Ribnitzer Heide: Unterschied zwischen den Versionen

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Historischer Abriß zur Waldlandschaft – Ribnitzer Forst, Hirschburg/Gelbensander Forst, Forst Alte Heide
  
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Betrachten wir die historische Entwicklung des östlichen Teils jener Waldlandschaft, die mit 12 000 ha Ausdehnung das größte geschlossene Forstgebiet an der gesamten deutschen Seeküste ist und für dessen Geschlossenheit die Geographen den Begriff „Nordöstliche Heide Mecklenburgs“ prägten, so umfasst sie angesichts schriftlicher Belege einen Zeitraum von mehr als 750 Jahren. Das Datum des ältesten erhaltenen Dokumentes berichtet von der größten Zäsur in der Geschichte dieser Landschaft, eben deren Teilung. Bis zum 25. März 1252 befand sich hier das gesamte in sich geschlossene Urwaldgebiet zwischen Rostock und der Recknitzmündung im Besitz der mecklenburgischen Landesherrschaft. Dann verkaufte Fürst Borwin der III. Die mehr als 6 000 ha umfassende Westhälfte an die Stadt Rostock. Die in ihren Grundzügen bis in unsere Tage anhaltende Teiliung in die westliche „Rostocker Heide“ und die östliche „fürstlich Ribnitzer Heide“ war vollzogen. Fortan machten diese beiden Waldhälften eine nutzungsgeprägt sehr unterschiedliche Entwicklung durch. In der Rostocker Heide dominierte der Holzerwerb, in der fürstlichen Heide prägte die höfische Repräsentationsjagd die weitere Entwickliung der Landschaft. Aus einer Urkunde, datiert vom 20.April 1262, ist zu entnehmen, dass die Jagd nicht mehr der allgemeinheit zustand, sondern das ihre Ausübung bereits allmählich als ein besonderes mit dem Eigentum an Grund und Boden verbundenes und aus diesem entspringendes Recht verstanden wurde. So stand nun die „Hohe Jagd“, also Hetz-, Pirsch- und Beitzjagd auf Edel-, Reh-, Schwarzwild, Auer-, Birk-, und Haselhuhn, Fasan, Trappe, Kranich und Adler ausschließlich dem Landesherrn zu. Alle übrigen jagdbaren, in der Heide vorkommenden Tierarten, die „Niedere Jagd“, also Hühnerfang mit dem Hühnerhund sowie Habichsbeize auf den Hasen, gestand man auch dem niedeeren Adel, städtisch Ribnitzer bzw. klösterlicher Beauftragter in Form von Privilegien zu. Einfachen Untertanen war nun das Vogelfangen mit Leimruten (Leimspillenausleger) gestattet.
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Wann der einst hier vorkommende letzte Auerochse erlegt worden ist, kann heute  nicht mehr festgestellt werden. Dass er, genauso  wie der Elch, einmal recht häufig anzutreffen war, belegen jedoch gelegentlich bei Erdarbeiten gemachte Funde. Auch Luchs, Bär, Wolf, Auer-, Birk- und Haselhuhn waren ehemals hier heimisch. Im Jahre 1272 finden sich erstmals urkundliche Nachweise, die einen größeren Waldbesitz der Stadt Ribnitz im Nordostteil des Waldareals belegen. Teile der Fürstlichen Heide gelangten ab 1328 durch Schenkung der Landesfürsten in den Besitz des Klarissenklosters zu Ribnitz. Dieser Streubesitz umfasste im 16. Jahrhundert Waldflächen bei Dierhagen, Müritz, Altheide/Neuhof, Petersdorf und Wilmshagen, laut der Klosterchronik von Lambert Slaggert: „Waldungen um rund 1 000 Schweine feist zu machen“. Eine Größenbestimmung, die uns zugleich von einer weiteren Art der Waldnutzung, der in Teilen bis Anfang des 19. Jahrhunderts anhaltenden Waldweide, berichtet. Wald und Schweinebestand des Klosters Ribnitz und seiner Höfe waren unzertrennbar mit einander verbunden, denn der Waldbestand spielte als Ernährungsfaktor in der Schweinehaltung die weitaus größte Rolle. Die klösterliche, wie auch die fürstliche Forstwirtschaft war zu Beginn des 16. Jahrhunderts vernachlässigt worden. Man betrieb die Forstwirtschaft nur als Plänterwirtschaft, d.h. man fällte