Karl Boldt "Zur Ortsgeschichte 700 Jahre Dierhagen" aus der Festschrift "1311 - 2011 OSTSEEBAD DIERHAGEN" 2011

Aus Ortschroniken
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Vorbemerkung:

Die nachfolgende Chronik wurde von Mitgliedern der Arbeitsgruppe Dörpgeschicht der Gemeinde Ostseebad Dierhagen hier in das Portal eingestellt.

Es handelt sich dabei um das Original von Karl Boldt, Ehrenbürger der Gemeinde Ostseebad Dierhagen.

Für den Abdruck in der Festschrift wurde diese 2011 geringfügig redaktionell bearbeitet.

Status 31.10.2022: noch in Bearbeitung


700 JAHRE DIERHAGEN

Die Entstehung Norddeutschlands

Vor ca. 10 000 Jahren formte die letzte Eiszeit Norddeutschland und so auch das Küstengebiet, auf dessen Areal Dierhagen liegt. Das Binnengewässer, der Bodden, gehörte zum Recknitzdelta. Die heutige Halbinsel „Fischland-Darß-Zingst“ war durch mehrere Mündungsarme der Recknitz in drei Inseln geteilt. Die Mündungen sind durch Menschenhand, aber auch durch die Natur zerstört worden, so dass die Halbinsel in ihrer jetzigen Form entstand. Durch Überflutungen, die in einigen Phasen einsetzten, füllte sich die Fläche des heutigen Boddens mit Wasser, so dass die hier bereits entstandenen Siedlungen aufgegeben werden mussten.

Es gibt Zeugen dieser frühen Besiedlungen. Auf der Dierhäger Feldmark sind Geräte und Werkzeuge aus der mittleren Steinzeit gefunden worden, hergestellt aus dem hier häufig vorkommenden Feuerstein, der auch Flintenstein genannt wird. Der Feuerstein ist ein sehr hartes Material, das gut spaltbar ist. Die Spaltstücke weisen scharfe Kanten und Schneiden auf.

Von dieser Dierhäger Feldmark hatte die Dierhägerin Ida Alm in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts eine große Anzahl steinzeitlicher Werkzeuge zusammengetragen. Die Sammlung ist leider am Ende des Zweiten Weltkrieges teilweise zerstört worden. Der Rest des Fundus wurde von der Enkelin der Sammlerin einem Rostocker Museum übergeben.

1961 wurde nördlich des Dierhäger Hafens, ca. 70 Meter vom Ufer entfernt, Boden für den Deichbau ausgebaggert. Mit dem Baggergut kamen schwarze Feuersteine an Land, darunter mittelsteinzeitliche Geräte, wie Kern- und Scheibenbeile, Klingen, Schaber, Pfeilspitzen und zahlreiche Abschläge. Auch hieraus ist zu entnehmen, dass die Wasserfläche des Boddens vor 5000 bis 7000 Jahren Festland gewesen sein muss. Die meisten Fundstücke übernahm das damalige Heimatmuseum Ribnitz-Damgarten. Die Fundstücke weisen auf Siedlungen mittelsteinzeitlicher Menschen hin. Funde aus der Bronzezeit sind in Dierhagen nicht gemacht worden. Auch wurden keine Urnenfelder in der Gegend von Dierhagen gefunden, wobei diese auch im Zuge des Küstenabtrags von der Ostsee „verschlungen“ worden sein könnten.

Im 6. Jahrhundert wurden die norddeutschen Gebiete von den Slawen, auch Wenden genannt, besiedelt. Sie ernährten sich vorwiegend von der Jagd und vom Fischfang. Die großen Wälder und die vielen Seen boten gute Gelegenheit dazu. Ackerbau wurde nur im geringen Maße betrieben. Im östlichen Teil unserer Region wurden die Wilzen sesshaft, die sich in mehrere Stämme gliederten. Die nördlichste Gruppe waren die Kessiner (Fischhüttenbewohner), deren Ausbreitungsgebiet im Osten an der Recknitz endete. Die slawischen Einzelstämme wurden zu einem Gesamtverband zusammengeführt - nur so war es möglich, einen Staat unter einer monarchistischen Führung zu bilden.

Einer der herausragenden slawischen Fürsten war Niklot, der 1160 im Kampf gegen Heinrich den Löwen, den Herzog von Sachsen und Bayern, fiel. Die Regentschaft von Mecklenburg übernahm nunmehr Heinrich der Löwe.

1167 erhielt Obodritenfürst Pribislav die Regentschaft (außer Grafschaft Schwerin) als Vasall des sächsischen Herzogs Heinrich des Löwen zurück und nahm den christlichen Glauben an.

Der traurige Zustand des Landes im Ergebnis der andauernden kriegerischen Ereignisse machte eine Neukultivierung und den Zuzug deutscher Kolonisten erforderlich. Sie besiedelten ab 1200 auch das Ribnitzer Gebiet. Ribnitz war ursprünglich eine slawische Siedlung (ryba, riba = Fisch). Die Siedler, die in den Nordosten Mecklenburgs kamen, stammten aus den übervölkerten Gebieten in Westfalen, Friesland, Niederrhein und den Niederlanden. Die noch heute in Dierhagen vorkommenden Familiennamen Fehling und Westphal weisen auf ihre Herkunft aus Westfalen hin. Obwohl in Überlieferungen immer behauptet wird, dass es eine Familie Fretwurst war, die den Ort Dierhagen gründete.

Es kam im Laufe der Jahrhunderte zu einer Verschmelzung der Stämme der Wenden und der Neusiedler, es entstanden die Mecklenburger westlich der Recknitz und die Pommern östlich der Recknitz.

Die Ersterwähnung von Dierhagen und die Zugehörigkeit zum Kloster

Dierhagen wird als Deerhagen am 16. August 1311 in einer Urkunde erstmalig genannt. Darin bestätigt der Dänenkönig, der im Besitz der Herrschaft Rostock war und deren Grenze bis an die Recknitz reichte, der Stadt Ribnitz, dass ihre Waldungen bis zur Grenze von „Deerhagen“ reichen. Bei Historikern gilt der Tag der Ersterwähnung eines Ortes als dessen Gründungstag.

Fürst Heinrich II. von Mecklenburg erhielt 1323 die Herrschaft Rostock zu erblichen Lehen. Im selben Jahr stiftete er in Ribnitz ein Nonnenkloster. Die Gemahlin Heinrichs schenkte dem Kloster 1327 das Dorf Dierhagen und den abseits gen Dändorf liegenden Hof Klein Dierhagen mit dem Gestüt. Die Dierhäger waren damit dem Kloster verpflichtet, sie mussten dem Kloster Abgaben leisten. Von 1324 bis 1327 waren beide Orte an einen Herrn von Moltke verpfändet.

Die Bezeichnung Dier“hagen“ weist auf einen ehemals umfangreichen Waldbestand hin, der zur Anlage der Siedlung gerodet wurde (Rodungssiedlung). Konkret wurden vom Wald abgegrenzte Stücke mit „hagen“ bezeichnet.

In einer Erklärung vom 20. Juni 1549 bekräftigt der Landesherr den Übertritt zum evangelisch-lutherischen Glauben. Hierbei wurde das bestehende Klostergut eingezogen und unter herzogliche Verwaltung gestellt. Die Stände, das heißt der Adel und die großen Städte, erhoben auch Anspruch auf den frei werdenden Besitz mit der Begründung, dass auch sie zur Stärkung der Kirche erheblich beigetragen hätten. Allein der klösterliche Besitz in Ribnitz wurde vorerst nicht übergeben, da die Äbtissin sich hartnäckig weigerte, den katholischen Glauben aufzugeben. Sie starb 1586. Die Verhandlungen schleppten sich bis 1599 hin, bis dann am 6. Dezember die Übergabe des Klosters Ribnitz an die Stände erfolgte.

Der Besitz des Klosters ist in Inventarien von 1595 und 1620 festgehalten. 1595 wird das Gestüt in Klein Dierhagen noch erwähnt. Es wurden 52 Stuten und zwei Hengste gehalten. 1620 wird das Gestüt nicht mehr genannt. Es ist Ende des 16. Jahrhunderts eingegangen. Genannt wird dafür der Hof Klein Dierhagen, auf dem ein Pächter Ackerbau und Viehzucht betrieb. In Groß Dierhagen werden 22 Anwesen aufgeführt, die von Großfamilien bewohnt wurden. Diese Großfamilien ernährten sich von der Viehzucht, dem Ackerbau und dem Fischfang. In den genannten Inventarien werden die Anzahl des gehaltenen Viehs, die Größe der Gebäude und die Einfriedung der Hofstellen aufgeführt. Genannt sind auch die Gärten, die mit „Kohlhoff“ bezeichnet werden. Erwähnt wird, dass am Ende des Dorfes die Kapelle steht.

Wenige Jahre nach der Überlassung an die Stände begannen die Bemühungen der Landesfürsten, den Besitz des Klosters Ribnitz zurück zu gewinnen. Eine Einigung über den Rückkauf konnte erst im Jahre 1669 erzielt werden. Der Landesherr Christian Ludwig I. kaufte Groß- und Klein-Dierhagen zurück. Dierhagen war nun herzogliches Amtsdorf. Herzoglicher Verwalter war der Amtshauptmann in Ribnitz. Dem unterstand der Dorfschulze, der für die Verwaltung des Dorfes verantwortlich war.

Der Pächter vom Hof Klein Dierhagen bekam Schwierigkeiten, er musste den Hof 1675 aufgeben. Im selben Jahr pachteten die Dierhäger Hauswirte (so wurden die Bauern genannt), gemeinsam den Hof für drei Jahre. Der Vertrag ist immer wieder verlängert worden bis zur Regulierung der Feldmark am Anfang des 19. Jahrhunderts.

In einem Beichtkinderverzeichnis Dierhagens aus dem Jahre 1704 vom Kirchspiel Ribnitz werden 92 erwachsene Bürger genannt, die in Großfamilien auf den bereits 1620 genannten 22 Gehöften lebten. Dierhagen hatte sich bis dahin also nicht wesentlich verändert.

