Aktuell fortlaufene Chronik von Willershagen: Unterschied zwischen den Versionen

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:Das Dorf Willershagen, das von Heinrich Borwin I. zu dem Zeitpunkt mit dem dazu gehörigen Wald bereits an die Stadt dotiert worden war, existiert bereits vor dem Kauf der Rostocker Heide durch die Hansestadt Rostock am 25.März 1252. Willershagen wird aber zu Notzeiten verpfändet und nicht wieder eingelöst.
  
 
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:Die Gemeinde begeht feierlich den 750. Jahrestag der Ersterwähnung von Willershagen und den 360. Jahrestag der Ersterwähnung von Gelbensande.
 
:Die Gemeinde begeht feierlich den 750. Jahrestag der Ersterwähnung von Willershagen und den 360. Jahrestag der Ersterwähnung von Gelbensande.
  
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=='''* [[Das Dorf am Danziger Botenweg]]'''==
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=='''Die Willershäger Burg'''==
 
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=='''Das Rätsel um die einstige Willershäger Kirche und einen Friedhof'''==
 
=='''Das Rätsel um die einstige Willershäger Kirche und einen Friedhof'''==
 
(warscheinlicher Untergang im 30jährigen Krieg)
 
(warscheinlicher Untergang im 30jährigen Krieg)
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Bei der Anlegung der Hagendörfer wurden die Dörfer nach einer einheitlichen Struktur vorgegangen:
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[[Datei:Hagendorf Struktur.jpg|thumb|600px|rechts|Struktur eines Hagendorfes aus frischer Wurzel (Quelle: Heidearchiv)]]
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Der Lokator (Anwerber und Treckführer) übernahm in der Regel dann die Funktion des Dorfschulzen und bekam für seinen Hof eine Doppelhufe an Land, während die normalen Bauern nur eine Hufe Land zur Rodung und Hofanlage erhielten. Neben der Schulzen-Doppelhufe musten die Bauern bei der Dorfgründung gemeinsam eine weitere Doppelhufe roden, meist unmittelbar neben der Schulzenhufe, die dann in Kircheneigentum überging und auf der Kirche, Friedhof und Pfarrhaus ihren Platz fanden.
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Viele Hagendörfer waren nach dem Ende des dreißigjährigen Krieges 1648 verödet und nur ein Bruchteil der Bevölkerung (oft auch selbst das nicht) hatte überlebt. Statt dann neben den Höfen auch die Kirche wieder aufzubauen, wurden die zahlenmäßig nur noch kleinen Kirchgemeinden nicht selten in Nachbargemeinden eingepfarrt. Im Falle von Willershagen nach erfolgte die Aufnahme in das Kirchspiel Blankenhagen. Die Kirchenländereien wurden ebenfalls hier eingebracht. Im Blankenhäger Kirchen-Observanzbuch sind solche Willershäger Kirchenländereien bis ins 19. Jahrhundert aufgeführt. Noch dazu liegt die ehemalige Schule von Willershagen auf eben einer solchen einstigen Doppelhufe des Dorfes.
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Der hier folgende Auszug ist ein weiteres Indiz für diese Annahme.
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Auszug aus der Chronik von Karl Heinz Steinbruch:
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"Für Aufregung sorgte ein 1939 geborgenes Skelett, das bei der Aushebung einer Aschegrube nahe der früheren Schule Willershagen 45 Zentimeter unter der Erdoberfläche entdeckt worden war. Das Skelett war etwa 1,75 Meter lang, das Alter der verstorbenen Person wurde auf 40 bis 50 Jahre geschätzt. Da das Skelett keine Knochenbrüche oder andere Verletzungen aufwies, die auf ein Verbrechen hätten hindeuten können, wurde von einer historischen Bestattung ausgegangen. Das Skelett wurde fotografiert und zur anthropologischen Untersuchung nach Schwerin gesandt. Durch die Wissenschaftler konnte jedoch festgestellt werden, daß das Skelett nicht vorgeschichtlich war. Man räumte aber ein, daß es sich bei dem Toten um einen im Mittelalter auf einem bisher unbekannten Friedhof Beigesetzten gehandelt haben könnte und informierte in diesem Sinne die Kriminalpolizei. Ob und was von dieser Stelle aus unternommen wurde, ist den Akten nicht zu entnehmen."
  
