Fortlaufende Ortschronik - Zeittafel von Zinnowitz: Unterschied zwischen den Versionen

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:Am '''25. April 1911''' fand in Schwabes Hotel im Beisein des Landrates des Kreises und eines Oberingenieures der Provinzialverwaltung eine Versammlung wegen des Anschlusses der Gemeinde Zinnowitz an die Überlandzentrale in Stralsund statt. Die Versammlung beschloss einstimmig den Anschluss. Die Kosten tragen je zu einem Drittel die Provinz, die beteiligten Kreise und die persönlichen Interessenten.
 
:Am '''25. April 1911''' fand in Schwabes Hotel im Beisein des Landrates des Kreises und eines Oberingenieures der Provinzialverwaltung eine Versammlung wegen des Anschlusses der Gemeinde Zinnowitz an die Überlandzentrale in Stralsund statt. Die Versammlung beschloss einstimmig den Anschluss. Die Kosten tragen je zu einem Drittel die Provinz, die beteiligten Kreise und die persönlichen Interessenten.
  
:Am '''1. Juni''' Eröffnung der Eisenbahnverbindung von Heringsdorf nach Wolgaster Fähre, damit erhält auch Zinnowitz den langersehnten Eisenbahnanschluss. '''15.08.''' Aufnahme des Personenverkehrs Wolgast–Wolgast Hafen. Bahnhof Zinnowitz wird gebaut.
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:Am '''1. Juni''' Eröffnung der Eisenbahnverbindung von Heringsdorf nach Wolgaster Fähre, damit erhält auch Zinnowitz den langersehnten Eisenbahnanschluss. '''15.08.''' Aufnahme des Personenverkehrs Wolgast–Wolgast Hafen. Bahnhof Zinnowitz wurde gebaut und eingeweiht.
  
 
:Das neue Postgebäude wird übergeben.
 
:Das neue Postgebäude wird übergeben.

Version vom 14. August 2022, 18:33 Uhr




Kenndaten der Ortschronik
OrtZinnowitz
Zeitlicher Schwerpunktfortlaufend
UrheberrechteHistorische Gesellschaft zu Seebad Zinnowitz auf Usedom e.V. /
Dirk Herrmann
Erstellungszeitraum2022
Publikationsdatumveröffentlicht
Inhaltliche KategorisierungZeittafel des Ostseebades Zinnowitz
Status (Ampelsystem)in fortlaufender Bearbeitung

Ur- und Frühgeschichte

Jungsteinzeit

Erste Besiedlung der Insel sind 70-45 000 v.u.Z. anhand von Funden aus der Trichterbecherkultur nachzuweisen.
Ein jungsteinzeitliches Ganggrab befindet sich bei Netzelkow unweit von Zinnowitz.

Bronzezeit (1800-500 v. Chr.)

Bodenfunde deuten darauf hin, dass die Region des heutigen Zinnowitz bereits in der frühen Bronzezeit um 2200 v.u.Z. besiedelt wurde. Zeichen dafür sind beispielsweise ein Feuersteinbeil, sowie ein bei Zinnowitz entdeckter Hortfund.
Auch als in Zinnowitz die Kirche erbaute wurde, entdeckte man an der Stelle, wo sie heute steht, ein größeres Gräberfeld der Bronzezeit.
Abbildungen der Hortfunde befinden sich im Heimat- und Eisenbahnmuseum.

Slawenzeit - 8. bis 12. Jahrhundert

Hier kämpften in grauer Vorzeit die Wenden mit den seefahrenden Nordlandsräubern.
Mit dem Landtag zu Usedom begann 1128 die Christianisierung und danach die Germanisierung Pommerns.

Greifenzeit - Mittelalter - 13. bis 15. Jahrhundert

1267-1273
In diesen Jahren muss die Mündung des Ost-Strummins bei Tzys (so lautete der damalige Name von Zinnowitz) in die Ostsee durch ein Naturereignis versandet sein. In einer Urkunde Herzogs Barnim I. vom 27. März 1267 wird ein Bach Strummin erwähnt, welcher vom Frischen Haff in das Salzmeer floss. Dieser ging von der Störlanke im Achterwasser, wo sich das alte Tzys befand, östlich am heutigen Zinnowitz vorbei, durch das große Moosbruch (Mösken) zu den Stranddünen. Nach Verstopfung der Mündung begann die Bildung von Dünen im Binnenland und torfig-moorigen Niederungen.
Aus einer Urkunde Barnims aus dem Jahre 1273 geht hervor, dass die Durchfahrtsmöglichkeit zur Ostsee hier nun nicht mehr bestand.
1309
Am 11. Februar 1309 erfolgte die urkundliche Ersterwähnung von Zinnowitz unter dem slawischen Namen Tzys in der Schenkungsurkunde des Pommernherzog Bogislav IV.. Er bestätigt, dass „Tzys“ zum Kloster Crummin gehört. Beurkundet war das Schreiben von dem Notar Heinrich Deutsch in der Burg Wolgast.
1496
„Eine weitere so genannte Gnadenstätte befand sich im Bereich des Klosters Krummin im Ort Zitz, dem mittelalterlichen Vorgänger des heutigen Zinnowitz, in Gestalt der dortigen, der „Himmelskönigin Maria“ geweihten Kapelle. Die Entstehungszeit dieser Kapelle ist nicht bekannt, sie wird im Zusammenhang mit der Gründung des Klosters Krummin zu Beginn des 14. Jahrhunderts vermutet. Urkundlich erwähnt wird sie erst zu Ende des 15. Jahrhunderts, doch dürfte die Lage des Ortes an einem überregionalen Handelsweg ein früheres Bestehen wahrscheinlich machen.“ [1])
Der Kirchenrat von Tzys erhält aus der Klosterkasse von Crummin eine finanzielle Anleihe für die Reparatur der christlichen Kapelle.

Reformation und 30-Jähriger Krieg - 16.- 17. Jahrhundert

1534
Beginn der Reformation der Katholischen Kirche in Pommern. Die Klöster werden aufgehoben. Der Besitz geht an die jeweiligen Feudalherren (Pommernherzöge), die dadurch ihre Macht erheblich vergrößern.
1535
Die Fischereiverordnung wird in Kraft gesetzt. Diese Lassansche Wasserverordnung regelt die Fischerei im Achterwasser.
1563
Das Kloster Crummin wird aufgelöst und geht mit den dazugehörigen Klosterdörfern in den Besitz des Herzogs von Pommern-Wolgast über.
Von den Klostergebäuden werden einige zu einem Stift für adlige evangelische Jungfrauen ausgestaltet. Klösterliche Stifte dienen u.a. auch der Finanzierung der Universität Greifswald.
1610 -1618
Die „Lubinsche Karte“ wird durch des Rostocker Universitätsprofessors Eilhardt Lübben (auch Lubinus genannt) erstellt, sie gilt als die erste Landesaufnahme des Herzogtums Pommern. Auftraggeber war Herzog Philipp II. von Pommern-Stettin (29. 7. 1573; † 3. 2. 1618).
1618
Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges. Pommern wird ausgeplündert und verwüstet. Das Land ist verarmt und in hohem Maße entvölkert.
12 Bauern in Tzys
1625
Mit Philipp-Julius stirbt der letzte Herzog der Linie Pommern-Wolgast (27. Dezember 1584 in Wolgast; † 6. Februar 1625 in Wolgast). Er hinterlässt keine Erben. Damit fällt das Herzogtum Pommern-Wolgast mit Usedom an das Herzogtum Pommern-Stettin.
1627
Wallenstein, Feldherr der kaiserlichen Truppen, lässt die Peenemünder Schanze errichten. Sie dient als Festungswerk gegen Angriffe von der Seeseite.
Tzys sowie die gesamte Insel werde in den Folgejahren von durchziehenden Truppen, insbesondere von den kaiserlichen, geplündert und gebrandschatzt. Dabei ist Tzys durch seine Lage an der alten Heerstraße von Vor- nach Hinterpommern besonders betroffen.
1628
Landung des dänischen Heeres unter König Christian IV. östlich von Tzys am Dänengrund.
Die Dänen zerstören die Peenemünder Schanze und bringen Tod und Verderben über die umliegenden Dörfer. Die Truppen Wallensteins stellen sich gegen die Dänen und gehen siegreich aus den Kämpfen hervor.
Der um seine Neutralitätspolitik bemühte Pommernherzog Bogislav XIV. verfügte über kein Heer, somit war Pommern völlig schutzlos.
Bogislav XIV. schließt mit Schweden einen Defensionsvertrag.
1630
Am 25. Juni landet das schwedische Heer unter König Gustav II. Adolf am Peenmünder Haken (heutiges Naturschutzgebiet) und greift in den Dreißigjährigen Krieg ein. Die Schweden besetzen Wolgast. Ihr Siegeszug führt über die Heerstraße zur Swina (deutsch Swine). Sie werden als Retter des Protestantismus gefeiert.
Das schwedische Heer ist noch streng diszipliniert. Nach der Flucht der kaiserlichen Truppen können die Dorfbewohner an die Beseitigung der Kriegsschäden gehen.
1632
Gustav II. Adolf fällt am 16. Nov.1632 in der Schlacht bei Lützen. Seine Leiche wird auf der Reise in die Heimat im Wolgaster Schloss aufgebahrt, am 16. Juli 1633 am Dreilindengrund in Wolgast eingeschifft und nach Schweden gebracht, wo er in der Stockholmer Riddarholmskyrkan beigesetzt wird.
Mit dem Nachlassen der straffen militärischen Führung lockert sich die Disziplin des schwedischen Heeres zunehmend. So werden die Truppen zum gleichen Schrecken der Bevölkerung wie ihre Gegner.
1636
6 Bauern in Tzys: Gebrüder Lehle, Koller, Wedige, Beggerow und Beneke. Zusammen hatten sie: 1 Ochs, 14 Schweine und 2 Kühe
1637
Erneute Plünderung der Insel durch kaiserliche Truppen.
Mit Bogislav XIV. stirbt der letzte Pommernherzog (* 31. März 1580 in Barth; † 10. März 1637 in Stettin).

