betrieben von der Familie Schröder, die dabei auch einen Kolonialwarenladen und eine Schuhmacherwerkstatt hatte. Dann folgte durch Einheirat die Familie Hermann Ahrens. Die Gastwirtschaft wurde durch einen recht großen Saal erweitert, auf dem viele Feste gefeiert wurden. Er diente aber auch Theater-, Variete'-, und Filmvorführungen. In den 1960er Jahren (ab 1956) wurde die Gaststätte zeitweilig von der Konsumgenossenschaft übernommen.

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Das Gasthaus Ahrens in Tessin.

Auf dem Bild fällt besonders der Saalanbau im Vordergrund ins Auge.

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Familienfeier in Ahrens' Gasthaus


Die Gastwirtschaft Kahl in Kuhlenfeld profitierte von der Lage am Bahnhof und von dem Kundenverkehr der den landwirtschaftlichen Versorgungsbetriebe.

Im Jahre 1910 wurde von Bauern der Dörfer Bennin, Groß und Klein Bengerstorf, sowie Tessin eine Molkereigenossenschaft gegründet und auf dem Acker des Schulzen Fritz Rehse am Ortsrand von Klein Bengerstorf die Dampfmolkerei erbaut. Der Milchtransport erfolgte seinerzeit bis in die 1950er Jahre hinein mit Pferdewagen, die als Plattenwagen mit traditionellen Speichenrädern wie Ackerwagen ausgestattet waren. Das Niveau der Ladefläche lag über den Rädern, so dass die Wagen recht hoch wurden. So war die Übergabe der Kannen an der Rampe der Molkerei weniger kraftaufwändig. Der Kutscher des Wagens nahm die Milchkannen vom Milchbock am Bauerngehöft auf den Wagen. Die somit ebenfalls hohen Milchböcke befanden sich im Allgemeinen vor den Häusern der Bauern. Die Milchwagen von Bennin und Tessin fuhren im Wechsel mit Gespannen der Bauern. In Bengerstorf hatten Büdner und Häusler das Geschäft übernommen. Die Molkerei arbeitete bis Ende der 1950er Jahre. Dann wurde sie im Zuge des Übergangs der Landwirtschaft zur Großraumwirtschaft mit der Boizenburger Molkerei zusammengelegt. In der Zwischenzeit waren in den 1930er Jahren die Beckendorfer und die Tüschower Siedler, in den Nachkriegsjahren auch die Schildfelder, zeitweilig auch die Sonnenberger Landwirte hinzugekommen.


Dampfmolkerei in Klein Bengerstorf/Typischer Milchwagen bei der Schmiede in Klein Bengerstorf

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Nachdem in Kuhlenfeld der Bahnhof eingerichtet worden war, bekam der Ortsteil Kuhlenfeld ein anderes Gewicht in der Gemeinde. Die gewerbliche Entwicklung begann jetzt im Ortsteil Kuhlenfeld mit einem Baubetrieb Hase incl. Sägewerk, dem Handel mit landwirtschaftlichem Bedarf des Gastwirts Kahl später auch der Handel mit Waren des täglichen Bedarfs. Auch die Einrichtung einer Schmiede (Vick) werteten den Ortsteil gegenüber dem Stammort der Gemeinde auf, zumal sich in Tessin hinsichtlich der gewerblichen Betriebe eher eine negative Tendenz zeigte (Wegzug der Schmiede Boldt nach Scharbow).

In Kuhlenfeld hatte vor dem Zweiten Weltkrieg die Raiffeisen-Genossenschaft einen Versorgungsbetrieb aufgemacht. Dieser betrieb den Verkauf landwirtschaftklichen Bedarfs, aber auch eine Schrotmühle und eine Kreissäge, sowie auch Bankgeschäfte. Ihr Leiter war der Tessiner Otto Schuldt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde diese Arbeit unter der Führung der VdgB (Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe) zunächst unter dem Namen Landwirtschaftliche Dorfgenossenschaft, dann Bäuerliche Handelsgenossenschaft (BHG) erneut betrieben. Es wurden sowohl Bankgeschäfte als auch der Handel mit landwirtschaftlichem Bedarf, später auch mit Baubedarf in die Geschäftstätigkeit aufgenommen.

In Kuhlenfeld entstanden wie oben bereits angeführt nach der Einrichtung des Bahnhofs gewerbliche Einrichtungen. Zu der Gemischtwarenhandlung von Fritz Bethke, die in den 1950er Jahren in großem Umfange Versorgungsaufgaben im Dorf und der näheren Umgebung übernommen hatte, kam ab 1961 das von der Konsumgenossenschaft Boizenburg betriebene Landwarenhaus mit einem größeren Sortiment. Als Fritz Bethke in den Ruhestand ging, wurde dieses Handelshaus noch erweitert.

In Tessin wurde das von der Konsumgenossenschaft übernommene Lebensmittelgeschäft im Gebäude der Gastwirtschaft ab 1973 in die zu diesem Zweck umgebaute Schule verlagert.

Entwicklung von Tessin-Kuhlenfeld nach 1945

Entwicklung der Gemeinde Tessin-Kuhlenfeld

Tessin hatte im Zweiten Weltkrieg 25 Gefallene zu beklagen. Am Ende des Krieges erreichten die Kämpfe auch die südwestmecklenburgische Region um Boizenburg. Die Alliierten schossen vom Westufer der Elbe mit Granatgeschossen, die aber im Wesentlichen nur in den nahe der Elbe gelegenen Orten Schaden anrichteten. Die Einwohner von Tessin gingen ebenso wie die in den Nachbarorten in die Keller oder in selbstgebaute Bunker, um sich vor dem Beschuss zu schützen. Dann in den ersten Maitagen kamen die alliierten Truppen über die Elbe und besetzten die Orte. das ging alles ohne größere Schäden vor sich. Entsprechend den Festlegungen der Alliierte in der Konferenz von Jalta wurden die Grenzen für die Besatzungszonen gezogen. Unser Gebiet fiel an die sowjetische Besatzungsmacht, die das Gebiet am 30. Juni 1945 übernahm.

Nun war es die Aufgabe in Deutschland eine antifaschistisch-demokratische Gesellschaft aufzubauen. Dafür waren zunächst einmal die ehemaligen aktiven Nazis zu finden und zu isolieren. Dazu wurden in den Gemeinden Entnazifizierungkommissionen gegründet. In Tessin stand die unter der Leitung von Friedrich Franz Hinzmann. Im Ergebnis der Arbeit ergaben sich in der Gemeinde keine Strafverfolgungen ehemaliger Nazis.

Eine weitere Aufgabe war es, durch die Arbeit von Parteien, insbesondere mit der Hilfe ehemaliger Sozialdemokraten und Kommunisten eine neue demokratische Gesellschaft in der Gemeinde aufzubauen. Die sowjetische Besatzungsmacht hatte sehr schnell die Arbeit demokratischer Parteien wieder zugelassen. Ehemalige Sozialdemokraten wie Bruno Klause, Wilhelm Prüß, Friedrich Franz Hinzmann, Wilhelm Tiedemann, Paul, Johannes und Heinrich Hase, Hermann Turlach, Gieselmann und Grabisch, sowie die Kommunisten Martin Fick, August Kubat und der zunächst noch kriegsgefangene Ernst Bibow setzten ihre Kraft dafür ein. Die Zwangsvereinigung der beiden Parteien veranlassten dann jedoch einige Sozialdemokraten zum Austritt aus der Partei. Eine besondere Rolle hat danach in der Gemeinde die neu gegründete CDU gespielt, von der sich insbesondere die Bauern angezogen fühlten. Sie wurde die mitgliederstärkste Partei.. Seit 1950 gab es in der Gemeinde auch die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NDPD), der G.Michler, Paul Lüdmann, W.Seyfert, F.Gustävel und Hermann Wienekamp angehörten.

In dieser ersten Nachkriegszeit gab es einen sehr schnellen Wechsel der Bürgermeister (Wilhelm Prüß, Karl Henkel, Hermann Hinzmann und Friedrich Franz Hinzmann.)

