Chronik von Teusin und Roidin

Aus Ortschroniken
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Autor der Chronik ist Alfred Drechsel.


Kenndaten der Ortschronik
OrtTeusin
Zeitlicher Schwerpunkt~ 1000 bis 1990
UrheberrechteAlfred Drechsel und Angelika Mülling
Erstellungszeitraum1950 - 1990
Publikationsdatumveröffentlicht
Inhaltliche KategorisierungChronik der Orte Teusin und Roidin
Status (Ampelsystem)Abgeschlossen


Vorwort zur Chronik der Dörfer Teusin & Roidin

Nach Aussage alter Einwohner, zum Beispiel Frau Annemarie Werner geb. Gabloffsky, besaß die Gemeinde eine, seit langer Zeit geführte, Dorfchronik. Diese wurde jeweils durch den Teusiner Lehrer geführt. Das war zuletzt Herr Gustav Kappis, bis 1945 Lehrer an der Schule in Teusin. Mit dem Ende des 2.Weltkrieges und dem Einzug der Roten Armee als Sieger auch in Mecklenburg/Vorpommern und den damit beginnenden Nachkriegswirren ging die Dorfchronik verloren. Herr Kappis durfte nicht länger im Amt verbleiben, er zog mit seiner Familie nach Utzedel und verstarb wenige Jahre später. Eine ordnungsgemäße Übergabe seiner Amtsgeschäfte an einen Nachfolger gab es nicht, da der Unterricht an der Schule zunächst ruhte und erst nach Monaten wieder aufgenommen wurde. In das Schulhaus wurden Flüchtlinge eingewiesen. Nach Kriegsende wurde der Bauer Hans Bohn, wohnhaft Teusin-Ausbau, als Dorfältester eingesetzt. Weder er noch andere Einwohner haben wohl in den so schweren Jahren der Nachkriegszeit an diese alte Dorfchronik einen Gedanken verschwendet. Sie hatten ganz einfach andere, weit größere Sorgen und Probleme. Als dann nach Jahren nach dem Verbleib dieser Chronik geforscht und gesucht wurde, blieben alle Nachfragen erfolglos, die Chronik war und blieb verschwunden. Die Vermutung liegt nahe, daß diese vernichtet wurde.

1950 kam ich, Alfred Drechsel, Jahrgang 1926, als junger Lehrer nach Teusin und benötigte bald für einen orts- und heimatbezogenen Unterricht konkretes Fachwissen. Auf der Suche danach erfuhr ich einiges Wissen zur Geschichte des Dorfes und der Schule von einigen älteren Einwohnern, besonders von Frau Annemarie Werner. Später ermöglichte mir Herr Pastor Strutz im Pfarrhaus Sanzkow Einblick zu nehmen in das dort gelagerte Material des Kirchenarchivs. Auch im Kreisheimatmuseum Demmin wurde mir freundlicherweise über Jahre hinweg geholfen. Besonderer Dank gebührt dafür Frau Kionke. Dieses Material zu vergangenem Geschehen und laufend gesammeltes Material zu gegenwärtigem Geschehen führten schließlich dazu, eine verloren gegangene Chronik wieder entstehen zu lassen. Der Höhepunkt für diese mir selbst gestellte Aufgabe wurde die für das Jahr 1998 anstehende 750-Jahrfeier der urkundlichen Ersterwähnung des Dorfes Teusin. Diese Aufgabe vermochte ich nur zu bewältigen, weil ich dabei hilfreiche Unterstützung in vielfältigster Form erhielt. Dafür ein herzliches Dankeschön bei allen, insbesondere meinen beiden Mitstreitern an gleicher Aufgabe, Herrn Klaus Maczey aus Utzedel und Herrn Siegfried Arndt aus Demmin. Mit Material und Beiträgen unterstützten mich ebenso die Herren Ernst Klautke, Ulrich Lehmbeck, Friedrich Thuso und Harry Kroll aus Teusin, denen ich mich dankbar verpflichtet fühle. Sehr dankbar für viel Hilfe bei der Bewältigung dieser Arbeit bin ich auch meiner lieben Frau Christel und meinen Kindern für Schreib- und Korrekturarbeiten.

Eine Chronik für beide Orte der Gemeinde liegt nun vor. Die Arbeit an ihr ist jedoch keineswegs abgeschlossen. Noch viele Fragen warten auf klärende Antwort, soweit es überhaupt möglich sein wird, eine solche zu finden. Neue Erkenntnisse zur Vergangenheit gilt es einzuarbeiten, zukünftiges Geschehen festzuhalten.

Teusin, im Mai 1998


Gez. Alfred Drechsel, Lehrer im Ruhestand


Zum Aufbau

Die Teile 1 und 2 sind so angelegt, daß ortsbezogenes Wissen eingebettet ist in landesbezogenes Wissen, basierend auf Angaben zeitgenössischer Chronisten, teilweise belegt durch Zitate. Der Teil 3 stützt sich weitgehend auf Originaldokumente bzw. deren Abschriften, Bildmaterial, Zeitzeugen-Aussagen, Zeitungsbeiträge und Unterlagen.

Geschichtlicher Abriss

Germanische Vorzeit

um 1000 Wendenzeit

           - westlich der Peene die Obotriten
           - östlich der Peene die Wilzen

1107 Wartislaw bildet das erste selbständige Reich in Pommern von der Tollense und unteren Peene bis zur Persante

1113 Polenherzog Boleslaw Schiefmund schlägt die Pommern bei Nakel, verschafft dem Christentum freien Eingang, ruft Bischof Otto von Bamberg

1121 Polenherzog Boleslaw Schiefmund unterwirft Herzog Wartislaw I.

1128 Otto von Bamberg kommt auf seiner 2. Reise nach Demmin

1147 Albrecht der Bär erfolglos vor Demmin

1164 Heinrich der Löwe vor Demmin - Schlacht bei Verchen

1170 Markgraf Otto I. von Brandenburg wird Lehnsherr von Pommern

           Demmin ist Residenz der westpommerschen Herzöge:
                  Kasimir I.     1181
                  Kasimir II.    1187 - 1218
                  Wartislaw III. 1222 - 1263

um 1230 verstärkte Einwanderung deutscher Siedler in das spätere Vorpommern

1283 Demmin ist Mitglied der Hanse (bis 1607)

1295 Wendepunkt in der Entwicklung Pommerns durch Teilung des Reiches in die Herzogtümer:

           Pommern-Stettin, Otto I.
           (zu Pommern-Stettin gehören unter anderem das Land Tollense, die Besitzungen der Klöster Dargun
            und Verchen)
           Pommern-Wolgast, Bogislaw IV.

