Chronik von Teusin und Roidin: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 15. Januar 2021, 18:04 Uhr
Autor der Chronik ist Alfred Drechsel.
Kenndaten der Ortschronik | |
---|---|
Ort | Teusin |
Zeitlicher Schwerpunkt | ~ 1000 bis 1990 |
Urheberrechte | Alfred Drechsel und Angelika Mülling |
Erstellungszeitraum | 1950 - 1990 |
Publikationsdatum | veröffentlicht |
Inhaltliche Kategorisierung | Chronik der Orte Teusin und Roidin |
Status (Ampelsystem) | Abgeschlossen |
Vorwort zur Chronik der Dörfer Teusin & Roidin
Nach Aussagen alter Einwohner, zum Beispiel Frau Annemarie Werner geb. Gabloffsky, besaß die Gemeinde eine, seit langer Zeit geführte, Dorfchronik. Diese wurde jeweils durch den Teusiner Lehrer geführt. Das war zuletzt Herr Gustav Kappis, bis 1945 Lehrer an der Schule in Teusin. Mit dem Ende des 2.Weltkrieges und dem Einzug der Roten Armee als Sieger auch in Mecklenburg/Vorpommern und den damit beginnenden Nachkriegswirren ging die Dorfchronik verloren. Herr Kappis durfte nicht länger im Amt verbleiben, er zog mit seiner Familie nach Utzedel und verstarb wenige Jahre später. Eine ordnungsgemäße Übergabe seiner Amtsgeschäfte an einen Nachfolger gab es nicht, da der Unterricht an der Schule zunächst ruhte und erst nach Monaten wieder aufgenommen wurde. In das Schulhaus wurden Flüchtlinge eingewiesen. Nach Kriegsende wurde der Bauer Hans Bohn, wohnhaft Teusin-Ausbau, als Dorfältester eingesetzt. Weder er noch andere Einwohner haben wohl in den so schweren Jahren der Nachkriegszeit an diese alte Dorfchronik einen Gedanken verschwendet. Sie hatten ganz einfach andere, weit größere Sorgen und Probleme. Als dann nach Jahren nach dem Verbleib dieser Chronik geforscht und gesucht wurde, blieben alle Nachfragen erfolglos, die Chronik war und blieb verschwunden. Die Vermutung liegt nahe, daß diese vernichtet wurde.
1950 kam ich, Alfred Drechsel, Jahrgang 1926, als junger Lehrer nach Teusin und benötigte bald für einen orts- und heimatbezogenen Unterricht konkretes Fachwissen. Auf der Suche danach erfuhr ich einiges Wissen zur Geschichte des Dorfes und der Schule von einigen älteren Einwohnern, besonders von Frau Annemarie Werner. Später ermöglichte mir Herr Pastor Strutz im Pfarrhaus Sanzkow Einblick zu nehmen in das dort gelagerte Material des Kirchenarchivs. Auch im Kreisheimatmuseum Demmin wurde mir freundlicherweise über Jahre hinweg geholfen. Besonderer Dank gebührt dafür Frau Kionke. Dieses Material zu vergangenem Geschehen und laufend gesammeltes Material zu gegenwärtigem Geschehen führten schließlich dazu, eine verloren gegangene Chronik wieder entstehen zu lassen. Der Höhepunkt für diese mir selbst gestellte Aufgabe wurde die für das Jahr 1998 anstehende 750-Jahrfeier der urkundlichen Ersterwähnung des Dorfes Teusin. Diese Aufgabe vermochte ich nur zu bewältigen, weil ich dabei hilfreiche Unterstützung in vielfältigster Form erhielt. Dafür ein herzliches Dankeschön bei allen, insbesondere meinen beiden Mitstreitern an gleicher Aufgabe, Herrn Klaus Maczey aus Utzedel und Herrn Siegfried Arndt aus Demmin. Mit Material und Beiträgen unterstützten mich ebenso die Herren Ernst Klautke, Ulrich Lehmbeck, Friedrich Thuso und Harry Kroll aus Teusin, denen ich mich dankbar verpflichtet fühle. Sehr dankbar für viel Hilfe bei der Bewältigung dieser Arbeit bin ich auch meiner lieben Frau Christel und meinen Kindern für Schreib- und Korrekturarbeiten.
Eine Chronik für beide Orte der Gemeinde liegt nun vor. Die Arbeit an ihr ist jedoch keineswegs abgeschlossen. Noch viele Fragen warten auf klärende Antwort, soweit es überhaupt möglich sein wird, eine solche zu finden. Neue Erkenntnisse zur Vergangenheit gilt es einzuarbeiten, zukünftiges Geschehen festzuhalten.
Teusin, im Mai 1998
Gez. Alfred Drechsel, Lehrer im Ruhestand
Zum Aufbau
Die Teile 1 und 2 sind so angelegt, daß ortsbezogenes Wissen eingebettet ist in landesbezogenes Wissen, basierend auf Angaben zeitgenössischer Chronisten, teilweise belegt durch Zitate. Der Teil 3 stützt sich weitgehend auf Originaldokumente bzw. deren Abschriften, Bildmaterial, Zeitzeugen-Aussagen, Zeitungsbeiträge und Unterlagen.
Geschichtlicher Abriss
Germanische Vorzeit
um 1000 Wendenzeit
- westlich der Peene die Obotriten - östlich der Peene die Wilzen
1107 Wartislaw bildet das erste selbständige Reich in Pommern von der Tollense und unteren Peene bis zur Persante
1113 Polenherzog Boleslaw Schiefmund schlägt die Pommern bei Nakel, verschafft dem Christentum freien Eingang, ruft Bischof Otto von Bamberg
1121 Polenherzog Boleslaw Schiefmund unterwirft Herzog Wartislaw I.
1128 Otto von Bamberg kommt auf seiner 2. Reise nach Demmin
1147 Albrecht der Bär erfolglos vor Demmin
1164 Heinrich der Löwe vor Demmin - Schlacht bei Verchen
1170 Markgraf Otto I. von Brandenburg wird Lehnsherr von Pommern
Demmin ist Residenz der westpommerschen Herzöge: Kasimir I. 1181 Kasimir II. 1187 - 1218 Wartislaw III. 1222 - 1263
um 1230 verstärkte Einwanderung deutscher Siedler in das spätere Vorpommern
1283 Demmin ist Mitglied der Hanse (bis 1607)
1295 Wendepunkt in der Entwicklung Pommerns durch Teilung des Reiches in die Herzogtümer:
Pommern-Stettin, Otto I.
(zu Pommern-Stettin gehören unter anderem das Land Tollense, die Besitzungen der Klöster Dargun und Verchen)
Pommern-Wolgast, Bogislaw IV.
1338 Ende der Lehenshoheit von Brandenburg
1351 - 1354 Kämpfe zwischen Mecklenburg und Pommern
bis 1474 verschiedene Landesteilungen in beiden Linien
1474 Bogislaw X. vereinigt Pommern, innere Reformen
1532 erneute Teilung Pommerns erfolgt in den östlichen Teil Pommern-Stettin und den westlichen Teil Pommern-Wolgast (seit Ende des 16. Jahrhunderts auch als Vorpommern bezeichnet)
1534 Reformation in Pommern
1625 Herzoghaus Wolgast erlischt mit Philipp Julius
1627 Dreißigjähriger Krieg zieht sich auch nach Vorpommern, Besetzung Rügens und vorpommerscher Hafenorte durch kaiserliche Truppen
1637 Herzoghaus Stettin erlischt mit Bogislaw XIV., Fortführung der Regierungsgeschäfte durch Regentschaftsrat, 1638 Rücktritt
1637/1638 Verwüstungen in Pommern durch kaiserliche und schwedische Truppen
1648 Vorpommern wird im Westfälischen Frieden den Schweden zugesprochen
1659 Belagerung Demmins im Schwedisch-Polnischen Krieg, der Stadt und Land ruiniert, Kurbrandenburg kurzzeitig Herr im Land, Schweden kehren zurück
1676 Demmin vom Großen Kurfürsten Brandenburg belagert, fast vollständig zerschossen, eingenommen, wieder geräumt
1711-1715 Nordische Kriege, Vorpommern unter preußischer Verwaltung
1720 Stockholmer Frieden, Vorpommern südlich der Peene gelangt endgültig zu Preußen
1757 Schweden fallen im 7-jährigen Krieg in Demmin ein, abwechselnd schwedische und preußische Herrschaft
1759 Demmin erlebt letzte Belagerung im 7-jährigen Krieg
1806/1807 Eindringen napoleonischer Truppen in Vorpommern
1815 Preußen erhält den letzten Rest Vorpommerns, Aufkommen der Bezeichnung Neuvorpommern für das Gebiet nördlich der Peene
1818 Neuvorpommern wird Regierungsbezirk Stralsund
1932 Auflösung des Regierungsbezirkes Stralsund und Angliederung an den Regierungsbezirk Stettin
1939-1945 Zweiter Weltkrieg
1945 Bildung des Landes Mecklenburg/Vorpommern
1949 Gründung der Deutschen Demokratischen Republik auf dem Boden der Sowjetischen Besatzungszone
1952 Bezirk Neubrandenburg und Kreis Demmin entstehen aufgrund der Bildung der Bezirke und Kreise
Herbst 1989 friedliche Revolution in der DDR
1990 Ende der DDR und der sozialistischen Zeit, Angliederung an die Bundesrepublik Deutschland, Wiedererstehen des Landes Mecklenburg/ Vorpommern
Von den Anfängen bis zur Schwedenzeit (Teil 1)
Zeugnisse des Anfangs
Das Bodenrelief unserer Landschaft wurde durch die Eiszeit geformt, vor allem beim letzten Eisvorstoß, dem Pommerschen Stadium, vor etwa 15000 Jahren. In der Nacheiszeit entstand in einer tausende von Jahren dauernden Entwicklung die heutige Kulturlandschaft. Der Mensch siedelte sich in ihr als Jäger und Fischer an und hinterließ seine Spuren. Zeugen aus grauer Vorzeit sind Funde, die auch auf dem Territorium der Gemeinde Teusin/ Roidin geborgen wurden:
- Herbst 1984 - zwei Feuersteinbeile (140 mm und 160 mm lang), gefunden von den Bürgern Ulrich Lehmbeck und Richard Ganzow bei Feldarbeiten etwa 100 Meter hinter dem Dorfrand Teusins links und rechts des Weges nach Roidin
- In weiteren Jahren - Spinnwirtel verschiedenster Formen und Ausführungen, gefunden bei Gartenarbeiten im Dorf Teusin
- In früherer Zeit - Feuersteinbeile und Felssteinbeile in beiden Orten, Lanzenspitzen und Feuersteinmesser in Roidin, gleichfalls Trogmühle und Mahlsteine
- Ein mächtiger Schälchenstein wurde in Dorfnähe auf dem Acker ausgegraben und an die Straße von Teusin nach Utzedel geschleppt. Er liegt nun unübersehbar nur etwa 300 Meter vom Dorfeingang in Richtung Utzedel auf der rechten Straßenseite. Um 1990 wurde in unmittelbarer Nachbarschaft dieses Schälchensteins ein weiterer Stein gefunden, der ebenfalls solche "Schälchen" aufweist. Sein Fundort ist der Teusiner Schulacker an der Utzedeler Grenze. Der Pächter des Ackers grub ihn wegen der Behinderung der Feldarbeiten aus, brachte ihn an den Teusiner Damm und später an seinen Hof in Utzedel.
- Beim Ausheben der Baugrube für das Eigenheim Czerwinski wurde ein Urnengrab angeschnitten. Die Urne konnte geborgen werden.
- Ein Grab wurde vor Jahren auf den Tollensebergen entdeckt. Die Teusiner Einwohnerin, Frau Annemarie Werner-Gabloffsky, berichtete darüber:
"Es mag im Jahre 1919 gewesen sein, als der damalige alte Gutsinspektor, Herr Prütz, auf einem der Tollenseberge, meines Wissens nach auf dem dritten rechts vom Hauptweg zur Wiese, ein altes Grab gefunden hat. Es war einige Tage aufgedeckt, und an einem schönen Pfingstabend wanderten die Bewohner von Teusin hinaus, um das Grab zu besehen. Herr Prütz erklärte uns, daß es einen Erwachsenen und einen Kinderleichnam geborgen habe. Die Gebeine darin befanden sich in Hockstellung."
Die Wendenzeit
Als Folge der Völkerwanderung drangen um das Jahr 400 aus dem Osten Slawen in den Raum ein. Slawen - der Name bedeutet "Die Ruhmvollen" (slawa - der Ruhm).
Die Wenden, die dieses Land besiedelten, bildeten zwei große Stammesverbände: westlich der Peene die Obotriten und östlich der Peene die Wilzen, deren bedeutendster Fürst Dragowit war.
Nachdem Karl der Große Ende des 8. Jahrhunderts die Wilzen unterworfen hatte, wurden sie in der Folgezeit unter dem Namen Liutizen oder Leutitier genannt. Die Wilzen oder Liutizen setzten sich aus 4 Stämmen zusammen: Circipaner und Kessiner, die nördlich der Peene siedelten, Rhedarier und Tolenser(oder Tholosaner), die südlich der Peene siedelten. Die Schreibweise und Aussprache dieser Stammesnamen weicht vielfach bei den Geschichtsschreibern voneinander ab.
In dieser Zeit hatte sich folgende Verwaltungsgliederung herausgebildet: Oberbezirk mit einer Burg (castro) als Mittelpunkt, daher auch Burgbezirk (Burgwardia) genannt. Das Regiment im Oberbezirk führte der Kastellan, weshalb die Bezeichnung Kastellanei gebraucht wird. Auch Demmin mit der Burg Demmin (Haus Demmin) war eine Kastellanei. Ihr letzter Kastellan um 1235 hieß Nizul. Zu einem Oberbezirk gehörten Unterbezirke oder Länder (terrae) mit einem Burgwall als Zentrum. Zur Kastellanei Dymin gehörten die beiden Unterbezirke/ Länder : Plothe - östlich der Tollense bis Lositze (Loitz) und Tolenze zwischen Tollense und Peene bis zum Tollensesee und Müritzsee. Im Raum Teusin und Roidin siedelten also Tolenser - die in der Niederung Wohnenden.
Etwas über diese Zeit erfahren wir bei Helmold, Pfarrer zu Boso am Plöner See, welcher um das Jahr 1172 eine Slawenchronik verfaßte. Er schreibt, (entnommen der "Geschichte Mecklenburgs" von Ernst Boll) daß der Boden des Landes nur sehr wenig kultiviert war, zum Teil noch mit sehr großen Waldungen bedeckt. Andere Teile waren große Sümpfe. Die Slawen wendeten dem Ackerboden keinen großen Fleiß zu. Sie betrieben ihn nur soviel als unumgänglich notwendig war, und zwar ihres leichten Ackergerätes wegen nur auf leichten Böden und in Waldlichtungen. Mehr sagte ihnen Viehzucht (besonders Schweinezucht) Jagd, Fischfang und Raub zu, besonders Seeraub. Auch beim Häuserbau gaben sie sich wenig Mühe. Sie fertigten Hütten aus Flechtwerk, da sie nur zur Not Schutz gegen Sturm und Regen suchten. So oft ein Krieg auszubrechen drohte, verbargen sie alles Gut, Getreide, und was sie an Kostbarkeiten besaßen, in Gruben. Weib und Kinder brachten sie in die festen Plätze oder zumindest in die Wälder. So blieb dem Feind nichts zu plündern übrig als die Hütte, deren Verlust sie sehr leicht ertrugen. Ziegelbau war völlig unbekannt. Die Slawen wohnten in kleinen Weilern und auf einzelnen Gehöften. Ihr ganzes Leben war den Erfordernissen ihrer Zeit angepaßt, einer Zeit, die durch das Bestreben der deutschen Fürsten, vor allem der Sachsenkaiser, gekennzeichnet war, sich die wendischen Nachbarn östlich der Elbe zu unterwerfen.
Ursache für Kriegszüge waren teilweise Streitigkeiten zwischen den wendischen Stämmen der Wilzen und Obotriten, die auch König Karl 789 schlichten wollte. 812 erfolgte erneut ein solcher Zug. Die Folgezeit war durch zahlreiche Versuche der Unterwerfung der Wendenstämme, vor allem durch die sächsischen Könige, gekennzeichnet. Teilweise kämpften die Wenden mit Erfolg dagegen, gerieten aber immer wieder in äußerste Not.
Widukind, ein Mönch und Analenschreiber, gestorben zwischen 804 und 812, charakterisierte das folgendermaßen:
Doch zogen sie (die Wenden) nichtsdestoweniger den Krieg dem Frieden vor und setzten jedes Elend gegen die teure Freiheit hinten an. Denn dieser Menschenschlag ist hart und ausdauernd in der Arbeit und an die dürftigste Nahrung gewöhnt. Und was den unseren (den Sachsen) eine schwere Last zu sein pflegt, das ist den Slawen eine Art Lust."
Kaiser Otto I. war nach 941 darauf bedacht, die Herrschaft über die Slawen durch deren Christianisierung zu sichern. Er begann dazu in den wendischen Landen Bistümer einzurichten. 946 stiftete er das Bistum von Havelberg, "dessen Sprengel lief längs der Elde und Peene, bis wo dieser Fluß ins Meer geht." Zu ihm gehörte auch das Land Tholenz.
968 errichtete Kaiser Otto das Erzbistum Magdeburg, dem das Bistum Havelberg unterstellt wurde- mit dem Zehnten vom Silber-Census auch des Landes der Tholensanen. Bis jedoch die Christianisierung darin einsetzen sollte, verging noch viel Zeit.
Die Christianisierung
Die Wenden in Vorpommern wurden erstmalig um das Jahr 1026 angehalten, den christlichen Glauben anzunehmen, nachdem Herzog Boleslaw von Polen damit durch den Kaiser Otto III. beauftragt worden war. Es gelang ihm jedoch trotz mehrmaliger Versuche nicht. Die Wenden Vorpommerns hatten zu dieser Zeit andere Sorgen.
Thomas Kantzow, Geheimschreiber in der Fürstlichen Pommerschen Kanzley zu Wolgast (gestorben 1542), berichtet in seiner "Pomerania" davon: Die 4 Stämme der Liutizen entzweiten sich um das Regiment und die Herrschaft, wer also über wen herrschen sollte. Darum erhob sich um das Jahr 1051 unter ihnen ein großer Krieg. Die Tollenser und Rhedarier wollten wegen ihrer Altheit und ihrer Stadt Rhetra, wo der Abgott Radegast war, die Oberhoheit haben und maßten sich deshalben eine sonderliche Adlichkeit gegenüber den anderen an, weil alle anderen Wenden ihren Gott besuchen mußten. Aber die Circipaner und Kitzinger wollten den anderen nicht Untertanen sein, sondern ihre Freiheit mit der Faust verteidigen. "Also wuchs von tag zu tag grull, bis das sie zu Velde zogen." Da wurden die Rhedarier und Tollenser, die das Spiel angefangen hatten, geschlagen und niedergelegt. Aber sie erholten sich wieder und wurden abermals geschlagen und noch ein drittes Mal und so, daß sie aus eigenen Mitteln und eigener Macht nichts mehr tun konnten. Sie riefen nun den König von Dänemark, den Herzog von Sachsen und Gottschalck, den Fürsten der Obotriten zu Hilfe, "...der ein jeglicher sein her mitbrachte. Dieselben hielten sie sechs Monate lank unter jre besoldung, erschlugen die Circipaner und Kitziner zu boden."
1107 bildete der wendische Fürst Wartislaw das erste selbständige Reich in Pommern, es erstreckte sich von der Tollense und unteren Peene bis zur Persante. Pommern - auf wendisch "die Lande so liegen beim Meere"
Die Folgezeit war angefüllt mit kriegerischen Auseinandersetzungen, vor allem mit dem Polenherzog Boleslaw. Die Pommern richteten auf Kriegszügen in Polen immer wieder große Verheerungen an, die der Polenherzog mit Strafzügen beantwortete. Schließlich wurden die Pommern 1113 bei dem Schlosse Nakel in Hinterpommern vernichtend geschlagen. Der Polenherzog Boleslaw war schon zum Christentum übergertreten und verschaffte nun dem Christentuzm freien Eingang in Pommern, zumal Fürst Wartislaw ihn darum ersuchte, bei der Bekehrung der Pommern behilflich zu sein. Da die Pommern, und insbesondere die Stämme in Vorpommern, sich hartnäckig gegen den neuen Glauben versperrten und ihre alten Götter behalten wollten, kam es zu unzähligen Auseinandersetzungen. Der Polenherzog rief deshalb den Bischof Otto von Bamberg ins Land, um den Pommern das Christentum zu predigen. 1128 kam Otto von Bamberg auf seinem 2. Zug ins Pommernland nach Demmin. In der Demminer Chronik von Stolle wird berichtet, daß die ganze Stadt noch heidnisch war, nur der Kastellan war schon getauft. Dieser wies dem Bischof eine alte Burg (Haus Demmin) als Quartier an. In der folgenden Nacht kam dann der Herzog Wartislaw mit seinen Truppen an. Dabei kam es irrtümlich zu einem kurzen Kampf zwischen seiner Reiterei und dem eigenen Fußvolk, welches mit dem Schiff schon früher angekommen war. Otto von Bamberg wurde durch diesen Lärm tüchtig erschreckt und wollte schon fliehen. Er blieb 3 bis 4 Tage vor Demmin in der Burg, betrat aber nach Anraten Wartislaws nicht die Stadt. Kantzow schreibt darüber so: "So kham darnach der Fürst mit glück vnd sieg, vnt brachte große bewte an menschen, vieh vnd anderem, vnd fhürete S.Otten mit sich nach Vßedohm." Wartislaw versammelte einen Landtag zu Usedom, dort taufte Bischof Otto die vornehmsten Abgeordneten, darunter auch welche aus Demmin. Otto von Bamberg machte den Albertus zum Bischof der Pommern und schickte Gehilfen aus, die die Lutizier bekehren sollten. Der Glaube an die alten Götter war aber so fest verwurzelt, daß von einem festgegründeten Christentum in dieser Zeit noch nicht die Rede sein kann. Demmin galt noch 1147 als ein Bollwerk des heidnischen Wendentums, also über den Tod des Herzogs Wartislaws hinaus, der wegen seines Übertritts zum Christentum 1135 von einem wendischen Heiden in Stolp an der Peene nachts im Schlaf erstochen wurde. Kantzow schreibt darüber:"Es ist aber so ein weidlicher starker Fürst gewest, das er, sobald er den stich gefült, aufgefharen ist, vnd den verreter bei den Kennebacken hat erhascht, vnd jme die Kennebacken von ein gerißen, das er hat in derselbigen stet mit jme sterben müßen." 1151 kamen Wartislaws Söhne Bogislaw I. (Bugslaw) und Kasimir I zur Regierung. Sie erhielten Vorpommern und wählten Demmin als Residenzstadt. Häufig nannten sie sich Herzog von Demmin. Unter ihrer Herrschaft wurden die kriegerischen Auseinandersetzungen noch schlimmer. Ursache dafür war, daß die Demminer Herzöge den vom Sachsenherzog Heinrich dem Löwen vertriebenen Fürsten der Obotriten, Pribislaw, aufgenommen hatten. Sie unterstützten ihn darin, sich sein Land wieder untertan zu machen. Es kam 1164 zur Schlacht bei Verchen und nach Aussage des Zeitzeugen Helmold in der Folgezeit zu einer völligen Verwüstung des Landes. Martin Wehrmann schreibt in seiner "Geschichte von Pommern" (erschienen 1904), daß nach der Versöhnung des Obotritenfürsten Pribislav mit Heinrich dem Löwen der Prozeß der Christianisierung im Pommernland verstärkt fortgeführt wurde. Heinrich der Löwe fand in Pribislav und den beiden Pommernfürsten Helfer und trieb nun die Mission in den Ländern Loitz, Triebsees, Plote sowie bei Demmin voran. Diese Gebiete wurden 1170 mit Circipanien und einem Teil des Landes der Ranen dem Bistum Schwerin zugelegt, an dessen Spitze seit 1158 Berno stand. Durch Berno erfolgte 1172 die Begründung des Zisterzienserklosters Dargun im Lande Circipanien. Dort also, wo sich bis dahin noch keine einzige christliche Kirche befand. So war äußerlich die Organisation der Kirche durchgeführt. Bogislaw fand sich 1181 bei Kaiser Friedrich I. vor Lübeck ein und erhielt von ihm unter Überreichung einer Fahne die Belehnung mit seinem Lande. So wurde er direkter Vasall des Kaisers und als Herzog von Pommern Reichsfürst.
Er war deutscher Fürst geworden, sein Land aber war noch keineswegs deutsch. Die Zahl der dort wohnenden Deutschen war noch ebenso gering wie die der Christen. Herzog Bogislaw I. führte auch nach wie vor ständigen Kleinkrieg, vor allem mit dem Dänenkönig und dem Fürsten der Rugianer, Jaromar. Das hatte zur Folge, daß sich für unser Gebiet nach Kantzow folgendes Bild ergibt: "Es ist aber Herzog Bugslaw sein wendisch Volk so gar in diesen Kriegen erschlagen und ausgerottet, daß das Land gar wüst und öde wurde." Kantzow schlussfolgert: "Und läßt sich hieraus ersehen, daß es wahr ist, was Helmoldus von den Wenden schreibt, daß es ihnen eine Lust gewesen ist, mit den Dänen immer Krieg zu haben, denn sie hätten wohl Frieden behalten, wenn sie nur Frieden gehalten hätten." Bogislaw I. starb 1188. Zu dieser Zeit hatte das Christentum in Vorpommern festeren Fuß gefaßt. Die ersten deutschen Ansiedler kamen vom Kloster Dargun und auch vom Pommernfürsten herbeigerufen, um das Land zu bevölkern.
Ersterwähnung der Dörfer Teusin und Roidin
Tusin - Toysin - Toisin - Teusin Reydin - Roydin - Roigdin - Roidin
Am 11.Mai (Quinte Idus Mai) anno 1248 bestätigte Herzog Wartislaw III. in seiner Demminer Residenz als westpommerscher Herzog dem Kloster Dargun die (intergolierte) Konfirmation seines Vaters Kasimir II. von 1209 und bestätigte dann die von ihm selbst sowie auch von den mecklenburgischen Fürsten Johann, Borwin und Pribislaw dem Kloster verliehenen Güter
"...quator mansos in Bronisow et quator in Tusin."
Die Urkunde über diesen Vorgang ist abgedruckt im "Pommerschen Urkundenbuch" (neu) unter der Urkundennummer 467. Das Jahr 1248 ist somit die erste urkundliche Erwähnung des Dorfes Teusin. Diese steht mit der Entstehung des Klosters Dargun im Zusammenhang.
Deshalb zum Kloster einige Anmerkungen: 1209 ist das Jahr, in dem Dargun mit Mönchen aus Doberan neu besetzt wurde. Die erste Gründung des Zisterzienserklosters war am 25.Juni 1172 erfolgt. Sie ging vom dänischen Kloster Esrom aus. Auf Betreiben des Schweriner Bischofs Berno wurde von drei wendischen Edelleuten, den Brüdern Mirignew, Monik und Kotimar, unter dem Schutz des Pommernherzogs Kasimir I. (Demminer Herzog) die Klostergründung auf dem Burgberg gefördert. Dargun galt als die erste Kirche in ganz Circipanien. Diese erste Klostergründung ging schon wenige Jahre später, zwischen 1175 und 1178, im Krieg zwischen Rügen/ Dänemark und Brandenburg unter. Die Mönche erlagen den hereinbrechenden Verfolgungen und wanderten aus. Mit der Neubesetzung Darguns im Jahre 1209 war eine Ausstattung des Klosters mit Grundbesitz verbunden. Diese erfolgte namentlich im pommerschen Land Tollense, so Usathlin (Utzedel) mit 30 Hufen, Zanzekowe (Sanzkow) mit 10 Hufen, Japezowe (Japzow) mit 18 Hufen, Bronsowe (Hohenbrünzow) mit 4 Hufen, Tusin (Teusin) mit 4 Hufen.
Tusin - mit diesem Namen ist sicherlich noch das slawische Dorf gemeint. Der Name Tusin stammt vielleicht vom böhmischen tuz und bedeutet der Vogel Trappe oder vom slawischen tuze und bedeutet fest und stark. Tusin war vermutlich ein kleiner Weiler. Seine Bewohner gehörten zum Stamme der Tollenser oder Tholosanen, die wiederum zusammen mit den Rhedariern, Kessinern und Circipanern den großen Stammesverband der Lutizen bildeten. Das Leben dieser Menschen beschreibt der Pfarrer zu Boso, Helmold, in seiner 1172 verfassten Slawenchronik. Das ganze Slawenland überzog ein beinahe flächendeckendes Netz von Burgwällen. Die für Tusin genutzte Fliehburg könnte die Burgwallanlage gewesen sein, die im Jahre 1969 der Roidiner Revierförster Conrad Philipps in seinem Revier entdeckte. Diese Anlage war bis dahin unbekannt. Der Burgwall ist sehr deutlich als solcher auszumachen und liegt im Roidiner Wald im Übergangsbereich der Talsohle des Tollenseflusses zum Talrand inmitten grundlosen Morastes. Er hat einen schmalen Zugang zur Tallehne und noch sehr steile Wälle. Dieser Burgwall ist zu erreichen, wenn man flussaufwärts der Burgruine Osten den ersten Bach in Richtung Roidiner Wald geht. Aber nur in trockenen Sommern ist es möglich, ohne Beschwernis in den Burgwall zu gelangen. Aller Wahrscheinlichkeit nach sind also beide Dörfer, Teusin und Roidin, (als slawische Siedlungen mit der typischen Endung -in) wesentlich früher entstanden als in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts.
Im Pommerschen Urkundenbuch (neu) ist unter der Nummer 565 die nächste aussagekräftige Urkunde für Teusin zu finden: Am 10.März 1253 verleiht in Dargun Bischof Herrmann von Camin dem Kloster...darunter auch... in Toisin IIII or. Fünf Jahre nach der urkundlichen Ersterwähnung des Ortes erschien der Ortsname in der noch heute gebräuchlichen Aussprache, aber in einer anderen Schreibweise. Letztere blieb noch bis in das 19. Jahrhundert unterschiedlich: Toysin, Doysin, Toisin.
1289 ist das Jahr der ersten urkundlichen Erwähnung des Dorfes Roidin.
Am 29.Juni 1289 schenkte der Herzog Bogislaw IV. (1278 - 1309) dem Kloster Reinfeld das Eigentum seiner Güter in Bollentin und Roidin, "...super villas Bolentin et Reydin..." (villa = Dorf)
Das Original der Urkunde liegt im Geheimarchiv zu Koppenhagen. Die Universitätsbibliothek Greifswald verwahrt eine unvollständige Abschrift Kosegartens nach einer Thorkelinischen Abschrift. Diese Angaben sind dem "Pommerschen Urkundenbuch" Band II auf Seite 78 entnommen. Dort ist zu dieser Urkunde noch angegeben: "An einem reichen Büschel von recht frisch aussehenden rothen und grünen Seidenfäden hängt das runde Reitersiegel des Herzogs, auf der Rückseite des Siegels sind 3 Fingereindrücke. Das Siegel ist unrein und wenig scharf, gelbes Wachs." Der Name des Ortes Roidin soll auf die slawische Bezeichnung für Raseneisenerz oder Raseneisenstein zurückzuführen sein. Roidin wurde zumeist als Roydin geschrieben, hat in der Schreibweise und Aussprache somit keine erheblichen Veränderungen erfahren.
Im gleichen Jahr, 1289, wird nach Urkunde III 2024 durch das Kloster Dargun das weit südlich bei Treptow gelegene Japzow aufgegeben und dafür vom Kloster Reinfeld das ganze Dorf Teusin gewonnen.
Mittelalterliche Entwicklung
Mit der Neubesetzung des Zisterzienserklosters Dargun 1209 erhielt auch die Christianisierung im Lande einen gewaltigen Aufschwung. Gleichermaßen erging es der Germanisierung.
Thomas Kantzow sagt in seiner "Pomerania" dazu: "So war bei dieser Fürsten Zeit (Bogislaw II und Kasimir II.) etliche Jahre guter Friede, darum erholte sich das Land, das so durch Kriege sehr geschwächt ward und fast wüste und öde. Es kamen Deutsche und Sachsen herein in Haufen, sonderlich aus dem Lande Braunschweig und Lüneburg. Sie bauten viele Städte, etliche neu auf und etliche, die zuvor verwüstet waren. Und es sind auch viele Edelleute daher gekommen, und denselben Edelleuten haben die Fürsten hin und wieder wüste Feldmarken geschenkt. Die Edelleute haben fortan sächsische Bauern hereingebracht, die Höfe und Dörfer gebaut, die verwüsteten Äcker gerodet und also das Land zur Tracht gebracht haben."
Martin Wehrmann schreibt in seiner Geschichte "Geschichte von Pommern", daß für das weitere Eindringen des Deutschtums die Einwanderung deutscher Edelleute von Bedeutung war, die oft aus drückenden Verhältnissen in der Heimat auszogen und sich in dem erschlossenen Koloniallande eine neue Existenz gründeten. Das Bestreben der slawischen Fürsten, sich in ihrem Lande und an ihren Höfen einen deutschen Adel zu schaffen, bahnte diesen die Wege, und so bemerken wir, wie in der Umgebung Wartislaws III.(1222 - 1263) und Barnims I. (1264 - 1278) die Zahl der Deutschen ständig zunimmt.
Konrad Maß, Magistratsassessor in Stettin, schreibt in seiner 1899 erschienenen "Pommerschen Geschichte" zur deutschen Kolonisation bis ins 14. Jahrhundert: "Die deutschen Adligen waren freier edler Abstammung und zählten zum Ritterstand. Sie traten als Krieger, Hofbeamte oder Vermittler mit fremden Mächten auf und nahmen sozial und rechtlich eine bevorzugte Stellung ein, denn die Fürsten zogen diese ihren eigenen Landsleuten vor, da sie sich zu Verwaltungsstellen und militärischen Posten vielfach gewandter zeigten als der einheimische Adel.
Für die kirchliche Entwicklung des Gebietes zwischen Peene und Tollense wurde die herzogliche Residenz Demmin bestimmend. Noch in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts gehören hier die Kirchengründungen unter anderen in Utzedel und Hohenmmocker. Die Entstehungszeit des mehrfach umgebauten Feldsteingebäudes der Kirche Sanzkow läßt gleichfalls das 13. Jahrhundert vermuten. Aus dieser Gründungszeit stammt auch ein Taufstein aus dieser Kirche. (Abb. in "Die Baudenkmale und Kunstdenkmale in der DDR - Bezirk Neubrandenburg) Aus dieser Zeit stammen ebenfalls Skelette auf dem Gräberfeld bei Sanzkow, gefunden beim Bau der neuen Straße nach Sanzkow. Die Auswertung der Ausgrabung des umfangreichen Gräberfeldes aus dem 12. und 13. Jahrhundert wurde im Handbuch "Die Slawen in Deutschland" aus dem Akademie Verlag Berlin vorgenommen.
Es darf wohl angenommen werden, daß die Veränderung der Aussprache des Ortsnamens von Tusin in Toisin mit der Ansiedlung deutscher Kolonisten in Verbindung gebracht werden könnte. Dafür spricht auch die Flurbezeichnung "Dorpsted", die heute nicht mehr bekannt ist, die aber bei der ersten kartographischen Landesaufnahme 1698 durch die Schweden noch gebräuchlich war und eingetragen wurde. Als "Dorpsted" bezeichnet wurde die Flur östlich der heutigen Dorfanlage, hinter dem alten Gutskuhstall gelegen. In der Regel wurde mit dieser Flurbezeichnung der Standort der alten und wüst gewordenen wendischen Dorfanlage bezeichnet. Das besagt, daß die deutschen Siedler neben dem wendischen Dorf ihre neue Siedlung anlegten.
Ähnlich verlief die Entwicklung in neuen deutschen Städten, die sich an alte slawische Niederlassungen angeschlossen hatten. Der Landesherr vergab solchen Ortschaften deutsches Recht. Demmin erhielt Lübisches Recht. Die Zahl der Deutschen überwog, die Slawen waren bald ganz unbedeutend und blieben in ihrem Stadtteil sitzen, der zum Dorfe oder zur Vorstadt herabsank.
In den Dörfern ging die Besiedlung meist so vor sich, daß der zur Anlage des Dorfes erforderliche Grund und Boden einem Unternehmer, dem lokatores, übergeben und von diesem unter den Genossen zum Zwecke der Bebauung zu erblichem Besitz verteilt wurde. In den ersten Jahren besaßen die Bauern das Land lasten- und abgabenfrei, später hatten sie einen mäßigen Zins an den Grundherren und den Zehnten an die Kirche zu zahlen. Der Unternehmer erhielt für seine Arbeit einen größeren Teil des Gebietes und bekleidete meist das Schulzenamt. Verdrängungen der slawischen Bauern kamen nur selten vor, häufiger war freiwillige Abwanderung, die meisten blieben im Lande. Meist wurde den Slawen deutsches Recht verliehen, so fand, vorwiegend auf dem Lande, schnell eine Vermischung statt, wobei das germanische Element stark überwog.
Pommern war Anfang des 14. Jahrhunderts deutsch geworden. Auf dem Lande hatte der auch für schweren, lehmhaltigen Boden geeignete deutsche Pflug mit eiserner Pflugschar den leichten wendischen Haken verdrängt. In der Regel wurden Roggen, Weizen, Gerste, Hafer, Erbsen, Heidekorn und Hopfen angebaut. Im Lande selbst wurden aber davon nur der zwanzigste Teil verbraucht. Darum wurde viel Getreide, vor allem Roggen und Malz, westwärts nach Schottland, Holland, Seeland und Brabant verschifft. Hopfen und Malz nach Schweden und Norwegen. Auch Pferde, Ochsen, Schweine, Schafe und Bienen wurden in andere Länder verkauft. Verhandelt wurden auch Honig, Speck, Butter, Wolle, Häute und Talg. Die Lage der Bauern verschlechterte sich jedoch allmählich, besonders in den Dörfern, die einen Ritter als Grundherren hatten. Die Bauern wurden mit Steuern schwerer belastet. Der Grundherr forderte den großen Zehnten von allen Früchten und den kleinen Zehnten von allem Viehzuwachs. Die Geistlichkeit verlangte ihren Zehnten und das Meßkorn. Der Landesherr bezog gewisse Gefälle und hatte das Recht auf Einlager, was eine schlimme Plage war. Besonders drückten außergewöhnliche Abgaben, wenn sie vom Landesherren als Bede (Bitte) gefordert wurden, zum Beispiel zur Aussteuer oder Hochzeit fürstlicher oder adliger Fräuleins.
Grundherr der Toisiner und Roidiner Bauern war der Besitzer des herzoglich-pommerschen Burggutes Osten. Toisin und Roidin gehörten zusammen mit Schmarsow und Vanselow zur Ostenschen Begüterung. Die Frage danach, seit wann, kann ebenso nicht beantwortet werden, wie auch die Frage nach der Entstehung der Wasserburg am Tollensepaß.
Um 1240 traten in vorpommerschem Gebiet bereits zahlreiche Angehörige deutscher Adelsgeschlechter auf, unter anderem die Moltzan und Osten. Mit dieser Zeit traten auch unsere vorpommerschen Dörfer aus ihrer Anonymität heraus. Das Schicksal beider Dörfer, Toysin und Roydin, wurde auch in wendischer Zeit mit Sicherheit von ihrer Lage am Tollensepaß als dem Demmin am nächsten gelegenen Übergang über den Fluß beeinflußt. So darf angenommen werden, daß der heute noch als "Osten" bezeichnete Tollenseübergang auf eine der üblichen fürstlichen Schenkungen wüst liegenden Landes an das Geschlecht dieses Namens zurückzuführen ist.
Vor dem Rügenschen Erbfolgekrieg zwischen Mecklenburg und Pommern/ Wolgast im Bündnis mit den vorpommerschen Städten war Osten im Besitz des Henning von Winterfeld. Dieser begab sich während der Auseinandersetzungen auf die Seite der Mecklenburger. In einem Revers, ausgestellt am 5. August 1326, verspricht er dem Fürsten Heinrich von Mecklenburg, ihm mit seinen Schlössern Osten, Wolde und einem Teil der Burg Demmin zu Diensten zu stehen. Am Ende des Krieges kämpfte er aber wieder Schulter an Schulter mit den Pommern. Es ist anzunehmen, daß dieses Revers in einer Zwangslage ausgestellt worden war.
Im Kampf um Loitz, das von den Mecklenburgern eingenommen worden war, wurde von den Pommernherzögen ein Ritter Heinrich Moltzan in Dienst genommen, "damit er ein Kriegsvolk aufbringe und führe". Loitz wurde den Mecklenburgern genommen und "her Heinrichen Moltzan eingethan".
1328 beendete der Frieden von Brudersdorf bei Demmin diesen Krieg. Pommern/ Wolgast trat das Rügensche Erbe an.
Ob in diesem Zusammenhang die Ritter von Winterfeld für ihre Untreue bestraft wurden, ist nicht nachzuweisen, aber zu vermuten: 'Um diese Zeit ging das herzoglich-pommersche Burggut Osten in den Besitz des Geschlechts der Moltzan über und blieb über Jahrhunderte als Lehen in dessen Besitz.' 1348 wird ein Bernhardus Moltzan als Schloßherr auf der Burg Osten urkundlich nachgewiesen. 1357 wird dem Ritter Moltzan auf Osten das Amt des Erbmarschalls in Pommern verliehen. Die Moltzans waren damit in den bevorzugten Stand der "Schlossgesessenen" aufgestiegen. Konrad Maß sagt über den Lehnsmann: "Er gab sich durch das Gelöbnis, seinem Landesherren hold und gewärtig zu sein, mit seiner Person und seinem Gut in dessen Dienst. Diese Lehensaristokratie hatte sich über ganz Deutschland verbreitet. Die persönliche Leistung der Ritter an den Lehnsherren bestand hauptsächlich im Roßdienst, der nach dem Grundbesitz, später nach dem ganzen Vermögen, bemessen wurde. Der Fürst mußte wiederum allen Schaden, den der Ritter durch Hilfeleistung im Krieg erlitt, ersetzen, ihn aus Gefangenschaft loskaufen, die Kosten seiner Heilung bezahlen. Zudem mußte der Fürst für den Unterhalt der Ritter sorgen. Obwohl kostbarer Waffenschmuck in Pommern nicht gebräuchlich war, erforderte dieses System vom Adel ungeheure Summen.
Sowohl das 14. als auch das 15. Jahrhundert waren mit kriegerischen Auseinandersetzungen angefüllt. Dazu kamen die verschiedensten Landesteilungen in den Linien des Herrscherhauses. In dieser Zeit häuften sich die Klagen über große Unsicherheiten auf den Landstraßen. Der Handel kam fast zum Erliegen. Räuber und Wegelagerer, darunter auch verarmte Ritter, trieben ihr Unwesen.
Erst mit dem Regierungsantritt des Herzogs Bogislaw X. im Jahre 1474 trat ein Wandel ein. Der Herzog begann in seinem Land die Dinge mit Erfolg zu ordnen. So geschah es auch mit der Gerichtsbarkeit im Lande. Nach Boll gab es das Schulzen- oder Bauerngericht mit dem Dorfschulzen als Vorsitz und angesehenen Bauern als Schöffen. Es richtete über Bagatellsachen, zum Beispiel Diebstähle bis zum Wert von etwa 3 Scheffel Getreide. Auch gab es auf dem platten Lande Vogteigerichte (Landding genannt) mit einem fürstlichen Vogt als Vorsitz und Dorfschulzen als Schöffen. Es sprach nach dem Landrecht, ein meist ungeschriebenes Gewohnheitsrecht. Ihm stand die höhere und niedere Gerichtsbarkeit für alle ländlichen Bewohner zu, ausgenommen die Vasallen. Die Strafen waren oft willkürlich und hart. In den ersten Zeiten der Germanisierung fand die Reinigung des Angeklagten durch Gottesurteil statt, vornehmlich durch die Feuerprobe: Wenn einer bei Diebstahl oder Raub leugnete, dann musste er zum Beispiel mit bloßen Füßen über 9 glühende Pflugschare hinweggehen oder das glühende Handeisen greifen und festhalten. Diese Art der Gerichtsbarkeit legte den ohnehin geplagten Bauern ständige Angst und Bedrückung auf.
Wie es sich in einem vorpommerschen Dorf lebte, hing auch mit dem Grad der Abhängigkeit zusammen. Es gab Dörfer mit Unternehmern (locatores), denen Land zur Verteilung zugewiesen worden war und die nun unter freien Männern das Schulzenamt bekleideten. Als ein solches Bauerndorf muss man Teusin betrachten. Meist gab es aber zu dieser Zeit schon die sogenannten "Höfe", auf denen Grundbesitzer mit ihren hörigen Hintersassen lebten. Diese waren zum größten Teil in unwürdiger Abhängigkeit mit Verpflichtung zu allen möglichen Lasten. Sie schmälerten die persönliche Freiheit und schufen eine große Zahl von Bedrückungen. Zu einem solchen Dorf entwickelte sich Roidin.
Als die Söhne Herzogs Bogislaw X. ,Georg I. und Barnim IX., nach seinem Tod am 5.Oktober 1523 gemeinsam die Regierung übernahmen, änderten sich die Verhältnisse wieder und das Land zerrüttete zunehmend. Dieser Zustand fiel schon in die Zeit der Reformation und damit der Neuzeit.
Die Reformation
Georg I. und Barnim IX. hatten 1523 nach altem Herkommen gemeinsam die Regierungsgeschäfte übernommen. Die Zeit nach Luthers Thesenanschlag in Wittenberg 1517 und vor dem Ausbruch des Bauernkrieges 1524/25 strahlte auf alle deutschen Reiche und ebenso auf die Geschichte und Entwicklung Vorpommerns aus.
Wirksame Folgen von Luthers Auftreten zeigten sich in Stralsund 1525 in der Karwoche bei Kirchenplünderungen, bei Festnahmen protestantischer Prediger durch herzögliche Beamte in Stettin oder im Kloster Belbuck bei Treptow an der Rega, wo der Rektor der Stadtschule und Lehrer der Mönche, Johannes Bugenhagen, die große Reformationsschrift Luthers "Von der Babylonischen Gefangenschaft der Kirche" kennenlernte und für sein eigenes Wirken nutzte. Gründe für Veränderungen und einen Wandel gab es aus der Sicht ehrlicher Zeitgenossen genug. So war die Zerrüttung im Lande sehr groß, die Landesherrschaft hatte fast allen Einfluss verloren, im Kirchenwesen herrschte ein unheilvoller Zwiespalt, der auch dem Fortgang der Kirchenreformation höchst verderblich werden musste. In den Städten und beim Adel machte sich eine Selbständigkeit geltend, die der Fürstenmacht bereits gefährlich wurde. Es herrschte fast Anarchie im Lande. Herzog Georg I. war 1531 gestorben, ohne vom katholischen Glauben abgerückt zu sein. Erst nach seinem Tode zeigte der Landtag auch gegenüber der evangelischen Predigt mehr Toleranz.
Im Oktober 1534 schrieben die Herzöge Barnim IX. und der junge Herzog Philipp einen Landtag aus, der im Dezember zu Treptow an der Rega zusammentreten sollte, um den "Zwiespalt in der Religion und die Gebrechen der Polizei zu einmütigem, christlichen Wesen" zu bringen. Sie luden auch den Wittenberger Stadtpfarrer Johannes Bugenhagen ein, damit er mit Rat und Tat bei der Einrichtung des Kirchenwesens mitwirken möge. Dieser sagte für den 9.November zu. Bereits am 14. Dezember wurde eine von Bugenhagen verfaßte neue Kirchenordnung dem Landtag vorgelegt. Obwohl die Vorverhandlungen dazu in großer Einmütigkeit verlaufen waren, gab es energischen Widerstand des Bischofs gegen die neue Ordnung. Aber auch der Adel und die Städte opponierten. Johannes Bugenhagen musste die Kirchenordnung überarbeiten. 1535wurde sie endlich gebilligt und von den Herzögen als Landtagsabschied publiziert. Damit war die erste gesetzliche Grundlage für die evangelische Kirche Pommerns geschaffen. Es war dies ein Protestantismus "von oben angeordnet". Deshalb setzte er sich nur langsam durch.
Durch Visitationen sollten die Einrichtungen im einzelnen durchgeführt, die Besoldung der Pfarrer festgesetzt, das Vermögen der Kirchen in geordnete Verwaltung von Kastenherren gebracht werden. Auch für die Versorgung der Armen und die Neueinrichtung des Schulwesens wurden Bestimmungen getroffen. Vermutlich wurden diese Visitationen für die dörflichen Kirchengemeinden erst in späteren Jahren vorgenommen. Einer solchen Visitation, allerdings erst aus dem Jahre 1588, verdanken wir erste Angaben über beide Dörfer Teusin und Roidin.
Der Visitationsbericht aus dem Jahre 1588 liegt im Kirchenarchiv der Kirche Sanzkow. Darin wird angegeben:
Toysin - Eine Capelle mit Kirchhof, an Silber ist ein unvergüldeter Kelch vorhanden und noch eine kleine silberne Putzloitzke. Ferner ist eine Glocke und eine kleine Glocke am Stiel vorhanden. Der Kirchhof soll mit Hilfe der Herrschaft eingefriedet und die Capelle aufs Herrlichste gemacht werden. In der Capelle wird kein Gottesdienst erteilt.
Im Dorfe wohnen die Bauleute Clavs Hiddecke, Chim Schröder, Hans Hiddecke, Peter Jahnholt, Hans Drehel, Chim Graue, Clavs Saße, Henning Krysow, Michel Graue, Hermann Glützmann. Davon haben Hartwich Moltzan vier Bauern: Peter Jahnholt, Michel Graue, Hermann Glützmann, (der 4. Bauer ist unleserlich notiert)
Roydin - An barem Gelde weist die Kirche 20 Gulden auf. Im Turm sind 2 Glocken und eine Stielmeßglocke. Auch 3 silberne Kelche sind da.
Dort haben einen Hof:
- Hinrich Moltzan
- Hartwich Moltzan
Dann sind da Kätner im Dorfe:
- Chim Wilde
- Hinrich Elenbinck
- Chim Gontcke
- Chim Schünemann
Alle haben Acker von Hinrich Moltzan.
Die Kätner:
- Jacob Zabel
- Thomas Gültzow
- Peter Schumacher
haben von Hartwich Moltzan Acker.
Auch ist ein Baumann, Chim Gülzow der Kröger, im Dorfe.
(Bemerkung: Die Vornamen Claws und Clavs bedeuten Nikolaus, Chim bedeutet Joachim, Henning steht für Johann, Hans für Johannes, Hinrich für Heinrich und Michel für Michael.)
Die Aussagen der Visitation von 1588 über Toysin und Roydin waren mit Sicherheit nicht die ersten. Es muss bereits im Jahre 1560 für beide Dörfer eine Visitation erfolgt sein.
Norbert Buske schreibt in "Dorfkirchen in der Landeskirche Greifswald" unter anderem über die Visitationen: "Die in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts auch auf dem Lande in größerem Umfange einsetzenden Visitationen wurden nun, nach der Reformierung der Kirche, zum wichtigsten Instrument beim Aufbau der neuen evangelischen Kirche. Das Ergebnis der Visitationen wurde in den von Notaren ausgefertigten Kirchenmatrikeln festgehalten. Diese Matrikeln gewährten den einzelnen Kirchen neuen Rechtsschutz und sicherten ihren Besitzstand. Gleichzeitig versuchte man im Rahmen der Visitation auf die Entwicklung des kirchlichen Lebens einzuwirken. Das Augenmerk wurde dabei auf den ordnungsgemäßen Ablauf der Gottesdienste, die Predigttätigkeit des Pfarrers und den ordnungsgemäßen Vollzug der Amtshandlungen gerichtet. Pfarrer, Kirchenvorsteher und Küster wurden an ihre Pflichten gemahnt. Das Amt des Kirchenvorstehers für die kirchliche Vermögensverwaltung der einzelnen Kirchen und Kapellen gewann zunehmend an Bedeutung.
Zu den einschneidendsten Veränderungen, die durch die Reformation in der Kirche herbeigeführt wurden, gehört die Tatsache, daß die Pfarrer zu Predigern ihrer Gemeinde wurden. Die Predigt wurde zum Hauptbestandteil des Gottesdienstes. Bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts, in manchen Dörfern noch weit länger, erfolgte dies in der Predigtsprache Niederdeutsch.
Verhältnisse vor dem Dreißigjährigen Krieg
Bereits in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts setzte in Pommern der Niedergang des Bauernstandes ein. Infolge des steten Bevölkerungswachstums in Westeuropa stieg die Nachfrage nach Getreide mehr und mehr. Der Adel weitete seine Gutsländereien für den gewinnträchtigen Getreideanbau aus, indem er teilweise Neuland unter den Pflug nahm, aber auch das sogenannte "Bauernlegen" nutzte.
Martin Wehrmann verdeutlicht das: Die Grundherrschaften suchten aus ihrem Besitze möglichst viel herauszuziehen und griffen namentlich im Herzogtume Stettin schon um 1550 zu dem Mittel, steuerbare Bauernhöfe einzuziehen und zu dem abgabefreien Besitze hinzuzulegen. Bereits 1560 wird von Seiten der Regierung lebhafte Klage über das übermäßige Bauernlegen durch den Adel und die Städte erhoben....Auch ein Verbot der Vertreibung von Bauern und Niederlegung von Höfen half kaum etwas. Die wachsende Macht der Stände, in denen die Bauern nicht vertreten waren, gestaltete die Lage der Bauern immer ungünstiger."
Die 2 Hälfte des 16. Jahrhunderts war vermutlich auch die Zeit, da die Moltzan auf Osten die Bauern im Dorf Roydin legten oder einen Teil ihrer Äcker zu einem Hof zusammenlegten. Aus dem Visitationsbericht von 1588 geht hervor, daß es zu dieser Zeit in Roydin nur noch einen Bauern gab, vielleicht der vormalige locatores, alle anderen Bauern waren zu Kätnern geworden.
In Toysin dagegen blieb es noch bei 10 Bauernstellen, wie sie seit der Kolonisation bestanden hatten. Das Abhängigkeitsverhältnis hatte sich allerdings auch bei ihnen mit Sicherheit verschlechtert, denn aus dem Visitationsbericht geht der Einfluss des Roydiners Hartwich Moltzan auf 4 Bauern in Toysin hervor.
Im Herzogtum Stettin wurde am 16.Mai 1616 eine "erweiterte und erklärte Bauern- und Schäferordnung" erlassen, in der die Befugnisse des Gutsherren zur Legung der Bauern im vollen Umfang anerkannt wurden. Danach sind die Bauern Leibeigene, sie geben von den Höfen, Äckern und Wiesen, die ihnen einmal übertragen sind, nur geringe Jahrespacht, sie haben aber ungemessene Dienste zu leisten. Sie haben gar kein Eigentum, ihre Söhne dürfen sich ohne Erlaubnis der Herrschaft nicht anderswo niederlassen.
Mikräl, der im Dreißigjährigen Krieg sein Buch über Pommern schrieb, (bei E.-M.-Arndt entnommen) räumte neben deutlicher Kritik an den Missständen der Leibeigenschaft ein, daß es in etlichen Gegenden und Orten, darunter auch an der Tollense die Bauern etwas besser haben, die Höfe noch zum Erbe haben und verkaufen und wegziehen können. Sie geben dann der Herrschaft den zehnten Pfennig vom Kaufwert, und wer den Hof kauft, der gibt der Herrschaft für die Einwilligung (Vullbort genannt) ebenfalls Geld.