Die Entwicklung des Dorfes im 18. und 19. Jahrhundert

Begünstigt durch einen herzoglicher Erlass, der die Einrichtung kleinbäuerlicher Betriebe, der Büdnereien, gestattete, erlebte Dierhagen im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts einen erheblichen Zuwachs an Gebäuden und Bevölkerung. So ist überliefert, dass sich der Schiffer Christow Fehling 1785 ein massives Haus mit einem „duwellten Tungendach“ (Biberschwänze) baute. Am Ende des 18. Jahrhunderts gab es in Dierhagen 18 Bauernhäuser und 34 Büdnerhäuser. Das Schulhaus war schon vorhanden und die Kapelle. Die Gebäude waren als Fachwerkhäuser aus Balken, Lehmwänden und Rohrdächern gebaut. Nach dem Jahr 1800 wurde mit dem Bau des Binnendeiches begonnen. Das Dorf und die Feldmark mussten vor den Überflutungen, die das Hochwasser des Boddens in Abständen verursachte, geschützt werden. Diese Maßnahme war nötig, weil die Dierhäger Feldmark reguliert werden sollte. Darunter ist zu verstehen, dass zu jedem Bauern- und Büdnergrundstück die gleiche Fläche zugeordnet wurde. Die Abgaben an das Herzogliche Amt konnten nun gleichmäßig erfolgen. Es gab 13 Bauernstellen, die alle bewirtschaftet wurden und 102 Büdnereien, von denen bis 1859 83 gebaut waren. Die restlichen Grundstücke sind später bebaut worden. Zu einer Büdnerei gehörte ein Garten, ein Acker, 2 Wiesen und Weideberechtigkeit für eine Kuh auf einer Gemeinschaftsweide. Eine Büdnerei bildete für eine Familie die Ernährungsgrundlage. Der Schulze im Ort (Bürgermeister) konnte als Vergütung für seine Tätigkeit ein Stück Acker, den Schulzenacker, und eine Wiese, die Schulzenwiese, der Lehrer den Schulacker und die Schulwiese und der Küster den Küstenacker nutzen. Die Hebamme konnte eine Wiese nutzen. Ein vorhandenes Lehmvorkommen war für alle zugänglich, die den Lehm als Baustoff gebrauchten. Das Großherzogliche Amt Mecklenburg war seit 1815 Großherzogtum, wollte mit den Besitzern der Hufen und Büdnereien Erbschaftsverträge abschließen, es sollte ein Kanon bezahlt werden. Die Vereinbarungen wären geregelt gewesen. Die Vereinbarung war, dass jeder seinen Besitz verkaufen konnte, die Landesherrschaft blieb Eigentümer der Grundstücke. Der landesherrschaftliche Besitz wurde 1918 Eigentum des Staates. Gegen eine finanzielle Leistung der Besitzer wurde die Erbpachtvereinbarung aufgehoben. Am 10. August 1859 brach kurz nach Mittag auf einem Gehöft ein Feuer aus. Kinder hatten mit Feuer gespielt. Das Feuer griff schnell um sich. Es vernichtete in zwei Stunden 10 Bauerngehöfte und 42 Büdnereien. Der größte Teil, der sehr guten Ernte, wurde fast vollständig vernichtet. In einem Brief, den der Lehrer des Ortes an den Großherzog sandte, wurde der Hergang des Brandes genau geschildert. Der Großherzog war herbeigeeilt, mit besorgter Miene sagte er zum Dorfschulzen: „Hier kriegen wie kein Dörp wedder hen“, worauf der zuversichtliche Schulze antwortete: „ja wie kriegen hier ein wedder hen“. In dem Bericht teilt der Lehrer mit, welche Maßnahmen ergriffen wurden, damit die Not der Betroffenen gelindert wurde. Die Geschädigten wurden alle von denen, die nicht von dem Unglück betroffen waren, untergebracht. Eine Kommission aus drei Einwohnern wurde berufen, die über alle anfallenden Probleme Entscheidungen treffen mussten. Für das Vieh wurden Gemeinschaftsställe gebaut, zum Schutz für den nahenden Winter. In Mecklenburg war eine Spendenaktion angelaufen, die die Not der Betroffenen linderte. Vernichtet waren fast alle Vorräte an Lebensmittel, das Futter für das Vieh und das Saatgut. Nachdem die Spuren des Brandes beseitigt waren, begann der Wiederaufbau des Dorfes. Amtshauptmann Koppe aus Ribnitz leitete den Wiederaufbau. Das Dorfbild wurde total verändert. Vorher waren alle Häuser wirr durcheinander gebaut. Es entstand ein Straßennetz mit geraden Straßen. Die verschonten Häuser wurden im neuen Straßenbild eingebunden. In den neuen Straßen wurden die Fußsteige durch Baumreihen von den Fahrbahnen abgegrenzt. Die neuen Wohnhäuser wurden massiv gebaut. Die Bauernhäuser wurden an der südlichen Seite des Dorfes im Still eines niedersächsischen Hallenhauses in einer Reihe errichtet. Das waren Fachwerkhäuser mit Rohrdach. Aus dem Unglück, das der Brand verursachte, war in wenigen Jahren ein schöneres Dorf entstanden. Die Not, die die Einwohner erlitten , hatte durch den Neuaufbau etwas positives für den Ort gebracht.


Die Erwerbszweige der Dierhäger

Die Landwirtschaft

Für die Siedler im 13./14. Jahrhundert mag es nicht einfach gewesen sein, in einem bisher unerschlossenen Gebiet, neu anzufangen. Es wurden Flächen gerodet, Unterkünfte geschaffen, Felder angelegt. Die Erträge der einfachen Böden reichten aber kaum zur Eigenversorgung. Schwierig war es auch, Vorräte für den Winter anzulegen. Getreide war das wichtigste Nahrungsmittel – Roggen zum Brot backen, aus Hafer wurde Brei gekocht und aus Gerste Grütze für die Tiere. Reichten die Ernteerträge nicht aus, wurde das Vieh im Winter in den Wald getrieben und musste dort sein Futter suchen.

Die Inventarien des Klosters Ribnitz geben Auskunft über die Größe des Ortes Dierhagen und über die Anzahl des gehaltenen Vieh's, die Größe der Gebäude, die Menge des benötigten Saatgutes und die Anzahl der Fuder Heu, die eingefahren wurden. Genannt werden auch der Kohlhoff (Garten) sowie die Umzäunung der Hofstellen, mit einem Hakel oder Aderzaun. Laut Inventarium von 1620 wohnen in Groß Dierhagen 22 Familien. Die wirtschaftlichen Verhältnisse eines der Gehöfte wird dabei wie folgt näher beschrieben. „Hans Gardener, der Schulze, gibt 12 ß 6 Pfg Pacht. Das Haus ist in 6 Gebinden. Vorn bei der Tür und Heck auf beiden Seiten, auch in beiden Seiten Ställe. In der Lucht 2 Glasfenster. Bei der kleinen Türe in der Abseite eine Stube mit 8 Tafel Glasfenster, mit Lehmwänden und Wickelboden. Dabei ein Backofen, eine Kammer von 3 Gebinden, ein Stall umher mit Lehmwänden unter einem ziemlichen Dach. Das Holz und Ständerwerk am Haus, Wände und Dach sind gut. Bei dem Haus ein Stall mit 3 Türen; umher geklemet und die Ställe mit Lehmwänden unterscheiden; unter einem guten Strohdach. Ein Torf und Heuschober; beide auf Stützen; umher gezäunet. Unter ziemlichen Dach. Hinten und vorne ein Hakelwerk. Ein Kohlhoff umzäunet. Ein Sod. An Viehe: 6 Pferde, 14 Häupter Rindvieh, darunter 6 Milchkühe, 4 Schafe, 5 Faselschweine, 4 in der Mast, 5 Gänse, 10 Hühner. Kann 10 Scheffel aufs höchste säen. Kann 4 Fuder Heu werben.“

Bezogen auf den hohen Pferdebestand ist zu erklären, dass die Tiere nicht so leistungsfähig waren wie heute. Das Gestüt von Klein Dierhagen wird 1620 nicht mehr genannt, es ist zu einem Hof , der von einem Pächter bewirtschaftet wurde umstrukturiert worden. Der Pächter bekam Schwierigkeiten, den Hof musste er aufgeben. Die Bauern aus Dierhagen pachteten die Felder und Wiesen, bis zur Regulierung der Feldmark im 19. Jahrhundert. Die Gebäude, sie wurden nicht mehr gebraucht, sie sind abgerissen worden. Über den Hof sind wirtschaftliche Verhältnisse bekannt. Die Anzahl der Rinder betrug 120, es wurden ca. 50 Fuder Heu eingefahren, soviel wie im Dorf. Das ausgesäte Getreide übertrifft in seiner Menge, dass von den Dierhägern ausgesäte erheblich, (etwa 340 zu 140 ) Scheffel. Aus den Daten ist zu sehen, dass die Dierhäger durch die Pachtung ihr Areal verdoppeln konnten. Gering war der Ertrag einer Kuh, im Jahr brachte sie 18 kg Butter. Schweine konnte nur wenige gehalten werden, dass Futter für die Schweine waren Eicheln und Getreide, es war nicht reichlich vorhanden. Die Kartoffeln wurden in Dierhagen erst am Ende des 18. Jahrhunderts angebaut. Es wurden mehrere Schafe gehalten , aus der Wolle wurde Kleidung angefertigt. Der Lebensstandard der Bevölkerung erhöhte sich, die Einwohner vermehrten sich. Nach dem regulieren der Feldmark, durch der auch der Binnendeich entstand, wurden auf der Feldmark Gräben gezogen. Der Hauptgraben war durch ein hölzernes Sperrwerk zum Bodden verschlossen. Ein Windrad konnte Wasser aus dem Graben in den Bodden pumpen. Ein Teil des Ackers wurde nicht bestellt, es blieb als Brachland, das jährlich ausgewechselt wurde, liegen. Diese Wirtschaftsart blieb bis ins 20. Jahrhundert erhalten. Beackert wurden die Felder mit dem mecklenburgischen Hakenpflug. Ein Gerät, mit einem glatten Streichbrett, dass beim pflügen schräg gehalten wurde. Mit dem Hakenpflug konnten die leichten Böden gut bearbeitet werden. Am Anfang des 19. Jahrhunderts begannen die Landwirte ihre Felder mit dem Sturzpflug zu pflügen. Mit der Brachwirtschaft wurde aufgehört.

Verbessertes Saatgut und Kunstdünger brachten bessere Ernten. Das Getreide wurde Jahrhundertelang mit dem Dreschflegel gedroschen. Der Dreschflegel besteht aus einem starken Stiel an dessen Ende ein Klöppel beweglich befestigt ist. Zum Dreschen wurden die Garben auf den Boden der Scheune gelegt und dann mit dem Dreschflegel bearbeitet, bis alles Korn aus den Ähren „rausgeschlagen“ war. Die ab 1880 aufkommenden Dreschmaschinen und Häckselmaschinen waren die ersten technischen Geräte, die in der Landwirtschaft eingesetzt wurden. Angetrieben wurden die Geräte mit einem Göpel. Ein Göpel ist eine mechanische Vorrichtung zur Erzeugung einer Antriebskraft. Dabei gehen die Antreiber des Göpels, oft Pferde, im Kreis und drehen eine senkrecht stehende Welle. Riemen oder Wellen übertragen die Kraft auf die jeweiligen Arbeitsmaschinen. Ein aufwendiges Vorhaben, was allerdings eine erhebliche Arbeitserleichterung mit sich brachte. Der Göbel wurde nach 1923 von dem Elektromotor abgelöst.

Angeschafft wurden Schrotmühlen, Grasmäher, Drillmaschinen, Mähbinder und Gummiwagen.

Nach Fertigstellung der Chaussee nach Wustrow 19xx fuhren die Bauern die Milch zur Molkerei nach Wustrow. Die Milchablieferung diente als wichtige stetige Einnahmequelle.

Die bäuerliche Einzelwirtschaft existierte bis 1961. Den politischen Verhältnisse folgend, schlossen sich die Bauern zu Genossenschaften zusammen.


Das Vieh der Bauern wurde auf eine gemeinsame Weide getrieben, es wurde von einem Hirten gehütet. Die Gemeinschaftsweide der Bauern war nördlich des Badesteiges. Die Weide wurde später aufgeteilt. Jeder hielt sein Vieh separat in Koppeln. Die Kuhweide der Büdner war südlich des Badesteiges, sie reichte von den Dünen bis zum Acker des kleinen Haufs, das Moor wurde ebenfalls beweidet. Zu einer Büdnerei gehörten ein größerer Garten, ein Morgen Ackerland und zwei Wiesen. Die Erträge reichten aus, zur Ernährung einer Familie, zur Haltung einer Kuh und zwei Schweinen. Jeder Büdner hatte einen Bauern, der dass Land bearbeitete und alle Fuhrdienste ( Heu fahren, Holz fahren ), erledigte. Als Gegenleistung half der Büdner bei den Bestellung- und Erntearbeiten. Die Büdnerwirtschaft hat in der modernen Zeit gänzlich aufgehört. Die Äcker und Wiesen wurden den Bauern verpachtet.