1338 Ende der Lehenshoheit von Brandenburg

1351 - 1354 Kämpfe zwischen Mecklenburg und Pommern

bis 1474 verschiedene Landesteilungen in beiden Linien

1474 Bogislaw X. vereinigt Pommern, innere Reformen

1532 erneute Teilung Pommerns erfolgt in den östlichen Teil Pommern-Stettin und den westlichen Teil Pommern-Wolgast (seit Ende des 16. Jahrhunderts auch als Vorpommern bezeichnet)

1534 Reformation in Pommern

1625 Herzoghaus Wolgast erlischt mit Philipp Julius

1627 Dreißigjähriger Krieg zieht sich auch nach Vorpommern, Besetzung Rügens und vorpommerscher Hafenorte durch kaiserliche Truppen

1637 Herzoghaus Stettin erlischt mit Bogislaw XIV., Fortführung der Regierungsgeschäfte durch Regentschaftsrat, 1638 Rücktritt

1637/1638 Verwüstungen in Pommern durch kaiserliche und schwedische Truppen

1648 Vorpommern wird im Westfälischen Frieden den Schweden zugesprochen

1659 Belagerung Demmins im Schwedisch-Polnischen Krieg, der Stadt und Land ruiniert, Kurbrandenburg kurzzeitig Herr im Land, Schweden kehren zurück

1676 Demmin vom Großen Kurfürsten Brandenburg belagert, fast vollständig zerschossen, eingenommen, wieder geräumt

1711-1715 Nordische Kriege, Vorpommern unter preußischer Verwaltung

1720 Stockholmer Frieden, Vorpommern südlich der Peene gelangt endgültig zu Preußen

1757 Schweden fallen im 7-jährigen Krieg in Demmin ein, abwechselnd schwedische und preußische Herrschaft

1759 Demmin erlebt letzte Belagerung im 7-jährigen Krieg

1806/1807 Eindringen napoleonischer Truppen in Vorpommern

1815 Preußen erhält den letzten Rest Vorpommerns, Aufkommen der Bezeichnung Neuvorpommern für das Gebiet nördlich der Peene

1818 Neuvorpommern wird Regierungsbezirk Stralsund

1932 Auflösung des Regierungsbezirkes Stralsund und Angliederung an den Regierungsbezirk Stettin

1939-1945 Zweiter Weltkrieg

1945 Bildung des Landes Mecklenburg/Vorpommern

1949 Gründung der Deutschen Demokratischen Republik auf dem Boden der Sowjetischen Besatzungszone

1952 Bezirk Neubrandenburg und Kreis Demmin entstehen aufgrund der Bildung der Bezirke und Kreise

Herbst 1989 friedliche Revolution in der DDR

1990 Ende der DDR und der sozialistischen Zeit, Angliederung an die Bundesrepublik Deutschland, Wiedererstehen des Landes Mecklenburg/ Vorpommern

Von den Anfängen bis zur Schwedenzeit (Teil 1)

Zeugnisse des Anfangs

Das Bodenrelief unserer Landschaft wurde durch die Eiszeit geformt, vor allem beim letzten Eisvorstoß, dem Pommerschen Stadium, vor etwa 15000 Jahren. In der Nacheiszeit entstand in einer tausende von Jahren dauernden Entwicklung die heutige Kulturlandschaft. Der Mensch siedelte sich in ihr als Jäger und Fischer an und hinterließ seine Spuren. Zeugen aus grauer Vorzeit sind Funde, die auch auf dem Territorium der Gemeinde Teusin/ Roidin geborgen wurden:

  • Herbst 1984 - zwei Feuersteinbeile (140 mm und 160 mm lang), gefunden von den Bürgern Ulrich Lehmbeck und Richard Ganzow bei Feldarbeiten etwa 100 Meter hinter dem Dorfrand Teusins links und rechts des Weges nach Roidin
  • In weiteren Jahren - Spinnwirtel verschiedenster Formen und Ausführungen, gefunden bei Gartenarbeiten im Dorf Teusin
  • In früherer Zeit - Feuersteinbeile und Felssteinbeile in beiden Orten, Lanzenspitzen und Feuersteinmesser in Roidin, gleichfalls Trogmühle und Mahlsteine
  • Ein mächtiger Schälchenstein wurde in Dorfnähe auf dem Acker ausgegraben und an die Straße von Teusin nach Utzedel geschleppt. Er liegt nun unübersehbar nur etwa 300 Meter vom Dorfeingang in Richtung Utzedel auf der rechten Straßenseite. Um 1990 wurde in unmittelbarer Nachbarschaft dieses Schälchensteins ein weiterer Stein gefunden, der ebenfalls solche "Schälchen" aufweist. Sein Fundort ist der Teusiner Schulacker an der Utzedeler Grenze. Der Pächter des Ackers grub ihn wegen der Behinderung der Feldarbeiten aus, brachte ihn an den Teusiner Damm und später an seinen Hof in Utzedel.
  • Beim Ausheben der Baugrube für das Eigenheim Czerwinski wurde ein Urnengrab angeschnitten. Die Urne konnte geborgen werden.
  • Ein Grab wurde vor Jahren auf den Tollensebergen entdeckt. Die Teusiner Einwohnerin, Frau Annemarie Werner-Gabloffsky, berichtete darüber:

"Es mag im Jahre 1919 gewesen sein, als der damalige alte Gutsinspektor, Herr Prütz, auf einem der Tollenseberge, meines Wissens nach auf dem dritten rechts vom Hauptweg zur Wiese, ein altes Grab gefunden hat. Es war einige Tage aufgedeckt, und an einem schönen Pfingstabend wanderten die Bewohner von Teusin hinaus, um das Grab zu besehen. Herr Prütz erklärte uns, daß es einen Erwachsenen und einen Kinderleichnam geborgen habe. Die Gebeine darin befanden sich in Hockstellung."

Die Wendenzeit

Als Folge der Völkerwanderung drangen um das Jahr 400 aus dem Osten Slawen in den Raum ein. Slawen - der Name bedeutet "Die Ruhmvollen" (slawa - der Ruhm).

Die Wenden, die dieses Land besiedelten, bildeten zwei große Stammesverbände: westlich der Peene die Obotriten und östlich der Peene die Wilzen, deren bedeutendster Fürst Dragowit war.

Nachdem Karl der Große Ende des 8. Jahrhunderts die Wilzen unterworfen hatte, wurden sie in der Folgezeit unter dem Namen Liutizen oder Leutitier genannt. Die Wilzen oder Liutizen setzten sich aus 4 Stämmen zusammen: Circipaner und Kessiner, die nördlich der Peene siedelten, Rhedarier und Tolenser(oder Tholosaner), die südlich der Peene siedelten. Die Schreibweise und Aussprache dieser Stammesnamen weicht vielfach bei den Geschichtsschreibern voneinander ab.

