Aktuelle Chronologie und fortlaufende Chronik von Markgrafenheide

Aus Ortschroniken
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Aufgrund geografischer, topografischer, historischer, kultureller und administrativer Gegebenheiten in der Ortsgeschichte sind Differenzen, Parallelen, Überschneidungen insbesondere zu den Chroniken "Rostocker Heide" mit Heidedörfern wie z.B. "Hinrichshagen"und "Rövershagen"; sowie "Warnemünde", "Hohe Düne" und "Rostock" möglich. So gehörten zum Beispiel bis 1912 alle Heideortschafen der städtischen Rostocker Heide zu Rövershagen. Hinter den Dünen der Ostseeküste befand sich beim Taterhörn zwischen Markgrafenheide und Warnemünde bis dahin die westliche Ortsgrenze Rövershagens und bildete nach der Neuordnung dort zeitweise eine Enklave Rövershagens im heutigen Gebiet des Ortsteils Markgrafenheide.

Markgrafenheide in der Ur- und Frühzeit

Etwa 12000…6000 v.Chr.
Die letzte Eiszeit (Weichsel) formte die Landschaft der Warnowmündung an der Ostsee. Geschiebe der letzten Vorstöße hinterließen Findlinge wie z.B. den Schnatermannstein im Breitling, die später Grenzen und Orientierungspunkte markieren oder Sagen begründen. Die Warnow füllte die Niederungen zwischen Stoltera westlich und Rosenort östlich des heutigen Markgrafenheide. Es entstand eine dynamische Nehrungsküste mit Dünen, Haffen, Überflutungsmooren auf Mergel und Decksanden. Zwischen Inseln und natürlichen Dünen mündete die Warnow an zahlreichen Stellen in die Ostsee. Meeresströmungen, Wind und wiederkehrende Sturmfluten veränderten fortwährend den Küstenverlauf und die Küstenform.
Bodengeologische Untersuchungen des Rückstromdeltas im Bereich Rostocker Heide (in: O. Kolp: Die Nordöstliche Heide Mecklenburgs. Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1957) belegen Deltaarme der Warnow und Ur-Recknitz mit ausgebildeten Stromrinnen bei Torfbrücke, Moorhof und "Alter Mündung" (Krausesche Flurnamenkarte 1926) und eine Vereinigung zweier Teilströme westlich des heutigen Moorhofes. Uferlinien aus Mergel und Kiesen deuten auf die postglazialen Flussläufe, des weiteren wurden "Geschiebemergelsporne" bei Markgrafenheide ("Lehmkuhl"?) nachgewiesen. Feinkörnige, steinfreie Sande im Untersuchungsgebiet, aus Windverlagerung bzw. überwiegend aus Flusssanden stammend, überlagern z.T. Mergelschichten. Südlich des heutigen Markgrafenheide wird ein weiterer Mündungsarm (etwa Stankgraben nördliche Uferlinie Radelsee), welcher nach dem Trockenfallen von Dünensanden überdeckt wurde, vermutet.
Um etwa 5000 v.Chr.
sind sporadische steinzeitliche Niederlassungen nachweisbar, u.a. an der Hundsburg, einer Insel der Unterwarnow bei Schmarl. Der Hügel wird als Zufluchtsort charakterisiert, ohne Bewirtschaftungs- oder Besiedlungshinweise (in: Hansestadt Rostock: Die Hundsburg, geschützter Landschaftsbestandteil, Informationsblatt). Da die Hundsburg nur auf dem Wasserweg erreichbar ist, können bereits eine steinzeitliche Schifffahrt mit weiteren Anlandestellen im Gebiet der Unterwarnow und ggf. küstennahe Fahrten angenommen werden.
Fundorte steinzeitlicher Werkzeuge z.B. Nähe Rosenort können als temporär genutzte Plätze streifender Jäger (Zerlegeplätze) oder als Fundstellen für nutzbare Materialien wie Flintsteine zur Herstellung von Pfeilspitzen, Steinbeilen oder Schabern interpretiert werden.
Ab etwa ca. 600 v.Chr.
erfolgte die eisenzeitliche Besiedlung der südlichen Ostseeküste. Es gibt jedoch nur Einzelnachweise menschlicher Besiedlung im Gebiet der Unterwarnow im 1.-5. Jhdt, nach Einschätzung der Wissenschaft wird das Sumpfgebiet des breiten Rückstromdeltas der Warnow eher gemieden. Die spätere expandierende Besiedlung der Unterwarnow erfolgte vermutlich von See her (in: A. Leube: Siedlungsforschung, Ausgabe 15/1997).
um 100 v.Chr.
sog. "Teutonenflut" mit erheblichen Auswirkungen auf Gestalt und Verlauf der Ostseeküste.
"Die größte und nachtheiligste Überschwemmung welche die Heide erlitten ist allem Anschein nach diejenige welche man die Teutonische Wasserfluth nennet und vor etwa hundert Jahren vor Christi Geburt einen bedeutenden Theil der Ostseeküste überströmet und vom Lande einen beträchtlichen Strich zwischen Femern und Darß, also auch von unserer Heide abgerißen und zu Meeresboden, Femern aber zur Insel gemacht hat. Es veranlaßte diese Fluth die damaligen Bewohner Mecklenburgs zur Auswanderung." (H.F.Becker: Die Chronik von den Waldungen der Stadt Rostock, 1839)

Markgrafenheide im Mittelalter (bis 1200)

Die slawische Besiedlung der Warnow bei Kessin (Kyßin) und Werkstätten an der Unterwarnow aus dem 8./9. Jhdt. n.Chr. mit Nachweis eines entwickelten Schiffbaues am Primelberg bei Dierkow lassen den Schluss zu, dass das Gebiet der Warnowmündungen und der südlichen Ostsee auf dem Wasserweg erkundet gewesen sein dürfte.
Am Rosenort soll an der östlichsten der Warnowmündungen eine slawische Siedlung bestanden haben, die von R. Beltz archäologisch nachgewiesen wurde.
Über die Anlage eines slawischen Kult- und/oder Begräbnisplatzes zwischen heutigem Hinrichshagen und Markgrafenheide wird berichtet."...zur linken der breiten Schneise in der Steinheide einst beim Ausbrechen von Felsblöcken (Anm. des Verf.: gemeint sind Findlinge) ein Heidenkirchhof gestört, den Gefundenen Gräthen nach aus der letzten Wendenzeit" (in: Dolberg, Ludwig: Eine Küstenwanderung von der Warnow bis Wustrow durch die Rostocker Haide, Grahl, Müritz, Dändorf und Dierhagen wie das Fischland ; nebst einer Tafel noch nicht veröffentlichter Hausmarken; Ribnitz : Biscamp, 1885).
Die Expansion seefahrender dänischer Herrscher an die südliche Ostseeküste (u.a. 1159 brandschatzt Dänenkönig Waldemar Rosztoc) und die Entwicklung mehrerer Teilstädte des späteren Rostock (mit priviliegierten Handelsbeziehungen im Ostseeraum) legen die Annahme regen Schiffsverkehrs an den Warnowmündungen nahe.
"Vor Einführung der christlichen Religion bestand Mecklenburg aus einem großen Walde, von welchem einzelne Stellen zur Ackercultur vom Holze gereinigt waren..." (in: H.F.Becker: Chronik von den Waldungen der Stadt Rostock, 1839).
Die nordöstliche Mecklenburger Heide ist, mittelalterlich üblich, Allmende der Rostocker, also im Recht des Gemeingebrauchs als Weide und als Früchte-, Wild- bzw. Holzlieferant. Hieraus dürfte sich bereits eine Erschließung des Heidegebietes vom Breitling her mit (noch ungeordneten) Wegen, Umschlagstellen und zumindest Bootsanlegern ableiten lassen.
In den Wäldern nordöstlich des Breitlings, die später Teil der Rostocker Heide werden, ist die Waldmast, also die Haltung von Großvieh wie Rindern und vor allem Schweinen, gebräuchlich. Die Waldmast war neben der Holzwerbung der wichtigste Zweig der Waldnutzung (Th. Rudert: "die Frühneuzeitliche Grenze als Lebenswelt" am Bsp. der Grenze Pommern zu Mecklenburg im 15.u.16.Jhdt; pers. unveröff. Exemplar des Verf., und H. Waldhäuser: Die Rostocker Heide, um 1910).
1159; 1160
Der Wiederaufbau Rostocks (Altstadt "an der Grube") durch Pribislaw II. nach 1160 führte vermutlich zu ersten größeren, organisierten Holzlieferungen aus der Heide (H.F.Becker: Chronik von den Waldungen der Stadt Rostock, 1839).

Markgrafenheide im Spätmittelalter bis zur Reformation (um 1200 bis 1517)

1252 erneuter Stadtbrand in Rostock
"Burwings oder Heinrichs III Schatzkammer scheint durch den Bau der Burg ziemlich angegriffen gewesen zu sein, sein Wille aber zu helfen sehr gut. Die Stadt mußte sich durch eigene Kräfte aufrichten und konnte dies auch da außer den geretteten Baarschaften es ihr nicht an Credit auf Hypothek fehlte. Das erste Bedürfnis war Bauholz, hier wurde mit dem Fürsten verhandelt und da es vorteilhafter schien einen Wald zu kaufen als einzelne Bauholzstücke..." (in: H.F.Becker: Chronik von den Waldungen der Stadt Rostock, 1839)
1252, 25. März Borwin III., Fürst von Rostock, bestätigt der Stadt Rostock das Privilegium Borwin´s I.
betreffend die Bewidmung der neu angelegten Stadt Rostock mit dem Lübischen Rechte vom 24. Juni 1218 und verkauft der Stadt die Rostocker Heide für 450 Mark wendischer Pfennige, verzichtet auf seine Rechte an den im Hafen der Rostocker gestrandeten Schiffen, verheißt den freien Verkehr vorbehaltlich des fürstlichen Zolles nicht zu stören, verleiht die Fischereigerechtigkeit für die Unterwarnow und das Stadtrecht für die Markscheide der Rostocker.

Die Urkunde regelt mit wenigen Worten den Verkauf des Gebietes, die betroffenen Dörfer, die Grenzziehung und den Kaufpreis. Des weiteren die Unterwerfung der erworbenen Länderei unter städtisches Recht. Zudem gewährt die Urkunde den Rostockern das Fischereirecht auf der Unterwarnow und den Fürsten das Recht zur Fortsetzung der Waldmast von Schweinen in der Heide.

Sie regelt den Durchfahrtzoll und Schifffahrtsrecht zum Rostocker Hafen, und den Verzicht der Fürsten auf Eigentumsrecht an Schiffbruch und Strandgut. Diese Inhalte ergeben nur dann Sinn in einer so bedeutenden Urkunde, wenn auf der nunmehr Rostocker Heide Schifffahrtswege und Hafenanlagen gelegen waren, und zwischen Heide und Stadt Rostock fürstliches Gebiet, einschließlich des bis 1323 fürstlichen Ortes Warnemünde, zu durchfahren war, und somit dauerhafter Regelungsbedarf bestand.

Das Gebiet der Rostocker Heide wird westlich begrenzt durch "an der Meeresküste entlang bis zum östlichen Ufer oder dem Wasser des Flusses von Warnemünde... (Übersetzung aus dem Latein der Originalurkunde 1252; in: Hansestadt Rostock, R. Dohm: Die Rostocker Heideurkunde, Hrsg. Stadtarchiv 2002). Hier bezieht sich die Urkunde also ausdrücklich auf eine bekannte Unsicherheit, nämlich der des natürlichen, veränderlichen Verlaufs der Warnow und ihrer Mündungen an der Meeresküste.

In der Urkunde finden sich erste Hinweise zur Entstehung des Ortsnamens.

Für das Gebiet des heutigen Markgrafenheide läßt sich ab etwa dem 13. Jhdt. ein topografisches, navigatorisches, herrschaftliches-fiskalisches und wirtschaftliches Interesse belegen. Hinweise auf stabile Dauersiedlungen finden sich jedoch noch nicht, was durchaus mit der gefährlichen und z.B. für Acker- und Siedlungsbau widrigen Küstendynamik erklärt werden kann. Aber auch die zum Eigentümer Stadt Rostock entfernte und von mecklenburgischen sowie dänischen Lehen umgebene und damit schwer zu verwaltende oder verteidigende Lage könnte dafür ein Grund sein. " Es mag zuweilen bunt genug dabei hergegangen seyn, allein es traten zu viele wichtigere Gegenstände ein, welche die Waldungen zu Nebensachen machten. Äußere und innere Kriege mit Dänemark, den Sachsen, den Herzögen, und zwischen Rath und Bürgerschaft..." (in: H.F.Becker: Chronik von den Waldungen der Stadt Rostock, 1839)

1276 Bestätigung der Kaufurkunde durch Waldemar das Kind, Fürst zu Rostock
1307, 1. November Allerheiligenflut
Die Sturmflut mit über 3,30m üNN am Allerheiligentag ergießt sich auch über das Markgrafenheider Gebiet, planiert die Küstendüne und verschüttet (zeitweise?) die zwischen Radelsee und Taterhörn befindliche Warnowmündung.
1311, 1312 König Eriks Heerfahrt
Konflikt der Stadt Rostock und des Wendischen Städtebundes mit Dänenkönig Erik Menved und dessen slawisch-mecklenburgischen/brandenburgischen Verbündeten. Befestigungen der Warnowmündung(en) mit Durchfahrtsperren und Türmen, erst hölzern, dann mit Mauerwerk, wechselseitige Eroberungen, Belagerungen und Besitzer. Entstehung der Legende zur Danskeborg und des Mythos vom Markgrafen Waldemar von Brandenburg als vermeintlichen Namensgeber des Ortes.

Zur Lokalisation der Befestigungsbauten in und am Warnowfluss gibt es zahlreiche neuzeitliche Interpretationen, mit Schwerpunkt der 20er und 30er Jahre des 20.Jhdt (u.a. K. Voß, L. Krause; E. Dragendorff, W.J. Schröder, L. Fiesel, P. Babendererde) sowie Ende 20./Beginn 21. Jhdt. (K. Steusloff, W. Steinmüller). Eine Lage der Schlachtfelder an der Warnowdurchfahrt im Bereich Stankgraben/Ausfluss Radelsee mit dem Flurstück "Vierraden" als Synonym für die beschriebene viertürmige Burg, einem auffälligen Dammquerschnitt im Verlauf der Gründung der Chaussee an benachbarter Stelle und damit im Gebiet heutigen Ortes Markgrafenheide ist möglich.

1322, 1323 Fürst Heinrich der Löwe von Mecklenburg
Nach König Erik Menveds Tod 1319 trat der mecklenburgische Fürst Heinrich (der Löwe) in den Besitz des Lehnsgebietes Warnemünde und der Danskeborg als Entschädigung für seine Kriegsdienste zugunsten der Dänen. 1323 gingen das Dorf Warnemünde und der östliche Teil des Breitlings an die Stadt Rostock zur Finanzierung der Kriegsschulden Heinrichs. Die Danskeborg wird unverzüglich abgerissen.
Erneute Bestätigung der Kaufurkunde der Rostocker Heide
1325 Einrichtung des Kämmereiregisters der Heidedörfer
in Bearbeitung, Fundstelle: Dolberg, Ludwig: Eine Küstenwanderung von der Warnow bis Wustrow durch die Rostocker Haide, Grahl, Müritz, Dändorf und Dierhagen wie das Fischland ; nebst einer Tafel noch nicht veröffentlichter Hausmarken; Ribnitz; Biscamp, 1885).
14.Jhdt Rodungen und Entstehung der Hagendörfer durch Ackerbau
"Es ist sehr natürlich, daß man nach dem Ankauf (Anm.OS: der Heide 1252, oder ggf. spätestens 1323. s.o.) das Holz welcher der Stadt am nächsten stand, zuerst wegräumte, den Boden aber der Getreide – Cultur übergab. Es entstanden auf diese Art mehrere Dörfer, als Studthof, Jürgeshof, Purkshof und beim Dorf Rövershagen, welches ganz im Eichenwald lag, vergrößerte die Äcker, Gärten und Koppeln. Im Walde selbst wurden später Müggenburg und Markgrafenheide mit Acker versehen... Auf gleiche Art entstanden die Wiesen." (H.F.Becker: Die Chronik von den Waldungen der Stadt Rostock, 1839)
1463 Pestepedemie in den Städten des Wendischen Städtebundes, darunter in Rostock

Von der Reformation bis zum 30jährigen Krieg (1517 bis 1648)

Gegen Ende des 16.Jhdt. sind diverse Aktivitäten zur Erkundung, Erschließung und vermutlich auch (zeitweise Dauer-)Besiedlung des heutigen Ortsgebietes zu verzeichnen. Wesentliche Belege dafür liefern: Der Bau des Moorgrabens, der Kontrakt der Stadt mit Johann Thor Balcken und die Bestellung des Jägers Jürgen Brand(t). Eine Ortsgründung wird vermutet, ist jedoch noch nicht belegbar oder herzuleiten.

1518 Ausbruch der Pest in Rostock
1565 Erneuter Ausbruch der Pest in Rostock
1579 Wanderung des Nathan Chyträus
Der Rostocker Universitätsprofessor, Philosoph und Dichter Nathan Chyträus wandert zu botanischen Erkundungen 1579 vermutlich ab Stuthof, wo er mit dem Boot anlegte, in nordöstlicher Richtung, um "nach wenigen Schritten … in Sumpf und Morast (zu) geraten… welche die Warnow hier, da sie häufig austritt, gebildet… Während man sich danach von Schmutz und Pflanzen reinigte, zeigte sich zu unserem Schrecken vor uns schon wieder ein Sumpfloch. Jeder Schritt entlockte dem Boden stinkende Gase… … Über die Heide dann schleppten wir uns mit Mühe zum Hofe. Dort am Rande des Waldes, wo wieder die Warnow wir sahen…“.