Die Fischerei

Weil die Einwohner darauf angewiesen waren, zu ihrer Ernährung die Umwelt zu nutzen, wurden die großen Fischvorkommen in den nahen Gewässern, als Nahrung dringend gebraucht. Durch den großen Fischreichtum war es möglich, die Fische mit den einfachen Mitteln zu überlisten, um sie zu fangen. Die ersten Fanggeräte waren Geflechte aus Weidenruten, Binsen und Schilf, aus denen Wehre und Fangkörbe hergestellt wurden. Durch die Zunahme der Bevölkerung wurde es nötig, bessere Fangmethoden anzuwenden, Boote anzuschaffen, das Wegenetz zu verbessern. Aus dem Fischfang für die Eigenversorgung wurde ein Haupterwerbszweig der Dierhäger. In der Ostsee, am Dierhäger Strand standen zwei größere Reusen, die später verkauft wurden. Die Teihmannsrüs und die Twölfmannsrüs, es hat sich, so muss angenommen werden, nicht bewährt mit den Reusen zu fischen. Der Aufwand war sicher sehr groß, die Witterung hat mit sicherheit eine Rolle gespielt. In der Ostsee wurde auch mit Waden gefischt. Zu einer Wade gehörten eine Anzahl Männer, die die Besitzer der Wade waren. Dolberg berichtet, dass es bis 1850 sechs Waden in Dierhagen gegeben hat. Mit der Wade wurde von mitte März bis ende Juni gefischt. Fast die gesamte männliche Dorfschaft war daran beteiligt. Die Bauern beteiligen sich auch daran. Sie stellten auch die Fuhrwerke, mit denen die Fische im Land verkauft wurden. Die Wadenfischerei war Saisonarbeit, reichliche Fänge gab es, dann wenn die riesigen Fischschwärme zum Laichen in die Küstengewässer kamen. Für die Fischer war der Hering der wichtigste Fisch der gefangen wurde. Die teilweise riesigen Fänge wurden mit den Fuhrwerken, oft vierspännig bis Bad Sülze, Laage, Güstrow, auch noch weiter gefahren. Es kamen auch Aufkäufer aus Mitteldeutschland um die Fänge abzuholen. Auf einer Sanddüne, die noch Heute „ Rökerbarg“ genannt wird war ein Räucherhaus gebaut, in denen die Händler die Fische durch räuchern und salzen haltbar gemacht haben . Die würden ohne Haltbarmachung auf der Fahrt verderben. In der Ostsee wurden noch andere Fischarten gefangen: Dorsche, Flunder, Scholle, Lachs, Lachsforelle, Hornfisch und Aale. Diese wurden teilweise mit Netzen und Angelschnüren gefangen. Die Fänge wurden teilweise von Händlern aus Ribnitz aufgekauft. Fischhändler war auch der Dierhäger Jan Lehmus, der mit seinem Hundegespann die Fische in Ribnitz und Umgebung absetzte. Im Dünengebiet standen Fischerhütten, dei „ Olle Baud „ und dei

„ Niege Baud „ darin wurden die Geräte aufbewahrt, in den Pausen fanden die 

Fischer darin Unterkunft, die Hütten konnten auch beheizt werden. Zum Einholen der Waden mit ihren oft großen Fängen, wurden Winden, so genannte „ Windböken „ benutzt, mit deren Hilfe die Leine der Wade aufgerollt wurde. Mit den Winden wurden auch die schweren Strandboote auf Land gezogen. Die Fischerei der Dierhäger in der Ostsee hatte ihren Höhepunkt in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Sie nahm langsam ab. Am 17.12.1909 berichtet der Rostocker Anzeiger, „ In Dierhagen steht wegen des Rückgangs der Ostseefischerei kein größeres seetüchtiges Boot zur Verfügung“. In wirtschaftlich schlechten Zeiten, Inflation, Weltwirtschaftskrise, nach den beiden Kriegen lebte die Strandfischerei in Dierhagen kurzfristig wieder auf, wenn normalität eintrat, gingen alle in ihre Berufe zurück. Mit kleineren Geräten, Angelschnüren und Stellnetzen ist in der Ostsee in Abständen immer gefischt worden. Sie ist aber ohne Bedeutung. Der Fischfang am Bodden, war für die Ernährung der Dierhäger von großer Bedeutung. In der Zeit als noch keine Gespinstfasern gab, aus denen Garn zum Netze herstellen gefertigt wurde, mussten die Fische mit einfachen Mitteln überlistet werden. Auf überfluteten Flächen wurden durch Wehre, aus Geflechten von Weideruten und Schilf den Fischen den Rückweg versperrt, die Fische konnten ohne große Mühe gefangen werden. Aus diesen einfachen Materialien wurden die ersten Reusen gebaut. Aus Binsenbuschwerk, Weidenruten und Schilf wurde ein Wehr fest in den Seengrund gesteckt, dass Wehr war an einer Stelle unterbrochen, dahinter war ein Fangkorb gebaut, aus denen die Fänge entnommen wurden. Im Bodden war der Zander der beliebteste Fisch, es wurden auch Barsche, Brachsen, Hechte, Kaulbarsche, Plötze und Aale gefangen. Nach dem das Netzwerk aus Fasern hergestellt wurde, wurde das Fischen lohnender, weil größere Wassertiefen genutzt werden konnten. Zu einer Reuse werden mehrere Haselnussruten zu Reifen geformt, die mit Netzen umspannt werden. Am vorderen Teil bilden zwei Flügel einen Trichter, an dem die Fische entlanggleiten werden, bis in die Reuse, an deren Ende ein Gebilde ist, dass die Fische am entweichen hindert. Es gab auf dem Bodden noch andere Fangmethoden: zu bestimmten Zeiten wurde mit der Wade gefischt, es war das gleiche Gerät wie eine Wade, die in der Ostsee benutzt wurde, sie war aber kleiner. Sie wurden von zwei Booten ausgesetzt, von watenden Fischern gezogen. Es ist noch ein Grundschleppnetz zu nennen, die Zeese, sie wurde im Bodden in zwei Varianten verwandt, als so genannte Fisch-oder Aalzeese, die sich nur durch ihre Maschenweite unterscheiden. Es gibt außerdem die Stellnetzfischerei, die Netze werden vom Boot ausgesetzt, die Wassertiefe muss etwas tiefer sein, die Netze mussten häufig gereinigt werden. Ausgeübt wurde auch die Angelfischerei, die Angeln wurden von einem Boot ausgestzt, eine Angel bestand aus einer langen Baumwollschnur, an der im Abstand von zwei Metern kurze Schnüre von 35 cm Länge saßen, an deren freien Ende ein Angelhacken saß, die Hacken waren im Ruhezustand auf einen Klufstock aufgereiht, der180 Hacken aufnahm. Die Eisfischerei wurde von den Dierhäger Fischern auch betrieben, der Bodden war vor 50 Jahren regelmäßig zugefroren, stets mit einer festen Eisschicht bedeckt, oft mehrere Monate lang. Die größeren Fischerboote waren in Klinkerbauweise gebaut, sie hatten die gleiche Größe wie die Strandboote, hatten Schwert und einen Fischkasten. Im Bodden wurde auch mit dem Polt gefischt, es war ein Boot mit einem glatten Unterboden, ohne Schwert, es konnte nur zum rudern gebraucht werden. Um 1880 siedeln in Dierhagen vier Fischerfamilien an, sie kamen aus den Gebieten des Stettiner Haffs. Der damalige enorme Fischreichtum war der Grund die angestammte Heimat zu verlassen. Durch sie konnten die Fangmethoden verbessert werden. Mit ihren Geräten die sie benutzten wurden die Fische leichter überlistet. Sie brachten ihre Boote mit, die von anderer Bauart waren als die in Dierhagen Gebräuchlichen. Am Anfang des 20. Jahrhunderts kamen drei Ribnitzer Fischer mit ihren Zeesbooten nach Dierhagen. Zwei der Boote waren mit Glühkopfmotoren ausgerüstet. Im Sommer fischten sie damit in der Ostsee. Zur Zeit gibt es in Dierhagen noch zwei Fischer, von dem damaligen Haurterwerbszweig ist wenig übrig geblieben.

Die Seefahrt

Die wirtschaftliche Erschließung des Ostseeraumes durch die angrenzenden Länder, war eng mit der Entwicklung der Schifffahrt verbunden. Die Städte waren nicht immer in der Lage, ihre Schiffe mit den Einwohnern aus ihren Städten zu besetzen. Sie warben Mannschaften aus den benachbarten Dörfern. Es ist anzunehmen, dass junge Dierhäger auf Schiffen der größeren Städte ihren Dienst verrichteten. Überliefert ist es leider nicht. Der damalige gebräuchlichste Schiffstyp war die Jacht. Überliefert ist, dass auch die ersten Schiffer in Dierhagen Jachtschiffer gewesen sind. Am Ende des 18. Jahrhunderts hat es in Dierhagen 8 Schiffer (später wurden sie Kapitäne genannt), gegeben.

1795 gab der Schiffer Christow Fehling in Rostock bei dem Schiffsbaumeister Joh. Friedr. Meyer in Rostock die Geleaß „ Tugend“ in Auftrag.

1833 ließ der Schiffer Christow Staben aus Dierhagen auf der Werft des Schiffsbaumeisters Joh. Karl Peters in Ribnitz die Galeasse SOPHI ELISE bauen. Das Schiff trug 82 Lasten zu je 2900 kg. Das Einsatzgebiet der SOPHIE ELISE reichte von Nord- und Ostsee bis über den Atlantik. So kam die Galeasse zum Einsatz, als Anfang April 1837 mehrere Schiffe mit Mecklenburger Weizen von Warnemünde nach Baltimor segelten, Getreide welches die USA aufgrund einer Missernte in Mecklenburg aufkaufte. Dieses war nicht die einzige Reise des Schiffes nach Amerika. In einer Zeitungsanzeige vom 20.04.1836 ist zu lesen, dass das neue schöne Schiff „ Sophi Elise „ geführt von Kapt. Staben nach Newyork abgeht. Und weiter: „Das Schiff hat bequeme Gelegenheit für Passagiere, es wird günstige Mitnahme empfohlen.“

Der Ägyptologe Lepsius hatte von 1842 – 46 ägyptische Altertümer gesammelt. Diese sollten von Alexandria nach Berlin gebracht werden. Die Wahl für den Transport der wertvollen Fracht fiel auf den Dierhäger Schiffer Joachim Peter Voss, der die 1841 gebaute Brigg „ Friederike „ führte. 1823 segelte der Dierhäger Schiffer Peter Fretwurst mit seiner Geleas „ Charlotte „ zweimal Archagel. Eine so schnelle Reise nach einem so entfernten Hafen , ist noch nicht vorgekommen. In einem Protestschreiben von 1848 wenden sich 48 Dändorfer- und 8 Dändorfer Schiffer an das Groß herzogliche Amt, damit der Unterrichtsplan geändert werden müsse. An diesem Beispiel wird deutlich,dass die Dierhäger Bevölkerung, die sich auf dem sandigen Boden kaum ernähren konnten, große Leistungen vollbrachte. Diese Leistungen sind zu keiner Zeit gewürdigt worden. Die Partnerreederei war war die gebräuchlichste Geschäftsform der Seedörfer. Der angehende Schiffer, der die Absicht hatte ein Schiff bauen zu lassen oder es zu erwerben, suchte das dazu erforderliche Kapital bei Verwandten und Freunden zusammen zu bekommen. Der Betrag, mit dem ein Geldgeber sich an einem Schiff beteiligen wollte, wurde als Part ausgewiesen. Für die Parten zahlte der Schiffer nach der Jahresabrechnung einen Betrag an die Gläubiger. Durch Unfälle auf See, sind Schiffe untergegangen oder gestrandet. In solchen Fällen, verloren alle ihr Kapital, dass sie in dem Schiff angelegt hatten. Im letzten drittel des 19. Jahrhunderts, fuhr fast die gesamte männliche Bevölkerung des Ortes zur See, auch die Söhne der Bauern. Die Nautik oder die Schifffahrtskunde umfasst die praktischen Kenntnisse, die zur Führung eines Schiffes nötig sind, aber auch über das theoretische Wissen, des Schiffsführers den Kurs zu bestimmen, damit sein Schiff das vorgesehene Ziel erreicht. In alten Zeiten unterrichteten erfahrene Schiffer die angehenden Steuerleute in den Wintermonaten, wenn die Schifffahrt ruhte, auf freiwilliger Basis, gegen ein geringes Entgelt, in Nautik. In Dierhagen unterrichtete ein Steuermann Lubs. 1836 wurde in Ribnitz eine Prüfungsbehörde für Schiffsführer eingerichtet, den Vorsitz hatte der Amtshauptmann Koppe aus Ribnitz. Im Jahr 1845 wandten sich acht Wustrower Schiffer mit der Bitte an den Großherzog, einen geregelten Navigationsunterricht eizuführen. Das Vorhaben fand große Unterstützung beim Amtshauptmann. Im Oktober 1846 wird die Groß herzogliche Navigationsschule feierlich eröffnet. Das Schulgebäude wurde 1847 / 48 errichtet. Die Baukosten trug zur Hälfte der Großherzog, die andere Hälfte die fünf Seedörfer des Fischlandes. 1824 wohnten in Dierhagen 8 Schiffer, 1848 48 Schiffer, dass Dorf hatte 1850 80 Häuser, in denen 48 wohnten, es wohnten auch noch Steuerleute und Matrosen im Ort. 1879 wohnten 42 Schiffer in Dierhagen. Im 19. Jahrhundert war der Ort ein Seefahrerdorf. Die Dampfschifffahrt, die sich am Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte, verdrängte die Segelschifffahrt der Seedörfer stärker, als es vorherzusehen war. Die Dampfschiffe waren größer, schneller, vom Wetter unabhängiger, die Frachten wurden günstiger angeboten. Die Reedereien hatten ihren Sitz in den Seestädten. Kapitäne aus Dierhagen fuhren auf Dampfern der Rostocker, Hamburger oder Bremer Reedereien. Die Familien sind in vielen Fällen in die Seestädte gezogen. Die Schiffe hatten feste Routen, die Seeleute konnten mit ihren Familien während des Löschens zusammen sein. Einige Kapitäne waren als Lotsen am Nord-Ostsee-Kanal oder in Rostock-Warnemünde tätig. 1913 wohnten in Dierhagen 13 Kapitäne. Bis 1945 waren im Ort 15 Kapitäne und Steuerleute, 2 Maschinisten sowie mehrere Matrosen heimisch. Der Beruf eines Seemannes wird von wenigen ausgeübt, die Tradition geht weiter.

