Ostseebäder Geschichte

Aus Ortschroniken
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Zusammenstellung von Themen, wie sich die Ostseebäder entwickelt haben.

Die Anreise erfolgte mit Dampfer oder Eisenbahn

Dampfer

Linien über die Ostsee im Jahr 1926


Dampfer auf Ostseelinien

Eisenbahn

Anfänge des Badewesens

Von den Anfängen der Seebäder in der Inselmitte

Wenn ein Ort eine Genehmigung erhielt ein Seebad zu eröffnen, musste sie oder die Betreiber als erste Investition ein Badehaus auf dem Strand errichten. Oft wurden diese Häuser, die auf Pfählen aus Holz errichtet wurden, Opfer von Stürmen. So berichtet der Lehrer Carl Koch, Koserow, dass die 1851 erbauten Badehütten bis auf den letzten Stumpf fortgerissen wurden und viele der Mut verließ weiter für ein Seebad zu wirken. Aber in allen Seebädern entlang unserer Küste fanden sich Menschen, die sich immer wieder dafür einsetzten, um eine neue Erwerbsquelle zu erschließen.

Man errichtete weit getrennt voneinander das Damen- und das Herrenbad, vorher gab es die Badekarren. Jahre später gab es dann das Familienbad. Die Entwicklung ging weiter. Es kamen dann die Badehütten, die Strandkörbe und heute die zusammenfaltbaren Strandmuscheln, um seinen Badeplatz zu dokumentieren, es sich bequem zu machen und die Sachen abzulegen.

Das Badeleben am Strand können wir uns nicht anders als so frei und ungezwungen vorstellen, wie wir es heute kennen. Aber wie war es vor über hundert Jahren in der Anfangszeit des Badebetriebes? Eine ansprechende Beschreibung liefert uns der Lehrer Carl Koch aus Koserow, der das „Seebad Coserow“ in seinen Anfängen in seinem Buch aus dem Jahre 1867 schildert:

„...Die Badeplätze sind durch eine entsprechende Entfernung, so wie es der Anstand erheischt, getrennt, und um Unglücksfälle, die durch zu weites Hineingehen in die See entstehen könnten, zu verhüten, mit Pfählen ausgeprickt, zugleich für Schwächliche noch Stricke zum Halten angebracht. In den von Brettern errichteten, verschließbaren Badehütten, die Vormittags, während der gewöhnlichen Badestunden geöffnet stehen, kleidet man sich aus und an. Ein kleiner Sitz, Tisch und Spiegel, ein Stiefelknecht, eine Waschwanne und ein Riechel zum Aufhängen der Kleider sind das Geräthe dieser kleinen Gebäude. Der Bademeister im Herrenbade und die Badefrau im Damenbade haben die Bedienung zu verrichten, die Badewäsche zu trocknen und aufzubewahren, solchen aber, die nicht damit versehen sind, Wäsche gegen eine mäßige Taxe zu vermiethen.

Am besten und jedenfalls am billigsten wird man dabei fortkommen, wenn man sich die Badewäsche selber hält, die aus einem weiten wollenen Bademantel und einigen groben Handtüchern besteht, deren raues Gewebe die wohlthätige Reaction sehr befördert. Manche erfahrene Hydropathen bringen auch große leinene Tücher mit, die nicht wenig zum Comfort des Bades beitragen. Der Bademantel, gefertigt aus groben Flanell, ohne Aermel, den man sich nach dem Auskleiden und wenn man aus dem Wasser kommt, überwirft, muß so weit und faltig sein, daß er vorne weit übergeschlagen werden kann. Am Hals muß er mit einem großen Knopfe, nicht mit Bändern zugemacht werden können. In Ermangelung eines Bademantels bedient man sich statt dessen auch wohl eines leinen Lakens. Das Baden in Kleidern ist durchaus schädlich, vermindert den Wellenschlag, verhindert ein schnelles Abtrocknen und Ankleiden und giebt sehr leicht zu Erkältungen Anlaß.