 
=='''Willershagen als Rostocker Stadtdorf'''==
 
=='''Willershagen als Rostocker Stadtdorf'''==
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=='''Landwirtschaft in Willershagen'''==
 
=='''Landwirtschaft in Willershagen'''==
  
=='''Bedeutende Willershäger'''==
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=='''* [[Bedeutende Willershäger]]'''==
 
 
Friedrich Brunstaedt, Hans Wendt, Gutspächter Stichert, Förster Severin
 
  
 
=='''Sagen und Geschichten aus Willershagen'''==
 
=='''Sagen und Geschichten aus Willershagen'''==
  
=='''Willershäger Flurnamen'''==
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=='''[[Willershäger Flurnamen]]'''==
 
 
 
 
'''[[Datei:Willershagen Krause Flurnamen .jpg|thumb|900px|links|Flurnamenkarte der Gemarkung Willershagen 1926 (Quelle: Ludwig Krause "Die Rostocker Heide im Spiegel ihrer Orts- Forst- und Flurnamen"]]'''
 
 
 
=='''Bedeutende Persönlichkeiten aus Willershagen'''==
 

Version vom 11. Februar 2019, 00:54 Uhr


Willershäger Geschichte als Chronologie

Das Dorf im späten Mittelalter (um 1200 bis 1517)

1252 vor
Das Dorf Willershagen, das von Heinrich Borwin I. zu dem Zeitpunkt mit dem dazu gehörigen Wald bereits an die Stadt dotiert worden war, existiert bereits vor dem Kauf der Rostocker Heide durch die Hansestadt Rostock am 25.März 1252. Willershagen wird aber zu Notzeiten verpfändet und nicht wieder eingelöst.
1259
Im Stadtbuch von Rostock befindet sich ein Verzeichnis über die neuen Bürger der Stadt und den von diesen bestellten Bürgen über ihre Bürgerpflicht. Dabei wird auch ein „Johanne de Willershagen“ – ein Johann von Willershagen – als neuer Bürger genannt, für den Theodericus Bodecarius bürgt. Ob und in welcher Beziehung dieser neue Bürger von Rostock zum jetzigen Ort Willershagen steht, ob er vielleicht aus diesem nahe bei Rostock liegenden Dorf stammt oder aus den pommerscheAltenwillershagen oder Trinwillershagen, ist den Quellen nicht zu entnehmen. Es sind auch keine weiteren Urkunden erhalten geblieben, in denen diese Person Erwähnung findet. Es kann daher nicht mit letzter Sicherheit von der Erwähnung dieses Mannes auf die gleichzeitige Existenz eines Ortes gleichen Namens geschlossen werden.
1329
Als am 7. Januar 1329 in Rostock die Brüder Johann und Vicke Moltke der Stadt Rostock das Dorf Kassebohm verkaufen, wird dieser Vertrag auch von einem Knappen Gunther von Levetzow gesiegelt, dem zu dieser Zeit Willershagen gehört. Im Text der genannten Urkunde wird Willershagen nicht genannt, lediglich in der zweizeiligen Umschrift des Wappensiegels Gunther von Levetzow, das einen „Kerzenrechen“ mit sieben Ständern zeigt, heißt es außen:
"+ SGVNTERI.DE.LEWVZOWE.DE" und innen "WILLERSHAGEN++"
Dieser Siegelabdruck stellt die erste sichere Erwähnung des Ortes Willershagen dar. Der Ortsname Willershagen – und das gilt auch für das früher Willershagen genannte Sandhagen östlich von Friedland und die beiden genannten pommerschen mit einem Unterscheidungszusatz versehenen Willershagen – wird von dem deutschen Personennamen Willer abgeleitet und bedeutet demnach soviel wie „Hagen des Willert“. Der Name Hagen schließlich zeigt an, dass es sich bei dem Dorf um einen umhegten, eingezäunten Ort handelt, der wegen des dazu benötigten Materials im
Wald oder in unmittelbarer Nähe von Wald gelegen hat. Aber der Name Hagen deutet nicht in erster Linie auf die Lage des Ortes, sondern vielmehr auf einen bestimmten Siedlungstyp, denn die Siedler in Hagendörfern genossen gegenüber anderen Siedlern gewisse Vorrechte, weshalb auch die Hagenorte eine Sonderstellung in rechtlicher Beziehung einnahmen. Da die Mehrzahl der mecklenburgischen Hagenorte vor dem Jahr 1300 erstmals erwähnt worden sind und die meisten anderen Hagendörfer südwestlich von Ribnitz um oder deutlich vor 1300 erstmals nachgewiesen werden können (Bargeshagen 1286, Behnkenhagen 1250, Blankenhagen 1233, Bollhagen 1273, Ehmkenhagen 1310, Mönchhagen 1252, Rövershagen 1305, Völkshagen 1233, Vogtshagen 1257, Volkenshagen 1235, Wilmshagen 1307), läßt sich auch für Willershagen die Vermutung aussprechen, daß es in der gleichen Kolonisationsperiode entstand.
1339
Günther von Lewetzow wird zum zweiten Mal als Besitzer von Willershagen genannt, als er gemeinsam mit den Brüdern Johann und Goswin Preen aus Bandelstorf und Heinrich Preen von Wehnendorf Fürst Albrecht von Mecklenburg verspricht, die dem Rostocker Bürger Engelke von Baumgarten verschriebene Rente von 18 Mark innerhalb dreier Jahre einzulösen.
1348
Als Grundherr auf Willershagen ist ein Knappe Arnold von Lewetzow („Arnoldus de Leuetzowe in Willershaghen“) erwähnt, vielleicht der Sohn von Günther. Arnold stellt mit mehreren Rittern den Rostocker Juden Mosseke und Jacob einen Schuldschein auf 66 Pfund Lübische Pfennige aus.


