Fortlaufende Chronik der Hansestadt Stralsund: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 15. Juni 2022, 14:17 Uhr


Kenndaten der Ortschronik
OrtStralsund (Hansestadt)
Zeitlicher Schwerpunktfortlaufend
Urheberrechte
Erstellungszeitraumseit 2021
Publikationsdatumveröffentlicht
Inhaltliche KategorisierungGeschichte der Hansestadt Stralsund
Status (Ampelsystem)in fortlaufender Bearbeitung


Die Geschichte der Hansestadt Stralsund

Stralsunder Chronologie

Die Frühgeschichte von Stralsund

1168
Kapitulation des letzten slawischen Zentraltempels auf dem Rügener Kap Arkona. In den darauffolgenden Jahren begannen deutsche Bauern, Kaufleute und Handwerker sich in den unterworfenen slawischen Gebeiten anzusiedeln.

Stralsund im späten Mittelalter (um 1200 bis 1517)

1234
31. Oktober -Fürst Witzlaw I. von Rügen verleiht Stralsund das lübische Stadtrecht.
1240
25.Februar - Fürst Witzlaw I. stellt eine weitere Urkunde über die Stadt aus. In ihr wird erstmals der Name "Stralesund" genannt.
1249
- Eine Lübecker Flotte überfällt und zerstört Stralsund.
1251
- Erste Erwähnung des Dominikanerklosters St. Katharinen.
1254
- Mönche des Franziskanerordens gründen mit Erlaubnis des Fürsten Jaromar II. das Kloster St. Johannis. Es gehört zu den ältesten Bauwerken Stralsunds.


Reformation und Nachreformationszeit in Stralsund (1517 bis 1648)

Stralsund bis zur napoleonischen Zeit (bis 1813)

1710/1711
- Die Pest sucht Stralsund heim * Informationssystem zur Pest von 1710/11

Stralsund bis zur Reichseinigung (bis 1871)

Stralsund im Kaiserreich (1871-1918)

Weimarer Republik in Stralsund (1918-1933)

Stralsund im Dritten Reich (1933-1945)

SBZ und DDR in Stralsund (1945-1990)

Die heutige Zeit

Marksteine in der Geschichte der Stadt Stalsund:

12. Jahrhundert - "Stralow" bei Saxo Grammaticus

1234 Herkunft und erste Erwähnung von Stralsund

1259 (ab) Stralsund als Mitglied der Hanse

1259 Der wendische Städtebund

1271 (bis) Stralsund und Schadegard

1313 Die Schlacht im Hainholz

1370 Der Friede von Stralsund

1628 Die Wallensteinsche Belagerung

1653 - 1815 Die Schwedenzeit in Stralsund

1714 Schwedenkönig Karl XII. und der "Ritt von Bender"

1765 Der Fall Maria Flint

1809 Schill in Stralsund

1873-1876 Stralsund und der Goldschatz von Hiddensee

1944 Bombenangriff auf Stralsund

1991 Das Passagierschiff "Fritz Heckert" wird verschrottet

2002 Stralsund wird UNESCO-Weltkulturerbe

2002 Die Stralsunder Einbäume

Stralsund - Stadt der Backsteingotik und Orgelschätze

Das Johanniskloster und die Pieta

Das Heilgeist-Kloster und die Kanonenkugeln

Stralsund - die Brücke zur Insel Rügen

Fährverbindung

1936/37 - der Rügendamm

2007 - die Hängebrücke

Wer war wer in Stralsund

Sagen, Geschichten und Legenden rund um Stralsund und Umgebung

Der Artushof in Stralsund

In mehreren angesehenen Städten, besonders an der Ostsee, findet man herrliche Gebäude, welche den Namen Artushof führen. Der berühmteste ist der am langen Markte zu Danzig. Wer je in der schönen Stadt Danzig gewesen ist, der wird unter allen ihren Herrlichkeiten gewiß auch ihres schönen Artushofes nicht vergessen. Der Name dieser Gebäude soll herkommen von dem König Artus; man weiß aber nicht, ob von dem Artus, der um das Jahr 509 nach Christi Geburt König von England war, oder ob von dem Artus, der um das Jahr 630 in Schweden regierte. Einer von diesen beiden Königen soll nun aber auch über die sämmtlichen Vandalischen Völker geherrscht, und ein so gutes Andenken unter ihnen zurückgelassen haben, daß sie bei besonderen Gelegenheiten ihm zu Ehren Häuser erbauten, in denen sie zu ihren Ergötzlichkeiten zusammenkamen, und die sie nach seinem Namen nannten.
Ein solcher Artushof ist auch vor Zeiten in der Stadt Stralsund gewesen. Er hat nahe am alten Markte gestanden, hinter der jetzigen Hauptwache. Es versammelten sich darin der Magistrat und die Compagnien der Stadt zu ihren alljährlichen Amtsschmausereien. In dem großen Brande, der die Stadt betraf, ist er zu Grunde gegangen, und es ist nachher ein Arresthaus an dessen Stelle gebauet.
Dieser Artushof ist auf folgende Weise entstanden: In den früheren Zeiten waren die Fürsten von Rügen zugleich Schutzherrn der Stadt Stralsund. Der letzte Fürst in Rügen war Witzlav der vierte. Dieser hatte so viel Streitigkeiten mit der Stadt, daß er sie nicht anders als ein Geschwür in seinem Lande zu nennen pflegte. Er lag fortwährend mit ihr im Streit wegen ihrer alten Privilegien, die sie, wie er behauptete, nicht rechtmäßig von seinen Vorfahren sollte erhalten haben. Um sie endlich einmal ganz zu bezwingen, rief er im Jahre 1316 einen großen Haufen von Bundesgenossen gegen sie zu Hülfe. Dieß waren Erich der Fünfte, König von Dänemark, Herzog Woldemar von Schleswig, Graf Adolph von Schaumburg, Herzog Albrecht von Braunschweig, Heinrich der Löwe von Mecklenburg, Pribislaus Herr der Wenden, Graf Gunzelin von Wittenberg, Graf Günther von Ruppin, die Grafen Gerhard und Johann von Holstein, der Graf Heinrich von Schwerin, und der Herzog Erich von Niedersachsen. Alle diese Herren zogen mit zahlreichen Mannschaften gegen die Stadt Stralsund, und belagerten sie zu Wasser und zu Lande. Die Stralsunder hatten keinen anderen Bundesgenossen, als den Herrn Stoislav von Puttbus. Allein sie wehrten und hielten sich so tapfer, daß die Belagerer nichts gegen sie ausrichten konnten, und zuletzt, nachdem die Stralsunder ihnen auch ihre Schiffe verbrannt hatten, unverrichteter Sache und mit großem Verluste abziehen mußten.
Während dieser Belagerung nun machten die Stralsunder einmal am Tage St. Antoni, welches war der erste März, einen Ausfall nach dem vor der Stadt belegenen Hainholze hin. In diesem Holze lag mit seinen Leuten der Herzog Erich von Sachsen, ein gar kecker Herr, der den Stralsundern zum Possen allerlei Muthwillen zu treiben pflegte, und sich besonders durch eine schwere goldene Kette auszeichnete, welche so lang war, daß er sie dreimal um seinen Leib winden konnte. Denselben Herzog Erich bekamen die Stralsunder bei diesem Ausfall gefangen, und weil er sie so arg verhöhnt hatte, so banden sie ihn zur Schmach an seine eigene goldene Kette, und führten ihn so in die Stadt hinein. Allda hielten sie ihn drei Jahre lang gefangen, bis er sich mit 16,000 Mark feinen Silbers ranzionirte.
Von diesem Gelde, von welchem indeß der Herzog Wartislav von Pommern und der Markgraf von Brandenburg einen Theil mitbekamen, und von der goldenen Kette des Herzogs Erich haben darauf die Stralsunder ihren Artushof erbauet, und zugleich ihr schönes Rathhaus, das noch jetzt, obgleich aus schlechten Fenstern sehend, eine Hauptzierde der alten Stadt ist.
Micrälius, Altes Pommerl. I. S. 248. 249.
Gesterding, Pommersches Magazin, IV. S. 90-93.
Altes und Neues Pommerland, von Christian Schöttchen, S. 155. 156.
Die Volkssagen von Pommern und Rügen, J. D. H. Temme, Berlin 1840, Nr. 100

