Mehr über Charles Bencard und sein Wirken: Unterschied zwischen den Versionen

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gest.13.4.1956 Rövershagen
 
gest.13.4.1956 Rövershagen
  
Im Jahre 1951 übergab der damals 74 Jahre alte Forstinspektor Bencard die Rostocker Heide nach 34jährigem Wirken für den Heidewald an den neu gegründeten Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb Rövershagen und setzte damit den vorläufigen Schlußpunkt unter eine 160 Jahre währende Ära. Hochverdient aber ohne Dank ging er in den Ruhestand. Um die Stelle des im Kriege 1914 gefallenen Forstinspektors Max Garthe (Sohn des bekannten Forstmannes Julius Garthe) neu zu besetzen, war Ch.Bencard 1918 in den Dienst der Hansestadt Rostock genommen worden. Als Enkel eines früheren Bürgermeisters der Stadt hatte er hier einen klangvollen Namen. Sich den Zielen und der Tradition seines Amtes bewußt, begann er sein Wirken im Jahre 1921 mit einer großen Zwischenrevision der Beckerschen und Gartheschen Waldwirtschaft. Im Jahre 1925 fiel auf seine Veranlassung die Eingatterung der Rostocker Heide. Ganz nebenbei öffnet der liberale Forstmann seinen Wald auch der sich neu entwickelnden Naturfreunde- und Wanderbewegung. Nach Kräften unterstützt er die Schaffung solcher Wanderherbergen wie das Haus Uhlenflucht und das Waldhaus im Torfbrücker Revier. Als Mitglied der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft ist der Forstinspektor im Jahre 1927 einer der maßgeblichen Organisatoren des Dendrologischen Kongresses in Deutschland. Nach 1933 bekannten sich die meisten Förster zum Nationalsozialismus, nicht so Ch.Bencard. Dem Gauleiter Hildebrandt und dem Rostocker Oberbürgermeister Volgmann war ein parteiloser Forstinspektor und Jagdleiter unbequem und hinderlich, so daß man Bencard 1942 zwangspensionierte. Bald zu der Erkenntnis gelangt, daß man auf diesen Fachmann nicht gut verzichten konnte, wurde der 67jährige weiter dienstverpflichtet. In den Kriegs- und Nachkriegsjahren war sein Bemühen darauf gerichtet, den Heidewald vor Einschlagforderungen für Rüstung und Reparation zu schützen. Nach Kriegsende wurde der Oberforstmeister durch die Stadt wieder in seine alte Funktion eingestetzt. Von 1946 bis 1951 erfolgte unter seiner Leitung die große Aufforstung der 700ha umfassenden Kriegskahlschläge und Brandflächen. Bis zu seiner Pensionierung schloß er diese Aufgabe bis auf eine Restfläche von 90 ha ab. Mit dem Ende seines Wirkens als Forstmann in der Rostocker Heide schrieb Bencard die letzte Seite der vor über hundert Jahren von Hermann Friedrich Becker begonnenen „Heidechronik“. Sie endet mit dem Credo: „Im Juni 1951 geht die Rostocker Heide, die am 1.März gerade 700 Jahre Eigentum der Stadt gewesen ist, in das Eigentum des Staates über. Die Heide wurde schon um 1600 das „Kleinod der Stadt Rostock“ genannt und da sie auch für die Zukunft die Lunge der sich immer mehr vergrößernden Stadt bleiben wird, ist es zweifellos zu bedauern, daß der Rat der Stadt jetzt gänzlich ausgeschaltet ist... Der schöne artenreiche Wald ist in der Nähe einer Großstadt eine noch größere Förderung des Nationalreichtums als die Verbesserung der Holzwerte. Die jetzt wieder überhand nehmenden Kahlschläge sind bedauerlich. Ch.Bencard“
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:Im Jahre 1951 übergab der damals 74 Jahre alte Forstinspektor Bencard die Rostocker Heide nach 34jährigem Wirken für den Heidewald an den neu gegründeten Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb Rövershagen und setzte damit den vorläufigen Schlußpunkt unter eine 160 Jahre währende Ära.  
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:Hochverdient aber ohne Dank ging er in den Ruhestand.  
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:Um die Stelle des im Kriege 1914 gefallenen Forstinspektors Max Garthe (Sohn des bekannten Forstmannes Julius Garthe) neu zu besetzen, war Ch.Bencard 1918 in den Dienst der Hansestadt Rostock genommen worden.  