Das Beherbergungsgewerbe

Nach dem Rückgang der Segelschifffahrt suchten und fanden die Dierhäger eine neue Einnahmequelle, dass Beherbergungsgewerbe. Schnell war man sich einig, dass der Ort, um ihn attraktiver zu machen, aus- und- umgestaltet werde musste. Die Rostocker Zeitung schreibt am 6. Sept. 1885, dass es in Dierhagen Diskussionen zur Errichtung eines Badeortes gibt. Die gleiche Zeitung schreibt am 23. Januar 1898: „Im Dorfe herrscht große Rührigkeit, um dasselbe zu einem angenehmen Badeort raus zu putzen. Viele Bäume sind gepflanzt, Planierungen gemacht und der Badesteig in Angriff genommen.“ Am 21. April desselben Jahres wirbt Dierhagen in der Rostocker Zeitung mit dem folgenden Artikel. „Allen denen, die in stiller Zurückgezogenheit zu leben wünschen, ist der Ort Dierhagen zu empfehlen. Mit aller Energie sind die Einwohner tätig, um ihr Dorf zu einem Badeort herzustellen, es ist bereits manche Arbeit verrichtet, die zur Verschönerung beiträgt. Prunkvolle Villen, zieren das Dorf nicht, aber die netten massiven Häuser mit ihren Gärten vor und hinter dem Haus verwandeln Dierhagen in einen einzigen Blumengarten im Sommer, wo sich jeder Fremde bald heimisch fühlen wird. Der Ort hat zwei zeitgemäße Gasthäuser, in denen für solide Preise und aufmerksame Bedienung Speis und Trank verabfolgt werden. Was den Sport betrifft, ist hervorzuheben: Bootssegeln in der Ostsee und auf dem Ribnitzer Binnensee. Dem Angelsport und der Jagd auf Enten können sich die dafür interessierenden Fremden widmen. Für günstige Verbindungen wird zur Badesaison gesorgt sein“. In einer Werbung des Bäderkomitees heißt es „Miete für ein Zimmer wöchentlich ab 5 Mark, volle Kost im Gasthaus ab 3 Mark pro Tag.“ Der Bäderverein wirbt weiter: „(…) still, ländlich, hübsche Wohnungen, in neuen Schifferhäusern, alle Lebensbedürfnisse billig. reiner Strand, mächtige Dünen.“

Am 08.07.1898 berichtet der Anzeiger: In Dierhagen hat sich ein Badeverein gebildet, der das Bestreben hat, den Ort, der ebenfalls durch den Niedergang der Segelschifffahrt hart betroffen wurde, zu einem Badeort zu machen“. Die Zeitung meldet am 13. Juli 1901, dass die vorjährigen Dierhäger Badegäste in diesem Jahr fast alle wiedergekommen sind, ein Zeichen, dass es ihnen gefallen hat, dass sie zufrieden waren. Der im vorigen Jahr von 10 Berliner Familien gegründete „ Verein Strandmütze“ ist in diesem Jahr wieder vollzählig eingerückt. Unter den Klängen der Ribnitzer Stadtkapelle bewegte sich der festliche Zug vom Bahnhof zum Hafen. In Dierhagen fand der Umzug auch mit Musik statt. Es gab Bemühungen, den Fremdenverkehr gemeinschaftlich zu organisieren, mit der Hoffnung, dass durch gemeinsame Werbung, größere Erfolge bei den Erholungssuchenden zu erzielen, mit der Hoffnung viele Gäste nach Dierhagen zu locken. Nach mehreren Aussprachen und Diskussionen, wurde der Badeverein am 03.03.1902 gegründet. „ Geringes ist die Wiege des Großen“. Das lehren uns die tausendfältigen Erfindungen des letzten Jahrhunderts, die das Leben der Menschheit, der Völker, des einzelnen Menschen von Grund aus verändert und umgestaltet haben. Zu den Erfindungen , die unendlich wichtige Veränderungen im Leben und Treiben der Menschen bewirkt haben, gehört unstreitig die Dampfmaschine. Ist aber der Nutzen für manche Erfindungen im Allgemeinen offensichtlich, so üben sie im ersten Stadium auf Städte, Dörfer, und Menschen oft einen höchst nachteiligen Einfluss aus, z.B. die Dampfschiffe auf unser Dierhagen. Von den vierundvierzig Segelschiffen, die vor dreißig Jahren von Dierhäger Schiffern als Eigentum geführt wurden, sind von der Bildfläche verschwunden, ein ungeheures Kapitalist dabei verloren, und mancher brave Kapitän hat nutzlos seine Hände fallen lassen. Gedenkt man dabei die vielen Unglücksfälle, die Dierhäger Seeleute meißt auf älteren Segelschiffen betrafen, ist dabei ein Bild gezeichnet, von der Lage unseres Ortes zum Ende des vorigen Jahrhunderts. Wo nun Rettung finden? Ackerbau und Fischfang konnten den Verlust nicht ausgleichen. Zum Glück schlummerten in unseren Einwohnern noch Gottvertrauen und Schaffenskraft, um den Kampf um das Dasein aufzunehmen. Wir richten uns als Badeort ein, mögen einige auch Kleinlaut auszusprechen gewagt haben. Gleich auf der ersten Versammlung konstituierte sich ein Badeverein, etliche hundert Mark wurden gezeichnet, alle Einwohner, Jung und Alt, Mann und Weib, ergriffen Schaufel und Spaten, bald war der Badesteig fertiggestellt, der teilweise gleich bepflanzt wurde, es wurden auch eine Badeanstalt mit acht Zellen angefertigt. Das erste Jahr 1898 brachte uns 28, 1899 35, 1900 236, 1901 371 Gäste. Der Anfang war über Erwarten günstig. „Möge unserm fernen Streben der Erfolg nicht fehlen“

gez: B. Hauth, H.Voss, W.Fretwurst, P.Jahnke, C.Ahrens

Der Weg vom Dorf zum Strand, der von den Dierhägern benutzt wurde, war der Klaasweg, Bolandweg und Wiesenweg. Die Badegäste nutzten auf dem Weg zum Strand diesen Zugang. Der Wiesenweg führte aber durch die Gemeinschaftsweide der Bauern. Der Badesteig wurde zwischen der Büdner- und der Bauernweide angelegt, in der Verlängerung des Driftendes, der heutigen Strandstraße. Der neue Strandzugang verlief teilweise durch sumpfiges Gelände, er wurde aufgeschüttet und planiert. Zugeschüttet wurde auch der Dorfteich, der vor der alten Kaufhalle war. Bepflanzt wurde der Hafendeich, der neue Strandzugang. Angepflanzt wurde das Wäldchen am Bodden, ein kleines Gehölz an der Kirchstraße, das Gehölz links vom Badesteig und der Dünenwald. Ohne Erfolg blieben alle Bemühungen interessierte zu finden die bereit waren, Häuser oder Pensionen am Strand zu bauen. Das Gelände war parzelliert, weil kein Interesse vorhanden war, gab es im Gemeindevorstand Überlegungen mehrere Bauplätze kostenlos abzugeben. Alle Bemühungen scheiterten an den wirtschaftlich schlechten Jahren, die durch den I. Weltkrieg entstanden, durch die Inflation und Weltwirtschaftskriese fortgesetzt wurde. Auf Wunsch der Badegäste zur leichteren Orientierung erhielten die Straßen 1904. 1908 wurde der Strandpavillon in Verbindung mit einem Warmbad errichtet. Er liegt auf der Düne, ungefähr 30 Meter von der Böschung entfernt. Im Uferbereich gab es eine Herren- und eine Damenbadeanstalt, die von einem Pächter betrieben wurden. Die Zahl der Gäste vergrößerte sich, 1904 kamen 515 Gäste, 1905 kamen 534 Gäste, 1906 kamen 545 Gäste, 1907 kamen 493, 1908 kamen 473 Gäste. Über den Rückgang der Gästezahlen waren alle sehr besorgt. Es wurde beschlossen in der Presse mehr Werbung zu machen. Der Erfolg stellte sich danach ein. 1909 kamen 576 Gäste, 1910 kamen 767 Gäste, 1911 kamen 800 Gäste, 1912 kamen 678 Gäste. Am 18.02.1909 trat der Badeverein dem Verband deutscher Ostseebäder bei. Im November 1911 beschließt der Badeverein, dem Mecklenburgischen Verkehrsverband beizutreten. Mit seiner Gastfamilie weilte ein Musikstudent 1911, 12 und 13, in Dierhagen. Kosaka Yamada , der Musikstudent wohnte in Berlin bei einem Professor der TU Berlin, die ihren Urlaub in Dierhagen verbrachten. Yamada ist in seinem Heimatland eine Berühmtheit geworden. Geschrieben hat er viele Musikstücke, ungefähr 800 Werke und 140 Symphonien. Die erste Symphonie, „ Krieg und Frieden „, handelt von dem Leben und den Lebensgewohnheiten der einfachen Leute in Dierhagen. Der morgendliche Austrieb der Kühe, das Tuten des Hirten, das Bellen der Hütehunde, dass Läuten der Kirchenglocken,die plattdeutsche Sprache,diese Erlebnisse waren die Idee, die Kosaka Yamada bestärkten, aus diesen eine Symphonie zu schreiben. Im Februar 1913 ist der Badeverein in die Regie der Gemeinde übergegangen. Er wurde in eine Sonderkasse für Hafen-und Badewesen umgewandelt. Der Badebetrieb war damit Gemeindesache geworden. Der Fremdenverkehr kam durch den Beginn des I. Weltkrieges fast zum Erliegen. In der Zeit danach blieb der Ansturm der Gäste gering. Nach dem Aufbau des Ostseebades Ribnitz und dem Bau der Strandkolonie Dierhagen vergrößerte sich die Gästezahlen erheblich.

Das Gewerbe in Dierhagen

In der Nähe des Boddens, hier ist heute ein Wäldchen mit der Pension „ Haus Am See „, war ein Schiffsbauplatz. Vom Schiffbau ist nichts überliefert, es wird niemals ein Schiffszimmermann genannt. Überliefert ist, dass die Fährboote, von ihren Eigentümern überholt wurden. Der Personen und Güterverkehr wurde von Fährmännern mit Fährbooten durchgeführt. Es waren Segelboote, die wenn kein Wind war durch rudern fortbewegt wurden. Überholt wurden die Boote in den Wintermonaten, wenn der Bodden zugefroren war. In der Hufe XIII, heute Neue Straße 11, hatte der Erbpächter Johann Pätow eine Gastwirtschaft, im Volksmund „ Zur Krim“ genannt. Für Reisende wurden einige Schlafplätze angeboten. In dem Haus Strandstraße2 befand sich ein Krämerladen und eine Schankstube. Diese Einrichtungen sind eingegangen. Eine Gaststätte und einen Krämerladen führte die Familie Hildebrandt in der Kirchstraße, heute Tau'n Dörpskraug“. Das Gebäude wurde 1860 durch eine größere Gaststube erweitert, eine kleine Pension gehörte zum Betrieb. Die Poststelle war in dem Haus untergebracht, auch eine Telegraphenzentrale. Eine Tankstelle gehörte ebenfalls dazu. Ende des 19. Jahrhunderts baute der Kaufmann Bernhard Hauth, in der Lindenstraße aus einer Büdnerei einen Kaufmannsladen, eine Gaststätte mit einem Saal und ein Hotel. Der Erbauer des Betriebes starb nach einem Unfall 1906. Der Nachfolger Willi Voss führte den Betrieb bis 1932. Der neue Besitzer war ein Förster im Ruhestand, unter dem Namen „ Hotel Hubertus“ bestand es bis 1960. Es war danach ein Ferienheim, es wurde 1990 abgerissen, auf dem Grundstück wurden mehrere Wohnhäuser gebaut. In der Seestraße wurde im 19. Jahrhundert in einer Büdnerei ein Krämerladen und eine Gaststätte eröffnet. Diese wurde durch einen Saal und ein Hotel erweitert. Familie Bruss führte das Objekt als Hotel „ Strandmütze“, später als

„ Bruss Hotel und Pension „ bis 1960. Danach wurde es die Gaststätte „ Boddenblick“. Seit 1975 gehörte es zum VEG, es wurde zum Lehrlings-

wohnheim, Verpflegungsstelle und Wohnheim genutzt. Das Gebäude wurde 1990 abgerissen, auf dem Areal entstand eine Pension. In der Rostocker Zeitung wird am 13. Juni 1988 berichtet, dass in Dierhagen begonnen wurde eine Maulbeerplantage anzulegen. In der Plantage sollten Seidenraupen gezüchtet werden. Es ist nicht überliefert , aus welchem Grund das Vorhaben gescheitert ist. Die Einwohner versuchten durch diese Vorhaben Erwerbsmöglichkeiten zu schaffen, die nicht immer erfolgreich waren.