die geeigneten Stämme regellos, ohne sich um den Ersatz durch Anpflanzung junger Bäume zu kümmern. Eine Ausnahme machten ab 1620 klösterliche Flächen in der Dierhäger Feldmark. Sie zu rein landwirtschaftlichen Zwecken zu benutzen schien unwirtschaftlich, deshalb hatte man junge Bäume angepflanzt, so dass hier im Gegensatz zu den Ausrodungen alter Waldungen der damals sicherlich seltene Fall eintrat, das früheres Ackerland zum Holzanbau benutzt wurde. Zum Problem wurde die Übernutzung der sogenannten „weichen Holzung“ (Büsche, Sträucher und niedrige Bäume). Aus ihr verschaffte sich das Kloster eine wesentliche Einnahmequelle. Es erlaubte den Bauern, sich ihren Bedarf Holz zu hauen, und erhob für mehrere Ladungen 20-30 Thaler. Die weiche Holzung wurde nicht allein als rohes Holz, sondern beereits im 16. Jahrhundert nachweislich zur Holzkohleherstellung genutzt. Das Kloster selbst betrieb keine Meiler, sondern es kaufte die benötigte Kohle von seinen Bauern. Durch den Erbvertrag von 1611 wurde auch der Übergang der Klosterwaldungen in den Besitz der Herzöge Adolph Friedrich und Johann Albrecht von Mecklenburg festgeschrieben. Dem folgte jedoch ein mehr als ein halbes Jahrhundert anhaltender Streit, bis schließlich 1669 der überwiegende Teil des Ribnitzer Klosterwaldes in fürstlichen Besitz über ging und nun Bestandteil der fürstlichen Heide wurde.
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Ab 1554 sind für die fürstliche Heide erste Jagdreglemente nachweisbar, so „Wider das Jagen zur verbotenen Zeit“ (1554), „Wider das Schießen und Jagen in der fürstlichen Heide“ (1557). Beginnend im Jahre 1599 finden sich Berichte über fürstliche Jagdablager in den fürstlichen und klösterlichen Waldungen (Reh- und Schweine-Ablager; aufwändig betriebene Treibjagd-Veranstaltungen verbundenmit umfangreichen Bauerndiensten). An die Stelle des Fürsten persönlich traten während der Ablager oft die Jäger des Landesherrn, da dieser nicht selbst in jedem Jahr  in allen Teilen seiner domanialen Besitzungen jagen konnte. Ein im Visitationsprotokoll 1649 erwähnter wüster Heidereiter-Sitz in Gelbensande (ein Jahr zuvor endete der 30-jährige Krieg), der zu jener Zeit wieder aufgebaut wurde, lässt den Schluß zu, dass hier bereits vor Ausbruch dieses Krieges ein fürstlicher Jagdaufseher seinen Sitz hatte. Gelbensande sollte in der Folge nicht nur Bedeutung als Sitz der landesherrlichen Jagdaufsicht, sondern auch als fürstliche Jagdresidenz in diesem ausgedehnten Areal erhalten. Vom 3. September 1687 ist uns aus der fürstlichen Heide ein Bericht überliefert, als „Ihre fürstliche DurchlauchtHerzog Gustav Adolph eine Jagd, welche er zu Ehren seines bei ihm zu Besuch weilenden Schwiegersohn, des Grafen von Stolberg und dessen Gemahlin abgehalten...“. Hier wird berichtet, dass das Treiben von Schwarzwild ebenso beliebt war, wie die lärmreiche Klapperjagd auf Füchse, Hasen und Schnepfen. Beim „Buschieren“, der Suchjagd auf Niederwild mit Vorsteh- und Stöberhund, dem übrigens der Begriff „auf den Busch klopfen“ entstammt, bei der im Gebüsch verborgene Tiere „herausgeklopft“ wurden, fanden die Durchlauchten ihr Jagdvergnügen. Die hochherrschaftlichen Weidmänner des rühen Barock bevorzugten dann jedoch mehr die körperlich weniger strapaziös eingestellte Jagd, auch umstelltes oder deutsches Jagen genannt. Darunter verstand man mittels Lappenketten umstelle Waldtrassen, in denen Treiber dem Jagdherrn das Wild zum Schusse zutrieben. Besondere Bedeutung erlangten die Ribnitz/Gelbensander Waldungen während der regierungszeit des Herzogs friedrich Wilhelm (1675-1713), der hier seiner Vorliebe, der Parforce-Jagd häufig nachging. Die Parforce-Jagd, auch französische Jagd oder „chassé á courre“ genannt, von