1349
Arnold von Lewetzow scheint in finanziellen Schwierigkeiten zu stecken: Erneut ist er mit Rittern aus Wehnendorf, Thulendorf und Bandelstorf gezwungen, dem gleichen jüdischen Bruderpaar Mosseke und Jacob aus Rostock einen Schuldschein auszustellen, diesmal über 64 Mark Rostocker Pfennige.
1361
Am 3. Mai verkauft der Knappe Konrad von Lewetzow seinen Besitz in Willershagen („vnse guth tho dem Willershagene“) an Vicke Moltke zu Strietfeld. Wie die nächste Erwähnung von Willershagen zeigen wird, ist der Verkäufer nicht dessen alleiniger Eigentümer, sondern veräußert nur seinen Anteil an dem Gut.
1369
Mit einer am 26. Dezember in Neukalen ausgefertigten Urkunde verkaufen die Lewetzows ihren ganzen Besitz in Willershagen („Willershaghen“) an den Ritter Vicke und den Knecht Henneke v. Moltke auf Strietfeld. Die Verkäufer sind der auf Willershagen lebende Werner v. Lewetzow, Günthers Sohn, und die auf Gorschendorf lebenden Brüder Günther und Arnd, die Söhne von Arnold. Das Handelsobjekt besteht aus dem ganzen in seinen Grenzen liegenden Dorf Willershagen mit allen Zubehörungen, mit Gehölzen („holten“), Büschen („buschen“), Brücken („bruken“), Mooren („mure“), Wiesen („wyschen“), Weiden („weyde“), Wassern („watere“), Stauungen („stowynghe“), Wasserläufen („waterlope“), Zu- und Abflüssen („vtvlote vnde invlote“), Teichen („dyken“), den bebauten und unbebauten Äckern („ackere ghebuwed vnde vnghebuwed“), mit Feldern („velde“), Wegen und Stegen („weghen vnde an vnweghen“), mit dem höchsten und niedersten Gericht an Hals und Hand („allem rechte vnde rychte hoghest vnde zydeste, an hand vnde an halzs“), kurz, mit allem, was die Lewetzows selbst von ihren Vätern ererbt hatten. Ein Kaufpreis ist in der Urkunde nicht genannt.
1371
Am 8. Januar überläßt Herzog Albrecht v. Mecklenburg als Lehnsherr Willershagen („Willershaghen“) dem Ritter Vicke v. Moltke und dessen Neffen Henneke gegen die Zahlung eines Betrages in Höhe von 1.000 lübische Mark Silberpfennige.
1379
Am 21. Januar verkaufen Vicke v. Moltke, dessen Sohn Heinrich und deren nächste Verwandte namens Henneke, Otto und Vicke die Dörfer Willershagen („Willershagene“) und Wulfshagen an Bürgermeister und Rat zu Rostock. Willershagen wechselt für 3.650 Mark Rostocker Pfennige den Besitzer, Wulfshagen für 1.500 Mark Rostocker Pfennige. Am gleichen Tag bestätigt Herzog Albrecht von Mecklenburg beide Kaufverträge.
Rostock kann sich Willershagen „Villershagen“) eigentlich nicht leisten. Um den Kaufpreis aufzubringen, verkaufen sie eine Leibrente an Gerwin Hagemester und dessen Frau, die im Gegenzug das Geld bereitstellen.