Der todte Rathsherr in Stralsund

Im Jahre 1379 war in der Stadt Stralsund ein großer Aufruhr der Bürgerschaft gegen den Rath. Als dieser nämlich gemeinen Anliegens und Schulden halber von der Bürgerschaft Steuern forderte, so jagten ihn die Stralsunder aus der Stadt hinaus. Des Handels aber nahm sich Herzog Wartislav VI. an, und bezwang die Bürger und befahl ihnen, den Rath wieder einzusetzen. Unterdeß war einer von den Rathsherren, Namens Done, gestorben. Als daher nun der gesammte Rath in seinen Ehrenstand feierlich wieder eingesetzt wurde, da nahmen den todten Rathsherrn Done seine Freunde und setzten ihn in seinen Rathsstuhl, gleichwie sich die Lebenden hinsetzten, damit anzuzeigen, daß er ohne Recht und Ursache wäre vertrieben, und aller seiner Ehre wieder theilhaftig worden.
Micrälius, Altes Pommerland, I. 269.
Die Volkssagen von Pommern und Rügen, J. D. H. Temme, Berlin 1840, Nr. 101

Der Priesteraufruhr in Stralsund

In der Stadt Stralsund war in früheren Zeiten ein Gebrauch, daß, wenn eine Leiche aus dem Hause getragen wurde, dem Todten keine Vigilien durften gesungen, sondern diese nur heimlich im Hause mußten gesagt werden. Dieser Gebrauch hatte folgenden Grund: Im Jahre 1407 machte der Rath der Stadt Stralsund die Ordnung, daß die damals überaus großen Begräbnißkosten sollten ermäßigt werden, zu welchem Ende er denn auch neue kupferne Pfennige schlagen ließ, die wohl dreimal geringer waren als die alten. Als nun solche schlechte Pfennige häufig auf den Altar zum Opfer kamen, da wollte der oberste Pfarrherr, mit Namen Curt Bonov, so adligen Geblütes und ein Licentiatus und ein hochfahrender Mann war, dieselben nicht annehmen, und er beklagte sich wegen Schmälerung der geistlichen Gerechtsame bei dem Rathe. Es ward ihm aber zur Antwort, es stände ja in eines Jeden Gefallen, was und wieviel er geben wolle, und man müsse die Bürgerschaft mit den vielen Opfern nicht überhäufen. Darüber wurde der Zank sehr groß, bis der Kirchherr in seinem Hochmuth und Zorne aus der Stadt ritt, und denen von Stralsund entsagte, worauf er Viele aus seiner Freundschaft vom Adel aufbrachte, und damit am Tage Hieronymi des Jahres 1407 mit drei Fähnlein und dreihundert gerüsteten Pferden vor die Stadt zog. Diese umschloß er, und er verheerte mit Feuer und Schwert alle Dörfer und Höfe, die um die Stadt lagen, und was er an Bürgern draußen fand, dem hieb er Hände und Füße ab und ließ sie liegen. Und als er nichts mehr vor der Stadt zu thun sah, stieg er vom Pferde, und tanzte in voller Rüstung, den Sundischen zum Spotte.
Als der Kirchherr also hausete, da stellten sich seine drei Unterpfarrer, die in der Stadt geblieben waren, auf den Markt und spotteten der Bürger, und sagten von dem Feuer, das man von allen Seiten aus den brennenden Dörfern und Höfen aufsteigen sah: Sehet, das sind die Seelenlichter, die Euch Euer Kirchherr anzündet; dazu müßt Ihr noch opfern! Darüber ergrimmte das Volk, und sie jagten die sämmtlichen Pfaffen der Stadt in ein Haus, pfählten dieses zu, und wollten sie darin verbrennen. Dem widersetzte sich aber der Rath, den Leuten mit weinenden Augen vorstellend, daß ja nicht alle diese Priester Schuld an dem Unglücke der Stadt hätten. Anfangs hörte darauf Niemand, in die Länge aber wirkte es so viel, daß sie nur die drei spottenden Unterpfarrer behielten, die andern aber, deren über hundert waren, los ließen. Jene drei schleppten sie auf den Markt, wo sie ein großes Feuer anmachten; in dieses warfen sie dieselben, und verbrannten sie zu weißer Asche, ausrufend: Zu Brand habt Ihr Lust gehabt, nun habt Ihr Brand bekommen!
Für solchen Frevelmuth erging es den Sundischen sehr schlecht. Denn der Sache nahm sich der Bischof von Schwerin an; der bewirkte, daß der Papst zu Rom die Stadt Stralsund in den Bann that, in welchem sie zu ihrem großen Schaden über 7, oder wie Andere wollen, über 20 Jahre verblieben ist. Als sie sich endlich aus demselben auslöseten, mußten sie zur Strafe, nebst Erlegung einer großen Summe Geldes, ein neues Gewölbe in dem Dome zu Schwerin bauen, und daran schreiben lassen, daß sie das hätten bauen müssen um ihrer Missethaten willen. Und dann wurde ihnen zur Strafe angesetzt, daß zu ewigen Zeiten kein Bischof von Schwerin in der Stadt sollte Messe lesen, und daß keinem Todten die Vigilien sollten gesungen, sondern nur heimlich im Hause gesprochen werden, wie oben gesagt ist. Solche Strafe hat gedauert, bis daß Doctor Martin Luther eine andere Ordnung gemacht hat.
Kantzow, Pomerania, I. S. 439-444.
Micrälius, Altes Pommerland, I. S. 274. 275.
Die Volkssagen von Pommern und Rügen, J. D. H. Temme, Berlin 1840, Nr. 103