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:Als Enkel eines früheren Bürgermeisters der Stadt hatte er hier einen klangvollen Namen.  
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:Sich den Zielen und der Tradition seines Amtes bewußt, begann er sein Wirken im Jahre 1921 mit einer großen Zwischenrevision der Beckerschen und Gartheschen Waldwirtschaft.  
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:Im Jahre 1925 fiel auf seine Veranlassung die Eingatterung der Rostocker Heide.  
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:Bei der Waldbewirtschaftung richtete sich Bencard nach den Ideen der "Möllerschen Dauerwaldbewegung", dem Ursprung der heutigen naturgemäßen Waldwirtschaft.
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:Zu deren Prinzipien zählen der Verzicht auf Kahlschläge zugunsten einer einzelstammweisen Nutzung, das Streben nach ungleichaltrigen Mischbeständen und der Erzeugung qualitativ hochwertigen Holzes.
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:Ganz nebenbei öffnet der liberale Forstmann seinen Wald auch der sich neu entwickelnden Naturfreunde- und Wanderbewegung. :Nach Kräften unterstützt er die Schaffung solcher Wanderherbergen wie das Haus Uhlenflucht und das Waldhaus im Torfbrücker Revier.  
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:Als Mitglied der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft ist der Forstinspektor im Jahre 1927 einer der maßgeblichen Organisatoren des Dendrologischen Kongresses in Deutschland.  
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:Nach 1933 bekannten sich die meisten Förster zum Nationalsozialismus, nicht so Ch.Bencard.  
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:Dem Gauleiter Hildebrandt und dem Rostocker Oberbürgermeister Volgmann war ein parteiloser Forstinspektor und Jagdleiter unbequem und hinderlich, so daß man Bencard 1942 zwangspensionierte.  
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:Bald zu der Erkenntnis gelangt, daß man auf diesen Fachmann nicht gut verzichten konnte, wurde der 67jährige weiter dienstverpflichtet.  
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:In den Kriegs- und Nachkriegsjahren war sein Bemühen darauf gerichtet, den Heidewald vor Einschlagforderungen für Rüstung und Reparation zu schützen.  
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:Nach Kriegsende wurde der Oberforstmeister durch die Stadt wieder in seine alte Funktion eingestetzt. Von 1946 bis 1951 erfolgte unter seiner Leitung die große Aufforstung der 700ha umfassenden Kriegskahlschläge und Brandflächen.  
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:Bis zu seiner Pensionierung schloß er diese Aufgabe bis auf eine Restfläche von 90 ha ab.  
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:Mit dem Ende seines Wirkens als Forstmann in der Rostocker Heide schrieb Bencard die letzte Seite der vor über hundert Jahren von Hermann Friedrich Becker begonnenen „Heidechronik“.  
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:Sie endet mit dem Credo:
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:„Im Juni 1951 geht die Rostocker Heide, die am 1.März gerade 700 Jahre Eigentum der Stadt gewesen ist, in das Eigentum des Staates über. Die Heide wurde schon um 1600 das „Kleinod der Stadt Rostock“ genannt und da sie auch für die Zukunft die Lunge der sich immer mehr vergrößernden Stadt bleiben wird, ist es zweifellos zu bedauern, daß der Rat der Stadt jetzt gänzlich ausgeschaltet ist...  
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:Der schöne artenreiche Wald ist in der Nähe einer Großstadt eine noch größere Förderung des Nationalreichtums als die Verbesserung der Holzwerte.  
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:Die jetzt wieder überhand nehmenden Kahlschläge sind bedauerlich.  
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:Ch.Bencard“

