Chronik von Teusin und Roidin
Autor der Chronik ist Alfred Drechsel.
Kenndaten der Ortschronik | |
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Ort | Teusin |
Zeitlicher Schwerpunkt | ~ 1000 bis 1990 |
Urheberrechte | Alfred Drechsel und Angelika Mülling |
Erstellungszeitraum | 1950 - 1990 |
Publikationsdatum | veröffentlicht |
Inhaltliche Kategorisierung | Chronik der Orte Teusin und Roidin |
Status (Ampelsystem) | Abgeschlossen |
Vorwort zur Chronik der Dörfer Teusin & Roidin
Nach Aussage alter Einwohner, zum Beispiel Frau Annemarie Werner geb. Gabloffsky, besaß die Gemeinde eine, seit langer Zeit geführte, Dorfchronik. Diese wurde jeweils durch den Teusiner Lehrer geführt. Das war zuletzt Herr Gustav Kappis, bis 1945 Lehrer an der Schule in Teusin. Mit dem Ende des 2.Weltkrieges und dem Einzug der Roten Armee als Sieger auch in Mecklenburg/Vorpommern und den damit beginnenden Nachkriegswirren ging die Dorfchronik verloren. Herr Kappis durfte nicht länger im Amt verbleiben, er zog mit seiner Familie nach Utzedel und verstarb wenige Jahre später. Eine ordnungsgemäße Übergabe seiner Amtsgeschäfte an einen Nachfolger gab es nicht, da der Unterricht an der Schule zunächst ruhte und erst nach Monaten wieder aufgenommen wurde. In das Schulhaus wurden Flüchtlinge eingewiesen.
Nach Kriegsende wurde der Bauer Hans Bohn, wohnhaft Teusin-Ausbau, als Dorfältester eingesetzt. Weder er noch andere Einwohner haben wohl in den so schweren Jahren der Nachkriegszeit an diese alte Dorfchronik einen Gedanken verschwendet. Sie hatten ganz einfach andere, weit größere Sorgen und Probleme. Als dann nach Jahren nach dem Verbleib dieser Chronik geforscht und gesucht wurde, blieben alle Nachfragen erfolglos, die Chronik war und blieb verschwunden. Die Vermutung liegt nahe, daß diese vernichtet wurde. 1950 kam ich, Alfred Drechsel, Jahrgang 1926, als junger Lehrer nach Teusin und benötigte bald für einen orts- und heimatbezogenen Unterricht konkretes Fachwissen. Auf der Suche danach erfuhr ich einiges Wissen zur Geschichte des Dorfes und der Schule von einigen älteren Einwohnern, besonders von Frau Annemarie Werner. Später ermöglichte mir Herr Pastor Strutz im Pfarrhaus Sanzkow Einblick zu nehmen in das dort gelagerte Material des Kirchenarchivs.
Auch im Kreisheimatmuseum Demmin wurde mir freundlicherweise über Jahre hinweg geholfen. Besonderer Dank gebührt dafür Frau Kionke. Dieses Material zu vergangenem Geschehen und laufend gesammeltes Material zu gegenwärtigem Geschehen führten schließlich dazu, eine verloren gegangene Chronik wieder entstehen zu lassen. Der Höhepunkt für diese mir selbst gestellte Aufgabe wurde die für das Jahr 1998 anstehende 750-Jahrfeier der urkundlichen Ersterwähnung des Dorfes Teusin.
Gez. Alfred Drechsel, Lehrer im Ruhestand
Zum Aufbau
Die Teile 1 und 2 sind so angelegt, daß ortsbezogenes Wissen eingebettet ist in landesbezogenes Wissen, basierend auf Angaben zeitgenössischer Chronisten, teilweise belegt durch Zitate. Der Teil 3 stützt sich weitgehend auf Orginaldokumente bzw. deren Abschriften, Bildmaterial, Zeitzeugen-Aussagen, Zeitungsbeiträge und Unterlagen.