Aus dieser Beschreibung ist zu entnehmen, dass Chyträus nebst Gefährten erst durch das Rückstromdelta und dann durch die Heide wanderte und es am Ende seiner Wanderung bereits einen Hof gab, wo sich ein Warnowufer am Waldrand befand. Dies deutet auf Rosenort hin, es ist aber auch nicht ausgeschlossen, dass er im Kreis zurück nach Stuthof lief. Immerhin "nicht Bescheid wußt` der Führer, stets falsche Wege zeigte er..." (zit. aus: W. Steinmüller. Heidegeschichten. Riedieck&Schade 2002)

Anm. OS: Inwiefern diese Wanderung in einem sachlichen Zusammenhang mit den Plänen zum Bau des Moorgrabens stehen, harrt noch der Aufklärung. Wenn dieser Zusammenhang besteht, könnte die botanische Wanderung des Nathan Chyträus die erste beschrieben Exkursion für eine "Umweltverträglichkeitsprüfung" eines Eingriffs in Natur und Landschaft gewesen sein.

1579 , 14. März Ratsprotokoll zum Bau eines "Graffen", dem Moorgraben
Der verordnete Bürger J. Barchmann aus Müggenburg initiiert beim Rat den Bau eines Kanals (bezeichnet als "Graffen") in die Heide "zum Besten der Stadt".

Hier dürfte es um die Verbindung des Radelsees Richtung Hütelmoor, aber noch nicht bis Stinkengraben (erst 1760) gehen, da der Radelsee über die Kleine Radel mit dem Breitling bereits schiffbar verbunden war.

Ein solches Vorhaben dürfte über längere Zeit viele Arbeitskräfte, Zugtiere, Geschirr und Hausrat benötigt haben, so dass man dafür eine Versorgungslinie und dauerhafte Gebäude errichtet haben müsste. So erwähnt das Ratsprotokoll auch "einen Hof in der Heide". Erwähnt werden Arbeiten, den Grassodenabstich und den Aushub zum Dünenbau zu verwenden. Der Vorarbeiter Claus Jendrick hatte "viel Volk", darunter "sodenstecker" und "grewer" beschäftigt. Bauern übernahmen den Transport des Aushubs.

Die Ratsherrn Heine und Bürgermeister Gerdes treten als Investoren dieses Projektes in Erscheinung, obwohl der Rat das Vorhaben von Barchmann zunächst abgelehnt hatte. 1587 soll der Moorgraben fertiggestellt gewesen sein und wegen des Nutzens durch Bereitstellung und den Transport u.a. von Baumaterial (Soden, Sand und "Wasen" für Faschinen, die könnten aus Waesen=Espen vorgefertigt worden sein) für das "Einfangen" des Neuen Tiefs auch ertragreich, so dass Gerdes und Heine von der Stadt wie vereinbart entschädigt wurden. Auch werden Pflanzungen von "Pradtwiden" (Anm. OS: wohl Widen=Weiden, Bruchweiden wurden als bevorzugte Baumart auf sickernassen Standorten, zudem selbstvermehrend über Stecklinge aus "Bruch" zur Damm- und Deichbefestigung verwendet) durch Andreas de Greuer erwähnt. (In.: K. Voß: Geschichte des Rostocker Hafens, 1927).

1585, 25. November Pachtvertrag des Bürgermeisters und Rates der Stadt Rostock mit Johann Thor Balcken; Urkundliche Ersterwähnung der Bezeichnung "Markgrafen Heide"
Der Kontrakt mit Johann Thor Balcken beauftragt diesen, die Haffdünen auszubessern, den Breitling mit "Wasen" zu befestigen und das Neue Tief zu sichern.

Der in heutiger Erzählung Thor Balcken zugewiesene Auftrag und Begriff "Wasenwärter" findet sich jedoch nicht im Pachtvertrag. Er ist insofern irreführend, da "Wasenwärter bzw. Wasenplatz" nur in Zusammenhang mit Abdeckern, Milzbrandplätzen und Begräbnisstätten für Arme, unbekannte Schiffbrüchige, Hingerichtete und Seuchenopfer, auch Tiere, Verwendung findet.

Vielmehr ist anzunehmen, dass Balck den Breitling mit einer Schutzpflanzung aus Waesen (alt für Espen in: D.Greve: Flurnamen in Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin 2016) versehen sollte, die als robuste, schnellwachsende und wasserziehende Gehölze geeignet sind, Ufer und Deiche zu stabilisieren. Eine Bepflanzung der Dünen wie häufig wiedergegeben, mit Wasen (Espen) ist wegen der hohen Salzgehalte und der Windexposition, durch welche die Gehölze mit ihren Wurzeln eher die Dünen zerstören als erhalten, nicht aufgetragen und nicht Inhalt der Urkunde. Das man Gehölzpflanzungen als geeignet ansah und auch vornahm, ist mit den "Pradtwiden" belegt.

Balcken soll auch als Meister Aufsicht führen über Tagelöhner und anderes Arbeitsvolk "mit allem Ernst und Fleiß". Vierteljährlich sollen Arbeiten und Erledigung angekündigt und durch die Baubehörde abgenommen werden, nach Abnahme sollen keine Ansprüche mehr geltend gemacht werden. Weitere Aufgaben sind die Aufsicht "unserer ganzer Hafen und Heide, darmitt desulue van nemandt moge bestahlen werden..." und die Begutachtung des Alten Tiefs für den Rat. Damit Johann Thor Balcken diese Aufgaben "am ganzen strande desto beter upsicht van ehme geschehen moge", soll ihm und seiner Frau ein Platz auf der '''Markgrafen Heide''' ab Ao.1586 frei und ohne Pension 12 Jahre lang für Ackerwerk, Hutung und Weide an anderes seines Gefallens zum Gebrauch zugewiesen werden, den er "mitt einem graven vmmetheen und vor Jeder Rode der Stadt anderthalb Schilling Lübsch na Uthgang gedachter 12.Jahr berekenen". Das Pachtjahr beginnt und endet mit Johannis, ein Jahr vor Ablauf ist Kündigungsfrist vereinbart.
Des weiteren wurde geregelt, dass Johann und seine Frau(en) (!)- falls fristgemäß gekündigt wurde - nach Ablauf der 12 Jahre den her- und eingerichteten Platz samt alledem, was darauf gebaut, gewachsen und gesät ist, verlassen sowie das zur Erbauung des Hauses, dem angelegten ersten und anderer notwendigen "grafen" und zur Erhaltung Aufgewendete gegen Entschädigung aufgeben, auch wenn die Stadt diesen Platz nicht zum Eigenbedarf wieder annehmen und gebrauchen würde. (Transkription der Pachtsache, 2020, Thomas Rudert)

Vermutlich hat Johann Thor Balcken nach einem geeigneten Platz für den Hof, den er mit seiner Frau, dem Hausrat und dem Vieh für mindestens 12 Jahre besiedeln soll, selbst (aus)suchen dürfen, seiner Fachkunde vertraut man gemäß der Urkunde ja. Bereits das Ratsprotokoll vom 14.März 1579 befasste sich ja mit einer Hofstelle in der Heide auf Vorschlag des J. Barchmann. Eine Festlegung auf einen bestimmten Platz findet sich in der Pachturkunde nicht, mit einer Ausnahme: Er darf zur Sicherung der Futterversorgung 4 Pferde an der Brücke des Neuen Tiefs weiden (und nur die eigenen), wenn er Vorsorge trägt, dass sie nicht die Dünen schädigen. Es musste also ein repräsentativer Hofplatz sein, der dauerhaft bebaubar und gegen Naturereignisse einigermaßen sicherbar war, Acker-, Garten- und Weidemöglichkeit bot und die Arbeitsaufgabe ermöglichte und beförderte. Den idealen Platz wird man nicht gefunden haben, wie noch zu erfahren ist.

Der bisher einzige Nachweis einer Hofstelle aus der Zeit mit dem entsprechenden Nutzungsprofil wurde im Zuge von Meliorationsarbeiten (Wasserstandsregulierungen) im Hütelmoor an den Dünen nordwestlich des Moorgrabens, auf dem "Weidenmoor" bzw. "Schlüsermoor" (Krausesche Flurnamenkarte 1926) mittels bodenarchäologischer Untersuchungen zwischen 1976 und 1982 erbracht (H. Schäfer: Eine Wüstung des späten 16. und 17.Jhdt. im Weidenmoor bei Rostock. In: Küstenbilder, Beiträge zur Heimatgeschichte und zur Denkmalpflege im Bezirk Rostock, 1986).

Diese Hofstelle wird 2 Nutzungsperioden, einmal von ca. 1580...1600 und einmal von ca. 1600...1623 bzw.1625 bewohnt, die erste davon fällt in die Zeit Johann Thor Balckens und wird diesem zugeschrieben. Sowohl die Topografie mit Hofstelle und "Schlüsergraben", hochwertige Ziegel und Glasfenster als Baumaterial, luxuriöse Hausratfundstücke als auch die Flurstücksbezeichnungen "Weidenmoor" und "Schlüsermoor" stützen diese Zuschreibung. Die Hofstelle liegt aber somit nicht im heutigen Ort Markgrafenheide oder nahe an Flurstücken mit diesem Namensbestandteil, sondern etwa 2 km nördlich von diesen.

1592 oder 1593 Johann Thor Balcken bittet um außerordentliche Kündigung des Pachtvertrags

Das Pachtverhältnis dauerte entgegen der erwarteten 12 lediglich 5 Jahre. Hat Johann Thor Balcken mit seiner Fachkenntnis das Risiko der Siedlung im Moor vorhergesehen?

1594, 31.Oktober Die Pachtsache steht zur Verhandlung
Verhandlungen der Stadt Rostock zur Übertragung der Pachtsache Thor Balck auf Anfrage M. Frankes

Dieser Kontrakt kommt offensichtlich nicht mit M. Franke, sondern mit Jacob Schott (richtig "Schoff", Transkription Th. Rudert 2020) zustande. Fraglich ist, mit welcher Aufgabe dieser Pächter wird.

1597, 18. November Antrag des J. Schoff
Jacob Schoff stellt Antrag auf Verlängerung seines seit 1594 laufenden und zu Johannis 1598 endenden Pachtvertrags. In seinem Schreiben erwähnt Schoff seine Leistungen zum Erhalt der Hofstelle, bittet um Verlängerung der Pacht oder Übernahme gegen Entschädigung.
1600 ca. Schäferei im Hütelmoor, Moorhof
Zweite zugeschriebene Nutzungsperiode der Hofstelle im Weidenmoor durch eine Schäferei, Entstehung des Moorhofs als Teil der Schafweidenutzung,

noch zu prüfen: "Schoff" für "Schäfer"? Die archäologischen Untersuchungen der Hofstelle 1982 belegen auch in der 2. Nutzungsperiode ab 1600...1623/25 eine höherwertige Ausstattung, wie sie für Bedienstete der Stadt sprechen würde, dies stellt die Nutzung durch einen Schäfer jedoch in Zweifel.

1625, 4.November Gewettsrechnung des A. Dobbin
In den Jahren 1623 machten Hochwasser und insbesondere 1625 eine Sturmflut mit 3 m üNN. die Hofstelle zunichte. In der Gewettsrechnung des A. Dobbin vom 4.11.1625 wird beschrieben: "...nach der Marggrauen Heyde gewesen das Haus abnehmen, und das Holz nach der Müggenborch führen lassen und das shedliche Hol, so aus dem heiligen She in die groshe She gebrochen besichtigt und wieder vorzufertigen angeordnet..."

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1588, 8. August Bestellung des Jürgen Brand(t) als "Jegermeister und Wiltschutzen"
In der Ratssitzung vom 8.8.88 beschlossen die Ratsherrn mit Ausnahme M. Gerdes die Anstellung eines privaten Ratsbeamten als Jäger und Wildschützen, also nicht auf Kosten des städtischen Haushaltes, sondern auf Kosten der Ratsherren. Per 10. August "Laurenti" d.J. wurde Jürgen Brand(t) in sein neues Amt eingewiesen. Er soll "zu geburenden Zeiten mit hochsten trewen und vleiße" jagen. U.a. wird Brandt auch die Jagdpolizei übertragen, die "frembde von Adel, so allhie nicht wonhafftig" von der Rostocker Feldmark fernhalten soll. Seine Zuständigkeit erstreckt sich nicht nur auf die Rostocker Ländereien und Forsten, sondern auch den Landbesitz der Bürger und rostockschen Gotteshäuser. Die Bestellung, die Zuständigkeit und die Aufgaben haben eine Rechtsgrundlage in der Polizeiverordnung des Rats von 1576, 14. April. Darauf wurde Brand(t) vereidigt. Dem bediensteten Jäger Brand(t) wurden Waffen, Munition, Hunde, Pferde, Zaumzeug und Futter gestellt, er erhielt Lohn in Geld und Naturalien, für sich und "seine Jungen", also Gehilfen. Detaillierte Angaben zur Bestellung finden sich bei L. Krause: Private Raths-Jägermeister im 16. und 17. Jhdt., in: Mecklenburgische Monatshefte, August 1926; s.a. "Zum historischen Jäger Brandt", W. Steinmüller. Dokumentiert ist Brand(t)s aktive Zeit bis 1589, 6. August. Für das Jahr 1595 liegen jedoch noch Abrechnungen über Jagdhunde des Rats vor. Erst 1668 wird eine weitere beabsichtigte Bestellung mit Tobias Buck zum Jägermeister aktenkundig.

Im Gegensatz zur beabsichtigten Bestellung des Buck 1668 wird Brand(t) 1588 kein Wohnraum oder Hof gestellt oder zugewiesen (bei Buck 1688 ausdrücklich in der Stadt Rostock!). Der Sage nach soll Jäger Brand(t) in Markgrafenheide gewohnt haben. Unwahrscheinlich ist das nicht, denn der Angestellte Jürgen Brand(t) dürfte die Ausrüstung, die Pferde, Hunde, das Futter sowie Waffen und Munition an einem festen, sicheren und geeigneten Ort verwahrt und diesen regelmäßig aufgesucht haben, so dass auch eine dauerhafte Unterkunft anzunehmen sein sollte. Ein Ort in der Stadt Rostock scheint dafür eher unwahrscheinlich.

Somit wären Ausgang des 16.Jhdt bewohnte Gebäude verschiedenster städtischer Bediensteter und Lohnarbeiter zu sehr unterschiedlichen Zwecken wie Dünensicherung, Moorgrabenbau und Jagd vorhanden gewesen, von denen aber nur eine urkundlich sowie archäologisch belegt ist und eine Zuschreibung rechtfertigt: Die Hofstelle im Weidenmoor.

1617 Ansiedlung von Kossaten auf der Markgrafenheide

Vermutlich wurden i.Z. mit dem Bau des Moorgrabens entlang desselben Wirtschaftshöfe eingerichtet und durch die Stadt verpachtet. Für den Moorgraben war es notwendig, dass Hand- und Spanndienste, vermutlich auch Treideldienste und Instandhaltungsarbeiten am Moorgraben abgesichert werden. Pächter waren sog. Kossaten (Kätner), freie Kleinbauern in Selbstversorgerwirtschaft. Vermutlicher Beginn der ortsbezogenen Waldmast und Eingatterung ortsnaher Waldweiden. Insofern kein Widerspruch zu den Rodungen und Ackernutzungen im 14. Jhdt und deren Rückbau. Der Forstfuhrmannshof ist das letzte bestehendes Kossatenhaus aus dem Jahr 1737.

1618 bis 1648 Dreißigjähriger Krieg
"Während des Dreißigjährigen Krieges von 1618 bis 1648 dürfte man auch nichts für die Cultur der Waldungen erwarten als Ruhe vor Menschenhänden; sie wuchsen auf, verbreiteten sich und nahmen die Plätze zum Theil wieder ein, welche die Ackercultur ihnen geraubt hatte". (H.F.Becker. Die Chronik von den Waldungen der Stadt Rostock,1839)
1625, 10. Februar bis 14. Februar Sturmflut durch Nordost-Orkan

Diese Sturmflut dürfte auch im Gebiet Markgrafenheide große Schäden angerichtet haben, Berichte gibt es von benachbarten Dörfern und Hafenanlagen (Anm.OS: hier liegt ggf. auch der Grund für die Datierung von Holzresten der "Olle Kisten" auf das frühe 17. Jhdt, also nicht die Originalbauten des frühen 14.Jhdt)

" ...Die Dünen, an deren Erhaltung man derzeit erhebliche Kosten verwandt hatte, waren vom Stromgraben bis Warnemünde und von hier bis Diedrichshagen vom Meerwaßer überstiegen, zerrißen und niedergestürzet. Die von Eichenholz mit starken eisernen Klammern verbundenen und mit großen Steinen beschwereten Kisten, sowohl am Meer als im Hafen und am Breitling waren gänzlich umgestürzet, die Steine ins Waßer gefallen, jedoch ohne das Fahrwaßer zu verschütten; das Kistenholz war zerbrochen,gänzlich weggeschwemmt und auf die Ufer von Marienehe und Bramow geworfen...In der Rostocker Heide waren eine große Menge Eichen, Buchen, Kiefern pp. umgeworfen. In dem Stadt Dorf Mohr, vermuthlich dem im Walde gelegenen Moorhof, welcher jetzt nicht mehr existirt aber auf die Reiter Charte bemerkt stehet, sind einige Pferde und Ochsen ertrunken. Die Menschen haben sich auf den (Anm.OS: Dach-)Boden gerettet und dort drey Tage ohne Speise geseßen. Wie weit das Waßer in die Heide vorgedrungen ist nicht bemerkt worden, nach einer mündlichen Tradition soll es in Niedrigungen bis Blankenhagen vorgerückt seyn" (H.F.Becker: Die Chronik von den Waldungen der Stadt Rostock, 1839)
17.Jhdt. Küstenfischerei
Im 17.Jhdt ist die mobile Strandfischerei östlich der Warnow bis zum Fischland und Darß als sog. Wadenfischerei per Abgabenlisten nachgewiesen. In: Th. Rudert: Die neuzeitliche Grenze als Lebenswelt, pers. Exempl. d.Verf.