Unter den „Drei Kronen“ lässt sich‘s gut wohnen? Die Schwedenzeit 1638-1720

1648
Ende des Dreißigjährigen Krieges.
Im „Westfälischen Frieden“ wird Mittel- und Vorpommern dem Königreich Schweden zugesprochen.
Hinterpommern dagegen fällt erbrechtlich an das Kurfürstentum Brandenburg.
Der alte slawische Name „Tzys“ wird in „Zitz“ umgewandelt.
Unter der neuen schwedischen Herrschaft kommt es wieder zu einer Beruhigung im öffentlichen Leben. Es gibt ein deutliches Bemühen, Kriegsschäden zu überwinden und einen friedlichen Aufbau zu sichern. Pommersche Sitten und Gebräuche können gepflegt werden. Notwendige Naturalabgaben der Fischer und Bauern halten sich in erträglichen Grenzen.
Nur noch 4 Bauern in Zinnowitz, 97 Morgen Acker – 53 Morgen waren zu Wald geworden
1654
Die Schwedenkönigin Christine gibt die Krone an Karl X. weiter.
1655-1660
Schwedisch–Polnischer Krieg.
1675-1679
Der Krieg des deutschen Reiches gegen Frankreich berührt die Insel Usedom, als die Schweden die von den Brandenburgern besetzte Peenemünder Schanze stürmen.
Zitz erlebt erneut durchziehende Truppen auf der Heeresstraße und muss Kontributionen erdulden.
Trotz der siegreichen Feldzüge des Großen Kurfürsten wird er vom deutschen Kaiser gezwungen, die Ergebnisse des Westfälischen Friedens zu sanktionieren. Damit bleibt Vorpommern schwedisch!
1692-1693
Im ganzen Königreich Schweden finden zu Steuerzwecken Landesvermessungen statt, deren Ergebnisse in Matrikeln zusammengefasst werden. Auch Zitz wird vermessen.
1693
die Schweden stellen fest, es wohnen hier :
Fridrik Birkholt – Heidereiter
Hans Krans Witwe
Jochom Stöffen
Hans Schil
Jöns Hing
Einlieger: Georgen Spiegelhagen
ein alter Heidereiter Michel Will
Ernst Frömmling - Viehhirte
1700-1721
Großer Nordischer Krieg. Schweden führt Krieg gegen das Bündnis Dänemark - Polen - Sachsen - Russland. Preußen tritt dem Bündnis 1713 bei. Beschränkt sich aber auf die Verteidigung seines Territoriums. (Unter König Friedrich Wilhelm I.)
1705
Zitz hat 4 Halbbauern, die gleichzeitig Fischer sind. Diese besitzen jedoch wieder einen guten Viehbestand und können ihre Felder mit eigenem Zugvieh bearbeiten. Ihre Namen: Hans Krohn, Hans Scheele, Jochen Steffen und Hans Ising.
1710
Die Insel wird von der Pest heimgesucht.
1711
Mit der Haffordnung kommt es zur Regelung wichtiger Fragen des Fischfanges.

Der Greif unter dem Preußenadler 1720-1815 Holländerei und Kolonie Zinnowitz

1720
Die Insel Usedom wird preußisch. Die Peene und der Peenestrom werden zum Grenzgebiet.
Mit dem „Frieden von Stockholm“ ist eine weitere wesentliche Etappe zur Beendigung des Großen Nordischen Krieges vollendet. Der Preußenkönig Friedrich Wilhelm I. erwirbt Mittelpommern mit Stettin und der Insel Usedom bis zum Peenestrom für 2 Millionen Taler.
1721
Das wesentlich straffere preußische Regime bringt den Bauern auch Nachteile durch die wieder eingeführten Frontage. So müssen auch die Zitzer Bauern in der Regel 3 bis 4 unentgeltliche Frontage wöchentlich auf der Domäne Crummin leisten.
1732
5 Bauern und 1 Büdner bewirtschaften 140 Morgen Land und zahlen 10 Taler Pacht.
1740
Nach dem Tode Friedrich Wilhelm I. (* 14. August 1688 in Berlin; † 31. Mai 1740 in Potsdam) übernimmt sein Sohn, Friedrich II., die Regierungsgeschäfte. Er widmet sich mit Umsicht und großer Tatkraft einer Neuordnung und Umgestaltung der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse.
Die 5 alteingesessenen Bauern werden auf sogenannte „wüste Höfe“ umgesetzt. Peter und Christian Ising nach Bannemin, Hans Jahnke und Michel Lüder nach Neeberg, Heinrich Hahn nach Mahlzow.
In Zitz beginnt in der Folgezeit die Umgestaltung zu einer Preußischen Domäne (Holländerei).
1749
8 Kolonisten werden mit ihren Familien in Zitz angesiedelt. Sie kommen aus Schwedisch-Pommern und Mecklenburg. In Zitz erhalten sie in vier neu zu erbauenden Zweifamilienhäusern eine dauerhafte Sesshaftigkeit. Sie gelten nach Erfüllung ihres Kontraktes als Büdner oder Kolonisten, je nachdem, wie sie das erhaltene Domänenland laut Vertrag zu bewirtschaften hatten. Diese Kolonisten waren Hans Götze, Karl Ludwig Gustavus, Michel Schulz, Franz Sandhoff, Christian Berg, Johann Jakob Dinnies, Daniel Trull und Michel Schützow.
Die Kolonisten kommen gern nach Preußen wegen zahlreicher Vergünstigungen. Dazu gehören: Befreiung vom Frondienst, Militärdienst, Einquartierung und Zöllen bis ins dritte Glied sowie Steuervergünstigungen und freier Bezug von Bauholz.
Der Schulmeister Otto Matthias Wiedemann wird im Trauregister 1749 genannt.
1751
Die Neugestaltung der königlichen Domäne (Holländerei) und Kolonie ist abgeschlossen. Sie erhält auf Beschluss der Verwaltung der „Königlich-Preußischen Kriegs- und Domänenkammer“ Stettin den Namen „Zinnowitz“.

heutiger Ortsname

Die meisten Kolonistendörfer dieser Zeit sind nach Mitgliedern der königlichen Familie, nach Ministern, Generälen oder Räten Friedrich II. oder verdienstvollen Kolonisatoren benannt. Dabei werden die Vornamen oder Familiennamen der so geehrten durch ortsübliche Endungen von Ortsnamen der Umgebung ergänzt. So wurde Zinnowitz höchstwahrscheinlich nach dem Geheimen Finanz-, Kriegs- und Domänenrat Friedrich II. Johann Christoph Zinnow (*1710, †18.7.1760) benannt. Bestätigung durch die Königliche Kabinetts-Order vom 06.12.1751.
Der Domänengutshof mit dem Herrenhaus (ältestes Haus in Zinnowitz, Neuendorfer Weg 23) ist errichtet. Generalpächter ist Herr Krull.
1757
Die Peenmünder Schanze ist Ort mehrfacher Kämpfe zwischen preußischen und schwedischen Truppen. Die Einwohner der umliegenden Dörfer werden davon betroffen.
1758
Die zwischenzeitlich siegreichen Schweden lassen einen Teil der Forsten von Zinnowitz und Pudagla zum Bau ihrer Flotte abholzen.
1759
Nach der Eroberung der Peenemünder Schanze durch die Preußen lässt man sie einebnen.
1762
In diesem Jahre wird ein Schulhalter Meyer in Zinnowitz erwähnt. Er war kein vorgebildeter Lehrer, sondern ein Schneider, der einige Kenntnisse im Lesen, Schreiben, Rechnen und Katechismus besaß. Er wird bis 1779 erwähnt.
Das erste Schulhaus wird auf dem Grund und Boden des zum ehemaligen Marienkapelle gehörigen Ackers, dessen Einkünfte zur Unterhaltung der Kapelle dienten, in der Swinemünder Chaussee 2 errichtet.
1779
Wohnen in Zinnowitz die Kollonisten und 6 Büdner.
Die Holländerei hat 1430 Morgen und 164 Ruthen, die Frondienste verrichten 6 Bauern aus Ückeritz und 3 Bauern aus Koserow, außerdem die Zinnowitzer Kolonisten pro Woche einen Tag.
Die „Fischerey“, welche nur wenig einbringt, hat der Pächter auf dem Stoerlacken. Die Zinnowitzer Einwohner müssen die Mühle in Bannemin benutzen.Zinnowitz hat einen Oberförster und einen Holzwärter, 8 Kolonistenfamilien, 6 Büdner und einen Schulmeister, Zinnowitz ist zu Crummin in der Usedomschen Synode eingepfarret. Die 8 Colonisten haben keine steuerbaren Hufen, sondern nur allein 4 Morgen an Gartenlande und 48 Morgen an Wiesen, von welchen ein jeder 90 Ruthen Gartenland und 6 Morgen an Wiesen erhalten hat, und dafür jährlich einen bestimmten Zins entrichtet.“ (nach L.W. Brüggemann)
1806-1807
Preußisch-französischer Krieg
Im Frieden von Tilsit verliert Preußen mehr als die Hälfte seiner Gebiete an Frankreich.
Friedrich Ludwig Jahn flieht mit seinem Freikorps über Anklam nach Swinemünde, dann über Zinnowitz, Wolgast, Stralsund nach Lübeck, wo er Zeuge von Blüchers Kapitulation am 7.11.1806 wird.
Preußen wird zum größten Teil von französischer Armee besetzt. Nach der militärischen Niederlage beruft König Friedrich Wilhelm III. (* 3. August 1770 in Potsdam; † 7. Juni 1840 in Berlin) eine neue fortschrittliche Regierung. Die Regierung Stein - Hardenberg erlässt ein Gesetz, das in der bisherigen Geschichte Preußens einmalig ist (9. Oktober 1807 - „Oktoberedikt“).
Es beinhaltet:
  • Die Aufhebung der Leibeigenschaft,
  • die damit verbundene „Erbuntertänigkeit“, die „Schollengebundenheit“, den „Zwangsgesindedienst“, die „Heiratserlaubnis“ für Bauern und deren Angehörige,
  • die Abschaffung der Gerichtsbarkeit durch die Gutsbesitzer,
  • die Abschaffung der Fronarbeit,
  • die Abschaffung des Verbots der Jagd- und Fischereiausübung.
1807
Marschall Gebhard Leberecht von Blücher zieht im Mai 1807 durch Zinnowitz, um sich in Stralsund mit den Schweden zu vereinigen. Nach dem Frieden von Tilsit musste er zurückgehen und berührt am 24. Juli Zinnowitz zum 2. Male.
Ferdinand von Schill eilt am 22. Juli Blücher voraus und frühstückt in einem Zinnowitzer Gutshaus.
Auch Tauenzien, Bülow und der Staatsminister von Altenstein berühren in jener Zeit unseren Ort, durch den eine wichtige Verkehrsader führt.
1810
Die Verarmung Preußens zwingt zum Verkauf von Eigentum der Krone an Privatpersonen. So werden auf der Insel Usedom die königlichen Domänen Morgenitz, Katschow, Loddin und Zinnowitz zum Kauf angeboten.
Ab 16.4.1810 war Oberförster Schroedter Revierförster in Zinnowitz, er erwarb sich große Verdienste bei der Bepflanzung des Streckelsberges (Streckelberg) 1818 bis 1819. Nach der Aufforstung des Streckelsberges wurde er 1819 zum Oberförster im Forstamt Neupudagla ernannt. Er starb 1828.
1811
Der Swinemünder Reeder Friedrich Wilhelm Krause (Geheime Komerzienrat, auch König von

Swinemünde genannt) bewirbt sich um den Kauf der Domäne Zinnowitz. Er bietet 14 300 Taler als Kaufsumme.

