Kurzgeschichte(n) "Von Tessin nach Japan" Wilfried Steinmüller

Aus Ortschroniken
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Von Tessin nach Japan Gleich zwei Autobahn-Abfahrten sorgen dafür, dass der Verkehr durch das beschauliche Städtchen (oft zum Leidwesen der Stadtbewohner auch die Fernfahrer mit ihren großen Trucks) kräftig rollt. Ein Besuch und tieferer Blick in das romantische, geschichtsträchtige Tessin und seine malerische Umgebung lohnen sich. Ein Slawe namens „Tesa“ soll im Mittelalter Namenspatron für die fast 700 Jahre alte Stadt gewesen sein. Ob er an der „Burgstelle“ unweit des Flusses Recknitz in der Burg der Slawen (an der jetzt gerade die „Tessiner Südsee“ entsteht), oder in der frühdeutschen Burg auf dem Mühlenberg gelebt hat, wissen die Chroniken nicht zu berichten. Jedenfalls galt es hier einst die Flussübergänge durch die Recknitzmoore zu beschützen. Noch vor Beginn des Dreißigjährigen Krieges hielt sich der angesichts seiner Trunk- und Raufsucht berüchtigte Herzog Adolf Friedrich I. wiederholt in Tessin auf. In seinen persönlichen Aufzeichnungen schildert er die Folgen eines Zechgelages in der Stadt für zwei seiner engsten Berater: „..daß sie sich miteinander gerauft vor Tessin auf der Vogelstange und Gefolgsmann Rosen den Rat Passow durch und durchgestochen, also das Passowen die Klinge im Leib abgebrochen und hat er nach dem Stich noch eine Stunde gelebt.“ Zu Beginn des 18. Jahrhunderts hielt einzig das Städtchen Tessin bis zum bitteren Ende zu seinem Herzog Carl Leopold, der versuchte gegen die Ritterschaft, den Politik bestimmenden Landadel, und mit der Unterstützung Zar Peters des Großen, ein absolutistischer Landesfürst zu werden. So zog Bürgermeister Koppehl mit 10 Tessiner Getreuen 1733 nach Schwerin zur Hilfe. Sie kamen zu spät und mussten sich schließlich für 3 Jahre ins Ausland flüchten, bis Koppehl sich wieder auf den Tessiner Bürgermeisterstuhl setzen durfte. Sein späterer Amtskollege Tiedemann regt da angesichts einer überlieferten Anekdote um 1885 eher zum schmunzeln an: „Die Fenster der Amtsstube sind geöffnet. Deutlich sind die Anweisungen des Bürgermeisters Tiedemann an den Stadtdiener zu hören „Sie haben heute bekannt zu geben die Angelegenheiten wegen der Ferienkinder und des auf den Straßen liegenden Dungs vor den Ackerbürgerhäusern !“ Bald darauf lässt der Diener in den Straßen seine Ausruferglocke schallend ertönen und verkündet mit betont amtlicher Stimme: „Der Herr Bürgermeister gibt bekannt: Erstens: Alle, die Kinder haben wollen, müssen sich noch in dieser Woche bei dem Herrn Bürgermeister melden. Zweitens: Wenn die auf der Straße liegenden Misthaufen nicht bis morgen Abend abgefahren sind, wird sich der Herr Bürgermeister mal persönlich dazwischen legen.“ Berühmte Mecklenburger sind in Tessin geboren. Ob Paul Moennich der als Physiker, Erfinder und Kunstmaler zu Ruhm gelangte, oder Heinrich Lange, der einst mit seinen historischen Bestseller-Romanen mecklenburgische Geschichte zum Leben erweckte. Bis heute bedeutendster Sohn der Stadt ist sicher Julius Simon, der vor rund 140 Jahren im Zuge der Öffnung des japanischen Kaiserreiches, zu den Wegbereitern deutsch-japanischer Handelsbeziehungen gehörte. Er unterhielt in Yokohama und Kobe ab 1862 Handelshäuser und seine in Hamburg angesiedelte Reederei „Simon, Evers & Co“ spielt noch in unseren Tagen eine wichtige Rolle im Ostasienhandel.