Rövershäger Geschichte(n)

Aus Ortschroniken
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Dem Pfarrer arg mitgespielt HG9

Als der Rövershäger Pfarrer am Sonntag, dem 5. Juli 1573, auf der Kanzel predigte, drang ein Trupp Reiter des damaligen Herzogs Johann Albrecht in das Pastorenhaus ein, raubte seine Bücher, Speck und Inventar. Anschließend brachen sie die Kirchentür auf, holten den Pfarrer von der Kanzel, mißhandelten und verspotteten ihn. Zuletzt nahmen sie mit Gewalt des Pastors Frau mit, die man später entehrt und mit durchschnittenem Hals fand. Die alarmierten Rostocker sandten den Reitern alsbald einen Trupp bewaffneter Knechte und Reiter nach. Einige Tage hatten die Suchtrupps die Heidedörfer durchstöbert, und es zeigte sich bald, daß ih Ehmkenhagen, am Südzipfel der Heide, eine Abteilunh herzoglicher Heckenschützen unter dem Befehl des Hauptmanns Leonhardt Siebdraht und des Rittmeisters Günthersberg Quartier bezogen hatte. Am Morgen des 7. Juli gegen 3.00 Uhr riß ein Trupp von 300 Rostocker Kriegsknechten die bezechten Marodeure aus dem Schlaf, und es kam zum Gefecht. Die Rostocker führten viele Gefangene weg, die beiden Hauptleute aber flohen in den Schutz der Stadt Ribnitz.

Anm.: Bei dem Pastor müßte es sich um Johann Grise gehandelt haben, obwohl die vorangegangenen im Ordelbok des Rostocker Niedergerichts festgehaltenen Ereignisse in Grises Aufzeichnungen keine Erwähnung finden.

Die Hexe Trina Benckens Aus Rostocker Niedergerichtsakten übertragen

"19. August 1584. Trina Benckens bekandt, wen sie ein geböthet, darauf ›unsteden‹ gewesen, so spreche sie: Drei möteden, drey böteden, der ein ist der vatter, der ander ist der sohn, der dritte wer der heilig geist. Wenn sie den Kindern den halß gezogen, so hette sie gesagt: Nein stich stedeloß, nein kindt vaderloß, sondern der heilig Cerst allein. Wenn sie den lebendigen wurm gebötet, so hette sie gesagt: der wurme sind 9, den blaen und grawen, den ecken, den stecken, den kellen, den schwellen, den riden, den spliten, den lopen und rondenden, du schalt dith blueth nicht suegen, diße knaken nicht gnaen, die sehnen nicht thanen, dein angel schal in diesem fleische stilstahn alß ich hab in mutterleib gestahn, und hette drumb geschlagen zehr und knobbelock. Wenn sie den zagen wegk gewiset, so hette sie gesagt: Diß fleischk solstu nicht bißen, diese knaken solstu nicht gnagen, dein munth sol4 stil sthan alß Christus am creutze stundt; und wen ers im munde gehebt, so hette sie gesagt: Die hillige viff wunden segen dir das alß aus dem munde. Auf Blocksberg sei sie auf einem Ziegenbock geritten mit den Worten: auf und davon und nergens an, auf und der nedder, umb der dritten stundt hir wedder. Auf dem Berge wäre ein Teich, drin stunde mitten ein roth mummelcken bloth, und wenn man das herauskriegen könnte, ›so muste der düfel drauf kein thunt mehr haben‹. Sie hätten nach der lulcken pfeiffe getanzt. Ferner habe sie den Satan gebadet, dazu Wasser gegen den Strom gefüllt, er sah aus wie ein Kind, der eine Fuß wie ein Gänsefuß, der andre wie eine Ochsenklaue, an den Händen hatte er Krowel. Einem habe sie ein goeth vor die Thür gegossen, ihm dann aber wieder gebötet und hatte gesagt: der gennig, der die es gethan, der benehm es dir wieder in der düfel nahmen und führe es in abgrundt der hellen. – Be- kandt, das sie Meister Clauessen dem zimmerman zugesagt, er solte bei seinem dienste zu Warnemünde wol pleiben, und sie hette ihm derenthalben gelehret, das er des morgens die hende waschen solte und sagen: Ich nehme wasser auf meine hende: Gott und die ware werde hillig lichnam kome my zu hulpe an meinem lesten ende. ich sach blöden 3 gesellen in allen seinen wapen, das alle meine viende schlapen und wesen doff und blindt. Solchs hette sie ihm wol vor 1/2 stige Ihar geleret, und er hette ihr wol ein par kannen bier davor gegeben. – Bekandt, das ein edelman ungefer vor 6 jaren zu sie gekommen und rath bei sie gesucht, das er verdorrete und verquene, den ehr hette ein krügersche verdacht, das ihm solchs angethan, den ehr ihr tochter beschlapen; do hette dies weib gesagt: Die Krügersche hette erde auß seinem fuethsparen genommen und in den Ramen gehenget und gedroget, nun solte ehr wieder erde nehmen auß der Krügerschen fuethsporen in aller † namen und in den rock hengen, so soltes dem weib bestahn und ihm vorgahn, davor hette ihr der eddelman gegeben 21 sch. lbs. Bekandt, das sie Hans Sauren zum Roverßhagen im Uberhagen, wen man nach Ribnitz zicht an die lincke handt, den pferden die füße gewaschen auf den donnerstag in aller düfel nahmen, das dieselbigen wieder gedien solten, die Quaiar hetten ihr das wasser gebracht, darnach hette Hans Saure das wasser bei einen dorenbuschk gegossen, die davon verdorret bei dem Sekenhause. – Sie habe einem Pferd, ›so twerschlaget gewesen‹, mit einem neuen Besen über den Leib gefegt, in aller † namen, und es wäre wieder aufgestanden. – Sie habe den Pferden Salz und Brod übergeworfen und den Satanas davon in Abgrund der Hellen gewiesen. – Endlich, das sie Peter Lüchten ein Poth zugerichtet, den er unter den sül vor der hußthür gegraben, das er guden dege krigen und sein broth wol verkeuffen solte."