Das Handwerk in Dierhagen

In einer Aufstellung von 1859 werden Schneidermeister Brinkmann, der Weber Brandt und der Tischlermeister C. Boldt genannt. Selbstständige Handwerker waren 1890 der Stellmacher Robert Alm, der Bäcker Daniel Ahrens und der Bäcker Heinrich Staben. Am Anfang des 20. Jahrhunderts waren im Dorf der Maurer Carl Schimmelpfennig, der Schlachter Metzner, der Schlachter Severt, der Maurer Johann Ziems, der Schuster Reuter, der Maurer Mangnus Dettmann, der Bäcker Carl Boldt, der Bäcker Hans Ahrens und der Stellmacher Robert Alm ansässig. Eine Schlosserei eröffnete J. Niemann, einen Malerbetrieb Klifoth, der Frisör Richard Lange 1932. Durch die Handwerksbetriebe, die in Dierhagen entstanden, bekamen Junge Leute die Chance im Dorf als Handwerker zu arbeiten. Erwähnt werden in diesem Artikel die Anfänge der Gewerbe-und Handwerks-betriebe. Der technische Fortschritt, verbesserte Verkehrsverbindungen, dass erhöhte Konsumverhalten der Einwohner, sorgten dafür, dass sich die Zahl der Gewerbebetriebe und die selbstständigen Handwerker sich ständig vergrößerte. Sie sind im Ort eine wichtige wirtschaftliche Kraft.

Die Schule in Dierhagen

Das erste Schulhaus ist wahrscheinlich im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts gebaut worden. Es ist überliefert, dass es 1800 schon gebaut war. In dem Gebäude war die Wohnung für den Lehrer und ein Klassenzimmer, das die Größe hatte, damit acht Klassen in dem Raum unterrichtet werden konnten. Zur Schule gehörte ein Stall. Mit einer kleinen Landwirtschaft konnte der Lehrer sein Gehalt etwas aufbessern. Im Großherzogtum Mecklenburg war das so geregelt. Das Schulhaus hatte ein Rohrdach. Die Deckenhöhe war gering, diese Angabe ist von älteren Bürgern überliefert. 1850 wurde auf dem Platz vor der Schule ein kleines massives Schulhaus gebaut. Das Gebäude hatte ein Klassenzimmer. Gab es genügend Schüler im Ort, wurde in zwei Klassen unterrichtet. Das zweite Zimmer diente als Vorbereitungsschule für den späteren Seefahrtschulunterricht. Das Gebäude wurde Industrieschule genannt. Durch die „Revidierte Kirchenordnung“ von 1650 wurde das noch ganz auf geistliche Ausrichtung der Jugend abgestellte Schulwesen auf dem Lande begründet. Der Unterricht sollte zunächst nur in den Kirchdörfern durch die Küster erteilt werden. Im 18. Jahrhundert wurde auch in den übrigen Dörfern Schulen eingerichtet. Im Ribnitzer Kirchbuch ist 1746 Christian Heinrich Wilken als „Pädagoge und Rektor in Dierhagen“ genannt. Im Landesarchiv in Schwerin befindet sich eine Schulgeldabrechnung aus Dierhagen. Das Schreiben ist von Johann Golz, vermutlich der damalige Lehrer, unterzeichnet. Der Lehrer Genenz berichtete dem Großherzog in Schwerin über den Großbrand am 10. August 1859 in Dierhagen. Lehrer Genenz war bis 1887 der erste Lehrer in Dierhagen. Er bewirtschaftete die Landwirtschaft, die zu seiner Lehrerstelle gehörte. Die Ländereien wurden später verpachtet. Die Dierhäger Schule war einklassig, waren genügend Kinder im Ort, wurde eine zweite Klasse eingerichtet. Das änderte sich jährlich. Die Rostocker Zeitung schrieb am 23. Januar 1887 „Zu Ostern wird Küster-, Organisten- und Schulstelle in Dierhagen frei. Bares Gehalt 600 Mark, Acker und Wiesen sind verpachtet, ergeben eine Pachtsumme von 500 Mark. Für den Nachmittagsunterricht während des Sommersemesters erhält der Lehrer eine Entschädigung von 120 Mark. Mit der Stelle ist außer freier Wohnung, Garten und Feuerungsdeputat eine bare Einnahme von 1220 Mark verbunden. Die Schule ist zweiklassig. War die Schule zweiklassig, unterrichtete der Hauptlehrer die Klassen 5 bis 8, der zweite Lehrer die Kassen 1 bis 4. Carl Ahrens wurde der Nachfolger vom Lehrer Genenz. Der war vorher Lehrer in Stavenhagen. Der Umzug nach Dierhagen machte große Schwierigkeiten. Die Eisenbahn fuhr nur bis Rostock. Sein ganzer Hausstand musste mit Fuhrwerken nach Dierhagen gefahren werden. Karl Ahrens starb 1910 noch vor seiner Pensionierung. Aus dem Jahrbuch Mecklenburgischer Volksschullehrer von 1906 ist folgende Notiz entnommen: Haus alt mit Strohdach, Acker 2 ha 18 a, schlechter Sandboden, 5 Minuten entfernt, Wiese 2 ha 16 a, beim Acker, Kuhheu, Garten 32 a, Feuerung 18 Raummeter Buchenkluft, 1200 Soden Torf Gehalt 315 Mark. Ackerentschädigung 119 Mark, 120 Mark für vermehrten Sommerunterricht. 125 Mark für wöchentlich 5 Stunden an der Navigationsschule, für Kirchendienst (30 Lesegottesdienste) 100 Mark. Acker und Wiese bis 1915 an die Gemeinde verpachtet. Die Lehrer in Mecklenburg sollen gut ausgebildet gewesen sein. Es wurde Wert darauf gelegt, dass ihre Glieder gesund waren, damit sie Musikunterricht erteilen konnten, sie mussten Geige und Bandonium spielen. Am 2. Januar 1910 wurde Hermann Tesch Hauptlehrer an der Schule in Dierhagen. Gustav Frehse wurde der zweite Lehrer. Vorher waren die Lehrer Lange, Reinke, Voss, Evert, Strichnot, zweiter Lehrer an der Dierhäger Schule. Die Frau des Hauptlehrers erteilte den Mädchen Handarbeitsunterricht. Am 13. Januar 1910 diskutierte der Gemeindevorstand über einen Neubau des Schulhauses. Zur Debatte standen zwei Vorschläge. Ein Vorschlag war nur die alte Schule abzureißen, bei dem zweiten sollten beide Gebäude abgerissen werden. In dem Neubau sollten zwei Klassenzimmer, eine größere Wohnung für den Hauptlehrer, eine kleinere für den zweiten Lehrer und ein Zimmer für den Navigationsunterricht geschaffen werden. Die Verantwortlichen entschieden sich für den zweiten Vorschlag. Der Bauplatz für das neue Gebäude reichte nicht ganz. Mit dem Nachbarn wurde eine Einigung erzielt, es wurden Teile der Grundstücke umgetauscht. Der Antrag für den Neubau der Schule wurde ausgeschrieben. Drei Gebote gab es. Den Zuschlag bekam der Maurermeister Mangnus Dettmann aus Dierhagen. Das Angebot war 20600 Mark. Die neue Schule war 1912 fertig. Während der Bauzeit wurden die Klassen 4 bis 8 vom Lehrer Tesch in der Gaststätte Bruss in der Seestraße und die Klassen 1 bis 4 vom Lehrer Frehse beim Bauern Schaning unterrichtet. In dem Bauernhaus war ein kleiner Saal. Der Auftrag für die Anfertigung der Schulmöbel erhielt der Tischler Wodrich aus Dierhagen. Das Angebot für eine viersitzige Schulbank lautete 4,50 Mark. Finanziert wurde der Schulneubau und die Einrichtung von der Gemeinde und von dem Großherzoglichen Amt. Der Gemeindevorstand stellte in Abständen Geld bereit, von dem Lehrmittel, Anschauungsmaterial und Geräte angeschafft wurden. Die Dierhäger Schule war sehr gut mit Lehrmaterial ausgerüstet. 1925 wurde von der Gemeinde ein Bildwerfer für die Schule gekauft. Mit dem Gerät konnten alle Bilder, auch die aus Zeitungen, auf eine Leinwand geworfen werden. 1936 wurde von der Gemeinde für den Handarbeitsunterricht eine Nähmaschine angeschafft. Der Kaufpreis betrug 110 Mark.

Bezahlt wurde die Maschine in monatlichen Raten zu vier Mark. Die Schule bekam auch einen Schmalfilmapparat und einen Bildwerfer für Dias. Es wurde schon erwähnt, dass die Dierhäger Schule einklassig war, bei Bedarf, das heißt bei der nötigen Anzahl von Schülern, war sie zweiklassig. Als zweiter Lehrer waren an der Schule die Lehrer Lange, Reinke, Vos, Frehse, Fretwurst, Stichnot, Holz, Frl. Hecht, Leonhardt und Lettow. Der Lehrer Frehse war im ersten Weltkrieg eingezogen, er wurde schwer verwundet, daran ist er gestorben. In den Kriegsjahren, die Anzahl der Schüler erhöhte sich nach 1939 rapide, war Herman Tesch der alleinige Lehrer. Durch den Kriegseinsatz der jungen Menschen bekam er keine Hilfe. 1943 bekam er einige Monate Unterstützung von einer Lehrerin aus Berlin, die wegen der Bombenangriffe Berlin verlassen hatte. Sie war mit ihrer Familie in ihr Wochenendhaus nach Ostseebad Ribnitz gezogen. Im März 1945 hatte Elfriede Lettow, sie wohnte in Dierhagen, ihre Ausbildung zur Lehrerin abgeschlossen. Am 01.04.1945 wurde sie Lehrerin an der Schule in Dierhagen. Herman Tesch war, seit er in Dierhagen wohnte, Organist in der Kirche. Die erste Schulstunde wurde mit einem gemeinsamen Gebet oder mit einem Gesang aus dem Gesangbuch begonnen, den er oft mit dem Harmonium begleitete. Die Schulkinder wurden von ihm im Religionsfach unterrichtet. 1939 wurde beides von den Nationalsozialisten verboten. Nach dem Ende des Krieges wurde Herman Tesch als Lehrer abgesetzt, er war Mitglied der Nazipartei. Ein sehr aktives Mitglied in der Partei ist er nicht gewesen, es konnte aber nicht anders gelöst werden. Der Schulunterricht fiel mehrere Wochen ganz aus. In den Wirren nach der Beendigung des Krieges war es nicht möglich den Unterricht weiterzuführen. Verwaltet wurde unsere Gemeinde von der Sowjetischen Kommandantur. Auf deren Anordnung wurde im Juni 1945 der Schulunterricht durch den Lehrer Tesch fortgeführt. Die Kommandantur und der Antifaschistenausschuss hatten sich darauf geeinigt, im Ort war kein anderer Lehrer. In Dändorf gab es keine Lehrkraft. Die Schüler wurden von einem geeigneten Bürger unterrichtet. Der Schulunterricht wurde nach den Sommerferien fortgeführt. Im Dezember 1945 wurde Herman Tesch nach 35 Jahren als Lehrer in Dierhagen abgesetzt. Der Schulunterricht konnte erst im Frühjahr 1946 fortgesetzt werden. Demokratische Kräfte und Junglehrer begannen unter großen Schwierigkeiten die Kinder zu unterrichten. Es gab am Anfang keine Schulbücher, kein Schreibmaterial, keine Hefte und Schreibgeräte. Das verbesserte sich in kurzer Zeit deutlich. Die Schulen von Dierhagen und von Dändorf wurden zur Schulkombination Dierhagen-Dändorf zusammengeschlossen. Durch diesen Zusammenschluss wurde das Unterrichten verbessert und effektiver. In Dändorf war Herr Grigor Schulleiter, Frl. Lettow Lehrerin. Die Schulkombination war der Zentralschule in Klockenhagen untergeordnet, diese war mehrklassig. Die Fremdsprache Englisch wurde gelehrt. Die Schüler der Klassen eins bis vier wurden in den jeweiligen Orten unterrichtet. Die Schüler der Klassen fünf und sechs wurden gemeinsam in Dierhagen unterrichtet, die Klassen sieben und acht zusammen in Dändorf. Die Anzahl der Klassenzimmer wurde durch Umbauten in der Dierhäger Schule erweitert. Die Schüler sollten klassenweise in einer Klasse unterrichtet werden. Das Vorhaben wurde schrittweise verwirklicht. Die Zahl der Lehrer vergrößerte sich. Im Jahre 1951 wurde mit der Schulspeisung begonnen. Jeder Schüler bekam täglich kostenlos ein Brötchen. In dem Schulgebäude waren am Ende der fünfziger Jahre fünf Klassenräume, die nicht ausreichten. Als zusätzliches Klassenzimmer wurde ein Raum im Kindergarten genutzt. Der Turnunterricht war von 1953 mehrere Jahre im Saal des späteren Ferienheimes „Drei Tannen“. Seit 1955 wurde in der Schule die Russische Sprache gelehrt. Ab 1960 gingen die Schüler ab der sechsten Klasse nach Wustrow zur Schule. Für die Fahrt der Schüler nach Wustrow war ein Schülerbus eingesetzt, der die Kinder von allen Ortsteilen abholte und zurückbrachte. 1965 wurde die Schule in Dändorf geschlossen. Die Kinder aus allen Ortsteilen wurden bis zur sechsten Klasse in der Teiloberschule in Dierhagen unterrichtet. Ab der sechsten Klasse fuhren die Schüler zur Polytechnischen Oberschule nach Wustrow. geschrieben von Karl Boldt