1812
Am 7. August erwirbt F.W. Krause die Domäne Zinnowitz mit 1784 Morgen landwirtschaftlicher Nutzfläche. Als Folge des Kursverfalls der preußischen Staatsschuldobligationen ergibt sich eine Kaufsumme von nur 7.000 Talern.
1813
Beginn des Befreiungskrieges von der napoleonischen Unterdrückung.
Die Insel Usedom wird von den Kämpfen nicht berührt.
Auch in Zinnowitz bildet sich der Landsturm. Aus diesem geht der erste Zinnowitzer Verein „Eintracht“ hervor.
Mit dem Musketier Wischow und dem Gardejäger Fubel fallen jedoch 2 Soldaten aus Zinnowitz.

Der Kreis Usedom-Wollin in der Preußischen Provinz Pommern 1815-1918

1815
Niederlage Napoleons, die französischen Truppen ziehen ab.
Wiener Kongress. Schwedisch-Pommern fällt an Preußen.
1816
Der Fürst Malte Wilhelm I. von Putbus eröffnet in Lauterbach bei Putbus (Rügen) das Friedrich-Wilhelm-Bad. Die ersten Badekarren kommen zum Einsatz.
1818
Die Nachkommen F.W. Krauses verkaufen das Zinnowitzer Gut an 29 Bauern. Diese müssen 12000 Taler sofort bezahlen. 6000 Taler werden als Hypothek eingetragen.
Name Beruf Name Beruf
Friedrich Meincke Weber und Schulhalter Karl Brehmer Büdner
Peter Friedrich Müller Schulze Joachim Steffen Bauer
Martin Steffen Fischer Gottlieb Belcke Fischer
Friedrich Wilhelm Löcknitz Kolonist Michael Seck Fischer
Johann Steffen Büdner Johann Subkle Bauer
Karl Wodrich Kolonist Ernst Graumann Holländer
Friedrich Schmock Kolonist Johann Graumann Holländer
Ludewig Fubel Kolonist Johann Langhoff Schiffer
Johann Krohn Kolonist Ludwig Weinholz Oekonomieinspektor
Johann Fuljahn Rademacher Joachim Friedrich Labahn Fischer
Heinrich Fröhlich Büdner Christian Labahn Fischer
Joachim Pyritz Schneider Karl Reuter Krüger
Johann Penz Büdner David Hartwig Schäfer
Friedrich Jückstock Büdner Ferdinand Wolff Hägemeister
Michael Steffen Bauer
Erst 1818 wird ein neuer Schulhalter, Friedrich Meincke, genannt, der nebenbei auch bevollmächtigter Vertreter der Einwohner von Zinnowitz war (das entspricht dem heutigen Bürgermeister).
Ortsschulze Peter Friedrich Müller
1820
Die ersten Salzhütten zur Aufbewahrung von steuerbegünstigtem Salz werden gebaut. Es gibt außerordentlich reichhaltige Heringsvorkommen in den nahen Gewässern der pommerschen Ostseeküste, die es nun einzusalzen gilt.
Lehrer von 1820 – 1850 Lehrer Siewert aus Wolgast erwähnt.
1821
Errichtung des ersten Schulgebäudes. Dieses Schulhaus befand sich auf dem Grundstück des Klempnermeisters Gutsch, Alte Strandstraße.
1830
Am 4. April herrschte eine Sturmflut, bei der das Wasser wieder eine Verbindung von der Störlanke zur Ostsee geschaffen hat. Den Menschen wird der Weltuntergang eingeredet, sie essen fast alle Vorräte auf, so dass hinterher eine Hungersnot herrscht.
1831
Errichtung des Forsthauses in Zinnowitz.
1840
Auf der Insel Usedom in dem unfern von Wolgast gelegenen Dorfe Zinnowitz (früher Zitz genannt) wurde von dem dortigen Gastwirthe Herrn Wienholz beim Steinbrechen ein Hühnengrab entdeckt.“ wird vermeldet.
1845
Bau des Schulgebäudes in der Alten Strandstraße. Im Monat November 1845 haben 49 Schüler, davon 22 Knaben und 27 Mädchen die Schule ziemlich unregelmäßig besucht.
1847
Zinnowitz erhält einen eigenen Friedhof.
1848
Bürgerlich–demokratische Revolution in Deutschland.
Keine bedeutsamen revolutionären Ereignisse in unserer Region, jedoch wichtige Ergebnisse sind:
  • Wiederbelebung des Handels,
  • Trennung von Kirche und Schule,
  • Alle Schulen sind staatliche Einrichtungen, die von staatlichen Behörden geleitet werden.
  • Die Lehrer sind Staatsbeamte bzw. Angestellte mit festem Besoldungssystem.
Die gemeinsame Bewirtschaftung des Gutes Zinnowitz durch 32 Eigentümer führt zu ständigen Konflikten. Deshalb wird diese Eigentumsform nach gerichtlicher Bestätigung aufgehoben. Es entstehen 32 selbständige bäuerliche Betriebe. Erstmalig sind die Zinnowitzer Bauern Eigentümer auf eigenem Grund und Boden, eine vollständige Ablösung der Lasten erfolgt erst 1896.
1850
Gaststätte Wigwam um 1852
Mit dem „Wigwam“ entsteht die erste Gaststätte in Zinnowitz.
1850 – 1861 Zweiter Lehrer: Am 6. November 1850 hat der Lehrer Werth in der hiesigen Schule seine Probelektion gehalten und am nächsten Tage den Schulunterricht hierselbst angefangen.

Zinnowitz wird Seebad

1851
Am 21. April stellte die Gemeinde Zinnowitz den Antrag, ein Seebad einzurichten. Am 26. Juni erhält Zinnowitz als dritter Ort auf Usedom den Badekonsens. Somit wird Zinnowitz zum Seebad. Die Gemeinde nimmt einen Kredit von mehreren hundert Talern auf, um einen Badeapparat anzuschaffen.
Ortsvorsteher Johann Fuljahn
Amtsvorsteher Richard von Corswandt
1853
In diesem Jahr ist das Schulhaus durch einen Anbau in Richtung der Straße erweitert worden. Auch ist in diesem Jahre die Scheune an der Schule gebaut worden.
1854
Das Gasthaus „Wigwam“ wird von einer primitiven Holzhütte zu einer Herberge erweitert, Gastwirt war Herr Niemann, (Standort im heutigen „Heringsdorfer Weg“).
Im Jahre 1854 wird die Schule schon von 64 Schülern besucht.
Hochwasser: die tief gelegenen Ackerflächen waren überflutet. „Die Einwohner mußten daher zur Rettung ihrer Ernte schleunigst ihre auf diesen Strichen stehenden Kartoffeln aufnehmen, daher der schlechte Schulbesuch und daher die frühen Michaelisferien.“ Zinnowitz, den 15. Sept. 1854. Werth. (Aus der Schulchronik)
Bei Zinnowitz wird ein „Rettungshaus für sittlich verwahrloste Knaben“ eingerichtet.
1855
Badedirektor ist Friedrich Kirchberg.
Im Januar dieses Jahres wird ein hoher Wasserstand gemeldet, wodurch Kinder vom Schulbesuch abgehalten werden, ebenfalls am 12. April.
1859
Am 3. März wird ein „Bäderreglement“ erlassen. Eine Badedirektion wird gebildet, die alle Aufgaben und Angelegenheiten des Badewesens zu regeln hat. (Die Herren Althoff, Fuljahn, Saldsieder waren in dieser Direktion.)
1860
In Strandnähe im Bereich des heutigen „Preußenhof“, wird das „Haus für warme Bäder“ errichtet. Es ist eine Art Kurmittelhaus, in dem Reinigungsbäder und andere Dienstleistungen angeboten werden.
Zinnowitz hat 365 Einwohner und 59 Wohngebäude.
1861
Die Anzahl der Schüler betrug bereits 86. Ab dem 4. April ist Lehrer Hoth aus Neppermin an der hiesigen Schule neu angestellt.
Am 18. Februar 1861 wurde das Badereglement dahingehend modifiziert, dass der Bademeister des Schwimmens kundig und dessen Wahl vom Landratsamte bestätigt sein müsse.
1862
32 Kolonisten, 13 Büdner, 1 Schulhaus, 61 Wohnhäuser, 1 Mühle
1863
Am 1. November 1863 Eröffnung der Eisenbahnstrecke von Stralsund über Züssow nach Wolgast, die Weiterfahrt ist nur mit der Kutsche und Fähre bis Zinnowitz möglich.
1864
Die ersten Badehütten werden am Strand aufgestellt. Die Badehütten waren am Anfang so primitiv, dass bei jedem größeren Sturme das ganze Dorf zur Rettung aufgeboten werden musste.
1865
Seit 1865 wurden die Ostseebäder im Regierungsbezirk Stettin jährlich durch einen „Commissarius“ visitiert.
Deutsch-Dänischer Krieg um die Befreiung Schleswig-Holsteins.
Die Reste der Peenemünder Schanze werden zu einer befestigten Stellung ausgebaut und von der Preußischen Armee besetzt, da man eine Landung der Dänen auf Usedom befürchtet. Zinnowitzer Bürger sind an den erforderlichen Erdarbeiten beteiligt.
Vom 11. Juli bis 1. September ist die Schule wegen Umbau des Schulhauses geschlossen gewesen.
In Zinnowitz wird eine Postexpedition II. Klasse eingerichtet. Geleitet wird es vom Postexpediteur Thurow, welcher 1866 vom Postexpediteur August Heinrich Kagemann abgelöst wird. Das Dorf steht durch Botenpost in direktem Postverkehr mit Wolgast.
Zinnowitz zählt 356 Einwohner.
1866
Preußisch-Österreichischer Krieg um die Hegemonie in Deutschland.
Eine Ruhrepidemie bricht aus. Zinnowitz wird davon nicht betroffen.
Kronprinzessin Victoria und Prinz Wilhelm (der spätere Kaiser) kommen auf ihrer Fahrt von Wolgast nach Heringsdorf durch Zinnowitz und werden bejubelt.
1867
Am 24. April 1867 wird die Schule von dem bisherigen Lehrer Hoth geschlossen, derselbe verzog von hier als Küster und Lehrer nach Crummin,
4.Lehrer: Am 2. Mai hat der Lehrer C. Wolff den Unterricht wieder angefangen. Zahl der Schüler nur 67.
Im November 1867 Hochwasser, das bis ins Dorf vordringt.
Ende der 60iger Jahre 200 bis 300 Badegäste in der Saison.
1869
Im Februar 1869 Hochwasser, das Wiesen und Dorf überflutet. Personen- und Güterverkehr zwischen Bannemin und Zinnowitz teilweise mit Booten. Das Wasser stand in einigen Straßen des Ortes fußhoch. Die Überschwemmungen kamen immer vom Achterwasser her.
Der aus Lassan stammenden Schifffahrtskapitän August Heinrich Kagemann baut 1869 das erste kleine Hotel auf dem Glienberg, dass zunächst als „Kagemann‘s Hotel“ bezeichnet wird. Später hieß es Hotel „Glienberg“. Kagemann verkaufte es später an den Fabrikbesitzer Bohm, später pachtete Hotelier Schwabe das Haus.
Erst am 18. Juli 1869 wurden die Reallasten, Abgaben und Dienste, die seit alters her auf den Zinnowitzer Grundstücken lasteten, gegen Zahlung von 562 Talern an die Domäne abgelöst. Dadurch wurden die Zinnowitzer Einwohner erst zu wirklichen Eigentümern ihrer Grundstücke. Diese konnten sie fortan an auswärtige Interessenten verkaufen. Dadurch wurde erst eine weitere Entwicklung des Badeortes möglich.
1870
Einjähriger Krieg zwischen Deutschland und Frankreich. Die Provinz Pommern wird in den Kriegszustand versetzt. In Befürchtung einer Truppenanlandung wird auch die Gemeinde Zinnowitz mit der Aufstellung einer Küstenwache beauftragt.
Um 1870 werden die Parzellen für die ersten Villen auf dem Glienberg gebildet. Die Gasthöfe: „Meierei“, „Deutsches Haus“ und „Niemanns Gasthof“ sind vorhanden.
1871
376 Einwohner, 4 Gast- und 5 Speisewirte, 1 Bäcker, 1 Müller, 2 Fleischer