Von der Reformation und Nachreformationszeit bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieg (1517 bis 1648)

1565
Ein Rostocker Einnahmeverzeichnis beinhaltet auch die aus Willershagen empfangene Pächte in Höhe von 41 Gulden 4 Schillinge und nennt die Namen von 20 Bauern und Kätnern: Hinrich Ties, Michael Dade, Hinrich Duvell (Kätner), Achim Pentzien, Achim Wullenbekerpfunt, Helmer Duvell, Christoffer Hoff, Hanns Pentzien, Wilcken Brandt, Gereke Sasse , Hinrich Wullenpfunt, Hanns Depersdorpff, Bartelt Jasse, Hinrich Hoff, Clawes Meyer, Dinnies Brok, Achim Schult, Martenn Schulte, Clawes Stroyff und Achim Stroyff.
1566
Außer der Pacht in einer Gesamthöhe von 43 Gulden 11 Schillinge haben jeder Haushalt ein „Rauchhuhn“ und „die Duvelsche“, Michael Dade und Clawes Foge zusätzlich Abgaben für je zwölf Pachthühner zu leisten. Die Bewohner haben von der Stadt für 400 Gulden und 3 Last Hafer Hauholz gekauft.
Im Gegenzug haben die Willershäger Einnahmen in Form von Geld und einer Tonne Bier von den Rostockern für die Bereitstellung ihrer Wiesen.
Achim Schulte hat 6 Gulden Brokgeld zu zahlen, weil er „Duvels Tochter zu unehren gebracht hatt“.
1581
Willershagen ist eines von 24 Rostocker Dörfern. Dazu kommen noch die zahlreichen Dörfer, deren Besitz sich die Stadt mit den umliegenden Ämtern Güstrow, Schwaan und Ribnitz teilt. Die Einwohner von Willershagen, für das der Rat zu Rostock allein zuständig ist, zahlen als Landbede für elf Bauernhöfe insgesamt 14 Gulden 16 Schillinge, für vier Kossatenstellen insgesamt 1 Gulden 8 Schillinge, für den Krug ebenfalls 1 Gulden 8 Schillinge und als sogenannte Türkensteuer zusammen 1 Gulden 20 Schillinge zur Abwendung der Türkengefahr.
1584
Zwischen 1570 und 1720 können in Mecklenburg insgesamt 3950 Hexenprozesse als eine Form der innergemeindlichen Konfliktbewältigung und Ausdruck einer gesteigerten protestantischen Sittenzucht nachgewiesen werden, womit das dünn besiedelte Land im Vergleich zu anderen deutschen Gebieten als ein Territorium intensivster Hexenverfolgung zu bezeichnen ist. Nahezu jeder zweite dieser Prozesse endet mit dem Tod der Angeklagten, sei es bereits unter der Folter, durch Selbstmord während der Haft oder durch Vollstreckung des Todesurteils . Da nach geltender Rechtsprechung das Urteil nur gesprochen werden kann, wenn der oder die Angeklagte geständig ist, wird gewöhnlich die Folter angewendet, unter der die meisten Angeklagten alles zugegeben, dessen sie bezichtigt werden. Ein späterer Widerruf bedeutet in jedem Fall die Fortsetzung oder Wiederholung der Tortur, weshalb nicht wenige Delinquenten die schließliche Hinrichtung als Erlösung von ihren Qualen angesehen haben dürften. Als ein früher Prozeß ist der gegen die Frau des Willershäger Bauern Claus Wullenbäcker, Grete Jessen, anzusehen, die am 14. August in Rostock verbrannt wird. Nach längerer peinlicher – also unter Anwendung der Folter – erfolgter Befragung hat sie gestanden, „vor 20 Jahren von dem Blankenhäger Papen Wilm das Zaubern erlernt zu haben. Weiter bekennt die angebliche Hexe, daß sie zwei Pferden des ebenfalls in Willershagen ansässigen Bauern Claus Meyer den Teufel ausgetrieben habe. Als Meyer jedoch das zur Entlohnung zugesagte Geld und Brennholz nicht zahlen wollte, sie noch dazu eine Hure schalt und auch ihre Brüder beschimpfte, führte sie drei seiner Pferde über den Kreuzweg und begoß sie mit Wasser, in welchem am Donnerstagabend der Teufel gebadet hatte, so daß die Gäule krank wurden. Bekannt geworden ist auch, daß selbige Hexe durch einen Guß ebendiesen Wassers vor das Gehöft des Dorfschulzen dessen Hof für ein Jahr verhexte, so daß ihm einige Pferde tot blieben. Der Grund dafür soll gewesen sein, daß der Schulze nicht in Schanden bei ihr liegen wollte. Außerdem erklärte die Hexe die Ingredienzien für ihr Teufelswasser: mürbe geklopfte Frösche und schwarze Schnecken. Unter der Folter gesteht Grete Jessen auch, gemeinsam mit dem Satan dafür gesorgt zu haben, daß Wölfe auf der Dorffeldmark 20 Schafe und Lämmer gerissen haben.“
1618-1648
Dreißigjähriger Krieg, in dessen Verlauf mehr als zwei Drittel der Bewohner Mecklenburgs das Leben verlieren.
1643
Die Stadt Rostock verpfändet an die Vormünder der Ilsabe Ratcke fünf meistens wüst liegende Bauernstellen und „zwischen dem dadurch gehenden Landwege und der Brückenbecke“ belegenen Hof- und eine Katenstätte in Willershagen für 1.570 Gulden.