Geschichtlicher Abriss
Germanische Vorzeit
um 1000 Wendenzeit
- westlich der Peene die Obotriten - östlich der Peene die Wilzen
1107 Wartislaw bildet das erste selbständige Reich in Pommern von der Tollense und unteren Peene bis zur Persante
1113 Polenherzog Boleslaw Schiefmund schlägt die Pommern bei Nakel, verschafft dem Christentum freien Eingang, ruft Bischof Otto von Bamberg
1121 Polenherzog Boleslaw Schiefmund unterwirft Herzog Wartislaw I.
1128 Otto von Bamberg kommt auf seiner 2. Reise nach Demmin
1147 Albrecht der Bär erfolglos vor Demmin
1164 Heinrich der Löwe vor Demmin - Schlacht bei Verchen
1170 Markgraf Otto I. von Brandenburg wird Lehnsherr von Pommern
Demmin ist Residenz der westpommerschen Herzöge: Kasimir I. 1181 Kasimir II. 1187 - 1218 Wartislaw III. 1222 - 1263
um 1230 verstärkte Einwanderung deutscher Siedler in das spätere Vorpommern
1283 Demmin ist Mitglied der Hanse (bis 1607)
1295 Wendepunkt in der Entwicklung Pommerns durch Teilung des Reiches in die Herzogtümer:
Pommern-Stettin, Otto I. Pommern-Wolgast, Bogislaw IV.(zu Pommern-Stettin gehören unter anderem das Land Tollense, die Besitzungen der Klöster Dargun und Verchen)
1338 Ende der Lehenshoheit von Brandenburg
1351 - 1354 Kämpfe zwischen Mecklenburg und Pommern
bis 1474 verschiedene Landesteilungen in beiden Linien
1474 Bogislaw X. vereinigt Pommern, innere Reformen
1532 erneute Teilung Pommerns erfolgt in den östlichen Teil Pommern-Stettin und den westlichen Teil Pommern-Wolgast (seit Ende des 16. Jahrhunderts auch als Vorpommern bezeichnet)
1534 Reformation in Pommern
1625 Herzoghaus Wolgast erlischt mit Philipp Julius
1627 Dreißigjähriger Krieg zieht sich auch nach Vorpommern, Besetzung Rügens und vorpommerscher Hafenorte durch kaiserliche Truppen
1637 Herzoghaus Stettin erlischt mit Bogislaw XIV., Fortführung der Regierungsgeschäfte durch Regentschaftsrat, 1638 Rücktritt
1637/1638 Verwüstungen in Pommern durch kaiserliche und schwedische Truppen
1648 Vorpommern wird im Westfälischen Frieden den Schweden zugesprochen
1659 Belagerung Demmins im Schwedisch-Polnischen Krieg, der Stadt und Land ruiniert, Kurbrandenburg kurzzeitig Herr im Land, Schweden kehren zurück
1676 Demmin vom Großen Kurfürsten Brandenburg belagert, fast vollständig zerschossen, eingenommen, wieder geräumt
1711-1715 Nordische Kriege, Vorpommern unter preußischer Verwaltung
1720 Stockholmer Frieden, Vorpommern südlich der Peene gelangt endgültig zu Preußen
1757 Schweden fallen im 7-jährigen Krieg in Demmin ein, abwechselnd schwedische und preußische Herrschaft
1759 Demmin erlebt letzte Belagerung
1806/1807 Eindringen napoleonischer Truppen in Vorpommern
1815 Preußen erhält den letzten Rest Vorpommerns, Aufkommen der Bezeichnung Neuvorpommern für das Gebiet nördlich der Peene
1818 Neuvorpommern wird Regierungsbezirk Stralsund
1932 Auflösung des Regierungsbezirkes Stralsund und Angliederung an den Regierungsbezirk Stettin
1939-1945 Zweiter Weltkrieg
1945 Bildung des Landes Mecklenburg/Vorpommern
1949 Gründung der Deutschen Demokratischen Republik auf dem Boden der Sowjetischen Besatzungszone
1952 Bezirk Neubrandenburg und Kreis Demmin entstehen aufgrund der Bildung der Bezirke und Kreise
Herbst 1989 friedliche Revolution in der DDR
1990 Ende der DDR und der sozialistischen Zeit, Angliederung an die Bundesrepublik Deutschland, Wiedererstehen des Landes Mecklenburg/ Vorpommern
Von den Anfängen bis zur Schwedenzeit (Teil 1)
Einleitung
Das Bodenrelief unserer Landschaft wurde durch die Eiszeit geformt, vor allem beim letzten Eisvorstoß, dem Pommerschen Stadium, vor etwa 15000 Jahren. In der Nacheiszeit entstand in einer tausende von Jahren dauernden Entwicklung die heutige Kulturlandschaft. Der Mensch siedelte sich in ihr als Jäger und Fischer an und hinterließ seine Spuren. Zeugen aus grauer Vorzeit sind Funde, die auch auf dem Territorium der Gemeinde Teusin/ Roidin geborgen wurden.