Außer der Veränderung in der Zusammensetzung der Dorfbevölkerung durch die Aufnahme und Eingliederung der Flüchtlinge und Vertriebenen haben sich insbesondere in den Bedingungen für die Landwirtschaft Veränderungen ergeben.

Die Unterbringung der Flüchtlinge - oder wie sie in der DDR offiziell genannt werden mussten, der Umsiedler - bereitete nicht nur in Tessin-Kuhlenfeld viele Probleme. Oft mussten auf engstem Raum Ehepaare mit Kindern leben, teils in Wohnräumen der Hausbesitzer mit fremden Möbeln, teils in ehemaligen Knechts- und Mägdekammern. Häufig wurden Nebenräume, wie Wasch- und Futterküchen, auch ehemalige Stallräume zum Wohnen hergerichtet. Um die Wohnungsnot zu lindern, baute der Baubetrieb mit Sägewerk von Heinrich Hase in Kuhlenfeld barackenähnliche Gebäude, von denen nach Umbau in Alt Kuhlenfeld nun im Jahre 2023 noch eines steht.

Das Ende des Nationalsozialismus, der in den Köpfen der Menschen viele reaktionär-chauvinistische Denkmuster hinterlassen hatte, erforderte eine Veränderung der Gesellschaft im ganzen Land, so auch in Tessin. Diese Veränderungen nahmen die fortschrittlichen Kräfte in der Gemeinde in Angriff, neben Sozialdemokraten, war es vor allem die 1946 gebildete Ortsgruppe der CDU. Der Einfluss der Besatzungsmacht auf die örtlichen Vorgänge war auch in Tessin und Kuhlenfeld ziemlich groß. Nach den Wahlen im Herbst 1946 wurde Friedrich Franz Hinzmann Bürgermeister. Nach einer kurzen Amtszeit wurde 1950 Herr Gräpel der neue Bürgermeister, der 1954 in die Rente verabschiedet wurde. Die Wahl der Bürgermeister war in dieser Zeit sehr eingeschränkt, groß dagegen der Einfluss des Rates des Kreises auf die Besetzung der Bürgermeisterstellen. Nun wurden auch örtliche Kommissionen gebildet, die die demokratische Mitbestimmung gewährleisten sollten. Sie standen aber im Wesentlichen nur auf dem Papier. Eine Ausnahme bildeten die Kommission für Landwirtschaft und die Wohnungskommission. Nach dem Ausscheiden von Herrn Gräpel wechselten die Bürgermeister zunächst nach wenigen Jahren

 bis 1957   Herr Schweinoch
 bis 1960   Herr Glaasch

Dann folgte bis 1970 der aus der Hufe 2 stammende Häusler Hermann Bantin. Ihm folgte für lange Zeit bis 1993 Andreas Krause. In seiner Amtszeit hat sich die Gemeinde Tessin-Kuhlenfeld gut weiterentwickelt.

Tessin.Bauernhäuser.png


Auf dem Luftbild (Quelle: Geoportal MV) sind die denkmalgeschützten Bauernhäuser Hufen 1 und 4 und 5 (Dorfstraße 15, 4 und 5) zusehen. Das dazwischen befindliche Bauernhaus der Hufe 3 ist nicht unter Denkmalschutz gestellt.


Die Bodenreform

Eine der frühen Anordnungen der sowjetischen Besatzungsmacht, die auch den Zielen der sozialistischen und der kommunistischen Parteien entsprach, war die Durchführung einer Bodenreform. Dabei sollte aller landwirtschaftlicher Grundbesitz ab 100 ha aufgeteilt werden, ebenso der Grundbesitz aktiver Nationalsozialisten. Diese Maßnahmen betrafen Tessin und Kuhlenfeld nicht unmittelbar. Darunter fielen aber das Gut in Banzin, von dem einige Grünlandflächen bereits in den 1930 Jahren von Tessinern erworben wurden. Vom Gut in Blücher übernahmn Tessiner Häusler 4,5 ha Grünlandflächen an der Tessiner Bäk (Bach), die beim Hühnerbusch in die Schaale mündet.

Die Maschinenausleihstation (MAS) und die Bäuerliche Handelsgenossenschaft (BHG)

Im Jahre 1946 war in Wiebendorf der Maschinenhof der Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe (VdgB) gegründet worden. Er wurde auf dem Gelände und in Gebäuden des ehemaligen Gutshofes angesiedelt. Die Aufgabe dieser Einrichtung war die Ausleihe von Maschinen vor allem an die Neubauern der Bodenreform. Dazu wurden Traktoren und Landmaschinen der ehemaligen Güter hier konzentriert. Im Jahre 1949 wurde dieser Maschinenhof zu einer Maschinenausleihstation (MAS), nun als volkseigener Betrieb, umgebildet. Dieser erhielt aus der wieder aufgenommenen Landmaschinen- und Traktorenproduktion der DDR weitere Maschinen, u.a. die Traktoren „Aktivist“ aus Brandenburg und „Pionier“ aus Nordhausen. Die MAS hatten auch zusätzliche politische Aufgaben zu übernehmen. Sie dienten als verlängerter Arm der Partei, der SED, wie formuliert wurde: als „Stützpunkte der Arbeiterklasse auf dem Lande“. Dazu wurden zusätzlich zu dem technischen Personal auch an Fach- und Hochschulen ausgebildete Landwirte, die Agronomen und Zootechniker, und Instrukteure der Partei sowie auch der Jugendorganisation FDJ (Freie Deutsche Jugend) eingestellt. Das diente bereits der Vorbereitung der mittelfristig vorgesehenen Kollektivierung der Landwirtschaft aber auch der Steigerung der Erträge durch Einführung wissenschaftlicher Methoden in der Landwirtschaft. Wegen der Größe des Arbeitsgebiets der MAS wurden dann Maschinenstützpunkte als Außenstellen eingerichtet, u.a. in Dersenow, auf denen Traktoren und Maschinen ständig stationiert wurden. Im Jahre 1952 erhielten die Maschinenausleihstationen (MAS) die neue Bezeichnung Maschinen- und Traktoren-Station (MTS). Die Begründung dafür war, dass die Maschinen nicht ausgeliehen wurden, sondern in Lohnarbeit bei den Landwirten arbeiteten.

Nach dem Jahr 1960, als im "Sozialistischen Frühling" die Vollgenossenschaftlichkeit mit massivem Druck auf die noch abseits stehenden Bauern erreicht wurde, wurde im Jahre 1962 der Kreisbetrieb für Landtechnik mit Sitz in Setzin gegründet, der die einzelnen MTS als Teilbetriebe zusammenfasste. Wiebendorf wurde den örtlichen LPG als Reparaturbasis übergeben.

Die Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe, eine bäuerliche Massenorganisation, die unter der Führung der SED im Gefolge der Bodenreform im November 1947 gegründet wurde, hat unter der bäuerlichen Bevölkerung eine relativ große Rolle gespielt. Zeitweilig hat sie sogar eigene Kandidaten für die Volksvertretungen aufgestellt, die freilich immer unter dem Einfluss der SED standen. Eine der wichtigsten Aufgaben, die auch am nachhaltigsten in der Bevölkerung gewirkt hat, war die oben bereits genannt Gründung der Bäuerlichen Handelsgenossenschaften der VdgB, die die Nachfolge der Raiffeisengenossenschaften antraten und eine wichtige Aufgabe bei der Versorgung der ländlichen Bevölkerung mit Artikeln des bäuerlichen Bedarfs und auch die Rolle einer Bäuerlichen Genossenschaftsbank übernahmen. Die für die Gemeinde tätige Bäuerliche Handelsgenossenschft befand sich in Kuhlenfeld.

In der DDR wurde die Erfassung und der Aufkauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse staatlich organisiert. Der Volkseigene Erfassungs- und Aufkaufbetrieb Hagenow (VEAB) hatte in Kuhlenfeld eine Filiale mit größeren Lagerkapazitäten. Die genossenschaftlichen Landwirtschaftsbetriebe brachten in der Getreideerntezeit ihre Erzeugnisse zu den VEAB-Filialen u.a. in Kuhlenfeld und Brahlstorf.

