Fortlaufende historische Chronologie und Geschichte von Torfbrücke: Unterschied zwischen den Versionen

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{{Infobox Ortschronik
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==Der Karl Mewis Kanal bei Torfbrücke==
| ort = Torfbrücke
 
| zeit = 1696 - fortlaufend
 
| urheberrechte = Wilfried Steinmüller
 
| erstellung = 2016/2017
 
| publikation = unveröffentlicht
 
| inhalt = Chronologie des Ortes Torfbrücke
 
| status = unveröffentlicht
 
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;Kanalbaupläne durch die Rostocker Heide vor einem halben Jahrhundert (Autor Wilfried Steinmüller)
  
=Torfbrücke, Rostocks nördlichster Ortsteil=
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[[Datei:Binnenwasserkanal OZvom 19 8 2022 mit Faximile OZ 13ter Januar 1958.jpg|thumb|400px|rechts|Binnenwasserstraße von Rostock bis Prag, Die Ostseezeitung vom 13.Januar 1958 im Faksimile OZ vom 19. August 2022]]
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:Mancher Heidewanderer, der seinen Weg von Torfbrücke ins Herz der Landschaft, in Richtung Pöstenschneise lenkt, ist etwas erstaunt bereits nach wenigen Schritten durch den Heidewald auf ein kleines seeartiges Gewässer zu stoßen. Der Volksmund hat dieser kleinen Wasseridylle den Namen „Karl-Mewis-Gedächtniskanal“ verliehen.
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:Hier wird an ein von dem einstigen SED-Parteichef des Bezirkes Rostock besonders propagiertes Wirtschaftsprojekt der DDR erinnert.
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:Zu Beginn des Jahres 1962 findet sich auf einer Titelseite der Ostsee-Zeitung folgender Pressebeitrag:
  
=='''Chronologischer Abriss der Geschichte von Torfbrücke (Ort und Forstrevier)'''==
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:'''„Stapellauf in Graal-Müritz
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:Kanalbau durch die Rostocker Heide"'''
  
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:Einen Stapellauf besonderer Art werden in wenigen Wochen die Einwohner von Graal-Müritz erleben.
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:Vor den Toren des Seeheilbades sind Raupenbagger des VEB Wasserstraßenbau Magdeburg dabei, ein Becken auszuheben.
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:Die Arbeiter des Magdeburger Wasserstraßenbaus werden von der Straße bei Torfbrücke aus 2,8 km des Kanals graben, der den Breitling mit dem Saaler Bodden verbinden soll.
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:Mit diesem Kanal wird der Anschluss des Überseehafens an das Binnenwasserstraßennetz hergestellt.
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:Nach seiner Fertigstellung soll er die Durchfahrt von 1000t-Schiffen ermöglichen sowie Eisenbahn und Kraftverkehr vom jährlichen An- und Abtransport von 1,5 Millionen Tonnen Güter vom und zum Rostocker Überseehafen entlasten. ...“
  