bis zur napoleonischen Zeit (bis 1813)

1649
In Willershagen, wo vor dem Krieg nicht weniger als 15 Bauern und vier Kossaten lebten, sind nur noch vier Bauernstellen besetzt.
Die Stadt Rostock kann eine Forderung des Ratsherrn Johann Beselin über 5.700 Gulden nicht begleichen und verpfändet an ihn zehn wüste Bauernstellen in Willershagen mit Äckern, Gebäuden, Holzung und allem, was sonst zu ihnen gehört, einschließlich der noch lebenden Untertanen mit Frauen und Kindern. Dies sind die Gehöfte von Peter Wilckensen, Heinrich Brocke, Jacob Jeßen, Heinrich Wullenbecker, Heinrich Hoffe, Chel Lafferentz, Chim Hoffe, Hanß Schultze, Chim Wilckensen, Heinrich Wullenbecker und den noch lebenden Schulzen Claus Streüff.
1652
Friedrich Thesant erhält für 4.000 Gulden Kapital Zinsen und Unkosten die noch letzten der Stadt Rostock gehörenden Teile von Willershagen, nämlich drei besetzte Bauernstellen, eine wüste Kossatenstelle und eine wüste Bauernstelle auf der anderen Seite der „Brückenbecke, nach der Heydewerts“ mit harter und weicher Holzung, der Mast, der Jurisdiktion und der Jagd.
1653
Die Stadt Rostock verpfändet den überschüssigen Wert der der Ilsabe Ratcke, inzwischen verehelichten Lange, gehörenden drei Bauernstellen in Willershagen an Chim Boyens Erben wegen derer Forderungen an die Stadt in Höhe von 453 Gulden. Damit ist ganz Willershagen seitens der Stadt Rostock an vier Gläubiger verpfändet, die später ihre Rechte an die Vorsteher von St. Nikolai, Jacob Engelbrecht und Harmen Paschen, abtreten. Die Kirche versucht auf diesem Wege, ihre eigenen Forderungen an die Stadt Rostock durchzusetzen.
1656
Johann Lange erhält in ehelicher Vormundschaft seiner Frau, Ilsabe Ratcke, das Recht, die 1643 verpfändeten fünf Bauern- und eine Katenstelle so lange zu behalten, zu nutzen und zu gebrauchen, bis Bürgermeister und Rat von Rostock das Pfand in Höhe von 1.570 Gulden einlösen. So lange behält auch der Pfandinhaber das Recht, die genannten Höfe weiter zu verpfänden und abzutreten.
Im gleichen Jahr treten die Erben des Rostocker Ratsherrn Johann Beselin dessen Rechte in Willershagen an den Vorsteher der Kirche St. Nikolai in Rostock, Jacob Engelbrecht, ab. Jacob Engelbrecht erhält die gleichen Rechte in Willershagen wie zuvor Ilsabe Ratcke und dessen Vormund.
1660
Die Zahl der Bauern hat sich seit 1649 von vier auf fünf erhöht.
Jacob Engelbrecht hat Probleme, die ihm aus Willershagen zustehenden Zinsen für das von ihm der Stadt Rostock vorgestreckte Geld zu erhalten. Die Willershäger Bauern zeigen sich als sehr „ungehorsamb“, so daß Engelbrecht sich nach einem Pächter umsieht. Das scheint den Bauern Hans Wullenböker, Chim Lehmhus, Heinrich Wullenböker, Chell Hoff und ClausStreüffer nicht zu gefallen, denn sie bieten nun „einer für alle, und alle für einen“ an, die 600 Gulden Zinsen pro Jahr direkt an Engelbrecht zu zahlen, wobei ihnen die Einlieger helfen sollen. Dieser, obwohl ihm 700 Gulden zustehen, willigt ein.
1664