Die landwirtschaftlichen Betriebe nach dem Zweiten Weltkrieg

Die landwirtschaftlichen Betriebe wurden bereits seit der Einführung der Nachkriegsverwaltung mit einem Ablieferungssoll für landwirtschaftliche Produkte beauflagt. Diese Beauflagung durch das Landratsamt, später durch den Rat des Kreises, erfolgte an die Gemeinde insgesamt. Innerhalb der Gemeinde wurde durch eine Differenzierungskommission die Beauflagung der einzelnen Betriebe vorgenommen. Diese Kommission bestand allgemein aus dem Bürgermeister, Gemeindevertretern und Vertretern der Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe (VdgB).

Zu Beginn der Fünfziger Jahre verschärften sich in allen Dörfern die Tendenzen, durch wirtschaftliche Maßnahmen die größeren Bauern, die ab einer Betriebsgröße von 20 ha unabhängig von der Bodenqualität und der Betriebsstruktur als Großbauern bezeichnet wurden, zur Aufgabe ihrer Betriebe zu zwingen. Ein wesentliches Element dazu war die Verschärfung der Pflichtablieferung, die nun Anfang der Fünfziger Jahre durch die Möglichkeit, „Freie Spitzen“ zu liefern, ergänzt wurde. Als „Freie Spitzen“ wurden die überschüssigen Produkte bezeichnet, die nicht für die Pflichtablieferung und auch nicht für den betrieblichen Kreislauf benötigt wurden. Für diese wurde ein wesentlich höherer Preis gezahlt. Dadurch konnten gerade die kleineren und die mittleren Betriebe durch intensive Ausnutzung ihrer Flächen höhere Gewinne erzielen. Die so genannten „Großbauern“ hatten nun mit der hohen Sollveranlagung zu kämpfen.

Bei den Betrachtungen der Landwirtschaftspolitik dieser Zeit, muss man feststellen, dass die Anordnungen häufig von politischen Kadern aus ideologischen Gründen getroffen wurden, obwohl sie weder Kenntnisse der Abläufe in der Pflanzen- und Tierproduktion noch von deren Ökonomie hatten. Somit waren ihre Eingriffe oft eindeutig kontraproduktiv und störten, ja zerstörten die innerbetrieblichen Kreisläufe. Sie erkannten beispielsweise nicht, dass der Bauer als Futtergrundlage und als Saatgut für das kommende Jahr immer einen Bestand an Getreide haben musste, sondern verlangten auch das letzte Korn "für den Staat". Ebenso wenig erkannten sie, dass der Bauer während der Herbstarbeiten keine Zeit zum Dreschen hatte, was ja traditionell auch eine Winterarbeit gewesen ist. Sie verlangten den schnellen Drusch, damit das Getreide abgeliefert werden konnte.

Die Repressalien gegen die „Großbauern" nahmen immer mehr zu. Es wurden Hauskontrollen durchgeführt, wenn beispielsweise das Getreide-Ablieferungssoll nicht erfüllt war. Diese Kontrollen konnten innerhalb der Gemeinde angeordnet, aber auch von den staatlichen Erfassungsorganen vorgenommen werden. Zur Überprüfung der staatlichen Anbaupläne und Viehhaltungspläne, die den Bauern die Art und den Umfang des Anbaues der Ackerkulturen und der Viehhaltung im Detail vorschrieben, wurden Feld- und Hofbegehungen durchgeführt. Die Verweigerung der Hausschlachtung an Betriebe, die ihr Soll in der Schlachtviehablieferung nicht erfüllt hatten, war gang und gäbe. Dazu muss man wissen, dass das Schlachten für den Eigenbedarf bereits in der Kriegszeit und dann auch danach der Genehmigung durch die Gemeinde bedurfte. Diese durfte die Genehmigung an Betriebe mit Ablieferungsschulden nicht erteilen. Da andererseits die Landwirte als Selbstversorger auch keine Fleischversorgung auf der Lebensmittelkarte erhielten, waren sie gezwungen, "Schwarzschlachtungen" durchzuführen. Wurden diese entdeckt, so wurden sie wegen Wirtschaftsvergehen bestraft. Eine Verordnung vom 19.02.1953 eröffnete die Möglichkeit, sogenannte devastierte (wörtlich verwüstete) Betriebe festzustellen. Als solche wurden Betriebe bezeichnet, die ihr Ablieferungssoll nicht erfüllen konnten und deshalb auch wirtschaftlich schlecht standen. Häufig waren das Betriebe, die noch unter den Folgen des Krieges litten, weil die arbeitsfähigen männlichen Familienmitglieder gefallen oder kriegsversehrt waren und die nicht auf fremde Arbeitskräfte zurückgreifen konnten. Diese Regelung war von der DDR-Führung als eine Möglichkeit gewollt, Betriebe zwangsweise zu enteignen und dann in einen Örtlichen Landwirtschaftsbetrieb (ÖLB) zu überführen. Das diente langfristig dem Ziel, damit den Kern Landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaften (LPG) zu schaffen. Der ÖLB wurde – ähnlich wie auch in den Nachbardörfern - kurzfristig aus solchen Betrieben gebildet. Das waren die Betriebe Hufe 2 Hinrichs, Hufe 9 Eggert, Hufe 11 Ahrens und Hufe 1 Schwarz/Henckel. In den ÖLB wurden auch die Betriebe von sogenannten "Republikflüchtigen" eingeordnet. So nannte man die Bürger, die illegal in die Bundesrepublik übergesiedelt waren. In Tessin war das Hufe 10 Himzmann. Der Örtliche Landwirtschaftsbetrieb entstand im Herbst 1952 unter der Führung von Günter Kuhl, ab Mai 1954 Günter Kunrede. In den ÖLB gingen nun die freien Arbeiter der Gemeinde, die bisher bei Bauern gearbeitet hatten.

Die Agitation mit dem Ziel der Gründung einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) in der Gemeinde ging nun in örtlichen Versammlungen weiter. Im Jahre 1955 wurde dann die LPG "Friedrich Heincke" gegründet. Ihr gehörten 21 Mitglieder an, die eine Fläche von 163 ha bewirtschafteten. Die Mitglieder waren nicht alle Bauern gewesen. Zum Teil waren es ehemalige Landarbeiter. Der ÖLB ging in die LPG ein. Diese hatte nun einen Viehbestand von

-  8 Pferden,
- 73 Rindern,
-104 Schweinen,
- 23 Schafen 
- 30 Legehennen 

Vorsitzender der Genossenschaft wurde Günter Kunrede. Der Betrieb war noch sehr ungefestigt. Mitglieder traten aus, neue kamen hinzu. Die geringen Erträge genügten nicht als Futtergrundlage für den Viehbestand.

Zu Beginn des Jahres 1960 betrug Viehbestand

-  23 Pferde,
- 342 Rinder,
- 524 Schweine,
- 161 Schafe .

In diesem Jahr wurde eine massive Agitation zum Eintritt in die LPG durchgeführt In dessen Ergebnis die letzten Bauern in die LPG eintraten. In Kuhlenfeld entstand dann eine LPG vom Typ I, die nur eine gemeinsame Feldwirtschaft betrieb, diese trat 1957 der LPG Blücher bei.

Die LPG "Friedroich Heincke" Tessin konnte mit staatlicher Förderung einige bauliche Erweiterungen vornehmen. Es entstanden:

# 1955/56 ein massiver Schweinestall mit 200 Tierplätzen auf der Ackerkoppel der Hufe 10 am Bengerstorfer Weg,
# 1961/63 zwei Offenställe mit je 111 Tierplätzen und ein Verbinder als Arbeitsraum,
# 1966 1 Mastbullenstall, eine Getreidelagerhalle

Kommunale und die wirtschaftliche Entwicklung in Tessin nach der politischen Wende 1990

Die politische Wende brachte sowohl in der kommunalen als auch in der wirtschaftlichen Entwicklung der Gemeinde Tessin wesentliche Veränderungen. Die Gemeinde Tessin ist nun Bestandteil des Amtes Boizenburg-Land, das alle verwaltungstechnische Arbeit übernimmt. Dadurch wurde der Bürgermeister nun ein Ehrenamtler. Bürgermeister ist seit der Kommunalwahl vom 26. Mai 2019 Ralf Kretschmer aus Alt Kuhlenfeld. Er vertritt die Wählergemeinschaft Tessin, die 100% der Stimmen und damit alle 6 Sitze des Gemeinderats erhalten hat. Auch trägt die Gemeinde nicht mehr den Namen Tessin-Kuhlenfeld sondern Gemeinde Tessin. Damit geht sie auf die historische Situation zurück, nach der Kuhlenfeld ein Ortsteil der Gemeinde Tessin war.