Der Katzenritter zu Stralsund

Es war in früheren Zeiten in vielen Städten gebräuchlich, daß zu Fastnachten der Rath den Bürgern ein öffentliches Schauspiel zum Besten geben mußte. So gab zu einer Zeit, es war im Jahre 1414, der Rath der Stadt Stralsund seinen Bürgern auf Fastnacht ein gar ergötzliches Spiel, welches man das Katzenbeißen nannte. Es wurde nämlich an dem Pranger, der auf dem alten Markte, jetzt der Hauptmarkt, stand, eine Katze angebunden; mit dieser mußte sich ein Mensch, wie man sagt, ohne alle Wehr und Waffen, beißen und streiten, welchem Kampfe der gesammte Rath und Bürgerschaft zusahen, und vieles Ergötzen daran hatten. Da der Mensch zuletzt die Katze todt gebissen hatte, schlug ihn Herr Johann Külpen zum Katzenritter. Dieser Herr Johann Külpen war ein Bürgermeister zum Sunde, und selbst ein Ritter; der konnte selbst Zehnt aus seinem Hause wehrhaft reiten.
Vgl. Stralsundische Chroniken, herausgegeben von Mohnike und Zober, S. 177.
Baltische Studien, dritter Jahrgang, erstes Heft, S. 231-234.
Die Volkssagen von Pommern und Rügen, J. D. H. Temme, Berlin 1840, Nr. 107

Der Kampf der Blinden in Stralsund

In dem Jahre nachher, als der Katzenritter die Katze todt gebissen, also im Jahre 1415, gab der Rath zu Stralsund der Bürgerschaft zu Fastnachten ein Schauspiel, welches fast noch ergötzlicher war, als jenes. Er ließ nämlich auf dem alten Markte alle Blinden aus der Stadt zusammenkommen. Die bekamen jeder eine Keule, und dann wurde ein Schwein in ihre Mitte gebracht, das sie mit den Keulen todtschlagen sollten. Rund um sie her waren Planken gezogen, daß ihnen das Schwein nicht entlaufen konnte. Da gab es denn einen gewaltigen, aber für das versammelte Volk sehr vergnüglichen Spektakel. Denn anstatt das Thier zu treffen, schlugen die blinden Menschen mit ihren Keulen auf einander los, daß sie Löcher und Beulen davontrugen. Anfangs ließen sie sich dadurch in ihrem Eifer nicht stören; auf die Dauer wurden sie aber doch zaghaftig, und nun fühlten sie zuerst vorsichtig mit der Keule hin, wo das Schwein stände, bevor sie zuschlugen. Da tödteten sie es denn zuletzt.
Ein so lachendes Fastnachtsfest hatte man in Stralsund noch nicht erlebt.
Vgl. Stralsundische Chroniken, von Mohnike und Zober, S. 8. 9.
Die Volkssagen von Pommern und Rügen, J. D. H. Temme, Berlin 1840, Nr. 108

Der Dänholm bei Stralsund

Nahe bei der Stadt Stralsund, rechts wenn man von der Stadt nach Altefähr auf Rügen schifft, liegt ein kleines, lustiges Eiland, der Dänholm geheißen. Diesen Namen hat es vor ungefähr 500 Jahren erhalten. Damals waren zu einer Zeit die Dänen mit einer großen Anzahl von Schiffen des Nachts auf dieses Eiland gekommen, um von da aus unversehens die Stadt zu überfallen. Sie waren zwar von einigen Schiffern gesehen worden, und diese machten auch gleich dem Rath Anzeige von der Ankunft des Feindes. Allein die Stadt hatte zu damaliger Zeit kein einziges Schiff zu Hause, als nur die kleinen Fischerböte. Die muthigen Stralsunder verzagten darum aber nicht, sondern sprangen rasch in die kleinen Böte hinein, um dem Feinde zuvorzukommen, und ihn zu verjagen, ehe er noch die Stadt angegriffen hätte. Das hatten die Dänen nicht erwartet. Sie lagen ruhig auf der kleinen Insel und rathschlagten, wie sie am besten die Stadt überfallen möchten, da wurden sie auf einmal selbst überfallen. Allein sie wehrten sich doch tapfer, und weil sie große, wohlausgerüstete Fahrzeuge hatten, die Stralsunder aber nur in den kleinen Fischerböten waren, so mußten die Letzteren am Ende weichen, und sie flohen nach der Stadt zurück. An dem Wasser aber standen die Weiber und Kinder aus der Stadt, und wie die die Ihrigen fliehen sahen, da schalten sie dieselben, und schrieen sie zornig an, und ermahnten sie, sich besser zu wehren. Darüber schämten sich die Bürger denn, und sie sind wieder umgekehrt, und haben in ihrer Verzweiflung den Dänen so tapfer zugesetzt, daß kaum drei oder vier Schiffe davon gekommen sind. Von da an hat die Insel der Dänholm geheißen. Zum Andenken dieses Sieges wird noch alljährlich in Stralsund ein großes Fest gefeiert, an welchem die Bürger, festlich geschmückt, mit fliegenden Fahnen und unter freudigem Kanonendonner den Dänholm umschiffen. Es werden dazu aber nur Fischerboote genommen, weil diese den Sieg gewonnen haben.
Karl Lappe, Pommerbuch, S. 23, und mündlich.
Die Volkssagen von Pommern und Rügen, J. D. H. Temme, Berlin 1840, Nr. 105