===bis zur napoleonischen Zeit (bis 1813)===
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:Ziel des Projektes war Binnenlastschiffe vom Überseehafen aus durch die Rostocker Heide, die Boddenkette und den Strelasund in Richtung Oder-Wasserstraße fahren zu lassen.
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:Auch zwei weitere Kanalbauprojekte, über Bodden-Recknitz-Trebel-Peene sowie Rostock – Wittenberge-Elbe, waren in Ergänzung dazu bereits in der  Planungsvorbereitung. Zuvor waren einige Fachleute, die dem Projekt kritisch gegenüber standen mundtot gemacht worden.
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:Sie hatten darauf verwiesen, das es bereits vierzig Jahre zuvor Planungsarbeiten und Geländeuntersuchungen zum Bau eines Kanals Rostock – Ribnitz gegeben hatte und das Projekt seinerzeit angesichts der extrem schwierigen geologischen Verhältnisse als undurchführbar zu den Akten gelegt werden musste.
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:Noch im Frühjahr 1962 begann man von drei Punkten (Markgrafenheide, Torfbrücke und Dändorf) ausgehend mit der Umsetzung des Prestige-Projektes.
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:Während vorhandene Schwimmbagger nach Markgrafenheide und Dändorf an den Start gebracht wurden, gestaltete sich schon der Beginn im Bauabschnitt Torfbrücke ausgesprochen schwierig.
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:Zunächst wurde an den südöstlichen Ortsrand von Torfbrücke eine Elektro-Umspannstation eingerichtet.
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:Auf der Ostseite der vorbeiführenden Bäderbahnstrecke legte man dann einen großen Kahlschlag an um hier Anschlussgleise zum verladen von Gütern anzulegen.
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:In diesem Bereich war auch ein größeres Brücken- und Schleusenbauwerk vorgesehen.
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:Fußnote am Rande; mit dem anfallenden Baggergut wollte man das zwischen dem südlichen Ortsrand von Graal und dem Stromgraben gelegene Terrain zu Bauland für ein zukünftiges Plattenbau-Wohngebiet erhöhen.
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:Um nun die eigentlichen Baggerarbeiten beginnen zu können, wurde auf einer kleinen improvisierten Helling ein zuvor zerlegter Eimerketten-Schwimmbagger sowie eine Lastschute wieder zusammengebaut.
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:Motorisierte Eimerbagger gruben zeitgleich ein großes Loch um hier schließlich den Schwimmbagger zu Wasser lassen zu können.
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:Zitat aus der Ostsee-Zeitung jener Tage:
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:„zu den Kanalbauern gehören so erfahrene Schachtmeister wie Otto Kirchner, der bereits 18 Jahre im Wasserbau tätig ist und am Kanal des Friedens 1951 sowie der Talsperre Dippoldiswalde zwei Jahre zuvor mitgearbeitet hat.
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:Am Kanalbau sind die Betriebe VEB Wasserstraßenbau Berlin und Magdeburg, sowie der VEB Erdbau Magdeburg beteiligt.“
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Datei:Torfbrücke Kanal Nordseite.jpg|Torfbrücke Kanal Nordseite 1962  (Quelle: Heidearchiv)
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Datei:Torfbrücke Kanal Südseite.jpg|Torfbrücke Kanal Südseite 1962  (Quelle: Heidearchiv)
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;1696
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:Sehr bald sollte die Kompliziertheit des Bauvorhabens offenbar werden.
:Ersterwähnung „torf Brüg“ als Brückenübergang über den Stromgraben sowie die Rostocker Stadtgrenze für den Torftransport vom Fischland.
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:Die Geologen hatten ja zuvor gewarnt, dass das gesamte Areal der Rostocker Heide aus einer acht Meter mächtigen Schwemmsandfläche besteht.
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:Es war schier unmöglich diesen bei den Heidebewohnern als „Sogsand“ bezeichneten Massen einhalt zu gebieten.
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:So wie der Schwimmbagger sich mühsam voranbaggerte schwemmte der Sand nur wenige Meter dahinter wieder zu und das Unterfangen wurde zur wahren Sisyphus-Arbeit.
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:Bereits im folgenden Jahr sah man die Unausführbarkeit des Vorhabens ein. Ohne Presseschlagzeilen stellte man die Arbeiten in aller Stille ein. :Schneidbrenner zerlegten die kleine Baggerflotte, die Natur eroberte die Großbaustelle zurück und machte sie zur abgeschiedenen ruhigen Idylle.
  
;1774
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<gallery mode="packed" widths="200px">
:Anlegung der ersten Schleuse an der Stromgrabenmündung
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Datei:Kanal-Rudiment 2014.jpg| Kanal-Rudiment 2014  (Quelle: Heidearchiv)
 
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Datei:RH Lubi Mewis Kanal 2006.jpg|Luftbild des Torfbrücker Abschnittes vom Mewis-Kanal 2006 (Quelle: Heidearchiv)
;1788
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:am Stromgraben-Übergang Errichtung eines Jägerhauses und dreier Forstkaten (für 6 Familien).
 
 
 
;1813
 
:Auch beim Wiedort wird durch den mecklenburgischen Landsturm ein Wachposten in der Nachrichtenkette entlang der Ostseeküste angelegt.
 
 
 
===bis zur Reichseinigung (bis 1871)===
 
 
 
;1831
 
:Auch am Ostsee-Ufer des Torfbrücker Reviers wird eine geschlossene Küstenwachkette gegen die Einschleppung der Cholera eingerichet.
 