par force = mit Gewalt; ohne jeglice Pardon , zielte in der Regel auf den edlen Hirsch, der von einer Meute speziell abgerichteter Hunde und den Treibern bis aufs Blut gehetzt wurde. Er veranlasste 1694 auch das „Edict wider das Jagen in der verbotenen Zeit, worin zugleich dessen Befehl, denen Hunden auf dem Lande die Schleif- oder Zwergknütteln von 5 viertel Ellen lang anzuhengen“ gefolgt vom „Jagd- und Forst-Edict“ 1697. Dazu gelang es dem Herzog durch den „Vergleich mit der Stadt Rostock wegen der Besetzung und cedirten Ober- und Niederjagden in der Rostocker Heyde“ am 28. März 1702, das Recht der Jagd in der Rostocker Heide auf Lebenszeit  zu erlangen. Somit stand ihm die Jagd in der Fürstlichen Waldung, wie auch der Ribnitzer und Rostocker Stadtwaldung zu. Das hatte schließlich zur Folge, das er zeitweise seine Hauptresidenz nach Rostock verlegte und am Heidereiter-Sitz Gelbensande ein kleines Jagdschloss errichten ließ. Auf sein Betreiben hin wurde 1702 eine Holzordnung erlassen, die inhaltliche Ansätze zu geregelter Forstwirtschaft (Erhaltung und Schonung der Waldungen, erste Durchforstungsregeln, Schlageinteilung von Niederwald) enthielt. Im Jahre 1715, zwei Jahre nach Friedrich Wilhelms Ableben, gereichte das diesem Landesfürsten seitens der Rostocker auf Lebenszeit eingeräumte Jagdrecht in den städtischen Waldungen zu einem handfesten Streit mit dessen jüngerem Bruder und Amtsnachfolger, Herzog Carl Leopold. In Folge dieser Streitigkeiten besetzten herzogliche Truppen die gesamte Waldlandschaft, auch wurde die Rostocker Bürgervertretung festgesetzt. Am 26. Mai erging der kaiserliche Bescheid, dass die „Transaktion“ des Herzogs „vor Null und nichtig erklähret“ wurde. So musste sich Carl Leopold, der kurz zzuvor gerade ein politisches Bündnis mit Zar Peeter dem Großen eingegangen war und dessen Nichte Katharina Iwanowna geheiratet hatte, den Gelbensander Jagdsitz zu einer barocken Jagdresidenz-Anlage erweitern. Die heute nicht mehr existierende Anlage ähnelte dem barocken Jagdschloß Friedrichsmoor fast zwillingshaft und wurde ebenso vom Baumeister Christian von dem Knesebeck erbaut. Sie wurde zu einem der besonders beliebten Aufenthaltsorte des Fürstenpaares. Die umgebenden fürstlichen Waldungen nutzte man als bevorzugten Aufenthaltsort der Präsentationsjagden. Als wohl berühmtester Jagdgast nahm daran Zar Peter wiedereholt teil. Ab etwa 1719, in der Zeit der de facto Entmachtung Herzog Carl Leopolds verekümmerte die höfische Repräsentationsjagd in den fürstlich Gelbensander Forsten für Jahrzehnte fast bis zur Bedeutungslosigkeit.
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Angesichts des in Mecklenburg, wie in ganz Europa raumgreifenden Gespenstes der Holznot, der überwiegende Teil der Waldungen war durch Übernutzung zu Strauchwüsten verkommen, waren die hiesigen fürstlichen Forsten weitgehend intakt. Die 1702 erlassene Forstordnung und eine Reihe, den Folgejahren entstammender, darauf aufbauender Edikte und forstlicher Verordnungen, zeigten hier ihre Wirkung. Zaghaft wurden erste Schritte zu geregelter  Forstwirtschaft praktisch umgesetzt. 1736 kam es zur Errichtung der fünf ersten Forstinspektionen in Mecklenburg. In der fürstlich Gelbensander Heide entstand so die Hirschburger Forstinspektion. Eine Einteilung der Waldungen in Reviere folgte bald darauf. Im August 1750 entstand die erste Teerschweelerei in den fürstlichen Waldungen in der Nähe Gelbensandes. Insgesamt existierten im 18./19. Jahrhundert viet Teerschweelereien  in der fürstlichen Heide. Erst drei Jahre nach Regierungsbeginn Herzog Christian Ludwigs II., also ab 1750 rückte dieses fürstliche Waldgebiet wieder in den Focus höfischen Jagdgeschehens. Ab 1755 wurde der Bestand an Hetzhunden und Pferden in der Gelbensander Jagdresidenz beachtlich erhöht. Parforce-Jagden erlebten eine Renaissance, forstliche Aspekte traten wiederhinter höfische Repräsentation zurück .