In der Landwirtschaft herrschte zunächst eine gewisse Ratlosigkeit über den künftigen Weg. Ein Zurück zu den Einzelbetrieben konnte nicht der Weg sein, da in den 50 Jahren der Entwicklung in der DDR sich die Erben der Gehöfte und der Nutzflächen sich zum großen Teil von der Landwirtschaft gelöst und andere Berufe auch in anderen Regionen ergriffen hatten. Somit bestand kein Interesse die Betriebe wieder zu übernehmen. Wenige Neueinrichter, wie Artur Vogt, konnten nur auf niedrigerem Größenniveau des Betriebes einsteigen, da die erforderliche finanziellen Grundlagen fehlten. Dann kam die Familie Dekker, ein Niederländer mit einer deutschen Gattin, die bereits zuvor im Norden Schleswig-Holsteins einen Betrieb geführt hatten. Sie erwarben den Betrieb bis auf die Teile zum Nennwert, die Artur Vogt (Schweineproduktion) bereits nutzte. Familie Dekker baute die Anlagen aus errichtete Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern der Rinderställe und baute eine Biogas-Anlage. Sie brachte sich auch in das dörfliche leben ein, indem sie Gebäude für die gemeine Nutzung zur Verfügung stellten. Nach dem Tod von Artur Vogt führte sein Sohn und Erbe den Betrieb mit der Haltung einer Mutterkuhherde weiter.

Im gewerblichen Bereich ergaben sich einige Veränderungen. So wurden alle Einrichtungen der Konsum-Genossenschaft Boizenburg geschlossen. Das betraf sowohl das Landwarenhaus in Kuhlenfeld als auch die Verkaufsstelle in der ehemaligen Tessiner Schule. Die schwerwiegendste Veränderung war jedoch, dass der Bahnhof Kuhlenfeld geschlossen wurde. Somit fehlt für die Dörfer der Umgebung ein wichtiger Ankerpunkt. Der Ausbau der Bahnstrecke Hamburg-Berlin führte zusätzlich dazu, dass der niveaugleiche Bahnübergang in Kuhlenfeld durch eine Brücke ersetzt werden musste, was den Ortsteil Kuhlenfeld geteilt hat und somit zu einer Störung des gesellschaftlichen Lebens im Ortsteil führte. Die Verkaufseinrichtungen für den landwirtschaftlichen Bedarf in Kuhlenfeld mussten schließen, ebenso die Gastwirtschaft Kahl und die Schmiede der Familie Schmahl. Überlebt hat die gesellschaftlichen Veränderungen das ehemalige Sägewerk, das nun unter dem Namen Holzkontor Kuhlenfeld einen Holzhandel für bauliche Zwecke betreibt. Erhalten geblieben ist die Gastwirtschaft der Familie Ahrens in Tessin, die sogar in gewisser Weise expandiert hat, da ein Sohn in Zahrensdorf in familiärer Zusammenarbeit eine ebenso gutgehende Gastwirtschaft wie die in Tessin betreibt. Beide haben in der Region einen so hervorragenden Ruf erworben, dass viele Familienfeiern aus anderen Dörfern in Tessin oder Zahrensdorf stattfinden.

Wegeverbindungen und Verkehr

Das Gemeindegebiet wurde auf der Gemarkung Kuhlenfeld von dem Postweg von Hamburg nach Berlin berührt. Diese 1640 eingerichtete Verbindung verlief als Postweg von Boizenburg über Bahlen, Hühnerbusch, nördlich von Alt Kuhlenfeld nach Dersenow und im Weiteren über Lübtheen und Kaliß, Lenzen nach Perleberg. Parallel dazu findet sich in den Unterlagen zu der Vermessung von 1709 unmittelbar an der Trasse der heutigen B 5 der Eintrag Landweg, der auf einen überregional bedeutsamen Weg zwischen Boizenburg und Hagenow hindeutet, der auch bei Wiebeking angedeutet ist. Weitere historische Verbindungen sind nur die Ortsverbindungen nach Zahrensdorf (Kirchweg), Wiebendorf, Bengerstorf, Banzin, Dersenow und Besitz. Kuhlenfeld wird auch durch den Dersenower Kirchweg berührt, der über Alt Kuhlenfeld und Eulenberg nach Blücher führte. An diesen schloss der Sonnenberger Kirchsteig bei Kuhlenfeld an.

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Historischer Postweg vom Hühnerbusch nach Kuhlenfeld

Der historische Postweg wurde 1826 durch die Hamburg Berliner Chaussee abgelöst, die die Tessiner Feldmark im Süden berührt.


Im Jahre 1846 entstand die Eisenbahnverbindung Hamburg-Berlin, die die Kuhlenfelder Feldmark schneidet. In Kuhlenfeld wurde im Jahre 1907 ein Haltepunkt für Personenzüge eingerichtet, der mit dem Bahnwärterhaus verbunden war. Nach 1930 wurde dann der Bahnhof Kuhlenfeld errichtet. Das erforderte den Bau eines Abfertigungsgebäudes, das auch die Stellwerkseinrichtung für die erweiterten Gleisanlagen aufnehmen musste. Dieser war Ausgangspunkt für eine Entwicklung des Ortsteils Kuhlenfeld. Es entstanden ein Baubetrieb mit Sägewerk von Heinrich Hase unmittelbar neben dem Bahnhof, eine Gastwirtschaft verbunden mit einer Handlung für landwirtschlichen Bedarf von Hermann Kahl, eine Schmiede bei der Häuslerei Vick und die Kolonialwarenhandlung von Bethge.

Im Jahre 1945 wurde die Tessiner Dorfstraße gepflastert. Dazu wurden in Eigeninitiative Feldsteine, die an der B 5 Lagerten nach Tessin gebracht. Die Tessiner trugen den Kirchweg außerhalb des Dorfes teilweise ab, so dass ein Hohlweg entstand. Mit dem dabei gewonnenen Sand wurde die Dorfstraße aufgefüllt. Die Pflasterarbeiten führte der Betrieb des Steinschlägers und Steinsetzers Engel aus Boizenburg aus.

1965 wurde Tessin mit einer befestigten Straße auf dem Kuhlenfelder Weg an die damalige F 5 (heutige Bundesstraße B 5) angebunden. Damit ergab sich eine durchgängige feste Straßenverbindung nach Besitz, Blücher und von Besitz über Preten nach Neuhaus. Diese Verbindung wurde etwa 1975/76 erweitert durch den Bau eines landwirtschaftlichen Wirtschaftsweges von Tessin zum Klein Bengerstorfer Ausbau Strittkamm. Diese Straße wurde durch weiteren Ausbau ertüchtigt, so dass sich nunmehr eine durchgängige Kreisstraße von Bengerstorf über Besitz über die seit 1993 bestehende Landesgrenze zu Niedersachsen in Richtung Preten und Neuhaus ergeben hat. Das war die Grundlage für den erweiterten Anschluss des Dorfes Tessin an den Busverkehr nach Boizenburg und Hagenow, zeitweilig auch nach Neuhaus und Lübtheen.