Stärkste Sturmflut des Jahrhunderts

1872
Stärkste Sturmflut des Jahrhunderts. Erhebliche Zerstörungen u.a. des Vorwerkes Damerow und der 1820 erbauten ersten Salzhütten in Koserow. Das Wasser der Ostsee verbindet sich mit dem des Achterwassers. In Zinnowitz werden alle Badehütten vernichtet. Der Dampfer „Memel Packet“ strandete vor Zinnowitz, konnte aber durch wochenlange Arbeit der Schiffbaumeister Kraeft und Schelle aus Wolgast wieder flottgemacht werden. Bei Zempin strandete der Schoner „Albert Alma“ und der Schoner „Carl Albert“ wird sogar bis in den Damerower Forst geschleudert.
Zinnowitz bekommt aus einer Sammlung 900 Taler zur Behebung der Schäden.
In der Zeit zwischen 1872 und 1875 errichtet der Berliner Ratszimmermeister Eduard Frank die Villa „Frank“ am Südwesthang des Glienberges.
1873
Ab 1873 war Dr. Wilhelm Sachse aus Berlin in der Saison in Zinnowitz als Badearzt tätig.
1873 wurde dem Ortsvorstande der Konsens zur Anlegung eines Damen- und Herrenbades auf dem fiskalischen (in Staatsbesitz befindlichen) Strand vor Zinnowitz erteilt.
1874
Erneut schwere Sturmflut.
Zinnowitz wird Amtsgemeinde des Amtsbezirkes Krummin.
Hotel „Kagemann“ wird als Hotel „Glienberg“ weitergeführt.
1874 wurde dem Badevorstande der Konsens zur Anlage eines Warmbadehauses in der forstfiskalischen Polizeidüne am Ostseestrande vor Zinnowitz erteilt. Daraus entwickelte sich später das Kurhaus Preußenhof.
Der Bau der preußischen Staatsdünen war unter der königlichen Bau- und der königlichen Forstverwaltung geteilt. Die sogenannte Polizeidüne reichte vom Strand bis zum First der ersten hohen Vordüne. Sie wurde von der Baubehörde verwaltet, geschützt und unterhalten. Im Falle von Zinnowitz das Hafenbauamt/Hafenbauverwaltung Swinemünde. (Strandfiskus) Eine Bepflanzung und Kultivierung durfte nur mit Strandgräsern erfolgen, um bei Sturm ein Ausrollen der Wellen ohne Hindernis zu gewährleisten. Von der Firstgrenze ab trugen die Forstverwaltung oder die Besitzer für Befestigung, den Holzanbau oder die Bebauung die Verantwortung. (Forstfiskus)
Als Strandvogt für den Zinnowitzer Abschnitt von der westlichen Grenze von Damerow bis Peenemünde fungierte der ehemalige Kapitän und Gastwirt Heinrich August Kagemann, Besitzer des Hotels „Glienberg“.
Ortsschulze (Bürgermeister) ist Carl Steffen
3.200 Badegäste
1875
Der Zinnowitzer Ortsschulze Steffen wird „Distrikts-Feuer-Polizei-Kommissar“ für den Bereich Mahlzow bis Ückeritz.
Belvedere“ großes Familienpensionat und Hotel auf dem Glienberg von Badearzt Dr. Wilhelm Sachse aus Berlin errichtet.
1876
Am 15. Mai wird die Eisenbahnstrecke Berlin-Ducherow-Swinemünde eröffnet. Sie ist von großer Bedeutung für den Anschlussverkehr zu den Ostseebädern. Die Chaussee von Wolgast nach Zinnowitz ist fertiggestellt.
Zinnowitz erhält ein Königliches Post- und Fernmeldeamt IV. Klasse (an der damaligen Strandpromenade, heute „Alte Strandstraße“).
Um 1876 wird am Strand ein Herren- und ein Damenbad errichtet.
Die Königliche Forstbehörde in Pudagla erklärt sich „mit der beantragten Verlegung der Viehtrift des Waldwärters von dem Platze vor der Restauration zum „Wigwam“ welches die Stelle eines Kurhauses vertritt, nach der dortigen Schulwiese in der Voraussetzung einverstanden, daß dadurch dem Waldwärter keine Unbequemlichkeiten erwachsen.“ „Ebenso übte sie größte Toleranz gegen das Betreten der Holzbestände, das Benutzen der Wege mit und ohne Fuhrwerk und die Aufstellung von Ruhebänken an schattigen Plätzen Seitens der Badegäste, nahm auch auf besonders freundliche Kulturanlagen an den hauptsächlich zu Promenaden benutzten Waldwegen die thunlichste Rücksicht.
Ca. 600 Badegäste
1878
wurde „der Badedirektion von der Zinnowitzer Ortspolizeibehörde auf Grund des § 59 der Kreisordnung aufgegeben, sowohl im Herren- als auch im Damenbade je 2 Schwimmkränze mit langen Stricken und je ein Lager (Matratze, Keilkissen und Decke) zur Friktion und Anstellung von Belebungsversuchen an im Wasser Verunglückten bereit zu halten, sowie auch einen zweiten Badediener im Herrenbade anzustellen, welcher die Aufsicht in der Badeanstalt führt und eventuell in Notfällen bei der Rettung Verunglückter Hülfsdienste leistet."
1880
Die Kaiserfahrt (heutiger Piastowski Kanal) ist nach fünfjähriger Bauzeit fertiggestellt. Der Schiffsverkehr von Swinemünde nach Stettin ist damit auch für größere Schiffe gesichert.
Die „Strandhalle“ wird errichtet, später dann erweitert, (wo heute der „Preußenhof“ steht)
1.200 Badegäste