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Den nächsten zaghaften Versuch nachhaltige Waldwirtschaft in den Vordergrund zu stellen, dokumentiert die 1789 verabschiedete „Patent-Verordnung wegen Schonung des Eichen-Holzes, insonderheit wegen mißbräuchlicher Verschwendung junger Eichen-Hester ...“.
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Großherzog Friedrich Franz I. Lebte es, alljährlich im Herbst große Saujagden mit der Findermeute abzuhalten. In Gelbensande bestanden zu der Zeit speziell angelegte Zuchteinrichtungen für Hetz-, Leit- und Schweißhunde. Versuche der herzoglichen Forstinspektoren (Oberförster Ehlers, Dienstzeit von 1776-1789; Oberförster von Schildfeld 1789-1816; Oberförster Walter 1794-1806; Oberförster Böcler 1806-1816) unter diesen Rahmenbedingungen geregelte Forstwirtschaft zu realisieren, blieben damit weitgehend wirkungslos. Erst mit dem Dienstantritt
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Philipp von Stenglin´s, eines späterhin bedeutenden Forstmannes begann im Jahre 1816 die Ära einer wirklich tiefgreifenden geregelten Forstwirtschaft. Nur kurz zuvor hatte von Stenglin die Forstakademie Heinrich Cottas (einem der Wegbereiter der deutschen Forstwirtschaft) in Zillbach /Thüringen als einer der ersten Absolventen verlassen. Er führte in den fürstlichen Waldungen die erste wirkliche Forsteinrichtung durch, gliederte die Reviere in Abteilungen, ließ Ansaaten bzw. Pflanzungen eingattern, um so geschützt, um so geschützt vor Wildverbiß ansehnliche Forstbestände aufwachsen zu lassen. Er machte erste erfolgreiche Versuche, standortgemäß auf Plaggstreifen zur Frischerhaltung des Humus übersandete Kiefern-Streifensaaten anzulegen. Von Stenglin gelang es selbst unter den erschwerten Bedingungen eines fürstlichen Präsentationsjagdgebietes, eine Musterforst von landesweiter Bedeutung auf den Weg zu bringen. Welche Beachtung sein forstliches Wirken fand, belegen unter Anderem auch Studienaufenthalte von Land- und Forstwirten nationalen Ranges, wie der Cotta´s im September 1825 oder des berühmten Nationalökonomen Johann Heinrich von Thünen im Jahre 1831 an der Gelbensander Forstinspektion. Eine bemerkenswerte Initiative von Stenglin´s ist auch die Gründung des „Versorgungsvereins für Forstarbeiter zu Gelbensande“ sowie der „Allgemeinen Witwen- und Waisen-Kasse“ 1830 als zwei der ersten Sozialkassen in Mecklenburg. In der Regierungszeit des Großherzogs Friedrich Franz II. Ab 1842 war schließlich auch das Ende der aufwändigen Parforce-Jagden und Hauptjagden gekommen. Fortan prägten mehrheitlich Pirsch- und Ansitzjagd das Geschehen in der fürstlichen Heide. Nach Philipp von Stenglin´s Tode am 30.9.1844 setzten dessen Amtsnachfolger: Forstmeister von Bülow Dienstzeit 1844-1851; Forstmeister Schulz 1851-1874, nun dessen forstliches Vermächtnis mit Kontinuität fort. Mit Max Garthe, dem Enkel des in der Rostocker Heide berühmt gewordenen Forstmeisters Hermann Friedrich Becker, begann 1874 ein weiterer Forstmann von herausragender Bedeutung an der Gelbensander Forstinspektion seine Dienstzeit. Als hier unter seiner Leitung 1875 bis 1877  unmittelbar neben der barocken Jagdresidenz der Komplex einer neuen Forstinspektion gebaut wird, erhielt diese zugleich den Status der zentralen Ausbildungsstätte für den gehobenen Forstdienst in Mecklenburg.
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So hat ein großer Teil bedeutender mecklenburgischer Forstmänner in der Zeit bis 1944 hier eine ganz wesentliche forstberufliche Prägung erhalten.
  