1959 erfolgte der Übergang zur zehnklassigen allgemeinbildenden Oberschule. In der Zwischenzeit, nach der Beendigung des Unterrichts und der Abfahrt des Schülerbusses wurden die Kinder von Frau Bellack betreut. Am Anfang zwei Stunden. Im Dezember 1972 konnte das neue Hortgebäude eingeweiht werden. In dem Gebäude befanden sich zwei größere und drei kleinere Räume, die für die Betreuung der Hortkinder bestimmt waren. Ein Küchenraum, sowie die Sanitärräume befanden sich in dem Gebäude. Eine Turnhalle,die in dem Gebäude war, wurde erst vier Jahre später fertiggestellt. Für die Betreuung nach dem Schulunterricht waren ausgebildete Horterzieherinnen zuständig. An der Hortbetreuung nahm ein großer Teil der Kinder teil. Für die Kinder war die Betreuung vorteilhaft, es arbeiteten oft beide Elternteile, die Zeit bis zur Abfahrt des Schülerbusses, wurde durch das Anfertigen von Hausaufgaben, Beschäftigungen, wie gemeinsames spielen sowie basteln genutzt. Die Eltern aus den Klassen ihrer Kinder wählten aus ihrer Mitte ein Elternaktiv, das für die schulischen Probleme, die auftraten, zuständig waren. Die Elternaktive wählten aus ihren Mitgliedern den Elternbeirat der Schule. Leiter oder Direktoren der Schule in Dierhagen waren: von 1946 bis 1950 Johanna Schubert, von 1950 bis 1954 Adolf Hahn, von 1954 bis 1981 Johanna Eichstädt, von 1981 bis 1990 Ursula Fretwurst, von 1990 bis 2002 Hannelore Mathias. Lehrer in Dierhagen waren ab: Johanna Schubert, Elfriede Lettow, Herr Lüneburg, 1948 Adolf Hahn, 1950 Ernst Schröder, Gustav Wegner, Wilhelm Fretwurst, 1951 Werner Wodäge, Johanna Eichstädt, 1953 Herr Klessny, 1954 Frl. Bahn, Frl. Opel, 1965 Uschi Fretwurst, 1966 Monika Kühn, 1970 Waltraut Kannewurf, 1976 Frau Reimer, 1982 Frau Gilow, 1990 Frau Mathias, 1991 Frau Wolf, Herr Weise. Hortnerinnen waren: Frau Bellack, Frau Steinicke, Frau Sättig, Frau Liebschwager, Frau Löwens, Frau Reimer, Frau Gilow, Frau Kühn, Frau Schubert jun.. Die Schulräume wurden durch Gußeiserne und Kachelöfen beheizt. Der Aufwand war sehr groß, es gab immer wieder Komplikationen. 1965 konnte in der gesamten Schule eine Zentralheizung eingebaut werden. Diese wurde bis 1990 mit Kohlen beheizt, sie konnte dann mit Ölfeuerung ausgerüstet werden. 1990 ist das Schulhaus vollständig renoviert worden. Das Dach ist neu gedeckt, der Boden wurde ausgebaut. Nach der Wiedervereinigung veränderte sich das Schulwesen. Die Schule in Dierhagen wird von der Gemeinde verwaltet, sie wird als Grundschule weitergeführt. Die Schule in Wustrow wurde auch eine Grundschule. Die Schulkinder aus Dierhagen besuchten ab der fünften Klasse eine Schule in Ribnitz. Die Gemeinde renovierte 2002 das gesamte Schulhaus. Es konnte ein Raum für Computerunterricht, sowie ein Bastelraum eingerichtet werden. Die Zentralheizung wurde erneuert und ist auf Gasheizung umgestellt worden. Der Schulhof wird durch eine Wand aus Faschinen vor starken Winden geschützt. Neben dem Schulhof wurde ein Sportplatz gebaut,der Sportunterricht kann im Freien durchgeführt werden. Zum Objekt gehört ein Schulgarten. Die stark sinkenden Schülerzahlen lösten bei den Verantwortlichen Diskussionen über die Schließung von Schulen aus. Befürchtet wurde, dass die Schule in Dierhagen betroffen war. Für unseren Ort wäre das ein herber Verlust gewesen. Die Bemühungen zum Erhalt der Schule hatten Erfolg. Die Schule in Wustrow wurde geschlossen. Die Kinder aus Wustrow besuchen die Schule in Dierhagen seit 2007. 2004 bekam die Schule den Namen „ Schwalbennest „ verliehen. Auf dem Platz vor dem Schulhaus steht eine Plastik, mit Schwalben und Schwalbennestern die von Siegfried Kümmel geschaffen wurde. Schulleiterin ist Frau Schley. Lehrerinnen sind: Frau Reimer, Frau Wolf, Frau Wörns. Die Hortkinder betreut Frau Gaube. Auf Wunsch bekommen die Schulkinder warmes Mittagessen.

Der Dierhäger Hafen

In der Zeit, als fast alle Güter auf dem Wasser transportiert wurden, die Fährboote den Personenverkehr durchführten, die Fischer den Fang anlandeten, war am Hafen reges Treiben. Das neueste Geschehen war am Hafen zu erfahren. Bevor es den Hafen gab, wird ein Anlandeplatz erwähnt. Es ist damit die Stelle gemeint, an der die Lastkähne ihre Ladung löschten, die Passagiere in den Fährbooten ein- und ausstiegen. Der Wasserstand veränderte sich ständig, diese Veränderungen schufen immer neue Probleme mit dem Anlanden. Das gesamte Baumaterial, das zum Wiederaufbau des Dorfes benötigt wurde, ist auf diesem Wege angelandet worden. Der zunehmende Verkehr und die ständig steigenden Bedürfnisse führten zu der Diskussion über den Bau eines Hafens. Am 23.05.1883 stellte der Dorfvorstand beim Großherzoglichen Amt einen Antrag auf kostenlose Überlassung des Anlandeplatzes. Es herrschte Einigkeit darüber, dass bei einer Ablehnung des Antrages der Anlandeplatz gekauft werden sollte. Der Wustrower Hafen wurde nach 1800 gebaut. Danach wurde Wustrow regelmäßig von einem Dampfer aus Ribnitz angelaufen. Der Vorteil einer derartigen Verbindung wurde in Dierhagen erkannt. Am 16.02.1884 wurde beim Großherzoglichen Amt der Antrag zum Bau des Hafens gestellt. In dem Zusammenhang wurde um eine Unterstützung beim Bau des Hafens von 5000 Mark gebeten. Die Planung und der Entwurf zum Hafenbau wurden vom Großherzoglichen Hafenbaudirektor Hemsch ausgeführt. Am 16.12.1885 wurden für den Bau 6700 Mark veranschlagt. Am 30.01.1886 wurde vom Großherzoglichen Amt eine Beihilfe von 3200 Mark zugesichert. Mit den wasserbaulichen Arbeiten wurde die Schiffswerft Staben in Ribnitz beauftragt. (Pfähle einrammen) Es sollte der Hafendeich und die Auffahrt zur Brücke gebaut werden. Im Januar 1887 beschloss der Gemeindevorstand die nördliche Auffahrt gleich mitzubauen. Vor dieser Auffahrt entstand ein kleines Becken, als Liegeplatz für die Fischerboote, mit einer Schräge zum Hochziehen. Der Fischerboote. Für diese zusätzlichen Bauten wurde ein Kredit aufgenommen. Der Hafen wurde 1888 übergeben. Wegen den anfallenden Zinsen und den Tilgungen wurde von den Einwohnern ein Hafengeld erhoben. Die Schulden waren 1904 getilgt. Es fielen laufend Reparaturen sowie Instandhaltungen an der Hafenanlage an. Das Hafengeld wurde aus diesem Grund weiter erhoben. Das Löschen und das Abfahren der angelandeten Güter war einfacher und leichter. Das Anlegen von Fahrgastschiffen war möglich. Zwischen Ribnitz und Wustrow verkehrte ein Fahrgastschiff, das auf seine Fahrten Dierhagen anlief. Das Löschen der Lastkähne, die Baumaterialien sowie Güter konnten problemlos entladen werden. Die Ziegelsteine für das Hotel „Dünenmeer“, das 1905 gebaut wurde, sind mit Lastkähnen zum Dierhäger Hafen geliefert worden. Die Bauern aus dem Ort fuhren die Steine mit ihren Fuhrwerken nach Neuhaus. Der Gemeindevorstand beauftragte einen fachkundigen Bürger mit dem Amt eines Hafenmeisters. Das Amt war ehrenamtlich. Es wurde von einem Fischer oder Seemann, der im Ruhestand war ausgeführt. Seine Aufgabe war es die Liegegebühren zu kassieren, die alle Schiffe zahlen mussten, die eine kurze Anlegefrist überschritten hatten. Vom Gemeindevorstand war eine Hafenordnung erlassen, die die Gebührensätze regelte. Der Ufersaum des Boddens erstreckte sich zu der Zeit bis zum Fuße des Binnendeiches. Der Hafen wurde im Bodden an einer Stelle gebaut, an der der Wasserstand eine geeignete Tiefe hatte. Der Hafen hatte die Form eines Hufeisens. Das Gebiet wurde durch eingerammte Pfähle zur vorgesehenen Form gestaltet. Zwischen dem Dorf und dem Hafengebiet wurde der so genannte Hafendeich gebaut. Zu diesem Zweck wurden an den Seiten der Verbindung Pfähle bis zum Hafengelände gerammt. Die gesamte Baustelle musste mit Erdreich ausgefüllt werden. Diese Arbeit, so vermute ich, haben die Dierhäger selber ausgeführt. Auf dem Areal am Hafen wurde Gras ausgesät. Der Hafendeich wurde mit Bäumen bepflanzt, beides war nötig zum Schutz gegen Naturgewalten. Zu dem Bauwerk gehörte eine Anlegebrücke, die an der südlichen Seite des Hafenbeckens errichtet wurde. Das Hafenbecken wurde von der nördlichen und von der östlichen Seite durch ein Bollwerk geschützt. Der Hafen war nach seiner Inbetriebnahme der Platz im Ort, an dem immer Betrieb war. Die Motorboote fuhren dreimal täglich nach Ribnitz. Sie beförderten Passagiere und Stückgüter. Baumaterialien und Schüttgüter beförderten Lastenschiffe. Die Fischer landeten ihre Fänge am Hafen an. Die Hausfrauen spülten die Wäsche von einer Waschbrücke im Hafenbecken. Die Ruheständler trafen sich zum Plausch. Es wurden laufend Instandhaltungen durchgeführt. Die Anlegebrücke wurde mehrmals erneuert, die Pfähle am Rand des Hafenbeckens wurden durch eine Betonmauer erneuert. Das Bollwerk ist laufend repariert worden. 1960 wurde das Bollwerk aus Betonelementen neu gebaut. Die Hafenanlage ist in seiner Form und Ausdehnung fast 100 Jahre unverändert geblieben. Die Nutzung hat sich durch die eingetretenen wirtschaftlichen Verhältnissen geändert. Der Personenverkehr wurde, nachdem die Fischlandchaussee gebaut wurde, mit Bussen durchgeführt. Den Güterverkehr erledigten Lastwagen. Die Anlegebrücke, die stark verfallen war, wurde 1987 im Rahmen einer Übung der NVA der DDR erneuert. An der südlichen Seite des Hafens baute ein Sportbootsverein einen Hafen für Motor- und Segelboote. Der Verein wurde 1985 gegründet. Der Sportboothafen wurde von den Vereinsmitgliedern gebaut. Am Hafen befand sich ein Wirtschaftsgebäude, das 1980 zu einer kleinen Gaststätte umgebaut wurde. Diese Gaststätte wurde 2009 renoviert und mit einem Imbissstand, in dem Räucherfisch angeboten wird, erweitert. Der Hafen ist von 1998 mit Fördermittel der Europäischen Union erweitert und erneuert worden. Die Anlegestelle ist keine Holzbrücke mehr. Sie ist ein massives Bauwerk, ist robuster und haltbarer als die vorherige. Durch ein zweites Hafenbecken, in dem Boote jeglicher Art anlegen können, erhöhte sich die Anzahl der Liegeplätze. Begrenzt wird das Hafenbecken durch eine Spundwand mit einem Fußgängersteg. Neben dem Hafenbecken ist eine Fläche mit Strandsand aufgeschüttet worden, die von Wassersportlern genutzt werden kann. Ein modernes Gebäude, in der die Kurverwaltung und der Hafenmeister Diensträume haben, in dem es Sanitärräume gibt, steht am Hafen. Ein Festplatz, auf dem in der Saison Festveranstaltungen stattfinden und von Mai bis September Markttage abgehalten werden. Angeboten werden Segelfahrten mit Zeesbooten und Fahrten mit einer Barkassse. Ein Fahrgastschiff fährt in den Sommermonaten zwischen Ribnitz, Dierhagen und Wustrow. Die Fischer verkaufen den frisch gefangenen Fisch nach dem Anlanden am Hafen. Zum Areal des Hafens gehört ein Parkplatz sowie ein Kinderspielplatz. Etliche Sitzbänke laden zum verweilen ein. Am Hafen können Urlauber und Einheimische sich entspannen, die Ruhe genießen.