In den 1970er Jahren wurde der Bahnhof Kuhlenfeld als Grenzübergangsbahnhof für den Güterverkehr in die Bundesrepublk Deutschland, speziell zum Hamburger Hafen eingerichtet. Der Bahnhof wurde mit einem Sicherheitszaun rundum eingezäunt. Der Personenverkehr erfolgte unter strenger Bewachung des Bahnsteiges. Die Zollabfertigung mit Verplombung der Güterwagen erfolgte bereits in Kuhlenfeld. Die Güterzüge mussten den Bahnhof Boizenburg ohne Halt durchfahren können. Der Bahnhof Schwanheide musste in der Lage sein den kompletten Güterzug aufzunehmen. Nach 1990 wurde der Bahnhof Kuhlenfeld für den Personenverkehr geschlossen, ein Rückschlag für die Entwicklung des Ortsteils Kuhlenfeld.

Flurnamen

Tessin

Tessin war ein domaniales Dorf im Amt Boizenburg. Im Jahre 1825 gab es Hof und Dorf Terssin mit 11 Hüfnern und 4 Büdnern. Von etwa 1635 bis 1790 hatte ein Hof Tessin bestanden, den um 1790 die 11 Hüfner gleichzeitig mit dem Hof Kuhlenfeld in Pacht nahmen. Bei der Separation der Feldmark wurde der Hof Tessin den Hufen zugeteilt. Bis 1785 gehörte ein Hüfner (Hufe III) zum ritterschaftlichen Gut Wiebendorf.

Das Dorf wird 1230 im Ratzeburger Zehntenregister als Tessin und 1453 im Landbederegister als Villa Tessyn aufgeführt. Der Name ist aus altsl. Tesin mit der Wurzel tes = Freude, Trost abgeleitet.

Die Dorfform wird von Engel als Zeilendorf beschrieben. Die Zeile der Hüfnergehöfte beschreibt einen Bogen. Dadurch gleicht das Dorf einem Sackplatzdorf, bei dem an der nordwestlichen Seite die Gehöfte fehlen. Bei der von Benthien als Guts-Bauern-Flur nicht zutreffend beschriebenen Gemarkung ist auf der Direktorialvermessungskarte und auch bei Wiebeking die ursprüngliche Langstreifenflur noch zu erkennen.

In Tessin sind sehr wenige der 1770 in die Karte aufgenommenen Flurnamen noch bekannt. Noch lebende Flurnamen haben ihre Form teils auch verändert, neue sind hinzugekommen.

Benutzte Karten:

1.	G.H.Knöchel, J.H.Düfke, Plan von dem im Amte Boitzenburg belegenen Communion Dorffe Tessien, 1770. Illuminirt 1774 durch Jargow.   
   (DVK 1770)
2.	C.Darjes, Brouillon von der Dorffeldmark Tessin, D.A. Boizenburg, 1866/67 (Darjes 1867)

Weitere Quellen: Schlagregister aus der Hufenvermessung und Bonitierung im Domanium 1709 (LV 1709)