In dieser Zeit hatte sich folgende Verwaltungsgliederung herausgebildet: Oberbezirk mit einer Burg (castro) als Mittelpunkt, daher auch Burgbezirk (Burgwardia) genannt. Das Regiment im Oberbezirk führte der Kastellan, weshalb die Bezeichnung Kastellanei gebraucht wird. Auch Demmin mit der Burg Demmin (Haus Demmin) war eine Kastellanei. Ihr letzter Kastellan um 1235 hieß Nizul. Zu einem Oberbezirk gehörten Unterbezirke oder Länder (terrae) mit einem Burgwall als Zentrum. Zur Kastellanei Dymin gehörten die beiden Unterbezirke/ Länder : Plothe - östlich der Tollense bis Lositze (Loitz) und Tolenze zwischen Tollense und Peene bis zum Tollensesee und Müritzsee. Im Raum Teusin und Roidin siedelten also Tolenser - die in der Niederung Wohnenden.

Etwas über diese Zeit erfahren wir bei Helmold, Pfarrer zu Boso am Plöner See, welcher um das Jahr 1172 eine Slawenchronik verfaßte. Er schreibt, (entnommen der "Geschichte Mecklenburgs" von Ernst Boll) daß der Boden des Landes nur sehr wenig kultiviert war, zum Teil noch mit sehr großen Waldungen bedeckt. Andere Teile waren große Sümpfe. Die Slawen wendeten dem Ackerboden keinen großen Fleiß zu. Sie betrieben ihn nur soviel als unumgänglich notwendig war, und zwar ihres leichten Ackergerätes wegen nur auf leichten Böden und in Waldlichtungen. Mehr sagte ihnen Viehzucht (besonders Schweinezucht) Jagd, Fischfang und Raub zu, besonders Seeraub. Auch beim Häuserbau gaben sie sich wenig Mühe. Sie fertigten Hütten aus Flechtwerk, da sie nur zur Not Schutz gegen Sturm und Regen suchten. So oft ein Krieg auszubrechen drohte, verbargen sie alles Gut, Getreide, und was sie an Kostbarkeiten besaßen, in Gruben. Weib und Kinder brachten sie in die festen Plätze oder zumindest in die Wälder. So blieb dem Feind nichts zu plündern übrig als die Hütte, deren Verlust sie sehr leicht ertrugen. Ziegelbau war völlig unbekannt. Die Slawen wohnten in kleinen Weilern und auf einzelnen Gehöften. Ihr ganzes Leben war den Erfordernissen ihrer Zeit angepaßt, einer Zeit, die durch das Bestreben der deutschen Fürsten, vor allem der Sachsenkaiser, gekennzeichnet war, sich die wendischen Nachbarn östlich der Elbe zu unterwerfen.

Ursache für Kriegszüge waren teilweise Streitigkeiten zwischen den wendischen Stämmen der Wilzen und Obotriten, die auch König Karl 789 schlichten wollte. 812 erfolgte erneut ein solcher Zug. Die Folgezeit war durch zahlreiche Versuche der Unterwerfung der Wendenstämme, vor allem durch die sächsischen Könige, gekennzeichnet. Teilweise kämpften die Wenden mit Erfolg dagegen, gerieten aber immer wieder in äußerste Not. Widukind, ein Mönch und Analenschreiber, gestorben zwischen 804 und 812, charakterisierte das folgendermaßen: Doch zogen sie (die Wenden) nichtsdestoweniger den Krieg dem Frieden vor und setzten jedes Elend gegen die teure Freiheit hinten an. Denn dieser Menschenschlag ist hart und ausdauernd in der Arbeit und an die dürftigste Nahrung gewöhnt. Und was den unseren (den Sachsen) eine schwere Last zu sein pflegt, das ist den Slawen eine Art Lust."

Kaiser Otto I. war nach 941 darauf bedacht, die Herrschaft über die Slawen durch deren Christianisierung zu sichern. Er begann dazu in den wendischen Landen Bistümer einzurichten. 946 stiftete er das Bistum von Havelberg, "dessen Sprengel lief längs der Elde und Peene, bis wo dieser Fluß ins Meer geht." Zu ihm gehörte auch das Land Tholenz.

968 errichtete Kaiser Otto das Erzbistum Magdeburg, dem das Bistum Havelberg unterstellt wurde- mit dem Zehnten vom Silber-Census auch des Landes der Tholensanen. Bis jedoch die Christianisierung darin einsetzen sollte, verging noch viel Zeit.

Die Christianisierung

Die Wenden in Vorpommern wurden erstmalig um das Jahr 1026 angehalten, den christlichen Glauben anzunehmen, nachdem Herzog Boleslaw von Polen damit durch den Kaiser Otto III. beauftragt worden war. Es gelang ihm jedoch trotz mehrmaliger Versuche nicht. Die Wenden Vorpommerns hatten zu dieser Zeit andere Sorgen.

Thomas Kantzow, Geheimschreiber in der Fürstlichen Pommerschen Kanzley zu Wolgast (gestorben 1542), berichtet in seiner "Pomerania" davon: Die 4 Stämme der Liutizen entzweiten sich um das Regiment und die Herrschaft, wer also über wen herrschen sollte. Darum erhob sich um das Jahr 1051 unter ihnen ein großer Krieg. Die Tollenser und Rhedarier wollten wegen ihrer Altheit und ihrer Stadt Rhetra, wo der Abgott Radegast war, die Oberhoheit haben und maßten sich deshalben eine sonderliche Adlichkeit gegenüber den anderen an, weil alle anderen Wenden ihren Gott besuchen mußten. Aber die Circipaner und Kitzinger wollten den anderen nicht Untertanen sein, sondern ihre Freiheit mit der Faust verteidigen. "Also wuchs von tag zu tag grull, bis das sie zu Velde zogen." Da wurden die Rhedarier und Tollenser, die das Spiel angefangen hatten, geschlagen und niedergelegt. Aber sie erholten sich wieder und wurden abermals geschlagen und noch ein drittes Mal und so, daß sie aus eigenen Mitteln und eigener Macht nichts mehr tun konnten. Sie riefen nun den König von Dänemark, den Herzog von Sachsen und Gottschalck, den Fürsten der Obotriten zu Hilfe, "...der ein jeglicher sein her mitbrachte. Dieselben hielten sie sechs Monate lank unter jre besoldung, erschlugen die Circipaner und Kitziner zu boden."