Bei Boll erfahren wir etwas darüber, wie der Bauer wirtschaftete: "Die Kunst des Ackerbaus lag im 16. Jahrhundert noch völlig darnieder, denn die Methode der Bodenbestellung war so schlecht wie sie nur sein konnte. Aller Acker war in 3, höchstens 4 Schläge eingeteilt und jeder Schlag war wieder in so viele Streifen zerstückelt als Bauern und Höfe im Dorfe waren. Die Ackerstücke der einzelnen lagen also nicht beisammen, sie waren alle bezüglich der Ackerwirtschaft in gegenseitiger Abhängigkeit und einem betriebsameren Manne war es unmöglich, seinen eigenen Weg in der Bewirtschaftung zu gehen. Bei der 3-Schläge-Wirtschaft wurden 2 Schläge mit Winter- und Sommersaat bestellt, der dritte teils mit Erbsen oder Hafer, teils blieb er als Brache liegen. Man düngte und mergelte nicht. Schon seit alters her wurden angebaut: Roggen, Gerste, Hafer und Erbsen, Weizen nur selten, sein Anbau blieb Nebensache. Seit der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts wurde auch Buchweizen angebaut. Flachs wurde sehr eifrig angebaut, ebenso Hanf. Bei den Städten war sehr viel Hopfenanbau. Sehr dürftig stand es im 16. und auch noch im 17. Jahrhundert mit der Gartenkultur. Kohl war das hauptsächlichste Gemüse, bis ihm dann später die Kartoffel den Rang ablief. Gezogen wurden auch Johannisbeeren, Weinstöcke, Pfirsich und Walnuß. Mit den gewöhnlichen Obstarten scheint es auch noch sehr schlecht bestellt gewesen zu sein. Die Viehzucht war ebenso mangelhaft wie der Ackerbau. Man betrieb hauptsächlich solche Zweige, bei denen möglichst wenig Pflege, wenig Arbeit nötig war, wie bei den Schweinen, Hühnern, Gänsen und Bienen. Die Schweine wurden zur Mast in die großen Waldungen gejagt. Mit der Zucht der Pferde und des Rindviehs war es sehr schlecht bestellt. Die Pferde waren besonders starkknochig, wie es für den Kriegsdienst gebraucht wurde, um geharnischte Reiter tragen zu können. Die Schafe waren ganz gemeine und trugen raue Wolle. Man begann auf den Höfen größere Schäfereien anzulegen. Es war ein Streitroß so viel wert wie 4 Pflugpferde, 16 Kühe oder 80 Schafe."
Wer waren nun die Bewohner Toisins, die auf diese Weise wirtschafteten? Ihre Namen erfahren wir aus einem Schreiben des Pastors zu Sanzkow, enthalten im Archiv dieser Kirche: Anno 1600 auf Weihnachten und dem neuen Jahr gibt jeder Baumann und Cossate eine Wurst und einen Gulden. (Als die Pfennige noch gangbar waren, haben die Bauleute und Cossaten, die nur Ochsen halten, jeder 8 Pfennige gegeben.) Die Beiwohner oder Büdner, weil sie dem Pastor nichts als das Opfer geben, geben eine Wurst oder bezahlen sie.
In 'Doysin' (Toysin) gaben: Tomas Hiddecke, Veit Hacker, Chim Schröder, Hans Hiddecke, Chim Hiddecke, Cheel Hiddecke, Hans Krasen, Drewer Klick, Chim Behm, Ler Herde, Cheel Saße, Peter Stern, Clavs Saße, Cheel Graue, Martin Schröder.
In Roydin gaben: Der Müller, Clavs Gültzow, Chim Götsche, Ler Herda, Der Schäfer, Chim Schünemann, Peter Tetzaw, Clavs Witte, Chim Stavenhagen, Thomas Gültzow, Hinrich Öbeling. Schuldig blieb der Huß Herr. (vermutlich der Hofherr)
Wer war der Hausherr? Eigentlich waren es zwei Moltzan, die auf Burg Osten seit etlichen Jahren saßen, die Brüder Hartwig und Heinrich. Hartwig verstarb 1591. Er vererbte seine Güter an seine drei Söhne, von denen Ernst Ludwig, nach brüderlicher Teilung und Tausch untereinander, schließlich allein neben seinem Onkel Heinrich seit 1599 auf Osten herrschte. Heinrich war aber seit seiner Jugend ein gewalttätiger und unverträglicher Mensch geblieben und übertrug den Groll gegen den verstorbenen Bruder nun auf dessen Witwe und Kinder. Verschärft wurde dieser Familienhader noch dadurch, daß Heinrich vom Landmarschallamt ausgeschlossen wurde, worauf er, als nun Ältester der Familie, eigentlich Anspruch hatte. Beim pommerschen Fürstenhofe war er schon längst in Ungnade gefallen. Die pommersche Regierung wollte einem so anrüchigen Mann, wie Heinrich es war, solche Ehren nicht zugestehen. An dessen Stelle beauftragte Herzog Philipp Julius den Neffen Ernst Ludwig Moltzan damit. Heinrich war auch ein schlechter Wirtschafter und schon 1599 total überschuldet, so daß er seinen Anteil an Osten nicht länger halten konnte. Er mußte diesen seinen Gläubigern überlassen, es sollen 72 gewesen sein. Diese traten das Gut an die Herzogin- Witwe zu Loitz ab. Diese verpfändete diesen Osten´schen Anteil 1602 an den Herzog Friedrich von Churland.
Die Zeit des Dreißigjährigen Krieges
Direkt auf die Dörfer Teusin und Roidin bezogene Nachrichten fehlen aus dieser Zeit, aber für Osten und für das Land insgesamt liegen sie vor. Die Lage an der alten Landstraße von Stralsund über Loitz nach Treptow a.T. und weiter nach Neubrandenburg brachte den Einwohnern von Roidin in Kriegszeiten schon immer Not und Gefahr. Die Zeit des Dreißigjährigen Krieges aber muß besonders schrecklich gewesen sein.
Nach 9 Jahren seit Kriegsausbruch zog sich dieser auch nach Pommern. Dort herrschte seit 1620 Herzog Bogislaw XIV., ein schwacher Herrscher und kein Kriegsmann. Seine Kassen waren leer und das Land für kriegerische Zeiten schlecht gerüstet. Die Städte und Stände erkannten erst die Gefahr, als es zu spät war. Auch in Demmin hatte man sich in längerer Friedenszeit nicht um die Festungsmauern gekümmert, hatte sie als Luxus betrachtet. 1620 wurden die Grenzstädte, so auch Demmin, mit einer Garnison versehen. Auif Befhel des Herzogs stellte Demmin ein Kontingent von 60 Mann. Der Herzog forderte jedoch mehr. Die Stadt wies ab mit der Begründung, es fiele schon schwer, die aufgestellten Soldaten zu besolden. Am 11.10.1626 beorderte Bogislaw seine Soldaten in die Grenzstädte Demmin, Treptow und Tribsees. Er versuchte auch weiterhin sein Land durch Neutralität aus diesem Krieg herauszuhalten, was zunächst gelang. Durch ein Geldgeschenk an die schwedischen Obristen wendete er den Durchzug schwedischer Truppen durch Pommern ab und damit auch die drohende Gefahr für die Grenzfeste Demmin. Am 17.11.1627 rückten dann aber doch 1 1/2 Kompanien Kaiserliche aus Wallensteins Truppe ohne Schwertstreich in Demmin ein, nachdem sie zuvor die Umgebung verwüstet hatten. Die Kaiserlichen wurden die Herren im Lande, und so führten sie sich auch auf. Der kaiserliche Befehlshaber erließ den Befehl, daß kein Gramm des in Demmin lagernden Getreides verbraucht werden dürfe. Die Söldner wurden angewiesen, sich durch Requirierungen in den umliegenden Orten zu versorgen. Die Menschen waren wehrlos gegenüber dem Wegtreiben von Vieh, dem Wegschleppen von Getreide und anderer Form von Nahrung und Besitz. Sie wurden immer wieder erpresst, Geld und Wertsachen herzugeben.
Die Lasten des Krieges wurden noch härter, als auch die Schweden ihren Fuß auf Pommerns Erde setzten. Das war am 18.Juli 1630. Der Schwedenkönig Gustav Adolf zwang den Pommernherzog Bogislaw, dem Schweden die Pommernhauptstadt Stettin zu öffnen.
Im Winter 1630 wurde Osten von nach Rostock ziehenden Kroaten aus dem kaiserlichen Heer überfallen. Jost Moltzan, der Pächter von Osten, floh wegen der unmenschlichen Drangsalierungen von Osten nach Demmin. Einige Kornvorräte hatte er nach Ivenack gerettet. Diese erste harte Bekanntschaft mit der Soldateska sollte aber erst ein Anfang sein.
Der Demminer Chronist Karl Goetze hat diese Leidenszeit wie folgt festgehalten (zusammengefasst und ergänzt durch weitere Angaben von Chronisten dieser Zeit):
"Am 02.02.1631 erschien Gustav Adolf vor Demmin, belagerte dann aber zunächst Loitz erfolgreich und erschien 10 Tage später erneut vor Demmin. Vom Nonnenberg aus führte er den Angriff vor, stellte dort seine Kanonen auf, ließ bei Eis und Schnee Laufgräben auswerfen und 7 erbeutete kaiserliche Feldzeichen aufpflanzen, erbeutet bei der Einnahme von Haus Demmin. Der kaiserliche Befehlshaber Savelli ergab sich nach kurzer Belagerung und erhielt mit 1000 Mann freien Abzug unter der Bedingung, sich in den nächsten 3 Monaten nicht am Kampf zu beteiligen. Die Schweden besetzten die Stadt und machten sich energisch an die Ausbesserung der Wallanlagen. Gustav Adolf erließ dazu strenge Befehle. Die Stadt hatte in der Folgezeit sehr unter den Schanzarbeiten zu leiden. Heran beorderte äußere Arbeitsabteilungen erschienen nicht. Zu alledem herrschte 1631 auch noch die Pest."
1633 schien der Krieg wieder näher zu kommen, und so wurden die Schanzarbeiten verstärkt betrieben.
Die Witwe zu Osten sollte dazu für den 11. bis 13. November zehn Personen nach Demmin stellen. Diese Witwe war Maria von Ramin, Witwe des Ernst Ludwig Moltzan, der als fürstlich pommerscher Erbmarschall und Landrat, auf Osten gesessen, im Jahre 1622 verstorben war. (Er liegt in der Kirche zu Schmarsow begraben, wo sein reich mit Ahnenwappen geziertes Epitaphium (Grabmal mit Inschrift) noch heute einen Schmuck des schön gewölbten Gotteshauses bildet. ) Daß die 10 Personen von Osten zum Schanzen nach Demmin aufbrachen, das ist wohl unwahrscheinlich. Jost Moltzan, Pächter von Osten, war zu dieser Zeit als herzoglicher Akzise-Inspektor für den Distrikt Loitz tätig und ließ Osten durch einen Schreiber verwalten. Er hatte bereits als jugendlicher Bewirtschafter von Osten mit großen wirtschaftlichen Sorgen zu kämpfen. Seine Lage wurde mit Ausbruch der Kriegshandlungen in Pommern noch schwieriger. Er musste allein dem Herzog von Churland (Kurland) einen jährlichen Pachtschilling von 1050 Talern zahlen, den der Herzog von Churland wegen des viel umherschweifenden Kriegsvolkes durch seinen Marschall persönlich abholen lassen wollte, aber nicht bekommen konnte. 1634 war die Pachtverpflichtung von Jost Moltzan an den Herzog bereits auf 4750 Taler angewachsen. Jost Moltzan machte dem Herzog eine Gegenrechnung. Er setzte für notwendige Bauten, Kontributionen und andere Kriegsausgaben 31 043 Gulden an und wollte damit zeigen, wie kostspielig ihm die Kriegszeit schon geworden war.
Da Burg Osten lange Zeit im Mitbesitz des Herzogs von Kurland bleiben sollte, sei an dieser Stelle erwähnt, wie es dazu gekommen war: Die zu Loitz wohnende pommersche Herzogin- Witwe Hedwig Sophie (Witwe des Herzogs Ernst Ludwig) hatte verschuldete Anteile an Osten übernommen und damit mancherlei Streit mit den Moltzanen. So sperrte sie ihnen den Tollensefluß, sie hinderte sie an der Heuernte und machte ihnen die Ückeritzer Bauern abspenstig. 1602 verpfändete sie dann ihren Anteil an Osten an ihren Schwiegersohn, den Herzog von Churland. Wie prekär die Lage der Moltzan auf Osten war, geht auch aus einem Schreiben (Kirchenarchiv Sanzkow) hervor. Danach borgte sich die Witwe Maria von Rammin (Ramin) von der Kirche in Utzedel im Jahre 1630 ganze 50 Gulden. In den Jahren 1673 und 1674 wird den Erben der Witwe von Rammin anbefohlen, die geborgte Summe mit Zinsen an die Kirche in Utzedel zurückzuzahlen.
Am baulichen Zustand der Burg Osten muß wohl bereits manches vernachlässigt gewesen sein, denn Diebe vermochten aus dem Fundament des großen Fangelturmes drei eiserne Anker auszubrechen. Das Gut selbst soll noch leidlich in Betrieb gewesen sein... bis 1637.
Im März 1637 starb Herzog Bogislaw XIV., körperlich und geistig gebrochen. Seine Leiche blieb 17 Jahre im Schloß unbeerdigt stehen. Da mit Bogislaw das Greifengeschlecht ausstarb, war der Kurfürst von Brandenburg rechtmäßiger Erbe. Herr des Landes Pommern aber war der Schwede, und er wollte es bleiben.
Alle schwedischen Generale zogen sich mit ihren Heeren nach Pommern zurück, um dieses Land für die schwedische Krone zu sichern. Während andererseits der kaiserliche Generalissimus Gallas, mit den Sachsen und Kurbrandenburgern vereint, herbeizog, um es ihnen zu entreißen.
Mecklenburg und Pommern wurden nun vorzugsweise der Kriegsschauplatz, auf welchem sich die streitenden Heere 2 Jahre lang hin- und herschoben. Dabei wurden die beiden Länder auf eine wahrhaft grausame Weise verwüstet, wie es ein Kinderlied, entstanden in dieser Zeit, treffender nicht ausdrücken kann: "Maikäfer fliege, der Vater ist im Kriege, die Mutter ist in Pommernland, Pommernland ist abgebrannt, Maikäfer flieg."
Die schicksalsschweren Jahre 1637 und 1638 Die Kaiserlichen waren 1637 auf ihrem Vormarsch bis Sarow gekommen und hatten dort ein Lager bezogen. Sie wurden aber von den Schweden geschlagen und vertrieben. Darauf zogen sie ins Mecklenburgische nach Malchin ab. Im November entschlossen sie sich zur Belagerung von Demmin. Vom 6. bis 14. Dezember 1637 wurde die Festung Demmin darauf von kaiserlichen, sächsischen und brandenburgischen Truppen belagert. Dann gaben die Schweden nach Beschuß aus 26 Geschützen die Festung Demmin auf und zogen nach Stralsund ab. Sie kehrten aber bald wieder zurück. Demmin mußte die 3. Belagerung erdulden. Es sollte mit großem Elend und bitterster Hungersnot die schlimmste Zeit für die Stadt und das umliegende Land werden. Erst nach einem 3/4 Jahr zogen die Kaiserlichen ab. Die Drangsalierungen durch die Kaiserlichen wurden nun durch die der Schweden ersetzt. Die Schweden kannten keine Schonung. Sie verlangten Nahrung, Quartier und Geld für Mensch und Tier. Steuern wurden durch militärische Exekution eingetrieben. Dazu wurden immer schändlichere Quälereien erdacht und genutzt.
Die Wintersaat 1637 und die Sommersaat 1638 hatten nicht bestellt werden können, teils wegen der Kriegsunruhen, teils, weil es an Saatkorn, Menschen und Zugvieh fehlte. Hinzu kamen die zusätzlich vielen Esser der kriegführenden Parteien. So war dann 1638 aller Vorrat an Getreide aufgezehrt. Es war nichts mehr da, auch nicht für den zehnfachen Preis, den das Getreide erlangt hatte. Das Vieh fiel noch zusätzlich einer im Jahre 1637 ausgebrochenen Rinderpest zum Opfer.
Alle Chronisten dieser Zeit sagen einmütig aus: Die Hungersnot war fürchterlich. Die Menschen mussten ihre Zuflucht zu den ungesündesten und ekelhaftesten Nahrungsmitteln suchen, ja es wird sogar von Kannibalismus berichtet.
Eine natürliche Folge dieses Elends waren Seuchen. So folgte gegen Ende des Jahres 1637 eine Pest, welche bis in das nächste Jahr hinein fortdauerte und alle früheren an Heftigkeit weit übertraf.
1638 brach das Verhängnis über Osten, Roidin und Toisin vollständig herein. Burg Osten wurde total ausgeplündert und völlig ruiniert. Was von den beiden Dörfern blieb, ist nicht überliefert, aber von der einstmals starken Wasserburg Osten. Aus einem Bericht, den der herzoglich-kurländische Obersekretär Gottfried Fabricius von dem Moltzanschen Schreiber Witt im Jahre 1649 erhielt, ist folgendes zu entnehmen: Um das Vieh vor den vor Anklam liegenden kaiserlichen Kriegsvölkern zu retten, schaffte man 125 Stück nach Stralsund. Bald aber wurde Stralsund von den Schweden bedroht und die Herde wurde nach Greifswald und von da wieder nach Osten gebracht. Während sie in Toisin und Roidin versteckt war, ging ein großer Teil wegen Futtermangels und Seuchen ein. Den Rest nahmen die Kaiserlichen mit, daß kein Haupt davon übrig blieb. Ebenso erging es 3000 Schafen, die in Ivenack versteckt waren. Die Soldaten hatten auch alles Korn weggeführt, alles Lebende totgeschlagen und aufgefressen und endlich von den Gebäuden alles Brennbare heruntergerissen, so daß nur der Erdboden und das Mauerwerk übrig waren. Auf der Burg sah es besonders schlimm aus. Das Dach war zur Hälfte eingefallen, das Mauerwerk geborsten. Weder Türen, Fenster, Öfen, Bänke und Böden waren mehr vorhanden. Der alte Gefängnisturm hinter dem Schlosse war schon früher eingefallen. Die Kapelle und die übrigen Gebäude lagen völlig zerstört und wüste. Auch die drei Brücken waren von den Soldaten weggerissen worden, ebenso die Mühlen. Die Moltzans, im Kriege völlig verarmt, waren nicht mehr imstande, die Würde des Landmarschallamtes aufrecht zu erhalten.
So entschuldigte sich beispielsweise Christoph Lüdke von Moltzan, seine Güter wären durch die kaiserlichen Heere so verwüstet, daß er weder Pferde noch Vieh, Fahrnis, Saat und Brotkorn mehr behalten habe, und er könne deshalb keine Boten verschicken, Schreiben ausfertigen und Zehrungskosten aufbringen.
Die meisten Dörfer waren niedergebrannt, oft wüst geworden, kaum noch bewohnt. Von Teusin wird berichtet, daß nach dem Kriege nur noch ein Bauer im Dorf wohnte. In Roidin war nur ein Knecht verblieben. Der Ackerbau hatte fast völlig aufgehört, weil es an allem fehlte. Auf den Feldern wuchsen jetzt Gestrüpp und Bäumchen, Acker wurde wieder zu Wald. Auch die Wölfe hatten wieder Überhand genommen und gefährdeten im Bunde mit verwilderten Hunden die wenigen Menschen.
Martin Wehrmann schreibt: "Von dem Demminer Bezirke heißt es 1643, daß im ganzen Lande kein Distrikt vorhanden sei, darin elendere, ärmere und nahrungslosere Leute zu finden seien als eben in diesem."
Am 24.10.1648 wurde in Osnabrück der Friedensvertrag unterzeichnet, durch den Pommern auf lange Jahre geteilt wurde. Für Vorpommern begann die Zeit der Fremdherrschaft, es wurde schwedisch.
Die Schwedenzeit
Die Bevölkerungzahl nach dem Krieg wuchs nur langsam, weil es vor allem an jungen Leuten fehlte. Ins Land kamen Ansiedler aus Polen und anderen Ländern, die weniger durch den Krieg gelitten hatten. Auch manche Soldaten aus den aufgelösten Heeren, blieben zurück. So entstand vielfach eine recht bunt zusammengewürfelte Bevölkerung.
Bereits in den letzten Jahren des Krieges hatten sich die Verhältnisse in Vorpommern etwas gebessert, da die Schweden das Land, das sie nun als das ihre ansahen, zu schonen begannen.
1646 wurde von der Schwedischen Regierung die Stettiner Bauernordnung von 1616 für das ganze Land bestätigt. Eine am 29.September 1647 erlassene "renovierte" Gesinde-, Tagelöhner-, Bauern- und Schäferordnung enthielt im wesentlichen dieselben Bestimmungen. Danach verloren in Vorpommern die bäuerlichen Wirte den erblichen Besitz. Ihre Legung oder ihr Auskauf wurden gestattet, sie selbst wurden für Leibeigene erklärt. Somit vernichtete der Dreißigjährige Krieg auch den freien Bauernstand mit. Die Dienste der Leibeigenen waren fortan teils bestimmte regelmäßige, teils ungemessene.
Die regelmäßigen Dienste waren mit dem Gespann und mit der Hand zu leistende Dienste am Hofe, die allmählich immer mehr erhöht wurden. Die tägliche Arbeitszeit reichte vom Morgen nach einem bestimmten Glockenschlag bis zum Sonnenuntergang. Ungemessene Dienste waren zum Beipiel Fuhren leisten, das Säen, das Waschen und Scheren der Schafe, Hopfenpflücken, Flachs oder Hanf schwingen, Mühlenbäche aufräumen und rein halten, Zäune machen, Heede spinnen und so weiter. Für gesunde Leute waren nur Sonn- und Festtage freie Tage.
Heinrich Boll gibt eine Klassifizierung der bäuerlichen Bevölkerung dieser Zeit, wie sie lange Geltung behielt. Danach wurden die eigentlichen Bauern unterschieden in: Vollbauern, Dreiviertelbauern, Halbbauern und Viertelbauern oder Kossaten. Der Name Kossate entspricht der lateinischen Benennung des Mittelalters - casatus - und bedeutet Häuschenbewohner(im Unterschied zu Bauern, die ein Gehöft bewohnen). Der Kossate bestellte seinen Acker nur mit Ochsen. Ein Vollbauer hatte in der Regel 3 Hufen, also in jedem Schlage eine Hufe. Außer seinem Ackerwerk in den 3 Schlägen hatte er aber auch noch Wiesen, Weiden, Garten und Wörde, ferner sein Gehöft, sein Vieh, die Ackerwerkzeuge und das nötige Hausgerät von seinem Herrn zur Nutznießung. Das Inventar an Vieh, Ackerwerk und Hausgerät hieß die Hofwehr. Viehbestand eines Vollbauern waren in etwa: 6 Pferde und ein Füllen, 2 Hakochsen, 4 Kühe und eine Sterke, 3 Schweine und eine Zuchtsau, 5 Gänse und ein Ganter. Eine (1) Bauernhufe, auch Hakenhufe oder Wendenhufe genannt, das waren etwa 15 pommersche Morgen (9,825 ha). Boll gibt für diese Zeit auch die Hofdienste genauer an. Danach diente im Ritterschaftlichen, wozu die Dörfer Roidin und Toisin gehörten, der Vollbauer in der Regel 6 Tage in der Woche entweder mit dem Haken und einem Handdienste oder mit 4 Pferden. Zur Erntezeit wurde noch ein Handdienst mehr geleistet. Dienstzeit war im Sommer von 6.00 Uhr bis 11.00 Uhr, dann ruhte das Vieh 2 Stunden, und von 13.00 Uhr bis 18.00 Uhr. Zur Winterzeit arbeiteten die im Dorfe Wohnenden vom Tagesanbruch bis zur Dämmerung mit einer Stunde Mittagsruhe. Die übers Feld Kommenden mußten sich mit Tagesanbruch auf den Weg machen. Die Bauernweiber hatten im Winter 12 bis 16 Pfund Flachs zu spinnen. Ein Kossate, welcher 6 bis 8 Scheffel Aussaat hatte, mußte 2 Tage mit dem Haken und einen Tag mit der Hand oder umgekehrt dienen. Kossaten aber, welche nur den Katen mit Garten hatten, mußten 2 Tage mit der Hand dienen. Einlieger, welche nur eine Wohnung hatten, mußten 1 Tag mit der Hand Hofdienste leisten.
Die Hofherren waren bestrebt, die Dienste ihrer Leibeigenen immer mehr zu steigern. Sie nahmen die Kräfte ihrer Bauern und Einlieger auf das Äußerste in Anspruch. Schriftliche Aufzeichnungen aus dieser Zeit haben daher auch in breitem Umfang zum Inhalt, wer wem welche Dienste zu leisten habe.
Für die Dörfer Toisin und Roidin liegen solche Berichte erstmals nach dem großen Krieg aus dem Jahre 1669 vor, als Visitationsbericht im Kirchenarchiv Sanzkow. Darin wird ausgesagt: Von 1637 bis 1669 lag das Kirchenspiel verwaist da. Als Küster ist 1669 ein Schneider im Amt. Zum Kirchenspiel gehören die Dörfer Santzkow, Uthsethel, Roydin, Toysin und Zacharie. Die Kapelle zu Roydin ist zerstört. Die Glocke dieser Kapelle befindet sich in der Kirche zu Santzkow. Wenn die Kapelle repariert ist, so daß der Gottesdienst wieder darin gehalten werden kann, soll diese Glocke wieder darin ´restituieret`werden. Diese Glocke hat eine lichte Weite von 1 3/8 Ellen und eine Höhe von 1 1/8 Ellen.
In Toysin ist eine Kapelle, sie gehört zur Kirche in Santzkow. Das Dorf gehört den Moltzanen zu Osten. 1669 haben es der Herzog von Churland und Adam von Eichstedt in Besitz. Zum Vorsteher der Kapelle wird ein Jacob Hiddick vorgeschlagen. Die Kapelle besitzt eine Glocke, sie hängt im Giebel. An barem Gelde, Büchern, Kirchensilber und so weiter ist nichts vorhanden. Zur Kapelle gehört eine Wische an der Tollense, die Gotteswische von 4 Fuder Heu. Ein Matrikel von 1588 besagt, daß Nachbarn damals aus Freiheit eine Wische im Ort haben, die von der alten Mühle zu dieser Kapelle gegeben wurde. Weil aber diese beiden Wischen der Kirche nichts eingebracht, sollen sie 1669 sofort der Kirche zum Besten ausgetan und verheurat (verpachtet) werden. An Häusern gehört zur Kapelle ein Haus. Es steht halb auf dem Kirchhof und halb auf der Straße. (Der Kirchhof ist mit Sicherheit das in späterer Zeit als Schulgrundstück genutzte Gemeindeland gewesen. Der Standort der Kapelle ist nicht nachweisbar, doch darf vermutet werden, daß die Kapelle im hinteren Teil des jetzigen Schulgartens stand und auf ihren Fundamenten in späterer Zeit eine Scheune errichtet wurde. Noch heute liegen dort mächtige Steine. Das genannte Haus stand wohl an der Stelle des jetzigen Schulhauses.) Der Einwohner des Hauses, Clemens, ist der hiesigen Obrigkeit nicht untertan. Er berichtet, daß er, wie schon sein Vater, 8 Tage nach Osten muß, um auf dem Fache bei der Ernte zu arbeiten. Besagter Einwohner ist wohl ein Zimmermann gewesen, denn von ihm wird weiter berichtet, daß er auf Paul Hiddicks zerstörter Stätte gebaut hat. Ferner hat er 1666 eine Kate (Haus ohne Hofstätte) gebaut, die auch teils auf dem Kirchhof, teils auf der Straße stand. (Diese Katenstelle soll noch bis ins 19. Jahrhundert bebaut gewesen sein und zur Dorfstraße zu gelegen haben - späterer Schönbeck´scher Garten.) Auch Roydin gehört den Moltzanen, zur Zeit jedoch, wie Toysin, denen von Churland und von Eichstedt.
Zu Vorstehern der Kapelle sollen die Müller Hans Gäbbe und Caspar Fischer bestallt und in Gegenwart der Herrschaft und des Pastors in Eidespflicht genommen werden. Zur Kirche gehört ein Stück Acker, der Gotteshausacker, am Ostischen Damme bei der Mühle gelegen. An diesen Acker schließt sich eine Wische von 7 bis 8 Fuder Heu an. Wiese und Acker hat laut Matrikel von 1588 der Kröger zu Roydin gebraucht und dem Gotteshaus dafür jährlich nur wenig gegeben. Dafür war er verpflichtet, dem Pfarrherren und Küster die Mahlzeit zu geben, wenn sie jeden 3. Sonntag oder Bußtag zu Roydin ihr Kirchenamt verrichteten, damit die anderen Einwohner verschont blieben.
Die Visitation im Jahre 1669 bezeichnet diesen Zustand als eine liederliche Heure. Die Erben Moltzans protestierten gegen die Beibehaltung dieser Regelung, da die Kirche wenig davon genossen hat. Die Visitation verordnet daher. daß von der Herrschaft (Von Eichstedt) der Acker und die Wische so hoch als möglich verheurat und von der Heure die Hälfte dem Pastor gereicht werden soll.
Am Damme "zur Osten" , hart an der schon genannten Wische, liegt noch eine Gotteswische von 4 Fuder Heu. Diese Wische hat der alte Pfarrherr eine lange Zeit selbst gebraucht und nochmals dem Kröger zur Osten gegeben. Außerdem hat das Gotteshaus noch eine Wische, die Holzwische genannt, am Toysiner Felde gelegen. Sie liegt an der Ackerbrache und kann ums 3.Jahr nicht gehegt werden. Sie hat außerhalb der Brachzeit jährlich Heure gegeben.
Ferner gehört zum Gotteshaus eine Kate von 3 Gebind ohne das Kuhlende, mit anderthalb Morgen Acker und einem Morgen Wische. Diesen Katen hat Casper Fischer auf seine eigenen Unkosten mit Erlaubnis des Landrates, in Abwesenheit der Herrschaft, auf dem Kirchengrunde wieder aufgebaut. Die Visitation verordnet, daß die Heure hiervon der Kirche zufließen soll. Darüber entbrannte ein Streit mit Adam von Eichstedt.
Dieser weist einen Pfandvertrag vor, worin von diesem Katen gewisse Dienste denen von Moltzan zugelegt werden. Außerdem ist in der Visitation von 1588 verzeichnet, daß dem Verwalter von Osten die Dienste von diesem Katen mit Hartwich und Heinrich Moltzan ein Jahr ums andere zugehörig zu sein haben.
Im Pfandvertrag ist enthalten, daß nur 6 Tage (in der Ernte 2 Tage auf dem Fache, 2 Tage zum Flachse und 2 Tage die Schafe waschen und scheren) von dem Katen geleistet werden. Dies ist daher gekommen, weil der Inhaber des Katens Weide und Holz gebraucht und daher solche Dienste eingeführt hat, so wie noch jetzt die Einlieger an einigen Orten wegen der Heide, der Weide und des Holzes einige Dienste tun. Die Visitation erachtet es daher für nötig, daß im königlichen Archiv in der Visitation von 1560 und im Moltzan´schen Lehnsbrief nachgesehen werden muß, ob darin wegen dieses Katens und seiner Dienste etwas vermeldet wird.
Der Streit um die Dienste dieses Katens wurde wohl schon seit längerer Zeit geführt, wie einem Schriftstück im Kirchenarchiv entnommen werden muß. (Jahreszahl nicht zu ersehen, wahrscheinlich aus den Anfangsjahren des 17. Jahrhunderts) Aus diesem Schriftstück geht hervor, daß am Gotteshause in Roydin eine Kate gelegen ist, die mit Zubehör dem Gotteshause gehört und den Pfarrherren bisher Pacht einbrachte. Darin wohnt zu der Zeit eine arme, elende, stumme Magd. Hartwich Moltzans Söhne erheben erneut die Forderung auf etliche Dienste aus diesem Katen und berufen sich auf die Pfandverschreibung auf die Osten´schen Güter (von Lütcke Moltzan). Hier entgegen hat die Kirche die Nachricht, daß bei Menschen Gedenken vor etlichen Jahren diese Katenstelle ganz wüst gelegen war. Auch haben die Moltzane zu Osten mit der Stätte und zugehörigem Acker und Wiesen nichts zu tun gehabt, wie alte Leute berichten. Hernach haben die Eltern der stummen Magd mit dem Vorsteher der Kirche und dem Pastor gehandelt und haben einen Katen in Törpin gekauft und denselben auf die wüste Stätte gesetzt und dem Pastor dafür Pacht gegeben, die er auch jährlich noch erhebet. Nach dem Tode der Eltern habe aber die stumme Magd auf Anforderung der Nachbarn, weil die stumme Magd die Holzkaveln mit empfangen, auch mal etwas dafür tun müssen. Die Vögte haben deshalb dieselbe zum Schafe waschen und scheren, aber auch in der Ernte auf dem Fache zum Helfen angetrieben. Daher wird Lütcke Moltzan solchen Dienst haben in der Pfandverschreibung aufsetzen lassen. Vor etwa 6 oder 7 Jahren hatte zu dieser Zeit der Müller zu Roydin einen Knecht, der bei Abendzeit die elende, stumme Magd in ihrem Hause gewaltsam überfallen hat und sie notzüchtigen gewollt. Die jungen Moltzane zu Vanselow und der Verwalter zu Osten haben wohl und billig diesen Knecht gefangen gesetzt und einziehen lassen.
Im Visitationsbericht aus dem Jahre 1669 wird weiter angegeben,
daß in Toysin um diese Zeit 10 Bauersleute mit mit je 3 Hufen Besitz sind.
In Roydin sind der Kröger Gültzow mit 3 Hufen und die beiden Edelmannhöfe Hartwig Moltzan mit 6 Hufen (zur Zeit Eichstedt) und Heinrich Moltzan mit 9 Hufen (zur Zeit von Churland) genannt.
Den Angaben ist zu entnehmen, daß sich die Verhältnisse in der Bewirtschaftung im Vergleich zur Zeit vor dem Dreißigjährigen Krieg wieder hergestellt haben. Teusin ist immer noch ein reines Bauerndorf, in Roidin existiert noch der eine Bauernhof neben den beiden großen Höfen der Feudalherren. Die Kätner in Roidin sind gelegt worden.
Den Beschwerungen und Mängeln der Pastorei Sanzkow gegen Ende des 17. Jahrhunderts können weitere Informationen über die Verhältnisse in den Dörfern entnommen werden: Die Küsterei in Sanzkow soll, da sie im vorigen Krieg dergestalt ruiniert worden ist, daß sie nicht wieder repariert werden kann, ebenso wie der Pfarrhof von den 4 Dörfern aufgebaut werden. Sie soll mit einem kleinen Kohlgarten befriedigt und in wohnlichem Stande erhalten werden. Der Pastor klagte nun darüber, "...daß er, wenn zu bauen und zu bessern ist, bei den Pfarrkindern kein Gehör findet und dadurch oftmals große Ungelegenheit und Schaden entstanden sind. Auch haben die Pfarrkinder untereinander selber keinen Zwang, der eine tut was, der andere nichts, einer kommt, der andere bleibt aus und wird selten tüchtig gemacht." Der Pfarrherr bittet daher, "... daß eine Ordnung und allgemeiner Kirchenzwang möge hergestellt werden und daß die Vorsteher in einem jeglichen Dorfe nebst Schulzen schuldig sein mögen, daß baut und bessert wird. Der Obrigkeit an jedem Orte möge befohlen werden, ihren Untertanen, ein jedem für seinen Anteil, Holzung darzu zu reichen, was einer jeglichen Herrschaft nicht viel ausmachen kann, da die großen und vornehmsten Gebäude fertig sind." Da der Pfarrherr sich einen großen Bauknecht in diesen teuren Zeiten halten muß, wenn er Zeit zum Studieren haben will, und weil Haushaltung und Nahrung schlecht, dazu die Hufen gering sind, bittet er die Visitatoren, bei den Patronen der Kirche vorzusprechen. Er bittet die Herren darum, daß sie einwilligen mögen, "...daß ein jeglich Dorf ein Caspel zu beiden Saaten im Wechsel mögen pflügen helfen. Dafür will er ihnen zu jeder Pflügezeit einem jeglichen Dorfe 1 Tonne Bier mit nach Hause geben. Die Arbeit sollte in einem halben Tage leicht auszurichten sein." Der Pastor verspricht auch,"...sich desto fleißiger wiederum und desto williger gegen die Obrigkeit und die Pfarrkinder zu bezeigen." Im gleichen Bericht klagt der Pastor auch darüber, daß das Gesinde oft ungehorsam und untreu ist.
Die schwedische Regierung war eifrig bestrebt, die Organisation und Verwaltung der neuen pommerschen Besitzung in die Wege zu leiten und an Stelle der vorläufigen Einrichtungen, die in Vorpommern noch während der letzten Kriegsjahre geschaffen worden waren, dauerhafte herzustellen. Dazu gehörte vor allem, die Regelung der Abgabenverhältnisse in Angriff zu nehmen. Dafür war die Herstellung einer richtigen Hufenmatrikel unentbehrlich. Man begann deshalb schon bald nach 1653 mit einer sorgfältigen Aufnahme des Landes. Dieses Werk wurde aber durch die Kriegsunruhen oft aufgehalten oder ganz unterbrochen und erst in den Jahren 1692 bis 1695 vollendet.
Für Osten, Roigdin und Toisin erfolgte die Hauptvermessung erst 1698 durch Hesselgreen.
Zur schwedischen Landesaufnahme: Die Arbeit der Landmesser-Kommission war außerordentlich mühselig und umfangreich. Während sie im Sommer per Fuhrwerk von einem Gut, Ackerwerk und Hufe zur anderen reiste, alles persönlich in Augenschein nahm und überprüfte, die Bauern, ältesten Leute, Pastoren und so weiter über die landwirtschaftlichen Verhältnisse befragte, in Lehnsbriefe, Kaufkontrakte, Verschreibungen und andere Verträge Einblick nahm und schließlich die Vermessung des Landes in die Wege leitete, wurde im Winter in der Stadt Quartier genommen und das Gehörte, Überprüfte und Vermessene sorgfältig zu Papier gebracht.
Das Ergebnis sind auf Leinen gezeichnete und farbig gestaltete Karten in der Größe von 100X80 cm im Maßstab 1 : 8333,3 Pommersche geometrische Elle.
Die Materialien "Schwedische Landesmatrikel von Pommern (Schwedisch-Vorpommern) liegen im Staatsarchiv Greifswald unter den Nummern für Toisin 586, Roigdin 671 und Osten 712.
Für unsere Orte liegt leider keine Übersetzung der in Altschwedisch gehaltenen umfangreichen Beschreibung vor.
(nachträgliche Bemerkung von A. Mü: Im Jahr 2011 berichtete Frau Kirsten Gehrke vom Nordkurier, Demminer Ausgabe, über die Chronik von Alfred Drechsel. Sie erwähnte, dass Herr Drechsel einen Übersetzer der schwedischen Landesvermessung für die Orte Teusin und Roidin sucht. Daraufhin meldete sich der damals in Magdeburg lebende Herr Dr. Dirk Schleinert. Da er sowohl Geschichte als auch Schwedisch studiert hatte und sich mit den schwedischen Matrikeln bereits befasst hatte, übernahm er in aufwendiger Arbeit die Übersetzung für die Dörfer Teusin und Roidin und leistete damit eine sehr wertvolle Arbeit für die Chronik. Die Ergebnisse sind in die nachfolgenden Abschnitte eingeflossen.)
In deutscher Sprache ist neben dem Visitationsbericht aus dem Jahre 1669, wie ihn Pastor Christian Friedrich Cramer zu Sanzkow übermittelt hat, noch ein Bericht des seinerzeitigen Besitzers der Begüterung Osten, Philipp Joachim von Parsenow, vorhanden. (ein Vordruck, enthalten in der schwedischen Landesaufnahme)
Bemerkung zum Besitzerwechsel: Ilse Maria von Ramin, Witwe des Ernst Ludwig Moltzan, war mit Adam von Eickstaedt verheiratet. Deren Tochter, Idea Agnisa, heiratete Philipp Joachim von Parsenow. Ihm wurde 1674 von seiner Schwiegermutter der sogenannte Eickstaedt´sche Anteil von Schmarsow verpfändet. Darauf übertrug sodann Albert Axel von Maltzahn auf Tützpatz die ihm durch seine Gemahlin, Elisabeth Tugendreich von Eickstaedt, zuständigen Ansprüche an der Begüterung auf seinen Schwager Philipp Joachim von Parsenow. Den übrigen, den sogenannten Churländischen Anteil, erhielt Philipp Joachim, exrevione der Gebrüder von Maltzahn, welche es eingelöst hatten, indem er 8000 Fl. hergab, wofür ihm Osten als Pfand gelassen wurde. Philipp Joachim von Parsenows Sohn, Christian Albrecht, kaufte am 26. Mai 1708 von dem Erblandmarschall Hans Jacob von Maltzahn die Güter Osten, Reudin und Teusin mit der Bedingung, daß dieselben nicht eingelöst werden können, so lange von ihm männliche oder weibliche Nachkommen den Namen Parsenow führen würden. Roidin und Teusin wurden dann im 18. Jahrhundert für kurze Zeit an einen Major von Glöden verpfändet, kehrten aber durch Einlösung wieder in den Besitz der Familie von Parsenow zurück. Den Parsenows gelang es sodann, wegen der Erbfolge in der Osten´schen Begüterung gegen das Geschlecht von Maltzahn das Sukzessionsrecht (Erbnachfolgerecht) in den Jahren 1755, 1758 und 1759 zu erstreiten. Sie blieben im Besitz der Begüterung, bis die beim Verkauf im Jahre 1708 vereinbarte Bedingung für eine Einlösung durch die Familie Maltzahn tatsächlich eintrat. Das Geschlecht der Parsenow starb am 16.April 1830 mit Friedrich Wilhelm Ludwig Carl Erich aus.
Philipp Joachim von Parsenow gibt im "Projekt, wie die Hufen in Pommern und Rügen einzurichten" (Vordruck Landesaufnahme) für seinen Rittersitz an:
für Toisin, daß das Ackerwerk
3 besetzte Bauernhöfe hat, keine unbesetzt (Casten Plam, Claus Plamp, Marten Hidik)
4 besetzte Cossatenhöfe, keine unbesetzten (Joachim Plamp, Hans Schröder, Claus Höck, Philip Lütman)
4 Bauernhufen in Kultur, 6 wüst (Jochim Düwier - Parsenow´scher Hof)
daß die Bauern 126 Scheffel Roggen, 68 Scheffel Gerste, 68 Scheffel Hafer aussäen,
daß sie 20 Fuder Heu werben, 36 Rinder und 20 Schafe haben.
Es werden für Toisin als Einwohner noch die Namen David Dieckmann und Jacob Gartz genannt.
für Roidin
7 Hufen, 1 wüste Hufe - davon 2 Hufen mittelmäßiger Acker und 5 Hufen schlechter Acker
Aussaat: 216 Scheffel Roggen, 108 Scheffel Gerste, 108 Scheffel Hafer, 12 Scheffel Erbsen
weiterhin:
1 Wassermühle (baufällig)
1 wüste Schneidemühle
1 Schmiede (instand)
1 Krug ist angelegt, weil von alters her dagewesen
Roidin ergibt 60 Fuder Heu, die Hälfte davon wird nach Schmarsow gefahren. Es gibt 50 Rinder und 450 Schafe. Roidin gibt 18 Scheffel Meßkorn an den Pastor.
In Roidin wurden bei der "Landesaufnahme" der Schweden in 25 Haushaltungen auch einige Haushaltsvorstände namentlich angeführt:
Joachim Düwier als Hofverwalter, Lorentz Lemke als Müller, Hinrich Plemak als Schmied, Balzer Lexow als Häker, Jochim Schul als Häker, Christian Casbohm als Häker, Friedrich Smook, Hans Laban und Ertmann.
Im Unterschied zu anderen gezeichneten Karten ist die von Roidin schwerer lesbar. Es herrscht ein Durcheinander von Farben, Strichen und Zeichen. Das ist sicherlich der vielgestaltigen Oberflächenstruktur, der Lage im Seitental der Tollense zuzuschreiben. Klar erkennbar ist der Standort der Roidiner Mühle, abseits des kleinen Ortes, bachabwärts, wohl seit alters her immer wieder an dieser Stelle neu entstanden.
In einem Beitrag von Max Bruhn in "Die pommersche Zeitung" vom 16.12.1978 sind die Namen der Roidiner Wassermüller enthalten:
Dr. Max Bruhn stammt aus Sanzkow, war Lehrer am Gymnasium in Demmin und hat sich viel mit Heimatgeschichte befaßt, so im Kirchenarchiv in Sanzkow umfangreiche Studien betrieben.
Nachfolger des in der schwedischen Landesaufnahme genannten Lorentz Lemke:
1700/ 1750 Martin Wiede mit den Müllerburschen Conrad 1735, Christoph Nagel und David Albrecht 1748/1749
1752 Müllermeister Thomas Beutin, ehelichte Margarethe Thomas
1755/ 1761 Johann Christoph Sülk, heiratete Margarete Elisabeth Rickermann
1761/ 1791 Erbmüller Johann Christian Labahn, Erbmüller, in zweiter Ehe mit Adelheid Catharina Köhler
1791/ 1848 Mühlenmeister Johann Friedrich Röhl, heiratete 1803 Luisi Dorothea Adelheid Labahn
1879 Meyer
um 1900 Franz Anders aus Utzedel, heiratete Marie Plestlin, übernahm 1910 die Mühle in Roga/ Mecklenburg
um 1920 Paul Schlüter
um 1930 Sommer
bis 1945 Fritz Millow (kam aus dem Krieg nicht zurück)
bis 1951 Reirat (letzter Müller in Roidin)
Die Mühle war danach, um 1960, zeitweise Forsthaus unter dem Förster Conrad Phillips. Nach 1970 erwarb der Müller Hoffmann das Mühlengrundstück, um es landwirtschaftlich zu nutzen.
Durch die Übersetzung der schwedischen Matrikel durch Herrn Dr. Dirk Schleinert, ergaben sich folgende Informationen über die Dörfer Toisin und Roidin im Rahmen der "Landesaufnahme" durch die Schweden:
'Landesarchiv Greifswald, Rep. 6a, Bd. 50, S. 297 - 305 Beschreibung über Toisin, das im Junimonat des Jahres 1698 vermessen wurde.
Toisin ist ein Bauerndorf im Demminer Distrikt und Santzkows Kirchspiel, 1/2 Meile von Demmin, 5 Meilen von Greifswald, 5 von Anklam gelegen. Grenzt im Norden mit Santzkow, im Osten mit Vantslow und Roigdin, im Süden mit Strelow, im Westen mit Utsedel.
Wie mir die Bewohner berichteten, haben hier in früheren Zeiten 10 Bauern gewohnt und einige Kossaten, welche nur Wurten im Gebrauch hatten. Zu der zeit war Moltzan der Besitzer hierüber und nach ihm bekam es Ekestedt und nach ihm hat es Pasenow bekommen, welcher es auch noch in Besitz hat. Nach dem Bericht von Jochim Duwier soll dieses Dorf zur Hälfte ein Courlenskt (=kurländisches) Gut sein.
Die Namen der Bewohner
Nummer | Name | Bemerkungen |
---|---|---|
1 | Jochim Düwier | Vogt, den Pasenow hier deshalb hat, damit er die Aufsicht über die Bauern wie auch über den Rittersitz und das ackerwerk Roigdin hat. Dafür bekommt er von der Herrschaft 20 Scheffel Aussaat in jedes Feld. |
2 | Casten Plam | untertäniger Vollbauer |
3 | Claus Plamp | untertäniger Vollbauer |
4 | Marten Hidik | untertäniger Vollbauer |
5 | Jochim Plamp | untertäniger Kossate, wohnt auf Vollbauernstelle |
6 | Hans Schröder | untertäniger Kossate, wohnt auf Vollbauernstelle |
7 | Claus Höck | untertäniger Kossate, wohnt auf Vollbauernstelle |
8 | Philip Lutman | untertänbiger Kossate, wohnt auf Vollbauernstelle |
9 | David Dickmann | hat 3 Scheffel Aussaat in jedem Feld und ist ein Freimann |
10 | Jakob Gartz | Kuhhirte |
11 | eine Witwe | hütet Schweine |
Nach der Hufenprofession, die der Besitzer Anno 1698 eingereicht hat, ist Toisin mit 4 kultivierten und 6 wüsten Bauernhufen eingeschrieben.
Der Acker liegt in drei Feldern verteilt, welche zum Teil ziemlich eben und von mittelmäßigem Boden sind, wie er auch zum Teil mehr hoch gelegen ist und aus sandigem Boden besteht. Das Feld nach Santzkow, das jetzt in der Brache lag, wird meist mit Roggen besät und der geringste Teil mit Sommersaat. Langen Felt, das das Beste ist und jetzt mit Sommersaat besät war, ist von gutem Boden, zum Teil etwas kaltgründig. Die Ackerflächen (Wurten) werden zu Feldern gerechnet, woneben sie liegen, weil sie mit derselben Art besät wurden.
Die Bauern sagen, dass sie in mittelmäßig guten Jahren von einem Scheffel Aussaat den 3. bis 4. Scheffel wiederbekommen.
Die Aussaat
Jeder kann aussäen wie folgt
Langen Felt | Dwars Felt | Felt nach Santzkow |
---|---|---|
Roggen/ Sommersaat | Roggen/ Sommersaat | Roggen/ Sommersaat |
gilt für 2,3,4, jeder
2 Drömt/ 2,5 Drömt |
gilt für 2,3,4, jeder
1 Drömt, 8 Scheffel/ 2 Drömt |
gilt für 2,3,4, jeder
1 Drömt, 8 Scheffel/ 1 Drömt, 6 Scheffel |
gilt für 5,6,7,8, jeder
1 Drömt, 4 Scheffel/ 1 Drömt, 4 Scheffel |
gilt für 5,6,7,8, jeder
1 Drömt, 2 Scheffel/ 1 Drömt 4 Scheffel |
gilt für 5,6,7,8, jeder
1 Drömt, 4 Scheffel/ 1 Drömt, 2 Scheffel |
1 hat 20 Scheffel Aussaat | 1 hat 20 Scheffel Aussaat | 1 hat 20 Scheffel Aussaat |
9 hat 3 Scheffel Aussaat | 9 hat 3 Scheffel Aussaat | 9 hat 3 Scheffel Aussaat |
Erbsen hatte jeder Bauer dieses Jahr 2 Scheffel Aussaat in der Brache und 1 Scheffel Leinsaat und Buchweizen auf dem Acker, den sie zusätzlich aus dem sandigen Ödland ausgerodet haben, zu 1/4 Scheffel. Die Kossaten lediglich Leinsaat zu einem 1/4 Scheffel Aussaat.
Das Ödland Bauwen Felt, ziemlich hoch gelegenes Ödland, worin die Bauern einige Scheffel aussäen. Sie haben ausgesät, aber die Aussaat nicht wieder bekommen, denn sie geben vor, dass es - obwohl sehr hoch gelegen- kaltgründig ist und, wie sie es nennen, aus "swalk" Sand besteht.
Sten Felt, könnte wohl zum Teil aufgebrochen und mit Roggen besät werden, denn es besteht meistenteils aus Sand. Hier gibt es auch einen großen Teil Ödland, dfer jetzt mit großen Eichen und ein Teil mit Espen, Birken und anderem kleinen Wald bewachsen ist, welches seit dem kaiserlichen Krieg wüst gelegen hat.
Die Kirche hat ein kleines Stück Ödland mit einem Graben umher bei Olde Mühl, welches jetzt mit Eichen bewachsen ist und die Kirche nichts davon bekommt. Dazu gibt es hier ein Stück von einigen "Decimer" ungefähr beim Oll Moor, das der Glocke gehört, denn sie haben sie damit früher instand gehalten.
Wiesen
Jeder Bauer kann 8 Fuder (Heu) bekommen, jeder Kossat 4 Fuder, Nr. 9 ein Fuder, Nr. 1 kann auf den 2 kleinen Wiesenflecken, die der Kirche gehören (der eine an der Tollense, der andere bei Olde Muhl gelegen) , 1 1/2 Fuder werben. Hagen hat hier eine Wiese von mittelmäßig gutem Wuchs. Mehr über die Beschaffenheit der Wiesen bei der Arealausrechnung.
Der Besitzer selbst hat angegeben, daß alles in allem nicht mehr als 20 Fuder geworben werden können.
Über den Wald An der Santzkower Grenze gibt es auf beiden Seiten des Weges zwei kleine, mit Gräben umgebene Eichenwälder, die man in früheren Zeiten gehegt hat, weil der ganze andere vorgenannte Wald Acker gewesen ist. Ansonsten ist hier zum Teil noch mehr an der Grenze und auch anderswo, was nicht Acker gewesen ist. Moor gibt es hier zum Teil, die Stubben Bruk und See Bruck genannt werden, welches so sumpfig und morastig ist, dass kein Vieh dort hinein kommen kann. Hagens Bruck - wovon ein Teil hierher gehört hat, aber wie viel konnte mir keiner eine Unterrichtung geben- scheint etwas nass und morastig zu sein. Ansonsten gibt es noch andere Moore und Erlenbrüche inner- und außerhalb der Felder, teils bewachsen und teils unbewachsen. Reines Weideland gibt es hier nicht, sondern die Bewohner lassen ihr Vieh im Wald oder auf dem wüsten Acker weiden.
Über das Gesinde Jeder muss einen Knecht, einen Jungen und eine Magd zur Verrichtung der Hofdienste halten. Die, die sich nicht mit ihren Kindern behelfen können.
Über den Hofdienst Die Bauern dienen nach Roigdin 5 Tage in der Woche mit 2 Personen und 2 Ochsen oder 4 Pferden/ in der Heuernte 5 Tage die Woche 2, die mähen, und einer, der harkt. In der Mahd, solange wie der Roggen steht, 2, die mähen, und 2, die binden, aber wenn das Korn abgemäht ist mit 3 Personen, und wenn es eingefahren wird mit einem Wagen, 4 Pferden und 3 Personen. Ansonsten tun sie ihren Dienst im Winter mit Fuhrwerk und anderem so, wie es ihnen von der Herrschaft angesagt wird. Die Kossaten dienen 4 Tage die Woche mit 2 Personen und 2 Ochsen, in der Mahd mit 2 Personen, den Winter über mit Dreschen und anderem Dienst, wie es ihnen zu tun befohlen wird.
Vieh Jeder hat und kann kaum mehr halten als die Bewohner selbst berichteten:
Nr. | Pferde | Ochsen | Jungvieh/Rinder | Kühe | Schafe | Ziegen | Bienenstöcke |
---|---|---|---|---|---|---|---|
1 | 2 | 2 | 3 | 4 | 4 | 6 | 5 |
2 | 4 | 2 | 2 | 3 | - | - | - |
3 | 4 | 2 | - | 4 | 3 | - | - |
4 | 4 | 2 | 2 | 3 | 5 | - | - |
5 | 2 | 2 | - | 2 | - | - | - |
6 | 2 | 2 | - | 1 | 3 | - | - |
7 | 1, 1 Fohlen | 3 | - | 2 | 4 | - | - |
8 | 1 | 2 | - | - | 1 | - | - |
9 | 2 | 2 | - | 2 | 3 | - | 2 |
10 | - | - | - | 1 | - | 4 | - |
macht zusammen | 22 und 1 Fohlen | 19 | 7 | 22 | 23 | 10 | 7 |
Abgaben Für die Untertanen entrichtet die Herrschaft die Abgaben, weil sie sehr arm sind, doch geben sie nach Vermögen etwas wieder. Nr. 9 und Nr.10 geben, wie es ihnen von der Herrschaft angesagt wird.
Einkünfte des Pfarrers Jeder Bauer gibt dem Pastor 3 Scheffel Meßkorn, 20 Eier, 1 Mätwurst. Dazu bekommt er von Pasenow für einige wüste Höfe 6 Scheffel Roggen. Die Kossaten 2 Scheffel, 15 Eier - 1 Schilling, und jeder Scheffel Roggen, den er bekommt, 4 Schilling, und 2 Schilling Zeitengeld. Der Küster 1 1/2 Scheffel Roggen von jedem Bauern, von jedem Kossaten 1 Scheffel. Die anderen, die übrig sind, geben ihm Eier und Mätwürste.
Hier gibt es 4 wüste Vollbauerngehöfte und 3 wüste Kossatenstellen, welche die Bauern und Kossaten unter sich haben, aber sie geben dafür nichts. Numero 1 eine Kossatenstelle mit der dazu gehörenden Wurte. 2 dito, 3 und 6 dito, 9 eine Wurte, wofür er lediglich Dienst tut. Numero 3 hat eine 1 1/3 Bauernstelle, 7 dito, 8 dito. Numero 9 wohnt auf einer Kossatenstelle.
Über alte Monumente Hier steht eine Kapelle im Dorf, die ganz unfertig und fast in den Grund ruiniert ist. Aber die Glocke ist noch in gutem Zustand.