Herbst 1984 - zwei Feuersteinbeile (140 mm und 160 mm lang), gefunden von den Bürgern Ulrich Lehmbeck und Richard Ganzow bei Feldarbeiten etwa 100 Meter hinter dem Dorfrand Teusins links und rechts des Weges nach Roidin
In weiteren Jahren - Spinnwirtel verschiedenster Formen und Ausführungen, gefunden bei Gartenarbeiten im Dorf Teusin
In früherer Zeit - Feuersteinbeile und Felssteinbeile in beiden Orten, Lanzenspitzen und Feuersteinmesser in Roidin, gleichfalls Trogmühle und Mahlsteine
Ein mächtiger Schälchenstein wurde in Dorfnähe auf dem Acker ausgegraben und an die Straße von Teusin nach Utzedel geschleppt. Er liegt nun unübersehbar nur etwa 300 Meter vom Dorfeingang in Richtung Utzedel auf der rechten Straßenseite. Um 1990 wurde in unmittelbarer Nachbarschaft dieses Schälchensteins ein weiterer Stein gefunden, der ebenfalls solche "Schälchen" aufweist. Sein Fundort ist der Teusiner Schulacker an der Utzedeler Grenze. Der Pächter des Ackers grub ihn wegen der Behinderung der Feldarbeiten aus, brachte ihn an den Teusiner Damm und später an seinen Hof in Utzedel.
Beim Ausheben der Baugrube für das Eigenheim Czerwinski wurde ein Urnengrab angeschnitten. Die Urne konnte geborgen werden.
Ein Grab wurde vor Jahren auf den Tollensebergen entdeckt. Die Teusiner Einwohnerin, Frau Annemarie Werner-Gabloffsky, berichtete darüber: "Es mag im Jahre 1919 gewesen sein, als der damalige alte Gutsinspektor, Herr Prütz, auf einem der Tollenseberge, meines Wissens nach auf dem dritten rechts vom Hauptweg zur Wiese, ein altes Grab gefunden hat. Es war einige Tage aufgedeckt, und an einem schönen Pfingstabend wanderten die Bewohner von Teusin hinaus, um das Grab zu besehen. Herr Prütz erklärte uns, daß es einen Erwachsenen und einen Kinderleichnam geborgen habe. Die Gebeine darin befanden sich in Hockstellung."
Die Wendenzeit
Als Folge der Völkerwanderung dringen um das Jahr 400 aus dem Osten Slawen in den Raum ein. Slawen - der Name bedeutet "Die Ruhmvollen" (slawa - der Ruhm).
Die Wenden, die dieses Land besiedeln, bilden zwei große Stammesverbände: westlich der Peene die Obotriten und östlich der Peene die Wilzen, deren bedeutendster Fürst Dragowit war. Nachdem Karl der Große um 800 die Wilzen unterworfen hat, werden sie in der Folgezeit unter dem Namen Liutizen oder Leutitier genannt. Die Wilzen oder Liutizen setzen sich aus 4 Stämmen zusammen: Circipaner und Kessiner, die nördlich der Peene siedeln, Rhedarier und Tolenser(oder Tholosaner), die südlich der Peene siedeln. Die Schreibweise und Aussprache dieser Stammesnamen weicht vielfach bei den Geschichtsschreibern voneinander ab.