Der Landvogt Barnekow

In der Mitte des funfzehnten Jahrhunderts lebte in der Stadt Stralsund, welche sich gerade damals, wieder durch ihre Widersetzlichkeit gegen ihren Landesfürsten auszeichnete, ein Bürgermeister, Namens Otto Fuge, ein eben so unruhiger, als herrschsüchtiger und gewaltthätiger Mann. Die Stadt hatte, in Folge mannigfacher Unruhen, kaum dem Herzoge von Neuem gehuldigt, als er es schon wieder unternahm, sie gegen denselben aufzuwiegeln. Er schrieb zu dem Ende einen Landtag nach Stralsund aus, wozu er Abgeordnete aus den übrigen Städten und die Eingesessenen vom Adel des Landes entbot.
Als der Herzog Wartislav IX. von diesem Landtage erfuhr, befahl er seinem Rathe, dem Landvogt auf Rügen, Raven Barnekow, sich nach Stralsund zu begeben, um das Betragen der zusammenberufenen Stände zu beobachten, und zu sehen, was Otto Fuge werde beschließen lassen. Die Versammlung der Abgeordneten fand statt auf dem offnen Markte, wo sich große Haufen von Menschen zusammengefunden hatten. Unter diesen war auch der Landvogt Barnekow. Als Alle beisammen waren, hielt der Bürgermeister eine Anrede an sie, und erklärte laut und vor mehr denn tausend Menschen den Herzog Wartislav für einen Landesverräther, dem man nicht ferner gehorchen könne.
Da trat Raven Barnekow unerschrocken vor den Bürgermeister hin, und strafte ihn Lügen mit eben so lauter Stimme, indem er demselben vorwarf, daß er selbst ein Verräther sey an seinem Herrn und an seinem Lande.
Der Bürgermeister gerieth durch eine solche kühne und öffentliche Beschimpfung in eine unbeschreibliche Wuth. Er ließ sofort den Landvogt sammt dessen Secretair und Notar in Haft nehmen, und klagte sie bei dem Gerichte der Stadt an als Spione und Verräther. Das Gericht, abhängig eben so sehr von dem strengen und mächtigen Bürgermeister, als von der Stimmung des aufgeregten Volkes, gab der Anklage Statt, und verurtheilte den Herzoglichen Landvogt, trotz aller seiner Protestationen, zu dem Tode durchs Rad. Der unglückliche Barnekow wurde darauf zuerst an ein Pferd gebunden und durch alle Straßen der Stadt geschleift. An jeder Straßenecke ließ der Bürgermeister ausrufen: Dieser sey ein Verräther der Stadt und sein Herr mit ihm! Dem widersprach aber jedesmal der Landvogt, indem er mit dem festen Muthe, der ihn bis zum letzten Augenblicke nicht verließ, entgegen erklärte: der Bürgermeister Otto Fuge sey ein Lügner und selbst der Verräther. Danach wurde er nebst seinem Secretär, welcher Heinricus hieß, und seinem Notar, Namens Wannemer, gerädert, und sein Leichnam wurde auf das Rad geflochten. Dies geschah im Jahre 1453. Seine Gebeine blieben mehrere Jahre auf dem Rade.
Otto Fuge, nachdem er sich ganz von seinem Herrn losgesagt hatte, führte unterdeß ein höchst grausames und empörendes Regiment in der Stadt, so daß die Stralsunder es nicht ferner ertragen konnten und ihn, nach manchen Streitigkeiten, mit seinen Anhängern aus der Stadt vertrieben. Er entfloh nach Dänemark, wo er bis an seinen Tod ein unstätes und flüchtiges Leben hat führen müssen. Die Stadt unterwarf sich darauf wieder ihrem rechtmäßigen Herrn.
Es wurden jetzt auch die Gebeine des hingerichteten Landvogts vom Rade abgenommen und nach Greifswald gebracht, wo sie in der St. Nicolaikirche beigesetzt wurden.
So weit wird diese Geschichte von allen Pommerschen Chronisten und Geschichtschreibern übereinstimmend erzählt. Diesem hat die Sage durch den Mund des Volkes Folgendes hinzugesetzt:
Nachdem die Stadt Stralsund sich dem Herzoge unterworfen hatte, machte dieser ihr auf Bitten der Söhne des Landvogts, zur Bedingung, daß die Gebeine des Hingerichteten durch die Bürger der Stadt von Stralsund nach Greifswald feierlich sollten getragen werden. Dabei soll er ihnen ferner befohlen haben, daß sie nur einmal, nämlich auf der Hälfte des Weges in dem Dorfe Rheinberg, stille halten durften. So ist es denn auch geschehen. Ueber sechshundert Stralsunder Bürger haben den Sarg mit den Gebeinen getragen; nur in Rheinberg haben sie sich ausruhen dürfen, dann haben sie weiter getragen in einem Zuge, bis an die Neuenkircher Brücke vor Greifswald. Hier haben andere Leichenträger den Sarg in Empfang genommen, und ihn mit großen Feierlichkeiten in die Nicolaikirche getragen. Dabei erzählt man sich, daß in demselben Augenblicke, als an der Neuenkircher Brücke der Sarg von der Bahre abgenommen ist, die Stralsunder noch die ganze Bahre mit blanken Gulden haben bedecken müssen, so viele deren aufgehäuft darauf haben liegen können. Auch das hatte ihnen der Herzog zur Bedingung gemacht. An den beiden Stellen, wo die Leiche in Rheinberg und vor der Neuenkircher Brücke niedergesetzt war, wurden zum Andenken Steine aufgerichtet. Diese sieht man dort noch; sie stehen dicht an der Chaussee von Greifswald nach Stralsund.
Mündlich.
Die Volkssagen von Pommern und Rügen, J. D. H. Temme, Berlin 1840, Nr. 104