 
= Die Ribnitzer Heide im Spiegel von Karten und Luftbildern =
 
= Die Ribnitzer Heide im Spiegel von Karten und Luftbildern =

Version vom 2. Februar 2021, 23:11 Uhr


Kenndaten des Orts
Name (heute)Ribnitzer Heide (Landschaft)
Regionale Einordnung (heute)
Postleitzahl18311
VerwaltungsamtStadt Ribnitz-Damgarten
LandkreisVorpommern-Rügen
Zahlen
Einwohner
KoordinatenBreite: 54.2529709 / Länge: 12.2941983


Die Landschaft der Ribnitzer Heide schließt südwestlich an das Fischland an und ist Teil der Nordöstlichen Heide Mecklenburgs


Geographische Lage


Einführende Information

Kurztext zur Landschaft

Historischer Abriß zur Waldlandschaft – Ribnitzer Forst, Hirschburg/Gelbensander Forst, Forst Alte Heide


Betrachten wir die historische Entwicklung des östlichen Teils jener Waldlandschaft, die mit 12 000 ha Ausdehnung das größte geschlossene Forstgebiet an der gesamten deutschen Seeküste ist und für dessen Geschlossenheit die Geographen den Begriff „Nordöstliche Heide Mecklenburgs“ prägten, so umfasst sie angesichts schriftlicher Belege einen Zeitraum von mehr als 750 Jahren. Das Datum des ältesten erhaltenen Dokumentes berichtet von der größten Zäsur in der Geschichte dieser Landschaft, eben deren Teilung. Bis zum 25. März 1252 befand sich hier das gesamte in sich geschlossene Urwaldgebiet zwischen Rostock und der Recknitzmündung im Besitz der mecklenburgischen Landesherrschaft. Dann verkaufte Fürst Borwin der III. Die mehr als 6 000 ha umfassende Westhälfte an die Stadt Rostock. Die in ihren Grundzügen bis in unsere Tage anhaltende Teiliung in die westliche „Rostocker Heide“ und die östliche „fürstlich Ribnitzer Heide“ war vollzogen. Fortan machten diese beiden Waldhälften eine nutzungsgeprägt sehr unterschiedliche Entwicklung durch. In der Rostocker Heide dominierte der Holzerwerb, in der fürstlichen Heide prägte die höfische Repräsentationsjagd die weitere Entwickliung der Landschaft. Aus einer Urkunde, datiert vom 20.April 1262, ist zu entnehmen, dass die Jagd nicht mehr der allgemeinheit zustand, sondern das ihre Ausübung bereits allmählich als ein besonderes mit dem Eigentum an Grund und Boden verbundenes und aus diesem entspringendes Recht verstanden wurde. So stand nun die „Hohe Jagd“, also Hetz-, Pirsch- und Beitzjagd auf Edel-, Reh-, Schwarzwild, Auer-, Birk-, und Haselhuhn, Fasan, Trappe, Kranich und Adler ausschließlich dem Landesherrn zu. Alle übrigen jagdbaren, in der Heide vorkommenden Tierarten, die „Niedere Jagd“, also Hühnerfang mit dem Hühnerhund sowie Habichsbeize auf den Hasen, gestand man auch dem niedeeren Adel, städtisch Ribnitzer bzw. klösterlicher Beauftragter in Form von Privilegien zu. Einfachen Untertanen war nun das Vogelfangen mit Leimruten (Leimspillenausleger) gestattet.

Wann der einst hier vorkommende letzte Auerochse erlegt worden ist, kann heute nicht mehr festgestellt werden. Dass er, genauso wie der Elch, einmal recht häufig anzutreffen war, belegen jedoch gelegentlich bei Erdarbeiten gemachte Funde. Auch Luchs, Bär, Wolf, Auer-, Birk- und Haselhuhn waren ehemals hier heimisch. Im Jahre 1272 finden sich erstmals urkundliche Nachweise, die einen größeren Waldbesitz der Stadt Ribnitz im Nordostteil des Waldareals belegen. Teile der Fürstlichen Heide gelangten ab 1328 durch Schenkung der Landesfürsten in den Besitz des Klarissenklosters zu Ribnitz. Dieser Streubesitz umfasste im 16. Jahrhundert Waldflächen bei Dierhagen, Müritz, Altheide/Neuhof, Petersdorf und Wilmshagen, laut der Klosterchronik von Lambert Slaggert: „Waldungen um rund 1 000 Schweine feist zu machen“. Eine Größenbestimmung, die uns zugleich von einer weiteren Art der Waldnutzung, der in Teilen bis Anfang des 19. Jahrhunderts anhaltenden Waldweide, berichtet. Wald und Schweinebestand des Klosters Ribnitz und seiner Höfe waren unzertrennbar mit einander verbunden, denn der Waldbestand spielte als Ernährungsfaktor in der Schweinehaltung die weitaus größte Rolle. Die klösterliche, wie auch die fürstliche Forstwirtschaft war zu Beginn des 16. Jahrhunderts vernachlässigt worden. Man betrieb die Forstwirtschaft nur als Plänterwirtschaft, d.h. man fällte die geeigneten Stämme regellos, ohne sich um den Ersatz durch Anpflanzung junger Bäume zu kümmern. Eine Ausnahme machten ab 1620 klösterliche Flächen in der Dierhäger Feldmark. Sie zu rein landwirtschaftlichen Zwecken zu benutzen schien unwirtschaftlich, deshalb hatte man junge Bäume angepflanzt, so dass hier im Gegensatz zu den Ausrodungen alter Waldungen der damals sicherlich seltene Fall eintrat, das früheres Ackerland zum Holzanbau benutzt wurde. Zum Problem wurde die Übernutzung der sogenannten „weichen Holzung“ (Büsche, Sträucher und niedrige Bäume). Aus ihr verschaffte sich das Kloster eine wesentliche Einnahmequelle. Es erlaubte den Bauern, sich ihren Bedarf Holz zu hauen, und erhob für mehrere Ladungen 20-30 Thaler. Die weiche Holzung wurde nicht allein als rohes Holz, sondern beereits im 16. Jahrhundert nachweislich zur Holzkohleherstellung genutzt. Das Kloster selbst betrieb keine Meiler, sondern es kaufte die benötigte Kohle von seinen Bauern. Durch den Erbvertrag von 1611 wurde auch der Übergang der Klosterwaldungen in den Besitz der Herzöge Adolph Friedrich und Johann Albrecht von Mecklenburg festgeschrieben. Dem folgte jedoch ein mehr als ein halbes Jahrhundert anhaltender Streit, bis schließlich 1669 der überwiegende Teil des Ribnitzer Klosterwaldes in fürstlichen Besitz über ging und nun Bestandteil der fürstlichen Heide wurde.