Der Kindergarten

Eine organisierte Betreuung der Kinder im Vorschulalter gab es in Dierhagen nicht. Für die Betreuung der Kinder waren die Ehefrauen zuständig. Die Ehemänner gingen zur Arbeit, sie verdienten den Unterhalt für die Familien. Oft wohnten mehrere Generationen in Großfamilien in einem Haus. Die Großeltern konnten auf die Enkelkinder aufpassen und sie versorgen. Die Mutter bekam dadurch die Gelegenheit in der Landwirtschaft oder in den Saisonbetrieben zu arbeiten, andere Arbeitsmöglichkeiten gab es im Ort nicht. Die politischen und wirtschaftlichen Veränderungen, die es nach 1945 gab, machten deutlich, dass zum Aufbau der durch den Krieg zerstörten Heimat viele Arbeitskräfte gebraucht wurden. Durch die Wirren der Kriegs- und Nachkriegs- zeit waren viele alleinstehende Frauen, die für den Unterhalt ihrer Familien sorgen mussten. Die Leitung der Gemeinde traf Vorkehrungen im Ort einen Kindergarten zu eröffnen. Die größte Schwierigkeit bestand darin, im Ort geeignete Räume zu finden. Ungenutzte Räume waren im Ort nicht. In einem kleinen Raum, in der damaligen Büdnerei Kirchstraße 67 ,wurde 1948 der erste Kindergarten des Ortes eingerichtet. Am Anfang gab es viele Schwierigkeiten, sanitäre Einrichtungen fehlten, auf die Schnelle konnten diese nicht beschafft werden. Feuerung war auch nicht vorhanden. Die ersten Erzieherinnen, Einwohner aus der Gemeinde, hatten keine Ausbildung. Gaben sich aber große Mühe bei der Betreuung der Kinder. Die Einrichtung wurde von vielen Einwohnern unterstützt. Die Kuhhalter spendeten täglich einen ¼ Liter Milch, die von einer Mitarbeiterin geholt wurde. Zum Heizen wurde Holz geworben und Torf beschafft. Schwierigkeiten gab es bei der Finanzierung der Einrichtung, die geregelt wurden. Der Anfang war schwer. Durch die Hilfe, die von vielen Seiten kam, wurde alles gemeistert. Die Zahl der Kinder, die in der Einrichtung betreut wurden, vergrößerte sich. Die Räumlichkeiten in der Kirchstraße reichten nicht mehr aus. 1949 konnte die Gemeinde in der Seestraße eine Büdnerei erwerben. In dem Haus konnten mehrere Räume genutzt werden, ein Schlafraum, in dem die Kinder Mittag- schlaf machen konnten, aus dem Garten wurde ein Spielplatz. Die Betreuung der Krippenkinder wurde separat durchgeführt. Die Anzahl der zu betreuenden Kinder vergrößerte sich, die beiden Einrichtungen mussten erweitert werden. Aus einem nicht mehr benötigten Stall wurde in Gemeinschaftsarbeit, Räumlichkeiten für die Kinderkrippe geschaffen, zu dem Objekt gehört eine Küche. Die Kleinkinder konnten gut versorgt werden. 1968 wurde neben dem Kindergarten in der Seestraße ein neues Gebäude gebaut. Das neue Gebäude war groß und geräumig, darin wurde der Kindergarten eingerichtet. Aus dem vorherigen Kindergarten wurde die Kinderkrippe. In den beiden Einrichtungen konnten alle Kinder des Ortes betreut werden. Versorgt wurden die Kinder durch die Gemeinschaftsküche der beiden Einrichtungen. Aus der Küche wurden die Kinder aus dem Schulhort mitversorgt. Aus der Eigenständigkeit der beiden Einrichtungen wurde die Kombination Kindergarten-Kinderkrippe. In den neunziger Jahren wurde das Haus, in dem die Kinderkrippe untergebracht war, verkauft. Die Krippenkinder bekamen einen Raum im Gebäude des Kindergartens. Die Anzahl der Kinder hatte sich verkleinert, die Räumlichkeiten reichten für die Kinder. Das änderte sich nach mehreren Jahren. Die Anzahl der Kinder, die betreut wurden, vergrößerte sich wieder. In den Sommermonaten 2009 wurde an dem Gebäude des Kindergartens ein Flügel gebaut, in dem ein Aufenthaltsraum eingerichtet wurde. Bei den Baumaßnahmen wurde das Dach erneuert, die Wände mit Isoliermatten beklebt. Das Gebäude ist gut isoliert, so dass viel Energie eingespart wird. Vor einigen Jahren bekam die Einrichtung den Namen „Dei Dierhäger Krabben“. 2005 wurde auf der gegenüberliegenden Seite des Kindergartens ein zweiter Spielplatz mit vielen Spielgeräten und einer Gartenlaube seiner Bestimmung übergeben.

Die Straßen und Verkehrsverhältnisse Dierhagens

Dierhagen war mit seiner Umgebung, auch mit der Stadt Ribnitz mit Landwegen, die sandig, bei Regenwetter aufgeweicht waren verbunden. Für die Verbindung nach Ribnitz wurde vorwiegend der Wasserweg benutzt. Ältere Seefahrer hielten mit so genannten „ Fährbooten „ den Personen- und Güterverkehr aufrecht. Ein regelmäßiger Fahrplan war nicht einzuhalten, die Fahrten waren immer vom Wind und dem Wetter abhängig. Mit den „ Fährbooten „ wurde meistens gesegelt. Bei Flaute wurden sie gerudert, der Kraftaufwand zum Rudern war riesengroß. Die Fahrten über den Bodden haben immer ihre Bedeutung gehabt. Ribnitz erreichte man auch zu Fuß. Das war oft nötig, weil ein Termin wahrzunehmen war. Der Streckenweise sehr sandige, bei Regenwetter morastige Weg, war kein guter Wanderweg, die Einwohner waren oft auf diesen Fußmarsch angewiesen. Die heutigen Menschen würden es als eine große Zumutung empfinden, die 10 km Strecke von Dierhagen bis Ribnitz und zurück zu gehen, die eingekaufte Ware nach Hause zu schleppen. Nach der Fertigstellung des Hafens in Dierhagen 1888 lief ein Ribnitzer Dampfboot auf der Fahrt nach Wustrow, bei der Hin- und Rückfahrt Dierhagen an. Die Verbindung nach Ribnitz mit dem Motorboot ist von den Dierhägern mit Freude angenommen worden, es konnte regelmäßig verkehren. Die Entwicklung des Ortes, die steigenden Bedürfnisse der Einwohner erforderten eine günstige Verbindung zwischen Dierhagen und Ribnitz . Aus diesem Grund wurde 1905 die Motorbootgesellschaft Ribnitz- Dierhagen-Dändorf gegründet. Die Gesellschaft setzte zwei Motorboote in Fahrt, die „ Kronprinz Wilhelm „ und die „ Elise „ , die gekauft wurden. Die Rostocker Zeitung schrieb am 14. Mai 1905, dass sich die Motorbootgesellschaft Dierhagen- Ribnitz – Dändorf gegründet hat. Mit den Motorbooten wurden fast alle Stückgüter befördert. Der Müller in Dändorf , der Korn dazukaufen musste, dass in Dierhagen und geerntete Getreide reichte nicht, ließ das Korn mit den Booten nach Dändorf bringen. Kurz vor dem ersten Weltkrieg kam ein moderner Neubau, dass Motorboot „ Cäcilie „ . Es wurde im Krieg beschlagnahmt, kam in die Stettiner Gewässer, es ist nie wieder aufgetaucht. Die Motorbootgesellschaft löste sich auf. Verbindung nach Ribnitz gab es nicht, die Stadt war nur durch den Fußmarsch zu erreichen. Nach der Inflation befuhr einige Jahre eine ehemalige Hamburger Barkasse den Weg nach Ribnitz. Die Raiffeisenkasse stellte 1926 das Motorschiff „ Onkel Fritz „ in Dienst. Benannt wurde es nach dem ehemaligen Schiffer Fritz Fretwurst, der auf den vorherigen Booten gefahren war.