Der Büttel und die grauen Mönche zu Stralsund

Im Jahre 1516 starb zu Stralsund ein Büttel, Namens Matthias. Er war ein großer Mann mit einer absonderlich großen Nase, wie man unter vielen hundert Menschen kaum eine wiederfindet. Er war aber auch ein sehr gottesfürchtiger und frommer Mann, weshalb er ein gutes Gerücht unter den Bürgern hatte und mit ihnen zu Bier saß, und ihm Niemand etwas dagegen sagte. Als er zum Sterben kam, sandte er zu den Mönchen im grauen Kloster, um ihm die Beichte zu hören und die letzte Oelung zu geben. Es kam auch der Guardian des Klosters selbst zu ihm, benamet Johann Wrede, aus Lübeck gebürtig, und reichte ihm die Sacramente, worauf er am anderen Tage starb.
Weil er nun Zeit seines Lebens ein so gottesfürchtiger Mann gewesen, und jedermann ihm zugethan war, so sollte er ein ehrliches Grab bekommen, ob es gleich der Büttel war. Allein dagegen wehrten sich die Geistlichen der Stadt; die drei Capellane der drei Stadtkirchspiele traten zusammen bei dem Offizial, Herrn Johann Tagge, und dieser befahl darauf, daß man die Leiche auf keinem geweiheten Kirchhofe begraben solle, damit der Büttel, so wie er im Leben mit den anderen Christen keine Gemeinschaft durch die Sacramente gehabt habe, so auch im Tode keine Gemeinschaft mit einem Christen haben solle. So wollten sie ihn nur auf ungeweihetem, offenem Felde begraben.
Das that Vielen leid, die ihn gern in geweiheter Erde gesehen hätten. Sie wußten aber nicht, wie sie zu ihrem Wunsche gelangen sollten. Da kamen auf einmal des Nachmittags um zwei Uhr zur Vesper die grauen Mönche in die Büttelei. Sie kamen mit allen ihren Brüdern, und zogen ihm eine graue Kappe an, so wie sie selbst trugen, und holten ihn also nach ihrem Kloster. Sie sangen ihm vor und trugen ein Kreuz vor ihm her, wie bei jeder anderen christlichen Leiche. Vier Laienbrüder trugen ihn, und viel Volks folgte. Also trugen sie ihn in ihren Kreuzgang, allda begruben sie ihn, wie Einen von ihren Brüdern. So vermessen waren damals die grauen Mönche. Nach dem Verbote des Offizials fragten sie nichts, und sie erwiderten darauf: Wer ihr Kleid anziehe, der werde selig und nicht verdammt, das habe Franziscus von Gott gewonnen; - »vam Duvel, wert se menen,« setzt der evangelische Chronikant hinzu, dem diese Sage entnommen ist.
Vergleiche Stralsundische Chroniken, von Mohnike und Zober, S. 221. 222.
Die Volkssagen von Pommern und Rügen, J. D. H. Temme, Berlin 1840, Nr. 109

Der Teufel in der Nicolaikirche in Stralsund

Im Jahre 1528 lebte zu Stralsund eine Magd, so vom bösen Geiste besessen war. Sie war bisher immer eine stille und ordentliche Person gewesen; auf einmal aber, da sie eines Tages in der Küchen Kessel und Grapen von der Wand nehmen wollte, selbige zu scheuern, warf sie die herab auf die Erde, sah sehr gräulich, und rief mit lauter Stimme: Ich will heraus! Man vermerkte darauf die Gelegenheit, daß sie vom Teufel besessen wäre. Ihre Mutter nahm sie derohalben zu sich, und sie wurde etliche Male auf einem Schlitten in die St. Nicolauskirche geführt, den bösen Geist von ihr auszutreiben. Wann die Predigt beendigt war, ward er beschworen. Da befand es sich denn aus seiner Bekenntniß, daß die Mutter der Magd einmal auf dem Markte einen frischen sauren Käse gekauft, den sie in den Schrank gesetzt hatte. Die Magd war in Abwesenheit ihrer Mutter an den Schrank gekommen, und hatte von dem Käse ein gut Theil gegessen. Als nun nachher die Mutter das gesehen, hat sie demjenigen, der bei dem Käse gewesen, den bösen Geist in den Leib geflucht. Von Stund' an hat dieser in der Magd hausgehalten.
Nun war es sonderbar, daß die Magd seither zum heiligen Abendmahl gegangen war. Als man den Teufel hierüber befragte, hat er zur Antwort gegeben: Es liege wohl manchmal ein Schalk unter der Brücke und lasse einen frommen Mann über sich hingehen; während die Magd das Abendmahl genossen, habe er ihr unter der Zungen gesessen.
Selbiger böser Geist konnte lange Zeit nicht aus der Magd herausgebannt werden. Denn obzwar er viel von dem Prediger beschworen wurde, auch männiglich in der Kirche auf die Knie gefallen und fleißig und andächtig gebetet, so hat er doch mit dem Austreiben nichts als Spott und Kurzweil getrieben. So hat er oft gesagt: Ja, er wolle weichen, er müsse auch wohl räumen; aber er hat allerlei gefordert ihm zu erlauben, daß er es mitnehmen dürfe; wann ihm dann nun das Eine abgeschlagen wurde, so hatte er gleich das Andere bei der Hand. Es stand Einer in der Kirchen, der den Hut aufbehalten hatte; da forderte er von dem Prediger, daß er den Hut dem Menschen vom Kopfe nehmen und mit sich führen dürfe. Aber der Prediger trug mit Recht Sorge, wenn er ihm den Hut gestattet, so hätten mit dem Hute auch Haut und Haar davongehen müssen. Letztlich aber, als er vermerkte, daß seine Zeit verflossen, und unser Herr Gott das Gebet der Leute gnädiglich erhöret, forderte er spöttisch eine Scheibe aus dem Fenster über der Thurmuhr. Die wurde ihm verstattet, und nun sah man alsbald, wie mit einem großen Klange die Raute sich aus dem Fenster gelöset, und mit dem Teufel davon geflogen ist. Nach der Zeit hat man nichts Böses weiter bei der Magd verspüret, welche auf einem Dorfe einen Mann bekommen, von dem sie viele Kinder gezeuget.
Gastrow Lebensbeschreibung, Th. I. S. 71-74.
Die Volkssagen von Pommern und Rügen, J. D. H. Temme, Berlin 1840, Nr. 111