Gewährsleute: W. Hennings . K.-H.Lietz, Tessin

Tessin FK.jpg

1. Rämenbäk								       		       überliefert
Bach an der Bengerstorfer Grenze. Zum Namen s. Nr. 2.
2. Rämenfeld					      überliefert, LV 1709 (Rehm-Landt)
Acker westlich des Dorfes an der Rämenbäk. Der Name ist vom ndt. Wort Rämel (Streifen Land) abgeleitet. Er ist auf den angrenzenden Teilen 
der Gemarkungen Klein Bengerstorf und Wiebendorf ebenfalls zu finden.
3. Orthwiesen 			       überliefert, DVK 1770, LV 1709 (Die Ohrt Wiesen)
Wiesen an der Rämenbäk am Bengerstorfer Weg. Der Flurnamensbestandteil Ort- findet sich häufiger für Äcker, da Ort auch Acker bedeuten 
konnte. Vom Ursprung her wird Ort jedoch als Spitze, Ende gebraucht. Hier befinden sich die Wiesen am Ende der Feldmark.
4. Kathlands Hörsten 								      DVK 1770
Wiesen an der Rämenbäk. Der Name besteht aus den Bestandtteilen Kathland, was auf Ländereien der Kätner oder Kossaten hinweist, und Hörsten. 
Ein Horst oder ndt. eine Horst ist eine höher gelegene Fläche, häufig auch bewaldet.
5. Hülswisch  				        DVK 1770, LV 1709 (In der Hüls Wische)
Wiese an der Rämenbäk am Beginn des großen Bogens. In der Wiese wird der Hülsdorn (Ilex) aufgetreten sein.
6. Hüls Dehlen								      DVK 1770
Grünland vor der Hülswisch, wohl mit Auftreten von Hülsdorn und mit Holzteilen (Holtdeelen in Kaveln)
7. Vorderst Lanken 					DVK 1770, LV 1709 (Auff den Lanten)
Acker nördlich des Dorfes vor den Hüls Dehlen. Der häufig auftrende Flurname ist slawischen Ursprungs, Lanken aus altsl. laka = Wiese.
8. Dieck Soll 								      DVK 1770
Heideland mit Gehölz, jetzt Grünland an der Rämenbäk, gegenüber der Bengerstorfer Saathorst. Der Name deutet auf ein Dickicht und ein Soll 
(Kleingewässer) hin. Dieck oder Dick ist häufig nicht als Teich oder Deich sondern als Dickicht zu verstehen.
9. Dieck Horst 								      DVK 1770
Gegenwärtig Wiese und Bruchwald an der Rämenbäk gegenüber der Bengerstorfer Saathorst. Früher Heide mit Gehölz wie Nr. 8.
10. Schönlangs Busch								      DVK 1770
Heidegehölz an der Grenze zu Bengerstorf und Banzin. Der Name dürfte wie Nr. 7 aus altsl. laka abgeleitet sein. Die Verbindung mit schön ist 
schwer zu deuten. Nach Kühnel könnte der Name jedoch aus altsl. seno für Heu erklärt werden. Folglich wäre es eine Heuwiese. Diese Fläche war 
1867 als Gemeindeland ausgewiesen. Auf den angrenzenden Banziner Flächen gibt es eine Schön Horst (Gehölz und Wiese). 
11. Melkerkoppel									      überliefert 
Kleine Koppel westlich des Saathorster Weges, auf der die Kühe gemolken wurden, die auf dem Gemeindeland weideten.
12. Saathorster Weg									       überliefert
Weg, der vom Banziner Weg abzweigt und zum Klein Bengerstorfer Ausbau Saathorst führt.
13. Swinkelebens Horst 	                                              DVK 1770, LV 1709 (In der Zwinkel Eve)
Grünland am Banziner Weg vor der Banziner Grenze. Das Bestimmungswort swinkel deutet auf schwankendes, schwingendes Moor hin, was allerdings 
als Widerspruch zum Wort Horst als kleine Anhöhe gesehen werden kann. Hier steht Horst wohl für ein kleines Gehölz im Felde. Auf der Fläche 
könnten ebens (älteres Niederdeutsch für Mutterschafe) geweidet worden sein.
14. Muultrummel								       überliefert
Wiesen auf der angrenzenden Gemarkung Banzin, die von den Tessinern in den 1930er Jahren vom Gut Banzin erworben wurden. Der Name 
„Maultrommel“ wird auf das Auftreten von Rohrdommeln zurückzuführen sein.
15. Nie’ Wisch									       überliefert
Wie Nr.14 vom Gut Banzin erworbene „Neue Wiese“.
16. Wösten Dehlen 							                   DVK 1770
Wiesen an der Banziner Grenze. Der Flurname deutet wiederum auf die frühere Einteilung in Kaveln (Dehlen) hin, deren Zustand aber noch sehr 
wüst (wenig kultiviert) gewesen sein wird.
17. Näden oder Nerden								       überliefert
Wiesen an der Banziner Grenze. Sie entsprechen etwa den Wösten Dehlen. Der Name wird sich von ndt. nedden für niedrig gelegen ableiten.
18. Rug Hörsten 								      DVK 1770
Rauhe Horste. Wiesen an der Banziner und Dersenower Grenze. Der Namensbestandteil rauh ist hier wie wüst zu verstehen. Den gleichen Namen 
führen die angrenzenden Banziner Wiesen.
19. Branden								       überliefert
Wiesen an der Banziner Grenze. Sie entsprechen etwa den Rug Hörsten. Der Name deutet auf frühere Brandrodung der Rauhen Horste hin.
20. Raal	            überliefert, LV 1709 (Auf dem Rade), DVK 1770 (Rade Kamp)
Dieser Acker südlich des Banziner Weges ist wohl erst spät aus der Heide gerodet worden.
21. Raalwisch            überliefert, LV 1709 (Die Lütken Radelwiesesn), DVK 1770 (Groot u. Lütt Rade Wiese)
Wiese an der Dersenower Grenze. Die Wiese ist sicher erst spät aus dem Bruchwald gerodet worden, da sich die Rodung als namensbestimmend 
eingeprägt hat. Durch Entwässerung sind diese Wiesen jetzt in Ackerland umgewandelt worden.
22. Wischhoff  	                                                   überliefert, LV 1709 (Wisch Höffe, Hoff Wiese)
Wiesen innerhalb der Lüttken Radelwiesen gemäß Schlagregister 1709. Es handelt sich wohl um die dorfnahen Wiesen der Gehöfte, aber auch um 
die Wiesen des seinerzeitigen Pachthofes.
23. Schaulkoppel					     überliefert, Darjes 1867 (Schul-DL)
Die Schulkoppel umfasste Acker und Grünland vom Banziner Weg bis an die Bäk.
24. Raade Heide 								      DVK 1770
Grünland und Bruchwald nördlich des Banziner Weges. Auch für diese noch heideartige Fläche hat sich der Rodungsvorgang als namensbestimmend 
erwiesen.
25. Die Duup 								      DVK 1770
1770 Heide, heute Grünland, teils Acker hinter dem Dorf am Banziner Weg. Düpe (dupa - Loch, sumpfiger Grund) ist ein ursprünglich slawisches 
Wort, das in das Niederdeutsche übernommen wurde.
26. In den großen Specken Tiefen							         LV 1709
27. In den Lüttken Specken Tiefen						         LV 1709
Zusätzlich wurde auch die Große Speckwiese genannt. Die Wiesen nach Nr.26 und 27 sind wahrscheinlich identisch mit „Die Duup“ (Nr.25) der DVK 
1770. Ein Speck ist ein Damm, geschüttet auf Knüppelunterlage, zur Erschließung der Wiesen.
28. Moor		                              überliefert, DVK 1770 (Das Grienske Mohr)
Moorige Wiese an der Dersenower Grenze. Der historische Name ist wohl aus wendisch (altsl.) krynica  - Quelle, hier quelliges Moor, 
umgeformt. Ähnliche Namen finden sich auf den Gemarkungen Dersenow (Grien) und Klein Bengerstorf (Grienen) jeweils an der Grenze zu Tessin.
29. Gries’ Feld                       überliefert, DVK 1770 (Das Grienske Feld), LV 1709 (Griensches Feld)
Acker östlich der Straße nach Kuhlenfeld jenseits der Bäk. Zum historischen Namen wie vor. Im Schlagregister 1709: „Hinter dem Dorffe auf dem 
Grienschen Felde vom Wisch Höffen bis ans Mohr.“
30. Sünnenbarg                                                überliefert, LV 1709 und, DVK 1770 (Sonnenberg)
Anhöhe an der Dersenower Grenze. Auf der Dersenower Seite  grenzen die Ausbaugehöfte Der Sonnenberg der Bauern zum ehemaligen Rittergut 
Dersenow an. Der Schlag reichte 1709 vom Grienschen Moor bis an den Dersenower Weg, der über den Sonnenberg verlief.
31. Margelkuhl									       überliefert
Ehemalige Mergelkuhle am Sonnenberg, aus der Mergel zur Kalkung des Ackers gewonnen wurde.
32. Butenland					     überliefert, LV 1709 (Bueten Landt)
Im Jahre 1709 zum Sonnenberger Schlag gehörend. Dann Acker außerhalb der Hufen, unmittelbar vor und jenseits der Bundesstraße B 5. Bei der 
Feldmarksregulierung, bei der die Hufen arrondiert wurden, lagen diese Flächen außerhalb der arrondierten Hufenflächen.
33. Auff dem Hassel-Busch				                             überliefert, LV 1709
Acker westlich der Kuhlenfelder Straße, benannt nach dem früher darin befindlichen Hasel-Gehölz.
34. Schapbäk                            überliefert, LV 1709 (über die Schaafbeeck, vor der Schaf Brücke))
Kleiner Bach, der die Kuhlenfelder Straße kreuzt. Er ist jetzt zum großen Teil verrohrt.
35. Dersenower Weg								         LV 1709