Die Entvölkerung des Landes im Zuge des Krieges sorgt dafür, daß ein regelrechter Kampf um Steuerzahler und Arbeitskräfte einsetzt, die sich die verschiedenen Grundherren gegenseitig abzujagen gedenken. So bittet Hauptmann Moltke aus dem landesherrlichen Toitenwinkel die Stadt um die Freilassung des leibeigenen Knechts Peter Wilken aus Willershagen, was Rostock mit der Begründung ablehnt, daß Willershagen ohnehin mit Untertanen schlecht besetzt sei und daß man bereits die Tochter Wollenböckers zur Verheiratung nach Gresenhorst freigegeben hätte. Dieser Wollenböcker habe zwar vor Jahren eine alte Frau aus dem fürstlichen Dorf Bargeshagen geheiratet, deren beiden Kinder wären aber nicht mitgezogen sondern seien dort geblieben.
1671
Die Witwe des Vorstehers von St. Nikolai, Sophia Engelbrecht, eine Schwester des Rostocker Senators Johann Dankwart, verkauft die von ihrem Mann von Johann Lange, Johann Beselin, Friedrich Thesant und Chim Boyens Erben erhandelten Rechte an Willershagen an die Ritter- und Landschaft des Herzogtums Mecklenburg. Die Ritter- und Landschaft wiederum verschenkt Willershagen dem Landeskloster Ribnitz zu dessen besseren Ausstattung und zur Verpflegung der dort wohnenden Conventualinnen.
Bei der Übergabe an das Kloster wird ein Inventar angefertigt, in dem die Veränderungen am Dorf seit dem dreißigjährigen Krieg erfaßt werden.
Die von Jacob Engelbrecht vorgenommenen Veränderungen werden wie folgt beschrieben:
1. Auf der Stelle des Hinrich Broeken ist ein neuer Katen errichtet worden, in dem der Einlieger Chim Wilcke wohnt. :Dieser Katen wird auf 60 Gulden taxiert. Ein anderer neuer Katen, in dem der frühere Kuhhirte Cheel Lafrentz wohnt, schlägt mit 40 Gulden zu Buche.
2. Auf der Stelle Chim Ströffers ist ebenfalls ein neuer auf 70 Gulden taxierter Katen errichtet worden, in dem jetzt der Schulz Claus Ströffers wohnt.
Das Backhaus, das auf dieser Stelle gestanden hat, ist nach Aussage der Bauern jedoch längst „herunter gefallen“.
3. Das Haus des Hans Wollenböker blieb erhalten, ist aber mit neuen Sohlen, Balken, Ständern und einem teilweise neuen Dach versehen worden und repräsentiert einen Wert von 40 Gulden.
Die neu errichtete große Scheune auf diesem Hof hat dagegen einen Wert von 160 Gulden.
4. Die Verbesserungen am Haus von Chim Lehmhus sind noch nicht ganz abgeschlossen und erhöhen den Wert des Hauses auf lediglich 20 Gulden.
Daneben ist ein noch nicht ganz fertiges neues Haus im Wert von 280 Gulden und aus altem Holz eine neue Scheune im Wert von 60 Gulden errichtet worden.
5. Das Haus der fünften Stelle – von Hinrich Wollenböker – ist ebenfalls aus altem und neuem Holz errichtet worden und hat einen Wert von 60 Gulden, die neu errichtete Scheune mit Wagenschauer dagegen 180 und ein neuer Katen 50 Gulden.
6. Auf dem Hof von Claus Daden ist ein neues Haus gebaut worden, in dem Christoffer Hoff wohnt. Es wird auf 70 Gulden taxiert.
Insgesamt wird der Jacob Engelbrecht gehörende Teil des Dorfes auf 1.020 Gulden taxiert.