Der Blutregen in Stralsund

Am 16ten Junius des Jahres 1597 fiel in und bei der Stadt Stralsund über Nacht ein starker Blutregen. Man fand am anderen Morgen, besonders in etlichen Gärten vor dem Frankenthore, die Bäume, Kräuter, Laub und Gras mit dicken Blutstropfen bedeckt, und da wo kein Gras gestanden, die Erde mit Blut besprengt und gefärbt. Auch ein Bettkissen, welches über Nacht in einem Garten liegen geblieben war, fand man voller Blutstropfen, und als man die auswaschen wollte, zertheilten sie sich in kleine Kreuze, so aus dem Zeuge nicht herausgingen. Das Merkwürdigste aber war, daß die Fischer aus dem Grunde des Wassers Steine heraufzogen, auf denen Blutstropfen waren, die also nicht einmal von dem Wasser, darin sie gelegen, hatten können abgespült werden.
Am 3. Juli desselben Jahres regnete es abermals Blut in Stralsund.
Zum Glück hat man keine Bedeutung dieser schrecklichen Zeichen verspüren können.
Cramer, Gr. Pomm. Kirch. Chron. IV. S. 98.
Wahrhafftige erschreckliche newe Zeitung und Geschichte, so sich ausser und in der Stadt Stralsundt dieses jetztlauffendenden 97. Jahres der minderzall zugetragen und begeben. Als das es zu unterschiedlichen malen Blut und Schwefel geregnet, auch Fewer vom Himmel auff St. Marien Kirche daselbst gefallen etc. Gryphißwaldt, gedruckt durch Augustin Ferber, Anno M.D.XCVII.
Die Volkssagen von Pommern und Rügen, J. D. H. Temme, Berlin 1840, Nr. 112

Der Blutregen in Stralsund

Am 16ten Junius des Jahres 1597 fiel in und bei der Stadt Stralsund über Nacht ein starker Blutregen. Man fand am anderen Morgen, besonders in etlichen Gärten vor dem Frankenthore, die Bäume, Kräuter, Laub und Gras mit dicken Blutstropfen bedeckt, und da wo kein Gras gestanden, die Erde mit Blut besprengt und gefärbt. Auch ein Bettkissen, welches über Nacht in einem Garten liegen geblieben war, fand man voller Blutstropfen, und als man die auswaschen wollte, zertheilten sie sich in kleine Kreuze, so aus dem Zeuge nicht herausgingen. Das Merkwürdigste aber war, daß die Fischer aus dem Grunde des Wassers Steine heraufzogen, auf denen Blutstropfen waren, die also nicht einmal von dem Wasser, darin sie gelegen, hatten können abgespült werden.
Am 3. Juli desselben Jahres regnete es abermal Blut in Stralsund.

Zum Glück hat man keine Bedeutung dieser schrecklichen Zeichen verspüren können.

Cramer, Gr. Pomm. Kirch. Chron. IV. S. 98.
Wahrhafftige erschreckliche newe Zeitung und Geschichte, so sich ausser und in der Stadt Stralsundt dieses jetztlauffendenden 97. Jahres der minderzall zugetragen und begeben. Als das es zu unterschiedlichen malen Blut und Schwefel geregnet, auch Fewer vom Himmel auff St. Marien Kirche daselbst gefallen etc. :Gryphißwaldt, gedruckt durch Augustin Ferber, Anno M.D.XCVII.
Die Volkssagen von Pommern und Rügen, J. D. H. Temme, Berlin 1840, Nr. 112

Der Stralsunder Ratskutscher

Im 16. Jahrhundert war es üblich,daß sich die Bürgermeister, unter deren Leitung die Bauausführungen am Rathaus standen an diesem Gebäude mit ihren Wappen verewigten.
In der Zeit leistete sich die Stadt eigene Kutscher.
Ein solcher Stadtkutscher beförderte eines Tages einen Ratsherrn zum deutschen Kaiser nach Wien. Dort angekommen, hatte er genug Zeit, die Stadt besser kennen zu lernen.
Er beobachete wie ARtillerisen sich umsonst bemühten, mit 18 Pferden ein Geschütz direkt auf den Berg hinauf zu befördern.
Er schloß eine Wette ab, das er es mit seinen vier Pferden schaffen würde.
Dies gelang ihm, indem er auf der einen Seite des Geschützwagens ein kleineres Rad aufzog und das Geschütz in Windungen um den Berg herumzog.
Die Wette war gewonnen.
Diese Geschichte sprach sich bis zum Kaiser herum, der den Stadtkutscher zum kaiserlichen Leibkutscher ernennen wollte.
Der jedoch lehnte mit der Begründung ab, lieber 24 als nur einem Herrn zu dienen.
Ein einzelner Dienstherr könne eben schneller entlassen als viele.
Zur Erinnerung an den Stadtkutscher wurde nun dessen vom Kaiser verliehenes Wappen, der Pferdekopf mit dem goldenen Geschirr im Rathausdurchgang angebracht.

WEH ÜBER POMMERLAND!