Gewiß geschieht kein Verstoß gegen die Sittlichkeit, wenn Männer von Männern, Frauen von Frauen beim Baden, wo jeder mit sich selbst und den Wellen zu beschäftigt ist, als daß er nach Anderen zu schauen Zeit und Lust hätte, Kopf und Schultern zu sehen bekommen, denn der übrige Körper ist vom Wasser bedeckt. Es hat weit mehr Annehmlichkeiten, sich frei und ungehindert in dem Ocean bewegen zu können, und die züchtigsten Frauen haben bald nachdem sie andere Damen auf diese Weise baden sahen, keinen Anstoß darin gefunden, sich ganz entkleidet der See hinzugeben.

Ein buntes Leben und Treiben entfaltet sich in den Vormittagsstunden auf den Badeplätzen. Hier wird eine junge Anfängerin von der Badefrau in die See getragen und trotz ihres ängstlichen Hilferufens unbarmherzig geduckt. Ehe sie die Zeit hat sich von dem verschluckten Salzwasser zu erholen und das in der Nase befindliche Wasser auszuschnaufen, kommt schon eine zweite Welle und eine dritte. Man bedaure sie nicht, denn der erste Schreck ist vielleicht überwunden, und morgen wird sie dann kaum die Badezeit abwarten können.

Auch das erbärmlich schreiende Kind beklage man nicht, welches die Badefrau am Arm fasst und durch freundliches Zureden der salzigen See entgegenführt. Es schlägt mit Händen und Füßen um sich und will zur Mutter zurück, die am Ufer steht und von da aus die ganze wichtige Operation leitet; vergebens, denn der Arzt hat es befohlen. ..... Dort sieht man einen munteren Kreis junger Mädchen in übersprudelnder Lebenslust Nixen und Tritonentänze aufführen.....

Für die Benutzung des Badeapparates und seine Bequemlichkeiten, für die Dienste des Bademeisters oder der Badefrau zahlt man an die Badekasse für ein einzelnes Bad den mäßigen Preis von 1 ½ Sgr.

Will indeß Jemand die Badeanstalt nicht benutzen und wohlfeiler und einfacher baden, der steckt sich ein Handtuch in die Tasche, geht etwas weiter, östlich am Strande hinaus, benutzt den Strand als Toilettenzimmer und zahlt dafür – nichts.“ Diese Art hat sich, wie wir sehen dann durchgesetzt. Die Ansichtskarten zeigen leider nur die äußere Ansicht der Badehäuser. So ein Badehaus war aber auch immer ein beliebter Fotohintergrund. Es gibt unzähliger Erinnerungsfotos auf den Treppen der Badehäuser.

In dem Büchlein ist vieles festgehalten, was sonst längst in Vergessenheit geraten wäre. So werden Verbindungen gesucht und dargelegt, wie Kulthandlungen aus der vorchristlichen Zeit in der christlichen Zeit Wandlungen unterworfen wurden.

„ ..Im Heidentum brachten die Menschen eine Gabe dem Gewässer freiwillig dar. Als die Franken im Jahre 539 den Po überschritten, opferten sie dem Wasser dieses Flusses die Weiber und Kinder der Kriegsgefangenen. Die Alemannen brachten an den Strudeln der Flüsse Pferdeopfer dar.

In der Schweiz pflegt man noch heute den Seen, Brunnen und Quellen an bestimmten Tagen Brot, Früchte und Blumen darzubringen. In ähnlicher Weise pflegen die Badegäste im Seebad Kolberg noch bis in die neuere Zeit hinein beim ersten und letzten Bad Blumen ins Meer zu werfen.

Kinder boten am Ufer zu diesem Zwecke kleine Sträußchen feil. In Swinemünde pflegten früher die in der See badenden Frauen, wenn sie das letzte Bad genommen hatten, einen Kranz ins Meer zu werfen; nahm die See ihn mit fort, so war das ein Beweis, dass das Leiden nicht wiederkehrte.....“

Amtsspeigel 03/2004