1795 pachtete ein Niederhäger die Fischerei vor Rostocks Heideküste. O. Kolp beschreibt die bis 1835 vor Rosenort und Markgrafenheide betriebene Reusen- und Wadenfischerei durch Rövershäger Einlieger, mit "kleinen Buden" am Strand, schreibt diese jedoch Fischländer Wadenfischern zu. Da Rudert Warnemünder Fischer vor dem Fischland nachweist, ließe sich daraus schließen, dass Fischereirechte überregional vergeben wurden oder an der Außenküste gänzlich oder zeitweise ungeordnet waren.

1648 bis zur napoleonischen Zeit (bis 1813)

1668 vermutliche Bestellung Tobias Bucks zum Ratsjägermeister
s.a. 1588 Jäger J. Brand(t)
1669 datiert die Sage vom Jäger Brandt
1669 ward der zu Markgrafenheide wohnende Jäger Brandt von einem Keiler erschlagen. Auf dem Heimwege nach der Kirche, wo er communicieren wollen, trifft er den Keiler und soll die ruchlosen Worte gesagt haben : Nach meiner Rückkehr soll dich oder mich der Teufel holen. Man fand ihn Abends todt mit aufgeschlitztem Bauch. Es ist ihm an dem Platz ein Kreutz errichtet und bis jetzt erhalten.(Beckersche Kirchspielchronik Rövershagen) und in: * zum historischen Jäger Brandt (Heidearchiv W. Steinmüller)

(Anm. OS: Es ist durchaus möglich, dass diese Sage durch die westfälischen Siedler, welche die Hagendörfer der südlichen Rostocker Heide begründeten, "importiert" wurde. Auffällig viele Siedler kamen aus dem Weserbergland, der Familienname "Westfal, Westphal" kommt in Mecklenburg-Vorpommern gehäuft vor. Im Süntelgebirge unterhalb des Hohensteins, nahe bei der Baxmannquelle bei Hameln, steht der sog. Riddestein, der auf ein nahezu gleichlautendes sagenhaftes Jagdunglück 1584 hinweist. Die Jahreszahl 1669 am Brandtskreuz muss nicht zwingend das Datum des Unglücks betreffen, vermutlich bezieht sich die Datierung auf die Ersterwähnung des Vorfalls.)

um 1690 Änderung der Nutzungsziele und Formen der Heideäcker und Waldungen
"Diese Verhältniße (Anm.OS: Äcker und Wiesen in den Hagendörfern) bestehen noch, nur ist Müggenburg ganz gelegt und mit Holz bestanden, und von Markgrafenheide der größte Theil der Waldung zugelegt und nur zwey Koßaten geblieben. Dagegen wurden die Meiereien Fullery Dorf Moor oder Moorhof und Born – Ansiedlungen sehr alter Zeiten, die aber 1690 noch bestanden, der Waldung einverleibt und existieren nur noch deren Nahmen" (in: H.F.Becker: Chronik von den Waldungen der Stadt Rostock, 1839).
1696 (1697) Lustsche Reiterkarte, Erster kartografischer Eintrag des Ortes als "De Marckgrafenheyde"
Auf der Lustschen Reiterkarte (Gottfriet Lust) sind an heutiger Position jeweils 1 Haus dargestellt für De Marckgrafenheyde, Der "morig Hoff" und noch "Müggenborg", jedoch kein Haus mehr für Johann Thor Balckens Hofstelle. Die Karte verzeichnet im Wesentlichen Hauptwege und Flurstücksgrenzen und deren bodennahe Beschaffenheit wie Baumbestand, Wiese, Morast. Als Gewässer sind u.a. der "heilige See", die "radoll beck" (Radelbek) und der Stromgraben mit detailreicher Brücke in de "torf brüg" kenntlich gemacht.
1760 bis 1770 Verlängerung des Moorgrabens bis Stinkengraben
..."Da unternahmen die Rostocker Kaufleute Jacob Johann Stypmann und Paul Grube eine große Torf Enterprise und ließen den Pramgraben vom Stinkengraben bis zum Breitling verfertigen" (in: Beckersche Kirchspielchronik Rövershagen).

O. Kolp verweist auf die Direktorialkarte von Dost 1765, auf der im Schlüssermoor Torfstiche eingetragen sind.

1763 Das Forstdepartement
Nach diversen Vorläufern, die als Heydedepartemente eher polizeiliche denn forstwirtliche oder hegerische Aufgaben verfolgten, wird das Forstdepartement als 1. Stadtforstamt gegründet, mit J.F. Müller als erstem Direktor, in: Dolberg, Ludwig: Eine Küstenwanderung von der Warnow bis Wustrow durch die Rostocker Haide, Grahl, Müritz, Dändorf und Dierhagen wie das Fischland ; nebst einer Tafel noch nicht veröffentlichter Hausmarken; Ribnitz : Biscamp , 1885, sowie H.F.Becker:Die Chronik von den Waldungen der Stadt Rostock, 1839
1782 Ratsbeschluss zum Torfabbau in Schlüssermoor
1805 Zeitungsmeldung über Torfverkauf in Markgrafenheide

Die schlechte Torfqualität und der üble Gestank beim Heizen (infolge des an Salz und Meeresorganismen reichen Überflutungsmoores, "von Schilfwurzeln durchsetzt" in: (in.O.Kolp: Die Nordöstliche Heide Mecklenburgs, Berlin 1957) zwang zur Aufgabe des Vorhabens, der Moorgraben blieb für den Transport von Holz, Holzkohle, und wohl auch Baumaterial in Rückfracht (hier bezogen auf einen Vermerk über den vermeintlichen Transport von "Ziegeln" (private Chronik)). Ziegeleien sind in der Rostocker Heide bisher nicht nachweisbar. Der Verweis auf den Umschlag von getrocknetem Heide-Torf am Schnatermann belegt aber, dass es demnach (siehe auch Anzeige zum Torfverkauf) durchaus verwertbare Torfqualitäten aus der Heide gegeben haben muss.

1786 Wiebekingsche Karte
„Marckgrafenheyde“ ist als Ort verzeichnet, auch eine Stelle nahe der Hofstelle Johann Thor Balckens ist kartografisch als Siedlung dargestellt. Der Moorgraben heißt Prahmgraben, sein weiterer Verlauf zum Heiligensee dann Stinckengraben. Der Verlauf bis zum Moorhof und der Floßgraben sind in einfacher Strichführung ohne Bezeichnung eingetragen.
1788 Schmettausche Karte
Der Moorgraben/Prahmgraben führt offenbar bis zum Moorhof, der Floßgraben zum Moorhof ist ebenfalls mit deutlicherer Strichführung verzeichnet. Als „Marggrafenheide“ wird eine Fläche deutlich östlich (ab etwa Ahrensheidenschneise bis Steinheide…) der heutigen Position und als zu Niederhagen gehörig bezeichnet. Gebäude sind nicht eingetragen.
1792-1799 Plan zur Anlage von geraden Schneisen in der Heide durch H.F.Becker
Die Schneisen sollten die Verjüngung des Waldes befördern. Die bisherige ungeregelte Durchfahrt mit schweren Fuhrwerken und Hufen von Ochsen und Pferden, die den gewachsenen Waldboden und das Schwachholz, welches für die Rostocker wichtig zum Heizen und für die Waldbauern ein Geschäft war, zerstörte, stand einer ordnungsgemäßen Forstwirtschaft entgegen." ...das Unwesen mit den willkürlichen Wegen dauerte fort. Dieses bewog des Forstinspector unterm 9. Decbr. 1 7 9 9 seine Vorschläge dringend zu wiederholen. Er setzte den Nutzen der geraden Wege deutlich auseinander und trug darauf an wenigstens die Durchfuhr Wege nach der Gelbensander Forst und den Wiesen bewilligen und vorläufig vier Wege grade legen zu laßen, nämlich a) vom Jägerhaus zu Wiethagen nach Meyershausstelle, b) von Hinrichshagen nach der Torfbrücke, c) von Sandhagen nach Markgrafenheide (Anm.OS: Sandhagen ist der Dorfteil Hinrichshagens westliche Richtung ab Schinkenkrug bis Baumschule) d) vom Mönckortsbaum nach den Bauernwiesen mit einem Arm nach dem Schnatermann." (H.F.Becker, Die Chronik der Waldungen der Stadt Rostock)
1796 Vertiefung des Moorgrabens und Uferbefestigung mit Bohlen
1796 Tarnowscher Geometrischer Plan des Städtleins Warnemünde
Kossatengehöfte am Moorgraben (4 Gebäude westliches, 1 Gebäude östliches Ufer) tragen die Bezeichnung Marggrafenheide
1801 3.November
war ein heftiger Sturm der die Torfscheune umwarf. (Beckersche Kirchspielchronik Rövershagen)
1804 Einrichtung der Hauptschneisen
Die von H.F.Becker geplanten Schneisen werden mit Billigung des Heidedepartements geschlagen. Dazu ist eine logistische Herausforderung in Verbindung mit dem Prahmgraben (Torftransporte, Holzlager am Moorgraben und der Querung des Moorgrabens durch die Kossaten , dem sog. "Milchsteig") und einem bereits seitens der Stadt geplanten Brückenbau zu bewältigen: "Man war derzeit ernstlich damit beschäftigt das große Torfmoor zu Markgrafenheide zum Besten der Stadt zu benutzen, und suchte den Transport des Torfes zu Waßer und zu Lande zu befördern. Zu dem Zweck ward die Schneise von Hinrichshagen nach Markgrafenheide beschloßen und bewilligt. Die vom Forstinspector empfohlene Richtung führte grade auf den Holzplatz (Anm.OS: Verlauf ab heutiger Kurve an der Ahrensheidenschneise geradeaus über sog. Armenkirchhofschneise, vgl. Karte: Krausesche Flurnamenkarte 1926 "Milchsteg und Holzlager III") und Baum von Markgrafenheide und sollte von dort nach Warnemünde fortgesetzt werden. Diese sehr zweckmäßige Richtung würde zur Folge gehabt haben, daß alle Holzwägen auf ihrer Fahrt nach Warnemünde einen Baum zu Markgrafenheide würden paßiren müßen. Hiergegen erklärte sich aber das Heidedepartement aus dem Grund, weil es über dem Pramgraben mehr rechts eine hohe Brücke (Anm.OS: ohne bewegliches Mittelteil, sondern hoch genug, um Prahmen mit gelegtem Mast pasieren lassen zu können) wollte bauen laßen, unter welcher ein großer Torfprahm nach dem Torfmoor durchfahren solle. Es bestand das Departement darauf, daß diese Richtung des Weges auf diese Brücke geführt werden solle. Dies geschah und die Brücke wurde gebauet, als aber der große Prahm fertig geworden, paßirte er zwar bei Niederlegung des Mastbaumes die Brücke, fand aber beim Steigen und Fallen des Waßers beim Hebel und im Canal überall Hinderniße, der Zweck wurde verfehlt, die Brücke war aber gebauet und die Schneise durchgehauen und fertig . (Anm.OS: vermutlich Position der heutigen Moorgrabenbrücke, zeitweise als Klappbrücke) Es erfolgten jetzt wiederholte Klagen derer die mit Heu über die Hohe Brücke fahren mußten; die Brücke wurde später abgenommen und niedriger gebauet . Die entfernte Passage vom Baumwärter Hause (Anm.OS: Armenkirchhofschneise) hat aber bisher nicht redreßirt (hergerichtet) werden können". (H.F.Becker: Die Chronik der Waldungen der Stadt Rostock, 1839).
Carl Malchin: Winter in Markgrafenheide,1903; Niedersächsisches Landesmuseum Hannover


Das Bild C. Malchins verdeutlicht recht anschaulich die Szenerie: Moorgraben, Brücke mit Durchlass, 2 verbliebene Kossatenhöfe beidseitig des Moorgrabens, Heuwagen und Holzlager. Malchin hat also Beckers Schilderungen zwar künstlerisch im Stile der Romantik, aber aussagekräftig umgesetzt.


1813 Befreiungskriege gegen Napoleonsche Fremdherrschaft
9.November - Der Landsturm patroulliert unter Forstinspektor Beckers Kommando zwischen Markgrafenheide und Torfbrücke

bis zur Reichseinigung (bis 1871)

Zeitungsmeldung von H.F.Becker im Freimüthigen Abendblatt 1823 über den tödlichen Unfall Kedings
1815
Den 25.März starb der Holzwärter Carl Fried. Wramp zu Markgrafenheide 68 J. alt. (BK)
1821 H.F.Becker erwirkt das Ende der Waldweide
von Pferden, Ochsen, Kühen und Kälbern in der Heide als Grundvoraussetzung einer Forstwirtschaft.
1822
erschoß sich am 29.Dec. der Holzwärter Johann Christian Nicolaus Grälert zu Markgrafenheide 43 J.alt aus Unachtsamkeit als er mit einer geladenen vor sich gehaltenen Büchse die mit einander kämpfenden Hunde trennen wollte. (BK)
1823
Kam der Einl.Claus Fried.Keding auf unglückliche Art ums Leben, indem die Pferde des Jag. Köhn die er führte nach einem Schuß davon liefen, er vom Wagen stürzte und die Hirnschale zerschlug. Den 13.Oct. starb der E.Heinrich Pragst durch einen Sturz vom Balken in der Scheune des Forstinspectors. Den 3.März starb der Jäger Carl Friedr. Köhn zu Hinr. 68 Jahr alt. (BK)
1825, 3. und 4. Februar Sturmflut, Anlass zu zeitgemäßen Planungen zum nachhaltigen Küsten- und Dünenschutz
Hier findet sich nach der Bestellung Johann Thor Balckens 1585, die Dünen auszubessern und den Breitling mit "Wasen" zu sichern, erst wieder ein "Masterplan" zum Küstenschutz nach Vorstellungen H.F.Beckers. Der Bewuchs der Dünen und des Hinterlandes sowie die Wasserableitung durch Holzberäumung und Gräben schien ein Kernthema zu sein: "Die Dühne fand man nach Abzug des Waßers fast gänzlich ruinirt, von 450 Ruthen der Länge hatten 80 Ruthen eine halbe Dühne behalten, 370 Ruthen aber waren gänzlich planiert. Beim Sinken des Waßers ging der größte Theil über die Dühne ins Meer zurück, ein anderer Theil hatte sich einen Ausweg durch das Gewärkenbruch, über den Weg der nach Markgrafenheide führt und die Pöstenschneise (Anm. OS: vermutl. sind die Postwiesen gemeint) zum Breitling gebahnt. Der Rest war durch den Prahmgraben abgeleitet... Die große Räumde welche sich rechts der Markgrafenheider Fischerbude und dem Rosenort findet, war, wie die Wurzelstöcke noch ausweisen ehemals mit Holz bestanden. Jetzt benutzt man das Terrain als Wiese von mittelmäßigem Ertrage. Auch die Seeluft wirkt nachtheilig auf den Holzwuchs, es wächst wenig zu und stehet als mit der Scheere abgestutzet. Selbst der Heilige See war ehemals Holzboden, die Stämme darin sind der Fischerey nachtheilig, der Pächter Bring hat solche ehemals durch Ketten die mit Pferden bespannt worden, entfernen wollen, allein die Ketten dabei verlohren." (H.F.Becker, Die Chronik von den Waldungen der Stadt Rostock, 1839)
1838 Verlängerung des Prahm/Moorgrabens bis zum Moorhof
Der Moorhof wird der zentrale Holzlager- und Umschlagplatz der Rostocker Heide
1839 Konzept der Heide-Wasserwege von Hermann Friedrich Becker und Georg Garthe
…Die Lage der Rostocker Heide an schiffbarem Wasser kann man eine günstige nennen…
1845 Vertrag W. Meyers mit G. Garthe über den Bezug von Material für die Köhlerei am Moorgraben (siehe auch Kapitel "Die Köhlerei am Moorgraben)
1846 Ende der Allmende in der Rostocker Heide

damit auch Ende der Waldmast von Schweinen, da "sich mehr helle und gefleckte wilde Schweine finden als Nachkömmlinge aus Kreuzungen mit den zahmen" (H.F.Becker)

Deutsches Reich (bis 1918)

1872 13.November Die Jahrhundertflut überschwemmt auch den ganzen Ort Markgrafenheide
1885 Dolberg, Ludwig Eine Küstenwanderung von der Warnow bis Wustrow durch die Rostocker Haide, Grahl, Müritz, Dändorf und Dierhagen wie das Fischland ; nebst einer Tafel noch nicht veröffentlichter Hausmarken, Ribnitz Biscamp, 1885
1897, 22.März Beginn des motorisierten Ausflugschiffsverkehrs auf Breitling, Schnatermann, Kleiner Radel, Radelsee bis Moorgrabenbrücke in Markgrafenheide mit MS "Princeß" und MS "Kronprinz Wilhelm" der Reederei D. Ohlerich, Warnemünde
1908 Chausseebau von der Stromfähre Hohe Düne nach Hinrichshagen, Errichtung der Zugbrücke über den Moorgraben
in K. Eschenburg, Warnemünde in alten Ansichten, Hinstorff 2020
1910, Februar Baubeginn der Strandbahn Warnemünde-Markgrafenheide
1910 1. Juli Eröffnung der Strandbahn Warnemünde-Markgrafenheide
Hierzu hat N. Enenkel 1990 eine sehr anschauliche Dokumentation * Norbert Enenkel "Die vergessene Bahn - Die elektrische Strandbahn Warnemünde-Markgrafenheide 1910-1945" veröffentlicht.