Die erste Kurtaxe wird erhoben

1881
In Zinnowitz wird die erste Kurtaxe erhoben.
Als Badeärzte fungieren die Ärzte aus Wolgast und Dr. Sachse aus Berlin. Diese erhalten außer freien Bädern kein besonders Honorar von der Gemeinde. Dr. Wilhelm Sachse (1833-1892) erbaute 1875 das Hotel "Belvedere" und 1882 das östliche Damenbad in Zinnowitz und machte das Ostseebad in Fachzeitschriften bekannt. Es ist seitdem in Zinnowitz Tradition anwesenden Ärzten und ihre Familien von der Kurtaxe zu befreien.
Die Badehäuser werden erheblich vergrößert und erweitert.
Das Hotel „Belvedere“ wird von 1881 bis 1884 noch erweitert. Es hat einen Aussichtsturm mit einem Wasserspeicher. Das Wasser wird aus 30 m Tiefe mittels Dampfmaschine heraufgepumpt. Die Villa von Herrn Raths-Zimmermeisters Frank aus Berlin hat ebenfalls einen 20 m hohen Aussichtsturm. (Nach ihm wird die Frankstraße benannt) Beide Türme gibt es heute nicht mehr.
1.400 Badegäste.
1882
Der Bau der Chaussee nach Wolgast wird abgeschlossen.
Ein Warmbad für Reinigungsbäder und medizinische Gesundheitsbäder wird eröffnet. In diesem Gebäude befindet sich auch das Bürgermeisteramt.
Zinnowitz hat in diesem Jahr bereits 2800 Gäste.
Bau eines Landungssteges am Strand (Privatbesitz der Familie Schult).
Die Preußische Arbeitsordnung wird in Kraft gesetzt.
Die Ortsgruppe der Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger wird in Zinnowitz gebildet.
1883
Die erste Straßenverkehrsordnung tritt in Kraft.
In Zinnowitz wird eine Apotheke im Haus an der Strandpromenade 2 eröffnet (heute heißt die Straße „Alte Strandstraße“).
Dr. Sachse verkauft das neue Damenbad an die Gemeinde Zinnowitz.
Die Seenotrettungsstation wird im Walde Nr. 7, gegenüber der Verkaufshalle Schmiedecke errichtet.
1884
Über 1.800 Badegäste
1885
Kronprinzessin Victoria von Preußen war bei der Grundsteinlegung zum Stift „Waldesruh“ in Zinnowitz zugegen und übernahm das Patronat über das Haus.
Anzahl der Badegäste in der Saison 2163.
1886
Am 31. Mai 1886 Eröffnung des Stifts „Waldesruh“. Es diente Schwestern und betreuten Kindern aus dem Stettiner Stift Salem, dem Mutterhaus, zur Erholung. Oberin war Schwester Baronin Thekla Karola von Hünerbein. Diese ist auch 1886 Ehrenmitglied der Kirchenbaukommission in Zinnowitz.
Das neu erbaute Hotel „Wigwam“ entsteht an der Stelle des alten Gasthofes.
Der regelmäßige Schiffsverkehr zwischen Carnin und Zinnowitz trägt zur Verbesserung des Kur- und Badebetriebes bei. Der Dampfer fährt vom 25. Juli bis zum 5. September täglich, außer sonntags.
1886
verkaufte August Kagemann das Hotel „Glienberg“ (früher Kagemanns Hotel) an den Fabrikbesitzer Bohm aus Fredersdorf bei Berlin.
Die „Strandhalle“ wird vergrößert und kann jetzt Gäste in Logis nehmen. Rechts danebengelegen ist die „Badeanstalt für warme Bäder“.
Badearzt Dr. Sachse beendet seine Tätigkeit in Zinnowitz und die Tätigkeit des Badearztes wird von einem Wolgaster Arzt übergangsweise durchgeführt.
Über 2.200 Badegäste
1887
Die Chaussee Zinnowitz-Pudagla ist fertiggestellt. „Eine neuere Einrichtung, größeren Bädern nachgebildet, hat jetzt auch hier in Zinnowitz Eingang gefunden. Es sind dies die Strandkörbe und Strandhütten, welche zum Aufenthalte einer und mehrerer Personen bestimmt, Schutz gegen Sonne und Wind geben. Dieselben sind in langen Reihen am Strande aufgestellt.“ ([2])
Gegenüber des Strandhotels und der Badeanstalt für warme Bäder befindet sich ein 22 m langes Bollwerk aus Holzstämmen, an dem Boote anlegen können. Hier geschieht auch das Ein- und Ausbooten der Passagiere von den Dampfschiffen, die die Badeorte Misdroy, Heringsdorf und Saßnitz anlaufen. Auch fahren von hier aus Dampfschiffe zur Insel Oie und nach Lauterbach auf Rügen.
Auf dem Glienberg befinden sich schon die Villa „Mehlhorn“, die erste überhaupt in Zinnowitz gebaute, durch den Consul Mehlhorn aus Anklam, (auch Villa Tusculum), Herr Mehlhorn ist auf dem Zinnowitzer Friedhof begraben.
Kagemanns“ Hotel wurde durch Fabrikbesitzer Bohm aufwändig umgebaut und als Hotel „Glienberg“ durch August Schwabe weitergeführt.
Weiterhin gibt es das Beuge’sche Familienwohnhaus und die Villa „Bote“. In der Waldstraße werden genannt: Villa „Zur Eiche“, „Luisenhöh“, „Waldfrieden“ und „Eichenhain“.
Weitere Gasthöfe und Pensionen: „Deutsches Haus“ (Besitzer Rudolf Töppel), Hotel „Zur Strandpromenade“ (Besitzer August Labahn), Karl Niemanns Gasthof, „Zum Wigwam“ (Friedrich Niemanns Restaurant).
1888
Erwirbt Dr. Sachse ein 11/2 ha großes Ackergelände nordöstlich seines Hotels und schafft 12 Parzellen darauf. Er plant auch die Kastanienallee, die Anlage dieses Weges wurde erst im Jahre 1889 genehmigt. Dr. Sachse verstirbt jedoch am 28. Sept. 1892.
1889
Der Bernsteinfang an den Ostseeküsten der Insel Usedom und Wollin, soweit dieser dem Fiskus zusteht, ist den Gebrüdern Johannes und Fritz Salzsieder aus Zinnowitz auf 6 Jahre (vom 1. Juli 1889 bis 1895) verpachtet worden. Wer an den angegebenen Küsten Bernstein findet und nicht abgibt, muss mit 300 Mark Strafe bzw. 6 Wochen Gefängnis rechnen.
Dr. Fritz Friedel, geb. 1863 in Weißenfels, wird nach Studium und Promotion in Greifswald 1889 erster dirigierender, von der Badedirektion angestellter, Badearzt in Zinnowitz. Er erbaut in Zinnowitz die Villa Friedel und verfasst einen „Führer durch Zinnowitz und Umgebung.1901 wird er Kreisassistenzarzt des Kreises Usedom-Wollin mit dem Amtssitz in Swinemünde.
Vergleich der Zinnowitzer Fischer mit dem Fiskus, der ihnen das ausschließliche Fischereirecht auf der halben Störlanke sichert.
Der Kriegerverein geht aus dem ehemaligen Schützenverein hervor.
Im Jahre 1889 ist eine bedeutsame Veränderung auf dem Gebiete des hiesigen Schulwesens eingetreten. Der am Villenteil des Dorfes gelegene alte Schulacker wird von der Gemeinde mit Erlaubnis der Königl. Regierung gegen besseren Acker in der Nähe des alten Dorfes vertauscht. Dieser Tausch ist für die Schule sowohl als für die Gemeinde von großem Segen gewesen. Die Gemeinde verkaufte dieses ca. 3 Morgen große Ackerstück zu Baustellen für den ungeheuren Preis von 33.350 M.
12.000 M von dieser Kaufsumme sollten für den Kirchenneubau gegeben werden. Käufer waren: Johann Jückstock, Johann Köpke, Heinrich Schmidt u. Schlächtermeister Bernhard Schulz.
Die frühere Mentzel’sche Badevilla ist von der Gemeinde angekauft und im Sommer 1889 zum Schulhause ausgebaut worden (Alte Strandstr. 66). Am 5. November vorm. 10 Uhr wird das neue Schulhaus durch den Lokalschulinspektor im Beisein vieler Gemeindemitglieder feierlichst eingeweiht. Am folgenden Tage beginnt der Unterricht in der neuen Schule in 3 gesonderten Klassen. 122 Schüler.
1.719 Badegäste.
1890
Neuer Badearzt wird Dr. Fritz Friedel, welcher im Jahre 1890 seine Tätigkeit aufnimmt.
2.805 Badegäste
1891
Der Seitenraddampfer Cuxhaven der Reederei Ballin & Braeunlich unter Kapitän Jäger strandet, von Zinnowitz kommend, mit etwa 50 Ausflügler aus Zinnowitz, darunter der Pächter der Zinnowitzer Strandhalle Willert und der Wolgaster Fabrikbesitzer Hellmuth Schmidt auf den Klippen vor Koserow. 3 Besatzungsmitglieder kommen ums Leben. Erst im Sommer 1892 sprengen Stettiner Pioniere das festsitzende Wrack.
1892
Ein neues Warmbad wird an der Stelle der heutigen Kurverwaltung errichtet.
1893
3.600 Badegäste
1894
3.104 Badegäste.
Gemeindevorsteher ist Herr Liebe.
Am 15. Juli 1894 wird der Grundstein zu hiesiger Kirche gelegt, an welcher Feier sich die beiden hiesigen Vereine, der Kriegerverein und der Verein „Eintracht“, sowie auch die Schuljugend beteiligten. Die Baupläne wurden von den Architekten Richard Hoßfeld und Eduard Frank jr. aus Berlin unentgeltlich angefertigt. Die Arbeiten wurden von der Firma des Zinnowitzer Maurermeisters Albert Ramm durchgeführt.
Ab 1. April sollte erstmals ein besoldeter Gemeindevorsteher und Badedirektor eingestellt werden.
1895
Das königliche Forstamt Neupudagla veranlasst die Parzellierung des strandnahen Küstenschutzwaldes und des Dünenbereiches. Die Parzellen, die bis zu diesem Zeitpunkt Staatseigentum waren, werden zum Verkauf an Privatpersonen freigegeben. Es setzt eine umfangreiche Bautätigkeit ein. Consens die Strandpromenade 100 Meter nach Osten zu verlängern.
Am 1. April 1895 beteiligte sich die Schuljugend anlässlich des 80-jährigen Geburtstages des Fürsten Bismarck an der Pflanzung einer Bismarckeiche in der Nähe der Kirche.
Am 1. Juli war die Kirche nach einjähriger Bauzeit fertiggestellt und am 16. Juli wird sie geweiht. Die Weihrede hielt der Generalsuperintendent Dr. Heinrich Wilhelm Pötter, die Festpredigt hielt der Pastor Elias Hermann Zinzow.
3.720 Badegäste
1896
Gemeindevorsteher ist Hermann Sternberg.
Die Badedirektion beschließt, in dieser Saison 20 Kurkonzerte durchzuführen. Zu diesem Zweck soll die Friedemannsche Kapelle aus Wolgast mit auswärtigen Kräften verstärkt werden.
Die Gemeinde beschließt das Damen- und Herrenbad zu vergrößern.
3.781 Badegäste
1897
Der von der „Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger“ mit Sitz in Bremen 1882 in Zinnowitz gegründeten Seenotrettungsstation stiftet eine Berliner Frühstücksgesellschaft das Rettungsboot „Aniela“. Die Erinnerungstafel befindet sich im Wolgaster Museum.
Die Gemeinde beschließt, das Damenbad zu vergrößern.
5.018 Badegäste.
1898
Das Kurhaus Strandhotel erhält den Saalanbau.
Beschluss der Gemeinde zur Aufstellung von 40-44 Strandhütten jeweils von 15. Juni bis zum 15. September.
Unter großer Anteilnahmen der Öffentlichkeit fand am 9. August 1898 an der Zinnowitzer von Eichen und Buchen gebildete Waldhalle („Emmas Waldhalle“ an der Teufelsschlucht eine Gedenkfeier zu Ehren des am 30. Juli 1898 verstorbenen Reichskanzlers Otto von Bismarck statt. Dieser Ort wird in der Folgezeit zunehmend zu einer Stätte konservativer politischer Manifestationen und Aufführungen.
Im Dezember 1898 zertrümmerte der Sturm den Neubau des Strandhotels, wobei zwei Leute getötet und zehn verletzt worden sind.
1899
Consens einen Landungssteg für Boote jährlich vom 1. Mai bis 15. Oktober zu unterhalten.
Neuer Eigentümer des Hotels „Belvedere“ wird der Gastwirt Hugo Wopel aus Berlin.
5770 Badegäste in der Saison
1900
Schwabes Hotel ist nach 2-jähriger Bauzeit fertiggestellt.
In Zinnowitz wird ein ständiger Landjägerposten stationiert. Er ist zuständig für den Bereich von Mahlzow bis Ückeritz.
Am 1. Juni eröffnet der Apotheker Louis Leschhorn in Zinnowitz in der Wilhelmstrasse 24 eine eigene Apotheke.
208 Schüler an der hiesigen Schule.
6.279 Badegäste.
1901
1. Januar Gründung des Verbandes Deutscher Ostseebäder mit Sitz in Berlin. Das war die Zentrale für die Koordinierung der Werbung der Badeorte und für die Abstimmung der Fahrpläne zwischen den Reedereien und der Deutschen Reichsbahn.
Am 15. September 1901 fand die feierliche Grundsteinlegung des 2. Gemeindeschulhauses statt. Bauleiter war der Bauunternehmer Carl Sadewasser. Zur Baukommission gehörten die Gemeindeschöffen Johannes Saldsieder und Carl Steffen, der Kaufmann Gustav Neumann und die Villenbesitzer Wilhelm Fubel und Heinrich Schmidt. Die drei Lehrer sind Robert Zastrow, Emil Berndt und Hans Schütze. 209 Schüler sind in der Schule angemeldet.
Am 19. November 1901 wird von der hiesigen freien Handwerker-Innung eine gewerbliche Fortbildungsschule ins Leben gerufen, welche z. Z. von 25 Schülern besucht wird. Sie ist die einzige in unserer Provinz.
Zinnowitz ist in diesem Jahre Amtsbezirk geworden. Amtsvorsteher ist der Gemeindevorsteher und Badedirektor Sternberg.
Hotel „Belvedere“ geht in den Besitz des Malers Fritz Petersen aus Charlottenburg über.
Zinnowitz zählt in diesem Jahre 7.444 Badegäste und hat 1.200 Einwohner