Ab 1554 sind für die fürstliche Heide erste Jagdreglemente nachweisbar, so „Wider das Jagen zur verbotenen Zeit“ (1554), „Wider das Schießen und Jagen in der fürstlichen Heide“ (1557). Beginnend im Jahre 1599 finden sich Berichte über fürstliche Jagdablager in den fürstlichen und klösterlichen Waldungen (Reh- und Schweine-Ablager; aufwändig betriebene Treibjagd-Veranstaltungen verbundenmit umfangreichen Bauerndiensten). An die Stelle des Fürsten persönlich traten während der Ablager oft die Jäger des Landesherrn, da dieser nicht selbst in jedem Jahr in allen Teilen seiner domanialen Besitzungen jagen konnte. Ein im Visitationsprotokoll 1649 erwähnter wüster Heidereiter-Sitz in Gelbensande (ein Jahr zuvor endete der 30-jährige Krieg), der zu jener Zeit wieder aufgebaut wurde, lässt den Schluß zu, dass hier bereits vor Ausbruch dieses Krieges ein fürstlicher Jagdaufseher seinen Sitz hatte. Gelbensande sollte in der Folge nicht nur Bedeutung als Sitz der landesherrlichen Jagdaufsicht, sondern auch als fürstliche Jagdresidenz in diesem ausgedehnten Areal erhalten. Vom 3. September 1687 ist uns aus der fürstlichen Heide ein Bericht überliefert, als „Ihre fürstliche DurchlauchtHerzog Gustav Adolph eine Jagd, welche er zu Ehren seines bei ihm zu Besuch weilenden Schwiegersohn, des Grafen von Stolberg und dessen Gemahlin abgehalten...“. Hier wird berichtet, dass das Treiben von Schwarzwild ebenso beliebt war, wie die lärmreiche Klapperjagd auf Füchse, Hasen und Schnepfen. Beim „Buschieren“, der Suchjagd auf Niederwild mit Vorsteh- und Stöberhund, dem übrigens der Begriff „auf den Busch klopfen“ entstammt, bei der im Gebüsch verborgene Tiere „herausgeklopft“ wurden, fanden die Durchlauchten ihr Jagdvergnügen. Die hochherrschaftlichen Weidmänner des rühen Barock bevorzugten dann jedoch mehr die körperlich weniger strapaziös eingestellte Jagd, auch umstelltes oder deutsches Jagen genannt. Darunter verstand man mittels Lappenketten umstelle Waldtrassen, in denen Treiber dem Jagdherrn das Wild zum Schusse zutrieben. Besondere Bedeutung erlangten die Ribnitz/Gelbensander Waldungen während der regierungszeit des Herzogs friedrich Wilhelm (1675-1713), der hier seiner Vorliebe, der Parforce-Jagd häufig nachging. Die Parforce-Jagd, auch französische Jagd oder „chassé á courre“ genannt, von par force = mit Gewalt; ohne jeglice Pardon , zielte in der Regel auf den edlen Hirsch, der von einer Meute speziell abgerichteter Hunde und den Treibern bis aufs Blut gehetzt wurde. Er veranlasste 1694 auch das „Edict wider das Jagen in der verbotenen Zeit, worin zugleich dessen Befehl, denen Hunden auf dem Lande die Schleif- oder Zwergknütteln von 5 viertel Ellen lang anzuhengen“ gefolgt vom „Jagd- und Forst-Edict“ 1697. Dazu gelang es dem Herzog durch den „Vergleich mit der Stadt Rostock wegen der Besetzung und cedirten Ober- und Niederjagden in der Rostocker Heyde“ am 28. März 1702, das Recht der Jagd in der Rostocker Heide auf Lebenszeit zu erlangen. Somit stand ihm die Jagd in der Fürstlichen Waldung, wie auch der Ribnitzer und Rostocker Stadtwaldung zu. Das hatte schließlich zur Folge, das er zeitweise seine Hauptresidenz nach Rostock verlegte und am Heidereiter-Sitz Gelbensande ein kleines Jagdschloss errichten ließ. Auf sein Betreiben hin wurde 1702 eine Holzordnung erlassen, die inhaltliche Ansätze zu geregelter Forstwirtschaft (Erhaltung und Schonung der Waldungen, erste Durchforstungsregeln, Schlageinteilung von Niederwald) enthielt. Im Jahre 1715, zwei Jahre nach Friedrich Wilhelms Ableben, gereichte das diesem Landesfürsten seitens der Rostocker auf Lebenszeit eingeräumte Jagdrecht in den städtischen Waldungen zu einem handfesten Streit mit dessen jüngerem Bruder und Amtsnachfolger, Herzog Carl Leopold. In Folge dieser Streitigkeiten besetzten herzogliche Truppen die gesamte Waldlandschaft, auch wurde die Rostocker Bürgervertretung festgesetzt. Am 26. Mai erging der kaiserliche Bescheid, dass die „Transaktion“ des Herzogs „vor Null und nichtig erklähret“ wurde. So musste sich Carl Leopold, der kurz zzuvor gerade ein politisches Bündnis mit Zar Peeter dem Großen eingegangen war und dessen Nichte Katharina Iwanowna geheiratet hatte, den Gelbensander Jagdsitz zu einer barocken Jagdresidenz-Anlage erweitern. Die heute nicht mehr existierende Anlage ähnelte dem barocken Jagdschloß Friedrichsmoor fast zwillingshaft und wurde ebenso vom Baumeister Christian von dem Knesebeck erbaut. Sie wurde zu einem der besonders beliebten Aufenthaltsorte des Fürstenpaares. Die umgebenden fürstlichen Waldungen nutzte man als bevorzugten Aufenthaltsort der Präsentationsjagden. Als wohl berühmtester Jagdgast nahm daran Zar Peter wiedereholt teil. Ab etwa 1719, in der Zeit der de facto Entmachtung Herzog Carl Leopolds verekümmerte die höfische Repräsentationsjagd in den fürstlich Gelbensander Forsten für Jahrzehnte fast bis zur Bedeutungslosigkeit.