Arealausrechnung von Toisin
/1 | /2 | Morgen /3 | Ruten/4 | |
---|---|---|---|---|
Der Acker liegt in 3 Feldern verteilt | ||||
A | 1 | A Das Feld nach Santzkow, das in der Brache lag. Eben gelegener Acker, zum Teil sandig, zum Teil humoser Sand | 57 | 180 |
Aa | 1 | Humoser Sandacker, mittelmäßig hochliegend | 38 | 19,8 |
= | 96 | - | ||
B | 1 | Langen Felt, das jetzt mit Sommersaat besät war. Mittelmäßig eben gelegenes Ackerfeld, aus sandvermengter Humuserde bestehend, war doch ein klein wenig beim Dorf und bei den Pfuhlen (Tümpeln) und hinauf zum Bawen Felt ein klein wenig kaltgründig | 85 | 30 |
= | 85 | 30 | ||
Dwar Felt mit Dorp Sted, das jetzt mit Wintersaat besät war. | ||||
C | 1 | Sandig sowie zum Teil lehmig, meistenteils hoch gelegen | 46 | 90 |
Ca | 2 | Dorpsted, meistenteils aus Lehm bestehend und ein Teil aus Sand | 14 | 120 |
Cb | 1 | Bern Land, ein kleines Stück bei Dorp Sted gelegen/ dafür hat man es kommun(5) gehalten/ aus Sandhumus bestehend | - | 240 |
= | 61 | 150 | ||
= (gesamter Acker) | 242 | 180 | ||
E | 3 | E Ackerwurten, aus guter Humuserde bestehend | 15 | 60 |
Ödland | ||||
D | 1 | Bawen Felt, siehe Annotationen | 92 | - |
Da | 14 | einige kleine kahle Ödflecken, die zum Aufbrechen dienlich sind, dazu das der Glocke | 11 | 270 |
Db | 1 | Steen Felt, ziemlich hoch gelegen, aus Sandboden bestehend und seit dem kaiserlichen Krieg wüst liegend | 68 | 30 |
Dc | 1 | meist kahl und mittelmäßig hoch gelegen, an manchen Stellen mit kleinen Büschen bewachsen | 31 | 150 |
= | 203 | 150 | ||
Wiese | ||||
Fa | 3 | Langen Wisch, eine mittelmäßig große und feuchte Wiese von mittelmäßigem Wuchs, in nassen Jahren können die Bewohner sie nicht groß nutzen, denn sie wird vom Wasser überflutet | 47 | 240 |
Fb | 1 | Niedrige und feuchte Wiese von gutem Wuchs | 6 | 60 |
Fc | 2 | Feuchte Wiese | 4 | 60 |
Fd | 2 | 2 kleine Wiesenflecken, die der Kirche (Kapelle) gehören | 1 | 90 |
= | 59 | 150 | ||
Fe | 1 | Hagens Wisch, eine Wiese, die nach Hagen gehört, von mittelmäßigem Heuwachs, besteht in allem aus | 11 | 180 |
Nach der Angabe der Bewohner können Heufuder geworben werden, wie in den Annotationen vermeldet wurde, doch will ich zu mehrerer Gewissheit hier anführen 61 Fuder | ||||
Wald, Moor und Weideland | ||||
Ga | 3 | ein mittelmäßig großer Hagebuchen- und Eichenwald, mit Birken und Espen durchmischt, meistenteils früher Acker gewesen, dazu 2 kleine Flächen mit Gräben umher, mit Eichen bestanden | 54 | 60 |
Gb | 1 | ein Eichenstreifen außen an der Wiese Lange Wisch | 31 | 240 |
Gc | 2 | etwas feuchter Hagebuchenwald, mit Haseln und Espen gemischt | 58 | 150 |
Gd | hohe Hagebuchenhügel, mit Birken und Hasel gemischt, ist früher Acker gewesen | 33 | - | |
Ge | 1 | feuchter Wald, mit einigen Buchen, aber meist mit Espen bewachsen | 23 | 30 |
Gf | 5 | Stubben und See bruch, sumpfige Erlenbrüche, so dass in nassen Jahren kein Vieh da hinein kommen kann. Mittendrin ist früher ein kleiner See gewesen, aber jetzt kann man davon nichts mehr sehen oder wissen. | 83 | 60 |
Gg | 1 | feuchtes Weideland, das doch früher zur Wiese Lange Wisch gehört hat, aber weil es nichts trägt und mit kleinen Büschen bewachsen ist, haben die Bewohner es zum Weideland gelegt | 7 | 240 |
Gh | 1 | Dito, jedoch großen Büschen bewachsen | 17 | 150 |
Gi | 1 | Hagens Bruch, siehe Annotationer | 18 | - |
Gk | 5 | sumpfiges und morastiges Erlenbruch an der Grenze zu Roigdin, dicht bewachsen | 18 | 210 |
Gl | 3 | einige kleine feuchte Ödflecken, zur Weide dienlich | 4 | 150 |
Gm | 21 | einige feuchte Flecken innerhalb und außerhalb der Felder und um die Pfühle herum, ein Teil festerer Boden | 26 | 270 |
Gn | feuchte Graslandweide | 3 | 60 | |
Go | einige kleine Moore inner- und außerhalb der Felder als Grote und Lütke Epsoll, Oll Moor, Toff Winckel, Lütke und Grote Backsoll etc., teils etwas bewachsen, teils kahl | 22 | 60 | |
Gp | 1 | der von Graben umgebene Eichenwald der Kapelle, ist früher Acker gewesen, besteht in | - | 180 |
= | 403 | 60 | ||
Über Fischgewässer | ||||
Die halbe Tollense gehört zu diesem Dorf und besteht in | 6 | - | ||
Der Ort (Hof) | ||||
Tg, K, H, lyn | bezeichnet Obst-, Kohl- und Hopfengärten sowie Leinenstücke (Flächen mit Leinsaat besät) | 1 | 210 | |
Symbol Haus | die bebauten Hofstellen | 2 | - | |
öde | alle wüsten Bauern- und Kossatenhöfe | - | 210 | |
Symbol Y mit Kleinstrich | die Straße an sich mit kleinen Kälberkoppeln | 6 | 180 | |
= | 11 | - |
Ziffernerklärung /1,2,3,4,5
/1 Spaltentitel: Charakter Figurarum. Gemeint ist die Signatur, mit der die Flurstücke auf der Karte bezeichnet werden
/2 Spaltentitel: Nummerus Figurarum. Gemeint ist die Anzahl der mit dieser Signatur bezeichneten Flurstücke auf der Karte
/3 gemeint sind pommersche Morgen zu ca. 0,6 Hektar
/4 gemeint sind pommersche Quadratruten zu ca. 20 m2, 300 Quadratruten= 1 pommerscher Morgen
/5 dieses Wort konnte weder in diesem Text noch in der Reinschrift in Bd. 8 eindeutig gelesen werden.
Summa summarum
Acker: 257 Morgen / 240 QR
Ödacker: 203 Morgen / 150 QR
Wiesen: 59 Morgen / 150 QR
Heufuder: 61
Wald, Moor und Weideland: 403 Morgen / 60 QR
Fischgewässer: 6 Morgen
Ort: 11 Morgen
Landesarchiv Greifswald, Rep. 6a, Bd. 50, S. 347 - 357
Beschreibung über Roigdin, das im Jahr 1698 im Julimonat vermessen wurde.
Der Rittersitz Roigdin im Demminer Distrikt und Santzkows Kirchspiel grenzt im Norden mit Vantzlow und Smarsow, im Osten mit Brock, im Westen mit Hohenmocker und Strelow, im Süden mit Toisin, 1 Meile von Demmin und 4 Meilen von Anklam gelegen. Nach Jochim Duwiers Aussage sollen in früheren Zeiten hier zwei Verwaltereien, ein Krug und eine Wassermühle gewesen sein, welche zwei letztgenannten hier immer noch sind. Dazu haben hier 3 Kossaten gewohnt. Zu jener Zeit waren zwei von Moltzanen hier Possessor und nach diesen ist es größtenteils ein Courlandisch (kurländisches) Gut geworden. Und jetzt hat es der jetzige Besitzer mit Namen Jochim Philip von Pasenow vom Fürsten von Curland an sich erhandelt. Die 3 oben genannten Kossaten haben keinen Acker gehabt, doch Dienst auf beiden Höfen getan.
Die Namen der jetzigen Bewohner:
Nr. | Name | Bemerkung |
---|---|---|
1 | Lorentz Lemk | Müller, gibt keine Grundpacht |
2 | Hennick Breemick | Schmied und Krüger, für die Schmiede gibt er nichts, sondern muss alles Eisenzeug hier auf dem Ackerwerk instand halten. Das Eisen wird ihm von der Herrschaft gegeben. Das Bier, das hier verkauft wird, nimmt er von Smarsow |
3 | Baltzer Leiko | wie auch Nr. 4, 5 Häcker und Freileute, und bekommt jeder 8 Reichstaler jährlich. Sie tun ihren Dienst auf dem Ackerweg so, wie es anfällt und im Winter mit Dreschen |
4 | Jochim Schul | wie Nr. 3 |
5 | Christian Kasbohm | wie Nr. 3 |
6 | Friderik Smock | Schafhirte |
7 | Hans Coban | Kuhhirte |
8 | Ertman N., | liegt bei Nr. 3 ein |
In der Hufenproffession, die Pasenow in diesem Jahr eingereicht hat, in dem es vermessen wurde, ist dieser Rittersitz mit 7 kultivierten Ritterhufen und 1 Ritterhufe 12 Morgen wüst angeschrieben.
Der Acker Der Acker ist in 3 Schlägen verteilt. Ein Teil ziemlich hoch, aus Sand und Lehm bestehend, ein Teil mittelmäßig und gut tragend, wie es auch einen Teil von etwas sumpfiger und kaltgründiger Erde bei den Enden gibt. Mockerschen Schlag kann Winter- und Sommersaat tragen, wenn die Jahre sich so fügen, denn er ist zum Teil sehr sandig und stückweise gelegen. Hohen Wischen Schlag, eben gelegen, aus Lehmhumus bestehend, wie auch etwas steingrusig, trägt gute Winter- und Sommersaat.
Mittel Felt, sehr hoch gelegen, aus Sand und Lehm bestehend, wie auch etwas steingrusig, kann auch wohl Wintersaat tragen, aber in der Sommersaat wegen der Sandigkeit kein so großer Fortgang. Ackerwurten gibt es hier keine. Erbsen hat der Besitzer 2 Drömt und 10 Scheffel aussäen lassen, da doch der Besitzer nicht mehr als 1 Drömt angegeben hat.
Im Mockerschen Felt kann nach Aussage von Jochim Düwier gesät werden 2 Last Roggen, 2 Last und 4 Scheffel Sommerkorn. Hohen Wisch 2 (Last Roggen), 2 (Last) 6 (Scheffel Sommerkorn) Middel Felt 15 Drömt Roggen, 15 Drömt Sommerkorn. Nr. 1 und 2 haben jeder in jedem Feld 2 Scheffel Aussaat. Die anderen Einwohner säen fleckenweise hier und da in den Feldern etwas Leinen. Pasenow selbst hat angegeben, dass die Aussaat nicht höher kommen kann als 216 Scheffel Roggen, 108 Scheffel Gerste, 108 Scheffel Hafer, Erbsen 12 Scheffel (wie hier schon berichtet wurde).
Ödland Das Ödland, das es hier gibt, ist zumeist an der Strelower Grenze gelegen, wie auch ein Teil im Middel Felt, das sehr hoch und sandig ist. Ansonsten gibt es einige Flecken hier und da in den Feldern verstreut.
Wiese Wiesen gibt es hier von ziemlichem Umfang an der Tollense, von feuchtem Grund und mittelmäßigem Ertrag. Aber wenn nasse Jahre sind und die Wasserfluten sie ganz überdecken , können sie nicht groß was einbringen. An der Toisiner Grenze gibt es eine Wiese mit Namen Hehlen Wisch, etwas feucht, aber doch gut tragend. Beim Dorf liegt eine ziemlich gute Wiese, welche nur, wenn das dabei liegende Feld besät ist, eingehegt wird. Ansonsten liegen hier und da einige Wiesenflecken in den Feldern, teils harter Boden, teils etwas feuchter. Nach des Besitzers eigenem Bekenntnis können hier sowohl von den an der Tollense liegenden Wiesen als auch den hier und da stückweise zwischen den Feldern liegenden 60 Fuder geworben werden...
Über den Wald Ein kleiner Buchenwald ist an der Grenzecke zu Bookholt und Hoenmocker gelegen. Und weil auf der anderen Seite der Bookholter Grenze auch ein Mastwald ist, können sie ihn nicht so groß nutzen, denn sie geben vor, dass wenn sie einige Schweine zum Mästen darein jagen würden, liefen sie auf die andere Seite der Grenze und würden auf solche Weise festgehalten und gepfändet werden. Zu Brenn- und Zaunholz gibt es hier eine ziemlich große Menge in den Mooren und Erlenbrüchen, dazu auch an einigen Stellen auf dem bewachsenen Ödland einige Birken samt anderem Unterholz. Reines Weideland gibt es hier wohl auch zum Teil, das aber sehr nass und morastig ist, alles meist aus Springquellen bestehend, jedoch so, dass das Vieh - wenn nicht zu nasse Jahre sind - es nutzen kann. Ansonsten gibt es hier und da kleine harte Weideflecken, zum Tüdern dienlich. Vieh kann hier wohl ein gutes Teil gehalten werden, weil an Weide kein Mangel ist, wenn man alles nutzt.
Über den Dienstag Die Wirte, die in Toisin wohnen, leisten ihren Dienst hier auf dem Hof.
Vieh Joachim Duwier hat angegeben, dass auf dem Hof 6 Pferde, 8 Ochsen, 20 Kühe, 20 Jungrinder, 400 Schafe mit denen des Schäfers gehalten werden können.
Nummer | Pferde | Kühe | Jungvieh | Bienenstöcke |
---|---|---|---|---|
1 | - | 2 | - | - |
2 | 2 | 2 | - | - |
3 | - | 2 | - | - |
4 | - | 2 | - | - |
5 | - | 2 | - | - |
6 | 2 | 3 | 3 | 2 |
7 | - | 2 | - | - |
Der Besitzer (Possessor) selbst hat angegeben, dass man in alles 50 Stück Großvieh halten könne, aber es scheint doch mehr zu sein.
Was Abgaben angeht, gibt die Herrschaft diese. Akzise und anderes mehr geben der Müller und der Schied so, wie es ihnen von der Herrschaft angesagt wird.
Einkünfte des Pfarrers Mit den 6 Scheffeln, die der Pastor in Sanzkow von Toisin vom Besitzer bekommt, erhält er 2 Drömt Roggen. Nr.1 gibt 1 Scheffel Roggen, Nr. 7 gibt ihm 1 Hammel. Ansonsten bekommt er wie gewöhnlich von einem jeden 10 Eier und 1 Mettwurst.
Mitten auf der Straße steht eine unfertige Kapelle, in der, als sie noch fertig war, jeden 3. Sonntag gepredigt wurde. NB Pasenow lässt bei der Scheune ein Wohnhaus aufbauen. Hier sind auch noch drei wüste Kossatenstellen. Schäferei Wo Nr. 7 wohnt, hat früher der zweite Verwalterhof gestanden.
Über alte Monumente An der Toisiner Grenze sieht man eine Stelle, wo in alten Zeiten eine Sägemühle gestanden hat, mit Namen Olde Muhl. deren Wasser bestand aus Springquellen und anderen vielfältigen kleinen Bächen, die aus den Mooren laufen. NB Die Wassermühle, die hier etwas abseits im Dorf liegt, besteht auch aus Springquellen und aus vielen kleinen Bächen, die hier und da aus dem Morast kommen. Und könnte sie sich auch mit Wasser behelfen, aber weil sie mit den Teichen ganz unfertig ist, kann das Wasser nicht zurückgehalten werden. Beide diese obengenannten Wasser laufen in die Tollense.
Arealausrechnung über das Rittergut Roigdin
/7 | /8 | Morgen | QR | |
---|---|---|---|---|
Der Acker ist in 3 Feldern verteilt | ||||
A Middel Felt, das jetzt in der Brache lag. | ||||
7 | A | Hoch gelegenes Ackerfeld von sandiger und sandighumoser Bodenbeschaffenheit bestehend, dazu ein Teil etwas wenig steingrusig und an den Bergseitenetwas lehmig | 58 | 120 |
1 | Aa | Sand und Lehmhumus, war dieses Jahr mit Erbsen besät | 11 | 60 |
1 | Ab | Niedriges Humusland | 4 | 30 |
1 | Ac | sandig humoser Acker | 28 | - |
1 | Ad | Humusland | 3 | 90 |
= | 105 | - | ||
B Hahlen Wischen Schlag, der jetzt mit Wintersaat besät war. | ||||
5 | B | Meistenteils eben gelegenes Ackerfeld, aus Lehmhumus bestehend, aber an der Ecke zum Snakenberg sandig | 76 | 225 |
4 | Ba | Eben gelegener Acker, aus sandig humosem Boden bestehend, etwas kaltgründig, und ein Teil mehr sandig | 28 | 240 |
= | 105 | 165 | ||
C Mockerschen Schlag, der jetzt mit Wintersaat (sic!) besät war. | ||||
6 | C | sandig humoser Acker, der hier und da in mittelmäßig großen Stücken liegt | 56 | 180 |
7? | Ca | Ein Teil gutes Humusland, wie auch ein Teil aus magerem Sand bestehend, liegt hier und da stückweise, worin der Müller seinen Acker hat | 30 | 30 |
3 | Cb | Humose Ackerstücken, beim Dorf gelegen | 8 | 90 |
3 | Cc | Gillkrog mit anderen Stücken, die dort beim Feld und an der Grenze liegen, bestehen zum Teil aus Sandland, zum Teil etwas besser | 22 | - |
= | 117 | _ | ||
D Ödland | ||||
13 | D | ein mittelmäßig hoch gelegenes Ödland, an der Strelower Grenze gelegen, von sandiger Bodenbeschaffenheit und zum Teil etwas besser, dazu ist es auch "bligstädes" etwas kaltgründig, hier und da sind andere Ödflecken eingeschlossen, wie ein Teil im Hedel Felt, mit anderen, welche hier und da in den Feldern liegen, welche meistenteils aus Sand bestehen | 81 | - |
8 | Da | Hohe und größtenteils zum Aufbrechen untaugliche wüste Sandberge | 10 | 90 |
= | 91 | 90 | ||
E Wiesen | ||||
7 | Ea | Feuchte und bloße Wiesen, an der Tollense gelegen, von mittelmäßig gutem Wuchs, ultra vide Annotationes | 54 | 210 |
13 | Eb | Hahlen Wisch, eine niedrige Wiese, an der Toisiner Grenze gelegen, hat guten Wuchs, hierin eingeschlossen sind allerhand kleine Wiesenflecken, die in den Feldern und außerhalb liegen | 14 | 180 |
2 | Ec | Gutes Wiesenland, vide Annotationes | 11 | - |
= | 80 | 90 | ||
Was die Zahl der Heufuder angeht, kann dies nicht gewiss beurteilt werden, weil die Wiesen nicht jedes Jahr geworben werden können - nämlich in nassen Jahren- dazu die kleinen Flecken, die in den Feldern liegen, nicht alle Zeit gehegt werden können, und da der Besitzer selbst 60 Fuder angegeben hat, können wohl nach weiteren Unterrichtungen nach meinem eigenen Urteil angegeben werden | 100 Fuder | |||
Wald, Moore und Weide | ||||
1 | F | Ein ziemlich hoch gelegener Eichenwald, aus gutem Wuchs bestehend, beinhaltet | 17 | 60 |
8 | Fa | Birken-, Espen- und Haselwald auf hartem Boden, ist in früheren Zeiten Acker gewesen | 32 | 240 |
2 | Fb | Hohe und untaugliche Sandberge, wovon ein Teil in früheren Zeiten Acker gewesen, aber nun bald nicht mal zur Weide dienlich ist | 80 | 180 |
23 | Fc | Nasses morastiges Erlenbruch, dicht mit Erlen und Haseln bewachsen, hierunter werden auch einige andere reine Moore und Wasserpfühle gerechnet, die in den Feldern liegen | 230 | 150 |
30 | Fd | Kleine bloße Weideflecken, ein Teil niedrig, ein Teil festerer Grund, die Trift und alle kleinen Streifen um die Moore, welche zum Teil mit Erlen und anderem Unterholz bewachsen sind, ultra vide über Wald und Weide in den Annotationes | 64 | 210 |
2 | Fe | Graslandweide von festem Grund, auf welcher sie kleine Pferde tüdern | 10 | 75 |
1 | Ff | Nasses Weideland, in vorigen Zeiten Acker gewesen | 1 | 125 |
= | 437 | 240 | ||
Übers Fischwasser: Der halbe Teil der Tollense gehört hierher, aber weil der hier an der Tollense anstoßende Grenzort Osten auch diesem einen Besitzer gehört, will ich hier nur den Teil angeben, der an der Vanselower Grenze gelegen ist, und macht also der halbe Teil davon | 1 | 150 | ||
Über Dorf (Hof) | ||||
K | bezeichnet die Kohlgärten, die es hier gibt | - | 180 | |
Symbol Haus | bebaute Hofstellen | 2 | - | |
2 Symbole (ähnlich Y und U) | Die Straße mit kleinen Weidekoppeln | 7 | 120 | |
= | 10 | - | ||
H | Über Streitigkeiten zwischen Brook und Hogen Mocker: besteht aus einem Sandberg und beinhaltet | |||
J | Der Streit mit Brook, der aus einem kleinen Teil eines Erlenbruchs besteht, beinhaltet. Was weiter diese Streitigkeiten angeht, kann aus den Ausrechnungen von Brok und Hogenmoker ersehen werden |
Ziffernerklärung
/7 Spaltentitel: Nummerus Figurarum
/8 Spaltentitel: Charakter Figurarum
Summa summarum
Acker: 327 Morgen / 165 QR
Ödland: 91 Morgen / 90 QR
Wiesen: 80 Morgen / 90 QR
Heufuder: 100
Wald, Moor und Weide: 437 Morgen / 240 QR
Fischwasser: 1 Morgen / 150 QR
Dorf: 10 Morgen
Das Ergebnis dieser schwedischen Landvermessung von 1698 und die Kommentare des beauftragten Landvermessers lassen sehr deutlich darauf schließen, dass das Land sich auch 50 Jahre nach dem schrecklichen Krieg und den nachfolgenden Auseinandersetzungen noch nicht erholt hat. Dies war vermutlich auch der Grund, warum bereits im Jahr 1705 erneut eine schwedische Bestandsaufnahme in den vorpommerschen Dörfern stattfand.
Über das Ergebnis finden sich Informationen im Landesarchiv Greifswald, Rep. 6a, Bd. 20, S. 46/47. Sie bekunden einleitend :" Anno 1705, den 18.August, habe ich Unterzeichneter das Dorf Toisin revidiert und wie folgt befunden."
Charakter | Neuer Acker, seit der vorigen Vermessung aufgebrochen | Neuer Morgen | Acker Ruten |
---|---|---|---|
D 1 | 6 Stücke von Da aufgebrochen, klarer Sand, etwas steingrusig, wird gleichwohl in den 3 Schlägen zu Feld A genutzt | 2 | 60 |
D 2 | von Db aufgebrochen, 4 Stücke, besteht aus etwas steingrusigem mageren Sandboden, vor 2 oder 3 Jahren aufgebrochen, liegt in den 3 Schlägen zu Feld A | 15 | 30 |
G 5 | von Ge vor 3 Jahren aufgebrochen, mittelmäßiger Sandboden, wird in den 3 Schlägen zu Feld ? (wird im Text nicht angegeben) genutzt. | 3 | - |
D 3 | von Da 4 Stücke aufgebrochener mittelmäßiger Sandboden, etwas grob, wird in den 3 Schlägen zu Feld B genutzt | 5 | 15 |
D 4 | von D aufgebrochene 5 Stücke, von der Beschaffenheit wie D 3, liegt in den 3 Schlägen zu Feld B | 3 | 150 |
D 5 | von Da aufgebrochene 4 Stücke mittelmäßiger Sandboden, teils lehmvermischt, wird in den 3 Schlägen zu Feld C genutzt | 1 | 150 |
D b | Steenfelt, ist vor 6 bis 7 Jahren ganz und gar wieder aufgebrochen, besteht aus etwas hochgelegenem, steingrusigem mageren Sandboden, darauf sind viele kleine und hier und da große Steine, liegt in 3 Schlägen | 68 | 30 |
G 2 | von Gb aufgebrochen, von derselben Güte und Beschaffenheit wie Db, wozu es in den 3 Schlägen genutzt wird | 6 | - |
G 12 | von Gm aufgebrochen, nämlich einer Viehtrift, besteht aus humusvermischtem Sandboden, wird meist alle Jahre genutzt | - | 240 |
= | 105 | 75 | |
Beschreibung des übrigen Ödackers | |||
Da | von Da 2 Stücke, mit N° 6 bezeichnet, besteht aus derselben Güte wie D 3, kann auch bald aufgebrochen werden. Das Übrige von Da besteht meist aus losem magerem Sandboden, etwas steingrusig, mit kurzem Heidekraut, teils kleinen Büschen bewachsen, nicht sonderlich zur Kultur dienlich wegen des losen Sandes. Das Übrige von Da oder Bauerfelt besteht mehrenteils überall aus eben gelegenem, etwas grobem Sandboden, mit Heidekraut wie auch zur Strelower Grenze hin mit kleinen Birken bewachsen, hier und da große Steine darin, soll der Aussage nach kaltgründig sein, könnte wohl aufgebrochen werden, wenn mehr Einwohner im Dorf wären, aber diese hier vermögen es wegen ihrer Armut und der Verrichtung der Hofdienste nicht, es aufzubrechen, und da es soweit abgelegen ist, können sie es auch nicht unter Mist halten | 105 | 75 |
Dc | von Dc mit N° 7 bezeichnet, besteht meist aus klarem Sandboden, etwas grusig, mit kleinem Heidekraut und Birken bewachsen, könnte aufgebrochen und mit Roggen oder Buchweizen jedes 3.,4. oder 6. Jahr bestellt werden. Das Übrige von Dc besteht aus tiefgelegenem magerem, kaltgründigem Sandboden, mit Birken, teils Espen manchmal bewachsen, nicht sonderlich zu Acker dienlich, wegen des kalten und mageren Bodens | 6 | 150 |
= | 7 | 240 | |
Summa neuer Acker für Toisin | 105 | 75 |
Ebenfalls findet sich im Landesarchiv Greifswald, Rep. 6a, Bd.20, S.44/45 das Ergebnis der erneuten Landaufnahme für Roigdin:
Anno 1705, den 15. August, habe ich Unterzeichneter das Dorf Roigdin revidiert und wie folgt befunden.
Charakter | Bestandsaufnahme | Neuer Morgen | Acker Ruten |
---|---|---|---|
D 1 | Neuer Acker, seit der vorigen Vermessung aufgebrochen, 3 Stücke von Da aufgebrochen, besteht aus hochgelegenem, teils magerem Sandboden, wird gleichwohl in den drei Schlägen zu Feld A genutzt | 5 | 285 |
D 2 | 2 Stücke von D aufgebrochen, ist loser, magerer Sandboden, etwas hochgelegen, kann lediglich jedes 3. bis 6. Jahr mit Roggen besät werden | 9 | 180 |
D 3 | dito 2 Stücke von D aufgebrochen, mittelmäßiger Sandboden, wird in den 3 Schlägen zu Feld A genutzt | 6 | 90 |
D 4 | Sandboden, teils etwas hoch gelegen, liegt in den 3 Schlägen zu Feld B | 12 | 160 |
D 5 | von D aufgebrochene 3 Stücke, besteht aus grobem Sandboden, teils hoch gelegen, voll mit kleinen Steinen, wird in den 3 Schlägen zu Feld C genutzt | 17 | 180 |
F 2 | von Fb aufgebrochener magerer Sandboden, kann lediglich hier und da mit Roggen und Hafer besät werden | 3 | 60 |
F 3 | 2 Morgen - Ruten, besteht aus etwas magerem Sandboden, wird nur jedes 3. Jahr mit Roggen besät, macht zusammen | 3 | 180 |
= | 58 | 240 | |
Beschreibung des übrigen Ödackers | |||
D | Das Übrige von Da besteht aus hoch gelegenen, mageren, losen, grusigen Sandhügeln, die die Mühe des Aufbrechens nicht lohnen, sind weder zu Acker noch zur Weide dienlich von D mit N° 6 bezeichnet, besteht aus etwas hochgelegenem magerem Sandboden, mit kleinem Heidekraut und einigen Birkenbüschen bewachsen, könnte wohl aufgebrochen werden, wenn es von der Schafweide entraten werden könnte und man die Macht hat, es anzusagen. Das Übrige von D besteht meist aus hoch gelegenem, hügligem, mit kleinen Steinen vermengtem Sandboden, ganz und gar mit kleinem Heidekraut bewachsen, das als Acker untauglich eingeschätzt wird. | 19 | 210 |
Fb | Ist zum Teil in früheren Zeiten Acker gewesen, besteht aus sehr magerem, hügligem Sandboden, mit kleinem Heidekraut bewachsen, wird wegen seines untauglichen Sandbodens nie aufgebrochen | ||
= | 19 | 210 | |
Summa neuer Acker | 58 | 240 |
In alten Aufzeichnungen zur Geschichte des Landes wird sehr selten über die Wirtschaftsweise in der Landwirtschaft berichtet, obwohl doch der größte Teil der Landbevölkerung in den Dörfern wohnte. In einem Entwurf zu einer Ortsgeschichte des Nachbardorfes Utzedel fand ich sie für die Zeit vor den Stein- Hardenbergschen Reformen im preußischen Vorpommern, also unsere Gegend betreffend. Die Quelle ist nicht ersichtlich gewesen. Niedergeschrieben in der Ortsgeschichte wurde , über dessen Land ging die Gemeindeernte. von dem Lehrer Herrn Klaus Maczey. Hier der Wortlaut.
"Die Wirtschaftsweise in der Flur war durch den Flurzwang bedingt, eine Notwendigkeit, die sich aus Mangel an Wirtschaftswegen und der Nutzung der Stoppelweide ergab. Alle mussten nach gleichen Regeln wirtschaften, wenn vermieden werden sollte, dass einer über die Saaten des anderen fuhr oder das Vieh in das reife Getreide des Nachbarn lief.
Eine Dorfflur zerfiel in Binnenland, Außenland und Gemeindeweiden. Die Dorfflur des Binnenlandes war ständig in drei Komplexe gegliedert, die Anbaufolge in der Dreifelderwirtschaft: Brache, Wintergetreide, Sommergetreide. Dies wurde durch die Gemeinschaft festgelegt. Die Felder zerfielen in eine Anzahl von Gewannen. Die Gewannflur war eine im frühen Mittelalter entstandene Einteilung. Bauern und Gutsherr hatten in den Gewannen später zum Ende gleich große Parzellen (Feldstücke), die aber nach Anzahl des Besitzes geteilt wurden. Die Ackerbestellarbeiten wurden gemeinsam, vom Schulzen für die Bauern organisiert, durchgeführt. Die Einteilung der Gewanne vor der Ernte nannte man Verkabelung. Wer nicht rechtzeitig erntete, über dessen Land ging die Gemeindeernte.
Die Brache, d. h. das unbesäte Land begrünte sich von selbst, wurde dann bis Johanni (24. Juni) als zusätzliche Weide genutzt und dann umgebrochen. Die zwischen dem Unkraut der Brache wachsende Quecke war eine willkommene Futterpflanze. Schläge auf dem Außenland, den entlegenen Teilen der Flur, wurden wegen den Entfernungen weniger gedüngt, es wurde im Wechsel von 3,6 oder 9 Jahren mit Roggen angebaut und inzwischen als Viehweide genutzt (Rinder, Schafe, Schweine und Gänse) Guts- und Bauernvieh wurde gemeinschaftlich gehütet. Die Herden hatten als weitere Futtermöglichkeit die Gemeindeweide, die hinter dem Außenland lag und aus Heiden, großen Brüchen und Angern sowie Flächen mit großen Lücken in den Baumbeständen bestand - Weidennutzung kam vor Waldnutzung. Dieses war unverteiltes Land, dessen Nutzung als Wald und Viehweide stets dieselbe blieb und allen Dorfbewohnern zustand. Diese unverteilte Weide war in einem erbärmlichem Zustand. Das Weiderecht wurde regel- und rücksichtslos ausgeübt. Für die Gewinnung von Viehfutter wurde auch die Allmende, das gemeinsame Eigentum an Weide und Koppeln sowie Wiesen genutzt. Zur Nutzung waren das Gut sowie Bauern im bestimmten Umfange befugt. In der Regulierung tritt oft der Begriff Wurth auf. Wurthe waren Feldgärten von geringer Größe (meist von 2 bis 3 Morgen) und begannen manchmal hinter den Höfen. Die Wurthe unterschieden sich vom Hausgarten in der Art der Bearbeitung. Der Hausgarten wurde mit dem Spaten, die Wurth mit dem Pflug bestellt. Andererseits unterschied sich die Wurth vom übrigen Acker, dass keine Hütungsrechte der Gemeindemitglieder an ihr hafteten und jeder mit seiner Wurth machen konnte, was er wollte. Dieser, aus dem Mittelalter übernommene Flurzwang war nicht sehr ertragsfähig. Hektarerträge von 6 bis 8 dz/ha galten als gutes Ergebnis. Schweine wurden ca 30 kg schwer und Kühe gaben bei 150 kg Gewicht im Jahr ca 900 l Milch.
Burg Osten
Heute zeugen nur noch spärliche Reste alten Mauerwerks davon, daß an dieser Stelle am Tollense-Fluß einst eine starke Burg den Übergang der alten Landstraße von Stralsund über Loitz nach Treptow und Neubrandenburg schützte.
Burg Osten war eine der mächtigsten Wasserburgen des Pommernlandes und wird in den Urkunden der Pommernherzöge als "festes Haus Osten" bezeichnet. Diese Burg spielte in den Kriegsgewirren für unsere Gegend als Hüterin des Tollensepasses eine oft sehr bedeutsame Rolle. Für unsere beiden Dörfer war das nicht immer ein Vorteil, besonders nicht für Roidin. Mit der Geschichte der Burg Osten ist die Geschichte unserer beiden Dörfer vor allem dadurch verbunden, weil Roidin und Teusin über Jahrhunderte hinweg zum Lehenbesitz dieses Burggutes gehörten. Daher in einem Überblick, was an Aussagen über Burg Osten den verschiedensten Quellen entnommen werden kann.
Zu diesen Quellen gehörten für diese Chronik vor allem:
* "Die Burg Osten an der Tollense im Landkreis Demmin" von Mike Hartmann (Demmin) * "Die Maltzahns und die Burg Osten" von Wolfgang Fuhrmann (Neubrandenburg, Heimathefte 4/97) * "Die Burg Osten - Die geschichtliche und verkehrsgeographische Bedeutung" von Norbert Buske * Anfang des 20. Jahrhunderts befaßte sich ein Lehrer W. Brendemühl aus Philippshof bei Gültz mit der Historie der Burg Osten. Er veröffentlichte seine Studien in Wochenendbeilagen der Zeitungen und Zeitschriften.
Osten war herzoglich-pommersches Burggut und mit Sicherheit die Stammburg des Rittergeschlechts derer "von der Osten". Vor dem Rügenschen Erberfolgekrieg war es im Besitz derer von Winterfeld. Nach Berghaus "Handbuch von Pommern und Rügen" ist es seit 1348 nachweislich Moltzan'scher Besitz. Zur Begüterung Osten gehörten die Dörfer Roidin, Teusin, Schmarsow und Vanselow als Molzansche Lehensdörfer.
1407 erwarben auch die Molzan der Linie Wolde-Penzlin Besitzrechte an Osten. Für die Folgezeit wird kennzeichnend, daß die verschiedensten Linien des Geschlechts der Moltzan an Osten Besitzrechte erlangen und die Besitzverhältnisse äußerst verwinkelt gestalten. Diese Erscheinung war sehr häufig, daß ein Lehen verschiedener Teilung an 4, 5 und mehr verschiedene Geschlechter vergeben war. An Osten hatten nun nach- und nebeneinander die Häuser Cummerow, Wolde und Sarow Anteil, wodurch viele Erbschaftsstreitigkeiten, die oftmals in Tätlichkeiten ausarteten, und auch andere Irrungen entstanden. So wurde am 29. März 1490 infolge eines Streits mit Henning Voß zu Lindenberg unversehens der Cummerower Besitzanteil an Osten durch Wolder Vettern eingenommen. Jedoch gebot der Herzog Bogislaw X. unter dem 20. April die Rückgabe des eroberten Burgteils.
Unter Heinrich Moltzan scheint die Besitzung zu besonderer Blüte gekommen zu sein. Er lieh am 5. Juni 1428 dem Pommernherzog Kasimir VI. 5000 Mark und erhielt als Pfand die landesherrliche Winter- und Sommerbede im Landesteil Tollense von den Dörfern Barkow, Clatzow, Rosezow, Carin (Philippshof), Letzin, Wietzow, Daberkow, Gnevkow, Below, Pritzenow, Bollentin, Cöln. Dieses Pfandrecht bestand bis zum Jahre 1494, also über 66 Jahre. dazu belehnte ihn der Herzog mit dem Schloß Wolde, und so waren, wie einst bei Henning von Winterfeld, Wolde und Osten wieder in einer Hand.
Die Besitzrechte an Osten waren für die Moltzan's auch von besonderer Bedeutung, da diese mit der Führung des Landmarschalltitels verknüpft waren. Das Recht, das Amt des Erbmarschalls in Pommern zu bekleiden, wurde Moltzan auf Osten bereits im Jahr 1357 verliehen.
1455 beanspruchten und führten nun alle die Moltzan, die an Osten als dem Tischgute der pommerschen Landmarschallwürde Anteil hatten, den Marschalltitel des Landes Stettin. Erst am 22. Oktober 1532 wurde gelegentlich der fürstlichen Erbteilung in Wolgast diese Angelegenheit dahingehend geregelt, daß das Privilegium des Erbmarschallamtes den Moltzanen zu Osten, Cummerow und Wolde verbeibt und der jeweilige Älteste des ganzen Geschlechtes zum Amte und Titel berechtigt sein solle.
Trotzdem entbrannte mancherlei Streitigkeiten wegen des mit Osten verbundenen Landmarschallamtes, so ein langwieriger Prozeß zwischen den Familien Buggenhagen und Moltzan, der auf dem Landtage zu Greifswald im jahre 1608 sogar zu Tätigkeiten zwischen Brend Buggenhagen und Ernst Ludwig von Moltzan auf Osten führte.
Am 6. Januar 1556 übernahm Achim von Moltzan zu Osten gegen 10 000 Gulden Pfand den Sarower Anteil an Burg und Begüterung Osten und damit den alleinigen Besitz des Schlosses. Nur die Wohnung und gewisse Rechte und Einkünfte behielt sich der Sarower Vetter vor.
Wie die Burg äußerlich beschaffen war, läßt sich noch heute in etwa erkennen.
Es waren eigentlich zwei Burgen, die durch das Bett der Tollense voneinander getrennt wurden. Während der südliche, der größere Burgteil von einem noch erkennbaren Burggraben umgeben war, wurde der andere Teil, die "Insel", von einem Nebenarm der Tollense umflossen. Dieser Nebenarm ist heute der eigentliche Tollensefluß. Der ehemalige Hauptarm ist heute weitgehend verlandet und war vor der Tollenseregulierung im Jahre 1968 nur in sehr trockenen Jahren begehbar. die riesigen Fundamente - auf der Insel am besten erhalten - lassen die Größe der Säle und Hallen sowie der umfangreichen Kelleranlagen erkennen.
Aus dem Bericht über eine Zusammenkunft der Moltzans zur Regulierung einer wichtigen Familienangelegenheit im Jahre 1566 auf Osten entnehmen wir einige Hinweise auf den damaligen Zustand der Burg. Danach hatte sie einen oberen bebauten und einen unteren unbebauten Wall gehabt. Zu dem Wall gehörte ein Fangeltum (Gefängnisturm), dem von einer zur Schlichtung eines Streites angerufenen fürstlichen Kommission ein Wert von 3000 Talern beigelegt wird. Auf dem oberen Wall befand sich auch ein Kleinodgarten. Bei der gennanten Regulierung von Familienangelegenheiten ging es um den großen Turm, der dem Sarower Vetter Lütke Moltzan zugesprochen wurde. Es ging weiter um die Abfindung der Witwe des Jost Moltzan auf Cummerow nach dem Tod des Achim Moltzan auf Osten im Jahre 1565. Deren Söhne Hartwig und Heinrich erbten von ihrem Oheim Achim das Gut Osten. Sie erhielten den unteren Wall und erbauten darauf ein neues Wohnhaus und ein eigenes Gefängnis. Es hießen jetzt der untere Wall "die Vorburg" und der obere Wall "die rechte Burg".
Für letztere mußte ein besonderer Ausgang mit Brücke angelegt werden, dazu ein Tor, was Lütke Moltzan 900 Taler kostete. Die Vorburg erhielt den Weg über die alte Brücke zur Straße. Zwischen beiden Burgen befand sich ein für beide Teile und Inhaber gemeinsamer Platz, die "gemeinsame Freiheit".
Diese Teilung war so scharf, daß selbst die von dem einen Burgwall heruntergefallenen Steine nicht gebraucht werden durften.
Außer den beiden Wegen zur Straße führte noch ein Weg, den man reiten oder gehen konnte, durch das Bruch zum Ackerhofe. Siehe Schwedische Landesaufnahme!
Erwähnt werden weiterhin eine hier befindliche Schäferei und ein Krug sowie die mit der Durchgangsstraße verbundene Zolleinnahme. Die Zollbude lag zwischen beiden Torwegen. Die Burgen müssen sehr gut und wohnlich eingerichtet gewesen sein, denn in einem Erbschaftsstreit von 1570 wird an dem neu erbauten Sitze Vanselow bemängelt (am Wege nach Heidekrug, hinter der ehemaligen Kleinbahnstrecke gelegen), daß er nicht die "Herrlichkeit und Bequemlichkeit" wie Schloß Osten habe.
Das Ostener Burggefängnis scheint sich eines gewissen 'Ansehens' erfreut zu haben, denn gelegentlich einer Maßregelung des 'Stedekens Cummerow' werden die Gefangenen hier in Osten eingekerkert. Ursache war das sehr schlechte Verhältnis zwischen den Moltzanen und den Bürgern Cummerows. Es wurde so schlimm, daß Jost Moltzan auf der Hochzeit des Christoffer Hahn die Gäste aufforderte, mit seinen und des Hahn Bauern das Städtchen zu berennen. Die Bürger wurden hierbei von Moltzan gefangen und zu osten und Cummerow in harten Gefängnis gehalten, bis sich jeder mit 20 Gulden loskaufte.
Die beiden Söhne Jost und Ilse von Moltzan teilten ihre ererbten Güter, wobei jedem die Hälfte von Cummerow zufiel. Die Trennung begann am 25. August 1569 in Cummerow. Danach gingen die beiden Brüder, Hartwig und Heinrich Moltzan, mit Osten gleichermaßen vor. Bei der am 31. Oktober 1570 vollzogenen Teilung und Kavelung erhielt Hartwig das Pfandgut Osten und Vanselow, heinrich den Cummerowschen Anteil, während die Hebung in den zugehörigen Dörfern und anderes zwischen den Brüdern geteilt wurden. Darüber wurde ein besonderes Teilungsbuch angelegt, welches erst 1571 abgeschlossen wurde. Diese Teilung sollte noch über viele Jahrzehnte fortwirken.
Dr. Berthold Schmidt, Geh. Archivat, zeichnet in seiner mehrbändigen "Geschichte des Geschlechts von Maltzan" auf der Grundlage der Urkunden dieses Geschlechts ein Bild von deren Vertretern. Dabei schneidet vor allem der jüngere Heinrich dieses Brüderpaares nicht besonders glanzvoll ab:
Heinrich war ein wüster, unverträglicher Geselle und Nachbar und geriet mit Lütke Moltzan auf Sarow bald in bösen Streit, weil dieser die 1500 Gulden auf den zugesprochenen großen Turm in Osten nicht erlegen wollte. Lütke begründete dies mit seinen Ausgaben für den neuen Zugang zur Burg. Auch habe Heinrich die gemeinsame Zollbude, wovon ihm nur der vierte Teil gebühre, abbrechen und nahe an seinem eigenen Torweg wieder aufbauen lassen, während nach dem Vertrage die Zollbude zwischen beiden Torwegen liegen sollte. Es kam hierüber zum Prozeß vor dem Wolgaster Hofgericht, und nach verschiedenen vergeblichen Rechtstagen wurde Lütke am 9. Februar 1573 zur Zahlung des schuldigen Geldes verurteilt. Der Sarower legte hiergegen Protest ein und appellierte an das kaiserliche Kammergericht, wodurch der Prozeß, wie das damals häufig geschah, "unsterblich" wurde.
Heinrich hatte zu dieser Zeit schon ein wüstes Leben geführt und sich recht bedenkliche Sachen zu Schulden kommen lassen. Am 24.August 1568 war er mit anderen Junkern in Malchin eingekehrt und man hatte ein Zechgelage gehalten. Als dann die Junker am lichten Tage betrunken auf der Straße spazierten, nahte sich ihnen ein Schuhknecht namens Claus Wolf, ein gedienter Kriegsmann, und bat um einen "Reiterpfennig". Die Junker aber ergriffen den Wolf beim Barte und verlangten, er soll ihnen ein junges Weib verschaffen. Darüber kam es zur Rauferei, bei welcher Moltzan und Wangelin den Schuhknecht erschlugen. Die näheren Umstände dabei zeugen von großer Rohheit. Dieser Totschlag landete vor dem Kammergericht, wo der Prozeß, nachdem die Täter sich mit des Entleibten Familie abgefunden hatten, einschlief.
Noch schwebte dieser Mordprozeß, als Heinrich Moltzan sich schon wieder eines neuen schweren Vergehens schuldig machte, indem er am 25. Juli 1571 zu Gievitz bei Waren den mecklenburgischen Lehnsmann Henning Stute auf Deven, den letzten seines Geschlechts, erschlug. Auch dafür entging er einer gerechten Bestrafung.
Inzwischen hatte Heinrich nicht allein das von seinem Oheim Achim ererbte Geld verpraßt, sondern auch seine Lehnsgüter mit großen Schulden belastet. Nach dem Tode der Mutter kam es bald zum heftigen Streit zwischen den Brüdern. In seinem Streite mit dem Bruder um das Leibgut seiner verstorbenen Mutter hatte Heinrich von einer Scheune, worin die unter Sequester gestellte Ernte desselben lagerte, gewaltsam das Schloß abgeschlagen. Er wurde wegen des Exzesses zu 300 Goldgülden verurteilt. Da er solche nicht zahlte, wurde ihm im September 1589 durch einen fürstlichen Amtsdiener 50 Haupt Rindvieh, 100 Hammel, 124 Mutterschafe und 64 Lämmer abgepfändet. Er gab dann statt des Viehs lieber zwei goldene Ketten, zusammen im Wert von 450 Gulden, her.
Die gegenseitigen Anklagen beschäftigten fortwährend das pommersche Hofgericht. Durch mancherlei Geringfügigkeiten frisch entfacht, ging der Streit immer weiter. Die ritterlichen Brüder taten sich allerlei Schabernack an und fügten sich gegenseitig Schaden zu. So versperrte der eine in Osten die alte Straße durch eine Kapelle, um die Zolleinnahmen des anderen zu schmälern. Um der Osten´schen Schäferei zu schaden, legte er auch eine in Roidin an.
1589 ereignete sich ein neuer böser Skandal mit Heinrich Moltzan. Er wurde in Wolgast von zweien seiner Hausmägde der Notzucht und des Ehebruchs angeklagt. Heinrich erschien aber zum Klagetermin nicht, weil, wie er angab, ihm die Konfrontation mit zwei "geschwängerten Lasterbälgen" zugemutet worden sei. Auch dieser Prozeß ist an das Reichskammergericht weitergegeben worden und dort eingeschlafen. Oder folgende Überlieferung: Die gemeinsame Kapelle der Burg hatte eine Glocke, sie wurde im Verlaufe des Streites von dem einen Bruder weggenommen, worauf der andere mit der Uhr ebenso verfuhr. Gleichzeitig verbot er dem Pastor in Schmarsow, in der von dem Bruder errichteten Kapelle zu predigen. Damit auf der Burg einigermaßen Frieden herrschte, hatte eine fürstliche Kommission die Errichtung einer "Scheidelwand" zwischen den beiden Burgteilen durchgesetzt. Ebenfalls sollten alle Fenster, welche von dem oberen Hause und Zwinger nach dem Platze der Vorburg führten, bis auf zwei Luftlöcher, vermauert werden.
Auch eine gemeinsame Untat wird den beiden Brüdern Hartwig und Heinrich Moltzan, auf Osten und Cummerow erbgesessen, zugeschrieben. Sie waren aktiv daran beteiligt, daß im Jahre 1567 in Demmin gegen die ehrbare Frau Margarethe Dettloff, die Ehefrau des angesehehen Ackerbürgers Pawell Dettloff, ein Hexenprozeß angestrengt und durchgeführt wurde.
Besagter Dettloff hatte sich eine Frau aus Poggendorf genommen, die jung und rüstig und ihm daher eine kräftige Stütze im Haus und auf dem Felde war. Sie nahmen sich vor, gut und besser Getreide als ihre Nachbarn zu bauen und bearbeiteten daher ihr Feld besser als zuvor. Da fanden sie nun bei dem tieferen Aufwühlen des Bodens auf ihrem Acker "etliche Töpfe begraben, darin mancherlei seltsame Materialien verwahrt". Sie hatten keine Erklärung dafür (Von Leichenverbrennung und Urnenbestattung eines längst erloschenen Geschlechts hatten sie ja keine Ahnung.) und so verwahrten sie die Töpfe als vermeintlichen Schatz unter ihren Bettladen auf. Jener Acker trug aber nun in etlichen Jahren so reiche Früchte , daß in den Nachbarn Neid und Mißgunst erregt wurden. Es schien den abergläubischen Leuten, bei denen der Glaube an Teufel, Zauber und Hexen tief verwurzelt war, nicht mit rechten Dingen zuzugehen. Hinzu kamen im Laufe der Zeit noch andere scheinbare Beweise, die die Margarethe Dettloff als Hexe oder Zauberin in Verruf brachten. Und allmählich pfiffen es die Spatzen von den Dächern, und es war ein gemein Geschrei in Demmin und in der Umgebung, daß es die Dettloff´sche mit der bösen Kunst triebe. Nun war die Katharine Grönewold, die mit der Dettloff freundschaftlich verkehrte, durch die Gebrüder Hartwig und Heinrich Moltzan gefänglich eingezogen worden. Unter der Folter nach ihren Mitschuldigen gefragt, hatte sie in ihrem Schmerz neben der alten Wolf´schen und der Hake´schen auch Margarethe Dettloff genannt. Erstere zogen die beiden Moltzans selbst gefänglich ein. Wegen der Dettloff´schen schrieben die Moltzans "um mehrerer beständigen Nachricht willen" an den Rat in Demmin, um durch Abgesandte "die Urgicht und Bekenntnisse" selber von der gefangenen Katharina Grönewold zu erfragen. Am 22 April 1567 waren dann aus Demmin der Richtervogt und Bürgermeister Jochim Pempow und Moritz Herrig erschienen, vor denen Katharina grönewold nach dem Ratsprotokoll folgendes Bekenntnis ablegte: Sie sei vor einiger Zeit auf den Donnerstag im Dettloff´schen Hause gewesen und habe mit Frau Margarethe gegessen und getrunken. Da habe diese in der Reuterstraße zwei Scheffel Roggen verkauft und zu ihr gesagt: "Sieh, Katharina, nun will ich dir eine Kunst lernen, wenn ich einem Korn verkaufe, daß ich´s wiederbekomme." Darauf hätten sie beide miteinander auf drei Donnerstage den Teufel in der Kemenate gestäupet (mit Ruten geschlagen) und dazu gesagt, daß er das Korn wiederholen müsse. Dafür habe sie ihr gegeben 1 Mark 4 Schilling und 1 Scheffel Roggen. - Vergangenes Jahr sei sie auch mit der Dettloff´schen auf dem Blocksberg gewesen und zusammen gegessen und getrunken und auch allda mit ihr getanzt. Die Dettloff habe die Zauberei von ihrer Mutter gelernt und habe sie an die 8 Jahre gewußt. Der Teufel der Dettloff hieße Lucas. Sie hätte ihren Lucas in einem Rahmpotte (Sahnetopf) in der Kemenate unter dem Bette stehen, und wenn sie denselben Lucas daraus genommen und gestäupet, daß er ihr Korn als Roggen, Gerste und Geld von den Dörfern holen sollte, so sei er mit dem Korn in ein Loch auf dem Giebel eingekommen und hätte es ihr auf den Bähn (Boden) gegossen. Die Dettloff´schen haben ihn oft gebraucht und ihren Lucas also gezwungen, daß er ihr aus anderen Scheunen Korn holen müsse. Schon am 18. April war die Margarethe Dettloff ins Gefängnis gesetzt. Sie wurde auch alsbald nach Beratung mit den Doktoren der Juristenfakultät zu Greifswald mit strenger peinlicher Frage verhört. Wie der Rat berichtet, wurde das mit solchem Erfolg vorgenommen, daß, sobald der Scharfrichter das erste Mal zuzog, er ihr den Arm zerbrochen und den anderen entsetzlicher Maßen aus den Gliedern gezogen und mit zerbrochen. Alsdann haben die Peiniger aufgehört. Das starke weib ertrug diese Folterqualen, wie sie sagt "von wegen meiner Unschuld up die von Katharina Grönewold up mi gedhane Bekenntnusse in der Pein." Auf vielfältiges Anfordern ihres Mannes, ihrer Freundschaften und anderer guten Leute wurde sie am 01. Juni 1567 aus dem Gefängnis entlassen, nachdem sie 6 Wochen und 2 Tage unschuldig darin zugebracht und an Gesundheit und Seele Schaden genommen hatte.
Bemerkungen: Die Daten 27. und 22. April können so nicht stimmen, wie sie der Demminer Chronist gegeben hat. Darüber, was die Moltzans mit ihren gefangenen Frauen geschehen ließen, wird nichts ausgesagt. Die beiden Moltzan-Brüder lieferten aber noch ein weiteres trauriges Kapitel zur Geschichte der pommerschen Hexenprozesse bei:
(Lehrer W. Brendemühl in "Unser Pommernland", 12. Jahrgang, Heft 4/5, erschienen 1927 im Verlag von Fischer und Schmidt/ Stettin)
Am 9. Juli 1588 fragte Hartwig Moltzan bei der Juristenfakultät in Greifswald wegen einer Hexe an. Hierauf fand am 8.Mai des folgenden Jahres(!) zu Cummerow die peinliche Befragung (Folterung) des armen Weibes in Gegenwart des Moltzan statt. Diese sagte dabei aus, daß sie außer anderer Zauberei ihrem Junker Hartwig Moltzan etwas vor seinen Hof in Vanselow gegossen habe, wovon sein Vieh habe sterben müssen. Das habe sie deshalb getan, weil der Junker ihr, als sie auf ihrem Hofe zu Plötz verarmt sei und habe fortziehen müssen, die zur Hofwehr gehörigen Kühe und Pferde genommen hätte. Sie hätte auch durch ihren Teufel, der Philippus heiße, dem Junker drei Jahre lang alle Donnerstage einige Pfund Butter und Speck aus der Speisekammer in Vanselow holen lassen. Am 10. Mai 1589 wurde sie als Hexe zum Feuertode verurteilt.
Bemerkung: Der Name der Frau, die als "Hexe" verurteilt wurde, wird nicht genannt. Es wäre denkbar, daß es sich um die aus Alt-Tellin stammende Frau namens Klemann handelte. (Sage vom Klemann-Stein im Ostener Wald)
1591 starb Hartwig Moltzan. Er vererbte seine Güter an seine Söhne Ernst Ludwig, Georg und Hartwig IV.. Bei der brüderlichen Teilung 1597 fiel das Pfandgut Osten an Georg und Vanselow an Hartwig IV. Im Eldenaer Vertrag von 1599 tauschte dann jedoch Ernst Ludwig seinen Cummerower Anteil gegen Georgs Teil von Osten ein, so daß auf Osten neben Heinrich Moltzan nun Ernst Ludwig allein herrschte. Heinrich Moltzan aber, als sein Bruder Hartwig gestorben war, übertrug seinen Groll gegen letzteren sofort auf dessen Witwe und Kinder. Verschärft wurde dieser Familienhader noch durch Heinrichs Ausschließung vom Landmarschallamt, worauf er als Ältester der Familie jetzt Anspruch hatte. Beim pommerschen Fürstenhofe war er jedoch längst in große Ungnade gefallen. Die pommersche Regierung wollte einem so anrüchigem Mann, wie Heinrich es war, solches Ehrenamt nicht zugestehen. Beim Greifswalder Landtag von 1608 lehnte Herzog Philipp Julius von vornherein Heinrich Moltzan als Marschall ab und beauftragte dessen Neffen Ernst Ludwig damit. Schon 1599 konnte der überschuldete Heinrich seinen Anteil Osten nicht länger halten. Er mußte diesen nach dem Urteil des Kammergerichts seinen Gläubigern überlassen - es sollen 72 gewesen sein, welche das Gut an die Herzogin-Witwe Sophie Hedwig zu Loitz abtraten. Sie soll dabei mit den Gläubigern so verhandelt haben, daß sie ihnen von ihren Forderungen nur die Hälfte oder den dritten Teil entrichtete. Als Heinrich Moltzan hiervon hörte, protestierte er dagegen, weil hierdurch sein Sohn und Lehnsnachfolger benachteiligt würde. Durch das Reichskammergericht wurde anerkannt, daß die Liquidation nicht der herzoglichen Witwe, sondern den Moltzan zu Gute kommen sollte. 1602 verpfändete die Witwe diesen Anteil ihrem Schwiegersohn, dem Herzog Friedrich von Kurland, für 15 000 Taler, welche er als Ehegelder für seine Frau, Prinzessin Elisabeth Magdalena von Pommern, auf sechs Jahre und 1608 auf weitere 6 Jahre erhielt.