1107 bildete der wendische Fürst Wartislaw das erste selbständige Reich in Pommern, es erstreckte sich von der Tollense und unteren Peene bis zur Persante. Pommern - auf wendisch "die Lande so liegen beim Meere"

Die Folgezeit war angefüllt mit kriegerischen Auseinandersetzungen, vor allem mit dem Polenherzog Boleslaw. Die Pommern richteten auf Kriegszügen in Polen immer wieder große Verheerungen an, die der Polenherzog mit Strafzügen beantwortete. Schließlich wurden die Pommern 1113 bei dem Schlosse Nakel in Hinterpommern vernichtend geschlagen. Der Polenherzog Boleslaw war schon zum Christentum übergertreten und verschaffte nun dem Christentuzm freien Eingang in Pommern, zumal Fürst Wartislaw ihn darum ersuchte, bei der Bekehrung der Pommern behilflich zu sein. Da die Pommern, und insbesondere die Stämme in Vorpommern, sich hartnäckig gegen den neuen Glauben versperrten und ihre alten Götter behalten wollten, kam es zu unzähligen Auseinandersetzungen. Der Polenherzog rief deshalb den Bischof Otto von Bamberg ins Land, um den Pommern das Christentum zu predigen. 1128 kam Otto von Bamberg auf seinem 2. Zug ins Pommernland nach Demmin. In der Demminer Chronik von Stolle wird berichtet, daß die ganze Stadt noch heidnisch war, nur der Kastellan war schon getauft. Dieser wies dem Bischof eine alte Burg (Haus Demmin) als Quartier an. In der folgenden Nacht kam dann der Herzog Wartislaw mit seinen Truppen an. Dabei kam es irrtümlich zu einem kurzen Kampf zwischen seiner Reiterei und dem eigenen Fußvolk, welches mit dem Schiff schon früher angekommen war. Otto von Bamberg wurde durch diesen Lärm tüchtig erschreckt und wollte schon fliehen. Er blieb 3 bis 4 Tage vor Demmin in der Burg, betrat aber nach Anraten Wartislaws nicht die Stadt. Kantzow schreibt darüber so: "So kham darnach der Fürst mit glück vnd sieg, vnt brachte große bewte an menschen, vieh vnd anderem, vnd fhürete S.Otten mit sich nach Vßedohm." Wartislaw versammelte einen Landtag zu Usedom, dort taufte Bischof Otto die vornehmsten Abgeordneten, darunter auch welche aus Demmin. Otto von Bamberg machte den Albertus zum Bischof der Pommern und schickte Gehilfen aus, die die Lutizier bekehren sollten. Der Glaube an die alten Götter war aber so fest verwurzelt, daß von einem festgegründeten Christentum in dieser Zeit noch nicht die Rede sein kann. Demmin galt noch 1147 als ein Bollwerk des heidnischen Wendentums, also über den Tod des Herzogs Wartislaws hinaus, der wegen seines Übertritts zum Christentum 1135 von einem wendischen Heiden in Stolp an der Peene nachts im Schlaf erstochen wurde. Kantzow schreibt darüber:"Es ist aber so ein weidlicher starker Fürst gewest, das er, sobald er den stich gefült, aufgefharen ist, vnd den verreter bei den Kennebacken hat erhascht, vnd jme die Kennebacken von ein gerißen, das er hat in derselbigen stet mit jme sterben müßen." 1151 kamen Wartislaws Söhne Bogislaw I. (Bugslaw) und Kasimir I zur Regierung. Sie erhielten Vorpommern und wählten Demmin als Residenzstadt. Häufig nannten sie sich Herzog von Demmin. Unter ihrer Herrschaft wurden die kriegerischen Auseinandersetzungen noch schlimmer. Ursache dafür war, daß die Demminer Herzöge den vom Sachsenherzog Heinrich dem Löwen vertriebenen Fürsten der Obotriten, Pribislaw, aufgenommen hatten. Sie unterstützten ihn darin, sich sein Land wieder untertan zu machen. Es kam 1164 zur Schlacht bei Verchen und nach Aussage des Zeitzeugen Helmold in der Folgezeit zu einer völligen Verwüstung des Landes. Martin Wehrmann schreibt in seiner "Geschichte von Pommern" (erschienen 1904) , daß nach der Versöhnung des Obotritenfürsten Pribislav mit Heinrich dem Löwen der Prozeß der Christianisierung im Pommernland verstärkt fortgeführt wurde. Heinrich der Löwe fand in Pribislav und den beiden Pommernfürsten Helfer und trieb nun die Mission in den Ländern Loitz, Triebsees, Plote sowie bei Demmin voran. Diese Gebiete wurden 1170 mit Circipanien und einem Teil des Landes der Ranen dem Bistum Schwerin zugelegt, an dessen Spitze seit 1158 Berno stand. Durch Berno erfolgte 1172 die Begründung des Zisterzienserklosters Dargun im Lande Circipanien. Dort also, wo sich bis dahin noch keine einzige christliche Kirche befand. So war äußerlich die Organisation der Kirche durchgeführt. Bogislaw fand sich 1181 bei Kaiser Friedrich I. vor Lübeck ein und erhielt von ihm unter Überreichung einer Fahne die Belehnung mit seinem Lande. So wurde er direkter Vasall des Kaisers und als Herzog von Pommern Reichsfürst. Er war deutscher Fürst geworden, sein Land aber war noch keineswegs deutsch. Die Zahl der dort wohnenden Deutschen war noch ebenso gering wie die der Christen. Herzog Bogislaw I. führte auch nach wie vor ständigen Kleinkrieg, vor allem mit dem Dänenkönig und dem Fürsten der Rugianer, Jaromar. Das hatte zur Folge, daß sich für unser Gebiet nach Kantzow folgendes Bild ergibt:"Es ist aber Herzog Bugslaw sein wendisch Volk so gar in diesen Kriegen erschlagen und ausgerottet, daß das Land gar wüst und öde wurde." Kantzow schlussfolgert: "Und läßt sich hieraus ersehen, daß es wahr ist, was Helmoldus von den Wenden schreibt, daß es ihnen eine Lust gewesen ist, mit den Dänen immer Krieg zu haben, denn sie hätten wohl Frieden behalten, wenn sie nur Frieden gehalten hätten." Bogislaw I. starb 1188. Zu dieser Zeit hatte das Christentum in Vorpommern festeren Fuß gefaßt. Die ersten deutschen Ansiedler kamen vom Kloster Dargun und auch vom Pommernfürsten herbeigerufen, um das Land zu bevölkern.

Ersterwähnung der Dörfer Teusin und Roidin

Am 11.Mai (Quinte Idus Mai) anno 1248 bestätigte Herzog Wartislaw III. in seiner Demminer Residenz als westpommerscher Herzog dem Kloster Dargun die (intergolierte) Konfirmation seines Vaters Kasimir II. von 1209 und bestätigte dann die von ihm selbst sowie auch von den mecklenburgischen Fürsten Johann, Borwin und Pribislaw dem Kloster verliehenen Güter

"...quator mansos in Bronisow et quator in Tusin."

Die Urkunde über diesen Vorgang ist abgedruckt im "Pommerschen Urkundenbuch" (neu) unter der Urkundennummer 467. Das Jahr 1248 ist somit die erste urkundliche Erwähnung des Dorfes Teusin. Diese steht mit der Entstehung des Klosters Dargun im Zusammenhang.