In der Karte der Direktorialvermessung verläuft der Dersenower Weg als Abzweig gegenüber der Sandkuhle vom Mühlenweg über den Sonnenberg.
36. Lütten Fohrt beim Grienschen Feld						         LV 1709
Hierbei wird es sich um die Furt durch die Beek im Zuge des Dersenower Weges gehandelt haben.
37. Sonnenberger Kirchsteig  				         überliefert, WK 1958 (Kirchsteig)
Schräg durch den Wald vor Kuhlenfeld verlaufender Steig. Die Sonnenberger Bauern gehörten wie Dersenow zum Kirchspiel Blücher.
38. Die Strotien 					      DVK 1770, LV 1709 (Die Drostine)
Früherer Acker westlich des Weges nach Kuhlenfeld und südlich der B 5, heute Wald. Im Jahre 1709: „gehen vom Hassel-Busch bis an die 
Kuhlendorfer Scheide“ und „von der Schafbrinke bis an die Blüchersche Scheide“. Der Name deutet auf ein mit Gesträuch bewachsenes folglich 
heideartiges Gelände (stroth, strodt struth, strauth) hin, das vor der  Urbarmachung vorhanden war.
39. Schafbrink, Schafbrink Lande							         LV 1709
Den Beschreibungen im Schlagregister zufolge befinden sich die Schafbrink-Lande auf dem nördlichen Teil der Drostine (Strotien) folglich etwa 
an der heutigen B5.
40. Auf dem Mühlen Camp die Quehr-Stücke					         LV 1709
Beschreibung. „gehen von den Schafbrink Lande bis an die Blüchersche Scheide“. Es ist zu vermuten, dass es sich dabei um den südlichen Teil 
der in der DVK 1770 als Breeden bezeichneten Flächen handelt, sicher um die Flächen zwischen dem Mühlenweg und der 1709 immer als Mühlenbeeck 
bezeichneten Tessiner Bäk.
41. Auf den Breeden 					    DVK 1770, LV 1709 (Auf der Breite)
Auf den Breiten. Acker entlang des Mühlenweges, nördlich und südlich der Kreuzung der Bäk, südlich der Bundesstraße B 5 heute zum großen Teil 
bewaldet.
42. Vor den Schaalwiesen 								      DVK 1770
Acker im äußersten Südwesten der Feldmark.
43. Quehrstücke an der Kuhlenwische oder Kurtzen ende genannt		         LV 1709
Eine Lagebeschreibung fehlt. Die Reihenfolge im Schlagregister legt aber nahe, dass die Querstücke oder Kurzen Enden im südlichen Teil der 
Feldmark zu finden sind. Vermutlich sind sie identisch mit den Flächen nach Nr. 42.
44. Die Schaal Wiesen				                        überliefert, LV 1709, DVK 1770
Geringfügiger Wiesenanteil der Tessiner Bauern an der Schaale.
45. Kirchenwiese							                Darjes 1867
Die Schaalwiesen gehörten 1867 vom Norden beginnend der Gemeinde, den Hufen X, IX und VIII sowie der „Kirche zu Zarnstorf“.
46. Tannenweg									      überliefert
Weg vom Kirchweg abzweigend bis zu den Schaalwiesen.
47. Die Halb-Breeden 							        	      DVK 1770
Die Halb-Breiten. Acker an der Wiebendorfer Grenze am Tannenweg.
48. Brieten Landt, auf dem Krabben Lande oder Crabbe Camp			         LV 1709
Dieser Schlag ist lagemäßig nicht genau zuzuordnen. Es wird sich um die Flächen am Tannenweg handeln, die südlich der heutigen B 5 liegen und 
jetzt aufgeforstet sind. Dafür spricht die Beschreibung „vom Landweg bis an die Beeck“. Die Bedeutung des Namensteiles Krabbe ist sicher 
nicht endgültig zu klären.
49. Landweg								         LV 1709
Dieser Landweg von Boizenburg über Vellahn nach Hagenow hatte überregionale Bedeutung. Er verlief in der Nähe der heutigen Bundesstraße B 5.
50. Die Lehmkuhlen 							     	      DVK 1770
Acker und auch Grünland an der Wiebendorfer Grenze, südlich des Kirchweges.
51. Peters Kuhl									         LV 1709
Kleingewässer bei den Lehmkuhlen, das sicher nach einer Person benannt ist.
52. Dicken					                         überliefert, LV 1709 (Vor dem Dicken)
Acker zwischen dem Kirchweg, dem Tannenweg und den Lehmkuhlen. Dieser war sicher einmal ein dichter Wald, eine Dickung :
53 Zahrensdorfer Weg oder Kirchweg				                 überliefert, LV 1709
Tessin gehörte von jeher zur Pfarre Zahrensdorf.
54. Auf dem Kamp                   DVK 1770, LV 1709 (Camp vor dem Dorfe, Auf dem Kuhlken Camp)
Acker südwestlich des Dorfes. 1709 wurde die Lage so beschrieben: Camp vor dem Dorfe „diese Stücke gehen über den Kirchweg“ und der Kuhlken 
Kamp „vom Blücher Weg bis an die Mohlbeck“. Somit befanden sie sich nördlich und südlich des Kirchweges bei der heutigen Bebauung und auch 
vom Mühlenweg bis an die Bäk. Die Bezeichnungen sind nicht mehr geläufig. Kämpe sind erst spät aus der Heide oder dem Wald gewonnene kleine 
Äcker, die außerhalb der Hufenschlagordnung in der Dreifelderwirtschaft lagen und deshalb oft von den Kossaten genutzt wurden. Häufig waren 
sie zudem eingefriedet, um sie vor dem auf der Heide weidenden Vieh zu schützen. Bei der Lage dieses Ackers in Tessin ist von einem solchen 
Kamp jedoch nicht auszugehen. Auch lässt die Karte der Direktorialvermessung gerade in diesem Bereich noch Reste der Streifenflur der 
Dreifelderwirtschaft erkennen.
55. Kavels								                                überliefert
Teils Gemeindeland, teils aus der Hufe VII in den 1920er Jahren angelegte Siedlungsflächen für Büdner und Häusler am Dorf westlich des 
Mühlenweges. Die Fläche war im 18. Jahrhundert Bestandteil des Kamps (Nr. 54).
56. Tessiner Bäk		  überliefert, LV 1709 (Mohl Beeck), DVK 1770 (Mühlen-Bach)
In der Karte aus dem Jahre 1770 wird die Tessiner Bäk als Mühlen-Bach bezeichnet. Der Name kann wohl nur Bezug zur früheren Mühle am 
Hühnerbusch haben, die neben dem Wasser der Schaale auch das Wasser dieses Baches nutzte.
57. Mühlenweg			            überliefert, DVK 1770 (Weg nach Hünerbusch)
Die Tessiner Bauern mussten bis zur Einführung der Gewerbefreiheit 1869 die Hühnerbuscher Mühle als Zwangsmahlgäste nutzen.
58. Wauert						                    überliefert, LV 1709 (Hoff Cämpe)
Hofländereien hinter den Büdnergehöften. Der Name leitet sich von Wöhrde ab, was Hofländereien bedeutet.
59. Bäkstücken									      überliefert
Aus der Hufe I verkaufte Parzellen zwischen Mühlenweg und Bäk. Die Fläche war im 18. Jahrhundert Bestandteil des Kamps (Nr. 54).
60. Eimen- oder Addenkoppel							      überliefert
Beide Namen sind für den Acker westlich des Mühlenweges überliefert, der 1770 zu den Breeden gehörte. Die Flächen der Hufe VII gehörten in 
den 1920er Jahren kurzzeitig einem Eigentümer mit dem Namen Adden. Bei dem ersteren Namen könnte es sich um eine Verballhornung aus Ehmken = 
Ameisen (Eimen-) handeln. 
61. Schaale								       überliefert
Der Fluss Schaale, der aus dem Schaalsee kommend, beim Karrentin die Schilde aufnimmt und dann bei Gülze in die Sude mündet, hat im 
ausgehenden Mittelalter einige Bedeutung erlangt, als sich Lüneburg zum Ausbau der Schaal-Fahrt (Schaale-Kanal) entschloss. Auf diesem Wege 
sollte Salz nach Wismar transportiert werden. Da jedoch die Verbindung über den Schaalsee hinaus sich als zu schwierig erwies, kam es nur zum 
Holztransport auf der Schaale. Der Name wird allgemein als slawisch erklärt, von scala für Fels, Steine. Es kann jedoch eine indogermanische 
Wurzel angenommen werden, von idg. skel für schneiden, spalten, auch scheiden. Vielleicht hier als Scheide im Sinne von Grenze. 
62. Weg nach Blücher und Kuhlendorf						      DVK 1770
Dieser Weg zum heutigen Alt Kuhlenfeld und Blücher zweigte vom Mühlenweg hinter der Bäk ab.
63. Banziner Weg								                   überliefert
1770 ist dieser Weg nur andeutungsweise zu erkennen.
64. Weg nach Bengerstorf								      DVK 1770
Der Weg entspricht auf der Tessiner Feldmark etwa dem heutigen Verlauf.
Flurnamen nach ZÜHLSDORFF:
Deren lokale Zuordnung ist nicht möglich. 
aus dem Schlagregister der LV 1709:
Namen, die nicht lokalisiert werden können.
65. Auf den Kruhk
66. In der Bohm Schlänke (Eine Wiese, die nach „In der Hüls Wische“ und vor „Die Ohrt Wiesen“ genannt wurde. Vermutlich befindet sie sich 
hinter den Ortwiesen an der Bengerstorfer Grenze.) 
aus dem Einteilungsregister der LV 1709:
Namen, die nicht lokalisiert werden können.
67. Im Goese Nest
69. Im grohten Hoefe
70. Kälberkoppel
71. Käterwiese
72. Kiehlstücke
73. Kohlgarten
74. Leimwegk
75. Möhlenbarg
76. Pferde Koppel
77. Schultzen Kamp, Schultzen Stück
			