Hundediebstahl am Heidekrug HG4

In den Erinnerungen des Stralsunder Bürgermeisters Bartholomäus Sastrow, geschrieben in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, findet sich folgende Geschichte: Nikolaus Smiterlow, der Sohn des Greifswalder Bürgermeisters Bertram Smiterlow, dazumal 27 Jahre alt, war für seinen nichtsnutzigen Charakter bekannt. Als er einmal nach Rostock reisen wollte und in Rövershagen zur Nacht blieb, kehrten im dortigen Krug auch einige Kaufleute ein. Einer von ihnen führte einen Jagdhund mit sich , der dem Smiterlow ins Auge stach. Als der Hund in den Krug lief, wurde er von dem Nichtsnutz ergriffen und heimlich festgebunden, um ihn zu behalten. Als die Kaufleute am Morgen aufbrechen wollten, vermißten sie den Hund. Nachdem sie das ganze Haus abgesucht hatten, fanden sie ihn bei Smiterlow und forderten ihn zurück. Davon ungerührt wollte der sein Pferd besteigen und mit dem Hund an der Leine davonreiten. Als der kaufmann ihm in die Zügel griff, zückte Nikloaus das Zündrohr und wollte iihn erschießen. Nach einem heftigen Handgemenge entriß der Eigenthümer des Hundes dem Smiterlow die Waffe und schoß ihm in den Schenkel. Den Hund zurücklassend, floh der Reiter zu Pferd in Richtung Rostock. Trotz der alsbaldigen Behandlung durch den Wundarzt war er kurz darauf des Todes. Der Kaufmann aber ritt seines Weges.

Industrieschule und erste Dorfbibliothek Mecklenburgs HG87

Im Jahre 1791 übernimmt der bis heute berühmte Forstmann Hermann Friedrich Becker die Verwaltung der Rostocker Forsten als Forstinspektor in Rövershagen. Die Zustände in diesem Dorf beschreibt er damals so: „Es gibt in diesem Ort 25 Einliegerfamilien. Sie hausen in langen Strohdachkaten. Diese Katen stecken voller Menschen, jede Einliegerfamilie hat ein ganzes oder halbes Dutzend Kinder. Die Betteleiist in den letzten Jahren zu einer wahren Landplage geworden. Die Dorfschaft wurde von Landstreichern geplagt wie der Hund von Flöhen.“ Senator Dr. Schröder, enger Freund Beckers, hatte für die Hansestadt Rostock eine Armenordnung durchgesetzt und eine private Armenanstalt eingerichtet. Die Landstreicher kamen ins Werkhaus und mußten ihr Brot verdienen. Wer nun den Bettlern etwas gab, machte sich strafbar. Der Rövershäger Forstinspektor eiferte ihm nunmehr auf dem Lande nach, gründete eine ländliche Armenanstalt und ließ bei jeder Bettelei drastisch eingreifen. In der folgenden Zeit lauerten dem Forstmann wiederholt Landstreicher auf, die sich für die Verfolgungen rächen wollten, aber Becker als guter Schütze vermochte es stets, sich ihrer zu erwehren. Im Jahre 1798 verbündete er sich mit dem Pastor des Ortes und richtete zwei Industrieschulen ein. In seinem schriftlichen Nachlaß findet sich dazu folgende Bemerkung: „Aber ich versuche, den armen Leuten auf meine Art zu helfen, sie herauszureißen aus ihrem Stumpfsinn. Was tun die Männer nach Feierabend? Sie rauchen schlechten Tobak, verpesten damit die Luft der engen Stube und schlafen ein. Mit den Frauen und Mädchen ist es nicht viel besser. Kaum eine versteht einen guten Faden zu spinnen. Sie machen es so wie ihre Mutter, die es auch nicht verstand. Da habe ich nun für die armen Rövershäger Kinder zwei Industrieschulen eingerichtet, eine für Knaben, welche im Flechten und Holzpantoffel machen, später auch in der Leineweberei und Holzschnitzerei unterwiesen werden, und eine für Mädchen, denen man das Nähen, Stricken und Spinnen beibringt. Ich habe mir das zum Muster genommen, was im Halleschen Waisenhause erprobt wird und was kürzlich ein gewisser Pestalozzi in der Schweiz eingerichtet hat.“ Jahre später, 1844, richtete der bereits pensionierte Becker in Rövershagen die erste öffentliche Dorfbibliothek Mecklenburgs ein. Beim Rostocker Rat erntete er dafür nur wenig Verständnis.“