Zu erwähnen bleibt noch, daß Heinrich Moltzan im Februar des Jahres 1606, als die Witwe seines Bruders Hartwig, die zugleich die Schwester seines eigenen Weibes war, mit dem Tode abging, dem Schmarsower Prediger verbot, ihr die Leichenpredigt zu halten. Nicht lange danach starb der unruhige Mann. Im Juni 1613 meldete sein einziger Sohn Jost nach Wetzlar, wo man ganze Aktenstöße über Heinrichs Treiben aufbewahrte, daß sein "herzlieber Vater" am 22. April d.J. mit Tod abgegangen sei. Ernst Ludwig Moltzan behauptete das Pfandgut Osten trotz aller Anstrengungen der Sarower, dasselbe wieder zu reluieren. Er vererbte es vermögensrechtlich auf seine Tochter Ilse Marie und weiter auf deren Tochter Ilse Marie von Ramin, die an Adam von Eickstedt vermählt war. Ernst Ludwig starb 1622.
Heinrichs Sohn, Jost Moltzan, versuchte 1625, seinen Anteil an Osten zu reluieren. Er versprach dem Herzog von Kurland als derzeitigem Inhaber des Gutes 17 000 Reichstaler auf Antoni 1626 zu bezahlen und außerdem die Witwe des bisherigen Verwalters mit 500 Taler abzufinden. Zum Empfange des Geldes wurde hierauf des Herzogs Marschall Christop von Sacken nach Pommern geschickt. Doch konnte solches wegen des vielen umherschweifenden Kriegsvolkes nicht sicher nach Rostock gebracht werden. Der von Sacken reiste daher wieder ohne geld ab, ließ es bis zum nächsten Jahr bei Jost auf Rente stehen, übergab ihm aber doch das Gut. Osten gegen einen Pachtschilling von 1050 Taler. Als von Sacken im nächsten Jahr wiederkam, da erhielt er zwar das Pachtgeld, aber nicht die Hauptsumme, angeblich wieder wegen der Kriegsgefahr. Schließlich mußte Herzog Jakob von Kurland, Friedrichs Sohn, Osten wieder selbst übernehmen, da Jost Moltzan durch den Krieg verarmt war und auch das Pachtgeld nicht mehr zahlte.
Zeichnete Dr. Berthold Schmidt in seiner "Geschichte des Geschlechts der Maltzan" von Heinrich Moltzan ein äußerst negatives Bild, so fällt hingegen dasselbe von dessem Neffen Ernst Ludwig positiv aus.
Ernst Ludwig Moltzan, geboren am 06.Mai 1571 in Cummerow als ältester Sohn des Hartwig Moltzan, wird als eine ruhige und vornehme Erscheinung geschildert. Er ging gehässigem Streit gerne aus dem Wege und gab, wie zum Beispiel bei dem Erbschaftszwiste zwischen ihm und seinem jüngeren Bruder Georg, lieber nach, obwohl er dann im Eldenaer Vergleich mit dem Pfandgut Osten den besitzrechtlich unsicheren Anteil des väterlichen Nachlasses bekam. Ebenso war ihm der Zank wegen des Marschallamtes mit seinem Vetter zuwider, und nur notgedrungen übernahm er solches, um nicht die Rechte der Familie preiszugeben. Mit dem Pfandgut Osten übernahm er nicht nur das schwierigere Erbe in der Form der stetigen Auseinandersetzung mit den Sarower Moltzan, er übernahm auch den weitaus höheren Schuldenberg von insgesamt 26 179 Gulden. Da Ernst Ludwig Bedenken hatte, Osten ohne Inventur des Gutes anzunehmen, fand eine solche unter Aufsicht fürstlicher Kommissare am 16. August 1599 statt. Nach derselben waren an Gebäuden in Osten das Wohnhaus nebst Küche, ein Backhaus, ein Pforthaus und ein Bauhof mit vier Ställen und zwei Scheunen vorhanden. Dazu gehörten Grundstücke, Zinsen und Fronde aus Teusin, Roidin, Vanselow, Ückeritz, Osten, Pensin, Kruckow, Schmarsow, Pritzenow, Cartelow, Plötz und Gnevetzow sowie eine Schäferei zu Leppin. Ernst Ludwig war verheiratet mit Maria von Ramin. Sie war am Hofe der verwitweten Herzogin Sophie Hedwig von Pommern, die zu Loitz haushielt. Diese brachte auch ihre Heirat mit Ernst Ludwig Moltzan zustande, half der Braut bei der Beschaffung der Aussteuer und richtete die Hochzeit auf Schloß Loitz aus. Ernst Ludwig hatte mit Maria drei Töchter. Er starb 1622 und wurde in Schmarsow begraben, wo ihm durch seine Frau ein schönes Epitaph gesetzt wurde.
Im Dreißigjährigen Krieg wurde Burg Osten völlig ausgeplündert und ruiniert. 1634 hatten die zu den kaiserlichen Truppen gehörenden Kroaten unter Graf von Tilly auf ihrem Weg nach Rostock auch die Burg Osten überfallen. Jost von Maltzahn floh in sein Stadthaus nach Demmin. Die Burg soll danach noch 4 Jahre vom jüngsten Sohn Georg von Maltzahns, Joachim Ernst von Maltzahn, und dem Schreiber von Jost bewohnt worden sein, bis dann 1638 der erneute Überfall mit schlimmsten Folgen für die Burg erfolgte. 1649, ein Jahr nach Friedensschluss, ließ der kurländische Herzog Friedrich seine pommerschen Besitzungen besichtigen und erhielt die Nachricht über Osten: "das Mauerwerk wäre sehr geborsten, das Dach zur Hälfte eingefallen und es wären weder Türen, Fenster, Bänke, Öfen noch Böden mehr vorhanden." Die Kapelle, drei Brücken und alle Nebengebäude waren zerstört und das Gelände verwildert, so heißt es weiter. Die Burg hatte aufgehört, von Bedeutung zu sein. Ungefähr 2 000 Dachziegel wurden zur Ausbesserung der Schmarsower Kirche verwendet, die den langen Krieg ziemlich gut überstanden hatte. Die letzten Reste des Mauerwerkes sollen hundert Jahre später zum Aufbau des Schmarsower Schlosses von Parsenow verwendet worden sein. Es wundert nicht, daß der Herzog von Kurland seinen Anteil an der Burg 1690 an die Feldmarschallin von Mardefelt, von der er an Philipp Joachim von Parsenow kam, veräußerte. Bei der Landvermessung durch die Schweden 1696 entstanden auch über Osten Karten und Berichte, die einen Einblick in den Zustand des ehemals stolzen Besitzes am Ende des 17. Jahrhunderts geben.
Geblieben ist eine Sage: "Die goldene Wiege auf dem Schloßberge der Burgruine Osten" Am Johannistage jeden Jahres soll in der Mittagsstunde um 12.00 Uhr auf dem Schloßberg, wo noch heute die Überreste einst vergangener Pracht zu sehen sind, im Dornengebüsch eine goldene Wiege stehen. Wer einen Stein in die Wiege hinein wirft, dem ist sie eigen, und dieser wird reich.
Geblieben ist auch der Wegverlauf von Roidin nach Osten. Er soll von den Rittern der Burg in so vielen Biegungen angelegt worden sein, um bei Verfolgung durch Feinde dahinter Deckung zu finden.
Mit Venz Moltzan starb 1690 die Linie Osten- Cummerow aus. Osten mit seinen Dörfern blieb nach wie vor ein Moltzan´sches Lehen. Es wurde 1674 von Philipp Joachim von Parsenow erworben. (siehe Genealogie der Familie Parsenow) und blieb im Besitz dieses Geschlechts bis in das 19. Jahrhundert. Nachdem die Parsenows in Verfall geraten und zuletzt, 1830, ausgestorben waren, beanspruchten die Cummerower und Sarower Maltzahn das Rückkaufsrecht für die Osten´schen Güter. Dagegen protestierten die Penzliner Maltzahn, und es kam zu dem langwierigen Schmarsower Lehnsprozeß. Dieser endete 1844 damit, daß der Anspruch der Penzliner, die Lehnsberechtigten für die Osten´schen Güter zu sein, abgewiesen wurde. Roidin und Teusin wurden von der Sarower Linie der Maltzahn übernommen. Roidin ging an August von Maltzahn, der auch schon Grubenhagen übernommen hatte. Dessen Nachfahren haben Roidin bis 1945 besessen. Letzter Besitzer war Albrecht Jürgen, der nach 1945 mit seiner Familie eine neue Existenz in Namibia gegründet hat. Teusin ging an das Haus Utzedel, das 1774 mit Karl Albrecht Helmuth begann. Osten und Schmarsow wurden von Rudolf von Maltzahn auf Cummerow erworben. 1855 mußte er die Güter wieder verkaufen. Sie gingen an das Geschlecht der Heyden auf Kartlow in der Person des General-LLandschaftsrates Woldemar von Heyden. der Kaufvertrag ist datiert vom 24.April 1855, die Kaufsumme scheint 350 000 Taler betragen zu haben.
Über die Feldmark Osten wird zu dieser Zeit ausgesagt, daß sie fast ganz und gar mit Nadelhölzern bepflanzt ist, daß die Fischerei in der Tollense ergiebig sei, augenblicklich aber nicht in zulässigem und lohnenden Umfang ausgeübt werde. 1862 enthält Osten nur 1 Wohnhaus und 2 Wirtschaftsgebäude. In dem Wohnhaus wohnen 1 Tischler, der gleichzeitig die Kruggerechtigkeit gepachtet hat, dann 1 Holzwärter und ein anderer Tischler, insgesamt 14 Bewohner. Das Gut liegt unmittelbar an der Tollense und erhebt einen Brückenzoll, dafür muß es die hier über die Tollense führende Brücke erhalten.
Der wieder zunehmende Verfall der Ostener Güter wird deutlich, wenn man die Besitzungen von 1779 zum Vergleich heranzieht. Brüggemann, 1779 in seiner "Beschreibung der adligen Güter", berichtet, daß Osten 1 Vorwerk, 1 Krug, 1 Schmiede und ein altes zerstörtes Schloß, insgesamt 4 Feuerstellen besitzt. Man rühmte seine Jagden und die gute Fischerei in der Tollense. Im alten Kataster bestand die Begüterung aus 11 Landhufen, 25 pommerschen Morgen, 30 Ruthen - das wären 232,6 ha.
Am 23.Januar 1896 wurde die Demminer Kleinbahn dem Betrieb übergeben. Osten bekam für seine Familien einen Haltepunkt. Dieser lag am Weg nach Schmarsow, direkt am Waldrand. Das letzte Gebäude am Paß von Osten war ein Forsthaus, das bei Kriegsende 1945 abbrannte. Die Schmarsower Chronistin berichtet in ihrer Chronik darüber, daß die Erinnerungen der heutigen Generation sich hauptsächlich auf das Försterhaus beziehen, in dem einige ältere Bewohner Schmarsows vorübergehend gelebt haben und welches auch zeitweise ein Gasthaus war. An die Förster Spar, Gottschall und Borning erinnert man sich nur teilweise. So weiß man, daß Förster Gottschall in seinem Ostener Waldrevier noch die Kolkraben beobachtete. Das Leben in Osten endete mit dem Krieg 1945. Heute erinnern nur noch einige verwilderte alte Obstbäume und Beerensträucher sowie von Gestrüpp überwucherte Fundamente daran, daß dieser Ort einst bewohnt war. Für die Bewohner Roidins und Teusins blieb Osten nach dem Krieg und bis in die 50-er, 60-er Jahre zu Pfingsten ein beliebtes Ausflugsziel. Zu Fuß, per Rad und mit Vorliebe mit geschmückten Pferdewagen oder Kutschen war dieser Ort Treff der Jugend wie der Alten. Die Schmarsower sorgten für Ausschank, Musik und Sitzgelegenheiten. In dieser Zeit wurde auch die alte, notdürftig ausgebesserte Zugbrücke erneuert.
Am 9.September 1993 berichtete die Demminer Zeitung über einen Arbeitseinsatz von Bundeswehrangehörigen an der Burg Osten. In Kooperation mit dem Demminer Beschäftigungsverein legten die Angehörigen des Demminer Verteidigungskommandos, des Luftwaffendepots Utzedel, einen Bohlenweg zur Ruine. Er solle helfen, die Burg Osten auch für Außenstehende zugänglicher zu machen. Der Kreisbodendenkmalpfleger, Herr Felgenhauer, hatte für eine kleine Beschilderung über die Geschichte der Burg Zuarbeit geliefert.
Reste der alten Brücken fanden sich 1969 bei der Begradigung der Tollense bei Osten. Der Zustand der vorhandenen Brücke bei Burg Osten bereitete jedoch im 20. Jahrhundert den umliegenden Gemeinden, vor allem Schmarsow und Roidin/ Teusin viele Sorgen. Für die Menschen der Umgebung gehörte die Straße über die Ostener Brücke zum Alltag, um weite Umwege zu vermeiden. Am Ende mußte sie für den motorisierten Verkehr ganz gesperrt werden. Der zuständigen Kommune Schmarsow, die zum Amt Jarmen gehörte, und der betroffenen Gemeinde Teusin/ Roidin fehlten einfach die Mittel für eine Sanierung oder einen Neubau. In der Demminer Zeitung vom 20.September 2000 mußte der Bürgermeister Kindermann einräumen, daß auch die Variante einer vorläufigen Ersatzbrücke "geplatzt" sei. Er berichtete, daß zum einen der Kreis Demmin eine Rücknahme der Brücke in seine Trägerschaft ablehnt, zum anderen auch ein Zusammengehen mit der Broocker Tollensequerung gescheitert ist. Das Land vertrete die Meinung, die Ostener Brücke sei ohnehin nur für Radler und Fußgänger von Bedeutung. Deshalb schlussfolgerte der Bürgermeister seien Fördergelder über die Tourismusschiene notwendig, um eine neue Brücke bauen zu können.
Im Jahre 2005 war es endlich soweit. Die marode Brücke über die Tollense bei Osten wurde durch den Neubau einer Brücke ersetzt. Zahlreiche Menschen aus den umliegenden Gemeinden nahmen das Ereignis zum Anlaß, dies an der Tollensebrücke bei Osten zu feiern. Möglich geworden war der Neubau der Brücke, weil es in den Jahren zuvor der damals noch zuständigen Bürgermeisterin Teusins, Frau Sigrid Menzel, gelungen war, die Gemeinde Teusin/Roidin mit in das Flurneuordnungsverfahren aufzunehmen. (Siehe auch Abschnitt: Im vereinten Deutschland)
Diese Flurneuordnung führte dazu, dass die Straßen und Brücken der Gemeinde und ihres Umlands durch wesentliche Fördergelder erneuert werden konnten. Davon profitierten die Menschen in den Dörfern. Und nachdem die marode Ostener Brücke, die seit 1974 als Provisorium notdürftig ihren Dienst getan hatte, Anfang Mai 2004 abgerissen worden war, stand auch diesem wichtigen Vorhaben eines Neubaus nichts mehr im Wege. Aus einem Artikel der "Demminer Zeitung" vom 18.05.2004 des Redakteurs Stefan Hoeft geht hervor, daß immerhin 90 Prozent Förderung in die neue Tollenseüberquerung fließen sollten, etwa 450 000 Euro. Das Amt für Landwirtschaft vermeldete im Frühjahr 2004 die Freigabe der Fördermittel. Baubeginn war der Herbst 2004. Der Plan sah vor, daß die Brücke "so klein wie möglich und so groß wie nötig" (Giermann, Verwaltungssprecher der Stadt Jarmen) werde. Dies bedeutete eine Breite von 5,50 Meter, davon 3,50 Meter Fahrbahn und je 1 Meter Breite Gehweg auf beiden Seiten.
Herr Kröchert als Amtsvorsteher des Amtes Jarmen, die Bürgermeisterin von Schmarsow, Frau Müncheberg, der Bürgermeister der Gemeinden Utzedel, Teusin und Roidin, Herr Schubbe, und Frau Menzel als Verantwortliche der Maßnahmen für die Flurneuordnung gaben den nun wieder möglichen Verkehr über die Ostener Brücke mit feierlicher Durchtrennung des Bandes frei.
Preußenzeit bis Anfang des 20. Jahrhunderts (Teil 2)
Die Preußenzeit
Am 20. August 1718 wurde in Stockholm der Friede zwischen Preußen und Schweden geschlossen, in welchem Preußen gegen eine Zahlung von 2 Millionen Thalern ohne irgendwelche Beschränkungen Stettin und Vorpommern bis zur Peene erwarb. Der formelle Abschluß des Vertrages erfolgte am 21. Januar 1720.
Nach Martin Wehrmann in "Geschichte von Pommern": Mit Energie ging der preußische König daran, die Regierung des Landes einzurichten und die heillosen Zustände im Lande zu ordnen. Mit größtem Interesse bekümmerte er sich um die bessere Bewirtschaftung der Staatsgründer, der Domänen. Er verlangte strenge Aufsicht der Kammern und regelmäßige Berichte. Aber nicht nur auf die Domänen erstreckte sich sein Bemühen, sondern auf die gesamte Kultur des Landes. Das Los der Amtsuntertanen vermochte er durch Anordnungen über ihre Dienste und ihre Behandlung zu erleichtern, indem er die Willkür der Beamten und Domänenpächter einzuschränken suchte. Für die Besserung der Lage des sonstigen Bauernstandes konnte er nicht viel tun, der Adel setzte jedem Eingreifen den entschiedensten Widerstand. Nur dem Bauernlegen versuchte er durch ein Verordnung vom 14. März.1739 Einhalt zu gebieten. Die Forderung, die König Friedrich Wilhelm an seine Untertanen stellte, waren nicht gering. Die Steuern waren hoch und wurden unnachsichtig eingetrieben. Das Kontributionswesen war auf's engste mit der Militärorganisation verbunden. Besonders gefürchtet war die gewaltsame Werbung von jungen Männern für den Militärdienst. Heimliche Flucht kam daher nicht selten vor und war bei der Nähe der mecklenburgischen Grenze leicht durchzuführen.
Aus dem 19. Jahrhundert wird in bezug auf die nahe mecklenburgische Grenze folgende Anekdote berichtet: Im Grammentiner Forst ist die Rexbuche ein Naturdenkmal. Sie ist benannt nach dem in dieser Zeit dort bediensteten Förster Friedrich Wilhelm Rex. Von diesem wird erzählt: In der Nähe der Buche ist die mecklenburgische Grenze. Der damalige Großherzog von Mecklenburg-Schwerin überschritt bei einer Jagd die Grenze. Er meldete sich bei dem gerade ankommenden Förster mit den Worten: "Ich bin der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin." Darauf erhielt er die Antwort: "Un ick bin de Königlich-Preußische Förster Freidrich Wilhelm Rex, un wenn Se nich gliek öwer de Grenze torüggahn, scheet ick Se dot."
Die beiden Dörfer Teusin und Roidin waren zu dieser Zeit im Besitz des Adelgeschlechts von Parsenow.
Ludewig WIlhelm Brüggemann - Königlicher Preußischer Consistorialrath und Hofprediger bei der Schloßkirche in Stettin gibt 1779 eine "Ausführliche Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes des Königl. Preuß. Herzogtums Vor- und Hinter-Pommern" Aus der Vorpommerschen Adligen Vasallentabelle: Unter Nr.62
von Parsenow, Otto Bogislaw Christoph Lieutenant bei der königl. Garde zu Potsdam besitzt als adel. Vasall die Güter Osten, Reudin, Schmarsow und Teusin. Im Besitz des Geschlechts der Parsenow sind auch die Güter Murchin, Zemmin und Tutow, Müssentin und Klein-Toitin. Auf den Nachbargütern sitzen zu dieser Zeit: von Molzahn, Diterich Christoph - als Landrath im Demminschen Kreis (1776 gest.) auf Vanselow mit Leppin und Utzedel
Seine Söhne: 1. Hans Gustav 2. Albrecht Carl Helmut 3. Ludewig Peter
von Podewils, Peter (1778 gest.)
Heinrich Peter - Sohn des Peter auf Sanzkow, Hohenmocker und Strelow, Tenzerow
von Schwerin, Hans Bogislav auf Hohenbrünzow, hat auch Anteil an Hohenmocker und Strelow
Der gesamte Kreis gehört mit zum Canton des Infantrieregiments von Sobeck. Das Regiment besteht aus 2 Companien Genadiere und 10 Companien Musketiere, wovon 7 Comp. Mit dem Stabe in Anklam und 5 in Demmin in Garnision stehen. Uniform: Blaue Röcke mit roten Aufschlägen und gelben Schnüren.
Aus den Beschreibungen der adeligen Güter:
Reudin: ein Vorwerk, 1 1/4 Meile von Demmin südostwärts, ganz nahe an der Tollense, auf der Landstraße von den Schwedischen-Pommerschen Städten Stralsund und Loitz nach Treptow und der mecklenburgischen Stadt Neubrandenburg, hat 1 Wassermühle, 1 Oelmühle, 1 Schulmeister, 16 Feuerstellen, 1 Kirche, welche ein Filial von Sanzkow in der Demminschen Synode ist und deren Patron Peter von Podewils zu Sanzkow ist, Fischerei in der Tollense und Teichen, ziemliche Holzung, und ist ein Molzahnsches Lehen, welches der Leutenant bei der königl. Garde Otto Bogislav Christoph von Parsenow besitzet.
Teusin: 1 Meile von Demmin südostwärts, hat 8 Bauern, 1 Schulmeister, 20 Feuerstellen, etwas Mast und Holzung, ist zu Reudin in der Demminschen Synode eingepfarred und ist ein Molzahnsches Lehen, welches der Lieutenant bei der königl. Garde Otto Bogislav Christoph von Parsenow in Besitz hat.
Bemerkung hierzu: In dieser Beschreibung wird die Kapelle in Teusin nicht mehr erwähnt. Im Jahr 1754 ist in den Aufzeichnungen des damaligen Pastors im Kirchenarchiv Sanzkow ein Vermerk enthalten, in dem die Teusiner Kapelle erwähnt wird. Dort heißt es: "...Die alte Dewitzische, eines abgedankten Soldaten Witwe und ihrer Aussage nach, eines Generals von Esten bei Zehdenick angesessen, nachgelassene eheliche einzige Tochter ist bei rauem Winterwetter von Teusin nach Rheudin gangen, um daselbst Brot zu betteln, auf dem Rückwege aber ist sie irre gegangen und am 12. Februar von dem Schweine Hirten unter einer Tanne todt gefunden worden. Da sie dann den 13. Februar auf der Capellen Stelle in Teusin in der Stille beerdigt worden." Aus einer anderen Quelle stammt der Hinweis, daß Teusin seine Kapelle in den Wirren des 7-jährigen Krieges im Jahre 1757 durch Brandschatzung verlor und daß sie nicht wieder aufgebaut wurde.
In Roidin fehlt die Angabe, daß ein Kröger und Bauer vorhanden ist, er muß folglich in der Zeit davor gelegt worden sein.
Zum Geschlecht derer von Parsenow aus deren Familienchronik
"Genealogie der adligen und bürgerlichen Familie Parsenow"
verfaßt von Otto Louis Joachim Leberecht Parsenow, Apothekenbesitzer in Bromberg, geb. 24. Februar 1863
Der Name Parsenow ist westslawischen Ursprungs, er tritt urkundlich zuerst nach den Mecklenburgischen Jahrbüchern im Jahre 1328 mit dem Knappen Heinrich von Parsenow auf. Philiph Joachim von Parsenow (siehe S.52) brachte die sämtlichen Osten'schen Güter an sich. Und zwar ward ihm 1674 von seiner Schwiegermutter, Marie Ramin, des Adam von Eickstaedten Gemahlin, der sogenannte Eickstaedt'sche Anteil von Schmarsow i. P. verpfändet. Darauf hin übertrug sodann Albert Axel Von Maltzahn auf Tützpatz die ihm durch seine Gemahlin, Elisabeth Tugendreich von Eickstaedt, zuständigen Ansprüche am Ort auf seinen Schwager, Philipp Joachim von Parsenow. Den übrigen, den sogenannten Kurländischen Antheil, erhielt Philipp Joachim v. Parsenow, exrevione der Gebrüder v. Maltzahn, welche es eingelöst hatten, indem er 8 000 Fl. hergab, wofür ihm Osten als Pfand gelassen wurde.
Bemerkung: Ilse Maria von Ramin war verheiratat mit Adam von Eickstaedt, deren Tochter, Idea Agnisa, heiratete Philipp Joachim von Parsenow. In zweiter Ehe war Philipp Joachim dann mit der Nichte seiner ersten Frau, Charlotte Juliane von Maltzahn, verheiratet. Diese war die Tochter des ALbrecht Joachim von Maltzahn. In dritter Ehe war Philipp Joachim von Parsenow verheiratet mit Sophie Dorothea von Segebaden (gest. 13. Januar 1702). Philipp Joachim von Parsenow kaufte nach 1700 von den Horn Müssentin, Tutow, Wittenwerder, Zemmin und Bentzin. Er belehnte damit 1707 seine Söhne Christian Albrecht und den Hauptmann Philipp Erdmann von Parsenow. Christian Albrecht von Parsenow kaufte ein Jahr später, am 26. Mai 1708, von dem Erbmarschall Hans Jacob von Maltzahn die Güter Osten, Reudin und Teusin mit der Bedingung, daß dieselben nicht eingelöst werden können, solange von ihm männliche oder weibliche Nachkommen den Namen Parsenow führen würden. Er verpfändete zwar Reudin und Teusin 1717 für 18 000 Thlr. an den Major Jochim Friedrich von Glöden, seine Söhne lösten sie jedoch wieder ein.
Wegen der Erbfolge in den Osten'schen Gütern Schmarsow, Osten, Reudin und Teusin, und ob nur die Deszendenten (Nachkommen) des Christian Albrecht daran beteiligt seien, erstritten die Söhne des Philipp Erdmann von Parsenow (Ludwig auf Müssentin, August auf Toitin und Zemmin und Kammerdirektor Otto Hanns Karl auf Tutow und Wittenwerder) wider das Geschlecht von Maltzahn durch die Rechtsansprüche vom 12.5.1755, 19.12.1758 und 8.8.1759 das Sukzessionsrecht (Erbnachfolgerecht). Mit dem Lieutenant Peter Friedrich Wichard Ludwig Carl Philipp erlosch am 6. November 1820 die jüngere Linie der von Parsenow (Nachkommen des Philipp Erdmann), und deren Güter fielen an die ältere Linie (Nachkommen des Christian Albrecht). Die Osten'schen Güter waren zu diesem Zeitpunkt im Besitz des Friedrich Wilhelm Ludwig Carl Erich von Parsenow, geb. 1781. Er war der Sohn des Otto Bogislaw Christian und zur Zeit Premier-Lieutenant bei der garde du corps. Er lebte als Junggeselle in Demmin und war Patron der Kirche in Schmarsow.
Am 16. April 1830 starb er plötzlich, und mit ihm starb die ältere Linie vollständig aus.
Aus diesem Anlass wurde über die Güter ein Curator bestellt. Die Familie von Maltzahn strengte gegen den Curator die Klage auf Rückgabe ihrer an das Geschlecht der von Parsenow verpfändeten Güter an, da nun niemand mehr vorhanden war oder sein sollte, welcher den Namen von Parsenow noch führte. Sie blieben in diesem Prozeß siegreich, und die Osten'schen Güter gingen an die von Maltzahn zurück.
Auf dem Friedhof in Schmarsow befindet sich eine rechteckige Steinplatte mit folgender Inschrift:
Die letzten der Familie von Parsenow
Hauptmann Otto Bogislaw + 1812
Seine Gattin Adelheid, geb. v.Bonin + 1829
Der Sohn Pre-Lieutenant Friedrich + 1830
Der Prozess der Familie v. Maltzahn gegen den Curator der Parsenow'schen Familien-Güter gründete darauf. daß die Güter als Stammlehen nur so lange im Besitz der Familie v. Parsenow bleiben sollten, als noch ein Nachkomme dieses Namens am Leben sei.
War aber das Geschlecht der Parsenow tatsächlich erloschen?
In der Chronik des Geschlechts wird von einem Johann Christian v. Parsenow, welcher offenbar der Schmarsower Linie angehört haben muß, folgendes berichtet (Mitteilung des Dr. jur. Wilhelm Holtz, Rechtsanwalt in Güstrow i. Mecklenb.): Nach erhaltener Überlieferung mußte in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts ein Mitglied der Familie von Parsenow wegen eines an einem Obersten begangenen Totschlages oder Duells aus seiner Pommerschen Heimat fliehen. Dieser von Parsenow, namens Johann Christian, hat sich bis zu seinem Tode in Mecklenburg aufgehalten. Kurz vor seinem Ableben (+ 2. 12. 1818) hat er seinen Kindern die Geschichte seiner Flucht mitgeteilt und ihnen anheimgestellt, ihre Rechte an dem Nachlaß seiner Eltern, die im Besitz mehrerer Güter gewesen sein sollen, geltend zu machen. Er persönlich hätte dies bei dem Tode seiner Eltern nicht tun können, ohne befürchten zu müssen, wegen seiner Tat zur Rechenschaft gezogen zu werden. Hinterlassene Urkunden sollen die Richtigkeit seiner Angaben bestätigt haben. Die Erben haben seinerzeit die Urkunden zur Durchführung ihrer Ansprüche einem Stettiner Rechtsanwalt übergeben. Mangels genügender Geldmittel ist die Sache im Sande verlaufen. Was diesen Johann Christian von Parsenow betrifft, so muß hier jedoch ein Irrtum oder eine Verwechselung vorliegen. Anders liegen aber die Dinge bei der jüngeren, der Müssentiner Linie. Mit dem Tode des Peter Wichard Carl Philipp wurde die Familie von Parsenow als ausgestorben erklärt. Wohl waren aber von ihm drei Kinder vorhanden. Diese stammen jedoch aus illegitimer Ehe mit Maria Brandenburg, mit der er zehn Jahre lang zusammen lebte. Die Kinder hießen Caroline Dorothea, Joachim Friedrich Albert, Johann Heinrich Leberecht und trugen den Namen Parsenow. Einer der beiden Söhne war der Vorfahre des Verfassers der Familienchronik. Also, ausgestorben war das Geschlecht nicht.
Die Familie von Maltzahn kam erst nach lange dauernden Prozessen Mitte des 19. Jahrhunderts in den Wiederbesitz ihrer Osten'schen Begüterung. In ihrem Besitz blieben auch nur Roidin und Teusin. Die Güter Schmarsow, Borgwall und Osten gingen am 24. April 1855 käuflich von den Maltzahn in den Besitz derer von Heyden über. Um sich den Alltag der Bewohner der beiden vorpommerschen Dörfer Teusin und Roidin im 17./18. Jahrhundert besser vorstellen zu können, lohnt sich ein Blick in die Schriften von Ernst Moritz Arndt. Ernst Moritz Arndt kennzeichnete in seiner "Geschichte der Leibeigenschaft in Pommern" die Lage folgendermaßen :
" Seit Mitte des 18. Jahrhunderts, also nach dem 7-jährigen Kriege(1756 -63), nachdem über Jahrhunderte hinweg gedankenlos fortgewirtschaftet worden war, wie es die Väter schon immer betrieben, traten neue Bedürfnisse und Strebungen in die Menschen, auch für den Ackerbau. Man sann auf einen höheren Ertrag des Landes und fing es auf mancherlei Weise an, ohne zunächst zu etwas Erklecklichem zu kommen. Das Einzige und das Leichteste, wodurch die Grundbesitzer sich zu verbessern suchten, war das Legen der Bauern, indem man die Bauernhufen entweder in die Höfe einzog oder neue großer Güter oder Vorwerke aus Dörfern machte."
Für Teusin traf das allerdings nicht zu. Teusin blieb weiterhin ein Bauerndorf
Was sagte E.M. Arndt zu den Bauern der adeligen und bürgerlichen Privatbesitzern? "Ein Vollbauer hat gewöhnlich eine Hufe saatigen Ackers, gerechnet zu 32 Morgen. Alles Übrige, was an Wiesen und Koppeln, Holzung und Torfstrich usw. dabei ist, ist nicht so genau bestimmt, sondern die Qualität und Qualität hängen vom Zufall oder der Willkür der Herrschaft ab. Die Staatskontribution für diese Bauernhöfe als Hufensteuer, Accise und Nebenmodus, Priester- und Küstergebühren usw. liegt in der Regel auf dem Inhaber derselben. Zu der vollständigen Hofwehr eines Vollbauern gehöret gewöhnlich folgendes :
1. Der Bauernhof soll enthalten das Wohnhaus mit Koben und Ställen, eine Scheune, einen Garten, oft eine sogenannte Wohrte am Hofe (was nicht mehr Garten aber auch noch nicht Acker ist ), im Hause einen Tisch, eine Bank, zwei Stühle, drei Kessel von verschiedener Größe, einen Backtrog, zwei Waschbalgen, zwei Wassereimer, eine Mulde, zwei Handsiebe, eine Axt, ein Beil, vier Bohrer - große und kleine, eine große Hacke, eine Zugbank mit dem Messer und anderes kleines Handgerät.
2. An Ackergeräten: 2 Pflüge mit 4 Pflugschalen und 4 Sechen nebst dem übrigen Zubehör, 8 Eggen, 3 Wagen mit allem Zubehör (als 3 Ernteleiterpaare, 8 Sielen, 4 Tauen, 2 Halskuppeln), 1 großer Holzschlitten, 2 kleine Schlitten, 1 Schleife, 2 Pferdeharken zur Ernte, 4 Erntegabeln, 2 Schaufeln, 2 Wurfschaufeln, 2 Mistgabeln, 1 Haarstapel (zum Schärfen der Sensen) mit dem Hammer, 1 Schneidelade mit dem Messer, 1 Spaten und mehrere Kleinigkeiten.
3. Vieh : 8 Pferde und wohl darüber, 4 milchende Kühe, 3 Rinder auf den Zuwachs, 2 Schweine auf dem Koben und 3 Pölke auf dem Zuwachs, 2 Gänse und 1 Gänserich, einige Hühner.
4. Das Feld mit Winter- und Sommersaat besät. Der Vollbauer diente gewöhnlich die ganze Woche mit 4 Pferden und 2 Menschen, und zwar einem Knecht und einem Jungen oder der Magd. Sobald aber die Ernte angeht, schickt er an vielen Orten noch eine Magd, die auch nach vollendeter Ernte noch solange zu Hofe geht, bis aller Flachs abgerebelt ist. Außerdem schickt der Bauer, in Pommern fast durchgängig, sobald Roggen und Weizen gemähet wird, in allem 5 Mann, an einigen Orten muß er in der Ernte 4 Mann, die übrige Zeit aber 3 Mann schicken.
Noch muß ein Bauer 20 Topp Flachs ausschwingen (der Topp hat 20 Risten), wozu er so viele Leute schicken kann, als er will, damit sie es an einem Tage fertig kriegen; auch muß er einen Mann schicken, wenn gebrakt wird, dies mag währen, so lange es will, und gehe es den ganzen Winter durch. Hierbei werden ihm seine Pferde auf dem Hoffelde den Sommer über geweidet, doch an einigen Orten muß er sie auch selber weiden. Ein Halbbauer, der seinen Acker und das Übrige meistens nach Verhältnis um ein Drittel geringer hat, dient 3 Tage mit Pferden, die übrigen gar nicht, an einigen Orten aber zu Fuß. Auch gibt es Bauern, die 4 Tage in der Woche dienen müssen, alles nach Verhältnis ihres Bauernhofes. Ein Kossat schickt 1 Knecht. An einigen Orten müssen die Käther auch Fuhren leisten und einzelne Pferde zu Botschaften hergeben. Die Rede in dieser Zeit ist auch von Einliegern und Kathenleuten, von denen nur das Allgemeine angeführt werden kann, doch es gab unzählige Ausnahmen, da die Observanz (Herkommen, entstandenes Gewohnheitsrecht) hier noch weniger herrschte als bei den Bauern und mehr die Willkür der Herren. Diese Einlieger sind das, was man sonst auch wohl Tagelöhner, Dröscher, Häker nennt. In Pommern haben diese Katenleute gewöhnlich eine Stube, Kammer und Küche und einen Garten von 45 bis 50 Quadratruthen, dazu Weide für eine Kuh, ein oder zwei Schweine, 1 bis 3 Gänse. Für diese Wohnung und die anderen Vorteile dienen die Kathenfrauen in der Regel wöchentlich einen Tag, also 52 tage im Jahr, und wenn sie eine Kuh halten, wofür ihnen vom Hofe Heu und Stroh gereicht werden, 72 Tage. Bei einigen Gütern ist der Dienst 56 Tage, bei anderen 2 Tage wöchentlich, also 104 Tage. Ich meine aber, daß sie da auch 2 Kühe und ausfüttern können. Diesen Dienst müssen sie fast allgemein bei eigener Kost tun. Die Tage, die sie darüber dienen, werden ihnen den Tag mit 6 Schilling bezahlt. Überdem spinnen sie einige Pfund Garn umsonst für die Herrschaft, gewöhnlich 6 bis 8 Pfund, und geben von ihren jungen Gänsen die 10-te als Stoppelgans, auch von den Bienen etwas Gewisses, wenn sie deren halten.
Die Männer beschäftigen sich entweder für einen gewöhnlichen Tagelohn von 8 Schillingen, das wird bei den guten Kornpreisen aber oft erhöht. Sie arbeiten auf den Höfen oder bei den Bauern, oder sie graben, roden, decken, zäunen, zimmern auch wohl auf Verdung, wobei sie es nach dem Maße ihres Fleißes und ihrer Kräfte zu 16 bis 20 Schillingen bringen können. Den Tagelöhnern, vorzüglich den Häkern, wenn sie nur den gewöhnlichen Tagelohn von 8 Schillingen erhalten, wird entweder das Korn zu wohlfeilen Preisen gelassen oder sie erhalten auch Deputat, welches ihnen nach verschiedener Norm gereicht wird. Ein Beispiel, wie die Häker bei einigen Gütern abgefunden werden:
- 12 Rthlr. Geld
- 12 Scheffel Roggen
- 12 Scheffel Gerste
- 2 Scheffel Erbsen
- 1/2 Scheffel Leinsamen gesäet
Dies erhalten sie von Maria Verkündigung, hier Pflugmarin genannt, bis Martini, auf 34 Wochen. Was sie länger arbeiteten, wird besonders bezahlt. Nach jetzigen Kornpreisen haben sie einen guten Tagelohn. Mit dem Herbste und Winter gehen diese mit den anderen Arbeitern in die Scheunen und dreschen gewöhnlich für den 16-ten oder 17-ten Scheffel, wobei sie sich freilich fast allenthalben beköstigen müssen."
Wie dienen Knechte, Mägde und Jungen auf den Höfen bei den Bauern? "Der Statthalter erhält gewöhnlich 18 bis 20 Rthlr., 2 Paar Schuhe zu 2 Rthlr., Leinen wie die anderen Knechte. Der Großknecht hat 1 bis 2 Rthlr. mehr als die anderen Knechte, bekommt auch so wie der Statthalter noch wohl einen halben oder viertel Scheffel Leinsamen gesäet. Der gewöhnliche Knecht hat 11 bis 12 Rthlr. Lohn, 2 Paar Schuhe zu 2 Rthlr., Sensengeld 16 Schillinge, Leinwand 19 Ellen flächsen und 5 Ellen heeden. Der Junge erhält 5 bis 6 Rthlr., 2 Paar Schuhe zu 1 Rthlr. 32 Schillinge, 12 Ellen flächsen und 12 Ellen heeden Leinen. Auch wird der Magd gewöhnlich noch ein Viertel Leinsamen gesäet. Die Mägde müssen in den Winterabenden 24 Pfund Garn spinnen, die Jungen kleine Handreichungen tun, z. B. Kartoffeln schrapen usw.. Die behandlungsarten der leibeigenen sind natürlich nach Gewohnheiten und Willküren der verschiedenen Herren auch sehr ungleich, und diese armen Menschen sind glücklich und unglücklich, je nachdem ihnen durch Zufall ein guter oder schlimmer Herr zu Teil wurde. Die Gelegenheiten, bei denen die Leibeigenen bisher am meisten gezwackt worden sind und es noch werden, sind das Bauernlegen, der Loskauf und die Verheiratungen." Soweit aus den Darstellungen von E. M. Arndt zur Lage der Menschen in Pommern.
Die Situation in den vorpommerschen Dörfern Teusin und Roidin wird bis ins 19. Jahrhundert vergleichbar gewesen sein. In seinem Buch über die Dorfkirche zitiert Norbert Buske aus einem ergreifenden Bericht des Gültzer Pfarrers Thilo von 1821 über die steigende Not der Tagelöhner in Pommern: "O, wenn du ein fühlendes Herz hast, mein lieber Leser, dann blicke umher in diesen niedrigen, finsteren, dunstigen Stuben, auf die dünnen, geklehmten, von Nässe durchdrungenen oder mit Reif überzogenen Wände, - sieh die halb erstarrten, schlecht bekleideten Kleinen auf dem naßkalten Fußboden von Lehm, und wie sie wimmern und vor Frost in die Hände blasen...So wie die eben beschriebene Wohnung, so sind sie herkömmlich in der Regel alle. Der Name "Kathen", den sie führen, ist eigentlich noch viel zu gut für sie. Und dennoch wohl dem, der ein solches Nest sein eigen nennen kann."
Weitere konkrete Angaben über die Verhältnisse im Bauerndorf Teusin im 18. und 19. Jahrhundert sind enthalten in einem Artikel im "Demminer Tageblatt" vom 26.08.1941. Zu vermuten ist, daß sie aus der alten Teusiner Chronik stammen, die 1945 verschwunden ist. Dr. Ahrens, Lehrer in Teusin, macht in diesem Artikel zu diesem Zeitabschnitt folgende Angaben: "In etwa 20 Minuten erreicht man von Utzedel aus auf einem Landweg das alte Bauerndorf Teusin. Bis zum Jahre 1821, wo in Teusin das Rittergut gebildet wurde, war die ganze Feldmark Teusin im Besitz der Bauern. Sie waren Dienstbauern des Hauptmanns Otto Bogislaw Christoph von Parsenow, Besitzer von Schmarsow, Borgwall, Osten, Roidin und Teusin. Der Hauptmann von Parsenow verpachtete die Höfe am 16.Oktober 1795 den Bauern Küning, Düwier, Stegemann, Jürgen Hiddick, Johann Hiddick, Bohn und Glause. Glause war Freibauer und nicht zu Diensten verpflichtet, er hatte 2 Höfe in Pacht. Der erste Kontrakt galt von 1796 bis 1799. Die Pacht betrug für den Hof 125 Thaler. Jeder Pächter mußte 100 Thaler Kaution stellen und dann noch in jeglicher Ernte zwei Tage ohne Gespann zu Roidin arbeiten sowie auch noch bestimmte Tage dort den Acker bestellen und 4 Fuhren nach Demmin leisten. Auch der Freibauer Glause unterwarf sich diesem Kontrakt. Von den Pächtern waren nur Glause und Johann Hiddick des Schreibens kundig.
Bemerkungen: Demnach standen die Bauern von Teusin in Zeitpacht, waren also sogenannte Lassiten. Aus der Angabe èrste Kontrakte` lässt sich die Vermutung ableiten, daß es vordem nicht so war. Es erhebt sich die Frage, ob mit diesem Abschluss von Pachtverträgen schon die Bestrebungen der Bauernbefreiung in Preußen ihren Einfluss auf das Handeln der Grundherren nehmen.
Nach dem Edikt vom 14. September 1811 (Rahmengesetz über die Ablösung der feudalen Dienste und Abgaben - Bauernbefreiung) sollten die bäuerlichen Verhältnisse geregelt werden. Am 2. Juli 1812 war aber der Hauptmann von Parsenow verstorben, und so verfügte die Königliche Generalkommission für Pommern die Regulierung der bäuerlichen Verhältnisse in Teusin erst Ende 1817.
Am 5. Oktober 1821 fand für Teusin die Regulierung und Separation zu Roidin zwischen dem Kurator der Parsenow´schen Besitzung (Vermögensverwalter, staatlicher Aufsichtsbeamter, da der Hauptmann von Parsenow der letzte männliche Namensträger seines Geschlechts war) und den Bauern statt. Es waren dies die Bauern
- Schulze Köning
- Christoph Hidding (Anmerk.: sicherlich Hiddick)
- Johann Hidding (Hiddick)
- Karl Köning
- Christoph Bohn
- Joachim Bohn
- Friedrich Peters
Hinzugezogen wurden der Prediger Thilo zu Sanzkow und der Schullehrer Krienke zu Teusin.
Folgendes Ergebnis war zu verzeichnen: Nach dem Edikt von 1811 erhalten die 7 Bauern die Hälfte ihrer Höfe mit Gärten und Hofstellen als Eigentum, während sie die andere Hälfte an die Herrschaft abtreten mußten. Peters, der Nachfolger von Glause, hatte 2 Höfe in Pacht gehabt. Einer wird ihm aber nur zuerkannt, den zweiten zieht die Herrschaft als wüsten Hof ein. Die Bauern erhalten 7 Sechszehntel und das jetzt gebildete Gut 9 Sechzehntel der Feldmark. Für die Gärten und Hofstellen übernehmen die Bauern die Kommunallasten, zu denen auch das Gut ein Achtel zu tragen hat. Die Grundstücke sind nun bonitiert (abgeschätzt) und danach geteilt worden. Der Bauernhof ist durchschnittlich 127 Morgen groß. Straßen, Jagd, Fischerei, Gerichtsbarkeit und Patronatsrechte verbleiben der Gutsherrschaft. Die Feldmark wurde in viele Stücke geteilt, und von jedem Stück erhielt der Hof ein Siebentel. Er bestand also aus vielen getrennt liegenden Stücken.
Nach dem Regulierungs-Rezeß vom 4. November 1825 wurde jedem Hof ein zusammenhängendes Stück Acker, Wiese und Koppel als Eigentum übergeben.
Nach der im Jahre 1821 durchgeführten Separation (Flurbereinigung) hat die Gesamtflurmark von Dorf und Gut Teusin
einen Flächeninhalt von 2271 Morgen 5 Ruthen. Davon entfielen auf
Auf wen? | Wie viele Morgen? | davon |
---|---|---|
das Rittergut | 1 308,24 Morgen | Acker 990,12 Morgen, Wiesen 114,12 Morgen, Hütungen und Elsbrüche 200 Morgen, Gartenland 4 Morgen |
die bäuerlichen Wirte | 926,101 Morgen | Acker 611,101 Morgen, Wiesen 191,161 Morgen, Hütungen und Elsbrüche 74,19 Morgen, Gartenland 49 Morgen |
die Schule zu Teusin | 36,60 Morgen | Acker 11,73 Morgen, Wiese 6,134 Morgen, Hütung 18,93 Morgen |
Die Dorfschmiede und ein daneben liegender Bauernhof blieben bis Ende der 1840-er Jahre in Maltzahn´schem Besitz und wurden dann an den Schmiedemeister Zwar bzw.den Bauern Anton Bader verkauft. Zwei Bauern haben später ihre Hofstellen im Dorfe verkauft und sich auf ihrem abgelegenen Acker neu aufgebaut. Dadurch entstand der Teusiner Ausbau.
Der Anfang des 19. Jahrhunderts wurde in Europa und auch in den deutschen Ländern geschichtlich maßgeblich von der französischen Fremdherrschaft und den daraus resultierenden Befreiungskriegen gegen Napoleon Bonaparte geprägt. Der verlorene Rußlandfeldzug Napoleons 1812 und die Völkerschlacht bei Leipzig 1813 leiteten Napoleons Untergang ein. Mutige Patrioten und Reformer Preußens wirkten dabei mit und bereiteten gleichzeitig den Weg für fortschrittliche Veränderungen auch in Pommern.
1815 fanden die Wiener Verhandlungen statt, die entscheidende Gebietsveränderungen und neue Machtverhältnisse mit sich brachten. Im Ergebnis kam Schwedisch- Vorpommern als Neuvorpommern an Preußen. Die einheitliche Provinz Pommern wurde durch den Erlaß vom 30. April 1815 in die 3 Regierungsbezirke Stettin, Köslin und Stralsund gegliedert.
Besondere Verdienste erwarb sich um die weitere Entwicklung der Provinz (nach Martin Wehrmann in "Geschichte von Pommern") der Oberpräsident Sack, der als ein Schüler des Freiherrn Stein bestrebt war, auf allen Gebieten des wirtschaftlichen und geistigen Lebens wichtige Veränderungen einzuleiten. Neben anderem trug er für die Anlage besserer Landstraßen Sorge, so langsam man auch infolge der geringen zur Verfügung stehenden Mittel damit vorgehen konnte. 1843 wurde mit dem Bau des Kunststraßendreiecks (Chausseedreieck) Demmin - Altentreptow - Jarmen - Demmin begonnen. 1848 konnte es im Kreis Demmin eingeweiht werden. Aus dem "Amts-Blatt der Königlichen Regierung zu Stettin" aus dem Jahre 1847 entstammt folgende Bekanntmachung: "Dem Publikum wird hierdurch nachrichtlich bekannt gemacht, daß das gesetzliche Chausseegeld für 2 fernere Meilen der Chaussee von Treptow nach Demmin bei Utzedel durch den früheren Neben-Zoll-Einnehmer, Michael Reimer, vom 1. Oktober an erhoben werden wird."
Mit der neuen Kunststraße veränderte sich der Straßenverlauf. Insbesondere auf der Teusiner und Roidiner Feldmark hatte die alte Landstraße einen ganz anderen Verlauf. Sie führte vom Chausseehaus in Utzedel bis zur heutigen Doppelkurve näher an Teusin über die Feldmark. Ein paar Meter dieser alten Landstraße sind noch in der S-Kurve des Strehlower Weges erhalten geblieben. Vor 1960 standen auch noch einzelne Bäume und Sträucher inmitten der Feldmark, die ehemals an der alten Landstraße standen.
Aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts stammt der Ausschnitt einer Landkarte. Das genaue Entstehungsjahr kann leider nicht angegeben werden. Es ist anzunehmen, daß sie im Zuge des Straßenbaus um das Kunststraßendreieck Demmin- Burow- Jarmen- Demmin angefertigt wurde. Dieser Kartenausschnitt ist nach der Schwedenkarte die nächste Wiedergabe unseres Territoriums. Was kann ihr entnommen werden? Teusin ist in der Dorfanlage noch ähnlicher der auf der Schwedenkarte. Roidin ist leider nicht auf dem Ausschnitt enthalten. Eine Gutsanlage ist noch nicht vorhanden, sie erscheint erst als Neugründung im Jahre 1877 auf der Karte aus dem Jahre 1884. In Sanzkow ist noch nicht der Ausbau Flöhhagen eingezeichnet, ebenfalls noch nicht die Straßenreihe in Utzedel. Beide sind ein Ergebnis der Bauernbefreiung. Da aber bereits die Trassenführung der geplanten Kunststraße Demmin - Burow eingezeichnet ist, dürfte die Landesvermessung als Voraussetzung für die Kartenerstellung in die Zeit um das Jahr 1820 durchgeführt worden sein. Bemerkenswert für diese Zeit ist nicht nur, daß die alte Landstraße von Demmin in Richtung Burow eine andere Streckenführung besaß, als wir sie heute haben. Auch die Wege aus dem Dorf waren teilweise anders angelegt. Das trifft besonders für den Weg nach Roidin zu. Dieser führte aus Teusin über die "alte Dorpstedt" und den Bach, der aus dem Stubbenbruch kommt, auf die Anhöhe der Tollenseberge und mündete vor dem Hohlweg in den aus Sanzkow kommenden Weg. Die Brücke über den Bach war aus großen Feldsteinplatten gebaut und diente noch nach 1945 als Übergang. Sie verschwand erst danach bei Arbeiten zur Vertiefung des Bachlaufes. Das Stubbenbruch hatte zur Zeit der Kartierung einen wesentlich größeren Umfang als heute. Deren östlicher Teil, als "Seebruch" bezeichnet, muß erst danach zu Weideland geworden sein. Der Weg zu den "drei Bäumen" und weiter als Heuweg ins Tollensetal ist also erst in späterer Zeit angelegt worden, das besagt auch das Alter dieser drei markanten Spitzahornbäume. Der zweite Fahrweg nach Roidin über die Landstraße bestand schon, er existiert jedoch nicht mehr. In dieser Zeit scheint es schon einen Teusiner Ausbau an der Stelle des später unter Ausbau Dust bekannten Hofes gegeben zu haben. Es sind ganz zweifelsfrei 3 Gebäude eingezeichnet, ebenso auch verschiedene Mergelgruben, verteilt auf dem gesamten Territorium.
Aus der Mitte des 19. Jahrhunderts liegen die nächsten konkreten Angaben vor. Berghaus gibt im "Handbuch von Pommern und Rügen" für das Jahr 1862 an:
Der Demmin´sche Kreis gehört zum Regierungsbezirk Stettin im Herzogtum Stettin. Die Bevölkerungsentwicklung zeigt 1820 27 427 Einwohner, 1850 bereits 48 417 Einwohner und 1862 48 400 Einwohner. Davon entfielen auf die 3 Städte Demmin, Treptow und Jarmen 13 370 Einwohner. Demmin zeichnete sich von Pommern als der volkreichste Kreis aus. Auch die Zahl und Größe der Besitzungen ist bekannt:
Größe der Besitzung | Anzahl/ Prozent |
---|---|
kleiner als 5 Morgen | 1083 / 37 % |
von 5 bis 30 Morgen | 936 / 32 % |
von 30 bis 300 Morgen | 771 / 26 % |
300 bis 600 Morgen | 39 / 1 % |
600 Morgen und mehr | 106 / 4 % |
Das bedeutet summarisch, daß 2935 Besitzer über 355 267 Morgen verfügten.
Der Kreis wies im Jahre 1862 folgenden Viehbestand auf:
Vieh | Anzahl |
---|---|
Pferde | 8069 |
Rindvieh | 19106 |
Schafe | 124486 |
Ziegen | 3506 |
Schweine | 12397 |
Bemerkenswertes über die Verhältnisse in dieser Zeit:
- Für die Gesundheitspflege besteht in Demmin ein öffentliches Krankenhaus, worin Arme und solche Personen, die in ihren Wohnungen nicht gepflegt werden können, Aufnahme finden, im Durchschnitt jährlich 60 Personen. Es praktizieren 5 approbierte Ärzte. Es fungieren 6 Hebammen. Eine Apotheke ist vorhanden. Es gibt einen Vieharzt.
- In Demmin waren von 100 Geburten 12,7 außereheliche. 1798 waren von 100 Geburten sogar 62 uneheliche, zuzuschreiben einer wilden Soldateska, die damals zu Demmin in Besatzung lag, freilich nur eine Kompanie stark, nur 83 Mann
- In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts wanderten auch aus Vorpommern viele Familien nach Amerika aus. Sie hofften, dort eine bessere Existenz zu finden. Den Angaben im Schülerhauptbuch beider Schulen ist zu entnehmen, daß in den Jahren 1872 bis 1874 auch aus Teusin und Roidin eine verstärkte Auswanderung einsetzte. Es wanderten aus der Schäfer Putzier, die Arbeiter Hückstädt und Stüwe, der Tagelöhner Berndt, der Arbeiter Ave mit Frau und Kindern, ebenso der Kuhhirte Wascher mit seiner zahlreichen Familie. Auch die Witwe Schultz mit ihren Kindern begab sich auf den Weg ins Ungewisse, zusammen mit der Witwe Gottschalk und deren Kindern.
Anmerkung: Mehr als ein Jahrhundert später fragten Nachkommen des Auswanderers Wascher beim Pastor in Hohenmocker nach, ob Wurzeln ihrer Familie in vorpommerscher Erde steckten und wo genau. Die gestellten Fragen konnten anhand der alten Kirchenbücher und des Schülerhauptbuches konkret beantwortet werden.