Deutsches Reich (bis 1945)

1912
Bis dato gehörten alle Heideortschaften, der städtisch Rostocker Heide, so auch Markgrafenheide, zu Rövershagen.
Die westliche Dorfgrenze Rövershagens hinter den Dünen der Ostseeküste befand sich beim Taterhörn zwischen Markgrafenheide und Warnemünde
1922 dann Gebietsstreitigkeiten zwischen Rövershagen und der Hansestadt Rostock um die zu Rövershagen gehörende Enklave am Taterhörn zwischen Hohe Düne und Markgrafenheide.(AHR)
1920 Ersatz der Klappbrücke durch eine feste, niedrige Brücke über den Moorgraben

Eine Klappbrücke war notwendig geworden, da das erste Brückenbauwerk Anfang des 19. Jhdt. eine feste Bogenbrücke war, zu steil für die Fuhrwerke und zu niedrig für Schiffe bei Hochwasser, selbst wenn die Prahmen den Mast legten. Das 1920 konstruierte Bauwerk besiegelt das Ende der gewerblichen Prahmdurchfahrt auf dem Moorgraben nördlich der Brücke.

1924 Eingemeindung Markgrafenheides zur Stadt Rostock
der Ort zählt 24 Einwohner
1926 Dr. L. Krause Die Rostocker Heide im Spiegel ihrer Orts-, Forst- und Flurnamen (Karte)
Die Karte von Dr. L. Krause weist (1) Kossatengehöft mit 3 Gebäuden am Moorgraben, 1 Gebäude am Milchsteig, das Forsthaus am Moorgraben, die Strandbahn, das Zollhaus, und eine gestrichelte "alte Mündung" der Warnow im Bereich heutiger "Blauer Boje"aus. Am Moorgraben sind Holzlager verzeichnet. Am Strand sind Küstenschutzbuhnen bis Rosenort eingetragen.
um 1930 (in Bearbeitung) Errichtung der Kaserne Markgrafenheide mit Exercierplatz, Casino und Unterkünften für die Fliegerschule Hohe Düne (heutige Albin-Köbis-Str.)
1934 Abriß und Ende der Köhlerei am westlichen Moorgrabenufer gegenüber Kossatenkoppel
"Kleines Hexenhäuschen": "An der Stelle der Alten Köhlerei am Markgrafenheider Kanal steht noch heute (1926) ein einsames Strohdachhäuschen, das hin und wieder einzelnen Waldarbeitern, die zu weit entfernt wohnen, als Nachtquartier und Kochgelegenheit dient, meist aber unbewohnt und verschlossen ist..." (Dr. L. Krause: Die Rostocker Heide im Spiegel ihrer Orts-, Forst- und Flurnamen, 1926)
Errichtung der Doppelhaussiedlung (in Bearbeitung)

Sowjetische Besatzungszone und DDR (bis 1990)

1947
Ende der Strandbahn Hohe Düne-Markgrafenheide
Übernahme und Rückbau aller Anlagen durch die Straßenbahn Rostock und Einrichtung von Busverkehr durch die Rostocker Straßenbahn (heute RSAG)
1949, 5. Dezember
Eröffnung der ersten Grundschule in Markgrafenheide, Block 6b; Ausbau des ehem. Offizierscasinos im Nationalen Aufbauwerk zum "Haus der Jugend". Zur Chronologie der Schule in Markgrafenheide siehe auch Beitrag "Die Schule in Markgrafenheide".
1952 Planung der "Wilhelm-Pieck-Siedlung"
Markgrafenheide zählt 650 Einwohner
im Bereich Waldweg - Budentannenweg bis zum Strand, mit Anleger für Küsten-Fahrgastschiffe, einer weiteren Brücke über den Moorgraben ("Milchsteig"), sowie Wiederbelebung und Fortführung der Straßenbahntrasse ab Waldsiedlung-Waldweg, jedoch wird das Projekt verworfen, folglich keine Umsetzung der Bebauung, keine Straßenbahn, keine Brücken.
1954 Campingplatz und Ferienlager entstehen
Umnutzung des Geländes der geplanten W.Pieck-Siedlung für die Errichtung des Campingplatzes und des Zentralen Pionierferienlages "A. Maressjew"
1952 Bau bis 1954, 1. September
Eröffnung des ersten Schulneubaus (heutiges Heidehaus)
1957 Unterschutzstellung NSG Schnatermann
1957 Unterschutzstellung NSG Hütelmoor und Heiliger See
Verkleinerung 1961, teilweise landwirtschaftliche Nutzung durch Melioration (1975) und extensive Beweidung mit Rindern
1960-1963, 1. September
Schulerweiterung durch Barackenbau in der A.-Köbis-Str. (heutiges Gelände des Hotels Godewind)
1969 bis 1970 Erneuter Ausbau des Moorgrabens (in Bearbeitung)
Verfüllung des früheren Ausflusses des Radelsees zum Breitling über die kleine Radel und Wollkuhl durch Anlage des Spülfeldes südöstlich Taterhörn und Ausbau des Kanals am heutigen schiffbaren Moorgraben Schnatermann-Radelsee.

Allerdings ist im Streckenplan der Strandbahn bereits zwischen Errichtung der Kasernen (1930er Jahre) und Ende der Strandbahn 1947 (Quelle: Dr.N. Enenkel, Die Strandbahn Hohe Düne-Markgrafenheide, 1990) die Lage des Spülfeldes, welches die Kleine Radel verfüllt, und die des verlegten Moorgrabens, verzeichnet.

1975 Sanierung und Ergänzung des Brückenbauwerks über den Moorgraben
Errichtung eines Rohrdurchlasses und einer 2. Fahrspur im Einbahnverkehr.

Das Verkehrsaufkommen wuchs ständig, insbesondere im Sommer durch Ferienlager, Zeltplatz und Tagesgäste aus dem neuen Rostocker Nordosten. Es wird sichtbar, dass der gering bemessene Rohrdurchlass bei Hochwasser völlig überlastet wurde, und zwar in beide Richtungen. Ebenso war der Durchlass eine ökologische Sperre für die Wasserfauna.

1975 bis 1985 Archäologische Untersuchung einer Hofstelle im Weidenmoor
Zuschreibung als vermutl. Wohnsitz des Johann Thor Balcken Ende des 16.Jhdt.

Hierzu gibt es eine ausführliche Publikation in: Küstenbilder-Beiträge zur Heimatgeschichte und zur Denkmalpflege im Bezirk Rostock, 1986, H. Schäfer: Eine Wüstung des späten 16. und des 17.Jhdt. im Weidemoor bei Rostock

1982-1984
Schulneubau in Plattenbauweise im Ortskern (heutiger Großparkplatz und Supermarkt).
1990 Unterschutzstellung NSG Radelsee,

Erweiterung 1993, extensive Mahd und Beweidung mit Rindern

Die heutige Zeit

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1996 Februar
Die Rostocker Heide wird Landschaftsschutzgebiet.
1999 Eröffnung der modernen Moorgrabenbrücke
Das Bauwerk von 1920 und der Rohrdurchlass werden abgerissen, die Straße verbreitert und die getrennten Fahrspuren zusammengelegt. Das neue Bauwerk erhält einen Ottersteig. Die Brücke wird Bestandteil der späteren Ringeindeichung Markgrafenheides.
Der Anleger der Reederei Kammel am Moorgraben 2021, Foto: OS
2000 Wiedereröffnung der Personenschiffahrt vom Schnatermann nach Markgrafenheide
Die Reederei R. Kammel (Rostock) nimmt mit der Motorbarkasse "Schnatermann" die motorisierte Personen-Ausflugsschifffahrt auf dem Moorgraben und Radelsee bis zur Moorgrabenbrücke Markgrafenheide/Forsthaus wieder auf. R. Kammel entwickelte konkret ab 1998 ein Konzept, mit einem Flachbodenboot durch das NSG Radelsee auf historischen Kanälen zu fahren. Die Motorbarkasse für 50 Plätze verfügte über einen dieselelektrischen Antrieb, damit im NSG im E-Modus "Flüsterbetrieb" gefahren werden konnte. Die Inbetriebnahme der Ausflugslinie Schnatermann -, später Alter Strom -Markgrafenheide und retour, musste bis nach dem Ende der Bauarbeiten an der neuen Moorgrabenbrücke 1999 bis zur Saison 2000 warten. Ab Saison der 2012 befährt das Schrauben- und Heckrad-getriebene Fahrgastschiff "Schnatermann" mit einer Kapazität von 154 Fahrgästen diese Route. Der Anleger im Hafen Markgrafenheide wird seitdem immer weiter zur Verbesserung des Service und der Sicherheit ausgebaut.


2003 17. Oktober Beginn der Sturmflutschutzmaßnahmen in Markgrafenheide,
Federführend durch das damalige Staatliche Amt für Umwelt und Natur, Rostock (heute StALUMM) erfolgen die Maßnahmen zur erweiterten Sturmflut- und Küstenschutz.
Die Maßnahmen bestehen aus: Dünenaufspülung Strand, Ringdeich Budentannenweg und Moorgraben, Deich und Spundwände am Radelsee Stankgraben bis Vierrade (ehem. Warnowmündung) Deichüberfahrt Warnemünder Chaussee Höhe Strandaufgang Stubbenwiese).
Allein die Aufspülung der Düne vor Markgrafenheide dauerte bis 22. April 2004. In dieser Zeit wurden für rund 2000 m Strand Richtung Hütelmoor rund 661 Tsd m³ Sand aus Naßbaggerung vor Ort für die Erhöhung der Düne auf 5,5 m üHN und Verbreiterung der Dünenkrone auf 45 m aufgespült. Der Strand wird auf eine Breite von 35 m ausgelegt, der am Dünenwald gelegene alte Rettungsturm der Wasserwacht wird Aufenthalts- und Bereitschaftsraum, ein neuer Rettungsturm wird strandseitig am Dünenaufgang errichtet.
Es erfolgte danach die Dünensicherung mit Sandfangzäunen und die Bepflanzung mit Strandhafer. Ebenso wurden 350 m Krötenschutzzaun eingerichtet.
Die Buhnen werden sukzessive nach dem zerstörerischen Befall durch die eingeschleppte Schiffsbohrmuschel durch muschelresistentes, FSC-zertifiziertes Tropenholz ersetzt. Dennoch nagen Wellen, Sand und Eis an den Buhnen.
Das Heidehaus im Jahr 2020, Foto OS
2003 bis 2004
Abriß der Schule in Markgrafenheide und Baufeldherrichtung für großflächigen Einzelhandel mit Parkplatz
2010, 4.September
Eröffnung des Heidehauses mit Touristinformation, AWO-Treff, Polizei und Radverleih
2011 Änderung der Ziele des Sturmflut- und Dünenschutzes im Bereich Rosenort-Heiligensee
Der letztmalig nach der Sturmflut 1995 aufgespülte und mit Buhnen gesicherte Dünenabschnitt am Heiligensee kurz vor Rosenort wird der natürlichen Küstendynamik ausgesetzt.
Ziel ist die Wiederherstellung eines Wasseraustauschs zwischen Ostsee und Hütelmoor nach Totalerosion der Düne. (D.Dochow: Numerische Modellierungen zur Erosionsstabilität der Restdüne Hütelmoor. Univ.Rostock, AUF, 2011)
Des weiteren wurde der Wasseraustausch des Hütelmoores über den direkten Moorgraben zum Radelsee durch Rückbau des alten Schöpfwerkes ("Alte Mündung") und Ersatzneubau eines Dammes beendet. Der Abfluss von Hochwässern erfolgt jetzt über die Mündung des Floßgrabens in den Moorgraben bei der Stückenschneise, ein Mindestwasserstand im Moorkörper wird durch eine Steinschüttung an der Mündung des Floßgrabens aufrechterhalten.
2019, Januar Sturmhochwasser, Dünenüberspülung am Heiligensee
Trotz der Erwartung, dass im wesentlichen der Wasserstand der Ostsee diesen Prozess befördern wird, und seitdem mehrere Sturmhochwässer auftraten, dauerte es bis 2019, dass ein erster wesentlicher Einbruch von Ostseewasser in diesem Bereich zu verzeichnen ist.
An dieser Entwicklung werden auch Zielkonflikte zwischen Naturschutz (Zulassung von Küstendynamik, Wiederherstellung der ehem. Durchbrüche alter Warnowmündungen und Entwicklung des Überflutungsmoores mit Salzgraswiesen) und Sturmflutschutz (Hinterland, Wasserdurchbruch auf topografischen Isolinien bzw. alten Flussbetten nach O. Kolp bis weit in die Heide) erkennbar.
2013 Eröffnung der Ferienanlage "Strandresort"
Auf dem Gelände des ehemaligen Ferienlagers "A.Maressjew", dessen Haupthaus, Bungalows und Nebengebäude noch bis etwa 2007 von verschiedenen Trägern als gepachtete Ferienlage weitergenutzt wurden, es jedoch an nötigen Investitionen mangelte, wurde bis 2013 eine moderne Ferienanlage mit Dreifachhäusern, Mehrstöckern mit Ferienwohnungen, Erlebnisreich, großem Abenteuerspielplatz und Restaurants errichtet. Das Haupthaus, ehemals zentraler Speisesaal, ist in ein modernes Receptions-, Verwaltungs-, Restaurant-, Konferenz- und Spa-Gebäude umgebaut worden, wobei der äußere Charakter erhalten blieb. Ebenso erhalten bielb ein Plattenbau, in dem nun Servicestationen wir Radverleih, Wäscherei etc. untergebracht sind.
2019 Bebauung des Ortskerns mit Wohn- und Geschäftshäusern im Bereich der ehemaligen Schule, Modernisierung und Erweiterung der ehemaligen Kaserne- und später Wohngebäude Albin-Köbis-Str.
Auf dem Gelände der ehemaligen Schule in Plattenbauweise entsteht ein neuer Wohn- und Geschäftskomplex in Privatbesitz. Die WIRO Rostock modernisiert und erweitert die ehemaligen Kasernen-, später Wohngebäude, durch Aufsetzen eines Stockwerkes, Anbringen von Loggien und Balkonen, energetische Sanierung.
2020 Auftrieb einer Herde Wasserbüffel im Radelsee
Wasserbüffel im NSG Radelsee (Foto: OS)

Die Überflutungswiesen der Radel und Heubek waren wiederholt als Mäh- und/oder Weideland genutzt worden. Alte Flurnamen wie Postwiese, Schulzenwiese, Purkshöfer- oder Rövershäger Bauernwiese weisen auf diese über Jahrhunderte gebräuchliche Nutzung hin (Dr. L. Krause: Die Rostocker Heide im Spiegel ihrer Orts-Forst- und Flurnamen, 1926).

In der Zeit der intensivierten Plan-Landwirtschaft (nach 1960...1990) wurden häufig sog. "Futterreserven" in aus wirtschaftlicher Sicht minderwertigen Flächen erschlossen, deren Ertrag jedoch gering war. Deshalb erfolgte oft die Beweidung mit Mutterkühen (Rassehybriden zur Fleischerzeugung über Mastkälber), mit Robustrassen, Jungkühen oder Milchkühen in der Laktationspause (sog. Trockensteher).

Nach der Unterschutzstellung 1990 wurden weiterhin Rinder aufgetrieben, im Jahre 2020 dann eine kleine Herde von Wasserbüffeln. Grundlage war eine naturschutzgerechte Beweidung zur Erhaltung des Lebensraumtyps "Atlantische Salzgraswiesen" Natura 2000 und etablieren eines standortgerechten Vegetationsbestandes.

Wasserbüffel gehören ebenso wie Hausrinder und auch Bisons und Wisente zur Familie der Bovinae (Rind), bilden allerdings eine eigene Gattung Bubalus. Sie zeichnen sich durch ihre Robustheit und Angepasstheit vor allem an sumpfige Standorte aus, so dass sie im Gegensatz zu europäischen Hausrindern z.B. weniger Klauenprobleme auf feuchtem Grund bekommen und auch Gräser mit niedrigerem Futterwert oder geringer Verdaulichkeit wie z.B. Schilf gut verwerten. Ebenso richten sie ihren Tränkwasserbedarf auf die verfügbaren Quellen, z.B. Feuchtigkeit im Futter und natürliche Gewässer, aus. Die Büffel werden deshalb auch als "Habitatkonstrukteure" bezeichnet.So finden sich im NSG Radelsee gute Voraussetzungen für eine artgerechte und zielorientierte Beweidung.

2021 wird das Pflegekonzept mit den Wasserbüffeln überarbeitet und dem Schutz- und Entwicklungsziel angepasst, wobei der Schutz des Lebensraums "Küstenüberflutungsmoor" mehr in den Fokus rückt.

Bemerkenswerten Daten, Themen, Personen und Einrichtungen sind eigene Artikel gewidmet:

Herkunft und erste Erwähnung von "Markgrafenheide"

  • In der Pachturkunde 1585 der Stadt Rostock mit Johann Thor Balcken ist zweifelsfrei der Name "Markgrafen Heide" und damit die vermutlich älteste bekannte urkundliche Erwähnung dieser Bezeichnung in der annähernd heutigen Schreibweise enthalten.

Dies als definierte Ersterwähnung eines bestimmten Ortes gleichen Namens zu deuten, scheint jedoch vorschnell: Balcken kann sich einen Siedlungsplatz "auf der Markgrafen Heide" frei wählen. Ihm wird kein Platz vorgegeben, sondern ein Raum, ein Gebiet. Die spätere Gewettsrechnung des A.Dobbin 1625 für die Hofstelle bezeichnet ebenfalls ein Gebiet, in dem er schreibt: "...sind...nach der Marggrauen Heyde gewesen (Anm.: OS: nicht in Marggrauen Heyde!), das Haus abnehmen", (bei H. Schäfer in: Eine Wüstung des späten 16. und 17.Jhdt. im Weidenmoor bei Rostock; in Küstenbilder 1986), so dass "Marggraue Heyde" nicht den Hof selbst meint oder gar bezeichnet.