Deshalb zum Kloster einige Anmerkungen: 1209 ist das Jahr, in dem Dargun mit Mönchen aus Doberan neu besetzt wurde. Die erste Gründung des Zisterzienserklosters war am 25.Juni 1172 erfolgt. Sie ging vom dänischen Kloster Esrom aus. Auf Betreiben des Schweriner Bischofs Berno wurde von drei wendischen Edelleuten, den Brüdern Mirignew, Monik und Kotimar, unter dem Schutz des Pommernherzogs Kasimir I. (Demminer Herzog) die Klostergründung auf dem Burgberg gefördert. Dargun galt als die erste Kirche in ganz Circipanien. Diese erste Klostergründung ging schon wenige Jahre später, zwischen 1175 und 1178, im Krieg zwischen Rügen/ Dänemark und Brandenburg unter. Die Mönche erlagen den hereinbrechenden Verfolgungen und wanderten aus. Mit der Neubesetzung Darguns im Jahre 1209 war eine Ausstattung des Klosters mit Grundbesitz verbunden. Diese erfolgte namentlich im pommerschen Land Tollense, so Usathlin (Utzedel) mit 30 Hufen, Zanzekowe (Sanzkow) mit 10 Hufen, Japezowe (Japzow) mit 18 Hufen, Bronsowe (Hohenbrünzow) mit 4 Hufen, Tusin (Teusin) mit 4 Hufen.

Tusin - mit diesem Namen ist sicherlich noch das slawische Dorf gemeint. Der Name Tusin stammt vielleicht vom böhmischen tuz und bedeutet der Vogel Trappe oder vom slawischen tuze und bedeutet fest und stark. Tusin war vermutlich ein kleiner Weiler. Seine Bewohner gehörten zum Stamme der Tollenser oder Tholosanen, die wiederum zusammen mit den Rhedariern, Kessinern und Circipanern den großen Stammesverband der Lutizen bildeten.Das Leben dieser Menschen beschreibt der Pfarrer zu Boso, Helmold, in seiner 1172 verfassten Slawenchronik. Das ganze Slawenland überzog ein beinahe flächendeckendes Netz von Burgwällen. Die für Tusin genutzte Fliehburg könnte die Burgwallanlage gewesen sein, die im Jahre 1969 der Roidiner Revierförster Conrad Philipps in seinem Revier entdeckte. Diese Anlage war bis dahin unbekannt. Der Burgwall ist sehr deutlich als solcher auszumachen und liegt im Roidiner Wald im Übergangsbereich der Talsohle des Tollenseflusses zum Talrand inmitten grundlosen Morastes. Er hat einen schmalen Zugang zur Tallehne und noch sehr steile Wälle. Dieser Burgwall ist zu erreichen, wenn man flussaufwärts der Burgruine Osten den ersten Bach in Richtung Roidiner Wald geht. Aber nur in trockenen Sommern ist es möglich, ohne Beschwernis in den Burgwall zu gelangen. Aller Wahrscheinlichkeit nach sind also beide Dörfer, Teusin und Roidin, (als slawische Siedlungen mit der typischen Endung -in) wesentlich früher entstanden als in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts.

Im Pommerschen Urkundenbuch (neu) ist unter der Nummer 565 die nächste aussagekräftige Urkunde für Teusin zu finden: Am 10.März 1253 verleiht in Dargun Bischof Herrmann von Camin dem Kloster...darunter auch... in Toisin IIII or. Fünf Jahre nach der urkundlichen Ersterwähnung des Ortes erschien der Ortsname in der noch heute gebräuchlichen Aussprache, aber in einer anderen Schreibweise. Letztere blieb noch bis in das 19. Jahrhundert unterschiedlich: Toysin, Doysin, Toisin.

1289 ist das Jahr der ersten urkundlichen Erwähnung des Dorfes Roidin.

Am 29.Juni 1289 schenkte der Herzog Bogislaw IV. (1278 - 1309) dem Kloster Reinfeld das Eigentum seiner Güter in Bollentin und Roidin, "...super villas Bolentin et Reydin..." (villa = Dorf)

Das Original der Urkunde liegt im Geheimarchiv zu Koppenhagen. Die Universitätsbibliothek Greifswald verwahrt eine unvollständige Abschrift Kosegartens nach einer Thorkelinischen Abschrift. Diese Angaben sind dem "Pommerschen Urkundenbuch" Band II auf Seite 78 entnommen. Dort ist zu dieser Urkunde noch angegeben:"An einem reichen Büschel von recht frisch aussehenden rothen und grünen Seidenfäden hängt das runde Reitersiegel des Herzogs, auf der Rückseite des Siegels sind 3 Fingereindrücke. Das Siegel ist unrein und wenig scharf, gelbes Wachs." Der Name des Ortes Roidin soll auf die slawische Bezeichnung für Raseneisenerz oder Raseneisenstein zurückzuführen sein. Roidin wurde zumeist als Roydin geschrieben, hat in der Schreibweise und Aussprache somit keine erheblichen Veränderungen erfahren.

Im gleichen Jahr, 1289, wird nach Urkunde III 2024 durch das Kloster Dargun das weit südlich bei Treptow gelegene Japzow aufgegeben und dafür vom Kloster Reinfeld das ganze Dorf Teusin gewonnen.

Mittelalterliche Entwicklung

Mit der Neubesetzung des Zisterzienserklosters Dargun 1209 erhielt auch die Christianisierung im Lande einen gewaltigen Aufschwung. Gleichermaßen erging es der Germanisierung.

Thomas Kantzow sagt in seiner "Pomerania" dazu: "So war bei dieser Fürsten Zeit (Bogislaw II und Kasimir II.) etliche Jahre guter Friede, darum erholte sich das Land, das so durch Kriege sehr geschwächt ward und fast wüste und öde. Es kamen Deutsche und Sachsen herein in Haufen, sonderlich aus dem Lande Braunschweig und Lüneburg. Sie bauten viele Städte, etliche neu auf und etliche, die zuvor verwüstet waren. Und es sind auch viele Edelleute daher gekommen, und denselben Edelleuten haben die Fürsten hin und wieder wüste Feldmarken geschenkt. Die Edelleute haben fortan sächsische Bauern hereingebracht, die Höfe und Dörfer gebaut, die verwüsteten Äcker gerodet und also das Land zur Tracht gebracht haben."