Die verstärkte Auswanderung von Arbeitskräften, sowohl von Bauern als auch von Gütern, hatte zur Folge, daß ein spürbarer Mangel an Arbeitskräften eintrat. Aus Westpreußen und Polen kamen Tagelöhner ins Land, sie brachten teilweise ihre Familien mit. Deren Unterbringung erfolgte auf den Gütern in den sogenannten Schnitterkasernen. Idn Roidin befand sich eine solche gegenüber der Kirche, jenseits des Baches am Talrand. Dieses Gebäude stand dort bis in die Jahre nach dem 2. Weltkrieg und wurde zuletzt von den Familien Zamzow und Krogull bewohnt. Als das Haus leer gezogen war, verfiel es sehr rasch. Das gleiche Schicksal erlitt auch der sogenannte Alte Hof, der gleichfalls Wohnstätte für viele Generationen Roidiner Landarbeiterfamilien gewesen war. Das Schülerhauptbuch nennt als Schnitterkinder, die zeitweise die Schule besuchten, in dieser Auswanderungsperiode Marie Erber aus Landsberg (beim Gutspächter Knust in Teusin), Martha Weikofsky aus Ostpreußen (Kind einer Arbeiterfamilie), Henriette Purtz aus Ostpreußen (Kind einer Arbeiterfamilie), Hermann Schlickeisen aus Landsberg a.W. (Schnitterfamilie) u.a. Die größeren Kinder gingen in dieser Zeit nur wenig zur Schule, sie arbeiteten schon tüchtig mit den Eltern zusammen beim Dienstherren. Die Dienstzeit endete im Herbst mit Abschluß der Hauptarbeit, teilweise erst mit Beendigung der Druscharbeit im Winter.
Die Hofbesitzer in Teusin nahmen aber auch Hütejungen während des Sommerhalbjahres aus der näheren und weiteren Umgebung auf, so z. Bsp. Hofbesitzer Bohn den 14-jährigen Karl Krüger aus Roidin für ein halbes Jahr, den 13-jährigen Emil Schulz aus Utzedel für ein halbes Jahr, den 11-jährigen Hermann Zimmermann aus Sanzkow für ein halbes Jahr, im Jahr darauf wieder, den 13-jährigen Fritz Riedel aus Vorwerk wie üblich von Mai bis Oktober. Hofbesitzer Dust, Gastwirt Hiddick, Gemeindevorsteher Hiddick, auch Gutspächter Eichblatt verfuhren regelmäßig so.
Angaben zu Teusin (nach Berghaus)
Kreistags- und Provinzial- Landtagsberechtigtes Rittergut und Dorf von 8 bäuerlichen Wirten und kleinen Grundbesitzern, liegt inmitten seiner Feldmark, deren Acker teilweise bergig ist, indessen die Wiesen an die Tollense grenzen.
Es hat 22 Feuerstellen mit 244 Einwohnern in 46 Familien. Nach der, behufs der im Jahre 1821 durchgeführten Separation, vorgenommenen Vermessung hat die Feldmark einen Flächeninhalt von 2 271 Morgen 5 Ruthen. Davon gehören dem Rittergut 1 308,24 Morgen, den bäuerlichen Wirten 926,101 Morgen und der Schule 36,60 Morgen. Auf der Feldmark sind 4 kleine Teiche. Der Acker wird in 4,5,6 Schlägen fast ausschließlich zum Getreide- und Futterkräuterbau bewirtschaftet. Die Wiesen sind zweischurig, in trockenen Jahren aber nur einschurig und bedürften in diesem Falle der Bewässerung. Die Gartennutzung beschränkt sich auf das Wirtschaftsbedürfnis. Etwas Holz findet sich in den Elsbrüchern, leidet aber sehr durch das Weidevieh.
Der Viehbestand besteht aus 43 Pferden und 9 Fohlen eigener Zucht, aus 116 Kühen und 45 Jungvieh, aus 600 halbveredelten und 120 Landschafen, 22 Ziegen und 40 Schweinen. Federvieh wird zum eigenen Bedarf gezogen.
Von Mineralprodukten ist Kies, Lehm, Ton, Mergel und Torf von vorzüglicher Güte vorhanden.
Teusin, wo ehedem eine Kapelle war, ist nach Roidin eingepfarrt, hat aber eine eigene Schule.
Teusin ist ein Maltzahnsches Lehen und befindet sich gegenwärtig im Besitz des Freiherrn von Maltzahn, auf Vollrathsruhe in Mecklenburg wohnhaft.
(Anmerkung: Das entstandene Gut Teusin erwarb 1844 Karl Ludwig Friedrich von Maltzahn aus dem Hause Utzedel. Das Geld für den Erwerb verschaffte er sich durch Holzverkauf.)
Angaben zu Roidin (nach Berghaus)
Kreistags- und Provinzial- Landtagsberechtigtes Lehn- Rittergut ganz nahe an der Tollense, auf der Straße von Stralsund über Loitz und Treptow nach der mecklenburgischen Stadt Neubrandenburg.
Es hat 1 Wassermühle, 1 Ölmühle, 1 Schulhaus, überhaupt nur 7 Feuerstellen mit 139 Einwohnern. Es hat eine Kirche, die eine Filiale von Sanzkow ist und den hiesigen Gutsherrn zum Patron hat. Es hat eine Fischerei in der Tollense und in den Teichen und ziemliche Holzung.
Reudin (Roidin) ist im Kataster der Vorpommerschen Landesmatrikel von 1739 nach dem steuerbaren Anschlage mit 11 Landhufen 29 Morgen und 77 1/2 Ruthen eingetragen, nach der Rittergutsmatrikel vom Jahre 1857 beträgt der Flächeninhalt der Feldmark 2 500 Morgen.
1862 befanden sich auf diesem Gute außer dem Besitzer noch 1 Pächter, 2 Verwalter und neben dem Gesinde 18 Tagelöhner mit ihren Familien.
Viehbestand: 46 Pferde, 85 Rinder, 1 054 veredelte Schafe, 20 Schweine, 2 Ziegen, 1 Esel.
Reudin (Roidin) ist ein altes Maltzahnsches Lehen, mindestens seit dem ersten Viertel des 14. Jahrhunderts. Im Anfang des 18. Jahrhunderts gelangte dieses Gut in Verbindung mit Schmarsow in den Besitz der Familie von Parsenow. Als dieselbe in Concurs geraten und endlich ausgestorben war, wurde das Gut zu Gunsten der Masse verwaltet, was noch 1842 stattfand. Nach dieser Zeit ist Reudin an das Geschlecht der Maltzahne zurückgelangt, aus dessen Reihe Victor Freiherr von Maltzahn gegenwärtig der Besitzer ist.
Die Bevölkerungsentwicklung wurde bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts durch epidemisch auftretende Kinderkrankheiten, die oft tödlich verliefen, mit beeinflusst. Die Angaben aus den Kirchenregistern sind Zeugnis dafür:
Jahr | Ort | Name | Todesursache |
---|---|---|---|
1826 | Sanzkow | Johann Meier, 3 Jahre alt
Ernst Virgils, 10 Monate alt |
Folgen der Röteln |
Toisin | Carl Bohn, 1 Jahr alt | Scharlachfieber | |
Utzedel | Johann Stegemann, 1 Jahr alt
Christine Sturm, 8 Jahre alt |
Scharlachfieber | |
Roidin | Johann Horn, 2 Jahre alt | Scharlachfieber | |
Sanzkow | Christian Krase, 5 Monate alt | Scharlachfieber | |
Roidin | Johann Bruder, 3 Jahre alt
Sophie Wascher, 5 Jahre alt Johanne Wascher 3 Jahre alt (Schwester) Johanne Saß, 1 1/4 Jahr alt |
Scharlachfieber | |
Sanzkow | Johann Witt, 2 1/4 Jahr alt | Scharlachfieber | |
1827 | Roidin | Johanne Bruder, 5 Jahre alt | Scharlachfieber |
Sanzkow | Ludwig Hagemeister, 3 Jahre alt | Scharlachfieber | |
Utzedel | Heinrich Sturm, 2 Jahre alt | Scharlachfieber | |
1831 | Roidin | Johann Diederich, 2 Jahre alt
Johann Krüger, 1 1/4 Jahr alt |
Scharlachfieber |
Teusin | Johann Anners, 8 Jahre alt
Johanne Glause, 4 Jahre alt Johanne Anners, 3 Jahre alt Johann Menzel, 9 Jahre alt Albertine Peters, 7 Monate alt Heinrich Menzel, 14 Monate alt Friedrich Krase, 2 Jahre alt Johann Thede, 3 Jahre alt |
Scharlachfieber | |
Utzedel | Johann Tamm, 10 Jahre alt
Friederike Tamm, 4 Jahre alt Gustav Stegemann, 9 Jahre alt |
Scharlachfieber | |
1832 | Toisin | Johanne Böttcher, 6 Jahre alt
Johann Lorenz, 1 Jahr alt |
Halsgeschwulst (Diphtherie) |
1840 | Sanzkow | Johann Müller, 3 Jahre alt
Caroline Bose, 9 Monate alt |
Masern |
Sanzkow | Wilhelm Lenz, 38 Jahre alt | Scharlach | |
1841 | Sanzkow | Marie Lenz, 6 Jahre alt
Johann Dreier, 4 Jahre alt |
Scharlach |
1843 | Toisin | Friederike Schulz, 8 1/2 Jahre alt
Wilhelmine Steinhauer, 1 1/2 Jahre alt Johanne Doebbert, 3 1/2 Jahre alt |
Halsbräune (Angina oder Diphtherie?) |
Roidin | Marie Wolf, 4 Jahre alt
Dorothee Krüger, 2 Jahre alt |
Halsbräune |
Ebenfalls geht aus dem Bereich der Mutterkirche Sanzkow eine hohe Anzahl junger Frauen hervor, die im Kindbett verstarben.
Den Schulakten im Kirchenarchiv Sanzkow ist die folgende Entwicklung der Einwohnerzahl in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts zu ersehen:
* Teusin
1859: 256 Einwohner, davon 175 über 14 Jahre alt
1863: 218 Einwohner
1867: 212 Einwohner
Roidin
1863: 152 Einwohner
Am 1. Dezember 1875 fand eine Volkszählung mit folgendem Ergebnis statt:
Teusin: 215 Einwohner
Roidin: 137 Einwohner
Einwohner in Teusin sind zu dieser Zeit: Bauernhofbesitzer: Bader, August Hiddick, Schramm
Halbbauern: Bohn, Frank, Fritz Hiddick, Johann Hiddick, Stegemann
Kossäth: Sievert
Häusler: Ehmke, Plamp
Handwerker: Zwar (Schmied), Wolff (Tischler), Klüsner (Weber), Mentzel (Weber), Theede (Schuhmacher), Weil (Schachtmeister), Gabloffsky (Maurer)
Gutspächter: Bruhn
In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde durch das Entstehen der Gutsanlage das Dorfbild beider Dörfer für die nächsten Jahrzehnte wesentlich geprägt. Für Roidin scheint es das Jahr 1877 zu sein, in dem die Anlage fertig gestellt wurde. Diese Jahreszahl ist im Giebel eines Stall- und Wirtschaftsgebäudes angebracht.
Die karthographische Darstellung des neuen Dorfbildes wird jeweils auf dem Meßtischblatt der Königlich- Preußischen Landesaufnahme aus dem Jahre 1884 deutlich, herausgegeben 1886 unter der Nummer 761:
Einen Einblick in die Lebensumstände im 19.Jahrhundert in den beiden Dörfern gewährt ein Bericht in der Unterhaltungsbeilage zum Demminer Tageblatt vom Sonnatg, dem 14.August 1934. (Abschrift des "Der vielgereiste Magister Kühn, Roidiner und Teusiner Erinnerungen aus alten Tagen") Das in Roidin und Teusin altgesessene Geschlecht Wolff hatte in Wilhelm Wolff einen erzählfreudigen Heimatmenschen, der über seine fast 90-jährige Erinnerungsmöglichkeit aus seiner Kindheit Tagen folgendes berichtet, was hier aufgezeichnet sei:
"Vor 87 Jahren bin ich als jüngstes Kind meiner Eltern in Teusin geboren. Zwei Jahre vor meiner Geburt hatten die strebsamen Eltern in Teusin einen alten Hof gekauft und waren von Roidin aus nach dorthin übergesiedelt. In Teusin betrieben sie neben der kleinen und anspruchslosen Landwirtschaft eine Dorftischlerei. Sie bestand schon in Roidin. Der Vater vergrößerte die kleine Werkstatt in Teusin, so daß er in manchen Jahren 6 bis 8 Tischlergesellen und Lehrlinge beschäftigte und ein gutes Einkommen hatte.
Von seiner Mutter, die sehr an Roidin gehangen, hörte ich vieles erzählen. Ihre Erinnerungen gingen bis in die Zeit vor 1800 zurück. Sie wußte noch, daß es damals - 1800 - in Roidin einen großen Gasthof gegeben hat, der zum Übernachten viel benutzt wurde von reisendem Volk, denn es führte damals durch Roidin die alte Landstraße Demmin - Anklam - Friedland in Mecklenburg. Neben der Postkutsche hielten in dem Ort die Trödler und Händler, vor allem aber die Schweinehändler, die ihre großen und dick gefüllten Geldkatzen um den Leib geschnallt hatten und dem Gastwirt viel Freude machten, hatten sie doch Geld in Hülle und Fülle, tranken und aßen einen guten Happen.
Leineweber hat es damals in Roidin auch noch gegeben. Sie waren sehr arm und hatten zu tun, ihre oft große Familie zu ernähren. In der Mühle war dazumal eine bedeutende Holländerei, aus der man von weit und breit schönen Käse holte. Die alten Kathen Roidins, auch der Gasthof an der Sandgrube, sind längst abgerissen und durch neue Häuser ersetzt worden. Das alleinstehende Haus hinter dem Friedhof war von Handwerkern bewohnt.
Mein Großvater, Magister Michael Kühn, aus Sachsen gebürtig, war als 16-jähriger Bursche der Weberlehre entlaufen, ging zu den sächsischen Soldaten und wurde in der Stadt Altenburg Tischler. Auf seinen Wanderungen als Handwerksgeselle kam er durch Schlesien, Polen, Danzig, zog mit Ranzen und Stecken die pommersche Küste entlang, gelangte von Stralsund nach Demmin und von da nach Roidin, wo er in der dortigen Tischlerei der Wolffs Arbeit fand. Des Meisters einziges Töchterlein nahm er dann zur Frau.
Dieser junge Meister Kühn hatte als Knabe eine gute Schulbildung in Sachsen empfangen, hatte auf der Wanderschaft Land und Leute kennengelernt und seinen Gesichtskreis, wie auch seine Allgemeinbildung, bedeutend erweitert. So tat es ihm in Roidin an allgemeiner Bildung und im Lesen und Schreiben keiner nach. Da kann es nicht Wunder nehmen, daß der junge Tischlermeister Kühn auch zum Schulamt bestellt wurde, für das er sich ausgezeichnet eignete. Sie nannten ihn in Roidin immer nur den `Magister`, und er ist es viele Jahre hindurch geblieben. Als er schon im Ruhestand lebte, zog er mit seinen Kindern nach Teusin. Seine Frau war schon zuvor in Roidin verstorben.
Die Schule wurde auch von meiner Großmutter gehalten, wenn Großvater verhindert war durch Landwirtschaft oder Krankheit. Auch mein älterer Bruder Karl hat manchmal Schule halten müssen. Karl besuchte das Lehrerseminar. Er bezeugte als junger Lehrer eine ausgesprochene künstlerische Begabung. Er sagte der Schule Lebewohl, besuchte als aufstrebendes Malertalent die Künstlerakademie in Berlin und Düsseldorf und wurde Kunstmaler. Er lebte und starb in Bromberg, wo er als dekorativer Theatermaler ein Menschenalter hindurch wirkte. Noch oft kehrte er später nach seinem Heimatorte zurück, malte in der Landschaft des Kreises Demmin und hat in der Roidiner Kirche ein von ihm gemaltes Altarbild gestiftet. Der vielgereiste Magister Kühn erreichte ein Alter von 84 Jahren und wurde auf Wunsch des alten Barons von Maltzahn in Roidin an der Seite seiner ihm vorangegangenen Frau im Jahre 1853 begraben."
Anmerkung: Die genannte Landstraße Demmin- Anklam- Friedland führte nicht über Roidin, sondern nördlich daran vorbei. Durch Roidin selbst führte die eben so bedeutsame Landstraße Treptow - Loitz - Stralsund und kreuzte die erstgenannte.
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Großbrände in Teusin
Im "Demminer Tageblatt" vom 9. Mai 1911 erschien unter Lokales und Provinzielles folgender Beitrag:
Großfeuer in Teusin, Demmin, 9.Mai 1911 In der verflossenen Nacht gegen 3 Uhr entstand auf dem Gutshofe in Teusin, der Frau Baronin von Maltzahn-Utzedel gehörig, ein größeres Schadenfeuer. Es sind verbrannt: ein Schafstall mit 600 Schafen, der Schweinestall, der Pferdestall, eine Scheune, ein Kuhstall und die Wagenschuppen. Auch das Wohnhaus des Amtsvorstehers und Gutspächters Eichblatt ist durch das Feuer beschädigt worden. Den Schaden für die abgebrannten Gebäude trägt die Pommersche Feiuer-Szietät. Es wird Brandstiftung vermutet.
Frau Annemarie Werner-Gabloffsky, eine in Teusin geborene und sehr alt gewordene Einwohnerin, berichtete über diesen Brand von 1911 und fügte diesen Erinnerungen noch weitere über einen Großbrand von 1812 zu. Folgendes war von ihr zu erfahren:
"Ich weiß von dem Brand im Jahre 1911, als das halbe Gut abbrannte. Es war in der Nacht zum 10.Mai 1911.(Anmerkung: Im Datum irrte sich Frau Werner vermutlich.) Mutter weckte uns, als der Himmel blutrot war und ein furchtbarer Aufstand im Dorf ausbrach. Krüger August Hiddick, dem Gutshofe am nächsten liegend, trieb seine Kühe und Schweine schon aus dem Dorfe, an meinem elterlichen Hofe vorbei (Hof Gabloffsky), als wir nach draußen kamen.
In dieser Nacht gab es eine Aufregung ohne Ende. Die Feuerspritzen der Umgebung rasten die Dorfstraße zum Gut hin. Das Feuer sprang von einem Gebäude zum anderen über. Eine Hitze entstand, die unerträglich wurde. Stundenlang prasselte ein Funkenregen nieder. Durch den Funkenregen entzündete sich dann auch noch die Scheune an der Straße, obzwar sie vom eigentlichen Brandherde noch durch das Gutshaus getrennt lag. Das Gutshaus hatte glücklicherweise schon ein Steindach. Besonders gefährdet war dann das Klüsner´sche EIgentum, es lag wie eine Hütte unter dem Funkenregen, der von der brennenden Scheune ausging. Die mächtigen Silberpappeln, die an der Mauer der Dorfstraße standen, wurden zum Retter des kleinen rohrgedeckten Hauses. Mein Vater und Franz Klüsner zogen selbst die Feuerspritze auf Anordnung meines Vaters nach dessen Haus, um es zu retten. Mit Hilfe der Silberpappeln gelang es, wenngleich diese herrlichen Bäume nachher eingehen mußten.
Bei diesem Brande sind 600 Schafe und viele Schweine verbrannt. Die Schweine liefen immer wieder in den Stall zurück, die Schafe konnten ihn überhaupt nicht verlassen. Auch viel Korn ist verbrannt, es lagerte auf dem Kuh- und Pferdestall. Man sagte, es habe Brandstiftung vorgelegen, da am Tage darauf eine Schafzählung stattfinden sollte. Wie man hörte, sollen auch auf anderen Gütern, wo der Schäfer früher tätig war, vor den Zählungen die Schafställe abgebrannt sein.
Ein Jahrhundert früher, im Jahre 1812, ist ein großer Brand gewesen, der auf dem Bader´schen Hofe (später Hof Menzel) in einem Katen ausgebrochen war. Heute steht dort der Schweinestall. Es war Karfreitag und die Bewohner Teusins kamen von Sanzkow aus dem Gottesdienst, da stand die Westseite des Dorfes mit den Höfen Hiddick (nachmals Horst), Weber Menzel (später Schoknecht) und die Schmiede Zwar (später Schönbeck) in Flammen. Es ist möglich, daß auch noch einzelne andere Wirtschaftsgebäude mit abgebrannt sind, denn auch der Stall meines elterlichen Hofes Gabloffsky-Theede (früher Hiddick) trug bei einem neuen Giebelaufzug nach Ankratzen der Kalkschicht die riesige Jahreszahl 1812 in der Lehmwand. Es wird berichtet, daß die Bewohner eines Hofes an Wäsche nur das behielten, was sie zum Kirchgang anhatten und was eingeweicht im Graben gelegen hatte.
Für den Wiederaufbau der Gebäude wurde unter anderem auch sehr viel Lehm benötigt. Dieser wurde der Lehmkuhle inmitten des Dorfes entnommen. Als man auf eine Quelle stieß, füllte sich die Kuhle rasch mit Wasser und die Lehmentnahme mußte eingestellt werden. So entstand der heutige Dorfteich."
Anmerkungen: Die Aussagen von Frau Werner-Gabloffsky über den Brand von 1812 sind nicht anzuzweifeln, ihr waren die Angaben der alten Teusiner Dorfchronik bestens bekannt. Außerdem werden diese Angaben auch durch Fakten gestützt. So wurden beim Abriß des alten Stallgebäudes auf dem Grundstück Hiddick (Hof Horst) in den 50-er Jahren angekohlte alte, mit dem Beil zugehauene Eichenbalken entdeckt, die beim Wiederaufbau des Hofes wieder Verwendung gefunden hatten. Der Hof, auf dem der Brand ausgebrochen war, war zu dieser Zeit jedoch noch nicht im Besitz des Bauern Bader, es muß der Hof des Freibauern Glause bzw. schon Peters gewesen sein, denn der Brand geschah vor der Separation. Ebenso war auch noch nicht Zwar der Besitzer der Schmiede.
Wirtschaftliche Schwierigkeiten, vor allem durch den Brand 1911, veranlaßten die Maltzahns, das Gut Teusin zu verkaufen. Sie hatten es nie selbst bewirtschaftet, nachdem es 1844 nach jahrelangen Prozessen gegen die Erben der Parsenows wieder in ihren Besitz gelangt war. Das Gut wurde durch Pächter bewirtschaftet. Als Pächter sind aus den Schulakten noch nachweisbar:
- um 1870 und 1880 Gutspächter Bruhn
- um 1890 und 1893 Gutspächter Knust
- um 1906 und 1911 Gutspächter Eichblatt
Unter dem letzten Pächter wurde die "Lange Reihe" gebaut. Der Bau von Wohnungen für die Gutsarbeiter war Teil des Pachtvertrages, da die alten Gutskaten schon recht baufällig waren.
Im Jahre 1911 kaufte der Gütermakler Druse das Gut. Mit dem Erlös aus diesem Verkauf wurden die Kinder aus erster Ehe des 2 Jahre zuvor verstorbenen Albrecht Wilhelm Hermann Friedrich von Maltzahn abgefunden.
Der Gütermakler Druse verkaufte dann 1912 einen Teil des Ackers und der Wiesen sowie bebaute Hofräume mit Hausgärten (ehemalige Gutsgärten mit Katen vor allem inmitten der Dorflage) an Landwirte und Eigentümer in Teusin und Utzedel. Käufer waren:
- Maurer in Teusin, Ernst Gabloffsky, bebauter Hofraum mit Hausgarten und Ländereien 10 ha 42 a
- Hofbesitzer in Teusin, Wilhelm Wolff, bebauter Hofraum mit Hausgarten und Ländereien 11 ha 2 a
- Schmied in Teusin, Ernst Schönbeck, bebauter Hofraum mit Hausgarten und Acker am Strehlower Weg, 4 ha 4 a
- Kirche zu Sanzkow, Acker, Wiese, Wasser am Strehlower Weg, 11 ha 55 a
- Eigentümer in Utzedel, Gustav Jendreizick, Wiese an der Tollense, 1 ha 47 a
- Gastwirt in Utzedel, Hermann Peters, Acker an der Chaussee, 7 ha 32 a
- Hofbesitzer in Utzedel, Fritz Anders, Acker an der Chaussee, 7 ha 50 a
- Landwirt in Utzedel, Franz Scheel, Acker an der Chaussee und Wiese an der Tollense, 7 ha 50 a
- Landwirt in Teusin, Josef Schumacher, Acker an der Chaussee und am Strehlower Weg, Wiese, 10 ha 61 a
- Arbeiter in Teusin, Adolf Lamp, bebauter Hofraum mit Ländereien, Wiese an der Tollense, 7 ha 20 a
- Witwe in Utzedel, Christiane Schumacher, Wiese an der Tollense, 2 ha 50 a
- Mühlenbesitzer in Utzedel, Heinrich Schultz, Wiese an der Tollense, 1 ha 50 a
Das Restgut in Höhe von 254 Hektar kaufte der Landwirt Heinrich Berg, der es 1915 an den Landwirt Kofahl verkaufte. Auch in dessen Besitz blieb es nur wenige Jahre. 1922 ging es in die Hände des Besitzers Albert Kleist über, der es bis 1941 bewirtschaftete und dann an den Major Paul Dürkop aus Minden in Westfalen verkaufte. Wenig später ging das Gut über in den Besitz des Fabrikanten Otto Friedrichs.
Zur Entwicklung der Bauernhöfe in Teusin
Vor der Separation im Jahre 1821 wirtschafteten im Dorf 7 Bauern, von denen 1 Bauer 2 Höfe vom Lehnsherren in Pacht hatte. Also muß davon ausgegangen werden, daß die gesamte Flur des Dorfes auf 8 Bauernhöfe aufgeteilt war. Das älteste Bauerngeschlecht scheint im 19. Jahrhundert das der Hiddicks gewesen zu sein. Dieses Geschlecht wird bereits vor dem 30-jährigen Krieg als in Teusin ansässig genannt. Es wird auch nach diesem Kriege wieder als Bauerwirtschaft in Teusin aufgeführt. Zeitweise müssen sogar mehrere Höfe von Mitgliedern dieses Geschlechts bewirtschaftet worden sein. Waren vor und nach der Separation die Teusiner Bauernhöfe annähernd gleich groß, nach der Separation 127 Morgen, so muß sich dieser Zustand in der Mitte des 19. Jahrhunderts sehr bald geändert haben. Die Hintergründe sind unklar, doch verschaffen einige Angaben von Frau Annemarie Werner-Gabloffsky einen Überblick.
Die Hofbezeichnungen waren um 1939 bis noch ans Ende des 20. Jahrhunderts im Dorf gebräuchlich:
- Hof Gabloffsky
- Hof Frank
- Hof Schönbeck
- Hof Wolff
- Hof Menzel
- Hof Schoknecht
- Hof Horst
- Hof Beckmeyer
- Hof Bohn
- Hof Lehmbeck
- Hof Dust (hinterster Ausbau)
Von Dauer und in der ursprünglichen Größe wurde als bäuerlicher Betrieb der Hof Horst bewirtschaftet. Es war dies vordem der Stammsitz der Hiddicks, der alte Schulzenhof. Den letzten Amtsvorsteher, August Hiddick, hatte Frau Werner noch persönlich gekannt. Sie wußte auch noch von dessen Vater zu berichten, daß er bei einem Wegeunfall, in der Dunkelheit von Flöhagen kommend, in einem Graben umgekommen sein soll.
Amtsvorsteher August Hiddick hatte 2 Söhne und eine Tochter. Der älteste Sohn Ulrich, geb. am 20.07.1880, erwarb in Ganschendorf 2 Höfe. Axel Hiddick, geb. am 28.09.1881, der den Hof erben sollte, starb 1915 in Stralsund an Genickstarre, nachdem er 8 Tage zum Wehrdienst eingezogen worden war. Liesbeth Hiddick, geb. am 01.01.1885 heiratete den Rektor Waterstrat in Demmin. August Hiddick verkaufte nach dem Tode des Hoferben den Hof an seinen Schwager Ludwig Lübke aus Tellin. Dieser verkaufte nach einigen Jahren wieder an Weiß. Von diesem erwarben den Hof 1926 die Gebrüder Fritz und Heinrich Horst. Letzterer heiratete die Tochter Marie des Zimmermanns Ludwig Plamp.
Ein Hiddick´scher Hof war in alter Zeit auch der Hof Gabloffsky. Letzter Hiddick, der den Hof vom Gehöft im Dorf aus bewirtschaftete, war Jürgen Hiddick. Seine Söhne setzten sich mit ihrer Schwester dahingehend auseinander, daß sie ihrer Schwester das elterliche Hofgrundstück im Dorf und dazu 9 1/2 Morgen Acker und Wiese überließen, sie selbst bauten sich einen Hof auf ihrem Acker nahe am Sanzkower Wald auf. Der ausgebaute Hof hatte 2 gegenüberliegende Wohnhäuser und gemeinsame Scheune und Viehställe. Er wurde von einer Mauer vom Umfeld geschützt. Auf dem Gehöft im Dorf wurden 4 Mietswohnungen ausgebaut, 2 in der östlichen Hälfte des Wohnhauses und 2 im Stall an der Straße. Die Eigentümerin des Gehöftes heiratete den Handwerker Thede. Dieser war ein Zimmermann. Sein Sohn wurde Schuhmacher und führte einen kleinen Laden. Dieser Johann heiratete eine Karoline Gabloffsky aus Tellin. Die Eheleute Thede hatten 2 Töchter, 1860 und 1877 geboren, und schrieben sich nun Theede. Sie erzogen auch die beiden Kinder Ida und Ernst Gabloffsky. Diese waren die Kinder der Schwester der Karoline Theede, die jung verstorben war. Sie blieben bis zu ihrer Einsegnung bei ihrer Tante in Teusin und gingen dann zurück zu ihrem Vater nach Tellin. Im Jahre 1894 erwarb dann nach seiner Heirat Ernst Gabloffsky das kleine Grundstück von seinem Onkel Theede, welcher inzwischen zu seiner verheirateten Tochter verzogen war. Bis zum Jahre 1898 währte noch der Pachtvertrag mit dem Pächter Karl Bobzin, dann zog Ernst Gabloffsky mit seiner Familie nach Teusin. Er begann bald damit, die Wirtschaft zu vergrößern: zuerst Pachtung von 2 Morgen Gemeindeacker, später Schulländereien, danach im Jahre 1907 Erwerb von 20 Morgen Acker und Wiese vom Stegemann´schen Hofe, schließlich 30 Morgen vom früheren Gutsacker. Später kaufte er noch 21 Morgen Acker und Wiese am Strehlower Weg, nach Roidin zu gelegen. Er nahm auch große Um- und Neubauten auf dem Hofe vor, die Mietswohnungen verschwanden wieder, der kleine Laden wurde geschlossen. Das Gehöft war wieder ein Bauernhof geworden. Am 04.05.1895 wurde die Tochter Anna geboren, die sich später verheiratet Werner-Gabloffsky nannte, am 23.02.1906 der Sohn Hans, der spätere Bauer auf dem Hof.
Wie schon erwähnt, ging aus diesem Hof Hiddick der Bauernhof Bohn auf dem Teusiner Ausbau hervor. Er war ursprünglich als Doppelhof angelegt worden. Es ist wohl anzunehmen, daß dieser Ausbau als Folge der Erbauseinandersetzungen entstand, als der Bauer Jürgen Hiddick verstarb. Jürgen Hiddick hatte noch den Pachtvertrag 1795 mit dem Hauptmann von Parsenow ausgehandelt. Bei der Separation 1821 ist er aber schon nicht mehr unter den aufgeführten Bauern. Die Wirtschaft auf dem Hof muß zu dieser Zeit schon in den Händen des ältesten Sohnes gelegen haben, der entweder Christoph oder Johann geheißen haben muß. Wahrscheinlich war es Johann Hiddick, denn in der Volkszählung von 1875 werden 2 Halbbauern genannt, Johann Hiddick und Fritz Hiddick. Sie werden ebenso im Schulregister als Halbbauern aufgeführt. Von der Struktur der Wirtschaft her wäre das auch erklärlich. Der jüngere der beiden Brüder war der 1875 genannte Fritz Hiddick. Er bewohnte das linke, in Richtung Utzedel gelegene Bauernhaus. Ihn hat Frau Annemarie Werner-Gabloffsky noch als Kind erlebt. Der andere Hof war zu dieser Zeit schon andersnamig geworden. Dessen Besitzer war ein Fritz Bohn. Nach seinem Tode erbte Johann Bohn aus Sophienhof diesen Hof. Fritz Hiddick verkaufte in hohem Alter seinen Hof. Die Besitzer wechselten mehrfach, bis dann ein Sohn des verstorbenen Johann Bohn den Hiddick´schen Hof zukaufte. Der gesamte Hof mit ca. 40 Hektar war danach in einer Hand und gehörte zuletzt Hans Bohn als größtem Teusiner Bauern.
Ein Hiddick´scher Hof war auch der Hof Lehmbeck. Letzter Hiddick, der den Hof bewirtschaftet hatte, war der Gastwirt (Kräuger) August Hiddick. Gegen Ende des 1. Weltkrieges wurde der Hof einen Hofbesitzer Schröder verkauft. Von diesem kaufte ihn dann 1928 Heinrich Lehmbeck und betrieb neben der Landwirtschaft, wie sein Vorgänger, auch die Gastwirtschaft.
Der größte bäuerliche Hof in Teusin in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts war, gemessen an der Größe der bewirtschafteten Fläche und der Wirtschaftsgebäude, der Bader´sche Hof, später dann als der Menzelsche Hof genannt. Dieser große Hof war wohl zur Zeit der Separation im Besitz von Friedrich Peters, dem Nachfolger des Freibauern Glause. Glause hatte bekanntlich als Freibauer zwei Höfe in Zeitpacht. Daher sind sicherlich nach dem Brand von 1812 diese großen Wirtschaftsgebäude aufgebaut worden. Peters wurde 1821 aber nur ein Hof überlassen. Zur Zeit der Volkszählung 1875 war dann Bader im Besitz des Hofes. Unklar ist, ob er Nachfolger von Peters war oder vor ihm der Hof noch in anderem Besitz war. Als 1912 der Bauer Paul Bader seinen Hof veräußerte, wurde ein Teusiner neuer Bauer auf dem Hof, Karl Menzel. Daher muß an dieser Stelle, wegen des Verständnisses, die Geschichte des Hofes "im Ecken" , des Schoknecht´schen Hofes, eingeflochten werden.
Dieses Grundstück in der "Ecke" war der Rest eines Großbauernhofes, dessen Besitzer zur Zeit der Durchführung der Separation im Unklaren bleibt. Von den 1795 aufgeführten Bauern könnte es sowohl Düwier als auch Bohn gewesen sein. Da bei der Separation kein Düwier genannt wird, wohl aber 2 Bauern namens Bohn, ist eher anzunehmen, daß der Hof zu dieser Zeit im Besitz von Bohn war.
Der Sohn dieses Bauern "im Ecken" baute sich nach der Separation auf dem abgelegenen, aber sehr gutem Acker am Sanzkower Wald, einen neuen Hof auf. Dabei spielte wohl neben der Separation auch der große Brand 1812 noch eine Rolle. So entstand der hinterste Teusiner Ausbau, der später Dust´scher Hof genannt wurde. In Dust´schem Besitz war der Hof bis nach dem 2. Weltkrieg, wurde aber nur wenige Jahrzehnte vor 1900 und bis in die Zeit nach dem 1. Weltkrieg von den Besitzern selbst bewirtschaftet. Ab 1920 wurde dieser Hof von verschiedenen Pächtern bewirtschaftet, zuletzt bis zum Kriegsende von Wilhelm Schönbeck und nach Kriegsende von Walter Sell.
Beim Grundstück "im Ecken" blieben nur wenige Morgen Acker und Gartenland. Es wurde ein Hof ohne Land und wurde von einem Weber Ernst Menzel erworben. Sein Sohn Karl Menzel erbte es von ihm. Er heiratete eine Tochter des früheren Ziegeleibesitzers Siggelkow. (Diese Ziegelei bestand in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts als Feldziegelei in der Tollensewiese am Roidiner Grenzbach. Reste findet man heute noch bei der Bodenbearbeitung. Vermutlich war der große Brand von 1812 mit Ursache für die Aufnahme dieser Ziegelproduktion.) Der nächste Erbe des Grundstückes war wieder ein Sohn namens Karl, der zudem noch eine Weberei betrieb. Sie muß ziemlich bedeutsam gewesen sein, es wurden 3 Gesellen gehalten. Später wurde auch ein kleiner Kaufladen eingerichtet.
Dieser Weber, Karl Menzel, hatte 4 Kinder: Hedwig, geb, am 28.04. 1888, Toni, geb. am 21.03.1890, Lothar, geb. am 13.08.1893, und Karl, geb. am 16.01.1896. Als 1912 der Bauer Bader seinen Hof veräußerte, kaufte Senior Karl Menzel das große Hofgrundstück mit 80 Morgen Acker. Mit dem übrigen Acker des Bader´schen Hofes wurde die geringe Ackerfläche des Webergrundstückes Menzel so weit vergrößert, daß sie nun 50 Morgen groß wurde. Die Tochter Toni heiratete einen Wilhelm Schoknecht, mit dem sie das elterliche Grundstück als bäuerliche Wirtschaft weiterführte. Nach dem Tode des Webers und Hofbesitzers Karl Menzel erbte dessen Sohn Karl jun. den angekauften Hof, nun schon der Dritte mit dem Namen Karl in ununterbrochener Folge in der Familie Menzel Auch dessen 2.Sohn erhielt nach Tradition wieder den Vornamen Karl, geb. am 05.03.1938.
Auch vom Frank´schen Hofe ist nicht klar, wer dieses Grundstück vor und nach der Separation in Bewirtschaftung bzw. Besitz hatte, es könnte der 2. Bauer namens Bohn, aber auch einer namens Köning gewesen sein. Der Name Frank tauchte erstmals als Halbbauer im Verzeichnis der Volkszählung im Jahre 1875 auf. Im Schülerhauptbuch ist erstmals 1900 der Name Frank aufgeführt. Eingetragen ist die Aufnahme eines Schülers Hermann Frank, geb. am 05.03.1893. Sein Vater war Johann Frank, Bauer in Teusin. Nach Hermann wurden der Familie Johann Frank 1896 eine Tochter Martha und 1901 ein Sohn Erdmann geboren. Erdmann wurde der Hoferbe. Er heiratete eine Tochter des Gastwirtes Lehmbeck und bewirtschaftete den 28 ha großen Hof. Das zum Hof gehörende Wohnhaus wurde wegen Baufälligkeit aufgegeben. Es muß ein sehr altes Gebäude gewesen sein, das durch den Brand 1812 nicht in Mitleidenschaft gezogen wurde. der Bauer Frank baute kein neues Wohnhaus, sondern kaufte das in der Nähe seines Hofes gelegene Haus des Häuslers Ehmke. Der letzte Ehmke, der in Teusin wohnte, hieß Karl und war Bahnarbeiter. Er meldete noch 1889 einen Sohn Emil in der Schule an.
Der Beckmeyer´sche Hof ist der frühere Stegemann´sche Hof. Der Name Stegemann tauchte erstmals in der Aufzählung der Bauern in Teusin auf, die 1795 mit von Parsenow den Pachtvertrag abgeschlossen hatten. Unter den Bauern, die 1821 aufgeführt werden, ist er aber nicht dabei. 50 Jahre später ist der Name Stegemann allerdings wieder unter den Namen der bei der Volkszählung aufgeführten Halbbauern. Im Schülerverzeichnis (geführt ab 1860) ist die erste Eintragung: Stegemann, Hermann, geb. am 05.10.1871, als Sohn des Halbbauern Stegemann. Die letzte Eintragung erfolgte für seinen jüngsten Sohn, August, geb. am 04.10.1884. Der Bauer Stegemann hatte 7 Kinder.
Nach Aussage von Frau A. Werner-Gabloffsky wurde der Stegemann´sche Hof 1907 durch Ackerverkauf verkleinert. Vermutlich wurde zu diesem Zeitpunkt der gesamte Hof verkauft. Nach dem Eigentümer Stegemann muß der Resthof mehrmals den Besitzer gewechselt haben, bevor er dann 1926 von Wilhelm Beckmeyer erworben wurde. Dessen Sohn, Heinrich Beckmeyer, erbte den Hof und bewirtschaftete ihn bis 1960. Er baute in den 50-er Jahren die Scheune neu auf und kaufte von Gottfried Nax beim Verkauf der Molkerei den sogenannten Molkereiacker, der gegenüber der Molkerei lag. Der Bauer Beckmeyer hatte 3 Kinder. Sein Sohn, Heinrich jun., heiratete nach Utzedel und verkaufte das Hofgrundstück, den Acker behielt er in Besitz.
Größere Veränderungen erlebte auch der Hof Wolff. Anfang des 19. Jahrhunderts war er im Besitz der Bauernfamilie Köning und war dem Hauptmann von Parsenow zu Diensten verpflichtet. Zur Zeit der Separartion im Jahre 1821 besaß dieses Bauerngeschlecht in Teusin 2 Höfe, bei der Volkszählung 1875 war aber kein Köning oder Küning mehr unter den in Teusin genannten Bauern oder Eigentümern. Die Bezeichnung Köning´scher Hof hielt sich aber bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts. Das darf zu der Vermutung berechtigen, daß diese Bauernfamilie, ähnlich der der Hiddicks, über einige Generationen in Teusin ansässig war. Nach Wissen und Aussage von Frau Werner-Gabloffsky soll das Land zu dieser Hofstelle einmal das Gut zugekauft haben. Die etwa 200 Morgen Acker und Wiesen , die das Gut 1912 zur Vergrößerung der bäuerlichen Wirtschaften verkaufte, sollen das Land zu diesem früheren Köning´schen Hofe gewesen sein. Das Hofgrundstück mit etwas Ackerland ging bereits 1867 in den Besitz der Familie des Tischlers Wolff über. Wolff kam aus Roidin und betrieb die Tischlerei als Haupterwerb. Erst im 20. Jahrhundert wurde das Hofgrundstück durch umfangreichen Landzukauf wieder zum Bauernhof. Es blieb im Besitz der Familie Wolff.
Die Geschichte des Schönbeck´schen Hofes ist eng verknüpft mit derjenigen der Dorfschmiede. Eine Schmiede wird erstmals gegen Ende des 17. Jahrhunderts durch den Besitzer der Osten´schen Begüterung, von Parsenow, für das Dorf Roidin erwähnt. Für Teusin wird erstmals bei der Separation 1821 von einer Schmiede etwas ausgesagt. Die Aussage bezog sich auf den Besitzanspruch von Maltzahns. Bei der Volkszählung 1875 verfügt Teusin über einen Schmied namens Zwar. Dieser muß zu diesem Zeitpunkt bereits seit Jahren sein Handwerk in Teusin ausgeübt haben. Im Schülerverzeichnis der Schule wurden seine 1864, 1866 und 1869 geborenen Söhne Hermann, Franz und Albert eingetragen. Von diesen übernahm Franz die Schmiede. Er verzog 1907 nach Völschow, nachdem die Schmiede durch Verkauf in den Besitz von Schmiedemeister Ernst Schönbeck gelangt war.
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Zur Entwicklung der Schulen in den Dörfern Teusin und Roidin
Ludewig Wilhelm Brüggemann erwähnt in seiner "Ausführlichen Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes des Königlich Preußischen Herzogthums Vor- und Hinterpommern" (1779) für die beiden Dörfer je 1 Schulmeister. Dies waren für Teusin Johann Jacob Krause und für Roidin Johann Wichmann Görsch. Um über die Art und Weise des Schulunterrichts in der 2.Hälfte des 18. Jahrhunderts Einblick zu erhalten, bietet sich folgender Abschnitt aus der "Geschichte der Leibeigenschaft in Pommern" von Ernst Moritz Arndt an.
"Mit dem Unterricht derselben sieht es noch immer sehr kläglich aus, wie in den meisten Landen leider, weil die Humanität unseres Zeitalters mehr für den Schein als für die Wirksamkeit ist. Die Unterhaltungskosten eines Regiments Dragoner wären gewiß hinreichend, um wenigstens 1500 tüchtige Dorfschulmeister davon zu besolden. Aber wann wird man um eines solchen Zweckes willen ein Regiment Dragoner einziehen? In den meisten Kirchspielen versehen die Küster (Kirchendiener), von anderen Geschäften abberufen, auch den Schullehrerdienst. Hier und da sind Schulmeister angestellt, aber meistens untaugliche und verkümmerte Leute, die eine Wohnung, die Weidefreiheit und Ausfütterung einer Kuh, einen Garten, ein paar Fuder Hoilz oder Torf und einige kleinere Geldemolumente nur annehmen, weil sie nichts anderes in der Welt mehr können, oder weil sie ein Handwerk, das gewöhnlich ihre Hauptsache bleibt, dabei noch bequemer zu treiben hoffen. Was darf man von solchen Leuten erwarten, besonders da wegen Armuth oder weil es an Unterstützung fehlt, die Kinder meistens den ganzen Sommer aus der Schule wegbleiben, auch wegen Mangel an Leuten gewöhnlich früh aufhören, sie überall zu besuchen."
Soweit Ernst-Moritz Arndt.
Daß es auch in unseren Dörfern Teusin und Roidin so war und über viele Jahrzehnte so blieb, das ist den folgenden Angaben aus den Unterlagen im Kirchenarchiv der Kirche in Sanzkow zu entnehmen. Darin finden sich auch Aussagen über die 1779 bei Brüggemann genannten Schulmeister.
Über Johann Jacob Krause wird ausgesagt, daß er 1726 geboren und von Beruf Schneider ist. Seit 1771 sei er im Schulamt, das er mittelmäßig verwalte. Er lehre die Kinder das Lesen, habe aber bei geringen Fähigkeiten weiter keine Geschicklichkeiten. Böses sei von ihm nicht bekannt. Aus den Kirchenakten geht auch hervor, daß er verheiratet war und mehrere Kinder hatte. Auch 1790 war er noch im Dienst, aber schon zu alt und schwach zum Unterricht. Im Jahr darauf verstarb er.
Sein Vorgänger war ein Michael Christoph Krumhusen.Dieser wird schon im Jahr 1757 als Lehrer in Teusin erwähnt. Nach dem Tod seiner Frau Catharina Elisabeth Kophamel 1769 gab er das Schulamt auf. Vor Krumhusen ist in Teusin als Schulmeister ein Andreas Ludwig bekannt. Nachfolger von J.J. Krause wurde im Jahr 1790 Joachim Friedrich Krienke, geb. 1766. Er heiratete die Tochter seines Vorgängers, die um 1769 geborene Dorothea Krause. Von Beruf ist Krienke ebenfalls Schneider. Seine Amtstüchtigkeit wird im Sanzkower Kirchenarchiv lobend erwähnt.Er lehre recht gut das Lesen und pünktlich Auswendiglernen. 1816/1817 hatte er nur 13 SChüler in der Schule, die alle lesen können, 6 schreiben, ein Kind rechnet. Von den kleinen Leuten erhält er 18 Groschen Schulgeld. Die KInder der Bauern zahlen nichts. Für den Unterricht bestellen die Bauern als Entschädigung den Dienstacker des Lehrers. 1822 hatte allerdings 44 Taler Gehalt. Über seinen Lebenswandel war nur Gutes bekannt. Er starb im hohen Alter am 13.01.1857.
Auch der von Brüggemann für Roidin genannte Schulmeister Johann Wichmann Görsch war von Beruf Schneider. Er war 1721 geboren und seit 1756 als Schulhalter im Amt. Aus dem Kirchenarchiv geht hervor, daß er das nötige Geschick habe, die Schule gehörig abwarte und einen ordentlichen Lebenswandel führe. 1787 konnte er wegen seines Alters nur noch wenig ausrichten. Die Schulstelle in Roidin galt als die schlechteste im ganzen Umkreis und ihre Stelleninhaber klagten alle darüber, daß ihr Schulpatron gar kein Verständnis für die Belange der Schule aufbringe. Auch das Schulhaus Roidin machte von allen Schulhäusern des Kreises den traurigsten Eindruck. Es war eine Katenwohnung mit Stallfenstern und -türen. Die Schullehrer auf dieser Stelle wechselten daher auch sehr oft und waren meist nur kurze Zeit im Amt an dieser Schule. Dies wird in folgender Übersicht ersichtlich.
Schulstelle von/bis | Schullehrer | Dauer des Amtes |
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1756 bis 1805 | Johann Wichmann Görsch | 49 Jahre |
1805 bis 1847 | Johann Michel Kühn | 42 Jahre |
1847 bis 1855 | Johann Wöllert | 8 Jahre |
1855 bis 1881 | Carl Ludwig Giese | 26 Jahre |
1881 bis 1888 | Christian Ellmer | 7 Jahre |
1888 bis 1889 | Lehrer Paul | 1 Jahr |
1889 bis 1895 | Lehrer Schmidt | 6 Jahre |
1896 bis 1904 | Johannes Eder | 8 Jahre |
1904 bis 1909 | Lehrer Brendemühl | 5 Jahre |
1909 bis 1910 | Karl Friedrich Hoppenrath | 1 Jahr |
1910 bis 1911 | Ernst Luhde | 1 Jahr |
1911 bis 1914 | Lehrer Krach | 3 Jahre |
1919 bis 1924 | Arthur Ahrens | 5 Jahre |
1924 bis 1928 | Franz Friedrich Dittmann | 4 Jahre |
1928 bis 1931 | Lehrer Potengowski | 3 Jahre |
Ab dem 1.November 1931 wurden alle Roidiner Kinder in Teusin unterrichtet.
Zeit der Tätigkeit | Schullehrer | Dienstjahre |
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1757 bis 1771 | Michael Christ Krumhusen | 14 Jahre |
1771 bis 1790 | Johann Jacob Krause | 19 Jahre |
1790 bis 1828 | Johann Friedrich Krienke | 38 Jahre |
1828 bis 1868 | Johann Vollrath Peters | 40 Jahre |
1868 bis 1890 | Johann Gottfried Krause | 22 Jahre |
1890 bis 1891 | Lehrer Donath | 1 Jahr |
1891 bis 1910 | Lehrer Grape | 19 Jahre |
1910 bis 1924 | August Schwenke | 14 Jahre |
1924 bis 1940 | Arthur Ahrens, Dr. | 16 Jahre |
1941 bis 1945 | Gustav Kappis | 4 Jahre |
Im Jahre 1828 wird über beide Schulen berichtet: Toisin
- Zur Schulgemeinde gehört nur das Dorf Teusin, jedoch besuchen auch die erwachsenen Kinder aus Roidin die hiesige Schule. Zu Teusin sind 5 Bauern, 3 Büdner, keine Kossäthen, 27 Instleute, kein Müller, kein Schmied
- Die Anzahl der schulpflichtigen Kinder ist 35, nämnlich 21 Knaben und 14 Mädchen. Von den Kindern lernen 18 Schreiben, alle Rechnen. Die Aufnahme neuer Kinder geschieht zweimal im Jahr. Die Entlassung aus der Schule findet gewöhnlich bei der Einsegnung statt.
- Die Winterschule dauert von Michaeli (29.9.) bis Ostern, die Sommerschule nimmt 8 Tage nach Ostern ihren Anfang und wird in 18 Wochenstunden bis Michaeli fortgesetzt. Schulbesuch ist im Winter regelmäßig, im Sommer sehr wenig. Versäumnislisten werden im Schultagebuch geführt.
- Ein Schulvorstand besteht nur dem Namen nach. (Vorsitzender und 2 Mitglieder) Sie nahmen sich der Schule gar nicht an und haben sich in der vergangenen Zeit mehrmals verfeindet. 1828 wird deshalb ihre Entlassung und Einsetzung eines neuen Schulvorstandes angetragen.
- Das Schulgeld wurde bisher von dem Lehrer selbst wöchentlich erhoben. Das Bestreben geht jedoch dahin, daß das Schulgeld nach gleichen Sätzen eingeführt und im Ganzen erhoben werden soll. Von dem Schulgelde fließt nichts zur Schulkasse. Die Schulkasse hatte einen Bestand von 12 Talern, von denen einige Schiefertafeln gekauft werden sollen.
- Ein Schulhaus ist vorhanden und in baulichem Stande. Es ist im Jahre 1805 neu erbaut worden. Eine besondere Schulstube ist darin, sie ist 14 Fuß lang und 12 Fuß breit. Es war der Raum für 35 Kinder kaum geräumig und auch nicht hell genug. (Anm.: Das mit Rohr gedeckte Dach des Fachwerkhauses konnte man fast mit der Hand erreichen. Nur über der Tür und dem Tor zum Stall war die Dachtraufe erhöht. Wohnung, Schulstube und Stall des Lehrers waren unter einem Dach.)
- Tisch und Bänke gehören bis auf 2 dem Lehrer, sie sind mangelhaft beschaffen und hintereinander aufgestellt. Eine schwarze Wandtafel ist nicht da. Die Schule besitzt weder Schiefertafeln noch Bücher.
- Bei der Schule ist ein Schulgarten, 80 Quadratruten groß, und darin eine verwilderte Baumschule. Der Lehrer befleißigte sich früher der Baumzucht. Bienenzucht treibt er nicht.
- Die vierteljährlichen Schulprüfungen sind wegen steter Kränklichkeit des alten und schwachen Lehrers nicht mehr regelmäßig gehalten worden. Die jährliche öffentliche Schulprüfung wurde im letzten September in der Schule und tags darauf in der Kirche gehalten und fiel im ganzen ziemlich gut aus. Die Gemeinde bewies ungenügende Teilnahme.
Über die Schule in Roidin wird 1828 berichtet:
- Zur Schulgemeinde gehört nur das Dorf Roidin, und zwar keine Bauern, 1 Büdner, keine Kossäthen, 25 Instleute, 1 Müller, kein Schmied.
- Der Schullehrer heißt Johann Michael Kühn und ist nicht zugleich Küster.
- Die Anzahzl der schulpflichtigen Kinder ist 32, nämlich 14 Knaben und 18 Mädchen. Von den Kindern lernen 11 Schreiben und keines Rechnen, weil der Schullehrer selbst nicht rechnen kann. Die Aufnahme neuer Kinder ist einmal im Jahr, die Entlassung bei der Einsegnung.
- Die Winterschule wird von Michaeli bis Ostern gehalten, Sommerschule ist früher nicht gehalten worden, in diesem Sommer ein Anfang mit 8 Wochenstunden gemacht. Es haben sich aber nur 4 Kinder eingefunden. Der Schulbesuch ist im Winter ziemlich regelmäßig. Das Schulgeld wird vom Lehrer selbst erhoben.
- Ein Schulhaus ist vorhanden und in gutem Zustande, es wurde im Jahre 1827 gebaut. Eine besondere Schulstube ist darin, 18 Fuß lang und 12 Fuß breit, also für 32 Kinder geräumig genug und hinlänglich hell. Tische und Bänke gehören dem Schullehrer, sie sind von ziemlich guter Beschaffenheit. Wandtafel ist keine da. Die Schule besitzt keine Schiefertafeln, eine Bibel ist für arme Kinder da. Beim Schulhause ist ein Garten von 30 Quadratruten, darin eine kleine Baumschule. Der Lehrer befleißigte sich der Baumzucht mit Erfolg und trieb auch Bienenzucht.
- Der Lehrer ist jetzt alt und stumm und für den Unterricht nicht mehr zuträglich. der ganze Unterricht beschränkt sich auf Lesen, notdürftig Schreiben und Auswendiglernen des Katechismus. Letzteres wird wöchentlich hergefragt, soweit die KInder auswendig gelernt haben. Die jährliche öffentliche Prüfung wurde im September gehalten und fiel ziemlich gut aus. Die Gemeinde bewies wenig Teilnahme. Es ist kein Lehrstundenplan beigebracht, weil wegen gänzlicher Unfähigkeit des Lehrers, der noch dazu stark stottert, mit den Kindern weiter nichts getrieben werden kann, als was oben angegeben ist.
Die nächsten Nachrichten über beide Schulen liegen aus dem Jahre 1840 vor. Darin wird festgestellt: Die Patronatsrechte übt während der gegenwärtigen Administration des Gutes (Verwaltung, weil Rechtsstreit zwischen v. Parsenow und v. Maltzahn besteht) das königliche Oberlandesgericht zu Stettin aus und in seinem Auftrage der Syndicus (ständiger Bearbeiter der Rechtsangelegenheiten) Hedemann zu Demmin.