Es war im Jahre 1624, da ward in Lüften eine seltsame Stimme gehört, die rief: Weh! weh über Pommerland! Weissagende Vögel erschienen, schneeweiß, von Farbe, nicht größer wie Schwalben, und wurden von mehreren Leuten gesehen und gehört. So vernahm eines Leinewebers Frau auf dem Wege von Kolbatz nach Selov eine warnende Vogelstimme. Und das Weh über Pommerland hat nicht auf sich warten lassen, der bereits damals entbrannte Dreißigjährige Krieg brachte des Wehs genug und mehr als zuviel. Mit hunderttausend Mann zog Wallenstein nach Stralsund und schwur, er wolle und müsse diese Stadt und Festung gewinnen, und wenn sie mit Ketten an den Himmel geschlossen wäre. Und obschon er sie damals nicht gewann, so ward doch das Land ringsumher verderbt in Grund und Boden, und späterhin, im Jahre 1678, wurde Stralsund in einem andern Kriege innerhalb achtzehn Stunden durch Bomben entzündet, eingeäschert und erobert.
Ludwig Bechstein, Deutsches Sagenbuch, Leipzig 1853

Wallensteins Weinglas

Der Friedländer, nachdem er mit seinen großen Heeren das ganze nördliche Deutschland überzogen hatte, und das Glück ihm überall günstig gewesen war, faßte, wie männiglich bekannt, in seinem Uebermuthe den Plan, sich an der Ostsee ein eignes Reich zu stiften, in welchem er, unabhängig von Kaiser und Reich, als König regieren wollte. Dazu war ihm ganz besonders daran gelegen, die mächtige und reiche Stadt Stralsund zu besitzen. Er verlangte daher zuerst hinterlistiger Weise von der Stadt, daß sie Soldaten von ihm einnehmen solle. Das verweigerten die Stralsunder, und der Herzog zog nun mit einer großen Kriegesmacht vor die Stadt, um sie mit Gewalt einzunehmen. Er schwur in seinem Zorne, daß von der Stadt Stralsund nichts übrig bleiben solle, und wenn es ihm auch hunderttausend Mann und sein eignes Leben kosten solle, und er müsse sie haben, wenn sie auch mit Ketten an den Himmel geschlossen wäre. Mit solchen Schwüren kam er am 27. Juni 1628 vor der Stadt an. Er legte sein Hauptquartier in das Hainholz, und ließ noch denselben Tag Sturm laufen. Allein die Stralsunder hatten Hülfe von den Dänen und Schweden bekommen, und wehrten sich so tapfer, daß die Kaiserlichen nichts ausrichten konnten. Auf einen Tag verloren sie 500 Mann, und auf einen andern sogar 1500. Da wurde der Herzog immer zorniger, und er verschwor sich, daß er den König von Schweden mit Ruthen aus dem deutschen Reiche jagen wolle, und wenn er die Stadt bekomme, so wolle er des Kindes im Mutterleibe nicht schonen.
In solchen Schwüren saß er eines Tages in seinem Gezelte, welches im Hainholze unter einer Eiche errichtet war. Um ihn saßen seine Generale und Offiziere, und er hatte gerade ein Glas mit Wein in der Hand, und wollte dasselbe zum Munde führen; da kam auf einmal eine Paßkugel aus der Stadt, die das Glas traf, und es ihm vor dem Munde in tausend Stücke zerschlug. Das ist ihm ein Zeichen gewesen, daß er hier solle zu Schanden werden, und daß er gegen Stralsund seine Drohungen nicht ausführen könne. Er brach daher sein Lager straks auf, und zog nach Mecklenburg zurück, nachdem er 12,000 Mann vor der Stadt verloren hatte.
Die Eiche, unter welcher das Zelt des Herzogs gestanden, und unter welchem ihm Jenes passirt, steht noch, und es liegt jetzt zum Andenken der Begebenheit ein Stein an der Stelle. Auf diesem wird alljährlich am 24. Julius, als an welchem Tage der Friedländer abzog, und die Stralsunder das Wallensteinsfest feiern, lustig und fröhlich von den jungen Bürgern und Jungfrauen der Stadt getanzt.
K. Lappe, Pommerbuch, S. 39 bis 41, und mündlich.
Die Volkssagen von Pommern und Rügen, J. D. H. Temme, Berlin 1840, Nr. 106

Der Teufel auf dem Tanzboden

Es hatte sich seit langen Zeiten der Teufel in leibhafter Gestalt auf der Erde nicht wieder sehen lassen; die Leute sagen, weil er desto mehr unter anderen Gestalten umhergehe. Vor einigen Tagen hat man ihn aber doch wieder einmal ordentlich als Teufel erblickt. Es war nämlich vor einigen Wochen, im März des Jahres 1839, als ein Bauernmädchen, die des Morgens zum heiligen Abendmahle gewesen war, desselbigen Abends auf einen Tanzboden in der Nähe von Stralsund ging, und dort anfing zu tanzen, ohne der heiligen Handlung vom Morgen her noch eingedenk zu seyn. Da kam auf einmal ein Fremder zu ihr, der sie zum Tanz aufforderte, und wie sie dem zusagte und mit ihm tanzte, da konnte sie nicht wieder zum Aufhören kommen; denn der Fremde riß sie mit sich herum, daß ihr das Hören und Sehen verging, und ihr zuletzt das Blut aus Mund und Nase stürzte. Die Musikanten am Spieltische hatten schon lange bemerkt, daß es mit dem unheimlichen Tänzer nicht richtig sey, denn sie sahen deutlich den Pferdefuß, mit dem er herumsprang. Aber sie wagten vor Angst nichts zu sagen. Als jedoch das Mädchen am Ende todt hinfiel, und nun auf einmal der Tänzer ohne alle Spur verschwunden war, da erkannten Alle, daß sie den Teufel, der sich sein Opfer geholt, einmal wieder in seiner leibhaften Gestalt mit dem Pferdefuße gesehen hatten.
Vgl. Stralsunder Sundine v. 3. April 1839.