Freiwillige Feuerwehr wird aufgestellt

1902
Am 14. Februar wird die Freiwillige Feuerwehr aufgestellt. Der Lehrer Hans Friedrich Wilhelm Schütze schuf die Voraussetzungen zu deren Gründung. Erster Leiter war Steinmetzmeister Gustav Neumann, Vorsitzender war: Oberlehrer Robert Zastrow, Schriftführer: Gustav Braune, Kassenwart: Paul Witt, Beisitzer Heinrich Schmidt und Gustav Beer. Hans Schütze war dann Wehrleiter von 1902 bis 1936.
Der königl. Regierungspräsident zu Stettin erteilt in der Erlaubnis vom 19. Juni 1902 den Einwohnern und Gästen die Erlaubnis, am Strande von Zinnowitz, Strandkörbe aufzustellen. Ausgenommen ist der Strand zwischen Herrenbad und westlichem Damenbad, hier kann der Gemeindevorsteher selbst entscheiden, ob er noch zusätzliche einzelne Strandkörbe aufstellen lässt. Strandkörbe dürfen nur vom 25. Juni bis zum 30. September aufgestellt werden, vom Dünenfuß ist eine Entfernung von 2 m einzuhalten.
Amtsvorsteher ist Hermann Sternberg. Gemeindevorsteher Carl Steffen.
Um 1902 wird die „Frankstraße“ nach dem Ratszimmermeister Eduard Frank, der 1897 verstorben war, benannt.
Eine Spar- und Darlehenskasse besorgt die Vermittlung des Geldverkehrs.
Am Montag, dem 4. August 1902 wird das neue Schulhaus vormittags 10 Uhr vom Lokalschulinspektor in Gegenwart vieler Gemeindevertreter feierlichst eingeweiht.
6.000 Badegäste
1903
Anlässlich der in Wien stattgefundenen Internationalen Kurorte-Ausstellung ist der Badedirektion Zinnowitz für die ausgestellten Objekte von der Generaljury der Ausstellung das Ehrendiplom mit der Berechtigung zur Führung der großen goldenen Medaille und das Ehrenzeichen der Ausstellung zuerkannt worden.
Am 12. Januar bei dem Zwangsversteigerungstermin über das Kurhaus-Strandhotel blieb der Direktor des Viktoriahotels in Stettin, Herr Klaar, mit seinem Gebot von 140.500 Mk. Meistbietender.
Am 12.2.1903 verabschiedet der Gemeindevorstand das Grundgesetz für die FFW Zinnowitz.
Der Zinnowitzer Promenadenweg wird bis Hammelstall (ab 1908 Trassenheide) verlängert.
Sanitätsrat Dr. Max Kochs wird als Badearzt eingesetzt und hat dieses Amt bis 1933 inne.
Die neue Tennisanlage mit 2 Spielfeldern wird zur Nutzung freigegeben.
Am 19. April 1903 wird unsere Küste von einer furchtbaren Sturmflut heimgesucht. Es herrschte Nordweststurm, ein Segelschoner strandete am neuen Damenbad, 1 Schiffsjunge wurde gerettet (Karl Steinort), die übrigen 3 Mann ertranken.
Am 11. November wird der Zinnowitzer Männer-Gesang-Verein gegründet.
6.457 Badegäste
1904
Im Frühjahr wird die Promenade angelegt.
Eine schwere Sturmflut zerstört den Deich zwischen Zempin und Koserow am 31.12.1904. Das Vorwerk Damerow wird völlig zerstört. Die Chaussee wird an 2 Stellen zerrissen. Das Wasser dringt bis an die neue Promenade in Zinnowitz vor.
Die neue Strandhalle wird übergeben.
Gemeindevorsteher Ernst Grubbert, komm. Gemeindevorsteher Reich.
8.249 Badegäste
1905
Zinnowitz hat 1.267 Einwohner und 8.479 Kur- und Badegäste.
Die Schriftstellerin Hedwig Courts-Mahler verbringt den Sommer in Zinnowitz. Ihre Besuche wiederholen sich in den Folgejahren.
Hotel „Belvedere“ gehört nun dem Architekten Georg Schmidt aus Deutsch-Wilmersdorf, der es an Herrn H. Dittmer verpachtet.
Consens zur zusätzlichen Anlage eines Anlegestegs für Motorboote für L. Fahl und H. Weikert.
Das neu erbaute Gerätehaus der Feuerwehr ist fertig gestellt und wird der Nutzung übergeben.
Zinnowitz hat jetzt 259 Wohnhäuser.
1906
7.969 Badegäste
Apotheker Louis Leschhorn ist gestorben, seine Konzession wird im April 1906 neu ausgeschrieben
1907
Das Familienbad mit 20 Kabinen wird eröffnet.
Der Rentier Albert Eisermann aus Berlin wird neuer Eigentümer des Hotels „Belvedere“.
Es gibt 156 Land- und forstwirtschaftliche Betriebe, 27 kaufmännische Betriebe und 180 kleinere Handwerksbetriebe.
7.555 Badegäste
1908
Dr. med. Otto Helwig richtete das Ärztliche Privatheim Hubertusburg für Frauen und Kinder der gebildeten Stände, Neue Strandstraße 10 (später Dreyfus-Heim) ein. Durch ihn wurde Zinnowitz in kurzer Zeit durch gemeinsames Wirken mit Prof. Dr. Franz Müller und Dr. Bernhard Berliner zu einem international bekannten Forschungsstandort auf dem Gebiet des Einflusses des Seeklimas auf Kinderkrankheiten.
7.598 Badegäste

Zinnowitz feiert den 600. Jahrestag

1909
17. Juni. In das Stettiner Handelsregister ist die Firma „Seebrücke Zinnowitz G.m.b.H.", eingetragen. Das Stammkapital beträgt 34 000 M. Gegenstand des Unternehmens ist der Bau und Betrieb eine Seebrücke in Zinnowitz. Geschäftsführer ist Herr Vizekonsul Heinrich Spruth in Greifswald, stellvertretender Geschäftsführer ist Herr Hoteldirektor Engelhard Klaar in Stettin.
12. Juli. Die neue Seebrücke als Landungsbrücke ist fertiggestellt und wird als „Vineta-Brücke“ eingeweiht.
Zinnowitz feiert den 600. Jahrestag seiner urkundlichen Ersterwähnung mit einem Volksfest.
Domestiken“ (Bedienstete) dürfen in Zinnowitz mit einer Badekarte für Kinder baden. Die Badezeit ist aber auf Nachmittag ab 3 Uhr und Vormittag bis 8 Uhr begrenzt, um gemeinsames Baden mit „Herrschaften“, was als äußerst unschicklich gilt, zu vermeiden.
Bürgermeister und Badedirektor Oesau, Amtsvorsteher ist Hermann Sternberg.
8.531 Badegäste
1910
8.865 Badegäste.
1357 Einwohner,
Die Schriftstellerin Hedwig Courths-Mahler wohnt mit ihrer Familie im Juli 1910 in der Pension Seestern an der Promenade.
Ein zweites Familienbad wird errichtet. Es gibt ein Herrenbad, 2 Damenbäder und zwei Familienbäder.
Im grossen, 500 Personen fassenden, Saal des Kurhaus Strandhotels in Zinnowitz etablierte Engelhardt Klaar 1910 in der Saison jeweils vom 1. Mai bis 1. August das Kurtheater Zinnowitz. Bespielt wurde die Bühne u.a. von der „Berliner-Theater-Gesellschaft Herrtwich“ unter Gustav Herrtwich.
Überschwemmung des Ortes am 23. Juli 1910, vermutlich Starkregen.

Anschluss an das Eisenbahnnetz

1911
Am 25. April 1911 fand in Schwabes Hotel im Beisein des Landrates des Kreises und eines Oberingenieures der Provinzialverwaltung eine Versammlung wegen des Anschlusses der Gemeinde Zinnowitz an die Überlandzentrale in Stralsund statt. Die Versammlung beschloss einstimmig den Anschluss. Die Kosten tragen je zu einem Drittel die Provinz, die beteiligten Kreise und die persönlichen Interessenten.
Am 1. Juni Eröffnung der Eisenbahnverbindung von Heringsdorf nach Wolgaster Fähre, damit erhält auch Zinnowitz den langersehnten Eisenbahnanschluss. 15.08. Aufnahme des Personenverkehrs Wolgast–Wolgast Hafen. Bahnhof Zinnowitz wurde gebaut und eingeweiht.
Das neue Postgebäude wird übergeben.
Zinnowitz ist an das elektrische Verbundnetz angeschlossen.
Ostern 1911 ging die hiesige gewerbliche Fortbildungsschule ein, weil die Handwerker-Innung sich weigerte, weiterhin Zuschüsse zu geben und die Gemeinde die Schule nicht übernehmen wollte. Dieselbe hat 10 Jahre bestanden. Schüleranzahl im letzten Winterhalbjahr betrug nur 16 Schüler. Am 19. Okt. 1911 wird hier auf Anregung des hiesigen Hauptlehrers ein Ortsausschuss für Jugendpflege gebildet, dem folgende Herren angehören:
Kreisschulinspektor Pastor Fischer - - Crummin
Hauptlehrer Zastrow - - Zinnowitz
Rentier H. Keil - - Zinnowitz
Lehrer Weber - - Zinnowitz
Dr. Kochs - - Zinnowitz
Malermeister H. Berndt - - Zinnowitz
Pensionsinhaber A. Häfke - - Zinnowitz
Molkereibesitzer Paul Witt - - Zinnowitz
Zum Vorsitzenden wird Hauptlehrer Zastrow gewählt, zum geschäftsführenden Ausschusse gehören außerdem die Herren Keil und Weber. Herr Keil übernimmt die Kasse, Herr Weber das Schriftführeramt.
Am 20. Okt. wird die hiesige Jugend eingeladen und die Erschienenen erklärten ihren Beitritt; es wird ein Turnverein mit einer Jugendabteilung gebildet, dem ersteren gehören zurzeit 20 aktive Mitglieder, dem letzteren 10 an.
Präfekt Constantin Treder aus dem Priesterseminar Köln erhält von einer Dame 90.000 Mark, mit der Auflage, an der Ostsee ein Heim für erholungsbedürftige katholische Kinder zu errichten (das spätere St.-Otto-Heim). Im Juni Grundsteinlegung zum Bau eines katholischen Gotteshauses und Ferienheimes in der Nähe des Restaurants Fichtenhain.
Consens zur Anlage eines weiteren 60 Meter langen Bootsanlegestegs vom 1. Mai bis 30. September.
12.177 Badegäste
1912
Der kommissarische Gemeindevorsteher Herr Kapitänleutnant a. D. von Tilly ist zum Standesbeamten des Standesamtsbezirkes Zinnowitz bestellt und als solcher verpflichtet.
Ein Kinematographen-Theater (Kino) wird im Saale des Deutschen Hauses untergebracht.
Consens von der Strandpromenade nach dem Strande einen Fußweg von 5 Metern Breite für den öffentlichen Verkehr freizugeben.
Consens zur Anlage eines Tontaubenschießstandes.
10.869 Badegäste
1913
Am 31. Dezember 1913 wütete eine furchtbare Sturmflut an unserer Ostseeküste. Durch dieselbe wurde der größte Teil der hiesigen Seebrücke zerstört und aufs Land geworfen, die Dünen sind zum Teil bis an die Strandpromenade fortgespült, die Bahnverbindung wurde auf der Strecke Zinnowitz-Wolgasterfähre und zwischen Zempin und Koserow, am Deich zwischen Kölpinsee und Ückeritz auf mehrere Wochen unterbrochen. Am ärgsten hat die Flut in Koserow gewütet, hier hat sie den größten Teil des Hochwaldes bis zur Chaussee niedergebrochen, den Schutzwall der Chaussee auf etwa 150 m fortgespült, den Bahndamm sowie die Chaussee auf mehreren Stellen ganz weggerissen. Beim Hotel Seeblick in Koserow ist die See bis hart an, zum Teil unter das Hotel gekommen, so daß die Glashalle schon eingestürzt ist und das ganze Hotel abgebrochen werden muß. Die mit großen Kosten am Fuße des Streckelberges errichtete Schutzmauer ist größtenteils zerstört, der Signalmast vom Streckelberge abgestürzt. Im Zinnowitzer Unterdorfe mußte das Vieh in höhergelegene Ställe gebracht und die Menschen in Booten von der Feuerwehr gerettet werden. Seit 1872 hatte eine derartige Flut nicht gewütet.“ (Robert Zastrow in der Schulchronik Zinnowitz)
Ein Stein in der Alten Strandstraße markiert den Wasserstand dieser Flut.
Die 100jährige Gründungsfeier des Zinnowitzer Vereins "Eintracht" fand im März 1913 statt (Geselligkeitsverein).
Zinnowitz hat eine Gesangschule unter Leitung von Frau Magdalena Sternberg. Die Schüler beteiligen sich rege am Kulturleben des Ostseebades.
Das St.-Otto-Heim wird nach Plänen eines Dresdener Architekten fertig gestellt. Betreiber war der Swinemünder St.-Otto-Verein. Dieser Verein schenkte das Haus am 15. April 1915 den Marienschwestern.
10.267 Badegäste