Zur Schulgemeinde Toisin gehört das ritterschaftliche Dorf mit 5 Bauern, 4 Hauseigentümern, 13 Handwerkern und 15 Tagelöhnern. Außerdem gehören dazu die größeren Kinder aus Roidin, von denen aber zur Zeit keine die Schule in Toisin besuchen. Die Zahl sämtlicher zur Schulgemeinde gehörigen Hausväter ist 39. Schulpflichtige Kinder sind 39 (21 Knaben und 18 Mädchen). Inhaber der Stelle ist seit Michaeli 1828 der Schullehrer Peters. Er ist von der königlichen Regierung bestätigt. (Anmerkung: Peters war Lehrer mit Vokation (Berufung in sein Amt) und hat eine spezielle Ausbildung von 1826 bis 1828 in Greifswald auf dem Lehrerseminar erhalten.
Zur Schulgemeinde Roidin gehört das ritterschaftliche Gut Roidin mit 1 Müller, 1 Krüger, 5 Handwerkern und 16 Tagelöhnern. Die Zahl der schulpflichtigen Kinder beträgt 38. Inhaber der Stelle ist der Schullehrer Johann Kühn. (Siehe auch "Der vielgereiste Magister Kühn".)
Mitte des Jahrhunderts verbesserten sich die materiellen Bedingungen für das Lernen, wie den Inventarverzeichnissen zu entnehmen ist. Für die Schule in Toisin wird 1853 folgendes Eigentum angegeben:
- 9 Schultische und -bänke
- 1 schwarze Tafel (Wandtafel)
- 1 Gerüst zum Einschieben der Wandvorschriften
- Lutters (Anm.: Luthers) Leben und Schriften - Jubelfestbüchlein auf 1830
- 6 biblische Geschichten für Schulen
- Vorlegeblätter zum Schönschreiben
- 1 Wandfibel in 16 Tafeln
- die Hirschberger Bibel
1856 ist der Lehrer im Besitz einiger Bücher, vor allem Religionsbücher. Auch für die Schüler sind Handfibeln und Rechenhefte vorhanden.
1857 wird im Inventar eine Schulglocke erwähnt.
Aus dem Jahre 1855 liegt für die Schule in Teusin ein Stundenplan vor, danach wurde in 3 Stufen von 8 bis 11 und von 13 bis 16 Uhr unterrichtet. Der Sonnabend war frei.
Vom Januar 1857 ab mußte der Lehrer monatlich an den Pastor einen Nachweis der Schulversäumnisse einreichen und über die Bestrafung der betreffenden Familien durch die Ortspolizeibehörde, also durch den Dorfschulzen, berichten. Aus dem Schriftwechsel zwischen dem Lehrer und dem Pastor geht hervor, daß es nicht nur einzelne Familien waren, die aus Armut auf die Mitarveit der Kinder angewiesen waren, sie zur Betreuung der kleineren Geschwister benötigten oder aus anderen Gründen vom Schulbesuch abhalten mußten. Besonders arm muß der Kuhhirte Wascher gewesen sein, er war beim Schulzen Hiddick im Dienst, und seine Kinder waren nur selten in der Schule anwesend. Von 3 größeren Jungen mußte immer einer abwechselnd die Kühe hüten helfen. Außerdem hüteten die Jungen bei der Gutsherrschaft die Schweine - mit 9 Jahren.
Stundenplan 1855 - Schule Toisin
Die Kinder begannen ihre Schulzeit in der Stufe III und konnten dann bis in die Stufe I aufsteigen, in der sie die Schulzeit mit der Einsegnung beendeten.
Zeit | Montag | Dienstag | Mittwoch | Donnerstag | Freitag |
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8.00 - 9.00 Uhr | I Evangeliumslehre
II Zuhören III Zuhören |
I Bibellesen
II Katechismus überlesen |
Religion und Katechismus
II/ III Zahlen schreiben |
I Bibellesen
II/ III Katechismus überlesen |
I Religion und Katechsimus
II/III Katechismus |
9.00 - 10.00 Uhr | I Schreiben
II/III Wochenspruch und Liederverse |
I Religion
II Katechismus hersagen III Zahlenschreiben |
I Rechnen
II Einmaleins III Kopfrechnen |
I Religion
II Katechismus hersagen III Zahlenschreiben |
I/ II Tafelrechnen
III Katechismus hersagen |
10.00 - 11.00 Uhr | I Tafelrechnen
II/ III Zahlenlehre und Einmaleins |
I Tafelrechnen
II/III Lesen und Buchstabieren |
I/II/III Zahlenlesen | I/II Lesen der Weltgeschichte mit Hinweisen in der Vaterländischen Geschichte
III Zeichnen |
I Bibellesen mit Karte von Palästina
II/III Zeichnen |
1.00 - 2.00 Uhr | I Epistel lesen
II/III Buchstabieren |
I Biblische Geschichte
II/III Lesen und Buchstabieren |
I Bibelkunde
II/III Schreiben |
I Bibellesen
II/III Lesen und Buchstabieren |
I Biblische Geschichte
II/III Zahlen schreiben |
2.00 - 3.00 Uhr | I Schreiben
II/III Buchstabieren |
I Diktierschreiben
II/III Lesen und Buchstabieren |
I/II/III Kopfrechnen | I Diktierschreiben
II/III Lesen und Buchstabieren |
I Schönschreibven
II/III Kopfrechnen |
3.00 -4.00 Uhr | I/II Singen nach Ziffern
III Schreiben |
I Vorlesen und Nachsehen des Gechriebenen
II/III Schreiben |
wie Dienstag | wie Dienstag und Mittwoch | I/II/III Singen nach dem Gehör |
Über die Einkommensverhältnisse der Schullehrer sagen die Archivmaterialien aus:
1840 hat der Lehrer Kühn in Roidin folgendes Einkommen:
1. Bareinnahmen: Schulgeld nach getroffener Vereinbarung (keine Angaben über Höhe und Umfang)
2. Naturalien: 8 Scheffel Roggen, 56 Quadratruten Gartenland, 3 Morgen Wiese, 4 Fuder Wadelholz (Erlen und Weiden unausgeästet in voller Läönge geladen), 12 000 Soden Torf frei gestochen, Land zu 2 Vierteln Lein, 45 Quadratruten Kartoffelland, Weidefreiheit für 2 Kühe, Weidefreiheit für 2 Gänse mit Nachzucht, freie Abfuhr von Holz, Torf und Heu, freie Wohnung
Sein Nachfolger, Lehrer Wöllert, kommt 1853 um eine Erhöhung seines Einkommens ein. Der Baron von Maltzahn als Schulpatron ist dagegen, aber schließlich unter gewissen Bedingungen einverstanden. Diese gehen aus einem Schreiben des Barons an den Lehrer Wöllert hervor: " Der Lehrer Wöllert übernimmt die Verpflichtung, in der Kirche zu Roidin alle 14 Tage und an solchen Festtagen, an denen in Roidin nicht gepredigt wird, eine Predigt vorzulesen. Die Übernahme dieses kleinen Geschäftes ist für ihn selbst heilsam, weil er dadurch einen Antrieb zu seiner Fortbildung erhält, und es muß ihm angenehm sein, dadurch noch ein weiteres Mittel zu gewinnen, eine moralische Einwirkung auf die Gemeinde und mit derselben durch sie auf seine Schuljugend auszuüben. Ob es ihm gelingen werde, sich das Wohlwollen seines Patrons und Gutsherren in solchem Grade zu erwerben und zu erhalten, daß ihm für seine leibliche Richtung noch weitere Vorteile gewährt werden, bleibt seinem verständlichen Verhalten überlassen."
Daß der Lehrer Wöllert auf diese erniedrigenden Bedingungen einging, war wohl nicht der Fall, denn am 19. November 1855 übernahm Carl Ludwig Giese als Schullehrer die Stelle in Roidin. Er stammte aus Sarow und konnte wegen seiner geringen Kenntnisse nur interrimistisch, zunächst für 2 Jahre, angestellt werden. Nach Ablauf dieser Zeit sollte er beweisen, ob eine feste Anstellung möglich wird.
Berichte des Pastors an den Kreisschulrat besagen aber, daß große Fortschritte ausblieben. 1858 wurde ihm auf Grund seines fortgeschrittenen Alters, der geringen Einnahmen und des guten Zeugnisses von Seiten des Pastors die Prüfung erlassen und die feste Anstellung bewilligt. Auch nach der schließlich erfolgten Vereinigung der Lehrerstelle mit der Küsterstelle lag das Einkommen des Roidiner Lehrers weit unter dem Einkommen der benachbarten Schulstellen, so daß 1870 durch die Königliche Regierung zu Stettin ein Termin zur Verbesserung der Einkommensverhältnisse angesetzt wurde. Durch diesen Termin sollte das Einkommen auf den Mindestbetrag von 150 Gulden erhöht werden. Daran fehlten 15 Gulden, die durch Hausväter und den Patron aufgebracht werden sollten. Ob dies auch erfolgte, ist aus den Unterlagen nicht zu ersehen. Der Lehrer Giese starb am 13. März 1881. Am 1. Oktober 1881 trat der Lehrer Christian Ellmer den Dienst an, also erst zur Winterschule. Baron von Maltzahn mußte ihm wohl gar nicht gewogen sein, denn von Anbeginn an kam es zwischen dem Lehrer Ellmer und dem Baron wiederholt zu Meinungsverschiedenheiten wegen Forderungen, die der Lehrer stellte, die der Baron aber nicht befriedigen wollte. So ließ der Baron den Torf für den Lehrer erst zum Herbst anfahren, wenn er nur noch 1/3 brauchbar war. Holz lieferte er auch nur in schlechter Qualität und zu wenig. Dem Bau eines Federviehstalles widersetzte er sich hartnäckig. Aus diesen Streitigkeiten erwuchs für den Lehrer Ellmer die Notwendigkeit der Kündigung, da seine vorgesetzte Stelle, also der Pastor zu Sanzkow, für den Baron Partei ergriff. Lehrer Ellmer verließ am 1. November 1888 die Stelle. Seine Nachfolger wechselten dann in rascher Folge (siehe Aufstellung).
Die Lage des Schullehrers in Teusin war etwas besser. Doch auch er war nicht zu beneiden, da mit dieser Stelle kein Küsterdienst verbunden war und die Einkünfte entsprechend geringer ausfielen.
Im Jahre 1840 werden die Einkünfte des Lehrers Peters bei einer Visitation wie folgt angegeben: Die Einkünfte setzen sich aus der Naturalnutzung, aus dem Gehalt und festen baren Einkünften sowie anderen Einkünften im Verhältnis 70 : 5 : 25 zusammen. Im Jahre 1861 ist Lehrer Peters noch auf der Schulstelle in Teusin und seine Einkünfte werden genauer angegeben:
- Schulgeld von 42 Kindern
- 75 Quadratruten Gartenland
- 11 Morgen Acker, 6 Morgen Wiese, 18 Morgen Weide
- 4 vierspännige Fuhren Wadelholz und 12 000 Soden Torf
- unentgeltliche Bestellung des Ackers und Dungabfuhr, freie Anfuhr des Brennmaterials, freie Wohnung und Stallung
In dieser Zeit erhielt der Lehrer auf Grund seines Alters jährlich eine außerordentliche Unterstützung in Geld durch die Regierung.
Aber auch der Lehrer Peters hatte seine Sorgen und Schwierigkeiten. Er mußte sich seine Einkünfte von den bäuerlichen Wirten in Teusin oftmals regelrecht erzwingen oder einklagen. Das betraf besonders die unentgeltliche Bestellung seines Ackers und die Fuhrleistungen, zu denen die Bauern verpflichtet waren, aber nicht leisten wollten. Eine Urkunde aus dem Jahre 1850 besagt, daß die Königliche Regierung zu Stettin das Verlangen der bäuerlichen Wirte nach Bezahlung der Dungfuhren zurückweist und anordnet, daß die Dungabfuhr in ausreichendem Maße, und zwar unentgeltlich, zu geschehen habe. Zehn Jahre später, 1860, klagte Lehrer Peters wiederum wegen des alten Streitobjektes "Bestellung des Schulackers" gegen die Bauern. Dabei wurde für den 20. März der Termin angesetzt, an dem die Gemeinde durch 5 Deputierte- 3 angesessene und 2 nicht angesessene- vertreten sein sollte. Das Ergebnis geht aus dem Schreiben der Königlichen Regierung zu Stettin vom 13. April 1860 hervor. Es lautet: "Wie Ew. Hochwürden bereits bekannt geworden, haben es die bäuerlichen Wirte zu Teusin abgelehnt, im gütlichen Wege dem Schullehrer daselbst eine Entschädigung für die ihnen obliegende unentgeltliche Bestellung des Schulackers und Anfuhr des Brennholztes gegen Wegfall dieser Naturalleistungen zu gewähren. Unter diesen Umständen sind wir zwar geneigt, dem Lehrerantrag auf Ablösung dieser Reallasten, d.h. auf Umwandlung derselben in Roggenrente, stattzugeben, wir können aber, wie wir Ew. Hochwürden bereits eröffnet haben, den gegenwärtigen Zeitpunkt nicht für geeignet zur Anbringung einer solchen Votation halten, weil die bei dem Ablösungsverfahren zur Anwendung kommenden Normalpreise für die betreffenden Dienste sehr niedrig festgesetzt, die 24-jährigen Roggenpreise dagegen jetzt verhältnismäßig hoch sind. Es ist daher erst die Revision der Normalpreise abzuwarten und mag der Antrag auf Ablösung bei uns wiederholt werden. "
Im Verlauf der Streitsache Bauern - Schule machte der Lehrer eine Aufstellung, aus der folgendes über die Ländereien der Schule ersichtlich ist:
- eine Tollensewiese von 6 Morgen
- 18 Morgen Weide am Damme zur Tollense (2 Teile davon als Wiese und Länderei genutzt)
- 11 Morgen Acker an der Grenze zu Utzedel
Der Acker wurde unentgeltlich von den bäuerlichen Eigentümern bestellt, er lag in 4 gleiche Schläge eingeteilt und wurde in 8 Teilen bestellt.
- Schlag - Roggen zu 4 Scheffeln Aussaat - 4 bis 5 vierspännige Wagen
- Schlag - halb Gerste und halb Kartoffeln - 4 bis 6 vierspännige Wagen
- Schlag - halb Sommerroggen und halb Hafer - 4 bis 5 vierspännige Wagen
- Schlag - halb Klee, Erbsen und Flachs - 4 bis 6 vierspännige Wagen
d.h. gesamt 16 bis 18 Fuder
- Dungfuhren (nach 10-jähriger Berechnung) jährlich 30 bis 35.
Lehrer Peters hatte in 30 Jahren etwa 1000 Fuhren Dung abgefahren. 1867 werden als Ertragswert der Ländereien der Schule 45 bis 46 Taler angegeben. Am 14. April 1864 schien der Streit der Bauern und dem Schullehrer ein Ende gefunden zu haben, denn an diesem Tage teilte die Königliche Generalkommission für Pommern dem Vertreter der Schule, Herrn Pastor Loholm, folgendes mit:
" In Kraft der Publikation benachrichtigen wir Sie, daß der Rezeß über die Umwandlung der Verpflichtung der bäuerlichen Wirte zu Teusin zur unentgeltlichen Bestellung des Schulackers und zur Anfuhr des Brennmaterials für den Schullehrer in eine Roggenrente heute unsere Bestätigung erhalten hat."
Auch mit der Gutsherrschaft hatte Lehrer Peters seine Sorgen wegen mehrerer Dienstverpflichtungen, die er am 1. Mai 1861 anmahnte. Am 1. Juli 1861 erhielt er Antwort, daß der Gutspächter Riedel zu Teusin sich bereit erklärt, dem Lehrer die ihm zustehenden 12 000 Stück Torf unentgeltlich stechen zu lassen sowie die 4 Fuder Wadelholz durch Bargeld zu ersetzen.
1876 wird erstmals das Einkommen des Lehrers in Geldwerten angegeben. Danach betrug das Einkommen des Lehrers bei freier Wohnung und Feuerung 632,50 Mark. Davon:
- Garten - 9,75 Mark
- Acker - 150,00 Mark
- Wiesen - 84,00 Mark
- Weide - 216,00 Mark
- Roggenrente - 72,75 Mark
- Schulgeld - 100,00 Mark
Pro Schulkind wurde jährlich ein Betrag von 0,75 Mark an Schulgeld eingezogen. Das änderte sich ab dem 1. Oktober 1888. Außer von Kindern, die nicht innerhalb des Schulbezirks einheimisch waren, durfte kein Schulgeld mehr erhoben werden. Der vom Lehrereinkommen dadurch entfallende Betrag wurde danach aus der Schulkasse bezahlt, die wiederum das Geld aus der Regierungshauptkasse überwiesen bekam. 1888 waren es 374,00 Mark, die der Lehrer aus der Schulkasse erhielt. Im Vergleich zu 1876 hatte sich sein Gesamteinkommen um 88 Mark erhöht.
Erhöhungen des Lehrereinkommens waren oft an zusätzliche Pflichten gebunden. 1878 wurde eine Staatsbeihilfe in Höhe von 96,00 Mark nur unter der Bedingung gewährt, daß die Frau des Lehrers den weiblichen Handarbeitsunterricht übernimmt. Die Frau des Lehrers Krause war dazu wohl nicht bereit, denn ab 1879 erhielt der Lehrer wieder nur 36 Mark Staatsbeihilfe.
1890 erhöhte sich das Einkommen des Lehrers aus der Regierungshauptkasse auf 402,00 Mark. Darin enthalten waren 100 Mark Schulgeld, 88 Mark Umlage (dadurch Entlastung der bäuerlichen Wirte), bisherige Staatsbeihilfe von 36 Mark, Handarbeitsunterricht von 60 Mark, 45 Mark für Feuerung, 72,75 Mark Ersatz für die Roggenrente. Das Gesamteinkommen der Schulstelle betrug 1890 insgesamt 861,50 Mark.
Daß die Berechnungen genauestens kontrolliert wurden bezeugt eine Forderung von 1891 seitens der Königlichen Regierung an die Gemeinde, den zu viel gezahlten Betrag von 25 Pfennig zurückzuerstatten.
Bis 1890 bewirtschafteten die Schullehrer in Teusin ihre Schulländereien selbst. Von diesem Zeitpunkt ab wurden dieselben dann aber verpachtet. Der Lehrer fungierte als Pachtherr und nahm 571 Mark an Pacht ein.
Der Lehrer Peters hatte seit 1828 die Schule in Teusin geführt, bat aber nach 40 Jahren, also 1868 um seine Emeritierung (Versetzung in den Ruhestand), da er noch vor dem Winter zu seinen Kindern nach Amerika reisen wollte. Ein umfangreicher Schriftwechsel zeigt, wie schwierig eine solche Versetzung war.
So wurde zuerst die Gemeinde befragt, ob sie mit der Emeritierung einverstanden und auch bereit dazu ist, das Emeritierungsgeld beizusteuern. Als nächster Schritt galt die Suche nach dem Nachfolger. Um die Schulstelle in Teusin bewarben sich Martin Böcker (Hauslehrer der Maltzahns aus Roidin), Johann Gottfried Krause (Lehrer in Caslin) und Lehrer Genzel aus Krukow (vorgeschlagen durch den Vormund der Patronatsherrn). Am 8. Juli 1868 fand sich der Lehrer Genzel zur Lehrprobe ein, die vor dem Orts- und Schulvorstand in der Schulstube abgehalten werden mußte. Sie fiel befriedigend aus, so daß Genzel die Nachfolge von Peters antreten sollte. Aus unbekannten Gründen trat dieser davon zurück. Nun wurde Lehrer Krause aus Caslin zum Schulleiter in Teusin berufen. Der Lehrer Peters wanderte am 9. August 1868 nach Amerika aus, nachdem er bis Michaelis für seine Vetretung gesorgt und auf sein Emeritendrittel für immer verzichtet hatte. Peters sollte aber von seinem Nachfolger 100 Gulden ausgezahlt bekommen, was dieser jedoch nicht aufbringen konnte. Er schlug Peters daher vor, den diesjährigen Einschnitt von den Schulländereien zu verkaufen. Darauf ging Peters ein und Stroh, Korn und Heu wurden bereits vor der Ernte verkauft. Am 5. Oktober übersiedelte Lehrer Krause nach Teusin und wurde am 7.Oktober durch den Pastor in sein Amt eingeführt. In Gegenwart des Orts- und Schulvorstandes verpflichtete er sich durch Handschlag zu treuer Verwaltung seines Amtes. Dabei wurde ihm die Anstellungsurkunde überreicht. Den Diensteid hatte er bereits bei seiner Stelle in Caslin abgelegt.
Wie sehr die Schullehrer zur damaligen Zeit um ihre Einkünfte streiten mußten, zeigt auch das Beispiel des Lehrers Donath, der dem Lehrer Krause im Jahre 1890 nach 22 Jahren nachfolgte. Donath hatte Schwierigkeiten mit der Brennmaterialbeschaffung. Das Gelieferte reichte für den Bedarf nicht aus. Er beantragte deshalb bei der Königlichen Regierung zu Stettin, ihm neben dem vom Gut zu liefernden Brennmaterial 50 Mark zu zahlen, bzw. 1800 Stück Torf einem Meter Klobenholz gleichzusetzen. Dieser Antrag wurde abgelehnt.
Lehrer Donath beschwerte sich daraufhin mit dem Hinweis, daß die Heizkraft des Teusiner Torfs nur gering sei. Die Regierung verlangte ein Gutachten vom Gemeindevorsteher und mußte daraufhin ihre vorher getane Festsetzung abändern. Dem Lehrer standen nun 18 Raummeter Klobenholz zur Beheizung seiner Wohnung und zum Wirtschaftsgebrauch zu. Dazu lieferte das Gut 6000 Stück Torf und 2 Fuder Streuholz, beides im Werte von 8 rm (Raummeter). Das fehlende Klobenholz im Werte von 10 rm konnte die Gemeinde dem Lehrer als Holz oder 10000 Stück Torf anliefern.
Der Lehrer Donath setzte sich auch in einem anderen Beispiel für die Verbesserung der Schulbedingungen ein. Er richtete eine Beschwerde an die Schulaufsichtsbehörde, weil an der Schule keine Aborte für die Kinder vorhanden waren und die Kinder ihre Bedürfnisse an der Straße verrichten mußten. Im Januar 1890 wurde dem Lehrer Donath durch die Königliche Regierung ein ernster Verweis erteilt, weil er seine Befugnisse überschritten habe und in seiner schriftlichen Rechtfertigung unsachlich und unziemlich geworden sei.
Die Sachlage war Folgende: Die Handarbeitslehrerin war in ihrer Unterrichtserteilung unregelmäßig. Donath versuchte, dies durch eigene Anordnungen zu beseitigen. Der Ortsschulinspektor (Pastor und Freund der Lehrerin) machte Meldung, so daß dem Lehrer eröffnet wurde, es bleibe ihm überlassen, ob er um seine Versetzung einkomme. Er könne aber nur auf eine Stelle des Königlichen Patronats rechnen, wenn er nicht nur im Schuldienst seine Schuldigkeit tue, sondern sich auch seinen Vorgesetzten gegenüber und außer dem Amte sich untadelig verhalte. Lehrer Donath beantragte also schon nach einem Jahr seine Versetzung, die genehmigt wurde. Als sein Nachfolger wurde der Lehrer Grape durch den Gutsherrn berufen.
Herrn Siegfried Arndt, viele Jahrzehnte als Lehrer in Utzedel, später bis 1990 in Hohenmocker/ Tentzerow tätig und der Heimatgeschichte sehr verbunden, verdanken wir neben der Mithilfe bei der Aufstellung der an beiden Schulen tätig gewesenen Lehrern auch das Wissen um folgende Begebenheit. Sie zeigt, daß das Beispiel des Lehrers Donath keine Ausnahme war.
"Lehrer Ernst Luhde unterrichtete nach 1954 in Stralsund/Andershof. Als wir uns kennenlernte,, berichtete er mir (S.A.), daß er vor dem ersten Weltkrieg als Lehrer und Küster in Roidin eingesetzt war. Es war eine Zwischenlösung vor einer festen Anstellung. An einem Wintertag wurde durch den Gutsherrn von Maltzahn Treibjagd angesagt und die Schüler samt Lehrer zum Treiben eingeplant. Die Schüler, wenigstens einige, baten um Freistellung, welche ihnen vom Lehrer Luhde mit dem Hinweis verweigert wurde, daß der Unterricht für sie wichtiger sei. Am nächsten Morgen, als die Gäste des Jagdherren die wenigen Treiber für die Kesseljagd auf Hasen bemängelten, ritt der Herr von Maltzahn vor die Schule, klopfte mit seiner Reitpeitsche an das stallähnliche Fenster und rief mit lauter, befehlsgewohnter Stimme: `Kinner und Köster taun Drieben! Marsch! marsch!´ Die Schuljugend folgte dieser Aufforderung und lief dem Lehrer, trotz ausgebreiteter Arme, davon. Ernst Luhde, jung, demokratisch eingestellt, war außer sich, denn die Trennung von Kirche und Schule war durch Bismarcks Kulturpolitik verordnet und der Gutsherr demnach kein Patron für Schule und Kirche, der Superintendent kein Kreisschulrat und der Ortspfarrer kein Schulinspektor mehr, aber als letzterer noch Vorgesetzter des Küsters. In seiner Ratlosigkeit und Verzweiflung lief er, mehr als er ging, an den Jägern und Treibern vorbei, die ihm zuriefen: `Hierher, hierher, Köster, hier is dien Platz taun Drieben!´ Die ca. 6 km lange Strecke dehnte sich und wollte gar kein Ende nehmen, obwohl sich rechts schon Flöhhagen erstreckte und nach Durchqueren des Waldes Sanzkow vor ihm lage. Vorbei an Kirche mit Friedhof wurde der Pfarrhof erreicht. Im dunklen Flur, nur durch das Oberlicht der Haustür fiel winterliche Helligkeit herein, gewöhnte sich Luhde an das Dämmerlicht. Leises Geschirrklappern drang durch eine Tür. Sich zu dieser wendend und klopfend, bekam er zum Geräusch noch einen appetitlichen Bratengeruch hinzu. Ernst Luhde wendete sich an den dienstbaren Küchengeist und bat um die Erlaubnis, Herrn Pastor sprechen zu dürfen. Dabei trat er auf den Flur zurück, den er eigentlich noch gar nicht verlassen hatte. Die Küchenfrau (Oder war es Frau Pastor selbst?) ging an ihm vorbei und meldete ihn bei Pastor Wartschow. Sie kehrte zurück und schloß die Küchentür hinter sich. Nach einer Wartezeit öffnete sich eine weitere Tür und Herr Pastor trat auf den Flur. Er fragte Ernst Luhde nach seinem Anliegen. Lehrer Luhde, nun endlich am Ziel angelangt, schilderte zunächst aufgeregt, dann ruhiger werdend, die Begebenheit und sagte zum Schluß: `Herr Pastor, wir sind für die Bildung und Erziehung der Schuljugend eingesetzt und nicht, um mit `Kinner und Köster´ dem Baron das Jagdvergnügen zu unterstützen.´ Bei dieser Schlußbemerkung wurde er allerdings schon mit dem Hinweis unterbrochen, daß er Küster und Lehrer auf dem Lande sei und hier noch die Vätersitte herrsche, daß die Treibjagden durch die Kinder und den Küster des Dorfes unterstützt würden. Sie sind flink und behende, eilen leicht über den verharrschten Schnee, lärmen tüchtig und bekommen keinen Lohn. Damit drehte sich der Pastor Wartschow um und schloß die Tür des Studierzimmers hinter sich. Luhde, allein, blickte auf die kleine Wasserlache zu seinen durchnäßten Schuhen. Die Sonne blinzelte durch das Oberlicht der Tür. Noch einen Moment abwartend, öffnete er die Haustür, trat wieder hinaus in die frostige, klare Winterlandschaft, blickte noch einmal zurück zum Pfarrhof und nahm die 6 km lange Heimwärtsstrecke unter seine Füße. Nach einer guten Stunde kam er an den Teusiner `3 Bäumen´ vorbei. Hier war zwischen dem Jagdtreiben nun Schüsseltreiben. Ein wärmendes Holzfeuer brannte, Strohbunde, belegt mit Pferdedecken, dienten als Sitzgelegenheiten und die warme Speckerbsensuppe mundete allen Jägern und Treibern. Sie wendeten dem Lehrer den Rücken zu und keine Stimme lud jetzt `tau dat Drieben´ ein. An Erfahrung reicher, an Ergebnissen ärmer traf Ernst Luhde in Roidin wieder ein. Die Schule wurde am nächsten Tag fortgesetzt, am Sonntag spielte der Küster die Orgel in der Kirche und Pastor Wartschow hielt die Predigt. In 3 Monaten zu Palmarum, dem Sonntag vor Ostern, war Konfirmation und in den folgenden Tagen war das Schuljahr zu Ende. Lehrer Luhde erhielt die Versetzung in ein Bauerndorf in Hinterpommern."
Lehrer Krach kam 1911 aus Groß Teetzleben nach Roidin, wurde zum Kriegsdienst eingezogen und fiel schon 1914 an der Front. Ob und wie während des ersten Weltkrieges die Schulstelle in Roidin besetzt war, ist nicht zu ersehen.
Mit Arthur Ahrens kam nach dem Krieg ein Lehrer nach Roidin, der sich selbst ein hohes Ziel gestellt hatte. Er wirkte 5 Jahre an der Schule in Roidin und übernahm dann die Lehrerstelle seines Schwiegervaters in Teusin. Während seiner Lehrertätigkeit studierte er an der Universität in Greifswald Naturwissenschaft, Erdkunde und Pädagogik, promovierte zum Dr. Phil. und legte das Staatsexamen ab.
Sein Nachfolger in Roidin wurde der geprüfte Turn- und Sportlehrer Dittmann. Er heiratete 1928 Betty Beerbaum aus Sanzkow und ließ sich nach Berlin versetzen. Der letzte Lehrer an der einklassigen Schule Roidin war Lehrer Potengowski. Weil ein Schulneubau in Roidin abgelehnt wurde, wurden die Roidiner Kinder 1931 nach Teusin umgeschult und Potengowski nach Daberkow versetzt. Er fiel im zweiten Weltkrieg.
Bei den Revisionen Ende des 19. Jahrhunderts wurde immer wieder festgestellt, daß in beiden Orten das Schulhaus in einem schlechten baulichem Zustand ist.
In Roidin war die Schule die eine Hälfte eines Zweifamilienkatens, in Fachwerk gebaut und mit Stroh gedeckt. Dieses Gebäude war zuvor Kruggebäude und Eigentum des Rittergutes. 1848 wurde die Schule darin eingerichtet. Außer der Schulstube war darin noch die Lehrerwohnung, aus 2 Zimmern, Flur, 2 Kammern und Küche bestehend, untergebracht. 1903 wurde bei einer Revision wiederum festgestellt, daß die Schulstube und die Lehrerwohnung zu klein seien. Daraus erwuchs zwischen dem Rittergutsbesitzer von Maltzahn und der Königlichen Regierung zu Stettin eine Streitsache. Der Rittergutsbesitzer lehnte die geforderte Übernahme der Kosten für den Bau eines neuen Schulgebäudes ab. Zu einem Schulneubau kam es nicht. Sicherlich war auch dies ein Umstand, daß die Schulstelle Roidin in äußerst schlechtem Ruf stand und von den jungen Schulstelleninhabern jeweils nur als Übergangslösung für den Eintritt in den Schuldienst betrachtet wurde. 1931 wurde die Schule dann wegen gänzlicher Untauglichkeit ganz geschlossen und die Kinder nach Teusin umgeschult. Das Schulgebäude selbst brannte nach dem 2. Weltkrieg, am 9. April 1946 ab. Auch in Teusin wurde der Bau eines neuen Schulgebäudes um die Jahrhundertwende immer dringlicher. Das alte Gebäude stand nun fast 100 Jahre.
Der Schulvorstand betrieb daher ab 1900 ernsthaft die Verhandlungen zum Schulneubau. Dem Lehrer Grape lag aber auch die Beseitigung der alten Scheune sehr am Herzen, da sie nicht mehr genutzt wurde und nur Platz nahm. Sie stand an der Nordseite des Grundstückes. Lehrer Grape bat daher am 1.März 1900, den Abbruch der baufälligen Scheune veranlassen zu wollen und führte aus, daß sie im Schulgarten und unmittelbar an einer Dorfstraße steht (Zufahrtsweg zu einem mitten in der Dorfkoppel stehenden Katen) und damit bei Sturmwind gefahrbringend ist. Auch unternehme die Gemeinde nichts zur Ausbesserung der Scheune. Auf Ersuchen des Landrates nahm der Schulvorstand am 19. März zum Antrag des Lehrers Stellung und lehnte diesen ab. Er befürchtete, im Falle der Nichtverpachtung der Schulländereien für eine neue Scheune sorgen zu müssen. Diese Scheune wurde zu einem späteren Zeitpunkt vom Bauern Frank auf Abbruch gekauft.
Die Aufnahme aus dem Jahr 1904 zeigt in der vordersten Reihe die Schülerin Toni Menzel, spätere Frau Schoknecht, im Jahr der Einsegnung (die 6. von links), außerdem in der Reihe dahinter als 3. von links Anna Gabloffsky, die spätere Frau Werner-Gabloffsky, und in der 3. Reihe Friedrich Lüdke als 9. und Hermann Frank als 11. von links.
In den ersten Jahren nach Schulneubau, um 1909, entstand ein Foto mit Lehrer Grape und seinen Schülern. Unter den Schulkindern wurden noch erkannt:
- in der 1. Reihe von links als 2. Helene Wolff, als 5. Elsbeth Fisch, später verheiratete Rossow
- in der 2. Reihe von links als 6. Anneliese Wolff
- in der 3. Reihe von links als 11. Paul Plamp
- in der obersten Reihe von links als 2. Wilhelm Schönbeck, als 3. Erdmann Frank
Wie zwingend nötig der Schulneubau wurde, geht aus einem Schreiben des Landrates von Heyden hervor. Darin wird dem Schulvorstand mitgeteilt, daß er sich wiederholt an den Schulpatron, Rittergutsbesitzer Freiherr von Maltzahn in Utzedel, bezüglich einer Erklärung gewandt hat, welche Rohmaterialien er zum Bau herzugeben bereit sei. Der Gutsherr erachtete es jedoch nicht für notwendig, auch nur zu antworten. deshalb bat der Landrat den Schulvorstand, diese Ermittlungen in "tunlichster Beschleunigung" vorzunehmen.
Am 24. November 1901 wurde ein Gutachten über den Bauzustand des alten Schulhauses angefertigt und zusammen mit entsprechenden Bauzeichnungen und Baubeschreibungen nach Stettin eingereicht. Dazu wurde ein Antrag um Bewilligung einer Staatsbauhilfe gefügt. Am 20. März 1902 erfolgte die Antwort des Ministers an den Landrat mit dem Bescheid, daß es ratsam sei, das Schulgehöft zu veräußern. Der Schulvorstand sollte sich nun darüber erklären, ob es möglich sei, ein anderes Baugrundstück zu gewinnen, wie hoch der Wert desselben sein würde und mit welchem Verkaufswert das alte Schulgehöft veräußert werden könnte.
Der Schulbau führte daher zu den verschiedensten Überlegungen. Sollte das alte Schulhaus verkauft werden? Baron von Maltzahn stellte als Bauplatz einen Garten an der Straße neben dem alten Schulgrundstück zur Verfügung. Dies wurde abgelehnt, da sonst der 1885 für 375 Mark gebaute massive Schulstall hätte abgebrochen werden müssen. Außerdem wäre es ein Eckhaus an 2 Straßen geworden. Der Gemeindevertreter schlug vor, die Schulländereien für 13 000 Mark zu verkaufen, da die Gemeinde durch die Unterhaltung von Scheune und Stallung schon sehr belastet sei. Die 571 Mark Pacht, die der Lehrer vom Land einnimmt, sollten durch die Zinsen gedeckt werden. Ein anderer Vorschlag des Gemeindevorstehers Hiddick ging dahin, die Schulländereien der Gemeinde zu überlassen, die dafür die Pachtsumme aufbringen sollte. Als Platz für den Neubau schlug er den Abriss des alten Gebäudes und den Neubau an gleicher Stelle vor. Dies wurde schließlich zum Beschluss erhoben.
Ehe der Bau des neuen Hauses begann, sollten aber noch einige Jahre vergehen. Manche Schwierigkeit war zu beseitigen. Die größte bestand in der Finanzierung. Die Gemeinde beauftragte den Baurat Hesse in Demmin mit dem Entwurf und der Ausarbeitung der Baupläne. Am 28. Juli 1903 waren diese fertig und nach Stettin eingereicht. Erst am 18. Januar 1905 wurden sie von dort zurückgegeben. Im Begleitschreiben erklärte sich der Minister bereit, "an aller höchstem Ort" eine Staatshilfe von 7 500 Mark für den Neubau zu erwirken.
Die Deckung der Gesamtbaukosten von 13 000 Mark nach dem Kostenüberschlag sah so aus:
- Wert der übernommenen Hand- und Spanndienste durch die Gemeinde von 1 690 Mark
- Barbeitrag der Schulgemeinde von 2 000 Mark
- Wert der Baumaterialien aus dem Abbruch von 310 Mark
- Staatsbeihilfe von 7 000 Mark
Differenz zum Kostenpreis 1 500 Mark
Die Differenz sollte die Gemeinde auf dem Wege einer Tilgungsanleihe übernehmen. Dies nahm die Gemeinde am 1. März 1905 durch Beschlußfassung an. Von den 40 Hausvätern waren 26 anwesend. Mehrere Baufirmen hatten bereits ihre Kostenvoranschläge abgegeben. Settgast wollte für 10 600 Mark, Seebach für 10 250 Mark, Bollhagen für 9 950 Mark und Eichhoff für 10 500 Mark bauen. Die Bauausführung wurde der Firma Seebach übertragen und durch den Kreisbauinspektor Hesse gebilligt.
Am 22.Mai 1905 schlossen die Gemeinde und Seebach den Vertrag, nach dem das Schulhaus entsprechend dem Kostenvoranschlag mit Ausschluß jeglicher Nachzahlung gebaut werden sollte. Dem Lehrer Grape wurde im Hause Gabloffsky eine Wohnung zur Verfügung gestellt, ein Schulzimmer an anderer Stelle. Mit Abbruch des alten Hauses und dem dem Neuaufbau muß sofort begonnen worden sein, denn bereits am 1. Juli 1905 wurde nach Fertigstellung der Fundamente vertragsgemäß die Staatsbeihilfe von 7 500 Mark zur Verfügung gestellt. Ganz ohne Schwierigkeiten verlief das Bauen nicht, denn der Unternehmer war bestrebt, die Kosten für ihn niedrig zu halten. Er beklagte sich auch, daß von der Gemeinde Mauerkies angefahren wurde, der teils erdig, teils lehmig und nicht vollwertig sei. Das Fundament habe den Anschein, als wenn es aus Erde und Felsen gemauert wäre. Auch sollen zu kleine Feldsteine für das Fundament bereitgestellt worden sein. Der Pastor als Ortsschulinspektor überzeugte sich auf diese Klagen hin an Ort und Stelle und räumte ein, daß es so scheint, als habe es "an der rechten Aufsicht" gefehlt. Bei der 3. Besichtigung des neuen Schulhauses durch den Baurat Hesse am 21.11.1906 stellte sich heraus, daß sowohl der Backofen wie der Waschherd im Keller nicht gebrauchsfähig seien, weil beide beim feuern so stark rauchen, daß der Auenthalt in den betreffenden Räumen unmöglich ist. Endlich erfolgte am 15.02.1907 die Abrechnung. Die Schule war bereits in der Woche vom 29.01.1907 bis 03.02.1907 in den Neubau eingezogen.
Wie sah die Abrechnung aus?
- Für Hand- und Spanndienste der Gemeinde 1 221 Mark
- Materialien durch die Gutsherrschaft hergegeben 180 Mark
- Materialien aus dem Abbruch 244 Mark
- Was dem Unternehmer zukommt (10 250 Mark - 330 Mark) 9 920 Mark
Gesamtkosten danach 11 565 Mark Gnadengeschenk davon ab 7 500 Mark Gemeindeaufwand danach 4 065 Mark Erlös aus Verkauf von Abbruchmaterial 228 Mark
Zum Schulneubau wurden 128 Fuder Schutt abgefahren und 76 000 Ziegelsteine, 177 Fuder Kies, 15 Fuder Lehm, 17 Kubikmeter Feldsteine, 16 Fuder Dachsteine, 18 Fuder Bauholz und Bretter, 16 Fuder Dämmsteine angefahren. 89 Tage Handdienst wurden geleistet.
Für den Schulneubau hatte die Gemeinde von der Küsterei Sanzkow ein Darlehen von 2 700 Mark aufgenommen. Diese Schuld war in halbjährlicher Abzahlung und mit 2 % Verzinsung am 1. April 1933 getilgt.
Ausmaße des neuen Schulhauses:
- Länge: 17,60 Meter
- Breite: 10,04 Meter
- Höhe: 9,00 Meter
Der Raum hinter dem Klassenraum war für eine etwaige Vergrößerung des Klassenraumes gedacht und wurde zunächst als Feuerungsgelaß in Gebrauch genommen. Eine Mauer aus unbehauenen Felsen umschloß 1907 noch das Schulgehöft von 3 Seiten. Zur Straße zu war es durch einen Stachetenzaun abgeschlossen. Das alte Schulhaus war 3 m länger. 1909 wurde für 900 Mark der Schuppen an der linken Giebelseite gebaut. Der Betrag reichte noch aus, um den Brunnen instand zu setzen, den Schulgarten einzuzäunen sowie Reck und Barren anzuschaffen. 1913 wurde in der Schule die Elektroanlage geschaffen, vom Lehrer bezahlt, von der Gemeinde später zurückerstattet. Im Herbst 1912 wurden vom Lehrer Schwenke auch zahlreiche Obstbäume gepflanzt, darunter ein Birnbaum mit 3 verschiedenen Sorten. 1995 steht davon noch ein Apfelbaum in der nordwestlichen Gartenecke. 1993 wurde der Gravensteiner auf dem Schulhof durch Sturm umgebrochen, wie in den Jahren zuvor bereits andere dieser alt gewordenen Obstbäume. 1927 wurde das Schulgrundstück durch Flächenaustausch zur Anlage eines Turn- und Pausenplatzes vergrößert.
Die Teusiner waren nun sehr stolz auf ihre neue Schule und setzten sie obenauf beim Druck einer Ansichtskarte des Dorfes Teusin.
Bildaufteilung: Das Gehöft unter dem neuen Schulgebäude ist das Bauerngehöft Gabloffsky. Der Bauer Gabloffsky führte zu dieser Zeit auch den Kaufmannsladen im Dorf. Er gab wohl auch den Anstoß zum Druck der Postkarte. Auf dem unteren Bild sind die alten Katen zu sehen, von denen der am linken Bildrand ein Zweifamilienkaten war. Zuletzt wurde er vom Wirtschafter Holzerland bewohnt. Ihm fiel es schwer, den schon baufälligen Katen zu verlassen, bis er schließlich wegen Baufälligkeit gesperrt werden mußte. Der Katen am rechten Bildrand war ein Vierfamilienkaten. Zu diesem führte der Weg am Schulgrundstück entlang. Dieser Weg war von hohen Sträuchern und Reisigzäunen eingefriedet. Ein ganz schmaler Weg, der sogenannte "Gang", führte vom Katen zur heutigen "langen Reihe" und zum dortigen Brunnen. Die heutige Koppel war in 4 große Gärten, zu den 4 Wohnungen gehörig, eingeteilt. Der Dorfteich war sorgfältig von großen Steinen eingefaßt und führte klares, sauberes Wasser. Er wurde als Badegewässer genutzt.
Zweiter Weltkrieg 1939 - 1945
Wie aus allen deutschen Dörfern und Städten wurden auch aus Teusin und Roidin die wehrfähigen Männer zum Kriegsdienst eingezogen. Viele von ihnen bezahlten den Krieg mit ihrem Leben. Das Leid zog auch in die vorpommerschen Dörfer ein.
Ins Dorf Teusin und auf das Gut kamen die ersten Kriegsgefangenen, um die mehr und mehr fehlenden Arbeitskräfte zu ersetzen. Vom Kriege selbst merkte man zunächst nur, daß zum Bezug von Lebensmitteln, Rauchwaren, Textilien u.a. Bezugskarten eingeführt wurden. Diese waren bald so viel wert wie Geld. Mit dem ersten Gefallenen aus dem Dorf wurde das Schreckliche des Krieges allgegenwärtig. Aus Teusin fiel zuerst Günter Rossow, einziges Kind des Steinschlägers Willi Rossow und seiner Frau Elsbeth. Seinen Tod haben die Eltern nie verwunden. Bis an ihr Lebensende ging Frau Rossow nur schwarz gekleidet. Drei Höfe aus Teusin verloren im Laufe des Krieges ihren Bauern- Bruno Wolff, einziger Sohn des Hofbesitzers Wolff und Frau, Hans Gabloffsky, einziger Sohn des Hofbesitzers Gabloffsky und Frau, und Fritz Schoknecht, einziges Kind des Hofbesitzers Wilhelm Schoknecht und seiner Frau Toni. Zu den Gefallenen im Krieg gehören weiter die Teusiner Reinhold Schmidt, Ewald Höppner, die Brüder Franz und Paul Lüdke, Helmut Karnatz, Georg Nax, Sohn des Molkereibesitzers und seiner Frau, auch deren Schwiegersohn Keller, ebenso Reinhard Kappis, Sohn des Lehrerehepaares Kappis in Teusin sowie der Schwiegersohn Pohl des Gastwirtes Heinrich Lehmbeck und seiner Frau Emma, der Ehemann von Gerda Pohl.
Auch Familien in Roidin fügte der Krieg großes Leid zu. Gefallene waren Fritz Millow, Müllermeister und Familienvater, Ferdinand Wolter, Arbeiter auf dem Gut und Familienvater.
Mit der Dauer des Krieges mehrten sich zunehmend die Sorgen und vervielfachten sich die Schwierigkeiten in der Führung der Wirtschaft und des Haushaltes. Zum Bezug von Lebensmitteln wurden am 25. September 1939 Reichsbrotkarten, weitere Reichskarten für Fett, Milch, Zucker und Marmelade, Lebensmittel eingeführt. Die danach dem Verbraucher zustehenden Lebensmittel waren z.B. für die Reichsbrotkarte: Wochenrationen .
- für Normalverbraucher 2 400 g Brot oder 1 900 g Brot und 375 g Mehl
- für Schwerarbeiter 3 800 g Brot oder 2 800 g Brot und 750 g Mehl
- für Schwerstarbeiter 4 800 g Brot oder 3 800 g Brot und 750 g Mehl
- für Kinder bis zu 6 Jahren 1 100 g Brot oder 600 g Brot und 375 g Mehl
- für Kinder zwischen 6 und 10 Jahren 1 700 g Brot oder 1 200 g Brot und 375 g Mehl
Für Normalverbraucher betrug die Wochenration auf die Reichsfleischkarte 500 g Fleisch, auf die Reichsfettkarte 80 g Butter, 125 g Margarine, Pflanzen- oder Kunstspeisefett oder Speiseöl, 65 g Schweineschmalz oder Speck, Talg, 65 g Käse oder 125 g Quark, auf die Reichskarte für Marmelade und Zucker 100 g Marmelade und 250 g Zucker.
Milch stand nur zu
- Kindern bis zu 6 Jahren täglich 3/4 Liter
- Kindern von 6 bis 14 Jahren täglich 1/4 Liter
- werdenden Müttern und Wöchnerinnen täglich 1/2 Liter
- Schwer- und Schwerstarbeiter sowie kranke Personen nach Arztverordnung täglich 1/2 Liter
Auf die einzelnen Abschnitte der Reichslebensmittelkarte wurden Nährmittel, Sago, Kartoffelmehl, Kaffeeersatz oder Zusatzmittel, nach Aufruf von Fall zu Fall auch Eier, Kunsthonig, Tee u.a., ausgegeben. Bereits ab dem 30. August 1939 wurden eine ganze Reihe Trikotagen und Schuhe bezugsscheinpflichtig: wollene oder baumwollene Spinnstoffe und daraus hergestellte Ware, ebenso Kunstseide, Seide und Bastfasern. Einen Bezugschein benötigte man auch für jede Art Schuhe sowie Leder zum Besohlen. Holzschuhe waren nicht an einen Bezugschein gebunden. Auch Landwirten mit ihren Familien, die einzelne Reichskarten für Lebensmittel als Selbstversorger nicht erhielten, wurden Lebensmittel zugeteilt. Sie erhielten z.B. Butter u.a. Milcherzeugnisse von der Molkerei nur rationiert zurück. Für Hausschlachtungen waren Schlachtgenehmigungen erforderlich. Es brauchte auf dem Bauernhof noch niemand zu hungern, aber erhebliche Einschränkungen gab es schon. Vor allem die Hausfrauen mußten einteilen und wirtschaften können.
Am 1. September 1943 verkaufte der Major Dürkopp das Gut Teusin an die Gebrüder Friedrichs aus Eisenach. Vorausgegangen war dem eine Verurteilung seines Gutsverwalters wegen Wilddieberei. Teile des beiseite geschafften Wildbrets waren für die bessere Verpflegung der Kriegsgefangenen verwendet worden. Nach der Übernahme des Gutes beauftragten die Käufer den Landwirtschaftlichen Sachverständigen im Reichsnährstand, Herrn Bülow, für ihr gekauftes Gut ein Gutachten zu erstellen. Dieses fiel am 15. September 1943 sehr umfassend aus und befindet sich als Abschrift im Kreisarchiv Demmin bei den Akten zur Bodenreform. Der Plan der Gebrüder Friedrichs war wohl durchdacht. Sie besaßen bei Eisenach einen Betrieb, der sich mit der Entwicklung und Produktion von Hochsilos für die Landwirtschaft befaßte. Herr Otto Friedrichs wollte am Beipiel des heruntergewirtschafteten Teusiner Gutes den praktischen Beweis erbringen, daß durch die Einführung der Silowirtschaft die Produktion pro Flächeneinheit sehr erheblich gesteigert werden kann. Herr Friedrichs beabsichtigte, den Wirtschaftszustand alljährlich überprüfen zu lassen. Teusin sollte in jeder Hinsicht ein Mustergut werden. Das Zeitgeschehen vereitelte dieses Vorhaben. Die Silowirtschaft in der Tierproduktion setzte sich aber in den folgenden Jahrzehnten landesweit durch.
In den Kriegsjahren 1943 und 1944 wurde dann das Kriegsgeschehen unmittelbar sichtbar. Hoch am Himmel, dumpf dröhnend und silberhelle Kondensstreifen hinterlassend, zogen die feindlichen Bombengeschwader mit ihrer todbringenden Last, von der Ostsee kommend, ins Landesinnere.
Durch die Nähe des Feldflugplatzes in Tutow bedingt, kam es über der Umgegend auch zu Luftkämpfen und zu Flugzeugabstürzen. So soll ein Kampfflugzeug im Bereich Sanzkow ins Tollensetal gestürzt sein und das so, daß es vollkommen vom Moorboden verschluckt wurde. Weitere Abstürze hat es bei Zachariae und einen an der Bahnstrecke am Wege nach Strehlow gegeben.
Anmerkung A. Mü.: In der Chronik befindet sich eine Briefkopie von Herrn Drechsel vom 2.Januar 2006 an Herrn Karl Redmann, (damals Lehrer i.R. und Chronist in Vorwerk bei Demmin) aus der eine Schilderung zum Thema der Bombenangriffe hervorgeht. Hier ein Auszug:
"...Meine Frau (Christel Drechsel) erinnert sich sehr gut an den Bombenabwurf im Tollensetal. Sie meint, dass es Ostern 1944 in der Mittagszeit war. Sie war auch mit ihren Eltern, wie etliche andere Einwohner Teusins, am Nachmittag ins Tollensetal gegangen. Die Abwurfstelle waren die Gutswiesen links vom Damm, der an die Tollense bis zur Schönbeck´schen Wiese vor dem Vanselower Schloss führt. Die Wiesen brannten an vielen Stellen. Die Leute sprachen von Brandbomben, Phosphorbomben. Schwager Karl (Anm. aus Utzedel) erinnert sich auch an Bombenabwürfe. Er meint, dass es Pfingsten gewesen sein muss. Er war mit dem Schulfreund Heiner Sudos unterwegs zur Tollense und wurde auf der Landstraße nach Teusin von anfliegenden Flugzeugen überrascht. Sie suchten beide Deckung und Schutz und hatten große Angst...Ich habe mir die Aussagen von Horst Dassow zu den Bombenangriffen auf Tutow in dessen Tutower Chronik angesehen. Danach können beide Recht haben. Horst Dassow nennt den 9. April 1944, das war Ostern, in der zeit von 12.01 Uhr bis 12.45 Uhr. Er führt unter anderem auch den Angriff mit 2183 Brandbomben an, dazu auch, dass Tutower Jagdflieger die Angreifer abdrängten und zum Notabwurf zwingen konnten. Er erwähnt aber auch den 29. Mai 1944, das war Pfingsten, als Angriffstag mit 4351 Brandbomben. Dieser Angriff war der schwerste."
Nachkriegszeit und Zeitgeschichte (Teil 3)
Nachkriegszeit
Am 30.April 1945 erschienen die ersten Soldaten der Roten Armee im Dorf Teusin. Sie waren auf ihren Fahrzeugen von der Chaussee quer über die Äcker, die Wege meidend, ins Dorf gelangt. Im Dorf waren zu dieser Zeit, es war vormittags, fast nur auf den Höfen beschäftigte Kriegsgefangene und sogenannte "Ostarbeiter", Kriegsdienstverpflichtete aus den im Krieg besetzten Ostgebieten Europas. Die Familie Horst und die mit ihnen im Tollensetal kampierenden Einwohner erfuhren durch ihre Beschäftigten von der Ankunft des "Iwans", als diese ihnen neben der Milch auch die Aufforderung mitbrachten, ins Dorf zurückzukommen. Dazu wurden zugleich auch die ersten warnenden Hinweise gegeben, wie Ring und Schmuck zu verstecken, die Uhr abzulegen u.a..
Der Krieg war zu Ende. Das Land war von den Truppen der Sowjetarmee besetzt. Deren Kommandantur hatte sich in Demmin im Landratsamt und in den angrenzenden Häusern eingerichtet. Von dort aus ergingen fortan per Befehl die Anweisungen der neuen Macht, der Besatzungsmacht. In den Dörfern waren neue Bürgermeister bzw. Dorfälteste eingesetzt worden. In Teusin wurde Hans Bohn Bürgermeister und in Roidin Paul Lorenz Dorfältester. Die Einwohner schliefen wieder in ihren Wohnungen. Vor und während des Einzuges der Roten Armee hatten viele von ihnen das Dorf verlassen und in Brüchen und Gebüschen im Tollensetal ihr Lager aufgeschlagen. Nur zu den dringendsten Arbeiten und zur Versorgung des Viehs begaben sie sich auf Schleichwegen auf die Gehöfte. Nun nahmen sie die gewohnte Arbeit wieder auf. Ihr Leben selbst war jedoch von einer Normalität weit entfernt. Groß war die Angst vor der Unberechenbarkeit der russischen Soldaten. "Russen", wie sie zumeist genannt wurden, tauchten oft im Dorf auf. Sie nahmen mitunter für einige Zeit Quartier. Sie verpflegten sich und nahmen mit, was ihnen gefiel. Sie forderten sich einmal Geschirr, mal decken oder Betten, zumeist aber Mädchen oder Frauen. Vergewaltigungen kamen vor. Die berechtigte Angst davor zwang vor allem die jungen Frauen und größeren Mädchen, sich zu verstecken. Einigermaßen sichere Verstecke auf dem Gehöft oder in Dorfnähe zu finden, zu schaffen, das wurde wichtig. Nicht immer gelang es. Schlimm wurde es, als ein junger Bursche aus dem Dorf, namens Kalina, den Russen beim Aufspüren der Verstecke behilflich war. Auch von Plünderungen blieben beide Dörfer nicht verschont. Besonders begehrt bei den Russen waren Uhren jeder Art. Der Ruf "Uri! Uri!" erschallte meist zuerst. Aber auch andere Wertsachen wurden mitgenommen. Einmal behängten sie ihren Lastwagen mit Christbaumschmuck. Damit stürzten sie, beladen mit Geschirr und Betten, von Teusin und Roidin kommend, bei der Fahrt über die Ostener Brücke in den Tollensefluß. Die Brücke war angesägt.