 

Kuhlenfeld

Kuhlenfeld hieß noch im 18.Jahrhundert (bis 1792) Kuhlendorf und bestand aus einer Schäferei, die zum Domanialamt Boizenburg gehörte. Im Jahre 1825 gehörte Kuhlenfeld als Erbpachtbesitz den 11 Tessiner Hauswirten (ab 1790). Zusätzlich gab es vier Büdner.

Der Name ist deutsch, aber schwer erklärbar, da kaum Geländeunebenheiten vorhanden sind.

Für die Flurform gibt Benthien die Gutsflur an.

Benutzte Karten:

1.  O. Müffelmann, Brouillon von der Hoffeldmark Kuhlenfeld, D.A. Boitzenburg. Vermessen, chartirt und berechnet im Jahre 1868  (Müffelmann 
1868)
2. F.W.Clasen/Fr.Mumm, Charte von der Hoffeldmark Kuhlenfeld, D.A. Boizenburg, 1866/67/80, (Clasen/Mumm 1880)

Weitere Quellen: Schlagregister der Hufenvermessung und Bonitierung im Domanium 1709 (LV 1709)

Kuhlenfeld FK.jpg

1. Alt Kuhlenfeld						            			        überliefert
Büdnersiedlung westlich des Ortes, der erst im Zusammenhang mit dem seinerzeitigen Bahnhof eine Entwicklung erfahren hat. Hier befand sich 
auch der genannte Erbpachthof.
2. Postweg							                                               überliefert
Postweg von Hamburg nach Berlin, der bis zur Einweihung der heutigen B 5 im Jahre 1829 benutzt wurde.
3. Dersenower Kirchweg					                               überliefert, LV 1709
Kirchweg für die Dersenower Einwohner, die in Blücher eingepfarrt waren. Kuhlendorf wird in Hoinckhusens Ämterbeschreibung um 1700 noch unter 
der Pfarre Blücher aufgeführt. Folglich wurden der Kirchweg und der Kirchsteig auch von seinen Einwohnern benutzt.
4. Dersenower Kirchsteig						              überliefert, MTB  1881
Außer dem Kirchweg gab es ein wenig südlicher einen Kirchsteig, mit einem Abzweig zum Dersenower Ausbau Sonnenberg.
5. Dannenkoppel									  überliefert-Zü.
Acker nördlich von Alt Kuhlenfeld.
6. Neddelst Hoff									  überliefert-Zü.
Niederster Hof. Möglicherweise handelt es sich hier am Südrande von Alt Kuhlenfeld um die Hausstätte der alten Schäferei Kuhlendorf (siehe 
auch Nr. 36).
7. Pfarracker 									         Müffelmann 1868
An der Grenze zu Blücher südlich des Dersenower Kirchsteiges findet sich 1868 die Eintragung Pfarre zu Blücher.
8. Schapdamm									        überliefert
Der Schafdamm wurde erst um die Wende zum 20. Jahrhundert gebaut, als Besitz eine kurze Verbindung zum Bahnhof Kuhlenfeld benötigte. Der Name 
wurde von Besitz her auf die Gemarkung Kuhlenfeld übertragen (siehe unter Besitz Nr. 37).
9. Strangenwisch						          überliefert, LV 1709 (Im Strange)
Wiese westlich des Schafdammes.
10. Wee’koppels									         überliefert
Weideflächen an den Grenzen zu Besitz und Blücher.
11. Die Rense			                         	                         überliefert, Clasen/Mumm 1880
Wiesen- und Waldgelände im Süden der Gemarkung (s. Besitz und Blücher). Der Name findet sich als Rens, Renz als den Flusslauf Rögnitz 
begleitender Flurname in Tripkau, Pinnau, Laave, Zeetze, Gutitz, Stapel und Rosien. Als Rense findet er sich in der nahen mecklenburgischen 
Landschaft zwischen Pritzier und Blücher auf den nördlich die Sude begleitenden Wiesen. Der Name wird nach Kühnel von altsl. resa – 
Weidenkätzchen abgeleitet. Die so bezeichnete Landschaft besteht aus Wiesen und Bruchwäldern. In der Rense wird zwischen Vördelst Rens und 
Hinnelst Rens unterschieden Die Grenze wird durch ein Gehölz markiert, das ebenfalls den Namen Rense trägt.
12. Reservat für Tessin							   Clasen/Mumm 1880
Eintrag in der Karte von 1880 für Wiesen in der Rense nahe der Grenze zu Besitz in der Vorderen Rense. Die Tessiner haben diese Flächen noch 
in den 1950er Jahren genutzt. 
13. Reservat für Bengerstorf						  Clasen/Mumm 1880
Eintrag in der Karte von 1880 für Wiesen in der Rense an der Grenze zu Besitz in der Hinteren Rense. Im Jahre 1868 war diese Fläche als zur 
Eigentumsparzelle 2 gehörig bezeichnet worden.
14. Rensgraben									      überliefert
Entwässerungsgraben der Rense, der ebenfalls etwa die Grenze zwischen der Vorderen und der Hinteren Rense markiert.
15. Heuweg								                überliefert, FK 1954
Weg in die Rense, die überwiegend zur Heugewinnung genutzt wurde.
16. Kösterbusch                                                               Müffelmann 1868, Clasen /Mumm 1880
Wiesen, heute teils Acker, am nördlichen Rand der Rense. Historisch sind auch die Flurnamen Köster Ohrt (siehe Nr.20) und Köster Camp (siehe 
Nr. 27) zu finden. Diese deuten bereits auf Ackernutzung, jedoch in anderer Lage, hin (Kamp = Feld, Ort, Ohrt = Acker, aber auch Rand, 
Spitze).
17. Börnkuhl									    überliefert, LV 1709
Kleingewässer am Kösterbusch, das wohl zum Tranken (börnen) des Weideviehs genutzt wurde.
18. Der Pocher Steig von Blücher nach Dersenow			                      Wiebeking 1786
Dieser Eintrag für einen südlich des späteren Kirchsteiges verlaufenden Steig ist kaum zu deuten.
Im Schlagregister LV 1709 sind folgende Flurnamen aufgeführt, die sich nicht eindeutig lokalisieren lassen:
Erster Schlag: Daß Land bey die Schäfferey Kuhlendorff
Vermutlich nördlich des Kirchsteiges belegen.
19. Kamp achtern Stüde								         LV 1709
Der häufigere Flurname Stüde bedeutet nach WOSSIDLO/TEUCHERT Gebüsch, Gesträuch oder aber er ist slawischen Ursprungs von altsl. studu für 
kalt. Es handelt sich also um kalten, damit feuchten Grund wahrscheinlich an den Wiesen nahe der Blücherschen Scheide.
20. Köster Ohrt									         LV 1709
Dieser Acker wird vermutlich an der Blücherschen Grenze beim Pfarracker gelegen haben. 
21. Dersenower Kirchweg								         LV 1709
Siehe Nr. 3.
22. Beym Scheide Post								         LV 1709
Post = Pfosten. Hier scheint es bereits eine Grenzmarkierung – wahrscheinlich zum Rittergut Blücher - gegeben zu haben.
23. Kurtze Stücke									         LV 1709
24. Lange Stücke									         LV 1709
25. Krümpel Land im Stüde							         LV 1709
Krümpelland deutet immer auf den krummen Verlauf der Ackerstreifen hin.
Zweiter Schlag: rechts des Dersenower Kirchweges (in Richtung Dersenow gesehen, folglich südlich des Weges)
26. Börn Kuhl Kamp									         LV 1709
Die Börnkuhle (Tränke) ist auf dem Messtischblatt von 1881 an der Grenze des Kösterbusches zur Heide zu erkennen.
27. Köster Kamp									         LV 1709
Vermutlich handelt es sich um einen Kamp am Kösterbusch (Nr.16).
Dritter Schlag:
28. Auffen Langen Camp								         LV 1709
Der Schlag könnte nach den Darstellungen in der Wiebeking-Karte von 1786 nördlich des Dersenower Kirchweges, östlich Alt Kuhlenfeld bis an 
den Postweg gelegen haben. Dort befindet sich ein langer Ackerstreifen.
Vierter Schlag:
Der Schlag dürfte südlich Alt Kuhlenfeld gelegen haben (siehe Alte Hausstätte und Alte Stallstätte, Nr. 35 und 36).
29. Heidt Landt									         LV 1709
„zum Renße hinunter“
30. Kurtze Stücke bis an das Heidtmohr						         LV 1709
31. Das Heidtmohr									         LV 1709
Das Heidemoor wird vermutlich eine durch Schafe beweidete Fläche gewesen sein.
32. Lange Stücke vom Kirchweg							         LV 1709
33. Auffen Aßmus Kamp								         LV 1709
Die Lage dieses sicher nach einer Person benannten Kampes ist nicht bekannt.
34. Krümpel bey der Heide								         LV 1709
Zum Flurnamen siehe Nr.25.
35. Auf der ohle Stal Stede								         LV 1709
Die alte Stallstätte und die alte Hausstätte (Nr.36) werden auf ein früheres Gehöft hinweisen. Siehe auch den Flurnamen Neddelst Hoff (Nr. 
    6).
36. Alte Hausstätte									         LV 1709 Siehe Nr. 35.			
Fünfter Schlag:
37. Alter Heidt Kamp								         LV 1709
Möglicherweise nördlich des Postweges an den Grenzen zu Blücher, Tessin und Dersenow gelegen.
Der Schafdamm wurde erst um die Wende zum 20. Jahrhundert gebaut, als Besitz eine kurze Verbindung zum Bahnhof Kuhlenfeld benötigte. Der Name 
wurde von Besitz her auf die Gemarkung Kuhlenfeld übertragen (siehe unter Besitz Nr. 37).