Die Raiffeisenkasse setzte ein zweites Schiff in Fahrt, den „ Störtebecker „ . Der Schiffsrumpf der „ Elise „ lag auf dem Hafengelände. Der Stellmacher Hermann Thiel baute das Boot wieder auf, es wurde 1935 im Linienverkehr nach Ribnitz eingesetzt. Nach mehreren guten Jahren, in denen außer dem Personenverkehr, der der Ausflugsverkehr aufblühte, ging der Verkehr mit Motorbooten stark zurück. Den Verkehr nach Ribnitz hatten Busse übernommen, die busfahrten waren günstiger als die Fahrten mit den Motorbooten. Die Raiffeisenkasse verkaufte die beiden Motorboote . Nach dem Beginn des zweiten Weltkrieges wurden die Busse abgestellt, sie wurden militärisch eingesetzt. Der Verkehr nach Ribnitz wurde von dem Wustrower Dampfer „ Walter „ durchgeführt. 1944 kam ein Berliner Schiff, die „ Germania „ zum Einsatz, zwischen Wustrow über Dierhagen nach Ribnitz. Nach dem Krig verkehrte wieder der „ Onkel Fritz „ , bis die modernen Busse eingesetzt wurden. Der Weg nach Ribnitz wurde schon erwähnt, wie schwierig es war, die Stadt zu Fuß zu erreichen. Es gab schon immer Bemühungen, von Ribnitz nach Althagen eine Kunststraße zu bauen. Am 10.07.1904 begannen die Stadt Ribnitz und die Gemeinden Körkwitz, Dändorf, Diehagen, Wustrow und Althagen von Ribnitz bis Althagen eine Kieschaussee zu bauen. Am 16.10.1905 wurde von den Gemeinde- vorständen das Protokoll zum Bau der Kieschaussee unterzeichnet. Begonnen wurde der Bau nicht. Ein Grund wird nicht genannt, es ist anzunehmen, dass es bei der Finanzierung Schwierigkeiten gab. Am 25.10.1904 stellte Hans Malchin aus Rostock einen Antrag zum Bau einer Kleinbahn von Ribnitz nach Ahreshoop, bei diesem Antrag ist es geblieben. Der Bau der Betonstraße zum Fischland verzögerte sich. 1927 wurde mit dem Bau der Straße begonnen. Am 9.10.1929 wurde sie dem Verkehr übergeben. Die Stadt Ribnitz beteiligte sich mit 190 000 Mark am Bau, die Ribnitzer hofften das Fischland fester an Ribnitz zu binden. Sie wurden stark enttäuscht. Die Großhändler aus Ribnitz, lieferten ihre Waren mit Fuhrwerken aufs Fischland, war die Straße unpassierbar, wurde sie mit dem Motorboot geliefert. Nach der Fertigstellung der Chaussee kamen Rostocker Händler, sie besaßen schon LKW, sie booten ihre Waren an. Die Gäste, die mit der Eisenbahn anreisten und zum Fischland wollten, fuhren mit Omnibussen zum Fischland. Vorher mussten diese durch die Stadt laufen um mit den Motorbooten zu fahren. Dabei wurden Einkäufe getätigt, die für die Geschäftswelt günstig waren. Die Chaussee war für die Bewohner der Halbinsel Fischland ein großer Vorteil. Der, der in Ribnitz einen Arbeitsplatz hatte, konnte diesen problemlos mit dem Bus oder mit dem Fahrrad erreichen.

Die Schüler, die eine Oberschule besuchten, mussten sich vorher in Ribnitz ein Zimmer nehmen. Die Straße sollte von der Dändorfer Ecke bis zur Dierhäger Kreuzung gebaut werden. In Dierhagen und in Dändorf bildete sich eine Interessengemeinschaft, die sich dafür einsetzte, dass der Verlauf der neuen Chaussee durch die beiden Gemeinden führt. Die Einwohner befürchteten, dass die Vorbeileitung der Chaussee an ihren Dörfern ungünstig sei, die Orte abseits gelegene Dörfer würden. Das Vorhaben wurde genehmigt, die Mehrkosten für die Umleitung mussten die Einwohner tragen. Sie wurden als „ Chausseegeld „ in Raten erhoben. Die Betonstraße war 3 Meter breit, neben der Straße lief ein gleich breiter Sommerweg. Der stark zunehmende Autoverkehr vor allem die moderneren Linienbusse überlasteten die Chaussee stark. Diese wurde auf ihrer gesamten Länge verbreitert. Durch die Verbreiterung konnten alle Fahrzeuge dem Gegenverkehr problemlos begegnen. 1961 wurde die Straße von der Dändorfer Ecke bis zur Dierhäger Kreuzung übergeben. Die Straße war vorher von Althagen über die Dörfer auf dem Darß bis Barth weiter gebaut worden. 1925 war die Kleinbahnstrecke von Rövershagen nach Graal-Müritz fertiggestellt. Vorgesehen war diese Strecke bis Prerow weiter zu bauen. Die Bahnstrecke hätte durch das Ribnitzer Forstgebiet geführt. Ribnitz hatte durch den Bau der Fischlandchaussee schlechte Erfahrungen gemacht, deshalb beschloss die Ribnitzer Stadtverordneten Versammlung am 28.04.1930 kein Gelände für den weiter Bau zur Verfügung zu stellen. Genannt werden muss noch der Segelschlitten. In früherer Zeit war der Bodden in jedem Winter drei bis vier Monate zugefroren. Weil das Wasser kaum Salz enthält bildet sich schnell eine harte Eisdecke, die sich als Transportweg vorzüglich eignet, es darf nur wenig Schnee darauf liegen. Die Bauart des Schlittens war für die Beförderung von Personen und Lasten ausgerichtet. Die Segelschlitten waren in allen Boddendörfern Heimisch. Bei günstigem Wind konnten mit ihm Geschwindigkeiten bis 80 Stundenkilometer erzielt werden. Verkehrsprobleme gibt es nicht mehr , Dierhagen ist mit seinen Ortsteilen durch feste Straßen verbunden. Die Radwege die die Ortsteile miteinander verbinden sind dem europäischen Radwegenetz angeschlossen.


Unser Dorf nach dem Ausbruch des ersten Weltkrieges

Der Ausbruch des Krieges überraschte alle Einwohner. Das gesamte Leben im Ort veränderte sich plötzlich. Die jungen Männer wurden zum Militär eingezogen. Die Seefahrer, die mit ihren Schiffen oft nach entfernten Ländern unterwegs waren, wurden durch diese Nachricht geschockt. Die Zukunft aller war ungewiss. Es konnte keiner wissen, wie alles weiter gehen konnte. Die Fahrten von den Deutschen Häfen nach den Baltischen und Skandinavischen Häfen waren durch den Ausbruch des Krieges eingeschränkt. Sie wurden aber weiter geführt. Die auf diesen Linien fahrenden Seeleute konnten ihre Familien ernähren. Härter traf es die Familien, deren Angehörige auf Fahrt nach fernen Ländern waren. Eine Rückkehr zur Heimat war unmöglich. Die Schiffe wären von den Engländern und Franzosen abgefangen worden. Es gab Länder, in denen die Seeleute sich frei bewegen konnten. In vielen Ländern wurden diese interniert. In den Ländern, die zum Englischen Imperium gehörten, wurden sie als Gefangene behandelt. Sie mussten die vier Jahre hinter Stacheldraht in Lagern verbringen. Für ihre Familien konnten die betroffenen Seefahrer nicht sorgen. Betroffen waren viele Familien in Dierhagen, es waren viele Seefahrer im Ort. Die Versorgung mit Lebensmitteln, die in den Kriegsjahren immer kritischer wurde, war in Dierhagen stabil geblieben. Die Gärten und Ländereien gaben genug her, dass keiner Not leiden musste. Das erste Opfer, das der Krieg forderte, war ein junger Matrose, der seine Familie, Frau und zwei kleine Kinder, hinterließ. Der Krieg forderte sechzehn junge Menschenleben, die in ihren Familien und im Ort schmerzliche Lücken hinterließen. Die lange Abwesenheit der Seefahrer war nachhaltig zu spüren. Die sofortige Rückkehr war oft ausgeschlossen, zur Heimfahrt der Schiffe waren eine Menge Formalitäten nötig. Ein Beispiel soll erwähnt werden. Vier junge Dierhäger waren mit ihrem Schiff bei Kriegsbeginn in Südamerika. Sie kehrten erst 1922 zurück. Für die Dierhäger, die im Krieg ihr Leben ließen, wurde 1924 eine Gedenktafel errichtet. Das Fehlen der jungen Einwohner, die Abwanderung setzte sich fort. Die Jugend kehrte ihrer Heimat den Rücken, in der Hoffnung bessere Chancen im Beruf zu finden. Diese Entwicklung hatte zur Folge, dass nur wenige Familien gegründet wurden. Diese Umstände führten zu einer Überalterung der Einwohner. Ein Dierhäger, der seit seiner Jugend in Hamburg arbeitete, seinen Urlaub in Dierhagen verbrachte, sagte einmal zu mir: „Wenn ich Ende der zwanziger Jahre nach Dierhagen kam, hatte ich den Eindruck, der Ort sei vom Aussterben bedroht“. Viele Häuser wurden nur von einer Person bewohnt. Die Inflation, die als Folge des verlorenen Krieges entstand, hatte ihren Höhepunkt 1923. Der Wert des Geldes wurde in Milliarden genannt. Das Geld, das verdient wurde, war am nächsten Tag wertlos. Durch die Erträge aus den Gärten, von den Feldern und der Viehwirtschaft gab es keine Not in Dierhagen. Im November wurde die Inflation gestoppt. Für eine Billion Papiergeld war der Wert eine Goldmark. Langsam erholte sich die Wirtschaft, einen großen Aufschwung gab es aber nicht. Mehrere Jahre gab es Bemühungen, Dierhagen mit elektrischen Strom zu versorgen. Die Bemühungen gerieten ins Stocken. Viele waren unentschlossen oder skeptisch. Die Kosten sollten so gering wie möglich gehalten werden. Aus dem Grund mussten sich viele Hausbesitzer daran beteiligen. Die Sache zögerte sich so lange hin, bis die Inflation kam. Aktiv in dieser Sache war der Gastwirt Wilhelm Bruß. Er hatte für das Ortsnetz auf eigene Kosten Masten und Leitungsmaterial beschafft. Die Sache war ins Rollen gekommen, sie ging dann zügig voran. Es wurde eine Genossenschaft gegründet, die jeder Hausbesitzer, der Strom beziehen wollte, beitreten musste. In den wirtschaftlich schlechten Zeiten fanden sich Einwohner zusammen, die zeitweise keine Arbeit hatten, um in der Ostsee die Wadenfischerei auszuüben. 1928 begann der Bau der Strandkolonie. In den darauf folgenden Jahren entstand eine Reihe massiver Häuser, in denen Ferienzimmer eingerichtet waren. Gebaut wurde die Gaststätte „Meeresrauschen“ sowie mehrere Pensionen. Nördlich des Badesteiges wurden viele Grundstücke an Bürger verkauft, die entfernt wohnten. Auf diesen Grundstücken sollten Ferienhäuser gebaut werden. Die Erwerber der Grundstücke bekamen die Auflage, die Baubindung in zwei Jahren abzuschließen. Die Wirtschaftskrise, die 1929 begann, verhinderte die meisten Bauvorhaben. Die Betroffenen baten um Verlängerung der Baubindung, die gewährt wurde. Stadtrat a. D. Falkenberg trat an die Stadt Ribnitz im Juli 1928 mit dem Anliegen heran, in den Ribnitzer Stadtwiesen eine Ferienhaussiedlung zu errichten. Die Stadtvertreter erkannten die wirtschaftliche Bedeutung, die das Projekt in dieser wirtschaftlichen schweren Zeit für die Region hatte. Es gab einige Kritik zu dem Projekt, die aufgegeben wurde. Das Vorhaben machte am Anfang große Fortschritte, stagnierte später. Der Betreiber der Anlage bekam Schwierigkeiten, er hatte Häuslebauern zu viel versprochen. Die Anlage bekam die Stadt zurück, sie wurde von dieser weiter vermarktet. Herr Falkenberg hat die als Ödland ausgewiesene Fläche der Kuhweide vom Wiesenweg bis zur Pappelallee gepachtet, um auch auf diesem Areal Ferienhäuser zu bauen. Entstanden ist darauf die Pension „Kohleck“. Das Vorhaben, das Herr Falkenberg angefangen hatte, konnte er nur zu einem Teil verwirklichen. Auf einer Fläche, die landwirtschaftlich unbrauchbar war, entstand in kurzer Zeit eine Ferienkolonie. Für unsere Gemeinde hat sich der Zustrom der Fremden günstig ausgewirkt. Der Ort hatte einen großen Nutzen durch den Bau der Kolonie. Von großer Bedeutung für Dierhagen war der Chausseebau von Ribnitz bis Niehagen. Die verbesserten Verkehrsbedingungen wirkten sich sehr zum Vorteil für die neu entstandene Strandkolonie und für das Ostseebad Ribnitz aus. Diese neuen Objekte entstanden in der Zeit der Weltwirtschaftskrise, in der Arbeitslosigkeit das größte Problem in Deutschland war. Für das neu entstandene wurden Hilfskräfte benötigt, die zu überwiegendem Teil aus unserer Region kamen. Dierhagen hat die Jahre der Wirtschaftskrise ohne große Rückschläge überstanden. Vor dem Beginn der Naziherrschaft waren alle entstandenen Probleme überwunden.