Nicht nur im Haus wurde gesucht. Mit Stangen wurde auch in den Gärten und anderen Ortes nach Verstecktem, Vergrabenem gesucht. Begehrt war auch Federvieh. Etliche Kühe wurden der Herde zugetrieben, die von den Russen einige Zeit in der Schönbeck´schen Koppel im Dorf gehalten wurde. Zum Melken und Verarbeiten der Milch wurden die Frauen aus dem Dorf verpflichtet. Als die Russen mit ihrer Kuhherde weiter in Richtung Oder zogen, nahmen sie die größeren Jungen aus dem Dorf als Treiber mit. Nach einigen Tagen waren aber alle Jungen wieder zurück. Kindern gegenüber verhielten sich die Soldaten allgemein recht gutmütig. Erwachsene hingegen bekamen sehr rasch Schläge oder Kolbenhiebe, wenn sie Forderungen nicht rasch genug nachkamen oder gar versuchten, sich den Anordnungen zu widersetzen. Diese "wilde Zeit" dauerte etwa sechs Wochen.
Anders als in der Stadt Demmin, wo mit dem Einmarsch der Roten Armee hunderte Menschen den Freitod suchten, zumeist im Tollensefluß, kam es in Teusin zu keinem Selbstmord, wohl aber in Roidin, wo 2 Familien den Freitod wählten.
Aus Teusin wurden im Juli 1945 die beiden Familienväter Herr Heinrich Horst und Herr Wilhelm Schönbeck von den Russen verhaftet und nach Demmin zur Kommandantur gebracht. Nach tagelangen Verhören wurden beide Männer in das "Speziallager Nr.9 - Fünfeichen" bei Neubrandenburg interniert. Dieses Lager unterstand dem NKWD, dem stalinistischen Geheimdienst des Innenminesteriums der Sowjetunion. Eingerichtet wurde es, um Kriegs- und Naziverbrecher gefangen zu setzen und abzuurteilen. In Fünfeichen landeten in den ersten Nachkriegsmonaten aber auch viele Unschuldige, die sich keines Verbrechens zu verantworten hatten, z. B. zahlreiche Jugendliche zwischen 14 und 16 Jahren, die als angebliche "Wehrwölfe" dorthin kamen. In Fünfeichen kam ebenfalls ein dritter Teusiner an, Herr Gottfried Nax, der Molkereibesitzer in Teusin. Ihm war während des Krieges die Molkerei in Teusin geschlossen worden, damit er in Ribnitz-Damgarten als Leiter einer größeren Molkerei tätig wird. Von dort war er nach Kriegsende zu seiner Familie nach Teusin unterwegs. Vor der Meyenkrebsbrücke in Demmin geriet er in eine Kontrolle und wurde ohne Begründung nach Fünfeichen gebracht. Auch die beiden anderen erfuhren nie eine Begründung ihrer Inhaftierung. Herr Schönbeck kam aus dem Lager Fünfeichen noch in ein Gefangenenlager in Sibirien und von dort 1950 zurück. Herr Nax gehörte zu den mehr als 3 500 Häftlingen, die nach Hause entlassen wurden, als das Lager 1948 aufgelöst wurde. Er brachte nach Teusin die Nachricht mit, daß Herr Heinrich Horst 1947 im Lager verstorben war.
Für viele Familien war die Nachkriegszeit eine Zeit des Bangens und Wartens auf Nachricht von Männern, Vätern, Söhnen und Brüdern, deren Schicksal oder Verbleib oft nicht bekannt war.
Das Kriegsende, die Ungewissheit der Lage, die "wilde Zeit" hatten für einen großen Rückstand bei den Frühjahrsarbeiten in der Landwirtschaft gesorgt. Dazu hatte im Jahr 1945 die Entwicklung der Natur sehr früh begonnen. Das Wintergetreide, vor allem der Roggen, stand schon sehr hoch im Wuchs. Das war den Mädchen und Frauen zum Verstecken sehr zugute gekommen. Nun drängte die Zeit für die Feldarbeiten zur Eile, die Aussaat von Sommergetreide und das Ausbringen der Kartoffeln. Die Kreiskommandantur beschloß zum 1. Juni 1945 die Arbeitsaufnahme in der Landwirtschaft und setzte sie durch, wo damit gezögert wurde, insbesondere auf den Gütern. Sie setzte Wirtschafter ein. In Teusin sollen für die Wiederaufnahme der Arbeit und den Fortgang derselben Herr Lüdke und Herr Vick verantwortlich gewesen sein, in Roidin Herr Lorentz und Herr Wittfoth. Russische Soldaten kontrollierten die Durchführung. Zugleich sorgten sie ab dem 1. Juni 1945 für den Schutz der Zivilbevölkerung vor Plünderungen und Übergriffen. Wo dies dennnoch vorkam, geschah es vorwiegend durch Militärangehörige anderer Kommandanturen.
In dieser Zeit wurden die ersten deutschen Ordnungshüter eingesetzt. Dies waren Antifaschisten, ehemalige Mitglieder der KPD, SPD sowie anerkannte Kriegsgegner. Von der Freiwilligen Feuerwehr wurden die Uniformen eingezogen. Damit wurde die neue Polizei ausgestattet, zusätzlich mit einer Armbinde samt Stempel. So begann als Dorfpolizist für Utzedel, Roidin und Teusin auch Herr Hermann Vierck aus Utzedel seinen Dienst.
Schwer lastete auf den bäuerlichen Wirtschaften das in dieser Zeit eingeführte Ablieferungssoll an Getreide, Milch, Eiern und alle pflanzlichen und tierischen Erzeugnisse. Es begann die Wirtschaftsweise, die in der Folgezeit als "SOLL-Wirtschaft" für das Wirtschaftsleben auf dem Dorf kennzeichnend wurde. Wer in der Erfüllung des Ableiferungssolls säumig wurde, mußte sich, mit Schlafdecke und Zahnbürste ausgerüstet, in Demmin auf der Kommandantur einfinden. Er kam in der Regel in die Reithalle der ehemaligen Remonte (Ausbildungsstätte für Militärpferde) in der Jarmener Straße. Nach ein- bis zweitägigem Aufenthalt wurde er, nach vorheriger Verpflichtungserklärung, wieder auf den Heimweg geschickt. Daß Drohungen ernst zu nehmen waren,
Im Herbst 1945 wurden die Verordnungen über die Durchführung einer demokratischen Bodenreform erlassen. Damit begann in der Sowjetischen Besatzungszone ein gravierender Umbruch in der Landwirtschaft, der in der Folgezeit eine völlig neu strukturierte Agrarproduktion schaffen sollte. In der Gemeinde Teusin fielen unter die Bodenreform das Gut Teusin, Besitzer waren die Gebrüder Friedrichs, das Gut Roidin, Besitzer war der Freiherr Albrecht von Maltzahn. Zur Aufteilung des Großgrundbesitzes an landlose und landarme Bauern wurden in allen Gemeinden Bodenreformkommissionen gebildet. Die Unterlagen über die Durchführung der Bodenreform in beiden Dörfern befinden sich im Kreisarchiv. Aus ihnen geht hervor, daß die am 19.09.1945 für Teusin gebildete Kommission aus Herrn Friedrich Lüdke als Vorsitzenden und Herrn Walter Vick, Herrn Ferdinand Wegner, Herrn Stefan Opas, Herrn Werner Lembke, Frau Hildegard Tetzlaff und Herrn Hans Döring als Mitglieder bestand. Wenige Zeit später wurde dies geändert und eine gemeinsame Kommission mit Utzedel gebildet, in der Herr Richard Tietböhl die Leitung inne hatte. Unter den Mitgliedern waren dann aus Teusin noch Herr Lüdke und Herr Opas vertreten. Ging es um Fragen zu Roidin, war Herr Tietböhl Ansprechpartner, die Teusiner wendeten sich an Herrn Lüdke oder Herrn Vick, der laut einem Schreiben vom 2. Juli 1946 Vorsitzender des Bauernhilfskomitees geworden war. Diesem Komitee gehörten auch als Stellvertreter Herr Kramp, Gärtner aus Teusin, und Herr Leo Krüger an. Ein Grund dafür, daß Teusin keine eigene Kommission bildete, war wohl der Umstand, daß sich Ortsgruppen der Parteien KPD und SPD in Utzedel gebildet hatten, denen Teusiner und Roidiner Mitglieder angehörten.Dazu kam, daß in Utzedel kein Land unter die Bodenreform fiel, es aber landarme Altsiedler gab, die sich um Bodenreformland vom Gut Roidin bewarben.
Die Bodenreformkommission setzte sich aus 5 landwirtschaftlichen Arbeitern, 1 Kleinpächter, 1 Umsiedler zusammen. Von den 7 Mitgliedern gehörten 3 der SPD an. 4 Mitglieder waren parteilos.
Zur Aufteilung des Teusiner Gutes
Durch Auslosung erhielten vom Teusiner Gut eine Siedlung
- 12 Landarbeiter und 1 landarmer Bauer mit zusammen 116,57 ha
- 14 Umsiedler und 1 nicht landwirtschaftlicher Arbeiter mit zusammen 121,43 ha
- alle Teusiner Neubauern erhielten auch je 1 Hektar Wald vom Gut Sanzkow, insgesamt 27 ha
- Inventar aus Verlosung: 4 Pferdepflüge, 1 Drillmaschine, 1 Wrukenschneider, 2 Kartoffelpflanzmaschinen, 2 eiserne Eggen, 1 Kultivator, 1 Häckselmaschine, 1 Strohpresse, 4 Wagen
(Anm.: Über lebendes Inventar ist im Archiv nichts zu finden.)
Zur Aufteilung des Roidiner GUtes
Vom Roidiner Gut erhielten eine Siedlung
- 31 Landarbeiter
- 8 landarme Bauern (aus Utzedel)
- 15 Umsiedler
- aufgesiedelt wurden 594,75 ha, davon waren 326,75 ha Ackerland, davon 113 ha mit Wintersaat bestellt, ebenso 173 ha Wiesen und Weiden, 86 ha Wald und Park, 5 ha Gärten, 34 ha übrige Grundstücke
- an Vieh wurde aufgeteilt: 19 Pferde, 21 Schweine, davon 1 Zuchteber, 1 Ochse, 14 Schafe, 12 Rinder, davon 4 Kühe und ein Zuchtbulle
- Verlosung von Maschinen und Geräten: 2 Schlepper (38 und 25 PS), 5 Elektromotore, 1 Gartenbinder, 2 Pferdehaken, 1 Kartoffelpflanzmaschine, 2 Schlepperpflüge, 1 Dreschmaschine, 1 Strohpresse, 2 Mähmaschinen, 3 Kartoffelrodemaschinen, 12 Pferdepflüge, 12 eiserne Eggen, 2 Drillmaschinen, 1 Häckselmaschine
- vorhandene Wohngebäude, Stallplätze, Baustellen
Die Siedler oder Neubauern, wie sie genannt wurden, erhielten über ihren Grunderwerb aus der Bodenreform eine Urkunde. Darauf stand unter anderem: "Der Neubauer ................ erhält das Grundstück s c h u l d e n f r e i."
Die übernommene Siedlung war aber keine kostenfreie Schenkung, sie mußte für einen günstigen Kaufpreis erworben und auf Ratenbasis abgezahlt werden. Der Kaufpreis für den zugeteilten Boden entsprach dem Wert einer Jahresernte, bezogen auf den Ablieferungspreis vom Herbst 1945. Dieser betrug 193 RM (Reichsmark) pro Tonne, bezogen auf Winterroggen. Da auch die Bodenqualität berücksichtigt wurde, legte die Verordnung Nr. 27 folgende Preise fest:
- für leichten Boden (sogenannter Kartoffelacker) 190 RM je ha
- für besseren Boden (sogenannter Haferboden) 220 RM je ha
- für schweren Boden (Klee- und Zuckerrübenacker) 250 RM je ha
- für schweren Boden (Weizenacker) 280 RM je ha
- für Wald 100 - 200 RM je ha
Die Bauern bezahlten mit Geld oder mit Naturalien. Die erste Rate war in Höhe von 10% der Richtsumme bis Ende des ersten Jahres zu zahlen. Die restliche Summe wurde in gleichen Raten jeweils jährlich bis zum 31. Dezember eingezahlt. Landarme Bauern hatten den Betrag in 10 Jahren, landlose Bauern und Umsiedler in 20 Jahren zu entrichten. Darüber erhielten die Neubauern einen Schuldschein. Auf der Rückseite des Schuldscheines befand sich die Aufrechnung für die übergebene Siedlung. Daraus war auch die Bodenklasse zu ersehen. (Siehe Bsp. Herr Kroll aus Teusin)
Der Kaufpreis für die Teusiner Siedlungen betrug insgesamt 54 739,16 RM. Eine Teusiner Siedlung wurde also mit einem Durchschnittswert von 2 027 RM übernommen.
Für die Roidiner Siedlungen betrug der Kaufpreis insgesamt 117 724 RM, deren Durchschnittswert lag bei 2 180 RM. In Roidin schwankten die Kaufpreise erheblich. Die Bodenwerte beeinflußten den Preis, aber auch die Größe der geschaffenen Siedlungen. Der Artikel IV, Ziffer 9 der Verordnung über die Bodenreform sagte, daß allgemein eine Neubauernsiedlung 5 ha betragen soll. Bei schlechten Böden sei im Ausnahmefall eine Erweiterung auf 8 ha bis max. 10 ha möglich. Dafür war die Zustimmung der Landesbodenkommission notwendig. Die Siedlungen unter 5 ha gingen alle an die Utzedeler landarmen Altsiedler bzw. Bürger.
Die Durchführung der Bodenreform stieß bei den betroffenen Altbesitzern auf entsprechenden Widerstand. Otto Friedrichs, seit September 1943 Besitzer des Gutes Teusin, wandte sich im September 1945, noch vor der Wahl der Bodenreformkommission in Teusin, in einem Brief an den Landrat Sieloff in Demmin, um bei der Durchführung der Bodenreform als besonderer Fall betrachtet zu werden. Er sei kein Großgrundbesitzer und bitte um Entschädigungen. Er führte die in den 2 Jahren getroffenen Investitionen in das Gut an. Daß sich der Landrat Sieloff mit dem Bittgesuch beschäftigte, bezeugt sein Schreiben vom 27.Dezember 1945. Es sagt aus, daß dem Herrn Friedrich von seinem aufgeteilten Gut ein Resthof von 25 Hektar Größe sowie sämtliches übriges privates Eigentum zu belassen ist. Nur das Gut Teusin falle unter das Gesetz der Bodenreform. Otto Friedrich verließ aber doch im Herbst 1945 Teusin. Sein Mobilar und persönliches Eigentum wurde von einem Demminer Spediteur nach Eisenach gefahren, wohin auch das Ehepaar wollte.
Die Durchführung der Bodenreform unterlag einer gründlichen Kontrolle durch die Kreisverwaltung, die am 23. August 1946 an den Vorsitzenden der Gemeindebodenreformkommission, Herrn Tietböhl, eine Reihe von Unstimmigkeiten auflistete und eine Klärung verlangte. Sie beanstandete,
- daß Siedlungen an Minderjährige (3 Personen) vergeben worden waren
- daß Siedlungen über 10 ha Größe in Roidin entstanden waren
- daß die Gemeinde sich Bodenreformland von 21,5 ha Umfang zugeteilt hat, ohne Benennung der Nutzer und des Verwendungszweckes
- daß der Schule Roidin 14 ha Bodenreformland zugeteilt worden sind, obwohl es keine Schule in Roidin gibt
Herr Tietböhl beantwortete das Schreiben und erklärte zu den einzelnen Punkten:
- zu 1 sei mit dem Landrat, Herrn Sieloff, mündlich abgesprochen
- zu 2: Der Boden in Roidin weise die niedrigste Bodenklasse auf
- zu 4: besagte Fläche stelle nur Unland, Wege und bebauten Hofraum dar
- zu 5: Roidin beabsichtige die Einrichtung einer Schule, da nun wieder genug schulpflichtige Kinder im Ort lebten, die vorgesehene Fläche sei Wald, Moorwiese und der Standort der Schule von 0,75 ha.
Mit dem Utzedeler Vorsitzenden der Gemeindekommission, Herrn Tietböhl, und den Roidiner Siedlern kam es bereits 1946 zu Unstimmigkeiten, die zur Neuwahl am 29.09.1946 führten. Die 40 Männer und Frauen aus den Dörfern Utzedel, Teusin und Roidin entschieden sich in ihrer Mehrheit für eine neue Kommission, die nur aus Roidiner Siedlern unter Vorsitz von Herrn Gustav Wendland bestand. Auch diese Gemeindekommission gab nach nur einem Jahr ihre Arbeit auf und bat um Neuwahlen. Diese fanden am 18.09.1947 statt. Unter Leitung des Teusiner Bürgermeisters, Herrn Bohn, und der Dorfältesten von Roidin, Frau Helene Saß, erfolgte durch 58 erschienene Wahlberechtigte die geheime Wahl der 7-köpfigen Kommission unter dem neuen Vorsitzenden, Herrn Karl Knüppel, Alteingesessener aus Roidin. Neben ihm wirkten 2 weitere Alteingesessene Roidiner und ein Umsiedler aus Roidin sowie 3 Umsiedler aus Teusin in der Kommission mit.
Nicht alle Neusiedler hielten als selbstständige Wirtschafter auf einer Neubauernstelle durch. In Teusin kam es bereits im Februar 1947 zu einem Verzicht, worauf sich aber gleich eine Übernahme durch einen anderen Umsiedler fand. Andere übergaben die Wirtschaft Söhnen oder Brüdern. Dies war teilweise bitter, wenn bereits viel Fleiß und Geld in den Ausbau der Siedlung geflossen war. Besonders in Roidin gab es bereits 1948 Schwierigkeiten in der Besetzung und Bewirtschaftung frei gewordener Siedlungen, die niemand freiwillig übernehmen mochte. Die Kreiskommission ordnete daher an, daß diese Flächen durch die Ortskommission an die Neubauern mit Pferdeanspannung aufzuteilen seien. Die Zurückhaltung der Bauern gegenüber der Bewirtschaftung der Flächen erklärt sich vermutlich aus der Ackerwertzahl zwischen 19 und 36 für das Roidiner Land.
Die Bodenreformkommission hatte ständig mit den Problemen des Siedlungswechsels zu tun und insgesamt gesehen keine leichten Aufgaben zu lösen. Waren die Siedlungen im Herbst 1945 für die erste Bewirtschaftung nur grob vermessen worden, begann im Herbst 1948 für die Gemeinde die Feinvermessung der landwirtschaftlichen Nutzflächen und der Baustellen. Dies konnte 1949 beendet werden.
Viele Hoffnungen, die Arbeitsbedingungen und Existenzsicherung zu bessern, hegten die Neusiedler gegenüber den immer präziser erlassenen Gesetzen und Bestimmungen seitens der übergeordneten Stellen im Rahmen des Neubauernprogramms.
Ein besonderer Befehl des Neubauernprogramms war der Befehl 209, der den Neubau landwirtschaftlich wichtiger Einrichtungen und Wohnbauten vorsah. So hatte sich der Stellmacher Vergils im ehemaligen Schafstall in Roidin, die alte Stellmacherei war völlig ausgeplündert und nach dem Krieg nur als Keller- und Abstellraum genutzt, eine eigene Stellmacherei mit eigenem Handwerkszeug eingerichtet. Nun hoffte er, den Befehl 209 für die Eröffnung einer eigenen Stellmacherei nutzen zu können. Gleiches hoffte auch Herr Wegner aus Roidin. In der alten Schmiede, die ebenfalls ausgeplündert war und für die er nach dem Krieg eigene Geräte beschafft hatte, mühte er sich, laufende Reparaturen auszuführen. Aber das baufällige und nicht mehr ausbaufähige Gebäude bot kaum Perspektive. Auch er beabsichtigte den Neubau einer Schmiede nach Befehl 209. Es entstanden in den Jahren 1946 bis 1953 in Teusin 9 und in Roidin 12 Neubauernhäuser. Bei der sehr schwierigen Materialbeschaffung leistete die Ortsgruppe der VdgB (Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe) Teusin wertvolle Hilfe.
Im Rahmen des Neubauernprogramms bauten nach Befehl 209 in Teusin die Neubauern
- Hans Mohns am Dorfeingang
- Gerda Pohl am Weg nach Roidin, richtete im Haus ein Lebensmittelgeschäft ein
- Emil Schmidt am Weg nach Roidin, baute zunächst eine Barackenhälfte auf, umbaute diese dann massiv und riss nach und nach mit dem Innenausbau die Baracke ab
- Otto Schröder im Dorf, vor dem Lehmhaus
- Martin Linde, vor der Molkerei
- Gregor Hoffstädt hinter der Molkerei
- Ernst Schmidt, Hermann Troge, Alois Priske im ehemals angelegten Gutspark, in dem die meisten Baustellen geplant, aber nicht genutzt worden waren
Über diese Zeit berichtete die Umsiedlerin und Neubäuerin, Frau Herta Troge (aus der Fachschulabschlussarbeit ihrer Enkelin, Kathleen Kirchner)
"Durch die Bodenreform erhielten wir als Umsiedler eine Koppel, ein Stück Wald und einen Acker von 10,16 ha. Im ersten Jahr haben wir noch nicht unseren eigenen Acker bestellt, sondern ein Stück, das uns zugewiesen wurde. Die Bestellung mußten wir noch ohne meinen Mann machen, der erst am 01.Juni 1946 aus der Kriegsgefangenschaft kam. Die Zeit des Hausneubaus war eine schwere Zeit. Die Steine holte mein Mann aus Tutow, etwa 25 km Entfernung. Die Strecke mußte häufig zu Fuß bewältigt werden. Für den Bau hatten wir 6 Sack Zement. Wir wirtschafteten so sparsam, daß noch 3 davon übrigblieben. (Bem.: Fußweg nach Tutow war kürzer) Zum Mittag gab es für die Familie und die Handwerker Pellkartoffeln und Rennfahrerstip als Soße. Diese bestand aus Margarine und Schrot. Für die Handwerker war es ungewohnt, mit der Familie zu essen. Das hat ihnen so gut gefallen, daß sie nach dem Bauen mit uns bis zum Dunkelwerden noch aufs Feld kamen."
Auch in Roidin wurde der Befehl 209 des Neubauernprogramms gut umgesetzt.
- Clemens Manthey, Richard Müller, Emil Pridat vor dem Gutshof am Weg zur Chaussee
- Walter Horn, Hans Czech, Kurt Wittwer am Weg zur Chaussee
- Max Bethke am Schmiedeteich
- Wilhelm Vergils, Otto Wegner auf dem Gutshof
- Richard Söffky im Gutspark
- Robert Holzerland am Gutspark
- Ernst Böhm, Bernhard Czerwinski jun. zwischen Kirchhof und dem Alten Hof (ehemals Schulgrundstück)
- Paul Lorenz, Gerhard Gawe Ausbau eines Wohn- und Wirtschaftsgebäudes jeweils an der Giebelseite eines für den Abriß vorgesehenen Gutsstalles
Nach Kriegsende wurde die Molkerei wieder in Betrieb genommen. Frau Nax bemühte sich darum und hatte Erfolg. Da sich die Heimkehr ihres Mannes immer weiter verzögerte, eine rasche Entlassung aus dem Lager Fünfeichen immer unwahrscheinlicher wurde, nutzte sie schließlich die Möglichkeit, die Molkerei an einen Molker, an Herrn Karl Klatt, zu verpachten. Herr Klatt bewirtschaftete die Molkerei bis zum 01.03.1952. In dieser Zeit wurde die abzuliefernde Milch der Teusiner und Roidiner Bauern sowie die der bäuerlichen Wirte aus den Nachbardörfern verarbeitet. Produziert wurde neben Milch auch Käse und Trockenquark, letzteres für die Käserei in Altentreptow. In der Molkerei fanden einige Teusiner Frauen Arbeit, so Frau Paula Lehmbeck, Frau Gertrud Krüger, Frau Gerda Wesemann und als Milchprüferinnen Frau Gerigk und Frau Tessendorf. Vom März 1952 ab wurde die Milch aus der Gemeinde an die Molkereigenossenschaft nach Demmin geliefert. Herr Nax ließ die noch verwertbare Einrichtung des Betriebs ausbauen und verkaufte sie. 1956 verkaufte er auch Gebäude und Grundstück an Herrn Walther Sothmann und den Molkereiacker an Herrn Heinrich Beckmeyer in Teusin. Etliche Jahre später kaufte die LPG Pflanzenproduktion Herrn Sothmann die Immobilie ab. Sie sollte zu einem Lehrlingswohnheim werden. Auch andere Pläne kamen ins Gespräch. Alles scheiterte jedoch an den äußerst kostspieligen Umbauten, die man hätte vornehmen müssen. So blieb die Nutzung dieser alten Molkerei nur als Wohngebäude für eine große Familie.
Aus der Zeit des schweren Anfangs nach 1945 liegen Zeitdokumente vor, die belegen, wie das Leben der Menschen und das Handeln der Regierenden vom Mangel bestimmt wurde. Als ein Beispiel sei ein Brief des sowjetischen Kommandanten vom 10.Juni 1947 an die Bürgermeister zitiert:
"...Die Bürgermeister und Dorfältesten kommen ihren Pflichten nicht nach. Sie tun nichts zur Erfüllung des Ablieferungssolls, sondern stellen sich auf den Weg der Sabotage. Ich befehle:Es ist sofort zu organisieren, daß täglich zweimal Milch abgeliefert wird, und zwar morgens und abends. Die Weigerung und Sabotage einzelner böswilliger Lieferanten muß gebrochen werden, indem sie in einzelnen Fällen vor das Kriegsgericht gestellt werden. Alle Bürgermeister und Dorfältesten sollen persönlich morgens und abends die Ablieferung der Milch kontrollieren. Sie müssen mir über die Erfüllung des Befehls am 11.06.1947 durch Kurier schriftlich Meldung erstatten. Demmin, den 10.6.1947 gez. Kowalenko Garde-Major
Schreiben vom 22.September 1947 an alle Gemeindevorsteher des Kreises Demmin mit folgendem Inhalt:
"...Alle Mahlscheine müssen vom Landrat bewilligt werden. keine Mühle darf Getreide annehmen ohne Mahlschein, der (nicht) vom Landrat unterschrieben ist. (Anm.: gramm. Fehler) Selbstversorger, die 100 % erfüllt haben, müssen die Menge und Art des Getreides angeben, welches monatlich gemahlen werden soll. Selbstversorger, die nicht 100% erfüllt haben, können monatlich nur 10 kg Getreide pro Kopf der Haushaltsangehörigen zur Vermahlung beantragen.
Schreiben vom 14.Oktober 1947 an die Herren Bürgermeister betreffs Kartoffelablieferung:
"...Die Ablieferung an Kartoffeln ist katastrophal. Ich ersuche sämtliche Bürgermeister und Dorfältesten, mit allen MItteln die Ableiferung von Kartoffeln und Gemüse voranzutreiebn. Es ist verboten, das Stroh zur Einmietung aus dem Ablieferungssoll zu entnehmen. Jeder Bauer ist verpflichtet, soviel Stroh, als zur Einmietung benötigt wird (min. jedoch 10%), mit abzuliefern. Außerdem ist er verpflichtet, die Kartoffeln frei Annahmestelle zu liefern. Es wird davor gewarnt, auf Abholung der Kartoffeln zu warten. Es liegt Veranlassung vor, darauf hinzuweisen, daß sortierte Kartoffeln abzuliefern sind. Unter allen Umständen ist es zu vermeiden, daß Schmutz und Dreck als Kartoffeln abgeliefert werden. Solche Lieferanten werden wegen Sabotage vor Gericht gestellt. gez. Schwantz, Landrat
Solche Strafandrohungen waren sehr ernst zu nehmen. Der Siedler Otto Meyer aus Ückeritz wurde, um ein Beispiel zu nennen, am 20.10.1947 wegen "böswilliger Nichtablieferung und Nichtbefolgung der Weisungen zur Planung und Lenkung der Landwirtschaft " mit 2 Jahren Gefängnis und sofortiger Vollstreckung bestraft. Das Urteil ging zur Abschreckung an alle Bürgermeister mit der Anweisung, dieses zum Aushang zu bringen.
Auch aus unserer Gemeinde mußten sich Bauern und Siedler wegen "böswilliger" Nichtablieferung vor dem Kommandanten oder an anderer Stelle verantworten, wenn auch noch nicht mit Gefängnisstrafe. So wurde zum Beispiel der alte Herr Martin Linde vom Ortspolizisten mit Fahrrad und Hund abgeholt. Er mußte mit Decke unter dem Arm in dessen Begleitung zu Fuß den Weg nach Demmin zur Kommandantur zurücklegen. Am nächsten Vormittag kam er wieder zu Fuß zurück.
Ordnungsstrafen wurden sehr schnell verordnet. Weil sie die Aufforderung zur Gemeinschaftsarbeit verweigerten, wurden die Roidiner Neusiedler Gustav Wölk, Karl und Helene Saß am 28.5.1947 zu je 200,- DM Ordnungsstrafe verurteilt. Das war schon mehr als ein Monatseinkommen. Die drei Neusiedler baten in einem Schreiben an den Rat des Kreises um die Niederschlagung dieser Ordnungsstrafe. Der Wortlaut des Briefes und das Vorgehen der Betroffenen wirkte mutig, aber auch überzeugend, so daß das Amt einlenken mußte.
Auszug aus dem Brief der Siedler an den Rat des Kreises:
"...Ggegen die obigen Ordnungsbescheide wegen Nicht-Teilnahme an der Gemeinschaftsarbeit erheben wir hiermit Einspruch und bitten um Niederschlagung ...Begründung: Bei der Aufforderung zur Gemeinschaftsarbeit haben wir erklärt:1.daß wir selbst noch nicht mit unserer Feldbestellung fertig seien 2. daß wir endlich eine gerechte Verteilung der Gemeinschaftsarbeit fordern 3. daß der Siedler ..., bei dem wir Gemeinschaftsarbeit leisten sollten, statt Feldbestellung zu betreiben, mit seiner Zugsterke Dung in den Hausgarten gefahren hat. Außerdem begründen wir unseren Einspruch damit, weil gegen 3 andere Siedler, die ebenfalls die Gemeinschaftsarbeit verweigerten, kein Strafantrag gestellt worden ist. Es geht nicht an, daß in Roidin bisher immer mit zweierlei Maß gemessen wurde...Für das Pferd von Frau Helene Saß liegt außerdem eine Bescheinigung bei, daß das Pferd wegen hochgradiger Erschöpfung bis auf weiteres arbeitsunfähig war...Roidin, den 18.6.1947 "
Auch der Bürgermeister und andere Siedler unterzeichneten.
Der Chronik vorliegende Aufstellungen über den Viehbestand und die Wirtschaften der Bauern beider Dörfer machen die Schwierigkeiten und Zwänge der Betriebe nach dem Krieg deutlich. Der Viehbestand der Altbauern war noch sehr gering. Eine Aufstellung vom 23.12.1947 gem. Befehl 14 weist den 12 Altbauern Teusins 27 Kühe, 52 Rinder, 21 Schweine und 17 Schafe aus. Für die 26 Neubauern mit Bodenreformland waren es 16 Kühe, 55 Rinder, 27 Schweine und 1 Schaf. Darunter gab es Neusiedler, die noch nicht über eine Kuh verfügten. Einige hatten erst ein oder zwei Rinder auf die verschiedenste Art und Weise gekauft, getauscht (oftmals gegen Holz aus dem Bodenreform-Wald) oder durch Arbeit beim Altbauern erworben, um sich eine Milchkuh heranzuziehen. Eine Milchkuh bedeutete Ernährung der Familie und Zugtier für die Feldarbeit. Besonders schwer war der Anfang für die Umsiedler, da sie auch an fehlenden Arbeitsgerätschaften und unzureichenden Wohnverhältnissen zu leiden hatten. Es ist verständlich, daß sich viele Bauern Gedanken darüber machten, wie sie das Ablieferungssoll drücken konnten. Doch die Kontrollen und Erfassungen waren entsprechend häufig und streng, so daß kaum ein Erfolg beschieden war. Die Hektarangaben in Größenordnungen beeinflußten die Höhe der Pflichtablieferung - je höher die Größenordnung desto höher das Pflichtablieferungssoll pro ha und desto schwieriger die Wirtschaftslage bei niedrigem Viehbestand. Wirtschaften über 20 ha galten als Großbauern.
Wenn auch auf dem Dorfe 1947 niemand mehr direkt hungern mußte, so ernährten sich die Menschen doch recht einfach und bescheiden. Noch war nur das zu bekommen, was es auf Lebensmittelkarten oder aus der eigenen Landwirtschaft und dem Hausgarten gab. Jedes nutzbare Stück Land wurde zum Anbau von Gemüse oder Feldfrüchten verwendet.
Echte Sorgen bereitete abgetragene Kleidung, verbrauchte Wäsche oder nicht mehr reparierbares Schuhzeug. In einem Schreiben an den Bürgermeister drückt sich die allgemeine Situation so aus: "...Zur Linderung der größten Not an Schuhwerk...für die Umsiedler gelangen in den nächsten Tagen Vollholzschuhe zur unentgeltlichen Ausgabe an die bedürftigsten Umsiedler in ihrem Gemeindebezirk. Ihr Gemeindebezirk erhält 16 Paar Vollholzschuhe, davon für Erwachsene 11 Paar Schuhe, für Kinder 5 Paar Schuhe..."
1948 war das Jahr, in dem erstmals ein kleiner Käfer die Menschen in diesem Lande von ihren Alltagssorgen ab- und per Befehl der Besatzungsmacht deren Aufmerksamkeit auf sich lenkte - der Kartoffelkäfer oder Coloradokäfer, wie er zuerst genannt wurde. Er war hierzulande völlig unbekannt und aus Amerika eingeschleppt worden. Offiziell hieß es, er sei durch den "bösen" Amerikaner per Flugzeug abgeworfen worden. Den Bürgermeistern wurde befohlen, mit Hilfe der älteren Schüler über die Schule das Absuchen der Kartoffelfelder zu organisieren. Das wurde auch getan und belobigt. Gefunden wurde der Käfer nicht. Die Suchaktion wurde nun jedes Jahr fester Bestandteil im Jahresablauf. Erst 1952 wurde der erste Kartoffelkäfer bei einer Suchaktion auf Teusiner Territorium gefunden, auf dem Acker bei den "3 Bäumen". Von dieser Zeit an wurde er den Teusinern bekannt und immer bekannter. Allen Suchaktionen zum Trotz vermehrte er sich und wurde zum Schädling Nr.1 auf den Kartoffelfeldern. Das vermochten selbst Sonderrationen von Zucker als Prämie für das Auffinden nicht zu verhindern.
1948 war auch das Jahr, in dem ernsthaft gegen den Schwarzhandel angegangen wurde, ein ernstes Problem der Nachkriegszeit, denn es fehlte an allem. Der Tauschhandel war oft die einzige Möglichkeit, lebensnotwendige Dinge zu beschaffen. Dazu besonders befähigte Menschen entfalteten ihre Talente, nutzten Beziehungen aus, "organisierten" und bereicherten sich. Um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten, wurde der staatliche Handel mit den "Freien Spitzen" ins Leben gerufen. Das war die Bereitstellung von Industriewaren gegen pflanzliche Produkte, die über das Ablieferungssoll hinaus zur Ablieferung kamen. Das nannte sich "Freier Markt".
Auch im Jahr 1948 begann Herr Ernst Klautke in Teusin mit dem Aufbau eines Sägewerks. Es war ein Kreissägebetrieb, Dieses Vorhaben wurde vom Rat des Kreises und der Handwerkskammer genehmigt. Als Standort wurde die Gutsscheune neben dem Gutshaus genutzt. Der Holzeinschnitt erfolgte für die Siedlungsbauten nach Befehl 209 der S.M.A.. Mit diesem kleinen Unternehmen von Herrn Klautke wurden in den Jahren 1948 bis 1952 für über 60 Siedlungshäuser und Stallungen die Kanthölzer geschnitten. Gearbeitet wurde mit 4 Kollegen in 2 Schichten. der Fachmann Anton Schwark war der Meister. Bereits im Jahre 1947, nach einem harten Winter, war man staatlicherseits darum bemüht, die Versorgung mit festen Brennstoffen durch Torfstich zu verbessern. Dazu erging an den Bürgermeister Teusins eine Aufforderung, die dieser noch abschlägig beantworten mußte. Nach Fertigstellung des Sägewerkes übernahm Ernst Klautke dann aber doch 1948 im Auftrag des Rates des Kreises ebenfalls die Torfproduktion. Er begann die Torfgewinnung im Tollensetal auf der Schönbeck´schen Wiese gegenüber dem Vanselower Schloß. Mit einer Handstechmaschine wurde auch bei der Torfgewinnung in 2 Schichten mit je 3 Arbeitskräften gearbeitet. Pro Schicht waren etwa 800 bis 1000 Soden zu stechen. Der Absatz war immer gesichert. Beliefert wurden u.a. nach Freigabe vom Rat des Kreises die Schulen der Umgebung. Von 28 Betrieben, die zu dieser Zeit Torf stachen, lieferte Teusin den besten Torf. Der Brennwert glich dem einer Braunkohle. Pro Tonne wurden aus dem Verkauf 55 bis 60 Mark eingenommen. Torf wurde im Tollensetal seit alters her gestochen. Die Bauern stachen den Torf mit dem Spaten in ihren Wiesen. Sie vermochten nur die oberste Schicht abzustechen. Dieser junge Torf hatte nur geringe Heizqualität. Nach 1920 begann Herr Schneidereit aus Demmin in den Tollensewiesen des Gutes Teusin damit, Torf mit einer Handtorfstechmaschine abzubauen. Er erzeugte Torf von vorzüglicher Qualität, der per Kahn abgefahren und einige Jahre später bis nach Hamburg gehandelt wurde. Sowohl das Sägewerk als auch die Torfproduktion halfen in der Nachkriegszeit bei der wirtschaftlichen Bewältigung des Neuanfangs. Dies endete jedoch bereits 1952 wieder, als Sägewerk und Torfproduktion ihren Betrieb einstellten. Herr Klautke übernahm andere Aufgaben.
Als weiterer Beleg für die schweren Anfangsjahre ist ein Papier erhalten geblieben, das die Tagesrationen der einzelnen Kartengruppen nennt, also die Lebensmittelmengen in Gramm, die auf Lebensmittelkarten gekauft werden konnten. In dieser Übersicht ist es auf Fleisch, Fett und Zucker beschränkt. Leider fehlt die genaue Jahresangabe. Da es aber Jahre dauerte, bis die Rationen erhöht wurden, mag sie für die Zeit von 1946-1948 gelten. Im Gemeindebüro hing dieses Blatt auch noch viele Jahre nach Wegfall der Lebensmittelrationen angeheftet, als ständiger Denkanstoß an eine sehr schwere Zeit vermutlich.
Tagesrationen der einzelnen Kartengruppen
Kartengruppe | Fleisch in Gramm | Fett in Gramm | Zucker in Gramm |
---|---|---|---|
Grundkarte | 45 | 30 | 40 |
Grundkarte E | 48 | 31 | 45 |
Grundkarte D | 65 | 43 | 50 |
Grundkarte B | 65 | 55 | 60 |
Grundkarte C | 66 | 48 | 60 |
Kinderkarte 0-5 Jahre | 30 | 30 | 53 |
Kinderkarte 5-9 | 30 | 30 | 53 |
Kinderkarte 9-15 | 35 | 35 | 55 |
Erhalten geblieben ist auch eine Kartoffelkarte, weil die schöne leere Rückseite nach Verfall der Gültigkeit als Schreibpapier noch dienen konnte.
Entwicklung der Schule in Teusin nach 1945
Nach Kriegsende wurde am 15.Oktober 1945 nach vielen Monaten des Schulausfalls der Unterricht an der Schule in Teusin wieder aufgenommen. Für die etwa 90 Schüler der Schuljahre 1 bis 8 in der einklassigen Dorfschule bedeutete das allergrößte Schwierigkeiten. Als Lehrerin kam Frau Wegner täglich zu Fuß von Demmin. Später, als der Zugverkehr wieder annähernd regelmäßig einsetzte, benutzte sie die Eisenbahn bis Utzedel. Es wurde vormittags und nachmittags in Schichtunterricht gearbeitet. Der Unterricht bestand zumeist im Aufgeben und Vergleichen von Schul- und Hausaufgaben. Der Platzmangel war groß, da nur 40 Schülerarbeitsplätze in 20 Schulbänken vorhanden waren. Der Leistungsstand innerhalb eines Schuljahrgangs war sehr unterschiedlich, da viele Kinder durch die Kriegswirren und den schon jahrelangen unregelmäßigen Unterricht teils sehr weit zurückgeblieben waren. Hinzu kamen die enormen materiellen Schwierigkeiten, hauptsächlich fehlende Unterrichts- und Schreibmaterialien. Die Zusammensetzung der Schuljahre veränderte sich laufend durch den Zuzug und Abgang von Schülern.
Die ersten Schulanfänger (Klasse 1) wurden nach Kriegsende am 2. September 1946 eingeschult. Es waren 21 Jungen und Mädchen. Damit begann das erste ordentliche Schuljahr einer nun dreiklassig gewordenen Landschule mit 2 Lehrkräften, Herrn Weiland und Frau Pofahl. Die Dreiklassigkeit setzte sich wie folgt zusammen:
- I. Klasse: Schüler der Schuljahre 1 bis 4
- II. Klasse: Schüler der Schuljahre 5 und 6
- III. Klasse: Schüler der Schuljahre 7 und 8
Die Schule blieb dreiklassig bei Schichtunterricht in nur einem Klassenraum bis zum Juli 1951. Da nur ein Klassenraum zur Verfügung stand, wurde von 7.00 Uhr bis 18.00 Uhr im Schichtunterricht gelernt. Im Winterhalbjahr gab es wegen häufiger Stromausfälle sehr umfangreiche Unterrichtsstörungen. Auch der Schulweg erwies sich in dieser Zeit für die Kinder aus Roidin und vom Ausbau bei den schlechten Wegeverhältnissen und in der schlechten Beschaffenheit von Kleidung und Schuhwerk eine reine Plage. Nach Roidin führte zu dieser Zeit nur ein schmaler Fußweg. Zu den Ausbauten begingen die Kinder den sogenannten "Kirchsteig", der zur Kirche nach Sanzkow über den Frank´schen Hof und quer über den Acker in Richtung Bauernhof Bohn führte. Dieser Steig wurde jedes Jahr beim Pflügen mit umgepflügt und mußte danach neu getreten werden. Dieser Steig verschwand eines Jahres völlig, sein letzter Abschnitt ist als Fahrweg zu den Schweineställen erhalten geblieben. Ab dem 1. September 1950 unterrichteten jedoch dann bereits 3 Lehrer und ein sogenannter "Wanderlehrer" für Russisch, das war Herr Werner Kappis.
In den Jahren nach Kriegsende und in den 50-er Jahren wirkten an der Teusiner Schule folgende Lehrer:
- 15.10.1945 bis 26.04.1946 Frau Wegner aus Demmin
- 26.04.1946 bis 06.07.1946 Herr Czeyka aus Demmin
- 30.09.1946 bis 24.09.1948 Herr Weiland
- 30.09.1946 bis 28.07.1949 Frau Pofahl
- 18.10.1948 bis 09.02.1952 Herr Dreher als Schulleiter
- 01.09.1949 bis 21.09.1949 Herr Sieg
- 22.09.1949 bis 31.01.1951 Herr Wolff
- 01.12.1950 bis 09.02.1952 Frau Dreher
- 10.03.1952 bis 05.07.1952 Herr Goetsch
- 01.09.1952 bis 31.06.1955 Frau Hagen
- 01.07.1950 bis 1976 (Auflsg.) Herr Drechsel als Schulleiter
Bereits im Jahre 1949 setzte sich der gebildete Arbeitskreis der Freunde der neuen Schule energisch für die Verbesserung der Lage an der Schule ein.
Sein Leiter war zunächst der Schulleiter, Herr Armin Dreher. Später übernahm Herr Alfred Scheel, Malermeister und der Schule sehr zugetan, die Leitung. Die Freunde der neuen Schule sollten zur Schaffung der neuen sittlichen und moralischen Grundwerte engen Kontakt zwischen der Schule und den Familien herstellen. Über die am 30.Oktober 1949 erfolgte Schulbegehung durch Vertreter des Gemeinderates, der Bauernpartei, der V.d.g.B., der FDJ, der JP, des Schulausschusses, der Volkssolidarität, der Elternschaft, des Patenbetriebes und der SED liegt ein Protokoll vor, das über den Zustand der Schule 1949 Auskunft gibt. Das Ergebnis sagte aus:
- daß der bauliche Zustand der Schule zufriedenstellend ist. Im Klassenraum sei aber eine Renovierung notwendig. Man einigte sich darauf, daß die Kosten dafür aus dem Etat der Gemeinde und dem Pachterlös für die Schulländereien gedeckt werden können.
- Die Einrichtung des Klassenzimmers und die Ausstattung mit Lehr- und Lernmitteln lag nach Auffassung des Schulleiters zu 70% unter dem Minimum. Durch die Anschaffung eines Schulfunkgerätes, einer Karte und durch Fahrten einzelner Klassen nach Demmin (Filmkino) sei die Schulkasse erschöpft. Daher wurde beschlossen:
Anschaffung eines Schulballes (Übernahme der Kosten durch die Gemeinde) Errichtung eines Reckes durch Beschaffung von 2 Balken, Aufbau durch die Jungen Pioniere Durchführung einer gründlichen Inventur und Anlegen eines Inventarverzeichnisses
- Anfuhr von 4 rm Schulholz von Roidin
- Beantragung eines Bezugsscheines für Gardinen beim Wirtschaftsamt, Herr Poweleit erklärte sich bereit, die Gardinenstangen zu fertigen
- Überprüfung des Gesundheitszustandes der Kinder, Erstellen von Listen an das Wirtschaftsamt bezüglich notwendiger Winterkleidung und Lederschuhe für die Kinder, da es zu wenig Bezugsscheine gibt. Herr Walter gibt die dringendsten Fälle an die Volkssolidarität weiter. Der Bürgermeister ist zuständig dafür, daß die Gemeindeschwester regelmäßig Schulkontrollen durchführt.
- Die Versorgung und der Gesundheitszustand des Lehrers wurde dahingehend erörtert, daß ein vom Lehrer selbst zu bezahlendes Fahrrad beim Wirtschaftsrat beantragt wird.
- Der Arbeitskreis forderte auch die Einrichtung einer Schulspeisung.
Fast alle Vorhaben vom 30.Oktober 1949 wurden erfolgreich umgesetzt. Herr Klautke reparierte die Lichtleitung, Herr Czerwinski sorgte für das Holz aus Roidin, 15 Schülerinnen und Schüler erhielten Lederschuhe, das Dienstfahrrad des Lehrers kam 1950 und auf dem Schulhof vor den Klassenfenstern wurde das Reck aufgebaut. Nicht verwirklicht werden konnte die Beschaffung von Gardinen, da die Schulverwaltung dafür die Mittel noch nicht für dringlich befand.
Die Schulspeisung wurde dann zum 7.Juni 1950 realisiert. Sie erfolgte in der Ausgabe von 3 mal Brötchen mit Butter- bzw. Margarineaufstrich und 3 mal Streuselschnecke, wofür es die amtliche Bezeichnung "süßes Brötchen" gab. Zwei ältere Schüler holten täglich in einem Weidenkorb die Ware vom Bäcker Martens aus Utzedel. Sie mußten den Weg zu Fuß zurücklegen. Das war bei den schlechten Wegeverhältnissen bei schlechtem Wetter eine ansprechende Leistung. Die Brötchen wurden von Frau Schaaf in ihrer Wohnung zubereitet und in der großen Pause ausgeteilt. Später erhielt sie einen Arbeitsplatz im Schulhaus. Kinder und Eltern waren mit ihrer Arbeit, und später auch mit Frau Weimann als Nachfolgerin, sehr zufrieden. Der Bürgermeister, Herr Bohn, meldete am 13. Juli 1950, daß 100 Kinder an der Schulspeisung teilnehmen. Die Eltern beteiligten sich monatlich mit einem Beitrag von 1,50 DM. Für die Schüler der Schule Teusin sollte aber noch die Zeit kommen, daß diese kalte Schulspeisung durch eine hochwertige warme Schulspeisung abgelöst wurde. Zunächst aber mußte sich im November 1950 der Schulleiter mit der Bitte um Weiterführung der kalten Schulspeisung an das Ministerium wenden. Eine warme Schulspeisung für die Kinder war vom Ministerium gefordert, doch die Gemeinde stand vor großen materiellen und finanziellen Schwierigkeiten. Bis zur Überwindung dieser vergingen noch einige Jahre.
Nach der Gründung der DDR am 7.Oktober 1949 wurde im Zuge der systematischen Verbesserung der Schulverhältnisse an den wenig gegliederten Landschulen auch für Teusin nach Wegen gesucht, um vor allem den oberen Schuljahrgängen eine bessere Bildung durch Fachunterricht in Einstufenklassen zu ermöglichen, was innerhalb des Jahrzehnts erreicht wurde:
- Am 1.9.1951 wurden die Schüler der Stufen 7 und 8 nach Utzedel umgeschult. Sie fuhren täglich mit dem Fahrrad oder gingen zu Fuß. Damit war die Teusiner Schule zweiklassig geworden, die Stufen I ( 1 bis 4) und Stufe II Klasse 5 und 6. Diese Stufe (5/6) wurde dann ab dem 1.September 1955 ebenfalls nach Utzedel umgeschult. Damit war auch für diese Schüler der Mehrstufenunterricht beseitigt. Teusin wurde Teiloberschule mit einer Mehrstufenklasse der Stufen 1 bis 4.
- Da die Schülerzahl in den Folgejahren ständig wuchs und schließlich 40 Schüler erreichte, wurde ab dem Schuljahr 1960/61 die Klasse geteilt: Schuljahre 1 und 2 als Klasse 1 und Schuljahre 3 und 4 als Klasse 2. Teusin bekam auch einen zweiten Lehrer.
- Um den leidigen Schichtunterricht zu vermeiden, wurde Ausschau nach einem zweiten Klassenraum gehalten. Unter Mithilfe des sehr aktiven Elternbeirates unter Vorsitz von Herrn Walter Horn, dem Handwerker Giese (Stellmacher), Herrn Ganzow und Herrn Müller (Maurer) wurde die Baracke des Erntekindergartens hinter dem Haus Gabloffsky als Klassenraum nutzbar gemacht. Schulbänke stellte die fritz-reuter-Schule in Demmin zur Verfügung. Die Schultafel brachte sich die neue Lehrerin Frau Bärbel Ewert, die ihr Studium erfolgreich absolviert hatte und in den Lehrerberuf einstieg, aus dem Betrieb ihres Vaters mit.
Einige Jahre später folgten nach dem Wegzug von Frau Ewert Frau Gurt und Frau Resch als junge Lehrerinnen an der Teusiner Schule. Danach war Frau Phillips als Lehrerin an der Schule Teusin tätig. Ihr Mann hatte als Revierförster das Revier Broock übernommen. Die Familie wohnte in der Roidiner Mühle.
- Ab dem Schuljahr 1969/1970 wurde der Mehrstufenunterricht vollends beseitigt, indem auch die Schüler der Stufen 3 und 4 nach Utzedel umgeschult wurden. Die 1. und 2. Klassen aus Utzedel wurden dafür in Teusin unterrichtet. 1967/68 war der Schülerbusverkehr, zunächst von Teusin nach Utzedel möglich geworden. Die Roidiner Kinder stellten ihre Fahrräder in Teusin unter. Die Errungenschaft eines sicheren Schulweges wußten Kinder wie Eltern zu schätzen. Nachdem die Straße nach Roidin befestigt worden war, stiegen auch die Roidiner Kinder in ihrem Dorf in den Schülerbus ein.
- Zum 1.9.1971 erfolgte die Auflösung der Teiloberschule Teusin und deren Angliederung an die Polytechnische Oberschule Utzedel. In Teusin verblieb die 1. Klasse, in die die Schulanfänger aus Teusin, Roidin, Sanzkow, Utzedel, Dorotheenhof und Leistenow gingen. Der Schulbus brachte sie und holte sie nach der Schulspeisung zu Mittag im Kulturhaus wieder ab. Auch der Sportunterricht fand im Kulturhaus statt. Dafür standen vielseitige Geräte zur Verfügung: Kästen, Bänke, Sprungbalken, Turnmatten, Medizin- und Hohlbälle. In den Klassenräumen waren die alten Schulbänke modernen Schülertischen gewichen. Insgesamt hatte die Schule zuletzt einen hohen Ausstattungsgrad und ideale Lernbedingungen. Der Unterricht an der Schule hörte 1976 auf. Das Mobilar wurde nach Utzedel umgelagert. Der Klassenraum wurde Ausleihraum für die Gemeindebibliothek. Der 2. Klassenraum wurde Jugendraum und brannte Jahre später ab.
Die Zahl der Schüler an der Schule, die aus der Gemeinde Teusin kamen, hatte sich im Laufe der Jahrzehnte von 1946/47 bis 1970/71 verringert. Waren es 1946/47 21 Einschulungen, konnte diese Anzahl bis 1970/71 nicht mehr erreicht werden. In 19 Jahren blieb die Anzahl der Schulanfänger unter 10. 1952/53 war es nur 1 Schüler.
Zu den Maßnahmen, die eine wirksame Hilfe für die werktätigen Frauen sein sollten, gehörte auch die Einrichtung eines Erntekindergartens. Seit 1951 bestand im ehemaligen Gartenhaus des Gutes in Teusin ein solcher Kindergarten. In Gemeinschaftsarbeit richteten die Frauen die Räumlichkeiten her. Frau Elise Hinz betreute die Vorschulkinder des Dorfes dort dann über den Sommer. Das war schon eine große Hilfe für die Familien, da die Mütter auf der Siedlung mitarbeiten konnten und die Kinder gut versorgt wurden.
Daran änderte sich auch nichts, als sich die landwirtschaftliche Arbeit durch die Entwicklung der Technik verbesserte. Noch wurde fast ausschließlich mit den alten, aus der Vorkriegszeit vorhandenen Maschinen und Geräten gearbeitet. Sie wurden nur stärker in Anspruch genommen. Die Nachbarschaftshilfe wurde zu einem Merkmal der bäuerlichen Zusammenarbeit. Das betraf vor allem das gegenseitige Ausleihen von Maschinen und Geräten. Ebenso gab es das zeitweise Zusammenspannen von Zugtieren, deren Ausleihe wurde vielfach abgearbeitet. Auch gemeinsames Anschaffen von Geräten wurde praktiziert. So ging im Frühjahr die Handdippelmaschine zur Aussaat von Rüben und anderen Sämereien von Hand zu Hand. Mehr als je zuvor galt: Not macht erfinderisch.
Bis zum Jahre 1952 hatten sich in den Orten gesellschaftliche Veränderungen vollzogen, die die schwere Nachkriegszeit schrittweise linderten. Viele Menschen schauten nach vorne, um das Land in einem friedlichen und demokratischen Sinne wieder aufzubauen. Bürgermeister der Gemeinde Teusin/Roidin wurde Herr Friedrich Thuso, geb. 1915. In Teusin lebten 264 Einwohner, in Roidin 210 Einwohner. In Teusin wirtschafteten 8 Großbauern (davon 8 Altbauern), 3 Mittelbauern (davon 3 Altbauern) und 76 Kleinbauern (davon 1 Altbauer). 1952 gab es noch keinen Volkseigenen Betrieb in Teusin. Das Torf- und Sägewerk von Herrn Klautke mit 6 Arbeitern war Privatunternehmen. Die evangelische Kirche Roidin wurde von Pfarrer Tascher aus Sanzkow geleitet.
Wiederaufnahme der Tätigkeit einer Feuerwehr und der Aufbau des kulturellen Lebens in Teusin
Für die Gründung einer Feuerwehr in Teusin gibt es keine verbindliche Nachricht oder gar einen dokumentarischen Beleg. Es gibt aber Fakten, die eine Gründung der Feuerwehr im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts vermuten lassen. Aus den Schilderungen von Frau Annemarie Werner-Gabloffsky kann angenommen werden, daß Teusin bei dem großen Brand am 9. Mai 1911 bereits eine Handdruckspritze besaß. Ihr Vater, Ernst Gabloffsky, war der wohl seinerzeitige Gründer und Leiter der örtlichen Feuerwehr. Dafür spricht, daß im Wohnhaus des Hofes Gabloffsky bis in die 2. Hälfte des 20.Jahrhunderts ein großes Foto mit einer abgebildeten Feuerwehrmannschaft hing. Es wurde zu späterer Zeit in den Schuppen der Feuerwehr gehängt. Bei Entnahme des Fotos aus dem Rahmen wurde auf der Rückseite der Namenszug E. Gabloffsky sichtbar. Es muß sich um ein Foto der Feuerwehr aus Völschow handeln. Auf den Armbinden ist der Aufdruck FV zu erkennen, was für Völschow spricht. Auch kam Ernst Gabloffsky mit Frau und der 3-jährigen Tochter Anne Marie 1898 von Völschow nach Teusin, um den erworbenen Hof des Onkels zu übernehmen. Mit seiner Erfahrung als "gestandener Feuerwehrmann" wurde er vermutlich der Initiator einer Teusiner Wehr.