Der Johann Beselin gehörende Teil von Willershagen sieht offensichtlich nicht so gut aus, denn die Spuren des Krieges sind noch augenscheinlich:
1. Die Scheune auf Peter Wilckens Stelle ist, da das Dach fehlt, inzwischen „gantz verrottet und herunter fallen“.
2. Hinrich Broekens und
3. Jacob Jessen Stelle sind noch im alten Stand.
4. Von Hinrich Wollenbokers Stelle ist „nichts mehr vorhanden, sondern alles veraltet und verrottet.“
5. Der auf dem Hof von Hinrich Hoff errichtete neue Katen, in dem Hans Jurges wohnt, wird auf 80 Gulden taxiert.
6. Cheel Lafrentz neues Bauernhaus schlägt mit 300 Gulden zu Buche.
7. Auf Chim Hoffs Katenstädte ist ein neuer Katen im Wert von 80 Gulden errichtet worden.
8. Claus Stroffers Katen ist mit neuem Holz und einem neuen Dach verbessert worden und hat einen Wert von 30 Gulden.
Das auf der Stelle errichtete neue Wohnhaus des Bauern wird auf 320 Gulden veranschlagt.
9. Die Stellen von Hans Schultze, Chim Wilcke und Hinrich Wollenbokers liegen „annoch öde und wueste“.
Der Wert der von Hans Beselin vorgenommenen baulichen Veränderungen beträgt also 810 Gulden, zuzüglich der Investitionen für Saatgut und Vieh 1.191 Gulden und 8 Schillinge.
Die Investitionen von Jacob Engelbrecht und Hans Beselin belaufen sich zusammen demnach auf 2.211 Gulden und 8 Schillinge.
1671, nach
In einem undatierten Verzeichnis der der Stadt Rostock und den dortigen Hospitälern und Bürgern zustehenden Landgüter und Dörfer heißt es zu Willershagen:
„Ist auch ein Rostogker Dorf gewesen, ist aber von den Creditoren an das Closter zu Ribbenitz vorkaufft“.
1675
Im Zuge der kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Dänen und Schweden kommen dänische Truppen nach ihrer siegreichen Schlacht über die Schweden bei Fehrbellin auf dem Zug von Rostock nach Ribnitz auch nach Willershagen und belasten die Bevölkerung durch Forderungen nach Quartier und Lieferungen von Verpflegung für die Soldaten und Pferde. Von hier aus unternehmen sie Raubzüge in die nähere Umgebung.
In den Akten des Klosteramtes Ribnitz im Landeshauptarchiv liegen noch heute die Quittungen für Lieferungen aus einzelnen Klosterdörfern. So lieferte das Dorf Willershagen vom 1. Mai bis zum 31. August 1677 für rund 76 Gulden 56 Fuder Heu und Gras nach Ribnitz, 125 Palisaden nach Dierhagen, sowie Stroh und Lichter.
Für Willershagen, das am 12. März 1678 von 1000 Schweden geplündert wird, liegen detaillierte Kriegsschadenrechnungen für die Zeit vom 24. Februar bis zum 16. März 1678 vor.
Die Schäden, der dem Dorf und seinen Bewohnern in dieser kurzen Zeit zugefügt werden, sind mit 565 Gulden angegeben. Ohne das gestohlene Heu, Stroh und Futter geben die Bauern im Einzelnen folgende Schäden an:
Hinrich Lehmhus: 2 Drömt Hafer, 6 Scheffel Roggen, 1 Ochsen, 1 Stier, 3 Kälber, 7 Schweine, 2 Schneidemesser, 2 Pflugeisen, 1 Welle, 1 Axt, 4 Sensen, Wolle, Garn und Leinenzeug.
Hinrich Wullenbröker: 6 Scheffel Roggen, 6 Scheffel Mehl, 1 Drömt Hafer, 4 Kälber, 10 Schweine, 2 Paar Schuhe, Federvieh und „allerhand Zeug“.
Clauß Wullenbröker: 4 Fuder Roggen, 18 Scheffel Gerste, 12 Scheffel Hafer, 9 Schweine, 1 Wagen, 2 Pflugwellen, 1 Hackeisen, 2 Holzketten, 1 Axt, 1 Schneidemesser und „andere Sachen“, 16 Brote, 6 Hemden, 1 Paar Stiefel, Federvieh.
Hinrich Suer, der Krüger: 1 Stier, 3 Kälber, 1 Schwein, Federvieh, 1 Drömt Gerste, 1 Drömt Hafer, 2 Scheffel Lein, 12 Scheffel Hopfen, 1 Axt, 2 Pflugeisen und „ander Eisern Zeug“, 1 Tonne Bier.
Cheel Hoeff: 1 Kalb, 2 Schweine, 2 halbe Seiten Speck, 2 Paar Pflugeisen, 1 Axt, 1 Beil, 2 Röcke seiner Frau und Tochter, 6 Hemden, 3 Laken, Federvieh, 1 Kessel, 1 Scheffel Lein.
Stoffer Hoeff: 1 Kalb, 6 Schweine, 3 Hühner, 1 ½ Viertel Lein, 3 Viertel Erbsen, 3 Viertel Gerste, 1 Beil.