Martin Wehrmann schreibt in seiner Geschichte "Geschichte von Pommern", daß für das weitere Eindringen des Deutschtums die Einwanderung deutscher Edelleute von Bedeutung war, die oft aus drückenden Verhältnissen in der Heimat auszogen und sich in dem erschlossenen Koloniallande eine neue Existenz gründeten. Das Bestreben der slawischen Fürsten, sich in ihrem Lande und an ihren Höfen einen deutschen Adel zu schaffen, bahnte diesen die Wege, und so bemerken wir, wie in der Umgebung Wartislaws III.(1222 - 1263) und Barnims I. (1264 - 1278) die Zahl der Deutschen ständig zunimmt.

Konrad Maß, Magistratsassessor in Stettin, schreibt in seiner 1899 erschienenen "Pommerschen Geschichte" zur deutschen Kolonisation bis ins 14. Jahrhundert: "Die deutschen Adligen waren freier edler Abstammung und zählten zum Ritterstand. Sie traten als Krieger, Hofbeamte oder Vermittler mit fremden Mächten auf und nahmen sozial und rechtlich eine bevorzugte Stellung ein, denn die Fürsten zogen diese ihren eigenen Landsleuten vor, da sie sich zu Verwaltungsstellen und militärischen Posten vielfach gewandter zeigten als der einheimische Adel.

Für die kirchliche Entwicklung des Gebietes zwischen Peene und Tollense wurde die herzogliche Residenz Demmin bestimmend. Noch in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts gehören hier die Kirchengründungen unter anderen in Utzedel und Hohenmmocker. Die Entstehungszeit des mehrfach umgebauten Feldsteingebäudes der Kirche Sanzkow läßt gleichfalls das 13. Jahrhundert vermuten. Aus dieser Gründungszeit stammt auch ein Taufstein aus dieser Kirche. (Abb. in "Die Baudenkmale und Kunstdenkmale in der DDR - Bezirk Neubrandenburg) Aus dieser Zeit stammen ebenfalls Skelette auf dem Gräberfeld bei Sanzkow, gefunden beim Bau der neuen Straße nach Sanzkow. Die Auswertung der Ausgrabung des umfangreichen Gräberfeldes aus dem 12. und 13. Jahrhundert wurde im Handbuch "Die Slawen in Deutschland" aus dem Akademie Verlag Berlin vorgenommen.

Es darf wohl angenommen werden, daß die Veränderung der Aussprache des Ortsnamens von Tusin in Toisin mit der Ansiedlung deutscher Kolonisten in Verbindung gebracht werden könnte. Dafür spricht auch die Flurbezeichnung "Dorpsted", die heute nicht mehr bekannt ist, die aber bei der ersten kartographischen Landesaufnahme 1698 durch die Schweden noch gebräuchlich war und eingetragen wurde. Als "Dorpsted" bezeichnet wurde die Flur östlich der heutigen Dorfanlage, hinter dem alten Gutskuhstall gelegen. In der Regel wurde mit dieser Flurbezeichnung der Standort der alten und wüst gewordenen wendischen Dorfanlage bezeichnet. Das besagt, daß die deutschen Siedler neben dem wendischen Dorf ihre neue Siedlung anlegten.

Ähnlich verlief die Entwicklung in neuen deutschen Städten, die sich an alte slawische Niederlassungen angeschlossen hatten. Der Landesherr vergab solchen Ortschaften deutsches Recht. Demmin erhielt Lübisches Recht. Die Zahl der Deutschen überwog, die Slawen waren bald ganz unbedeutend und blieben in ihrem Stadtteil sitzen, der zum Dorfe oder zur Vorstadt herabsank.

In den Dörfern ging die Besiedlung meist so vor sich, daß der zur Anlage des Dorfes erforderliche Grund und Boden einem Unternehmer, dem lokatores, übergeben und von diesem unter den Genossen zum Zwecke der Bebauung zu erblichem Besitz verteilt wurde. In den ersten Jahren besaßen die Bauern das Land lasten- und abgabenfrei, später hatten sie einen mäßigen Zins an den Grundherren und den Zehnten an die Kirche zu zahlen. Der Unternehmer erhielt für seine Arbeit einen größeren Teil des Gebietes und bekleidete meist das Schulzenamt. Verdrängungen der slawischen Bauern kamen nur selten vor, häufiger war freiwillige Abwanderung, die meisten blieben im Lande. Meist wurde den Slawen deutsches Recht verliehen, so fand, vorwiegend auf dem Lande, schnell eine Vermischung statt, wobei das germanische Element stark überwog.

Pommern war Anfang des 14. Jahrhunderts deutsch geworden. Auf dem Lande hatte der auch für schweren, lehmhaltigen Boden geeignete deutsche Pflug mit eiserner Pflugschar den leichten wendischen Haken verdrängt. In der Regel wurden Roggen, Weizen, Gerste, Hafer, Erbsen, Heidekorn und Hopfen angebaut. Im Lande selbst wurden aber davon nur der zwanzigste Teil verbraucht. Darum wurde viel Getreide, vor allem Roggen und Malz, westwärts nach Schottland, Holland, Seeland und Brabant verschifft. Hopfen und Malz nach Schweden und Norwegen. Auch Pferde, Ochsen, Schweine, Schafe und Bienen wurden in andere Länder verkauft. Verhandelt wurden auch Honig, Speck, Butter, Wolle, Häute und Talg. Die Lage der Bauern verschlechterte sich jedoch allmählich, besonders in den Dörfern, die einen Ritter als Grundherren hatten. Die Bauern wurden mit Steuern schwerer belastet. Der Grundherr forderte den großen Zehnten von allen Früchten und den kleinen Zehnten von allem Viehzuwachs. Die Geistlichkeit verlangte ihren Zehnten und das Meßkorn. Der Landesherr bezog gewisse Gefälle und hatte das Recht auf Einlager, was eine schlimme Plage war. Besonders drückten außergewöhnliche Abgaben, wenn sie vom Landesherren als Bede (Bitte) gefordert wurden, zum Beispiel zur Aussteuer oder Hochzeit fürstlicher oder adliger Fräuleins.

Grundherr der Toisiner und Roidiner Bauern war der Besitzer des herzoglich-pommerschen Burggutes Osten. Toisin und Roidin gehörten zusammen mit Schmarsow und Vanselow zur Ostenschen Begüterung. Die Frage danach, seit wann, kann ebenso nicht beantwortet werden, wie auch die Frage nach der Entstehung der Wasserburg am Tollensepaß.

Um 1240 traten in vorpommerschem Gebiet bereits zahlreiche Angehörige deutscher Adelsgeschlechter auf, unter anderem die Moltzan und Osten. Mit dieser Zeit traten auch unsere vorpommerschen Dörfer aus ihrer Anonymität heraus. Das Schicksal beider Dörfer, Toysin und Roydin, wurde auch in wendischer Zeit mit Sicherheit von ihrer Lage am Tollensepaß als dem Demmin am nächsten gelegenen Übergang über den Fluß beeinflußt. So darf angenommen werden, daß der heute noch als "Osten" bezeichnete Tollenseübergang auf eine der üblichen fürstlichen Schenkungen wüst liegenden Landes an das Geschlecht dieses Namens zurückzuführen ist.