  • Man sollte noch weiter in der Geschichte zurückgehen: Die Heidekaufurkunde 1252 beschreibt gleichsam ein Gebiet, und enthält erste Hinweise zur Herkunft des späteren Namens "Markgrafenheide". So findet sich die Erwähnung des Terminus „Mark“ für die Heide. „…Endlich wollen Wir noch, daß in dem ganzen Gebiet, welches gewöhnlich die Markscheide genannt wird, daß Rostocksche Stadtrecht gelten solle…“ (Übersetzung der Kaufurkunde bei H.F.Becker, Chronik der Rostocker Heide, 1839).

Der Terminus „Mark“ war damals in mehreren Bedeutungen benutzt: als gestempeltes Silbergewicht zur Münze, sowie als ein dänisches Flächenmaß. Und, so Rudert 2020 (persönliche Mitteilung an den Verfasser) als gebräuchliche Bedeutung für „Grenzgebiet“.

  • Für "grafen" finden sich bereits in der Ratsurkunde vom 14.März 1579, den Moorgrabenbau betreffend, und in der Pachturkunde 1585 eine Verwendung, die im Kontext die Gleichsetzung mit "Graben" für ein Bauwerk erlaubt: J. Barchmann schlägt dem Rat den Bau eines "Graffen" in die Heide "zum Besten der Stadt" vor, der 1579 von Gerdes und Heine auch in Angriff genommen wird.

Johann Thor Balcken wird später in seinem Pacht Vertrag verpflichtet, mindestens einen "grauen", auch mehrere "grafen" anzulegen, um seinen Hof vor Grund- und Hochwasser zu schützen. Im gleichen Schriftstück wird also "grafen" einmalig als Name des Gebietes und mehrmalig als "grauen, grafen" für "Graben" als Bauwerk verwendet. Dies stützt die These der Deutung von "grauen, grafen" für "Graben".

In Karten des 18.Jhdts. und deren Interpretation (in: W. Steusloff: Das Alte Fahrwasser, Tidingsbringer Nr. 19) wird die Grenze der Rostocker Heide am östlichen Ufer des Radelsees und dem daraus nordwestlich ausfließenden Graben ("Kleine Radel") bis etwa Taterhörn (vermutlich Mündung "Altes Fahrwasser") wiederholt als "Heide-Grenzgraben" erwähnt. Bei alledem sollte man aber den Willen der Parteien 1252 nicht unberücksichtigt lassen, dass die Westgrenze nicht nur das Ufer der Warnow, sondern alternativ auch "deren Wasser" bilden solle, um Streitigkeiten zum Grenzverlauf infolge der Küstendynamik, deren Folgen ja sichtbar waren, in Zukunft zu vermeiden oder zu regeln. Insofern kann man annehmen, das erst in späteren Jahrhunderten eine Festlegung der westlichen Heidegrenze an eindeutig (ggf. i.V. mit Wasserbau und Küstenschutz, Flurbereinigungen und Flächentausch) feststellbaren Gräben und Ufern erfolgte und kartografisch festgehalten wurde.

Becker (1839) führt zur Grenzziehung aus: "Wo der Uhrmacher Vulnebrasme erschlagen worden, weiß jetzt niemand mehr, auch nicht wo die für das Doberaner Kloster reservierten Hufen gelegen. Man kann aber sicher darauf rechnen, daß bei der Ablieferung die Grenze durch Pföste und Grenzbäume bezeichnet worden sey. In spätern Zeiten haben mehrmals Grenzberichtigungen stattgefunden, die zuletzt das Resultat herbei geführt haben, daß die "ganze Grenze mit einem Graben umzogen ist". Den süd-östlichen Grenzverlauf mit dem Stromgraben und etwaigen Zuflüssen "nahm man als einen Theil des Scheidegrabens an".

  • Auch sprachlich-orthografische Erklärungen können herangezogen werden:

R. Dohm (in: Hansestadt Rostock, Die Rostocker Heideurkunde, Hrsg. Stadtarchiv 2002) und Thomas Rudert (in: Die Geschichte der Maria Otto aus Groß Dalwitz. Zu den Implikationen des Hexereivorwurfs in einem Mordprozess des 17. Jhdt., pers. Exempl. des Verf.) weisen auf wechselnde, eher unsichere Schreibweisen insbesondere in diesem Zusammenhang für "u","v" und "w" in älteren Schriften hin, welche durchaus auch in der Ortsbezeichnung für "Markgrafenheide" enthalten sein können und ihr eine heutige andere Bedeutung geben können. Der Terminus "Mark" ist heute noch im Katasterwesen im Begriff "Gemarkung" erhelten geblieben.

  • Der Ortsname in der Kartografie (vgl. auch Beitrag: Markgrafenheide, Moer und Moer in historischen Karten: Verwirrung von Amts wegen):

1696 erscheint der Ort "Marckgrafenheyde" in der Lustschen Reiterkarte, der Mohrig Hoff ist ebenfalls verzeichnet, nicht jedoch mehr die Hofstelle Johann Thor Balckens, deren Reste wenige Jahrzehnte nach der Zerstörung durch die Sturmflut sowohl bekannt als auch noch sichtbar gewesen sein müssten (wenn sie es 2006 im Bodenprofil immer noch sind). Die mit Wappen autorisierte Karte schreibt also den Namen nicht mehr dem Gebiet zu, sondern legt erstmals einen konkreten Siedlungsort mit dem betreffenden Namen etwa an heutiger Position fest. 1700 vermerkt der Hoickhusen-Atlas ebenfalls "March=Grafin=Heyde" und den Moorhof, in den ausführlich dargestellten Dünen vor dem Hütelmoor ist jedoch kein Ort verzeichnet.

Recht kurze Zeit nach der Lustschen Reiterkarte und des Hoinckhusen-Atlas bezeichnet die Homannsche Karte 1712 das betreffende Heidegebiet wieder als "Moer" (Moor, Morast), ohne Ortsnamen, jedoch mit einer unbeschrifteten Ortsmarke an etwa der heutigen Stelle.

Die Wiebekingsche Karte 1786 greift dann eine Siedlung etwa an der Stelle des Hofes in den Dünen des Weidenmoores wieder auf und ein weiterer Ort "Marggrafenheyde" wird an heutiger Position verzeichnet.

  • Eine weitere Möglichkeit zur Deutung des Namens ergibt sich aus den Flur-und Ortsnamen, welche den Terminus für "Moor" enthalten. Dies ist aber nicht hinreichend belegt und wird lediglich phonetisch begründet. So gibt es das "Moer" als Ortsnamen, den Moorgraben, die "Mohrige Heide" (Flurstück im Hütelmoor) und den "Mohrig Hoff". Die Wahrscheinlichkeit für eine Bedeutung als "Moorgrabenheide" ist eher gering, aber nicht ganz auszuschließen.
  • Und schließlich "Heide", welche auch über die Jahrhunderte in verschiedenen Schreibweisen erscheint.

So finden sich Hinweise für damaligen analogen Sprachgebrauch von Mark und Heide (in: wikipedia.de), sowie des Weiteren für dän. "høyde" für Höhe, Anhöhe: "...Um nun vom Torfmoor zum Breitling kommen zu können, zogen sie vom Stinkengraben den sogenannten Pramgraben durch ein höher gelegenes sandiges Terrain bei Markgrafenheide vorbei in die Radel..." (H.F.Becker, 1839).

  • Der "Markgraf zu Brandenburg" als sagenhafter Namensgeber des Ortes

wird im wesentlichen durch die Geschichte König Erik Menveds Heerfahrt begründet. Zwar gab es einen Askanier diesen Namens, gest. 1319, der auch in Kriege der Zeit, z.B. in Pommern oder dem Deutschen Orden, verwickelt war. Eine Waffenbrüderschaft mit Erik Menved und zeitweise Hoheit über die Danskeborg am Breitling ist wohl nur ein Mythos. Sofern man die bei P. Babendererde erwähnten, vermeintlich von jenem gesiegelten Verpfändungsurkunden auffinden kann, böte sich ein anderes Bild, was aber nicht zwangsläufig die Namensgebung des Ortes in neuem Licht erscheinen läßt.

  • Fazit

Nach Auffassung des Verf. liegt der Ursprung des Namens in der Beschreibung für das Gebiet, nicht jedoch des Ortes, bereits in der Heidekaufurkunde 1252, der Grenzziehung durch Gräben und den dafür verwendeten Termini.

Die Pachturkunde 1585 für die Hofstelle im Moor "auf der "Markgrafen Heide", Folgeurkunden und -karten sowie deren Verwendung und Würdigung sind aussagekräftige Zeitzeugnisse, sie erklären für sich genommen nicht die Gründung des Ortes und dessen heutiger Bezeichnung, liefern aber weitere klare Hinweise zur Namensentstehung.

Johann Thor Balcken war deshalb mit einiger Sicherheit nicht der Ortsgründer oder Erstbewohner eines "Markgrafenheide". Da die weit ab liegende Hofstelle 1625 von der Stadt aufgegeben wurde, wären J. Schoff als Nachpächter oder A.Dobbin als Liquidator dann schon die Letzten gewesen, folgte man der Logik dieser These. Nach gerademal knapp 40 Jahren. Auch dürften die Sturmfluten und Warnowaustritte (Chyträus 1579) Einsicht gebracht haben, wo man baut und wo besser nicht.

Man muss aber fragen, was sich denn am Ort des heutigen Markgrafenheide zu damaliger Zeit noch abgespielt haben wird. Immerhin gab es den Jäger Brand(t) 1588, der dort eine Jagd des Rates zu unterhalten hatte, und seine gesamte vom Rat gestellte Ausrüstung wie Waffen, Munition, Hunde und Pferde, Futter und Zaumzeug und sicher auch seine "Jungen", also Jagdgehilfen, irgendwo unterbringen musste. Da die Jagd u.a. dem Schutz der Waldmast vor Wildschweinen diente, dürften auch Bauten für Schweinehirten bestanden haben. Ab 1617 sind Kossaten, also ortsfeste Bauern, im Gebiet niedergelassen. Und nicht zuletzt: der Bau des Moorgrabens ab 1579 von der Radel bis zum Hütelmoor erforderte Material, Versorgung und Unterkunft zahlreicher Menschen und der Graben wurde nach seiner Fertigstellung sicher auch benutzt.

Der maschinenschriftliche Vermerk eines unbekannten Autors auf dem Beiblatt zur Akte des Stadtarchivs "wenn der 1587 bestellt Wasenmeister eher als städtischer Angestellter anzusehen ist, 1586 Markkgrafenheide erstmals als bewohnter Ort erwähnt wird, dann war Johann von der Balck der erste Bewohner von MGH. Sein Hof begründete somit den Ort" (Stadtarchiv Rostock, Fundstelle 1.1.3.19. Bd. 5 Kämmerei, Forst- und Hospitalverwaltung) dürfte daher eher romantisch verklärt als hinreichend belegt sein.

Und bestätigt: Nicht mal zu dem Zeitpunkt dieses Vermerks wusste man, wie man Markgrafenheide richtig schreiben soll.

Markgrafenheide, Moer und Moorhof in historischen Karten: Verwirrung von Amts wegen...

Vorbemerkung
Die nachfolgende Aufstellung enthält die Auswahl der Karten, die einen Hinweis auf die Entstehung des Ortes, seiner Bezeichnung und seiner Bedeutung geben können. Der Betrachter und Leser sollte berücksichtigen:
- Karten folgen immer den Erwartungen und Zielen des Auftraggebers resp. Nutzergruppe. Sie bilden also Schwerpunkte ab, wie z.B. Besitzverhältnisse, Landschaft, militärische und navigatorische Anforderungen, Reisemöglichkeiten und Bauwerke, oder sind reines Repräsentations- und/oder Kunstobjekt.
- Karten können nur auf das zu der jeweiligen Zeit verfügbare mathematisch-geografische Wissen zurückgreifen, und auf die Fähigkeiten des Zeichners. Standards der Vermessung an Land hinkten den Seekarten nach Astronomie einige Zeit nach. Als erste auf Vermessung basierende Karte wird die Schmettausche 1788 angesehen, die jedoch auf der Wiebekingschen 1786 aufbaut.
- Karten sind IMMER falsch, das ergibt sich z.B. aus der Grenzen der Übertragbarkeit von Formen der Natur und Besiedlung in das Kartenformat. So wäre zum Bsp. eine im Kartenbild mit 1 mm Strichbreite abgebildete Autobahn im Maßstab 1:1.000.000 in natura ca. 1 km breit. Des weiteren gibt es bewusste Verfälschungen aus Geheimnisgründen, wie z.B. im Vergleich der gebräuchlichen amtlichen Topo-Karten der DDR in der Variante "Ausgabe für die Volkswirtschaft" im Vergleich zur "Ausgabe für die Nationale Verteidigung" erkennbar.
- Karten sind im Moment der Veröffentlichung bereits nicht mehr aktuell. Einerseits können sie Veränderungen nicht so schnell wie in der Realität folgen, und aus Zweckmäßigkeitsgründen werden häufig eher veraltete Informationen -unkritisch- übernommen und Karten nur in Teilen überarbeitet. Direkte Kartenvergleiche zur Recherche von Veränderungsprozessen sind daher mit Vorsicht anzustellen.
-Das Thema "Luft-/Satellitenbildauswertung" wird hier vorerst nicht behandelt.
An entsprechender Stelle werden nachfolgend Anmerkungen zu diesen o.g. Problemen gemacht, wenn sie der Erläuterung und Veranschaulichung besonders nützlich sind.
Ein großer Teil der Abbildungen sind, soweit nicht anders angegeben, Faksimiles des Werkes F.Mohr & G.Stenzel: "Landkarten-Zeitbilder", Rostock und Umgebung im Wandel der Zeit; Anmerkungen zu Karten aus 5 Jahrhunderten, Edition Temmen, 2001
1622 Lauremberg-Janssonius-Karte
Zwischen Breitling und Stromgrabenmündung, also dem Bereich Radel bis Hütelmoor, ist eine Ortsmarke "Moer" verzeichnet, die in gleicher Form und Größe wie für bekanntere Dörfer wie z.B. Warnemünde, Gruvel (Graal) und Rövershagen erscheint. Bemerkenswert ist, dass in den Akten des ausgehenden 16. Jhdt und beginnenden 17. Jhdt. bereits eine Erwähnung "Markgrafen Heyde" belegt ist (Pachtvertrag Johann Thor Balcken 1585, Gewettsrechnung des A. Dobbin 1624). Das stützt zunächst die Theorie, das "Markgrafenheide" zu dieser Zeit eine gebräuchliche Gebiets-, aber keine Orts- oder Siedlungsbezeichnung ist. Vermutlich bezeichnet "Moer" die archäologisch nachgewiesene Hofstelle im Weidenmoor, welche bis 1623 bestand. Der Moorhof oder "mohrig Hoff" ist noch nicht dargestellt.
1653 Matthäus-Merian-Karte
setzt im wesentlichen die relevanten Inhalte der Lauremberg-Janssonius-Karte fort.
1696 Lust'sche Reiterkarte
erscheint eher als Wegeskizze und Flurstückszeichnung denn als Karte, ist aber mit Rahmen, Himmeslrichtung und einem Wappen versehen. Sie enthält sehr detailreiche Informationen zu Schneisen, Flurbezeichnungen, Bächen und Baumarten. Sehr ausführlich gezeichnet ist die "Torfbrücke". Die Reiterkarte ist die vermutlich erste Karte, in der neben einer Siedlung, welche durch ein Symbol eines Hauses gekennzeichnet ist, der Name "die marckgrafenheyde" an der heutigen Stelle vermerkt ist. Verwechslungen mit dem Moorhof sind auszuschließen, da der "mohrig Hoff" lagegenau eingetragen ist, eine Hofstelle im Weidenmoor oder ein Ort namens "Moer" fehlen auf dieser Karte. Zudem wurde "marckgrafenheyde" lagegenau nördlich gegenüber dem noch heute vorhandenen Flurstück "Lehmkuhlen" eingezeichnet, beide werden durch einen Weg getrennt.
1700 de-Wit-Karte
In dieser Karte scheint kein kartografischer Fortschritt ggü. 1653 Matthäis-Merian für das betreffende Gebiet stattgefunden zu haben, oder aber die Lust'sche Reiterkarte 1696 wurde kartografisch nicht berücksichtigt. Es erscheint wieder "Moer" mit einem Siedlungssymbol im Hütelmoor.
1700 Hoinckhusen-Atlas
Zeitgleich mit der de-Wit-karte, die offensichtlich Orte, Verwaltungsgrenzen und Küstenlinien als Schwerpunkt darstellte, ist der Hoickhusen-Atlase hinsichtlich Landschaftsdarstellung üppiger, wie man an den ausgedehnten Dünen östlich des "Breetling" erkennen kann. Die "Rostocker Heyde" beherbergt die symbolisierten Orte "Moerhoff", Muggenborg" und "March-Gräfin-Heyde", wobei Moorhof und Müggenburg wohl vertauscht wurden.
1702 Baptist-Homann-Karte
Diese Karte nimmt keine Informationen der Lust'schen Reiterkarte bzw. des Hoinckhusen-Atlas auf, sondern verharrt bei der Darstellungsweise der de-Wit-karten und ihrer Vorgänger. Es ist wieder ein Ort "Moer" an bekannter Stelle vermerkt, den es dort aber schon 75 Jahre nicht mehr gab, unterstellt man, das mit "Moer" die Hofstelle im Weidenmoor gemeint ist. "Moer" wird noch bis mindestens 1758 ((sog. "Französischer Atlas") in Folgekarten übernommen.
1721 Jaeger-Atlas
benannt nach dem Herausgeber, nicht, wie nach der "Reiterkarte" naheliegend wäre, für Forst- oder Waidleute gedacht. Hier treten wieder deutlich Landschaftsformen hervor, ähnlich wie im Hoickhusen-Atlas insbesondere die Rostocker Heide und die Dünen östlich der Warnow, als Ort in der Heide aber nur der "Morhof" verzeichnet. Wege durch die Heide sind nicht angegeben, obwohl die Lust'sche Reiterkarte schon davon viele auswies, insbesondere den Weg nach Gruvel/Grahl/Graal/Grael.
1786 Wiebekingsche Karte
Ist die erste Karte, welche dem heutigen Verständnis von amtlichen Karten, also maßstäbliche Genauigkeit und inhaltliche Vollständigkeit entspricht. Der Ort Marggrafenheyde wird topografisch sehr detailreich positioniert, der Moorgraben und im weiteren Prahmgraben mit Verlauf zum Moorhof sind eingezeichnet wie auch andere Fließe und Flurstücke. Seltsamerweise ist der Radelsee als Wiese koloriert. Der "Schnattermannkaten" am Breitling ist eingetragen. Etwa ab dieser Edition taucht "Moer" nicht mehr in den Karten auf.
1788 Schmettau'sche Karte
Die Karte wirkt ggü. der Wiebekingschen eher als Kataster- und Liegenschaftskarte, da sie exakter durch Reduzierung erscheint. Markgrafenheide rückt in dieser Darstellung jedoch weiter östlich Richtung Steinheide bei Hinrichshagen. "Moorhof" und "Moer" sind nicht bezeichnet.
1791 Reilly-Atlas, Karte des Zum Herzogthum Mecklenburg gehörigen Wendischen Kreises Nördliche Aemter Nro. 307
Das Besondere an dieser Karte des damaligen Verwaltungsstruktur ist einerseits das Fehlen fast sämtlicher Infrastruktur und Siedlungen in der Rostocker Heide, nur die Dünen sind auffällig dargestellt. Andererseits ist der Name des Verwaltungsgebiets "Wendischer Kreis" bemerkenswert, denn hier dominiert damit die slawische Geschichte ("fürstliche Heide"); auf die bürgerliche "Rostocker Heide" und damit Rostock selbst scheint man nicht so hohen Wert gelegt zu haben. Heute gibt es dafür die Kreisfreie Stadt Rostock und den Landkreis Rostock. Kleine Revanche?
1796 Tarnow'sche Karten, Geometrischer Plan des Stadtleins Warnemünde und der angrenzenden Feldmarck Groszen Klein
mehr eine Vermessungszeichnung als eine Karte, gibt diese Darstellung Hinweise auf Eigentumsverhältnisse und Abgrenzungen, historische Ereignisse von 1275 (Warnemünde im Eigenthum Waldemars) bis ins Jahr 1311 (Kampf um Rostock zwischen dem Rat und Waldemar, Herr zu Rostock einerseits und Erik Menved, König von Dänemark, mit Heinrich dem Löwen andererseits). Marggrafenheide am oberen rechten Rand mit immerhin 5 sichtbaren stattlichen Gebäuden längs des Moorgrabens spielt hier nicht so sehr eine Rolle. Interessanter ist die Darstellung und der textliche Verweis auf "Vierrade" (lat. "quator rotac"), der vermuteten 4-rundtürmigen "Danskeborg" am Stankgraben, dem nördlichen Zugang zur Ostsee aus der Radel. Des weiteren ist eine Hinweis auf die Bedeutung des Schnatermannsteins als Grenzmarke für die Domäne Groß Klein im Breitling gegeben. Möglicherweise sind auch Grenzen für Fischereirechte geprüft worden.
1807 Weimar-Atlas Theil von Mecklenburg Sect. 8
Man fragt sich zurecht, mit welcher Gewichtung es manche Objekte zum Karteneintrag schaffen. In der Karte werden in der Rostocker Heide Marggrafenheide und Müggenburg als Orte verzeichnet, aber daneben auch die "Herings Bude", etwa Höhe heutiger "Blauer Boje", und der "Ther-Ofen" kurz vor Graal. Da die Karte wohl vor allem militärischen Zwecken diente, wären sonst eher unbedeutende, weil veränderliche Landmarken für die Orientierung fremder Truppen (Signalpostenkette der Franzosen entlang des Strandes) oder für Versorgungszwecke (Teerofen) nützlich gewesen sein.
1910...1920 Forstwirtschaftskarte
Markgrafenheide (in dieser Aufstellung ab hier in dieser Schreibweise) besteht nur aus dem Kossatengehöft, dem Forsthaus und der Wartehalle der elektrischen Strandbahn. Der Gleisverlauf bis Hohe Düne ist ebenfalls eingetragen. Die parallel zum Gleisverlaufende "Chaussee" deutet auf die Entwicklung des Automobilverkehrs. Die Radel entwässert aus dem Radelsee noch über die Kleine Radel oder Wollkuhl, der Prahmgraben stellt dort nur eine Fahrrinne dar.
1926 Karte der Reviere Hinrichshagen und Schnatermann in der Rostocker Heide nach L. Krause
Ausführliche Karte der Flurstücke und Flurnamen und wichtigstes Hilfsmittel zur volkskundlichen Deutung ("Die Rostocker Heide im Spiegel ihrer Orts-, Forst- und Flurnamen" ). Fließe, Bäche und künstliche Wasserstraßen mit Einbauten ("Stackwerk") sind sehr genau abgebildet. Die Karte enthält z.B. auch Hinweise auf vermutete spätmittelalterliche Warnowmündungen, auf die Köhlerei am Moorgraben, den Holztransport mit Zwischenlagern und die Flößerei in der westlichen Rostocker Heide bei Markgrafenheide.
1981 Karte des Bezirkes Rostock
Die Karte birgt einige Beispiele für in Kauf genommene Ungenauigkeiten und Falschdarstellungen. Immerhin war zu dieser Zeit die Heide Militärisches Sperrgebiet zu weiten Teilen, der Strand war militärisch streng beobachtetes Grenzgebiet. Markgrafenheide besteht aus dahingewürfelten Wohnblöcken nördlich der Chaussee, die es da nie gab, und die kleine Radel entwässert immer noch den Radelsee über die Wollkuhl in den Breitling, obwohl die für den Ausbau des Hafens und des Seekanals angelegten Spülfelder zwischen Radel und Taterhörn die Kleine Radel längst verfüllt hatten und der neue Moorgraben östlich davon im heutigen Bett am Rande des NSG Schnatermann zum Radelsee verlief. Karten hatten auch immer desinformierende, ideologische Funktionen zu erfüllen. Dennoch bietet die Karte durch die farbliche Hervorhebung des Rostocker Stadtgebietes einen Eindruck von der Ausdehnung der Rostocker Heide seit 1252, wenn auch mit Grenzbereinigungen im Laufe der Zeit vor allem in Süden im Bereich der B105.