Erst für die Nachkriegszeit finden sich jedoch schriftliche Aufzeichnungen über das Wirken der Teusiner Feuerwehr. Sie beginnen 1949 mit einer Einladung zu einer Feuerwehrversammlung in der Gastwirtschaft Lehmbeck für den 26.03.1949. Themen waren die Auswertung der Kreisfeuerwehrtagung vom März 1949 und die Besprechung eines Festes.
Als Wehrleiter stand Herr Ernst Klautke an der Spitze. Bezahlte Beiträge betrugen 10 Pf für aktive Mitglieder bzw. 30 Pf vierteljährlich für passive Mitglieder. Sorgfältig geführte Kassenlisten der Jahre weisen aus, wie vielseitig das Wirken der Feuerwehr auf das Leben im Dorf und die Entwicklung der Gemeinschaft gerichtet war. Als Schriftführer der Wehr waren am Anfang Herr Albert Marx und ab 1951 die Kameraden Kranz und Frank tätig. Für das Jahr 1951 gab es ein erfreuliches Ereignis für die Teusiner Wehr. Dies geht aus einem Bericht über einen Probealarm am 26.Mai 1951 hervor: "...am Abend um 19.00 Uhr fand in der Gemeinde Teusin ein Probealarm der Freiwilligen Feuerwehr Teusin und der Berufsfeuerwehr Demmin statt. Der Anlass zu diesem Alarm war die Übergabe einer neuen Motorspritze an die FFW Teusin durch den Oberbrandmeister Wilde, Demmin. Zu dieser Feier war die Bevölkerung herzlich eingeladen, die auch zahlreich erschienen war..." 1952 hatte unter Führung von Herrn Ernst Klautke als Wehrleiter die Feuerwehr eine Stärke von 12 Kameraden.
Ernst Klautke war nach 1945 als heimatlos gewordener Kriegsteilnehmer ins Dorf Teusin gekommen und auf dem Hof Gabloffsky geblieben, nachdem er die verwitwete Bäuerin Elli Gabloffsky geheiratet hatte. Sein Tatendrang richtete sich nicht nur auf die unternehmerische Tätigkeit bei der Gründung von Sägewerk und Torfbetrieb. Er wurde mit Engagement und Ideenreichtum für viele Jahre der Motor bei der Gestaltung des dörflichen Lebens über viele Jahrzehnte hinweg. Auf seine Tätigkeit zurückblickend, schilderte er sein Wirken wie folgt:
"1948/49 übernahm ich die Freiwillige Feuerwehr Teusin/ Roidin. Wir waren zirka 25 bis 30 aktive und 15 passive Kameraden. Am Wochenende wurden Übungen durchgeführt. Dazu hatten wir nur eine Handdruckspritze. Die Kameraden hatten immer auch den Wunsch, auch das kulturelle Leben im Dorf zu entwickeln und mitzugestalten. So entschloss ich mich, die Sache in die Hand zu nehmen. Wir begannen mit Kameradschaftsabenden, gestalteten die Silvesterfeier, den Karneval und Kinderfeste. Alle Veranstaltungen wurden in der damaligen Gaststätte von Heinrich Lehmbeck durchgeführt. Trotz der kleinen Räumlichkeiten in der Gaststätte war immer unbeschreiblicher Jubel und Trubel, war wohltuende Geselligkeit. Auch Musik war da. Und zwar spielte damals Otto Gustavus auf seiner Zieharmonika. Danach wurde getanzt bis in den frühen Morgen hinein. Der Eintritt für alle Veranstaltungen war mit 50 Pf abgetan. Der Musiker Otto Gustavus bekam 5 -10 Mark und freies Trinken. Die Beteiligung an den Veranstaltungen wurde von auswärts immer größer. Um den Platz in den Räumlichkeiten zu entlasten, schnitten wir Bretter und bauten eine Tanzfläche in Plattenbauweise von 10 X 10 m Größe. Diese Tanzfläche wurde nun immer bei Veranstaltungen vor der Gaststätte am Wohnhaus verlegt. Sie wurde mit Bänken umgeben und mit Laub geschmückt. So feierten wir fortan Sommerfest, Kinderfest, Erntefest, Feuerwehrfest u. a. Feste. Es war immer Hochbetrieb mit Otto als lustigem Musikanten. Nachdem ich 1953 Betriebsleiter des ÖLB und 1955 Vorsitzender der LPG "Junge Garde" wurde, kamen zu den bisher gefeierten Festen noch Betriebsfeste hinzu. Alles wurde in fröhlicher Weise und immer guter Stimmung gefeiert. Wir waren schon eine "Junge Garde. Ich habe mich dann 1957 beim Bezirkskontor, Abteilung Landwirtschaft, in Neubrandenburg gemeldet - und siehe da, es dauerte nicht lange, da bekam ich Zusage vom Kreiskontor Demmin auf eine Lagerhalle von 12 X 40 Meter. Sofort wurde eine Vorstandssitzung einberufen. Es galt zu klären, ob es eine Lagerhalle oder ein Kulturhaus werden soll. Entschieden wurde für ein Kulturhaus. Ich habe dann selbst die Zeichnung angefertigt - ohne Architekt. Das Erntefest haben wir dann schon 1957 unter dem Dach gefeiert, auch wenn ansonsten nur die 4 Wände standen, die es trugen. Aber nun zum Aufbau des Kulturhauses: Mit 45 männlichen Arbeitskräften und mit den Gespannen begannen wir die Erdarbeiten. Fundamente, Keller und die Toilettengrube, alles wurde in Handarbeit, ohne Kran und Technik ausgehoben, alles ging seinen Gang, wie im Plan vorgesehen. Die Saalseite wurde auf 1,50 m erhöht, so daß die Saalhöhe 3,50 m erreichte. So entstand dann auch die Bühne mit 2 Seitenräumen. Weiterhin entstanden Garderobenraum, Klubraum, Gaststättenraum, Werkküche, 2 Keller, Vorraum, Wohnung mit 2 Stuben und Küche sowie 2 Büroräume für die LPG. Es war nicht einfach, alles Material heranzuschaffen. Am schwierigsten waren die Geldangelegenheiten. Ich habe mich immer an den Bezirk gewandt. Man mußte den Bürokraten immer auf die Zehen treten. Schließlich ging es um den Fußboden. Die Frage stand: Zement- oder Steinholzfußboden? Wir lehnten beides ab. Wir wollten nicht immer mit roten Beinen nach jedem Tanzvergnügen nach Hause gehen wie die Hohenbüssower. Wir wollten Parkettfußboden. Ich ließ nicht locker, und eines Tages rollte er an - für Saal und Klubraum, Kostenpunkt 25 000 Mark. Das war zu damaliger Zeit ein schöner Batzen Geld. Im Frühjahr 1958 wurde er verlegt. Also hatte der Bau 1 Jahr gedauert. Was noch folgte, das war die komplette Einrichtung des Saales mit Stühlen, Tischen, Beleuchtung, Gardinen und Bildern. Die Werkküche wurde vollkommen eingerichtet und ausgestattet, ebenso Klubraum und Gaststätte. Letztere bekam eine moderne Theke, Exportqualität, mit Kühlanlage, kostete damals an die 10 000 Mark. Alles wurde nach unserem Geschmack eingerichtet und hergestellt. Eine Toilette wurde außerhalb des Hauses gebaut, damit waren wir damals zufrieden. So, nun war das Kulturhaus fertig, der Wert und Kostenaufwand betrug rund 180 000 Mark. Der Wert der Lagerhalle betrug damals 22 000 Mark, den bekamen wir vom Staat als Geschenk. Das Ringen um dieses Kulturhaus war hart gewesen, aber es hatte sich gelohnt. Die Einweihung des Hauses wurde auf den 14.Juni 1958 festgelegt, mit allen erdenklichen Sachen, z.B. freies Essen und Trinken, Sport und Spiel, 2 Kapellen -eine zum Platzkonzert und eine zum Tanz. Und es ging bis in den frühen Morgen, alles in bester Stimmung und Harmonie, ohne Randale und Rowdys, so etwas kannten wir früher nicht. Gefeiert hat die ganze Gemeinde mit vielen Gästen, darunter auch alle Bauarbeiter mit ihren Frauen, einfach alle, die am Bau mitgewirkt hatten. Wir hatten nun das beste Kulturhaus weit und breit. Fast alle 14 Tage war was los, zum Beispiel Erntefeste, Kinderfeste, Masken- und Kappenball, Kameradschaftsabende, Eröffnungsveranstaltung des Bezirks zum `Sozialistischen Frühling`, Platzkonzerte einer Militärkapelle, Sinfoniekonzert, Veranstaltungen der Konzert- und Gastspieldirektion, wie z.B. Meister Briefmarke und Tadeus Punkt vom DDR-Kinderfernsehen zu Gast, ebenso der Komiker Günti Krause, dann Theatervorstellungen mit der Niederdeutschen Bühne, aber auch Feuerwehrausscheide von 14 Feuerwehren, auch Ringerveranstaltungen u.a. DDR gegen Schweden. Dazu gesellten sich Motorradgeschicklichkeitsfahren, Pferdesport und Kegelsport im Saal. Hinzu kamen Versammlungen und Tagungen, aber auch viele regelmäßige Tanzveranstaltungen für Jung und Alt. Man könnte noch viel mehr aufzählen, denn bei allen unseren Veranstaltungen war der Saal in diesen Jahren gut besetzt, öfters so voll besetzt, daß mitunter noch viele Personen draußen standen und durch die Fenster guckten. Der Platz zum Tanzen wurde mitunter schon recht knapp, und auf dem herrlichen Parkett wurde tüchtig getanzt. So viel Publikum, wie wir damals hatten, das ist wohl in einem Dorf selten gewesen, es war einmalig."
(Anmerkung A. Mü.: Ich erlaube mir, als ein im Jahre 1955 in Teusin geborenes Kind zu betonen, daß Herr Klautke in keiner Weise übertrieben hat. Das Engagement der Verantwortlichen für das gesellschaftliche Leben und den Aufbau kultureller und künstlerischer Betätigungsmöglichkeiten in der Gemeinde Teusin/Roidin war hervorragend. Wir Kinder hatten eine wunderbare Zeit.)
Nach Fertigstellung des Kulturhauses suchte die LPG einen Betreiber der Gaststätte. Sie fand ihn im Konsumverband. Das erwies sich als brauchbar und auf Dauer gesichert.
Im Oktober 1958 zog Herr Herbert Heinrich mit Frau und Enkelsohn im Kulturhaus ein. Sein Wirken für das kulturelle Leben in der Gemeinde als Gaststättenleiter und Leiter des Kulturhauses blieb bis Anfang der 70-er Jahre, bis er aus Altersgründen nach Demmin verzog. Herr Heinrich war in Teusin nicht nur erfolgreich als Gaststättenleiter. Er gestaltete das kulturelle Leben im Dorf mit großem Engagement und Organisationstalent. Er sorgte, gemeinsam mit dem Dorfklub der Gemeinde, dafür, daß die kulturellen Vorhaben über die Gemeinde hinaus einen großen Zuspruch und Ruf fanden. Die sehr guten Möglichkeiten des Hauses konnte er deshalb weitestgehend ausschöpfen.
Große Bedeutung für den Aufbau in den Nachkriegsjahren und damit zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen hatte auch das Nationale Aufbauwerk unter der Leitung der Nationalen Front, deren Ortsausschuß in Teusin vom Junglehrer und Teusiner Schulleiter, Herrn Alfred Drechsel, geleitet wurde. In diesem Gremium arbeiteten die Vorsitzenden aller Parteien und demokratischen Organisationen zusammen. Im Ortsausschuß wurden zum Beispiel alle die Gemeinde betreffenden Probleme, vor allem die der Arbeits- und Lebensbedingungen der Einwohner, angesprochen und Lösungen gesucht, Festlichkeiten geplant, Wahlen vorbereitet, Schwerpunkte für die kulturelle Arbeit gesetzt. Zur Mitarbeit waren alle Bürger aufgerufen und gern gesehen, was auch so geschah. Dafür bekam jeder Aufbauhelfer eine Karte, in der er sich seinen Einsatz bestätigen lassen konnte.
Die Nationalen Aufbauhelfer der Gemeinden Roidin und Teusin wirkten beim Bau des Kulturhauses ebenfalls mit, auch beim Straßenbau, bei der Schaffung der Voraussetzungen für die Erntekindergärten in beiden Orten, bei Schrott- oder Altstoffsammlungen, bei der Feriengestaltung der Kinder oder beim Verlegen der Wasserleitung.
In seinen Erinnerungen an die 50-er Jahre äußert sich Herr Klautke auch zu seiner Tätigkeit als Leiter der Teusiner Feuerwehr: "Aber wir konnten nicht nur feiern, wir konnten auch arbeiten und richtig ranklotzen, deshalb sei nachgetragen - 1954 - Das Entschlammen des Dorfteiches Teusin!
Es ging hierbei um die Löschwasserversorgung der Gemeinde'. bei einer Rücksprache in der Abteilung Feuerwehr in Demmin habe ich folgendes Anliegen vorgetragen: Mit der Handdruckspritze ist nicht mehr 100%-ig ein Einsatz gesichert. Daher beantrage ich eine neue T.S.A.- Motorspritze.´ Diese wurde mir auch zugesagt. Aber es gab eine Bedingung: `Ihr müßt erst euren Dorfteich entschlammen!` Damit ging es dann auch bald los. Nach der Frühjahrsbestellung 1954 wurde das restliche Wasser im Teich von der damaligen Demminer Berufsfeuerwehr ausgepumpt. Es war ein Wochenende. Am Montag begannen wir mit cirka 20 werktätigen Bürgern mit Schaufeln den 1 Meter dicken Schlamm abzutragen und mit Gespannen, Raupe sowie Lorenkasten auf einem Schienenstrang abzufahren.So haben wir innerhalb von 5 Tagen diese so schwere Arbeit beendet. Wir hatten die Quelle freigelegt, und innerhalb von einer weiteren Woche waren wir mit unserem Wasservorkommen zufrieden. Das Versprechen der Demminer Feuerwehr wurde eingehalten. 1955 bekamen wir eine neue TSA." Nachtrag dazu: Neben anderem Gerümpel kamen bei dieser Säuberung auch Jagdgewehre zum Vorschein, die bei Kriegsende im Dorfteich gelandet waren. Auch große Mengen Karauschen wurden geborgen und nach Beendigung der Arbeiten wieder ausgesetzt. In der Folgezeit wurden dann auch der Roidiner Schmiedeteich und der Teich an der Roidiner Mühle entschlammt.
- Entschlammung Dorfteich 1954 (2).jpg
Abtragen einer dicken Schlammschicht, Foto: A. Drechsel
Die Akten der Feuerwehr zeigen, wie wichtig das ständige Bemühen des Wehrleiters um die Verbesserung der Ausstattung war. So ist für das Jahr 1950 vermerkt, daß Teusin großen Mangel an einsatzfähigen Schläuchen hatte, weil die zur Reparatur gegebenen im Anschluss dem Druck nicht standhielten. Es fehlte ebenfalls eine Gelegenheit zum Schlauchtrocknen. Ein Brandbericht vom August 1950 weist aus, daß die zu einem Großbrand nach Sanzkow gerufene Teusiner Feuerwehr auf der Hinfahrt unterwegs einen Deichselbruch erlitt, so daß sie nicht mehr zum Einsatz kommen konnte.
Ab dem Jahre 1951 muß es eine gute Zusammenarbeit mit der Roidiner Wehr gegeben haben, was aus dem Versammlungsbericht vom 6.3. hervorgeht. Die Teusiner Wehr stellte künftig den Schriftführer (Marx) und die Roidiner Wehr stellte den gemeinsamen Kassierer (Virgils) . Um die Einsatzfähigkeit zu testen, wurde für den 22.4.1951 in Roidin Alarm gegeben. 11 Kameraden aus Roidin und 5 aus Teusin waren anwesend. Es zeigten sich Schwierigkeiten, wie Bruch des Saugschlauches und Zeit bis zur Wasseraufnahme, so daß eine nachträgliche Versammlung Schlußfolgerungen für die Zukunft zog.
Die Teusiner hatten immer Sorgen mit dem Zustand der Dorfstraße. Bei Regenwetter oder Schneeschmelze war es schwierig, die Straße zu Fuß zu begehen. Ohne Stiefel war es kaum möglich, bei Dunkelheit schon gar nicht, durch das Dorf zu kommen. Das Wasser fand keinen Abfluß, die Fuhrwerke wühlten die Straße auf ihrer gesamten Breite auf, so daß auch am Straßenrand streckenweise kein fester Randstreifen blieb.
Für die Menschen war es daher eine enorme Verbesserung ihrer Wohnlage, als die ersten Straßenlampen angebracht wurden und wenig später im Dorf 500 Meter der Dorfstraße mit einem Straßenpflaster versehen wurden, was 1958 erfolgte.
Anfänge der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft
Im Spätherbst 1952, das genaue Datum ist nicht mehr zu ermitteln, gründeten die 3 Neubauern Jean Arndt, Bernhard Czerwinski und Otto Küther die erste LPG (Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft) im Kreis Demmin. Den Anfang dazu machte ein Antrag zur Durchführung einer Hausschlachtung. Diese mußte zu dieser Zeit und noch späterhin staatlicherseits genehmigt werden. Dies wurde also beim Bürgermeister eingereicht, der wiederum schrieb eine Stellungnahme zum Stand der Sollerfüllung und des Viehhalteplanes und reichte den Antrag an das Kreisamt weiter. Hoffnung auf Genehmigung konnte sich nur machen, wer sein Soll erfüllt, besser noch übererfüllt, hatte. Die Schlachtgenehmigung zu erhalten, das waren Kummer und Sorgen das ganze Jahr hindurch, dem mußte sich manches unterordnen.
Es gab auch Schlachtungen ohne Genehmigung, sogenannte Schwarzschlachtungen, aber wehe dem, der sich dabei erwischen ließ. Regelmäßige Viehzählungen erschwerten den Verstoß und es war schwierig, ein Schwein im Versteck aufzuziehen. Für die 3 Neubauern aus Roidin war es bei ihrer wirtschaftlichen Lage schier aussichtslos, eine Schlachtgenehmigung zu erhalten.
Wer von ihnen auf die Idee mit der LPG-Gründung kam, ist belanglos, aber sie führte zum Erfolg. Die LPG wurde gegründet. Herr Küther wurde LPG-Vorsitzender, Jean Arndt und Bernhard Czerwinski wurden Vorstandsmitglieder. Die Soll-Schulden wurden so gut wie erlassen. Und es konnte geschlachtet werden. Das Leben ging weiter. Der Kreis konnte seinen ersten LPG-Gründungserfolg verbuchen. Als Dank bekam die junge LPG vom Kreis ein Geschenk in Form einer Bücherei und einer Filmvorführeinrichtung. Im ehemaligen Gutshaus wurde ein großer Raum als Kinoraum eingerichtet. Die Bestuhlung in Form mehrerer Klappstuhlreihen spendierte das Filmeck in Demmin. Für Filme sorgte der Landesfilmdienst. Letztendlich hatten ALLE etwas von der LPG-Gründung.
Die Bücherei stand noch einige Zeit in einer großen Holzkiste verpackt und wurde dann der Grundstock für eine Gemeindebibliothek. Untergebracht wurde diese in der Schule Teusin. Damit auch die Roidiner leichter in den Genuß der Ausleihe kommen, wurde zuerst wöchentlich, später 14-tägig in der Gaststätte Wendland in Roidin ein Ausleih- und Tauschabend festgelegt. Der Lehrer packte sich an diesen Tagen 2 große Taschen voll Bücher und versorgte die Roidiner Leser mit Lektüre. Es gab in Roidin eine große Leserschar und Herr Wendland hatte guten Umsatz. Als dann 1956 die ersten Fernsehgeräre Einzug hielten, wurden die Tauschabende langsam eingestellt. Wendlands hatten zunächst den einzigen Fernsehempfänger in Roidin und die Tauschabende störten eher.
Für die Gemeinde Teusin wurde das Gutshaus in Roidin schon bald nach der Übernahme der Verwaltung dieser Liegenschaft zu einer fortwährenden Quelle der Sorgen und Schwierigkeiten. Bei Kriegsende wurde dieses Gebäude ebenso wie alle übrigen Wohnhäuser in der Gemeinde mit Flüchtlingen und später mit Umsiedlern belegt. Die Räume im Schloss, wie das Gutshaus in Roidin genannt wurde, waren total überbelegt. Besonders die Koch- und Küchenfrage war ein Problem.
Auch in späterer Zeit, als es weniger Mieter im Haus wurden, als Umbauten vorgenommen und Versorgungseinrichtungen verbessert werden konnten, entstanden keine zufriedenstellende Lösungen, die Wohnungen blieben ein Provisorium. Trotzdem floß immer wieder der Hauptanteil der Mittel aus dem Gemeindeetat in die Erhaltungs- und Verbesserungsmaßnahmen für das ehemalige Gutshaus. Die Mieter mußten mitunter viel Geduld aufbringen. Es war daher nur normal, daß es zu Beschwerden und Eingaben kam. Wirksam waren solche, die an die Kreisleitung der SED gingen. Dann hatte der Bürgermeister wiederholt Rechenschaft zu geben, erhielt aber auch Hilfe und konnte manches Problem lösen.
Im Jahre 1954 schätzte der Bürgermeister von Teusin/Roidin, Herr Friedrich Thuso, die Lage wie folgt ein:
"Die Gemeinde hat eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 910 ha und 470 Einwohner. Der Anfang der Bewirtschaftung der LNF war sehr schwer. In jedem Ort stand noch ein alter Traktor, welcher noch nicht einmal einsatzfähig war. Die Pferde waren entweder noch zu jung oder schon zu alt. Genau so sah es auch mit dem Rinderbestand aus. An Maschinen und Geräten stand ebenfalls nur das Allernotwendigste zur Verfügung. Als sich dann unsere Maschinen-Ausleih-Stationen (MTS) bildeten und den Bauern unserer gemeinde die Maschinen und Geräte zur Arbeit anboten, da machte sich schon die erste Erleichterung bemerkbar. Die groben Feldarbeiten wurden mit dem Traktor durchgeführt. Diese waren natürlich nicht ganz neu und so kamen Pannen dabei auch vor. Die ersten Miesmacher traten in den Vordergrund und sagten, daß das nichts werden könne. Als dann später die ersten Maschinen aus der Neuproduktion erschienen, gab es bald keinen Bauern, der seine groben Feldarbeiten nicht von der MTS ausführen ließ. Heute ist die MTS schon in der Lage, fast alle landwirtschaftlichen Arbeiten auszuführen, auch wenn hier und da noch Mängel und Fehler auftreten. Das hätte vor einigen Jahren keiner geglaubt, daß es sich so entwickelt. Seit dem Herbst 1952 besteht im Ortsteil Roidin eine Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft, welche bereits eine große Anzahl Maschinen und Geräte sowie einen guten Viehbestand ihr eigen nennen darf..."
Nicht aus dem Bericht des Bürgermeisters geht hervor, daß es doch auch einige Bauern, sowohl Alt- als auch Neubauern, gab, die ihre Wirtschaft nicht stabilisieren konnten und durch die vom Staat auferlegten Pflichten in immer größere Schwierigkeiten und damit in noch mehr Unzufriedenheit gerieten. Einige Neubauern gaben ihre Siedlungen auf. Manchen fehlte wohl auch die nötige Kenntnis zur Führung eines landwirtschaftlichen Betriebes. Auch Altbauern gaben ihre Wirtschaft auf. Sie waren über Nacht mit ihrer Familie verschwunden. Es hieß dann, daß sie gegen Mitternacht mit dem sogenannten "Bauernzug" nach Berlin und von dort weiter in die Bundesrepublik gereist waren. In Teusin wurden auf diese Weise Anfang der 50-er Jahre die Höfe Bohn, Horst und Wolff aufgegeben. Die Gründe waren verschieden: Rückstände in der Sollerfüllung und massive Androhung von drastischen Strafmaßnahmen ("In Waldheim ist noch Platz."), Propagierung der LPG-Bildung u.a. Die Bauernhöfe Dust (Ausbau) und Gabloffsky wurden durch die Pächter aufgegeben. Andere Bewerber fanden sich noch am Anfang, aber bald blieb die erste Fläche unbesetzt, mußte jedoch bewirtschaftet werden.
Ende 1953 wurden die verlassenen Betriebe in der Gemeinde in einem 'örtlichen Landwirtschaftsbetrieb, kurz ÖLB genannt, zusammengefaßt. Dieser wurde dem Rat der Gemeinde untergeordnet. Betriebsleiter des ÖLB Teusin wurde Herr Ernst Klautke. Er bearbeitete die vorhandenen Flächen mit Landarbeitern aus der Gemeinde unter Mithilfe der inzwischen entstandenen MAS (Maschinen-Ausleih-Station) , später MTS Vorwerk. In diesem Betrieb fanden auch Männer und Frauen aus der Gemeinde eine Arbeit. Es entstand die Berufsbezeichnung "Traktorist". Der ÖLB betrieb auch Viehwirtschaft. Der Betrieb vergrößerte sich von Jahr zu Jahr bis 1955 auf 463,60 ha und umfaßte 37 ehemalige Betriebe. (Flächen aus der Gemeinde Sanzkow dabei) Für die Gemeinde Teusin allein betrug die Fläche 389,46 ha. Die LPG hatte bei ihrer Gründung 35 Mitglieder. Diese brachten 13 Pferde, 29 Kühe, 13 Jungrinder, 35 Kälber, 1 Bullen, 1 Eber, 140 Schweine, 220 Hühner, 800 Junghennen, 40 Schafe und 40 Hammel mit ein.
Mit dieser Fläche und dem vorhandenen toten und lebenden Inventar erfolgte am 10.Juni 1955 die Umwandlung des ÖLB in die LPG "Junge Garde" Teusin. Diese LPG war eine vom Typ III, also eine gemeinsame Pflanzen- und Tierproduktion. Noch am Gründungstag trat auch der Neubauer Herr Hermann Troge mit einer Fläche von 11,88 ha der LPG bei. Er übernahm die Buchhaltung der LPG. Vorsitzender wurde Herr Ernst Klautke. Die Verwaltung der LPG richtete auf dem Hof Gabloffsky ihr Büro ein.
In den folgenden Jahren nahm die Mitgliederzahl der LPG ständig zu:
Entwicklung der Nutzfläche und Mitgliederzahl | 1955 | 1956 | 1957 | 1958 |
---|---|---|---|---|
Nutzfläche in ha | 408,69 | 477,23 | 550,49 | 672,42 |
Mitglieder | 35 | 49 | 55 | 66 |
Wie auch viele andere LPG, besonders solche von Typ III, hatte auch die "Junge Garde" große Schwierigkeiten zu meistern. Die Voraussetzungen waren mit dem schlechten Viehbesatz, unzureichenden Stallungen und teilweise vernachlässigten Feldern ungünstig. Hinzu kam, daß niemand Erfahrungen in der Bewirtschaftung so großer Flächen und in der genossenschaftlichen Arbeitsorganisation hatte. Es gab deshalb viel Uneinigkeit und mangelnde Unterstützung. Der Vorsitzende Ernst Klautke kündigte im September 1958 den Vorsitz, arbeitete dann als Elektriker und übernahm später die Bedienung und Wartung der Beregnungsanlage. Auch in dieser Tätigkeit war Herr Klautke unermüdlich einsatzbereit und verantwortungsvoll. Die Kreisredaktion der "Freien Erde" und der Rat des Bezirkes überreichten ihm 1970 die Ehrung mit dem "Porträt der Woche", da Herr Klautke im Kampf gegen das Hochwasser auch für die Demminer Tag und Nacht an der Pumpe verbrachte.
Neuer Vorsitzender wurde Herr Martin Linde aus Teusin. Da die LPG nicht in der Lage war, weitere frei werdende Flächen zu übernehmen, bildete sich für eine Zeit eine weitere ÖLP unter Leitung von Herrn Kurt Fritz, der aus Gehmkow zuzog. 1959 übernahm die LPG "Junge Garde" diese ÖLP mit 73,80 ha doch, so daß die LPG nun über eine Fläche von 803,50 ha verfügte.
Die Teusiner Genossenschaft, die sich als Ferkelaufzuchtbetrieb spezialisierte, schuf sich 1959 unter Ausnutzung örtlicher Reserven auf dem Ausbau (Hof Bohn) den Anfang für einen Komplex von Schweineställen. Es entstanden 3 Ställe für je 300 Pölke, 9 Meter breit und 40 Meter lang. Gebaut wurde vorwiegend mit Holz, das im Wald selbst geschlagen und auf der Kreissäge zugeschnitten wurde. Die Seitenwände wurden aus gepreßten Rapsstrohballen hochgezogen, um sie später erst durch massive gemauerte Wände zu ersetzen. Der Stallboden wurde mit Schlacke aufgefüllt und mit Zement überzogen. An den Längsseiten wurden Holzpritschen angebracht, worauf die Tiere ruhen können. Die Pölkeaufzucht sollte der naturnahen Haltung entsprechen. Aus diesem Grunde gehörte zu jedem Stall eine Auslauffläche von 1 ha Koppel. Im August 1959 wurde mit den Stallbauten begonnen. Zum Jahresende waren 2 Ställe bereits fertig. Am dritten Stall wurde über den Winter gearbeitet. Hauptakteure dieser Bauarbeiten waren der 69-jährige Anton Schwark und die beiden Stellmacher der Genossenschaft, Clemens Manthey und Max Bethke. Sie erlangten selbst in der Regionalpresse viel Aufmerksamkeit und Lob für ihre Arbeit. Jahr für Jahr wurden die Ställe weiter ausgebaut, Sanitäranlagen kamen hinzu.
1960 wurde dann auch ein sogenannter Offenstall hinter dem Teusiner Guts-Kuhstall gebaut, ein zweiter folgte am Strehlower Weg in Roidin. Obwohl die LPG "Junge Garde" aufgrund der Bodenverhältnisse unter ungünstigeren Bedingungen produzieren mußte, die Genossenschaftsbauern deshalb geringere Einkommen hatten, verloren sie doch nie den Mut, hielten ihrem Dorf die Treue. Das drückt sich auch in der Tatsache aus, daß diese rege Bautätigkeit Ende der 50-er, Anfang der 60-er Jahre von allen mit Einsatzbereitschaft unterstützt wurde. Im Jahre 1962zeigte sich leider, daß der Offenstall sich als solcher nicht bewährt hatte. Bei Schneetreiben wehte der Stall voll Schnee, bei windigem Wetter zog es in allen Ecken. Das Aussehen der Tiere im Winter war unbeschreiblich, jämmerlich. Die Viehpfleger waren oft am Verzweifeln. Im Sommer 1962 zogen die Mauerer deshalb die offene Seite massiv mit Mauersteinen hoch, bauten Fenster ein, legten an der Längsseite des Stalles Krippen an und sorgten für besseren Dungabfluß.
Auf Grund des hohen Grünanteils an der landwirtschaftlichen Nutzfläche bildete von Beginn an die Rinderhaltung, speziell die Milchproduktion, einen absoluten Schwerpunkt in der genossenschaftlichen Arbeit. Auch hierbei sollte es 1959 einen Durchbruch geben. Unter dem neuen LPG-Vorsitzenden Bernhard Krüger wurde das Projekt Weidekombinat in Angriff genommen.
Kernpunkt des Projektes war die Umstellung der Weidetechnik von einer Koppelweide in Portionsweide und die Entwicklung einer Mähweidewirtschaft. Damit beschritten die Genossenschaftsbauern der LPG "Junge Garde" in Teusin einen ganz neuen Weg. Der Teusiner Genossenschaftsbauer Fritz Poweleit war wesentlich am Erfolg dieses Projektes beteiligt, denn es waren nach genauem Plan aufwendige Weidezaunarbeiten notwendig. Herr Poweleit leitete auch die Anpflanzung von Bäumen, die anstelle von Eichenpfählen eine Kostenersparnis von etwa 3500 Mark einbrachte. Herr Poweleit wartete und überwachte über Jahre hinweg die gesamte elektrische Anlage und entwickelte sich zum weithin anerkannten Spezialisten für Weidezaungeräte. Die Trift bekam bald die Flurbezeichnung "Milchstraße", die gepflanzten Weiden und Pappeln entwickelten sich prächtig und veränderten das Landschaftsbild. Die fahrbare Melkanlage wurde bald durch eine staionäre ersetzt.
Für die Viehwirtschaft war neben der Schaffung von Stallraum auch die Lösung der Wasserversorgung dringend nötig. Dabei zeigte sich ein in den Jahren immer deutlicher gewordenes Prinzip zwischen der Gemeinde und der Genossenschaft: Beides bildete eine Einheit - im Denken, im Planen, im Handeln, im füreinander Einstehen. Das Wohl beider Seiten hing vom guten Miteinander ab.
Zentrale Wasserversorgung für die Gemeinde Teusin/ Roidin Der Rat der Gemeinde befaßte sich auf seiner Sitzung am 17.Januar 1960 mit dem Problem der zentralen Wasserversorgung für die gesamte Gemeinde Teusin und kam dabei zu folgendem Ergebnis: Im Zuge der Wasserversorgung für ihre neuerbauten Ställe hat die LPG im Ortsteil Teusin eine Bohrung durchführen lassen, deren Ergebnis sehr positiv war. Auf Grund der großen Wasserergiebigkeit konnte man nun die Wasserleitungen zu den Ställen in Teusin und Roidin planen und zugleich bei guter Streckenführung die ganze Gemeinde mit zentralem Wasser versorgen. 30 000 DM wurden veranschlagt. Der Rat der Gemeinde bat alle Einwohner, für die Hausanschlüsse einen Teil der Ausschachtung im NAW (Nationales Aufbauwerk) zu übernehmen. Von Nachteil war, daß Teusin nicht im "Siebenjahrplan bis 1965" für eine Wasserleitungsanlage vorgesehen war. Die Verwirklichung des Vorhabens wurde trotzdem begonnen. Die Finanzierung bereitete Schwierigkeiten, aber auch die Beschaffung der Materialien. Zumeist wurde Material verwendet, das irgendwie zu beschaffen war. Später zeigte sich, daß dies nicht immer das Richtige war. Die Arbeiten wurden meist in Eigenleistung, Wochenend- oder Feierabendtätigkeit ausgeführt. Mit dem Ergebnis waren alle zunächst sehr zufrieden. Eigentümer der Anlage war die LPG. Sie lieferte das Wasser zunächst kostenlos, später zu einem geringen Pauschalbetrag. Die Gemeinde bemühte sich später darum, daß die Wasserwirtschaft die Anlage übernimmt und damit die Wartung und Instandhaltung. Die Wasserwirtschaft lehnte eine Übernahme wegen der mangelhaften Beschaffenheit strikt ab.
Der LKW der LPG "Junge Garde" Teusin - der Teusiner "Garant"
In die Zeit des Neuanfangs nach dem Krieg gehört auch ein Gefährt, das in die Geschichte der Gemeinde Teusin eingegangen ist.
Die LPG kaufte diesen auf Zuteilung im Jahre 1956. Herr Wilhelm Virgils, Stellmacher der LPG und alter Roidiner, holte den LKW GARANT aus Zwickau vom Hersteller und fuhr ihn auch die erste Zeit. Bald mußte er sich schweren Herzens wieder von ihm trennen, da er als Stellmacher in der Werkstatt unentbehrlich war. Die LPG gewann Herrn Illmann aus Utzedel als Fahrer. Der Wagen wurde aber auch eine kurze Zeit von Herrn Günter Schröder und Herrn Kletus Linde aus Teusin gefahren. Die Fahrer hatten es wahrlich nicht leicht. Ihre Stunden auf dem Sitz hinter dem Lenkrad waren in der Woche nicht zu zählen. Dieser LKW war in den ersten Jahren wohl rund um die Uhr im Einsatz. Mit ihm wurde auch fast alles bewältigt, selbst der Personentransport. Er diente der LPG und der Gemeinde gleichermaßen. Die Fahrer mußten einfach alles können und durften nicht auf die Uhr schauen. Mitte der 60-er Jahre übernahm "Willi", Herr Willi Barkowski aus dem Lehmhaus in Teusin das Auto. Er fuhr es etliche Jahre, bis er sterbenskrank wurde und das Lenkrad aus der Hand geben mußte. Willi übergab den Autoschlüssel seinem Nachbarn Harry, Herrn Harry Kroll. Inzwischen war es bereits zum Synonym fü+r die Teusiner LPG geworden. Jeder kannte es, selbst in den Nachbardörfern und in der Kreisstadt war es bekannt. Die Fahrer warteten und pflegten ihr Auto, daß es stets einsatzbereit war. Vor allem dem letzten Fahrer, Harry Kroll, ist es zu verdanken, daß der GARANT auch in hohem Alter weiter seinen Dienst verrichtete, 35 Jahre lang. Da waren die Viehtransporte in den frühesten Morgenstunden und hinterher der Essenstransport, zwischendurch aber erst gründliche Kosmetik. Da waren die lustigen Fahrten der Erntehelfer aus dem Patenbetrieb, dem Kreiskrankenhaus, auf die Felder in Teusin und Roidin. Und nicht zu vergessen: Wenn die Musiker zu fröhlichem Erntefest, Maskenball, Feuerwehrfest oder anderer Festlichkeit geholt und wieder nach Hause gebracht wurden, Willi und Harry waren die letzten, die ins Bett kamen. Auch die Schulkinder der Gemeinde liebten das Gefährt. Es brachte sie regelmäßig in den Ferienspielen an die Ostsee, in den Rostocker Zoo oder auch nach Demmin ins Kino oder in den Zirkus. Unzählige Ausflüge mit Schulkindern gehören in die Geschichte des GARANT. Oft mußten Fahrten über hunderte Kilometer unternommen werden, um kleineste Ersatzteile auf schnellstem Wege heranzuholen, die dringend gebraucht wurden, damit die "Ernteschlacht" weitergehen kann.
(Anmerkung: Erst mit der "Wende" im Herbst 1989 wurde auch das Ende dieses LPG-Autos eingeläutet, als auch das Aus für viele LPG- Bauern kam. Es stand noch bis Ende 1991 bei Herrn Kroll auf dem Hof, bis es mit vielen anderen Maschinen und Geräten im Schrott landete. In den Erinnerungen vieler älterer Einwohner hat seine Existenz ein Denkmal.)
Bei der Einschätzung und Wertung der Nachkriegsjahre darf nicht übersehen werden, daß in dieser Zeit noch ebenso wie in den Kriegsjahren die Hauptlast der Arbeit auf dem Dorf von den Frauen getragen wurde. Dazu äußerte sich Herr Klautke, lange Jahre Vorsitzender der ÖLB und LPG:
"Bei allen von mir aufgezeichneten Tätigkeiten und Unternehmungen in den schweren Jahren nach dem Krieg hatten die Frauen den größten und schwersten Anteil geleistet, denn viele von ihnen hatten ihren Mann im Krieg verloren oder er war noch in Kriegsgefangenschaft. Überall, sei es in der landwirtschaftlichen Arbeit, in der Bautätigkeit oder in der kulturellen Tätigkeit, überall leisteten sie den Hauptanteil. Ich denke dabei vor allem an die Arbeit auf dem felde, damals eine schwere Arbeit, so ohne Technik - das Beladen der großen Erntewagen mit Getreide, heu, Runkeln, Kartoffeln, aber auch das Aufhocken des Getreides, das Säubern der verunkrauteten Rübenfelder. In den Rinderställen oblag ihnen das Melken mit der Hand, für jede Frau 35 bis 40 Milchkühe. So war das am Anfang des ÖLB und der LPG. Für diese Arbeit wurde den Frauen oftmals ein Lob ausgesprochen. Viele Frauen wurden als Aktivistin sowie Bestarbeiterin ausgezeichnet. Viele unserer Mitarbeiter, etliche Männer, aber noch mehr Frauen, wurden mit 14-tägigen Urlaubsreisen ausgezeichnet. Das war doch eine schöne Anerkennung ihrer guten Arbeit, oftmals die erste richtige Urlaubsreise. Nun, im Laufe der Zeit, kam auch die Technik mehr zur Geltung. Mit Erntemaschinen, Melkanlagen und anderer Technik hatten es die Frauen auch leichter und konnten sich mehr ihrer Hauswirtschaft zuwenden. Das war auch nötig, da der AE-Wert (Arbeitseinheitswert) in manchen Jahren sehr niedrig war. Es wurde für jede Familie der Ausbau der individuellen Hauswirtschaft wichtig. jeder hatte so eine Kuh mit Nachzucht, Schweine, teils Zuchtsau, Bullen, Schafe und Geflügel. Für den Betrieb blieben die Frauen aber immer zuverlässige Helfer. Sie waren immer da, wenn sie gebraucht wurden."
Auch der Bürgermeister seit 1952, Herr Friedrich Thuso, hatte es in den schweren Jahren des Aufbaus nicht immer leicht. Er blieb, anerkannt und geachtet bei allen Einwohnern der Gemeinde, Bürgermeister bis zum 65. Lebensjahr, bis er in Ehren grau geworden, in Rente gehen konnte. Das Büro des Bürgermeisters befand sich zuerst im Hause des Bauern Erdmann Frank, dann war es lange Zeit im Schönbeck´schen Haus untergebracht. Mit dem Bau des Kulturhauses eröffneten sich für das Amt dann erträgliche Arbeitsbedingungen im Kulturhaus.
Seit Dienstantritt wirkte neben dem Bürgermeister Thuso als Sekretärin Frau Lieschen Czech aus Roidin. Frau Czech arbeitete auch noch als Sekretärin an der Seite von Frau Werner und Frau Schubbe, die als Bürgermeisterinnen folgten.
Für die Menschen in seinem Wirkungsbereich strebte Herr Thuso immer das Beste an und gab sein Bestmögliches. Gab es Schwierigkeiten und Versäumnisse in der Leitung und Bewirtschaftung des örtlichen Betriebes, mußte er es in erster Linie ausbaden, gleich wem persönlich oder welchen Ursachen sie geschuldet waren.
So erschien 1959 folgende Satire in der Heimatzeitung:
"Unser kleines Silvesterwunschkonzert...Einen Tusch für die rührigen Volksvertreter der Gemeinden Teusin, Sanzkow und Quitzerow, vor allem aber ihren Bürgermeistern Thusow, Watzke und Latawitz. Ihnen ist es gelungen, im Kampf um die Erfüllung des Volkswirtschaftsplanes 1959 wider Erwarten die roten Laternen standhaft zu verteidigen. Sie stolzieren ins neue Jahr mit der altbewährten Losung:´Was du heute kannst besorgen, das verschieb auf übermorgen - bis es dann vergessen ist.`"
Aber er selbst und die Teusiner nahmens gelassen hin. Herr Thuso verstarb 1997 im 82. Lebensjahr.
Die sozialistische Zeit
Die Forderungen des V. Parteitages der SED im Jahre 1958, die sozialistischen Produktionsverhältnisse auf dem Dorf zu schaffen und alle Bauern für die LPG zu gewinnen, schuf im Lande eine Bewegung hin zum vollgenossenschaftlichen Dorf. Sie machte um die Dörfer Teusin und Roidin keinen Bogen. Und sie blieb nicht ohne Wirkung.
Zuerst gelang es den Agitatoren aus der schon bestehenden Genossenschaft, Partei und Staatsapparat, die letzten Neubauern in Roidin für die genossenschaftliche Arbeitsweise zu gewinnen. Es dauerte aber noch den ganzen Herbst 1959 und den Winter 1959/60 hindurch, bis die Gemeinde Teusin voll sozialistisch geworden war.
Am 5 März 1960 gaben die letzten Teusiner Bauern den Widerstand auf. Sie setzten ihre Unterschrift auf ein vorbereitetes Papier, das sie vom Einzelbauern zum Genossenschaftsbauern werden ließ. Eine Gruppe Teusiner Bauern schloss sich dabei zu einer Genossenschaft LPG Typ I zusammen, da sie nur den genossenschaftlichen Feldbau, aber eine selbständige Viehwirtschaft betreiben wollten. Die Teusiner und Roidiner gingen den Weg in den "Sozialistischen Frühling" ebenso wie etwas früher oder später die Nachbardörfer auch. Damit war die Gemeinde vollgenossenschaftlich geworden. Die schwersten Stunden für jeden Bauern, der seine Selbständigkeit aufgab, kam dann, wenn sein Vieh aus dem Stall geholt wurde, um im Stall der Genossenschaft aufgestallt zu werden. In der Regel wurde das Vieh zusammen mit noch brauchbaren Maschinen und Geräten als sogenannter Inventarbeitrag angerechnet. Das führte am Ende auch die 4 Teusiner Bauern, die sich anfangs für Typ I entschieden hatten, in die LPG "Junge Garde".
101 Mitglieder bearbeiteten von diesem Zeitpunkt ab eine landwirtschaftliche Nutzfläche von rund 914 Hektar. Noch im selben Jahr, also 1960, wurde der LPG "Junge Garde" Teusin die gesamte Technik von der MTS Sarow übergeben. Die Mehrheit der Traktoristen wurde ebenfalls Mitglied der LPG, einige nahmen andere Arbeit auf. Die Entwicklung der LPG "Junge Garde" Teusin war in den folgenden Jahren bis 1975 dadurch gekennzeichnet, daß immer wieder gerungen wurde, aus wirtschaftlichen Schwierigkeiten herauszukommen und einen Durchbruch zu erzielen in Richtung
- Steigerung der Erträge
- Verbesserung der Arbeits- und Produktionsbedingungen
- Verbesserung der Einkommensverhältnisse und Lebensbedingungen der Genossenschaftsmitglieder
Für das Jahr 1961 liegen der Chronik einige konkrete Zahlen für die Betriebsplanung vor. Die Produktion der LPG erfolgte 1961 in Brigadearbeit:
- 2 Feldbaubrigaden (Teusin, Roidin)
- 1 Traktorenfeldbrigade (12 Mitglieder)
- 3 Viehzuchtbrigaden (17 Mitglieder)
- 1 Handwerkerbrigade (9 Mitglieder)
Die landwirtschaftliche Nutzfläche unterteilte sich in 67,4 % Ackerfläche, 18,8 % Weide, 13,8 % Wiese. Dazu kamen Holzung, Unland und Hofflächen (etwa 20 % der Betriebsfläche).
Aus der Betriebsplanung des Jahres 1961 geht hervor, daß sich die LPG um ein neues Standbein bemühte, indem sie die Broilermast aufnahm. Dazu wurde beim Teusiner Ausbau, am Stadtweg links, mit dem Aufbau von Hühneraufzuchtställen begonnen. Die Ställe hatten Barackenform. Die Anlage wurde großräumig unter der Leitung von Herrn Poweleit mit einer Schutzhecke aus Pappeln und Sträuchern umgeben. Der erhoffte Aufschwung stellte sich aber nicht ein. Die Produktion wurde nach einigen Jahren wieder aufgegeben. Als der Leiter der Hühnerhaltung und Hähnchenaufzucht, Herr Walter Barke, die Produktion aufgab und aus dem in der Anlage befindlichen Wohnhaus nach Roidin umzog, verfiel in kurzer Zeit die Stallanlage samt Wohnhaus mit Scheune. Zu dem entstehenden Schutt wurde weiterer angefahren. Der Platz wurde für längere Zeit zum Ablageort für Feldsteine, Dung und Kompost. Heute erinnert nur noch die Anpflanzung von Pappeln und Obstgehölz daran, daß dort einmal Menschen wohnten und arbeiteten.
Das Baugeschehen setzte für das Jahr 1961 jedoch einen noch viel größeren Schwerpunkt - eine feste Zufahrtsstraße von Utzedel nach Teusin.
Alle Einwohner der Gemeinde hofften, daß sich das seit 1960 Herumgesprochene bewahrheiten würde. Der Landweg bis zur Chaussee, an der alten Post in Utzedel vorbei, war in Schlechtwetterzeiten zu Fuß oder mit dem Rad nur mühsam zu benutzen. Selbst mit dem Pferdefuhrwerk gab es Probleme, seitdem es Traktoren gab, die den Weg regelmäßig befuhren und ihn immer mehr aufwühlten. Arzt und Tierarzt lehnten es ab, in solcher zeit ins Dorf zu kommen und ließen sich von Utzedel mit dem Pferdewagen abholen. Bei den Kraftfahrern stand eine Fahrt nach Teusin in Verruf, Taxifahrer winkten ab, wenn sie den Ort Teusin hörten.
Zum Jahresbeginn 1961 wurde es dann Gewissheit: Nach Teusin wird eine Straße gebaut!"
Der Steinschläger Willi Rossow aus Teusin hatte schon angefangen, in und um Teusin Pflastersteine zu schlagen. Dafür wurden Steinmauern in Teusin geopfert, die Sammelsteinhaufen auf der Feldmark und an den Wegrändern durchwühlt. Die 1. Gemeindevertretersitzung am 3. Januar 1961 teilte der Bürgermeister offiziell die Bereitstellung der Mittel für den Straßenbau mit. Die Gemeindevertreter legten fest,
- daß die Straße begradigt wird und ab dem Heuer´schen Wasserloch über den Acker bis zur Chaussee geführt wird
- daß die Baumreihe am Weg gerodet wird, wozu 6 Brigaden je 3 Bäume gebildet werden (Stämme bleiben, soweit sie gesund sind, als Nutzholz liegen, anderes Holz darf aufgeteilt werden)
- daß unverzüglich mit der Anfuhr der geschlagenen Steine begonnen wird.
In den nächsten Tagen mußte sich die Gemeinde zunächst gegenüber dem Kreis mit ihrer Auffassung der Streckenlegung durchsetzen, was auch gelang. Sofort wurde mit dem Anfahren der Steine begonnen und sobald der Erdboden aufgetaut war, ging es an das Roden der 20 Ahornbäume, Durchmesser zwischen 40 cm und 60 cm. Zwei Linden wurden gemeinsam gerodet, die übrigen Bäume, wie festgelegt. So wurde an einem Wochenende der Spatenstich gemeinsam vollzogen. Das darauffolgende Wochenende wurde zum Aufarbeiten der Bäume und zur Holzabfuhr genutzt. Ein sehr schweres Stück Arbeit wurde das Beseitigen der Stubben. Zum Teil lagen sie in den tief ausgeworfenen Gruben und mußten mühevoll herausgezogen werden. Waren sie heraus, ging es mit Hallo Richtung Dorf. Einige Männer, z.B. Herr August Sartowski und Herr Reinhold Kroll, wollten sie spalten. Herr Klautke ließ sich gar einen ganzen Baum anschleppen. Schwere Muskelarbeit ging also noch weiter. Pausenlos wurden in dieser Zeit auch schon Steine aus Sternfeld und Demmin angefahren. Sie kamen per Bahn aus Steinbrüchen in Sachsen. Herr Rossow sorgte mit Berufskollegen gemeinsam für Nachschub aus der Gemeindeflur. In Utzedel wurden Feldbahnschienen und -loren abgeladen. Baubeginn war das Frühjahr. Die Arbeiten begannen von Utzedel aus.
Der Straßenbau über den Acker gestaltete sich schwierig. Der Boden war sehr aufgeweicht. Die Fahrzeuge versanken immer wieder bis über die Achsen im Schlamm. Ebenso erging es den Arbeitern mit den Feldbauschienen. Dieselloks standen bereit, aber sie kamen gar nicht zum Einsatz. Die Kiesanfuhr war eine Herausforderung. Oft dauerte es Stunden, bis ein Hänger an Ort und Stelle gebracht und wieder vom Acker heruntergezogen war. Die Arbeiten gingen erst zügiger voran, als der Acker überquert und damit die Grenze zwischen Utzedel und Teusin erreicht war. Von Woche zu Waoche sah man dann, wie die Straße in Richtung Teusin an Länge wuchs. Jeder freute sich darüber. Endlich konnte auch schwere Technik eingesetzt werden. Durch diesen Einsatz von Kippern und kleinen Dumpern entfiel für die Gemeinde die Kiesanfuhr mit Traktoren und Pferdegespannen. Bürgermeister und LPG-Leitung freuten sich, daß diese Kräfte nun für die Frühjahrsbestellung zur Verfügung standen. Die günstige Witterung des Frühjahrs begünstigte das schnelle Vorankommen des Straßenbaus. Er konnte trotz der Anfangsschwierigkeiten früher als geplant beendet werden.
Am 2. Juni 1961 war der Anschluß an den Damm beim Kulturhaus Teusin hergestellt, waren die letzten Meter Pflaster gerammt.
Schon einen Tag später, am 3.Juni 1961, einem sonnigen Sonnabend, wurde die feierliche Einweihung der Straße begangen. Nach einem ersten Gang über die neue Straße bis zur Utzedeler Chaussee und zurück wurde im Kulturhaus Teusin das gemeinsame Mittagessen eingenommen. Der Abend sah die Einwohner, vereint mit den Bauarbeitern und deren Ehefrauen, bei fröhlichem Tanzvergnügen.
Nun war der Weg für eine weitere Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen für die Gemeinde bereitet. Lob erhielten die Traktoristen, die in den ersten Monaten den Damm gut befuhren, damit er sich gleichmäßig verfestigte und sich keine Spurrinnen bilden konnten. Leider wurde dieses Bemühen Jahre später durch Kiesabfuhr aus dem Tollensetal mit schweren Fahrzeugen von außerhalb teilweise zunichte gemacht.
Zu den Verbesserungen der Wege gehörte auch die Ausbesserung des Fußweges zwischen Teusin und Roidin. Im NAW fuhr jeder Kutscher aus beiden Ortsteilen eine Fuhre Kies an den Weg. Damit wurden vor allem der Lehmberg und der Weg am Graben in einen tadellosen Zustand versetzt. Herr Phillip Wagner, ein Rentner und "Wegebauspezialist" aus Roidin, verbreiterte den Fußweg, so daß Fußgänger, aber auch Radfahrer und Mopedfahrer gut aneinander vorbei kamen. Vor allem für die Schulkinder, die täglich von Roidin nach Teusin gehen mußten, waren nun Gefährdungen verringert. Allerdings ist es in allen Jahren nie zu einem Unfall gekommen. Im Juni wurde dann nochmals der gesamte Weg mit Kies ausgebessert. Danach war selbst bei schlechtem Wetter der Fußweg in Ordnung.
Das rege Baugeschehen im Jahr 1961 wurde mit der Fertigstellung des Zweifamilienhauses Sartowski und Schmidt am Dorfeingang, dem Vorbau des künftigen zweiten Klassenraumes der Schule, der Fortsetzung des Ausbaus der Schweineställe, der Generalausbesserung des alten Teusiner Rinderstalls und dem Anbau an den Roidiner Offenstall noch komplettiert.
Viele Arbeiten dazu erfolgten im NAW (Nationales Aufbauwerk). So halfen Mitarbeiter des Rates des Kreises in einem Sondereinsatz im NAW bei den Zimmererarbeiten am Anbau des Offenstalls in Roidin. Die Fertigstellung war wichtig, um alles Jungvieh der Genossenschaft dort aufstallen zu können. Dadurch sollten die großflächigen Weiden um Roidin besser genutzt werden.
Auch der Anbau am ehemaligen Erntekindergarten wurde im NAW, vorwiegend durch den Maurer Herrn Ernst Müller und den Schulleiter, Herrn Drechsel, meist in Sonntagseinsätzen fertiggestellt. Die Holzarbeiten am Dach leistete Herr Giese aus Utzedel. Der Mangel an Baustoffen, vor allem an Kalk und Zement, bereitete Schwierigkeiten. Wieder erwies sich das Zusammenwirken aller Verantwortlichen in der Gemeinde als Erfolgsgarant. Blaukalk kam vom Schweinestall, etwas Zement steuerte der Bürgermeister bei, den fehlenden Rest zweigte die Baubrigade der LPG ab. Mit Beginn des neuen Schuljahres 1961/1962 wurde die Arbeit im 2. Klassenraum der Schule aufgenommen.
Dem persönlichen Einsatz des Genossenschaftsbauern Herrn Walter Vick und seinen Helfern war zu verdanken, daß sich auch die Arbeitsbedingungen für die Brigade im alten Teusiner Kuhstall verbesserten. Über die Sommermonate gelang es, den Zementfußboden zu erneuern, die Tröge zu richten, Türen und Löcher in den Wänden zu reparieren.
Datei:Beregnungsanlage_Tollenseberge.jpg
Datei: Baumaterial_Kuhställe.jpg|Baumaterial für das Bauvorhaben Kuhställe, Foto: A. Drechsel
Datei: Bau_der_Kuhställe.jpg|Bau der Kuhställe, Foto: A. Drechsel