Angesichts des in Mecklenburg, wie in ganz Europa raumgreifenden Gespenstes der Holznot, der überwiegende Teil der Waldungen war durch Übernutzung zu Strauchwüsten verkommen, waren die hiesigen fürstlichen Forsten weitgehend intakt. Die 1702 erlassene Forstordnung und eine Reihe, den Folgejahren entstammender, darauf aufbauender Edikte und forstlicher Verordnungen, zeigten hier ihre Wirkung. Zaghaft wurden erste Schritte zu geregelter Forstwirtschaft praktisch umgesetzt. 1736 kam es zur Errichtung der fünf ersten Forstinspektionen in Mecklenburg. In der fürstlich Gelbensander Heide entstand so die Hirschburger Forstinspektion. Eine Einteilung der Waldungen in Reviere folgte bald darauf. Im August 1750 entstand die erste Teerschweelerei in den fürstlichen Waldungen in der Nähe Gelbensandes. Insgesamt existierten im 18./19. Jahrhundert viet Teerschweelereien in der fürstlichen Heide. Erst drei Jahre nach Regierungsbeginn Herzog Christian Ludwigs II., also ab 1750 rückte dieses fürstliche Waldgebiet wieder in den Focus höfischen Jagdgeschehens. Ab 1755 wurde der Bestand an Hetzhunden und Pferden in der Gelbensander Jagdresidenz beachtlich erhöht. Parforce-Jagden erlebten eine Renaissance, forstliche Aspekte traten wiederhinter höfische Repräsentation zurück .