1. Weltkrieg

1914
Ausbruch des 1.Weltkrieges. Der Badebetrieb wird eingeschränkt, jedoch aufrechterhalten. Bei Kriegsende 1918 sind 28 Zinnowitzer Soldaten gefallen, 4 an Verwundungen verstorben und 3 werden vermisst.
Albert Bruhin beantragt auf einer Pachtfläche am Bootsanlegesteg, welche dem Rittergutsbesitzer von Corswandt in Krummin gehört, eine Milchtrinkhalle zu errichten.
6.512 Badegäste
1915
Der Rentier Hermann Schulze aus Berlin–Schöneberg erwirbt das Hotel „Belvedere“.
2.965 Badegäste
1916
Gemeindevorsteher Carl Steffen, Vertreter Keil, Wodke, Kautsch.
Am 16. Januar 1916 zogen zwei Schwestern der Kongregation der Marienschwestern in das das St.-Otto-Heim ein. Raphaela Feike war die erste Oberin des noch kleinen Konventes. Sie richteten das Gebäude her, so dass sich im Sommer 1916 hier schon 40 Kinder und einige erwachsenen Feriengäste erholen konnten.
Statt der Badegäste kommen nun „Kriegserholungsbedürftige“ in die Seebäder.
5.143 "Badegäste"
1917
werden 2 Glocken der Kirche für den 1.Weltkrieg geopfert.
1. November: Gründung einer Kriegskreditbank für die notleidenden Pommerschen Ostseebäder.
Zinnowitz besitzt Kochgas.
4.286 "Badegäste"
1918
7. März. Dem Zinnowitzer Mühlenbesitzer Hoppach wird die Betriebsleitung seiner Mühle wegen Unzuverlässigkeit für die Dauer des Krieges untersagt.
Die Damann-Film-GmbH dreht in Zinnowitz den Spielfilm „Sein Strandliebchen“.
24. November: Bildung eines Arbeiter- und Soldatenrates in Zinnowitz. Ihm gehören an: Oberheizer Hoenatsch, Malermeister Behrendt, Kaufmann Schwieger, Arbeiter W. Menzlin, Kohlenhändler W. Petrow, Maurer W. Steffen, Bauunternehmer Mädtke.
3.587 "Badegäste"

Novemberrevolution und Weimarer Republik (1919-1933)

1919
5 Wohnhäuser und 3 Scheunen brennen am 14. Mai in Zinnowitz ab. (Betroffene Familien: Menzlin, Wagner, Fulljahn, Berendt, Wachtel, Schulz). 64 Personen werden obdachlos. Der Sohn des Herrn Schulz fand in den Flammen den Tod. Die Wolgaster Bruderschaft der Freimaurer "Zur festen Burg am Peenestrom" übergab dem Zinnowitzer Gemeindevorsteher eine Spende von 60 Mark "für die Abgebrannten".
Anfang Juni 1919 richtet die Reederei Braeunlich (Stettin) wieder eine feste Schnelldampferverbindung mit der „Freya“ zwischen den Badeorten ein.
Die Badeorte im Kreise Usedom-Wollin nehmen eine große Anzahl der mit den deutschen Truppen aus dem Baltikum abrückenden Baltendeutschen auf. Sie finden im Herbst in den leerstehenden Hotels eine erste Unterkunft. Etliche bleiben in Zinnowitz und verändern auch das politische Klima im Ort. Zu ihnen gehört Pastor Karl Böttiger, der von 1919 bis 1931 Pfarrer in Krummin und Zinnowitz war. Auf sein Betreiben hin wurde Zinnowitz 1927 selbständige Kirchengemeinde.
Der Verein „Jugendhilfe St. Simeon“ aus Berlin erwirbt das Haus „Sorgenfrei“, am 1.Juli 1919 kommen die ersten Ferienkinder in dieses Heim nach Zinnowitz. Leiterin war Fräulein Grebe, Wirtschafterin Frau Wunderling.
Verschmelzung des Vereins „Eintracht“ mit dem „Männer-Gesang-Verein“ Zinnowitz (02.12.1919)
Im Seebad gewinnt der „Deutschvölkische Schutz- und Trutzbund“ immer mehr Einfluss. Er geht zurück auf den Deutschen Schutz- und Trutzbund, der im Februar 1919 vom Alldeutschen Verband gegründet wurde, zurück; seine Aufgabe sollte die Bekämpfung des Judentums sein.
August: Reisen mit dem Wasser-Flugzeug sind nun von Zinnowitz und Swinemünde aus nach Berlin und zurück möglich. Der einfache Flug kostet 450, Hin- und Rückflug 700 Mark.
Amtsvorsteher Schweigert ab Nov. 1919
14.196 Badegäste