"Denn wo der Uhrmacher Wulebresme erschlagen ward, weiß niemand mehr." H.F. Becker

Wasenwärter, Armenkirchhof und Pösten, Rätsel um das historische Bestattungswesen

Kossatengehöft später Forstfuhrmannshof

Zur Definition "Kossaten"

Auszug aus: "Durch die Rostocker Heide von Graal über Moorhof nach Markgrafenheide ...." Hans Vollrath Kirsch o.J. (vor 1925)
"...Hinter dem Forsthause liegen die Kossatengehöfte mit ihren malerischen alten Strohdachhäusern, deren Bewohner Kossaten oder Kossäten genannt, hergeleitet von "Katen" oder "Koten" = kleiner Hof und "sassen" = Insassen, der Stadt als Grundeigentümerin Spanndienste zu leisten verpflichtet sind. Sie müssen auf Geheiß der Forstverwaltung jederzeit das in der Heide geschlagene Holz an die Verladestelle befördern und zu diesem Zwecke in ihren kleinbäuerlichen Betrieben eine vorgeschriebene Anzahl Pferde halten."
Kossaten besaßen also nicht das Land, auf dem sie wirtschafteten, und waren wirtschaftlich abhängig von den Vorstellungen und Maßnahmen des Grundbesitzers, der Stadt Rostock. Sicher kein leichtes Los.
Die Kossaten z.B. in Markgrafenheide waren in den Jahrhunderten verschiedenen strukturellen Veränderungen, wirtschaftlichen Strategien und Herausforderungen ausgesetzt:
Bereits Ende des 13. Anfang des 14. Jhdt. wurde durch die Entstehung der Hagendörfer die Ackernutzung in die Heide vorangetrieben, Waldmast war nach der Holzwerbung der zweitstärkste Erwerbszweig der Heide. Mit Beginn des Moorgrabenbaues werden die Hand- und Spanndienste die Verpachtung von Hofstellen geprägt haben. Als Nebenerwerbslandwirte und Selbstversorger benötigten die Kossaten Flächen für Ackerland, Garten und Weide für die Haltung von Zug- und Nutzvieh. Die Waldmast von Schweinen, z.B. an der Kossatenkoppel am Moorgraben, heute noch gut erkennbar durch die Zaunmarken in der Rinde mehrhundertjähriger Eichen, wurde erschwert durch Wildschweine.
Die unstete Küstendynamik führte zu Salzwassereinbrüchen mit Ernteverlusten, Schädigung von Böden, Hoch- oder Niedrigwasser, zu unbrauchbaren Brunnen oder bei sommers zu einem ausgetrocknetem Sandfurtsbach (O.Kolp: Die nordöstliche Heide Mecklenburgs, Berlin 1952). So sind z.B. -heute noch erkennbare- Kuhlen oder Kleingewässer angelegt worden, um Tränkwasser für das Vieh vorzuhalten. Da der sandige Grund weder frisches Wasser hielt noch salziges Grundwasser von unten her abhielt, dichteten die Kossaten die Tränkkuhlen mit Lehm ab, den sie in der Nähe abbauten ("Lehmkuhlen"). Der gewonnene Lehm und seine Kalkablagerungen haben auch zum mineralischen Düngen der Äcker gedient, dem sog. Mergeln. Dies führte aber zu einer Verarmung der Böden mit Hauptnährstoffen, da die mineralischen Zusatznährstoffe des Lehms und der mittels Kalk angehobene pH-Wert das Wachstum der Pflanzen nur kurzzeitig förderten und damit die Humuszehrung des Bodens steigerten. Reiche Väter, arme Söhne, so ein Spruch dieser Zeit des Mergelns.
Aber bereits Ende des 17. Jhdts. sollen durch Zurückdrängen des Ackerbaues zugunsten der Waldungen von 8 Kossaten in Markgrafenheide nur noch 2 wirtschaftlich überlebt haben. Auch der 30-jährige Krieg trug sicher zur Wüstung mancher Hofstelle bei, durch Plünderung, Zwangslieferungen, Zwangsmilitärdienst oder Mord. Der Wald holte sich die brachliegenden Äcker zurück.
Anfang bis Mitte des 19. Jhdts. erledigte die neue geordnete Forstwirtschaft nach Becker und Garthe dann den Rest: Zunächst sollten die Pferde, Ochsen und Kühe samt Kälbern zahlenmäßig halbiert werden, um sie auf den verbliebenen Acker-, Wiesen und Weideflächen zu versorgen und somit aus dem Wald herauszudrängen, schlussendlich wurde per Dekret die Allmende und damit die Waldmast dann gänzlich verboten.
Heute zeugen nur noch der alte Forstfuhrmannshof am Budentannenweg, Flur- und Wegenamen wie Weidenmoor, Kuhschneise, Kossatenkoppel, Lehmkuhl, Krüger- und Holländerwiese sowie die mächtigsten Eichen der Heide mit den ihren ausladenden Kronen, gepflegt und gedüngt von Generationen von Hausschweinen auf Eichelmast, von der ehemaligen Nutzung. Und, die "Sandfurten":
Kossaten, Waldbauern und Forstleute nutzten sandige Bachstellen (Furten), um die Hufe der Zugtiere nach dem Tagwerk von Lehm, Schmutz und Kot zu reinigen und um die Huf- bzw. Klauengesundheit zu erhalten. In vielen Dörfern kennt man die "Pferde- oder Ackerschwemme", befestigte Teiche, durch die ganze Fuhrwerke im Kreis gefahren wurden. Historische Autowaschanlagen sozusagen. Gelegentlich trug auch der nahe Dorfkrug diesen Namen, denn das Schwemmen war oft der letzte Gang vor dem Feierabend und auch sozialer Treffpunkt.
Wo es nur Einzelhöfe und natürliche Möglichkeiten gab, wurden diese genutzt. So finden wir heute in der Heide 2 Sandfurtbäche, einen im Revier Hinrichshagen, und einen bei Meyers Hausstelle.

Der Moorhof

Der Beitrag befindet sich im Aufbau

Die Köhlerei am Moorgraben

Betrachtet man den Verlauf des Moorgrabens in Richtung Hütelmoor, so findet man in der Krauseschen Flurnamenkarte 1926 eine Eintragung "Alte Köhlerei" und "Kösel". Heute ist dort nichts mehr zu sehen, auf alten Postkarten findet man noch Fotos des Kösels oder sog. Hexenhäuschens.
Zur Aufarbeitung der Geschichte der Köhler und Teerschweler hat sich Oberförster a.D. Gerd Heil, verdient gemacht. Insbesondere sein Verdienst ist es, dass in Wiethagen am Köhlerhof nicht nur ein originaler, denkmalgeschützter Köhlerofen noch in Betrieb ist, sondern auch der Erfahrungsschatz der Köhler und Teerschweler erhalten und öffentlich zugänglich bleibt.
Die frühesten Nachweise auf eine gewerbliche Köhlerei/Schwelerei in der Heide werden auf 1634 datiert, es ist aber wahrscheinlich, dass dieses Verfahren schon viel früher betrieben wurde. Das Datum 1634, also vor der geordneten Forstwirtschaft nach H.F.Becker, wird auf ein Verbot der Köhlerei in der Heide bezogen, ein Regulativ also gegen die Allmende, den Gemeingebrauch von Holz, Lehm und Wasser.
Köhlereien bzw. Schwelereien stellten eine breite Produktpalette her: Holzkohle als Heizmaterial für Metallurgie, Glasschmelzen, Teer für den Schiffbau, Holzgeist als Lösungsmittel und Medizin. Rohstoff war das Holz der Heide, insbesondere versprach man sich von der Nutzung von Rodestubben und Schwachholz für die Köhlerei eine Entlastung des Wertholzbedarfes und eine bessere Verjüngung des Waldes durch Anzucht auf wurzelfreien Flächen.
In dem Krauseschen Flurnamenregister findet man Flurstücksbezeichnungen, die auf Köhlerei hinweisen. G. Heil lokalisiert in der Rostocker Heide frühere Standorte von 6 Teeröfen und 3 Erdmeilern.
Die Unterscheidung in Öfen und Meiler hat im wesentlichen technologische Gründe: Teeröfen sind ortsfeste, bauliche Anlagen aus Ziegeln, das Bauwerk ist also am Ende getrennt vom Produkt; Erdmeiler sind de facto mobile, immer wieder zu errichtende Schichtkegel, die z.T. selbst zum Produkt werden. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass ein Teerofen nach dem Brand zumeist langsam über mehrere Tage von selbst herunterkühlt, wogegen ein Meiler mit Wasser abgelöscht werden muss.
So sind auch die Standorte vom Meilern, wie der der Köhlerei am Moorgraben, in Wassernähe erklärt. Auch gibt G.Heil Hinweise darauf, dass die Lehmkuhlen (siehe Kapitel "Kossatengehöft" und "Kuhlen, Mulden, Deiche und Dämme") auch dazu dienten, Baumaterial für die Köhlereien, als Kluthen (Backsteine) oder Lehm zum Verputzen, Dichten oder Reparieren, zu gewinnen. (G.Heil: Geschichte der Köhler und Teerbrenner in der Rostocker Heide, Riedick&Schade, 2002).
Die für den Betrieb eines oder mehrerer Meiler notwendigen Voraussetzungen und Ressourcen wie minderwertiges Holz, Sand, Lehm, Wasser und idealerweise auch noch der Transportweg waren für den Standort am Moorgraben also gegeben. So betrieb ein "Adjunkt" Voigt Wilhelm Meyer 1845 die Köhlerei am Moorgraben. Die Bezeichnung "Adjunkt" deutet darauf hin, dass die Stadt Rostock von Amts wegen (heute würde man das ggf. als Eigen- oder Regiebetrieb bezeichnen) die Köhlerei betreiben ließ.
Es gab seitens Meyers auch Versuche, Torfsoden aus dem Hütelmoor zu verschwelen. Hier gibt G. Heil einen Hinweis zur Aufklärung, das es gerade diese Torfkohle war, die so entsetzlich stank, dass die Rostocker sie nicht haben wollten. Dies erklärt, warum trotz der Legende dennoch Torf vom Schnatermann noch im frühen 19. Jhdt. geworben, getrocknet und vermarktet wurde (Vgl. Kapitel Jahr 1782 und Verkaufsofferte 1805). Denn die Versuche W. Meyers zur Verkohlung von Torf datieren erst 1849.
Das Hexenhäuschen am Moorgraben, vor 1934. Quelle: Sammlung J. Dudek
Dass wir es am Moorgraben mit einem Erdmeiler zu tun haben, ist auch die naheliegende Erklärung dafür, heute dort keine als Bauwerk erkennbare Köhlerei mehr vorzufinden. Wie lange diese betrieben wurde, ist noch zu klären. Gegebenenfalls ließe sich der Standort des Meilers anhand von Bodenprofilproben noch nachweisen, denn teerhaltige Rückstände und Aschen in ungestörten Böden sind labortechnisch auch nach langer Zeit sehr gut zu analysieren.
Romantisch verklärt wird daher das zum Meilerstandort errichtete Wohn- oder Wirtschaftshaus, das sog. "Hexenhäuschen". Belege darüber, dass mit dem Meiler auch ein Wirtschafts- und/oder Wohngebäude errichtet und genutzt wurde, wären noch beizubringen. Wir finden bei L.Krause einen Hinweis, der das Gebäude selbst nur am Standort, nicht aber zwingend als Teil der Köhlerei beschreibt. "An der Stelle der Alten Köhlerei am Markgrafenheider Kanal steht noch heute (1926) ein einsames Strohdachhäuschen, das hin und wieder einzelnen Waldarbeitern, die zu weit entfernt wohnen, als Nachtquartier und Kochgelegenheit dient, meist aber unbewohnt und verschlossen ist..." (Dr. L. Krause: Die Rostocker Heide im Spiegel ihrer Orts-, Forst- und Flurnamen, 1926). Von Köhlern keine Rede mehr.
Wohl aber von Forstarbeiter- oder Flößerunterkunft. Und so passt auch die Geschichte des Wutbürgers und Fischers Hans Bödewig in die romantische Erzählweise (in: Dr. J. Rabbel: Der letzte Heidefischer. in NNN 29.2.2008): Der machte im Sommer 1923 den "Hausbesetzer" und wollte nachträglich ein Wohnrecht oder Pachtvertrag von der Hansestadt. Das ging nur unter einer befristeten Pacht, mit Ausnahmen, Zugeständnissen und Duldung der Forstbehörde gut. Bis 1925, dann wurde die Räumung angeordnet, die Bödewig aber bis 1926 hinauszuzögern wusste, u.a. wegen Wohlverhaltens bei ehrenamtlichen Einsätzen im Stadtforst. Der letzte Versuch des Widerspenstigen endete im Dezember 1927 mit Klage und Androhung der Zwangsräumung des Hexenhäuschens, woraufhin er den Platz Richtung Hotel Mama in Rostock verließ.
1934 wurde dieses, unbeheizbare, Häuschen dann abgerissen. Insofern ist auch der Hinweis..."im Winter unbewohnbar" als Indiz zu werten, dass das Häuschen nicht zum Daueraufenthalt eines Köhlermeisters errichtet worden war.