Den nächsten zaghaften Versuch nachhaltige Waldwirtschaft in den Vordergrund zu stellen, dokumentiert die 1789 verabschiedete „Patent-Verordnung wegen Schonung des Eichen-Holzes, insonderheit wegen mißbräuchlicher Verschwendung junger Eichen-Hester ...“. Großherzog Friedrich Franz I. Lebte es, alljährlich im Herbst große Saujagden mit der Findermeute abzuhalten. In Gelbensande bestanden zu der Zeit speziell angelegte Zuchteinrichtungen für Hetz-, Leit- und Schweißhunde. Versuche der herzoglichen Forstinspektoren (Oberförster Ehlers, Dienstzeit von 1776-1789; Oberförster von Schildfeld 1789-1816; Oberförster Walter 1794-1806; Oberförster Böcler 1806-1816) unter diesen Rahmenbedingungen geregelte Forstwirtschaft zu realisieren, blieben damit weitgehend wirkungslos. Erst mit dem Dienstantritt Philipp von Stenglin´s, eines späterhin bedeutenden Forstmannes begann im Jahre 1816 die Ära einer wirklich tiefgreifenden geregelten Forstwirtschaft. Nur kurz zuvor hatte von Stenglin die Forstakademie Heinrich Cottas (einem der Wegbereiter der deutschen Forstwirtschaft) in Zillbach /Thüringen als einer der ersten Absolventen verlassen. Er führte in den fürstlichen Waldungen die erste wirkliche Forsteinrichtung durch, gliederte die Reviere in Abteilungen, ließ Ansaaten bzw. Pflanzungen eingattern, um so geschützt, um so geschützt vor Wildverbiß ansehnliche Forstbestände aufwachsen zu lassen. Er machte erste erfolgreiche Versuche, standortgemäß auf Plaggstreifen zur Frischerhaltung des Humus übersandete Kiefern-Streifensaaten anzulegen. Von Stenglin gelang es selbst unter den erschwerten Bedingungen eines fürstlichen Präsentationsjagdgebietes, eine Musterforst von landesweiter Bedeutung auf den Weg zu bringen. Welche Beachtung sein forstliches Wirken fand, belegen unter Anderem auch Studienaufenthalte von Land- und Forstwirten nationalen Ranges, wie der Cotta´s im September 1825 oder des berühmten Nationalökonomen Johann Heinrich von Thünen im Jahre 1831 an der Gelbensander Forstinspektion. Eine bemerkenswerte Initiative von Stenglin´s ist auch die Gründung des „Versorgungsvereins für Forstarbeiter zu Gelbensande“ sowie der „Allgemeinen Witwen- und Waisen-Kasse“ 1830 als zwei der ersten Sozialkassen in Mecklenburg. In der Regierungszeit des Großherzogs Friedrich Franz II. Ab 1842 war schließlich auch das Ende der aufwändigen Parforce-Jagden und Hauptjagden gekommen. Fortan prägten mehrheitlich Pirsch- und Ansitzjagd das Geschehen in der fürstlichen Heide. Nach Philipp von Stenglin´s Tode am 30.9.1844 setzten dessen Amtsnachfolger: Forstmeister von Bülow Dienstzeit 1844-1851; Forstmeister Schulz 1851-1874, nun dessen forstliches Vermächtnis mit Kontinuität fort. Mit Max Garthe, dem Enkel des in der Rostocker Heide berühmt gewordenen Forstmeisters Hermann Friedrich Becker, begann 1874 ein weiterer Forstmann von herausragender Bedeutung an der Gelbensander Forstinspektion seine Dienstzeit. Als hier unter seiner Leitung 1875 bis 1877 unmittelbar neben der barocken Jagdresidenz der Komplex einer neuen Forstinspektion gebaut wird, erhielt diese zugleich den Status der zentralen Ausbildungsstätte für den gehobenen Forstdienst in Mecklenburg. So hat ein großer Teil bedeutender mecklenburgischer Forstmänner in der Zeit bis 1944 hier eine ganz wesentliche forstberufliche Prägung erhalten.

Die Ribnitzer Heide im Spiegel von Karten und Luftbildern

Bildergalerie

Forstgeschichte der Ribnitzer Heide

Anmerkung: In der folgenden Liste werden bekannt gewordene chronistische Arbeiten gelistet. In blauer Schrift erscheinen Arbeiten die digital verfügbar sind. In roter Schrift gelistete Titel sind, meist aus urheberrechtlichen Gründen, noch nicht digitalisiert. Aber auch Chroniken die bekannt geworden sind, deren Verbleib aber bislang nicht bekannt ist, sind Bestandteil der Liste.

Weiterführende Information zur Ribnitzer Heide

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