Version vom 24. Mai 2022, 18:52 Uhr

Text: Wilfried Steinmüller

Charles Bencard, geb. 27.3.1877 gest. 13.4.1956; Foto um 1950 (Foto: Otto Kolp)


Charles Bencard

geb.27.3.1877 gest.13.4.1956 Rövershagen

Im Jahre 1951 übergab der damals 74 Jahre alte Forstinspektor Bencard die Rostocker Heide nach 34jährigem Wirken für den Heidewald an den neu gegründeten Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb Rövershagen und setzte damit den vorläufigen Schlußpunkt unter eine 160 Jahre währende Ära.
Hochverdient aber ohne Dank ging er in den Ruhestand.
Um die Stelle des im Kriege 1914 gefallenen Forstinspektors Max Garthe (Sohn des bekannten Forstmannes Julius Garthe) neu zu besetzen, war Ch.Bencard 1918 in den Dienst der Hansestadt Rostock genommen worden.
Als Enkel eines früheren Bürgermeisters der Stadt hatte er hier einen klangvollen Namen.
Sich den Zielen und der Tradition seines Amtes bewußt, begann er sein Wirken im Jahre 1921 mit einer großen Zwischenrevision der Beckerschen und Gartheschen Waldwirtschaft.
Im Jahre 1925 fiel auf seine Veranlassung die Eingatterung der Rostocker Heide.
Bei der Waldbewirtschaftung richtete sich Bencard nach den Ideen der "Möllerschen Dauerwaldbewegung", dem Ursprung der heutigen naturgemäßen Waldwirtschaft.
Zu deren Prinzipien zählen der Verzicht auf Kahlschläge zugunsten einer einzelstammweisen Nutzung, das Streben nach ungleichaltrigen Mischbeständen und der Erzeugung qualitativ hochwertigen Holzes.
Ganz nebenbei öffnet der liberale Forstmann seinen Wald auch der sich neu entwickelnden Naturfreunde- und Wanderbewegung. :Nach Kräften unterstützt er die Schaffung solcher Wanderherbergen wie das Haus Uhlenflucht und das Waldhaus im Torfbrücker Revier.
Als Mitglied der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft ist der Forstinspektor im Jahre 1927 einer der maßgeblichen Organisatoren des Dendrologischen Kongresses in Deutschland.
Nach 1933 bekannten sich die meisten Förster zum Nationalsozialismus, nicht so Ch.Bencard.
Dem Gauleiter Hildebrandt und dem Rostocker Oberbürgermeister Volgmann war ein parteiloser Forstinspektor und Jagdleiter unbequem und hinderlich, so daß man Bencard 1942 zwangspensionierte.
Bald zu der Erkenntnis gelangt, daß man auf diesen Fachmann nicht gut verzichten konnte, wurde der 67jährige weiter dienstverpflichtet.
In den Kriegs- und Nachkriegsjahren war sein Bemühen darauf gerichtet, den Heidewald vor Einschlagforderungen für Rüstung und Reparation zu schützen.
Nach Kriegsende wurde der Oberforstmeister durch die Stadt wieder in seine alte Funktion eingestetzt. Von 1946 bis 1951 erfolgte unter seiner Leitung die große Aufforstung der 700ha umfassenden Kriegskahlschläge und Brandflächen.
Bis zu seiner Pensionierung schloß er diese Aufgabe bis auf eine Restfläche von 90 ha ab.
Mit dem Ende seines Wirkens als Forstmann in der Rostocker Heide schrieb Bencard die letzte Seite der vor über hundert Jahren von Hermann Friedrich Becker begonnenen „Heidechronik“.
Sie endet mit dem Credo:
„Im Juni 1951 geht die Rostocker Heide, die am 1.März gerade 700 Jahre Eigentum der Stadt gewesen ist, in das Eigentum des Staates über. Die Heide wurde schon um 1600 das „Kleinod der Stadt Rostock“ genannt und da sie auch für die Zukunft die Lunge der sich immer mehr vergrößernden Stadt bleiben wird, ist es zweifellos zu bedauern, daß der Rat der Stadt jetzt gänzlich ausgeschaltet ist...
Der schöne artenreiche Wald ist in der Nähe einer Großstadt eine noch größere Förderung des Nationalreichtums als die Verbesserung der Holzwerte.
Die jetzt wieder überhand nehmenden Kahlschläge sind bedauerlich.
Ch.Bencard“