Das Pathengeschenk

In der Gegend von Stralsund lebte einstmals eine fromme Frau. Als die eines Abends gerade in der Postille las, klopfte es an ihre Thür, und es trat ein ganz kleines Fräuchen herein. Das war eine Kindtaufbitterin der Unterirdischen, und ladete die fromme Frau zur Kindtaufe ein. Diese erstaunte zwar darüber, sagte aber endlich zu, und das fremde Weiblein versprach darauf, sie abzuholen. Nach ein paar Tagen kam die Unterirdische wieder und holte die Frau ab. Sie führte diese aber nicht aus dem Hause, sondern durch die Hofthüre in ihren eigenen Kuhstall, und dort ging sie mit ihr eine Treppe hinab, welche die Frau vorher noch nie gesehen hatte. So kamen sie in ein schönes Gemach, wo viele Unterirdische waren, und die Kindtaufe gehalten wurde. Als diese vorbei war, gaben alle die unterirdischen Frauen der Kindbetterin ein Pathengeld. Daran hatte die fromme Frau aber nicht gedacht, und sie hatte nichts bei sich. Sie wollte sich darüber sehr entschuldigen, aber die Unterirdischen sagten ihr, das schade nichts; sie baten sie dagegen, daß sie doch den Kuhstall verlegen möge, indem die Jauche ihnen gerade auf ihren Tisch komme. Das versprach die Frau, und sie waren darüber sehr froh. Die Frau hat auch ihr Versprechen gehalten.
Mündlich.
Die Volkssagen von Pommern und Rügen, J. D. H. Temme, Berlin 1840, Nr. 220

Die arme reiche Frau

Vor vielen Jahren lebte in der Stadt Stralsund ein Kaufmann und Rathsverwandter, Namens Wolf Wolflamm. Derselbe war so reich, daß man seines Gleichen an der See nicht gefunden hat. Aber er war auch hochmüthig und verschwenderisch, also daß er eine Schaubank von Silber hielt, und an seinem Brauttage von seinem Hause bis zur Kirche das feinste englische Tuch auf die Straße legen ließ, und darauf zur Kirche ging. Besonders aber hat sein Weib sich herlich gehalten, und weit mehr als ihrem Stande gemäß. Dafür traf sie der Zorn des Himmels. Denn nachdem ihr Mann Wolf Wolflamm in seinem Reichthum gar zu übermüthig und trotzig geworden und deshalben in einem Streit von Einem von Zaum auf dem Kirchhofe zu Bergen in Rügen erschlagen war, wurde sie so zerrsam und liederlich und ergab sich aller Art der Verschwendung und Völlerei, daß sie Alles durchbrachte, bis auf eine silberne Schale. Diese hat sie nicht verkaufen wollen, damit sie doch etwas von ihrem vorigen Glanze und Vermögen behielte. Mit dieser Schale hat sie zuletzt müssen betteln gehen, bis sie in dem größten Elend und Armuth verstarb. Bei dem Betteln hat sie die Worte im Gebrauch gehabt: Man solle der armen reichen Frau doch um Gotteswillen ein Stück Brod geben. Darum hat sie solchen Namen erhalten. Sie soll gewohnt haben bei dem alten Markte, in dem Hause, da vor vielen Jahren noch der gemalte Gang an das Haus gebaut war. Man sagt auch von ihr, daß sie nur das feinste und weichste Rigaische Flachs auf dem heimlichen Gemache gebraucht habe. Wie sie nun in ihr großes Elend gerathen war, da hat sie einstmals ihre frühere Dienstmagd um Gotteswillen angerufen, sie möge ihr Leinentuch zu einem Hemde schenken, indem sie ein solches nicht mehr auf dem Leibe gehabt. Die Magd hat ihr dasselbe auch gebracht, dabei aber gesagt: Sehet Frau, das Garn, davon dieses Leinen gemacht, habe ich von dem Flachs aufgehoben, das Ihr so sündhaft auf dem Gemache zu brauchen pflegtet.
Th. Kantzow, Pomerania, I. S. 451.
Micrälius, Altes Pommerland, I. S. 276.
Cramer, Gr. Pomm. Kirch. Chron. II. S. 82.
Sastrow Lebensbeschreibung, I. S. 104.
Die Volkssagen von Pommern und Rügen, J. D. H. Temme, Berlin 1840, Nr. 114


Die Straßenbeleuchtung in Stralsund

Die Straßen der Stadt Stralsund, die doch zum großen Theil finster und enge genug sind, wurden in früheren Zeiten auch an den dunkelsten Abenden nicht erleuchtet, und das Schlimmste war, daß die Leute, wenn sie des Abends ausgingen, auch nicht einmal Laternen mitnahmen. Solches Unwesen wollte der Prinz von Hessenstein, als derselbe General-Gouverneur von Stralsund geworden war, nicht ferner dulden. In Gutem konnte er nichts ausrichten; er befahl daher, daß Jeder, der nach Sonnenuntergange auf die Straße gehe, eine Laterne bei sich tragen solle, wenn es auch heller Mondschein sey; wer dem Befehle zuwider handele, solle auf die Wache gebracht werden. Die Stralsunder wollen aber schon seit uralten Zeiten sich nur von ihrem Rathe befehlen lassen, und weil der General sich an diesen nicht gewandt hatte, so war der Erfolg, daß zwar alle Leute mit Laternen gingen, aber kein Licht darin hatten. Nun befahl der General, man solle mit Laternen gehen, und auch ein Licht darin haben. Auch dies geschah pünktlich, aber es hatte Keiner das Licht angezündet. Der erzürnte Fürst befahl darauf, daß man auch das Licht in der Laterne anzünden solle. Aber jetzt trugen die Leute ihre Laternen unter den Mänteln, oder sie steckten Lichterchen an, so klein, wie Johanniswürmchen, oder sie trieben sonst allerlei Spott, bis sich zuletzt der Rath ins Mittel legte.
Zöllners Reise durch Pommern und Rügen, S. 192. 193.
Die Volkssagen von Pommern und Rügen, J. D. H. Temme, Berlin 1840, Nr. 115

Apollonia und der Apollonienmarkt

Von Herkunft, Leben und Tod der hl. Apollonia von Alexandria gibt es verschiedene Versionen; alle aber sind sich darin einig, daß sie im 3. Jahrhundert das Martyrium erlitt, im Verlaufe dessen ihr alle Zähne ausgerissen oder ausgeschlagen wurden. Das hat sie zur Patronin aller an Zahnschmerzen Leidenden und der Zahnärzte gemacht. Bilder und Statuen der hl. Apollonia zeigen eine Zange, die meist auch noch einen Zahn hält.


9. Februar Apollonientag
Pommersche Bauernregel
Ist's an Apollonia feucht,der Winter sehr spät entweicht.
Februar-Tau bringt Nachtfrost im Mai.

Flurnamen auf der Stralsunder Feldmark

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