Antisemitismus

1920
Das Hotel „Belvedere“ wird an die Pensionskasse für die Arbeiter der preußisch-hessischen Eisenbahngesellschaft in Berlin verkauft.
Im Hotel „Kurhaus“ gründet sich ein „Zweckverband zur Freihaltung des Badeortes Zinnowitz für deutschblütige Kurgäste“. Der Zweckverband firmierte bereits unter dem Hakenkreuz. Da dieses als Sonderzeichen noch in kaum einem Setzkasten zu finden war, wurde es zum Druck aus Blindmaterial zum typischen „Zinnowitzer Hakenkreuz“ zusammengesetzt. Vorsitzende des Vereins sind Friedrich von Nathusius (Lindenhof/Villa Bote), bis 1918 Gutsbesitzer in der Provinz Posen und Gustav Jahncke (Hotel zur Ostsee). Zinnowitz soll für immer judenfrei sein. Zinnowitz erhält in der Folgezeit Zuspruch und Unterstützung rechtsgerichteter Parteien, Organisationen und Persönlichkeiten.
Aus Spendenmitteln werden der Heldenhain und das Kriegerdenkmal errichtet.
6.312 Badegäste
1921
Fabrikbesitzer Otto Tendam und seine Frau Anna übernehmen das Hotel „Belvedere“ und machen „Tendams Kuranstalt“ daraus.
Das von den US-Bürgern Berta und Louis Dreyfus gestiftete Berta-Louis-Dreyfus-Heim (ehemaliges Hubertusheim) wird im Januar 1921 eröffnet.
9.546 Badegäste
1922
Die Arbeiter-Pensionskasse baute das Hotel „Belvedere“ zu einem Eisenbahner-Erholungsheim um.
Die Villa „Frank“ wird an den Landwirt und ehemaligen Rittergutsbesitzer Hans-Joachim von Knobloch verkauft.
Das antisemitische „Zinnowitzlied“ findet auf Postkarten in Zinnowitzer Andenkenläden weite Verbreitung und wird auch von der Kurkapelle des Ostseebades oft intoniert. Bei dem Zinnowitzlied handelt es sich um eine Abwandlung und Umdichtung des ebenfalls antisemitischen „Borkum-Lied“ von 1890. Die beiden (Zinnowitzer) Hakenkreuze auf dieser "Zinnowitzlied" Postkarte sind nicht als Parteisymbol der NSDAP zuzuordnen, da diese Partei zu Beginn der 1920er auf der Insel Usedom nicht existierte, sondern sollen eine deutsch-völkische und antisemitische Gesinnung symbolisieren.
8.421 Badegäste
1923
Joseph Aloysius Kessler, einer der herausragendsten Bischöfe seiner Zeit in den Diözesen der Russlanddeutschen, verbringt nach der Vertreibung aus dem Sowjetreich seinen Lebensabend als Hausgeistlicher im St. Otto Heim in Zinnowitz "aus Hirtenamt und Heimat verstoßen", wo er am 10. Dezember 1933 auch verstarb. Seine Grabstätte befindet sich im mittelfränkischen Ornbau.
Zinnowitz wird zu einem Zentrum der "Die Deutschvölkische Freiheitspartei" (DVFP, DFP). Die im Dezember 1922 unter Einfluss des „Deutschvölkische Schutz- und Trutzbundes“ von der DNVP abgespaltenen Partei propagierte mit einem radikal rassistischen, antikommunistischen und antisemitischen Programm eine völkische Diktatur. In Zinnowitz erscheint bei der Buchdruckerei Jentzen die Zeitschrift „Schwarz-Weiß-Rot“ als deren Deutschnationales Monatsblatt und Nachrichtenblatt des Kreises Usedom Wollin. Stammlokal ist das Hotel "Zur Ostsee" von Gustav Jahnke. Ihre Jugendorganisation fungierte unter der Bezeichnung „Bismarckjugend, Mark Küstenschutz“.
Auch der den „Artamanen“ nahestehende „Drei-Adler-Verlag“ mit Publikationen wie „Aus deutschen Blutes hohen Spielen: Der blonde Gott“ oder „Die Runenschrift als Markstein am Wege zur Volksgenossenschaft“ hat hier zeitweise seinen Sitz. Die DVFB unterlag später in der Konkurrenz mit der NSDAP und der SA, welche im Kreise Usedom-Wollin bis zum sogenannten Rhöm-Putsch dem linken Flügel mit dem Ziel eines „Nationalen Sozialismus“ anhing. Daher konnten die extrem-deutschnationalen Protagonisten in Zinnowitz aus ihrer extremen Politik vor der Machtübernahme der Nationalsozialsten keinen politischen Gewinn ziehen.
Bürgermeister Ernst Grubbert.
1924
Wilhelm Potenberg wird vom Gemeinderat zum neuen Bürgermeister gewählt. (16.08.1924) Amtsvorsteher ist Franz Schweigert.
Als Wilhelm Prinz von Preußen im Sommer 1924 in Heiligendamm weilte, unternahm er einen Ausflug zu dem Motorradrennen „Deutsche Tourist Throphy“ in Swinemünde auf der Insel Usedom. Die Bäderrennen an der Ostsee zählten in jenen Jahren zu den bedeutenden gesellschaftlichen Ereignissen. Während der Hinreise am 12. Juli und auch auf der Rückreise kam der Kronprinz nebst Ehefrau Cecilie, sein Automobil als Herrenfahrer selbst steuernd, durch Zinnowitz. Auf der Rückreise am 13. Juli stieg er allerdings aus, speiste im Kurhaus Strandhotel und erfrischte sich kurz am Strand, wo er ein Bad in der Menge und in den Fluten nahm. Nach wenigen Stunden verließ der Prinz das Ostseebad wieder, ohne hier zu nächtigen.
Frau Berta-Louise Dreyfuß, Stifterin des nach ihr benannten Kinderheimes, besucht Zinnowitz.
Leiter der Schule seit Juli 1924: Lehrer Paul Mentzel. Da der Hauptlehrer Mentzel ein eigenes Haus besitzt und daher auf die Dienstwohnung verzichtet, wird letztere als Jugendherberge eingerichtet, zu deren Pflege der Lehrer Schütze bestellt wird. 151 Kinder in der Schule.
9.228 Badegäste
1925
Das Strandhotel bekommt den Namen „Preußenhof“, da es von der Stettiner Preußenhof AG übernommen wird. Am 13. Juni der jüdische Bankier und Schriftsteller Albert Friedländer logiert im Kurhaus (Preußenhof). Ein Nachweis, dass sich nicht alle Zinnowitzer Hotels an den Boykott jüdischer Gäste hielten.
Am 19. Dezember erhält die Zinnowitzer Kirche ihre wiedergegossenen Glocken zurück. Sie sollen am 31. Dezember wieder zum ersten Mal läuten.
Am 1.05.25 wird für die männliche Jugend eine Kreisberufsschule eingerichtet, zu deren Leiter der Hauptlehrer (Mentzel) ernannt wird. Zunächst umfasst dieselbe nur eine Klasse, bald wächst aber die Schülerzahl so, dass zwei Klassen mit je 30 Schülern entstehen. Das neue Schulhaus wird an das neue Gasfernheizungswerk (Swinemünde) angeschlossen.
Die Toilettenanlagen an der Promenade werden gebaut.
Die beiden ersten Schlafhäuser auf dem Gelände des Heimes „Sorgenfrei“ werden errichtet.
Am 1. Juni 1925 richtet die Wolgaster Genossenschaftskasse eine Zweigstelle in der Alten Strandstraße 2 ein.
11.290 Badegäste
1926
erschienen um 1926 / 1927
Das Heim der Arbeiterpensionskasse in Zinnowitz wird am 1. Oktober 1926 vom Eisenbahn-Töchterhort käuflich erworben, um 130 Kindern eine Erholungsunterkunft an der See zu gewähren. (Hotel Belvedere, dann Maria-Heim und später Steinfurth-Heim genannt).
Der Weinhändler Otto Bartens erwirbt die Villa „Frank“.
Das dritte Schlafhaus auf dem Gelände des Hauses „Sorgenfrei“ wird errichtet, ebenfalls eine moderne Pumpenanlage.
9.683 Badegäste
1927
Oie-Schwimmen: Den durch die Kurdirektion veranstalteten Schwimmwettbewerb von der Insel Oie zum Zinnowitzer Strand (21 km) gewinnt Herr Günther Ritter.
Durch das Wirken des rechtsextremen Zweckverbandes bekommt Zinnowitz die Bezeichnung „Deutsches Ostseebad“.
Auf Werbetafeln und in Prospekten erscheint das Hakenkreuz.
Am 25. Mai 1927 findet eine Feier zum 25. Jubiläum der Stiftung „Eisenbahn-Töchterhort“ statt, bei der das neue Heim in Zinnowitz eingeweiht wird. Hier sollen sich Kinder von Eisenbahnangestellten erholen. Es wird auf den Namen „Mariaheim“ getauft. Namensgeberin ist Maria Dorpmüller, die Schwester des Generaldirektors der Deutschen Reichsbahn, Julius Dorpmüller.
Das Haus Tannenhof wird 1927 oder 1928 vom „St. Simeonsverein“ gekauft und gehört nun zum Haus „Sorgenfrei“.
Zinnowitz hat 1.900 Einwohner und 12.510 Badegäste.
1928
Erweiterung und Ausbau mehrerer Ortsstraßen.
Die Schulzahnpflege wird durch Herrn Dentist Schlaf (seit 1.05.28) durchgeführt.
Erwerb des Nachbargrundstücks des Mariaheimes und der Villa „Frank" durch die Stiftung „Eisenbahn-Töchterhort". Die Gebäude werden umgebaut und in das Konzept des Mariaheimes integriert.
Das vierte Schlafhaus auf dem Gelände des Hauses „Sorgenfrei“ wird errichtet.
In der Gemeinde kommt es zu heftigen Auseinandersetzungen um den antisemitischen Passus im Badprospekt. Auf Drängen von „links eingestellten, kleineren Leuten und auch Lehrern aus dem Hinterland“ wird dieser nun nicht mehr in die allgemeinen Hinweise aufgenommen. Auch die Anzeige des „Zweckverband zur Freihaltung des Badeortes Zinnowitz für deutschblütige Kurgäste“ findet sich in den folgenden Jahresprospekten nicht mehr. Lediglich einige Hotels und Pensionen versehen ihre Werbeanzeigen mit einem Hakenkreuz.
Emil Stöwer, Generaldirektor der Stoewer-Werke AG Stettin, logiert im Kurhaus Preußenhof. Stoewer gehörte zu den Pionieren des Autobaus in Deutschland. Das Unternehmen stelle u.a. hochwertige und sportliche Luxuswagen, die auf Augenhöhe mit Horch und Mercedes konkurrierten, her.
September 1928, Alfred Hugenberg (1865-1951) logiert im Preußenhof. Er ist Montan-, Rüstungs- und Medienunternehmer und gilt als einer der reichsten und einflussreichsten Männer des Deutschen Reiches und Wegbereiter des Nationalsozialismus. Der Hugenberg-Konzern zu dem auch die UFA gehörte kontrolliert die Hälfte der deutschen Presse.
Paul Dillner etabliert in der „Strandburg“ (Schwabes Hotel) einen Reitstall. Dabei arbeitet er eng mit dem Reitinstitut der Universität Greifswald und Universitätsreitlehrer Eggers zusammen.
12.570 Badegäste

Erster durchgehender Schutzdeich am Achterwasser

1929
An der Uferregion des Achterwassers wird ein durchgehender Schutzdeich errichtet. Die Arbeiten werden von Arbeitslosen durchgeführt.
Fräulein Reudenfeld gewinnt das Oie-Schwimmen.
Der Leiter des Hauses „SorgenfreiOtto Winkler, verlässt das Haus. Sein Nachfolger wird Pfarrer Ohagen.
12.012 Badegäste
1930
Die Gemeinde bewilligt die Kosten für einen Schularzt ab 1.04.1930 und wählt dafür den hiesigen Arzt Dr. Kochs.
Der Dirigent und Komponist Wilhelm Furtwängler (1886-1954) logiert im Preußenhof. Er gilt als einer der bedeutendsten Dirigenten des 20. Jahrhunderts.
9. Juli: Erik Jan Hanussen (eigentlich Hermann Chajm Steinschneider) tritt in Schwabes Hotel auf. Als Gedankenleser, Hypnotiseur und Astrologe wurde Erik Jan Hanussen in ganz Europa berühmt. Obwohl er Jude war, suchte und fand er engen Kontakt zu Führern der SA. 1933 ließen sie ihn ermorden. Hanussens Lebensgeschichte wurde mehrfach verfilmt:
Alljährlich im Juli besuchten Schiffe und Boote der Reichsmarine/Kriegsmarine zu Werbezwecken die Seebäder. Diese Besuche wurden in der Presse vorher angekündigt. Für Zinnowitz vermeldet die nautische Zeitschrift "Hansa" z. B.:
5. bis 10. Juli Artillerieschulboot „Drache
24. Juli Linienschiff „Schlesien
11.072 Badegäste
1931
Gründung einer Ortsgruppe der SPD. Die Gründungsversammlung fand in Zempin statt, da kein Zinnowitzer Hotel- bzw. Gaststättenbesitzer einen Raum zur Verfügung stellte.
Bei Zecherin in der Nähe von Usedom ist die Straßenbrücke fertig gestellt, die die Insel mit dem Festland verbindet.
Brand in der Zinnowitzer Gaststätte „Meiereihof“.
10.850 Badegäste
1932
Der „Zwickelerlass“ regelt das Badeleben. Das öffentliche Nacktbaden ist untersagt, der Badeanzug muss mit einem Zwickel versehen sein. Ein „Zwickel“ ist ein keilförmiger Stoffeinsatz im Schritt.
2. Juli: Linienschiff "Schlesien" besucht Zinnowitz.
1763 Einwohner
12.841 Badegäste

Unterm Hakenkreuz (1933-1945)

Zinnowitz im Kreis Usedom (1945-1952) Land Mecklenburg

Zinnowitz im Kreis Wolgast, Bezirk Rostock (1953-1989)

Zinnowitz im Land Mecklenburg-Vorpommern der Bundesrepublik Deutschland

Quellenangaben und Literaturverzeichnis

  1. S.43; Die Geschichte der Insel Usedom, Dirk Schleinert 2005.
  2. Aus Hugo Reinecke „Das Ostseebad Zinnowitz mit den Nachbarbädern Carlshagen und Coserow nebst ihrer nächsten Umgebungen“