 
 
===Deutsches Reich bis 1918===
 
 
 
;1877
 
:4. September - Die 21jährige Luise Halwes aus Torfbrücke wird im Wald ermordet. Der Mörder wird später gefasst und hingerichtet
 
 
 
;1890
 
:Das alte Jägergehöft abgebrannt
 
 
 
;1891
 
:Bau des neuen Forsthauses
 
 
 
;1906
 
:Umgemeindung der Torfbrücker Kirchenmitglieder in die Graaler Kirchgemeinde
 
 
 
;1909
 
:Im Waldhause wohnte seit mehreren Jahren schon bloß noch eine Familie. Am Ostern 1909 ist auch diese fortgezogen. Seitdem steht das Waldhaus leer und soll, weil sehr baufällig, dazu sowieso im Walde gelegen, nicht mehr bewohnt werden, sondern über kurz oder lang abgebrochen werden.
 
 
 
;1913
 
:Suche /Bohrung nach Trinkwasser zur Versorgung einer bei Torfbrücke geplanten Villenkolonie
 
 
 
;1913
 
:Planung einer Villenkolonie am Ostsee-Ufer im Revier Torfbrücke
 
 
 
;1913
 
:Die Sylvesterflut dringt bis an die Häuser von Torfbrücke vor.
 
 
 
===Deutsches Reich bis 1945===
 
 
 
'''1921'''  Einweihung des Gedenksteins für den im Weltkrieg gefallenen Forstinspektor Max Garthe an der Reminschen Wiese
 
 
 
'''1945''' 1.Mai
 
Der Torfbrücker Oberförster Schmidt-Wullffen begeht mit seiner Familie Selbstmord.
 
 
 
===SBZ und DDR bis 1990===
 
 
 
 
 
===Die heutige Zeit===
 
 
 
'''2013''' Der Ort hat 52 Einwohner und ist der nördlichste Stadtteil Rostocks.
 
 
 
==Der Ort und das Forsthaus Torfbrücke==
 
 
 
===Das Ehemalige Forsthaus Torfbrücke===
 
 
 
===Die Grabstelle des Torfbrücker Revierförsters Schmitt-Wulffen und seiner Familie im Torfbrücker Revier===
 
 
 
==Einst bewohnte Plätze im Torfbrücker Revier==
 
 
 
* [[Das Waldhaus]]
 
 
 
 
 
* [[Der untergegangene Hof Born]]
 
 
 
 
 
* [[Das untergegangene '''Dorf''' Müggenburg]]
 
 
 
 
 
* [['''Haus''' Müggenburg]]
 
 
 
 
 
* [[Haus Uhlenflucht und der Zeltplatz]]
 
 
 
 
 
==* [[Karl Mewis Kanal bei Torfbrücke]]==
 
 
 
 
 
 
 
==Sagen, Legenden und Geschichten==
 
;Das Bröderrecht
 
 
 
 
 
;Weiße Frau und Kobold (Dolberg p.56/57)
 
 
 
 
 
;Spuk in der Schwanberger Heide
 
 
 
 
 
;* [[Der Hagelschlag]]
 
 
 
==Flurnamen in der Torfbrücker Gemarkung==
 
 
 
* [[Ludwig Krause "Die Orts-,Forst- und Flurnamen der Rostocker Heide"]]
 