Vor dem Rügenschen Erbfolgekrieg zwischen Mecklenburg und Pommern/ Wolgast im Bündnis mit den vorpommerschen Städten war Osten im Besitz des Henning von Winterfeld. Dieser begab sich während der Auseinandersetzungen auf die Seite der Mecklenburger. In einem Revers, ausgestellt am 5. August 1326, verspricht er dem Fürsten Heinrich von Mecklenburg, ihm mit seinen Schlössern Osten, Wolde und einem Teil der Burg Demmin zu Diensten zu stehen. Am Ende des Krieges kämpfte er aber wieder Schulter an Schulter mit den Pommern. Es ist anzunehmen, daß dieses Revers in einer Zwangslage ausgestellt worden war.

Im Kampf um Loitz, das von den Mecklenburgern eingenommen worden war, wurde von den Pommernherzögen ein Ritter Heinrich Moltzan in Dienst genommen, "damit er ein Kriegsvolk aufbringe und führe". Loitz wurde den Mecklenburgern genommen und "her Heinrichen Moltzan eingethan".

1328 beendete der Frieden von Brudersdorf bei Demmin diesen Krieg. Pommern/ Wolgast trat das Rügensche Erbe an.

Ob in diesem Zusammenhang die Ritter von Winterfeld für ihre Untreue bestraft wurden, ist nicht nachzuweisen, aber zu vermuten: 'Um diese Zeit ging das herzoglich-pommersche Burggut Osten in den Besitz des Geschlechts der Moltzan über und blieb über Jahrhunderte als Lehen in dessen Besitz.' 1348 wird ein Bernhardus Moltzan als Schloßherr auf der Burg Osten urkundlich nachgewiesen. 1357 wird dem Ritter Moltzan auf Osten das Amt des Erbmarschalls in Pommern verliehen. Die Moltzans waren damit in den bevorzugten Stand der "Schlossgesessenen" aufgestiegen. Konrad Maß sagt über den Lehnsmann: "Er gab sich durch das Gelöbnis, seinem Landesherren hold und gewärtig zu sein, mit seiner Person und seinem Gut in dessen Dienst. Diese Lehensaristokratie hatte sich über ganz Deutschland verbreitet. Die persönliche Leistung der Ritter an den Lehnsherren bestand hauptsächlich im Roßdienst, der nach dem Grundbesitz, später nach dem ganzen Vermögen, bemessen wurde. Der Fürst mußte wiederum allen Schaden, den der Ritter durch Hilfeleistung im Krieg erlitt, ersetzen, ihn aus Gefangenschaft loskaufen, die Kosten seiner Heilung bezahlen. Zudem mußte der Fürst für den Unterhalt der Ritter sorgen. Obwohl kostbarer Waffenschmuck in Pommern nicht gebräuchlich war, erforderte dieses System vom Adel ungeheure Summen.

Sowohl das 14. als auch das 15. Jahrhundert waren mit kriegerischen Auseinandersetzungen angefüllt. Dazu kamen die verschiedensten Landesteilungen in den Linien des Herrscherhauses. In dieser Zeit häuften sich die Klagen über große Unsicherheiten auf den Landstraßen. Der Handel kam fast zum Erliegen. Räuber und Wegelagerer, darunter auch verarmte Ritter, trieben ihr Unwesen.

Erst mit dem Regierungsantritt des Herzogs Bogislaw X. im Jahre 1474 trat ein Wandel ein. Der Herzog begann in seinem Land die Dinge mit Erfolg zu ordnen. So geschah es auch mit der Gerichtsbarkeit im Lande. Nach Boll gab es das Schulzen- oder Bauerngericht mit dem Dorfschulzen als Vorsitz und angesehenen Bauern als Schöffen. Es richtete über Bagatellsachen, zum Beispiel Diebstähle bis zum Wert von etwa 3 Scheffel Getreide. Auch gab es auf dem platten Lande Vogteigerichte (Landding genannt) mit einem fürstlichen Vogt als Vorsitz und Dorfschulzen als Schöffen. Es sprach nach dem Landrecht, ein meist ungeschriebenes Gewohnheitsrecht. Ihm stand die höhere und niedere Gerichtsbarkeit für alle ländlichen Bewohner zu, ausgenommen die Vasallen. Die Strafen waren oft willkürlich und hart. In den ersten Zeiten der Germanisierung fand die Reinigung des Angeklagten durch Gottesurteil statt, vornehmlich durch die Feuerprobe: Wenn einer bei Diebstahl oder Raub leugnete, dann musste er zum Beispiel mit bloßen Füßen über 9 glühende Pflugschare hinweggehen oder das glühende Handeisen greifen und festhalten. Diese Art der Gerichtsbarkeit legte den ohnehin geplagten Bauern ständige Angst und Bedrückung auf.

Wie es sich in einem vorpommerschen Dorf lebte, hing auch mit dem Grad der Abhängigkeit zusammen. Es gab Dörfer mit Unternehmern (locatores), denen Land zur Verteilung zugewiesen worden war und die nun unter freien Männern das Schulzenamt bekleideten. Als ein solches Bauerndorf muss man Teusin betrachten. Meist gab es aber zu dieser Zeit schon die sogenannten "Höfe", auf denen Grundbesitzer mit ihren hörigen Hintersassen lebten. Diese waren zum größten Teil in unwürdiger Abhängigkeit mit Verpflichtung zu allen möglichen Lasten. Sie schmälerten die persönliche Freiheit und schufen eine große Zahl von Bedrückungen. Zu einem solchen Dorf entwickelte sich Roidin.

Als die Söhne Herzogs Bogislaw X. ,'Georg I. und Barnim XI., nach seinem Tod am 5.Oktober 1523 gemeinsam die Regierung übernahmen, änderten sich die Verhältnisse wieder und das Land zerrüttete zunehmend. Dieser Zustand fiel schon in die Zeit der Reformation und damit der Neuzeit.


Die Reformation

Der Pommernherzog Bogislaw X. starb am 5.Oktober 1523 und seine beiden Söhne, Georg I. und Barnim XI., hatten nach altem Herkommen gemeinsam die Regierungsgeschäfte übernommen. Die Zeit nach Luthers Thesenanschlag in Wittenberg 1517 und vor dem Ausbruch des Bauernkrieges 1524/25 strahlte auf alle deutschen Reiche und ebenso auf die Geschichte und Entwicklung Vorpommerns aus.