Das Forstrevier Markgrafenheide

  • Revier Markgrafenheide

Kuhlen, Teiche, Mulden und Dämme: Zeugnisse der Kulturlandschaft Heide

Wandert man aufmerksam durch die Heide, so stößt man oft an den Schneisen, Wanderwegen und "lost places" auf Vertiefungen im Boden, ständig oder nur in Nässeperioden wasserführend, oft auch ganzjährig trocken. Sie erreichen Tiefen von 1 bis mehreren Metern, und Ausmaße von bis zu 20....30 m Ausdehnung. Sind diese Vertiefungen natürlichen Ursprunges oder wurden sie künstlich angelegt; welchem Zweck dienten diese Kuhlen und welche Funktion oder Bedeutung haben sie heute für die Heidelandschaft?

Die letzte Eiszeit vor 6000 Jahren hat in der Heide einen wahren Flickenteppich von Bodenarten und -formen hinterlassen, Sturmfluten und Wind verformten die Oberfläche ebenfalls und tun es bis heute. Neben den vorzufindenden Geschieben der Gletscher, also Mergel, Findlinge und kiesige Sande, transportierten die Ur-Warnow und die Ur-Recknitz feinere Flußsande in und durch die Heide. Eine typische postglaziale Landschaftsform, das "Soll", also trockene oder wassergefüllte Toteislöcher (auch "Augen der Landschaft"), an deren Ufer in Geschieberichtung häufig deutlich mehr Kiese oder Findlinge vorzufinden sind, ist in der Heidelandschaft nicht ohne weiteres sichtbar. Dennoch gibt es zahlreiche Flurnamen mit der Endung "Soll". L. Krause in "Die Rostocker Heide im Spiegel ihrer Orts-, Forst- und Flurnamen" 1926 beschreibt auch die Schwierigkeit der sprachlichen Unterscheidung von "Soll" (Wasserloch) und "Sahl, Saal" als Bruch, also Sumpf, Moor, Feuchtwiese.

Mit der Nutzung der Heide als Kulturlandschaft kamen anthropogene Einflüsse dazu, das sind menschengemachte Landschaftselemente oder -formen wie Dünen, Gruben, Wasserwege, und des weiteren -wasserregulierte- Nutzflächen für Acker, Forst und Militär. Der Dorfteich der Wüstung Müggenburg an den Remin`schen Wiesen ist ein deutliche Hinterlassenschaft der Epoche der Besiedlung und Aufgabe von Heidedörfern, ebenso wie die zahlreichen kleinen Gräben, Kanäle und Wehre. Die Reste des Becker`schen aus dem 19.Jhdts. und später des Mewes`schen Kanalprojektes aus den 60er Jahren des 20.Jhdts. bei Moorhof oder Torfbrücke sind heute Oasen in der Heidelandschaft. Das Hütelmoor war in der 2. Hälfte des 20. Jhdts. der intensiven "Melioration", also Gräben, Dämme, Schieber, Pumpwerke, Wegebau usw. ausgesetzt.

L. Krause erfasste eine Reihe von "Kuhlen", die auch unterteilt werden in "mit" oder "ohne" Bezug zu Wasser. Es gibt ebenso Bezüge zu Ereignissen (immer gern genommen: "Mörderkuhle", nicht zu verwechseln mit dem heutigen Jugendsprachgebrauch "mordscool"); wie auch Bezüge zur Waldmast (Tränke), und zur Jagd wie "Voßkuhl" und "Wolfskuhl", also möglicherweise Grubenfallen oder auch Zerlege- und Wasenplätze. So könnte es sein, dass die auffällige Kuhle an der Stückenschneise Nähe Sandfurtsbach am Hütelmoor solche Funktion(en) hatte. In der Krauseschen Flurnamenkarte verzeichnet ist sie aber nicht. Eine "Rußkuhl" könnte einen Hinweis auf sporadisch eingerichtete Köhlerei geben. Denkbar ist es, dass die Kuhlen parallel oder in zeitlicher Folge verschiedene Zwecke erfüllten. Also viel Spielraum für Interpretation und Spekulation, Kopfkino für den interessierten Wanderer.

Dieser Beitrag widmet sich einigen Kuhlen vor allem in der Nähe der Markgrafenheide, aber auch etwas größerem Umkreis.

Lehmkuhl(en)

Die Krausesche Flurnamenkarte 1926 weist allein 4 Flurstücke am östlichen Ortsrand von Markgrafenheide auf, die "Lehmkuhl" im Namen tragen: Nr. 23 "In der Lehmkuhl" begrenzt von Armenkirchhofschneise und Ahrensheidenschneise, Nr. 7 "Lehmkuhlen" südlich der Chaussee hin zum Radelsee sowie daran südlich anschließend. Nr. 8 "Bei den Lehmkuhlen" im heutigen NSG Radelsee. Den "Lehmkuhlengarten" (Nr. 4) findet man südlich der Steinheide Richtung Sandhagen (OT von Hinrichshagen).
O. Kolp hat durch Bodenuntersuchungen einen "Geschiebemergelsporn" bei Markgrafenheide nachgewiesen, und zwar am Rande postglazialer Flussläufe, hier dürften das die Radel und die Heubek sein. Auch wird in den Schriften eine "Anhöhe" bei Markgrafenheide benannt. Da die Flurnamensgebung häufig mit ihrer Nutzung in Verbindung steht, kann man also dem nachgehen, wie z.B. aus Lehmberg Lehmkuhle wird.
Nur zur Klarstellung: Es handelt sich nicht um reine Lehme oder gar Tone als Bodenart, sondern bestenfalls um lehmige Sande (lS) oder sandige Lehme (sL) gem. Bodenartenklassifizierung. Es sei daher an dieser Stelle vorweggenommen, das bisher in der Rostocker Heide keine Tongruben für Ziegeleien oder Töpferwerkstätten nachgewiesen oder angenommen sind. Auch wenn eine Fundstelle auf einer privaten Internetseite den Transport von Ziegeln auf dem Moorgraben anführt, so ist das wohl eher als die Rückfracht in die Heide, als Baumaterial z.B., anzusehen. Die Ratsprotokolle der letzten Dekade des 16. Jhdt. zum Betrieb des Moorgrabens durch Heine und Gerdes erwähnen zwar Ziegeleien, diese jedoch in Zusammenhang mit dem Bezug von Torf als Brennstoff, geliefert nach St. Jacobi.
Welchen Nutzen hatten also die "Lehmkuhlen"?: In der Nähe der Kossatengehöfte ist die Nutzung als Baumaterial für die lehmverputzten Wohn- und Wirtschaftsgebäude (Forstfuhrmannshof) wahrscheinlich, ebenso für die Bodenverbesserung sandiger, nährstoffarmer Äcker (Mergeln) sowie das Abdichten der (Wald-)Weidetränkkuhlen für die Wasserhaltung in der Sommertrockenheit. (siehe auch Beitrag: Kossatengehöfte). Da die Lehmkuhlen nicht sehr ergiebig und von minderer Qualität waren, waren sie bald erschöpft. Mit dem Rückgang der Landwirtschaft in der Heide, der Entwicklung der Agriculturchemie nach J.v.Liebig und der Nutzung von alternativen Baustoffen der Neuzeit verloren sie sicher schnell an Bedeutung. Bei G.Heil zur Geschichte der Köhlerei in der Rostocker Heide gibt es einen Hinweis, dass der ortsfündige Lehm als Rohbackstein (Kluthen) und als Lehmputz für Teerschwelöfen und Meiler zur Abdichtung (Luftabschluss) des Schwelgutes Verwendung fand.
Heute sind die Lehmkuhlen am und im NSG Radelsee ein Paradies für Wasser- und Watvögel, vom Aussichtsturm am Hafen Moorgraben hat man eine schöne Sicht auf die offenen Flächen.

Wegebau, Stellungen und Löschwasservorhaltung

Einige Kuhlen sind der jüngeren Heidegeschichte zuzuschreiben. Dabei hilft es gelegentlich, die vorgefundene aktuelle Topografie mit der Krauseschen Flurnamenkarte abzugleichen. Diese stellt ja den Zustand Mitte der 20er Jahre des 20. Jhdts. dar. Die meisten der in "Tagebau" entstandenen heute sichtbaren Kuhlen datieren wohl erst nach dem Erstellungsdatum dieser Karte. In den folgenden Dekaden werden zunehmende Bauaktivitäten an und in der Heide verzeichnet, es entstehen größere Siedlungen wie Markgrafenheide, die Motorisierung des Forstwirtschaft und des Tourismus mit Bedarf an geeigneten Wegen beginnt und das Militär erobert zunehmend die Waldungen.
Dafür benötigte man, insbesondere für den Wegebau, Material zum Aufschütten und Befestigen. Das war vor Ort in Form von Sanden und Kiesen ja vorhanden. Das Militär hatte zudem dafür zu sorgen, in der Nähe der Schießplätze genügend Löschwasser vorzuhalten, falls die Munition oder einfach nur der Aufenthalt von Soldaten (Zigarettenkippen, Wärmefeuer, Kochstellen, heiße KfZ-Motoren) mal eben die Heide in Brand setzten. So findet man insbesondere im Bereich des Schießplatzes Wiethagen im Waldstück Rotenorten große Teiche und daneben Kuhlen mit Resten von militärischen Leitständen. Manche Kuhlen dürften auch bei Übungen zum Eingraben (Stellungsbau) von Großtechnik entstanden sein.
Ein Beispiel für die vermutliche Entnahme von Wegebaumaterial findet sich im Revier Schnatermann in dem bei L. Krause als "Kleine Heide" benannten Quartier. Vom befestigten Weg aus führt eine deutliche Rampe in die Kuhle, die sich mit Wasser und Wasserpflanzen gefüllt hat. Im Sommer beschattet der stark aufwachsende Farn dieses Kleingewässer und schützt es vor schneller Austrocknung. Eine ähnliche Gestalt weist das Feuchtbiotop an der Ziegenheidenschneise beim Sandfurtsbach zwischen Rövershagen und Meyers Hausstelle auf.
Wenn diese Teiche auch heute noch eine Entnahmestelle für Löschwasser sein können, so haben sie sich doch zu meist klaren Kleingewässern entwickelt, die sich mit Grund- und Regenwasser füllen, aber nach sehr trockenen Sommern wie z.B. 2018 bis 2020, sehr niedrige Wasserstände aufweisen oder gar austrocknen können. Die Uferkanten zeigen auf die mögliche Ausdehnung und Tiefe dieser Gewässer. Libellen, Amphibien wie den Kammmolch, aber auch Wildtiere bei der Tränke oder Suhle kann man hier beobachten.

Mulden und Dämme für die Flößerei

Der Moorgraben ist die bekannteste Wasserstraße der westlichen Heide, angelegt für die Fahrt von Prahmen (segel-, treidel-, stak- und ruderbare Flachbodenboote), um Holz, Holzkohle und Torf aus der Heide zum Umschlag an den Schnatermann zu transportieren. Dazu wurde der Moorgraben in mehreren Perioden verlängert, vertieft und uferbefestigt. Historische Fotos und Gemälde bilden die Szenerie mit den typischen Scheitholzstapeln (Poltern) am Moorhof, in Markgrafenheide und am Schnatermann ab (s.a. C.Malchin 1904; K.Eschenburg). Der Moorhof am Ende des Moorgrabens wurde durch das Wirken H.F.Beckers ab Mitte des 19. Jhdts. der zentrale Holzsammelplatz der Rostocker Heide.
Auf einem alten Foto vom Moorhof sieht man jedoch auch Langstämme zum Floß gebaut.
Über die Flößerei in der Heide ist noch recht wenig bekannt. Das mag vielleicht daran liegen, dass diese Transporttechnologie für Langholz seltener gebraucht wurde, seltener überhaupt möglich war aufgrund der wechselnden Wasserstände. Nach H.F.Becker waren ja eher das "Energieholz", die Holzkohle und das Torf zum Heizen von Interesse. Dennoch hat H.F. Becker Flößversuche mit verschiedenen Baumarten durchgeführt, und zwar speziell zur Schwimmfähigkeit diverser Holzarten in Süß- oder Salzwasser. "Man kann nur bei ruhigem Meer das Flößen von Holz wagen, denn starker Wellenschlag zersprengt die Flöße und zerstreut die Holzstücke, welche bei starkem Winde nach der Dänischen und Schwedischen Küste getrieben werden können. Übrigens trägt das Seewaßer ungleich mehr als das specifisch leichtere Flußwaßer. Versuche haben mir bewiesen daß das Holz der Masteiche Quercus foemina in Seewaßer schwimmt, das Holz der Traubeneiche aber nicht. Indeß läßt sich letzteres auch flößen wenn man es mit Nadelholz verbindet. Es leidet keinen Zweifel daß die Flößerei durchs Meer nicht betrieben werden kann, wenn man die dazu geeigneten Mittel in Anwendung brächte."...Einen neuen Canal, der den Moorhof mit dem Prahmgraben verbindet, hatte Becker schon entworfen: "Daß die Arbeit nicht übertrieben kostbar werden kann, verbürgt uns die geringe Waßertiefe die man zum Flößen bedarf." (H.F.Becker: 1839).
Für das Flößen braucht man, im Gegensatz zum Treideln, eine natürliche Antriebsenergie, die eine Bewegung des Floßes ermöglicht. Auf Flüssen mit ausreichender Strömung bedarf es keiner Unterstützung, ggf. nutzt man sog. Floßgassen, also Verengungen, die die Strömung und den Wasserstand dieser fließenden Welle verstärken. Auch kann man sog. Zuschusswasser nutzen, also den Ablass eines Staus oder eines Nebenflusses. Die selbständige Bewegung des Flöß- oder Treibholzes wird auch als Trift bezeichnet. Oft überließ man das Triftgut einfach den Elementen, es würde den Weg mithilfe des Wassers schon finden. An Engstellen wurde dann verkeiltes Holz wieder freigemacht.
Windabhängige, schnell und häufig wechselnde Wasserstände und Strömungsrichtungen des Prahmgrabens (Moorgraben) dürften die Planbarkeit der Flößerei in der Heide nach diesen Prinzipien nahezu unmöglich gemacht haben. Wurde deshalb getreidelt? Möglich ist es, denn die Wege beidseits des Moorgrabens auf Höhe Kossatenkoppel wären dazu geeignet, die Kossaten waren zu Spanndiensten verpflichtet. Aber dann würde man vom Treideln, und nicht von Flößen oder Trift berichten.
Was spricht neben dem Foto vom Moorhof und der Becker`schen Konzeption noch für das Flößen? Eine weitere Wasserstraße, die den Moorhof mit dem Prahmgraben verbindet, ist der Floßgraben. Er verläuft nicht mitten durch das Hütelmoor, sondern am östlichen und südlichen Rand des Hütelmoores entlang des Waldrandes. H.F.Becker spricht auch von einem "neuen Canal", denn der Moorgraben oder Prahmgraben verlief schon bis zum Moorhof (Wiebekingsche Karte 1786). Aber auch der Floßgraben ist dort eingezeichnet.
Wurde dieser Floßgraben, wie der Name vermuten läßt, selbst zur Flößerei benutzt? Flöße sind in der Regel schwerer zu navigieren als Boote, die Gefahr der Beschädigung der aufwendigen Uferbefestigungen im Prahmgraben wäre groß, die Begegnung mit den Prahmen sicher eine Herausforderung. Der Prahmgraben wurde mehrfach vertieft, für das Flößen reicht aber ein niedriger Pegel, wenn eine zusätzliche künstliche Welle erzeugt werden kann. Und eine weitere Herausforderung war zu meistern: Das Überwinden des sog. Häbels, einer Schwelle (Untiefe) an der Mündung der kleinen Radel in den Breitling.
Nun findet man am Moorhof, etwas oberhalb des Floßgrabens, eine sehr große Erdmulde mit sichtbarer Oberkante vor, im Gelände etwas höher als das Hütelmoor, ca. 30m*10 m in der Ausdehnung, heute noch etwa bis 1,50 m tief. Das macht etwa (geschätzt) 450 m³ Fassungsvermögen. Ihre Herkunft ist unklar, auch hier könnte eine Entnahme von Wegebaumaterial erfolgt sein. Als Wegdecke mit 15 cm Dicke und 3 m Breite reicht das für 1 km Wegbefestigung. Der Baumbestand in der Kuhle ist nicht sehr alt, Birken dominieren. Sie wäre damit eine der größten Ortstagebaue für den Wegebau gewesen, abseits der Hauptwege, am Rand des mit befestigten Wegen erschlossenen Gebietes. Zudem liegen am Moorhof noch genügend alte Halden von Aushub.
Ein solches Volumen, genutzt als Zuschusswasser, würde im schmaleren Floßgraben eine ausreichend starke Welle erzeugen können. Handelt es sich also um einen ehemaligen angelegten Flößerteich, ein "Oberwasser"? Die Grube hat augenscheinlich eine dreieckig-elliptische, zum Floßgraben verjüngte Form. Ein Auffinden eines Zuflusses und/oder eines Auslaufbauwerkes, eines Wehres, eines "Mönches" oder Hebers, würde die Vermutung stützen. Bisher wurde aber danach noch nicht gesucht. In diesem Gebiet entwässert ein kleines Fließ das sog. Jungfernbruch (L. Krause 1926). Aber auch der Rückstau des kurz vor dem Moorgraben mündenden Sandfurtsbaches könnte den Wasserstand regulieren oder eine solche Grube über einen Heber füllen. Aber der bei L.Krause eingetragene Verlauf des Floßgrabens hatte keine Verbindung zum Sandfu(h)rtsbach, wie man diese heute an der kleinen Brücke am westlichen Ende der Stückenschneise bei den Bauernwiesen vorfindet.
Die Melioration zur "Kultivierung" des Hütelmoores hat erhebliche Eingriffe und Überformungen hinterlassen. Und ob eine im Floßgraben ausreichende Zuschusswasserwelle über die Entfernung bis zum Schnatermann, nach dem Durchfluss des Radelsees!, am "Häbel" im Breitling noch nutzbar ankommen würde, darf in Frage gestellt werden.
Ein weiterer Graben oder Damm gibt Hinweise auf historische Bauten zur Wasserstandsregulierung, vielleicht sogar in Zusammenhang mit Prahmen und Flößen? Nahe Johann Thor Balckens Hofstelle im Weidenmoor gibt es ein Wasserbauwerk, das westlich aus dem Moorgraben oder Stinckengraben Richtung Ostsee führt. In der Lustschen Reiterkarte 1696 wie auch in der Wiebekingschen Karte 1786 und der Schmettauschen Karte 1788 sind dort Linien eingezeichnet, deren Zuordnung zu Gräben, Dämmen, Wegen oder Flurgrenzen schwer feststellbar ist (bei Lust eine einfache Linie, bei Wiebeking 1786 rot nachgezogen, bei Schmettau 1788 gestrichelt bis Moorhof), vermutlich bezeichnen diese Linien auch einen Graben oder Damm mit Weg und Graben. Die Hervorhebungen der Kartografen müssen eine gewisse Bedeutung gehabt haben. Auch sollte Johann Thor Balcken gemäß Pachtvertrag von 1585 die Hofstelle rundum mit "graven" sichern. In modernen Wanderkarten wie z.B. Rad- und Wanderkarte Nordlandverlag 2001 und im Satellitenbild (Google Earth, Stand 2018) ist dort ein Graben erkennbar. Interessant ist der Name des Bauwerks bei L. Krause 1926: "Schlüsermoordamm", niederdeutsch oder dänisch "Slüüs" bzw. "sluse" für Schleuse. Und: In der Krauseschen Karte ist im Moorgraben kurz hinter dem Abzweig Schlüsermoordamm eine Barriere verzeichnet. Sollte das die Markierung einer "Schleuse" sein?