Aktuelle Version vom 18. Mai 2024, 20:39 Uhr

Der Karl Mewis Kanal bei Torfbrücke

Kanalbaupläne durch die Rostocker Heide vor einem halben Jahrhundert (Autor Wilfried Steinmüller)
Binnenwasserstraße von Rostock bis Prag, Die Ostseezeitung vom 13.Januar 1958 im Faksimile OZ vom 19. August 2022
Mancher Heidewanderer, der seinen Weg von Torfbrücke ins Herz der Landschaft, in Richtung Pöstenschneise lenkt, ist etwas erstaunt bereits nach wenigen Schritten durch den Heidewald auf ein kleines seeartiges Gewässer zu stoßen. Der Volksmund hat dieser kleinen Wasseridylle den Namen „Karl-Mewis-Gedächtniskanal“ verliehen.
Hier wird an ein von dem einstigen SED-Parteichef des Bezirkes Rostock besonders propagiertes Wirtschaftsprojekt der DDR erinnert.
Zu Beginn des Jahres 1962 findet sich auf einer Titelseite der Ostsee-Zeitung folgender Pressebeitrag:
„Stapellauf in Graal-Müritz
Kanalbau durch die Rostocker Heide"
Einen Stapellauf besonderer Art werden in wenigen Wochen die Einwohner von Graal-Müritz erleben.
Vor den Toren des Seeheilbades sind Raupenbagger des VEB Wasserstraßenbau Magdeburg dabei, ein Becken auszuheben.
Die Arbeiter des Magdeburger Wasserstraßenbaus werden von der Straße bei Torfbrücke aus 2,8 km des Kanals graben, der den Breitling mit dem Saaler Bodden verbinden soll.
Mit diesem Kanal wird der Anschluss des Überseehafens an das Binnenwasserstraßennetz hergestellt.
Nach seiner Fertigstellung soll er die Durchfahrt von 1000t-Schiffen ermöglichen sowie Eisenbahn und Kraftverkehr vom jährlichen An- und Abtransport von 1,5 Millionen Tonnen Güter vom und zum Rostocker Überseehafen entlasten. ...“
Ziel des Projektes war Binnenlastschiffe vom Überseehafen aus durch die Rostocker Heide, die Boddenkette und den Strelasund in Richtung Oder-Wasserstraße fahren zu lassen.
Auch zwei weitere Kanalbauprojekte, über Bodden-Recknitz-Trebel-Peene sowie Rostock – Wittenberge-Elbe, waren in Ergänzung dazu bereits in der Planungsvorbereitung. Zuvor waren einige Fachleute, die dem Projekt kritisch gegenüber standen mundtot gemacht worden.
Sie hatten darauf verwiesen, das es bereits vierzig Jahre zuvor Planungsarbeiten und Geländeuntersuchungen zum Bau eines Kanals Rostock – Ribnitz gegeben hatte und das Projekt seinerzeit angesichts der extrem schwierigen geologischen Verhältnisse als undurchführbar zu den Akten gelegt werden musste.
Noch im Frühjahr 1962 begann man von drei Punkten (Markgrafenheide, Torfbrücke und Dändorf) ausgehend mit der Umsetzung des Prestige-Projektes.
Während vorhandene Schwimmbagger nach Markgrafenheide und Dändorf an den Start gebracht wurden, gestaltete sich schon der Beginn im Bauabschnitt Torfbrücke ausgesprochen schwierig.
Zunächst wurde an den südöstlichen Ortsrand von Torfbrücke eine Elektro-Umspannstation eingerichtet.
Auf der Ostseite der vorbeiführenden Bäderbahnstrecke legte man dann einen großen Kahlschlag an um hier Anschlussgleise zum verladen von Gütern anzulegen.
In diesem Bereich war auch ein größeres Brücken- und Schleusenbauwerk vorgesehen.
Fußnote am Rande; mit dem anfallenden Baggergut wollte man das zwischen dem südlichen Ortsrand von Graal und dem Stromgraben gelegene Terrain zu Bauland für ein zukünftiges Plattenbau-Wohngebiet erhöhen.
Um nun die eigentlichen Baggerarbeiten beginnen zu können, wurde auf einer kleinen improvisierten Helling ein zuvor zerlegter Eimerketten-Schwimmbagger sowie eine Lastschute wieder zusammengebaut.
Motorisierte Eimerbagger gruben zeitgleich ein großes Loch um hier schließlich den Schwimmbagger zu Wasser lassen zu können.
Zitat aus der Ostsee-Zeitung jener Tage:
„zu den Kanalbauern gehören so erfahrene Schachtmeister wie Otto Kirchner, der bereits 18 Jahre im Wasserbau tätig ist und am Kanal des Friedens 1951 sowie der Talsperre Dippoldiswalde zwei Jahre zuvor mitgearbeitet hat.
Am Kanalbau sind die Betriebe VEB Wasserstraßenbau Berlin und Magdeburg, sowie der VEB Erdbau Magdeburg beteiligt.“
Sehr bald sollte die Kompliziertheit des Bauvorhabens offenbar werden.
Die Geologen hatten ja zuvor gewarnt, dass das gesamte Areal der Rostocker Heide aus einer acht Meter mächtigen Schwemmsandfläche besteht.
Es war schier unmöglich diesen bei den Heidebewohnern als „Sogsand“ bezeichneten Massen einhalt zu gebieten.
So wie der Schwimmbagger sich mühsam voranbaggerte schwemmte der Sand nur wenige Meter dahinter wieder zu und das Unterfangen wurde zur wahren Sisyphus-Arbeit.
Bereits im folgenden Jahr sah man die Unausführbarkeit des Vorhabens ein. Ohne Presseschlagzeilen stellte man die Arbeiten in aller Stille ein. :Schneidbrenner zerlegten die kleine Baggerflotte, die Natur eroberte die Großbaustelle zurück und machte sie zur abgeschiedenen ruhigen Idylle.