Die ersten wirksamen Spuren von Luthers Auftreten zeigten sich in Stralsund 1525 in der Karwoche bei Kirchenplünderungen und im Kloster Belbuck bei Treptow an der Rega, wo der Rektor der Stadtschule und Lehrer der Mönche, Johannes Bugenhagen, die große Reformationsschrift Luthers "Von der Babylonischen Gefangenschaft der Kirche" kennenlernte und für sein eigenes Wirken nutzte. Gründe für Veränderungen und einen Wandel gab es aus der Sicht ehrlicher Zeitgenossen genug. So war die Zerrüttung im Lande sehr groß, die Landesherrschaft hatte fast allen Einfluss verloren, im Kirchenwesen herrschte ein unheilvoller Zwiespalt, der auch dem Fortgang der Kirchenreformation höchst verderblich werden musste. In den Städten und beim Adel machte sich eine Selbständigkeit geltend, die der Fürstenmacht bereits gefährlich wurde. Es herrschte fast Anarchie im Lande.

Im Oktober 1534 schrieben die Herzöge einen Landtag aus, der im Dezember zu Treptow an der Rega zusammentreten sollte, um den "Zwiespalt in der Religion und die Gebrechen der Polizei zu einmütigem, christlichen Wesen" zu bringen. Sie luden auch den Wittenberger Stadtpfarrer Johannes Bugenhagen ein, damit er mit Rat und Tat bei der Einrichtung des Kirchenwesens mitwirken möge. Dieser sagte für den 9.November zu. Bereits am 14. Dezember wurde eine von Bugenhagen verfaßte neue Kirchenordnung dem Landtag vorgelegt. Obwohl die Vorverhandlungen dazu in großer Einmütigkeit verlaufen waren, gab es energischen Widerstand des Bischofs gegen die neue Ordnung. Aber auch der Adel und die Städte opponierten. Johannes Bugenhagen musste die Kirchenordnung überarbeiten. 1535wurde sie endlich gebilligt und von den Herzögen als Landtagsabschied publiziert. Damit war die erste gesetzliche Grundlage für die evangelische Kirche Pommerns geschaffen. Es war dies ein Protestantismus "von oben angeordnet". Deshalb setzte er sich nur langsam durch.

Durch Visitationen sollten die Einrichtungen im einzelnen durchgeführt, die Besoldung der Pfarrer festgesetzt, das Vermögen der Kirchen in geordnete Verwaltung von Kastenherren gebracht werden. Auch für die Versorgung der Armen und die Neueinrichtung des Schulwesens wurden Bestimmungen getroffen. Vermutlich wurden diese Visitationen für die dörflichen Kirchengemeinden erst in späteren Jahren vorgenommen. Einer solchen Visitation, allerdings erst aus dem Jahre 1588, verdanken wir erste Angaben über beide Dörfer Teusin und Roidin.

Der Visitationsbericht aus dem Jahre 1588 liegt im Kirchenarchiv der Kirche Sanzkow. Darin wird angegeben:

Toysin - Eine Capelle mit Kirchhof, an Silber ist ein unvergüldeter Kelch vorhanden und noch eine kleine silberne Putzloitzke. Ferner ist eine Glocke und eine kleine Glocke am Stiel vorhanden. Der Kirchhof soll mit Hilfe der Herrschaft eingefriedet und die Capelle aufs Herrlichste gemacht werden. In der Capelle wird kein Gottesdienst erteilt.

Im Dorfe wohnen die Bauleute Clavs Hiddecke, Chim Schröder, Hans Hiddecke, Peter Jahnholt, Hans Drehel, Chim Graue, Clavs Saße, Henning Krysow, Michel Graue, Hermann Glützmann. Davon haben Hartwich Moltzan vier Bauern: Peter Jahnholt, Michel Graue, Hermann Glützmann, (der 4. Bauer ist unleserlich notiert)

Roydin - An barem Gelde weist die Kirche 20 Gulden auf. Im Turm sind 2 Glocken und eine Stielmeßglocke. Auch 3 silberne Kelche sind da.

Dort haben einen Hof:

  • Hinrich Moltzan
  • Hartwich Moltzan

Dann sind da Kätner im Dorfe:

  • Chim Wilde
  • Hinrich Elenbinck
  • Chim Gontcke
  • Chim Schünemann

Alle haben Acker von Hinrich Moltzan.

Die Kätner:

  • Jacob Zabel
  • Thomas Gültzow
  • Peter Schumacher

haben von Hartwich Moltzan Acker.

Auch ist ein Baumann, Chim Gülzow der Kröger, im Dorfe.

(Bemerkung: Die Vornamen Claws und Clavs bedeuten Nikolaus, Chim bedeutet Joachim, Henning steht für Johann, Hans für Johannes, Hinrich für Heinrich und Michel für Michael.)

Die Aussagen der Visitation von 1588 über Toysin und Roydin waren mit Sicherheit nicht die ersten. Es muss bereits im Jahre 1560 für beide Dörfer eine Visitation erfolgt sein.

Norbert Buske schreibt in "Dorfkirchen in der Landeskirche Greifswald" unter anderem über die Visitationen: "Die in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts auch auf dem Lande in größerem Umfange einsetzenden Visitationen wurden nun, nach der Reformierung der Kirche, zum wichtigsten Instrument beim Aufbau der neuen evangelischen Kirche. Das Ergebnis der Visitationen wurde in den von Notaren ausgefertigten Kirchenmatrikeln festgehalten. Diese Matrikeln gewährten den einzelnen Kirchen neuen Rechtsschutz und sicherten ihren Besitzstand. Gleichzeitig versuchte man im Rahmen der Visitation auf die Entwicklung des kirchlichen Lebens einzuwirken. Das Augenmerk wurde dabei auf den ordnungsgemäßen Ablauf der Gottesdienste, die Predigttätigkeit des Pfarrers und den ordnungsgemäßen Vollzug der Amtshandlungen gerichtet. Pfarrer, Kirchenvorsteher und Küster wurden an ihre Pflichten gemahnt. Das Amt des Kirchenvorstehers für die kirchliche Vermögensverwaltung der einzelnen Kirchen und Kapellen gewann zunehmend an Bedeutung.

Zu den einschneidendsten Veränderungen, die durch die Reformation in der Kirche herbeigeführt wurden, gehört die Tatsache, daß die Pfarrer zu Predigern ihrer Gemeinde wurden. Die Predigt wurde zum Hauptbestandteil des Gottesdienstes. Bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts, in manchen Dörfern noch weit länger, erfolgte dies in der Predigtsprache Niederdeutsch.

Die Zeit des 30-jährigen Krieges

Die Schwedenzeit

Burg Osten

Preußenzeit und die Jahre 1918 bis 1939 (Teil 2)

Die Preußenzeit

Zeit zwischen den Weltkriegen

Nachkriegszeit und Zeitgeschichte (Teil 3)

Nachkriegszeit

Die sozialistische Zeit

Zeit nach der „Wende“ - Im vereinten Deutschland