Fazit: Es waren insbesondere menschliche Aktivitäten, die die Kuhlen in der Heide als Besonderheiten der Landschaft zurückgelassen haben. Teils legen sie Zeugnis für die Wirtschaft und Erschließung der Heide in jeweiligen Perioden ab. Sie wurden deshalb in historischen Schriften erwähnt wie z.B. das Anlegen von Tränken, oder haben sich in Flurnamen wie der "Lehmkuhl" oder Bezeichnungen wie "Floßgraben" erhalten. Heute haben sie insbesondere Bedeutung als kleine Biotope und Habitate. Manche lassen Raum für Fantasie, manches wirkt weit hergeholt. Der Beweis mancher Hypothese, ja eigentlich noch Spekulation, oder das gezielte Untersuchen stehen noch aus.

Torfstiche als Hinterlassenschaft des Menschen in der Heide sind hier bisher noch nicht betrachtet, sollten jedoch wegen ihrer Bedeutung für die Brennstoffversorgung der Hansestadt, aber auch ihrer heutiger Bedeutung für Natur und Landschaft, gewürdigt werden.


Die Schule in Markgrafenheide

Diese Seite entsteht unter freundlicher Unterstützung und Mitwirkung von H. Gührke und J. Dudek aus Markgrafenheide, die meisten der Bildquellen stammen aus deren Sammlung, hier nachfolgend mit "Sammlung Gührke/Dudek" bezeichnet.

1949, 5. Dezember: Eröffnung der ersten Schule in Markgrafenheide

Die ersten in Markgrafenheide beschulten Kinder kamen aus den Flüchtlingsfamilien, welche in den gerade geräumten Kasernen der heutigen Albin-Köbis-Str. ein erstes Zuhause fanden. Ein Schulgebäude war nicht vorhanden, der erste Klassenraum befand sich in einer Wohnung im Block 6b. Beschult wurde in 2 Gruppen in Mehrstufenunterricht, Klassen 1/4 und 2/3 im 2-Schichtbetrieb, die von jeweils 1 Lehrer unterrichtet wurden. Lehrer waren Frau und Herr Steinke.

Ältere Jahrgänge der Stufen 5-8 besuchten die Schule in Warnemünde. Da die Strandbahn den Betrieb nach dem Krieg eingestellt hatte, blieb nur die Möglichkeit, zu Fuß oder -wer hatte- per Rad selbst nach Warnemünde zu kommen. Oder es war Platz in einem der Busse des Berufsverkehrs für die Werftarbeiter, der bis Hohe Düne - Fähre fuhr.

Parallel zur Aufnahme des Schulbetriebs richteten Einwohner im sog. nationalen Aufbauwerk" (NAW) das "Haus der Jugend" als ersten sozialen Treffpunkt im ehemaligen Offizierscasino des Kasernenkomplexes her. Zwar lag die politische Federführung bei der Kinder- und Jugendorganisation der SED, es beteiligten sich ehrenamtlich aber auch Bürger, Feuerwehr und Bauleute, und die Nutzung war auch für Vereine, Kino u.a. möglich. Dem Zeitgeist folgend, erhielt das Haus der Jugend den Ehrennamen "Phillipp Müller".

1952: Aufbau des ersten Schulgebäudes mit Abrißmaterial auf Fundamenten eines ehem. Kasernengebäudes durch die Initiative "Nationales Aufbauwerk"

Der Bedarf für eine größere Schule stieg durch den Zuzug von Familien schnell an, so dass ab 1952 auf dem Fundament einer Kasernenruine (inoffiziell ehem. Mannschaftsspeisesaal neben dem Offizierscasino, plausibel, aber nicht belegt) im NAW zur Schule hergerichtet wurde. Der Bau startete mit Aufbereitung von Baumaterial (Ziegelkloppen), eine Baugenehmigung gab es Anfangs nicht. Am 1. September 1954 wurde die 1. Klasse eingeschult und auch der erste Kindergarten in Markgrafenheide hier eröffnet. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite wurde 1955 ein Sportplatz von Eltern, Schülern und Bürgern hergerichtet, der jedoch 1957 den 10 neuen Wohnblocks der heutigen Max-Reichpietsch-Str. weichen musste.

1960er Jahre: Schulerweiterung durch die Patenschaft mit dem VEB Warnowwerft

Auch das 2. Schulgebäude wurde bald zu eng. Mit Hilfe des Patenbetriebes VEB Warnowwerft wurden auf einem Ruinenfundament hinter der heutigen Albin-Köbis-Str. 10 (heute Lage des Hotel Godewind) eine Baracke mit 5 Klassenräumen errichtet und im Keller des Gebäudes ein Schulspeiseraum und der Werkraum untergebracht. Der Kindergarten zog ebenfalls in diesen Bau ein und ermöglichte dadurch 2 weitere Klassenräume im Hauptgebäude. Wieder unterstützten Eltern und Schüler die Baumaßnahmen. Am 1.September 1963 wurde dieses Gebäude eingeweiht.

Das ehemalige Haus der Jugend "Phillipp Müller" wurde nun als Turnhalle für die Unterstufenklassen 1-4 genutzt. Mittel- und Oberstufenschüler fuhren zum Sportunterricht in die Sporthalle auf dem Gelände der 4. Flottille in Hohe Düne.

Durch den Aufbau der Schiffbauindustrie, den Hafen und die Streitkräfte und Wohnneubau in Hohe Düne, E.-Weinert-Siedlung u.a. stiegen Einwohner- und Schülerzahl ständig an, in den 1960/70er Jahren wurde das Maximum von 20 Klassen für über 500 Schüler erreicht. Schultyp war eine "Polytechnische Allgemeinbildende Oberschule" (POS) der Klassen 1-10. Am 20.10.1972 wurde der Schule der Name "Werner Seelenbinder" verliehen.

1984: Schulneubau in Plattenbauweise

Dem steigenden Bedarf folgend, wurde seitens der Stadt Rostock eine Neubauschule mit 16 Klassenräumen, Vorbereitungs- und Lehrezimmer und viel Nebengelaß in Plattenbauweise errichtet und 1984 eröffnet. Es gab einen Hort und einen Schulgarten. Nur eine neue Turnhalle fehlte noch, diese war im Fünfjahrplan Anfang der 90er Jahre vorgesehen. Bis dahin blieb es beim Turnunterricht im ehemaligen Haus der Jugend und bei der Flottille in Hohe Düne.

Wendezeit, 1990er und 2000er Jahre

Wieder setzte ein demografischer Wandel ein. Durch erhebliche Änderungen in der Wirtschaft und beim Militär und neue Möglichkeiten des Wohnens, z.B. Baulanderschließung für EFH und Modernisierungen von innerstädtischen Quartieren, zogen viele Familien aus Markgrafenheide weg, die Schülerzahlen sanken damit erheblich. Lehrer wurden frühpensioniert, versetzt oder gar arbeitslos. 2003 waren letztlich nur noch 4 Kinder für die 1. Klasse gemeldet, so dass in Markgrafenheide keine Erstklässler mehr eingeschult wurden, sondern mit Taxi nach Graal-Müritz gefahren wurden. Heute besuchen die Schulkinder aus Markgrafenheide wieder Schulen in Warnemünde oder in Rövershagen, mit dem ÖPNV Linie 17/18 der RSAG und Rebus Landkreis Rostock mit Umstieg und "Freizeit" am Schinkenkrug Hinrichshagen, oder vom Elterntaxi chauffiert.

Kita und Krippe nutzen noch bis 1994 das heutige Heidehaus, dann zogen auch sie aus und wechselten zur Kita in Hohe Düne.

Das seit 2003 leerstehende Plattenbau-Gebäude wurde noch etwa 1 Jahr von der AWO, der Wasserwehr oder als Jugendtreff genutzt, 2004 begann der Abriß. Ideen, das Gebäude z.B. als Pflege- oder Wohnstätte für Senior*Innen um zubauen, konnten nicht umgesetzt werden.

Die DirektorInnenen der Schule(n): (soweit bekannt)
1949 - 1957: Herr Werner Steinke
1957 - 1960: Herr Kaufner
1961 - 1963: Herr Bruno Höbler
1964 - 1965: Frau Christel Lehmkuhl (Frau Krumbiegel)
1965 - 1967? Herr Hein
1971 - 1990: Herr K.-Heinz Geißler
1990 - 1994: Frau Christel Seifert
Herr K.-Heinz Geißler; Herr Lücke; Frau Christiane Barthel
Schulformen und Namen: (soweit bekannt)
1949 - 1960 Grundschule Rostock-Markgrafenheide
1960 - 1972 34. Oberschule Markgrafenheide
1973 - 1990 33. Polytechnische Oberschule "Werner Seelenbinder"
1990 - 2002 "Kleine Grundschule Am Meer"
Gegenwart:

2009 organisierten H. Gührke und J. Dudek auf der Tenne des Campingplatzes ein Wiedersehenstreffen von Lehrern und Schülern der Markgrafenheider Schule.

2010 wird aus dem ehemaligen 2. Schulgebäude das "Heidehaus" als Bürgertreff, AWO-Begegnungsstätte, Polizeistation, Radverleih und Touristeninformation.

2021 Das Gebäude des ehemaligen Haus der Jugend diente noch einige Jahre als Turnhalle und Tanzsaal der Funkengarde das Karnevalsvereins. Nun harrt es einer sinnvollen Wiederverwendung in privater Hand, oder der Abrißbagger schafft auch hier ein verändertes Ortsbild für neue Luxuswohngebäude. Eine Sporthalle oder einen Sportplatz gibt es immer noch nicht, aber Pläne für einen Generationenspiel- und Fitnessplatz. Die Bürgerbeteiligung für die Pläne zur Ortsentwicklung läuft.

Noch mehr zu sehen und zu lesen über die Schulen in Markgrafenheide gibt es hier: https://rostock-markgrafenheide.de/geschichte/geschichte-der-schulen/

Der "Heidekonsum"

Mit der Aufsiedlung der ehemaligen Kasernen zu Wohnzwecken in den 50er Jahren musste neben der Kinderbetreuung und Schule nun auch eine Versorgung der wachsenden Bevölkerung mit den Dingen des täglichen Bedarfs aufgebaut werden. 1955 begann der Verkauf von Lebensmitteln in provisorischen Verkaufsbuden in Markgrafenheide, bis 1959 gegen Lebensmittelmarken.

1960 wurde ein Kiosk an der heutigen Stelle der Kreuzung Walgdsiedlung/Chaussee eingerichtet, der bald zu klein wurde. 1963 wurde mit dem Bau des heutigen Gebäudes begonnen, das 1964 eingeweiht wurde. Betreiber der Versorgungseinrichtungen in Markgrafenheide, die neben dem Heidekonsum auch die 8 Versorgungsstellen auf dem Zeltplatz Budentannenweg umfassten, war die Konsumgenossenschaft mit bis zu 45 Mitarbeiter*/Innen, im Sommer unterstützt von Schülerpraktikanten.Von 1955 bis 1989 leitete Herr Gensecke die Verkaufsstellen.

Nach der Wende wurde die Verkaufsstelle Waldweg 10 zunächst durch EDEKA betrieben, 2001 wurde eine Verkaufsstelle der Kette "Nordback" eingerichtet. Die Ladenfläche wurde verkleinert.

Ab (2003) übernahmen Herr und Frau Kirchenwitz die Verkaufsstelle in Eigenregie. Das Warenangebot richtete sich nunmehr auf ein kleines Sortiment Lebensmittel, Konserven, Zeitungen, Paketdienst. Das Geschäft wurde dem Bedarf folgend zum Cafe mit Back- und Konditorwaren, Ausschank, Imbiss (selbstgemachter Kartoffelsalat!) und Straßencafe. Mit dem Nettomarkt und angeschlossener Backwarenverkaufsstelle gegenüber gab es nun in Markgrafenheide ein zeit- und bedarfsgemäßes Warenangebot des täglichen Bedarfes, und das Angebot eines Straßencafes entspricht gut dem Seebadcharakter.

2020 ging Fam. Kirchenwitz in den Ruhestand und aus dem Heidekonsum, wie er noch immer liebevoll von den Markgrafenheidern genannt wird, wurde "Müller's Strandcafe" , betrieben von Frau Karin Seifert und Sohn Fabian Seifert. 2020 legte dann die Coronaepidemie den Cafebetrieb nahezu still.

Die Ausflugsschiffahrt auf Breitling, Radel und Moorgraben

Die Strandbahn


Kasernen und Schießplätze

In der Lehmkuhl: Konversion vom gesperrten Munitionslager zur offenen Stätte der Sozialarbeit

Hohe Düne

Die Rövershäger Enklave "Taterhörn" von 1912 bis 1922

Opfer von Krieg und Gewalt aus ...

Napoleonische Zeit

Opfer in französischen Diensten: Französische Flotte, Rußlandfeldzug u.a.

Befreiungskriege

Deutsch/ Französischer Krieg 1870/71

Erster Weltkrieg

Fort Hindenburg 1919 Fotograf Rudolf Ahrens Warnemünde

Zweiter Weltkrieg

Nachkriegszeit (z.B. Lager Fünfeichen)

* Lag Warnemünde einst am Rande von Markgrafenheide?

Sagen, Geschichten, Legenden und Anekdoten rund um Markgrafenheide und Umgebung

Flurnamen auf der Markgrafenheider Feldmark

offene Fragen bei der Aufarbeitung der Markgrafenheider Geschichte

-Paul Babendererde "König Eriks Heerfahrt"
-Herkunft, Deutung und Bedeutung der Flurstücke: "Postwiese"; "Armenkirchhof"; "Lehmkuhl" der Krauseschen Flurkarte 1926
-das "Zollhaus" in der Krauseschen Flurkarte 1926
-slawische Steinkreise in der Steinheide bei Dolberg 1886
-Das mißglückte Experiment mit den Torfprahmen
-Die Franzosen in Markgrafenheide (Postenkette der Kontinentalsperre)
-Fort Hindenburg
-Die Vereins-Wanderhäuser
-Vom Forsthaus zum Restaurant
-Franzosenlager (Dr. Reno Stutz)
-Der Todesmarsch der Schwarzenpfoster Häftlinge nach Markgrafenheide
-Beerdigung von Kriegsgefangenen
-Der Fliegerhorst