Aßmus Prieß: 1 Kessel, 3 Bienenstöcke,1 Pferd.
Chim Wilcken: 4 große Schweine, 1 Kalb, ½ Scheffel Mehl, 5 Hühner.
Hinrich Hoeff: 1 Kalb, 2 Hühner, 1 Bienenstock.
Vom 1. November 1678 bis zum 1. Mai 1679 wählen ein Regimentsstab mit 16 Mann und eine Kompanie zu Fuß mit 109 Mann das Klosteramt als Winterquartier. Das Amt hat für den Stab monatlich mehr als 226, für die Kompanie monatlich mehr als 222 Taler an Unterhalt zu zahlen. Dazu kommt die Verpflegung für die Soldaten, bestehend aus insgesamt 132 ½ Pfund Fleisch und 181 Kannen Bier täglich (!) und das Futter für die Pferde.
1691
Am 2. April macht der Schulze von Willershagen die Anzeige, daß ihm der Einwohner und Heidereiter Hinrich Lehmhus beim Bier gestanden habe, hexen zu können und eine Hexenmeister zu sein. Am 6. April erscheinen Kläger und Beklagter nach Vorladung beim Klosteramt und machen ihre widersprüchlichen Aussagen. Der Beklagte wird in Haft genommen und eine umfangreiche Untersuchung eingeleitet, in deren Verlauf fünf Zeugen über die Hexerei des Inquisiten im Beisein des Notars des Klosters gehört werden: der Schulze Hinrich Suhr von Willershagen, der vierzigjährige Claus Wullenbäcker, der Bauer Heinrich Hoff, der Schütze des Klosters Gosche Priest und der Kuhhirte Hinrich Wollenbäcker. Der Angeklagte, der die ihn der Zauberei Bezichtigenden als Schelme bezeichnet, und die Zeugen werden befragt, ob sie Aussage über die Hexerei des Angeklagten machen können. Der Schulze sagt aus, daß der Verklagte bereits seit Jahren – seit ihm sein Vieh gestorben ist – unter Zaubereiverdacht steht. Diese Aussage wird von zwei weiteren Zeugen bestätigt, die außerdem angeben, daß bereits die Mutter des Angeklagten denselben Verdacht hatte. Die Gerüchte um die Zauberkraft des Lehmhus wurden besonders durch ein Pferde- und Rindviehsterben, durch das insbesondere der Hof des Schulzen betroffen war, geschürt. Die folgenden Zeugenbefragungen drehen sich vor allem um den Zusammenhang zwischen dem Viehsterben und der vermeintlichen Zauberei des Beschuldigten. Während der Schulze, der allein neun Pferde verlor, diesen Zusammenhang verneint, wird er von anderen Zeugen bestätigt: Im Dorf wird der Zauber des Inquisiten als Ursache für das Viehsterben angesehen. Da das Vieh des Schulzen häufig im Korn des Beschuldigten weidete, gerät dieser in Verdacht, das Korn vergiftet und somit das Viehsterben ausgelöst zu haben.
Diese Gerüchte machte sich der Angeklagte am Biertisch zunutze und prahlte „ganz trunken“ vor den Dorfbewohnern mit seinen Hexenkünsten und daß er gegen entsprechende Bezahlung die Pferde über Nacht heilen könne. Als sich dann ein Pferd über Nacht tatsächlich erholte und am anderen Morgen wieder fraß, war in den Augen der Bewohner der Beweis für die Zauberkraft des Lehmhus erbracht.
Zum Glück für den Angeklagten genügen dem Gericht die Aussagen der Zeugen nicht für eine Verurteilung.
Am 19. November wird entschieden, den wegen „veneficium“ einsitzenden Lehmhus sofort freizulassen. In der Begründung heißt es zwar, daß der Inquisit durch seine seit mehr als acht Jahren beim Trunk geführte Reden zwar Anlaß für die Inquisition gegeben habe, daß die Zeugenaussagen jedoch nichts Erhebliches und keine Indizien gegen den Inquisiten erbracht haben. Dem Pastor in Blankenhagen wird befohlen, Lehmhus scharf zu ermahnen und in seinem christlichen Glauben zu examinieren. Den fünf Zeugen schließlich wird unter Androhung einer Gefängnisstrafe befohlen, sich jeder Verunglimpfung und Beleidigung des Lehmhus zu enthalten.
1700-1721
Im Nordischen Krieg zwischen Schweden, Rußland, Polen und Dänemark um die Vorherrschaft im Ostseeraum haben die Bewohner Mecklenburgs durch Truppendurchzüge, Kampfhandlungen fremder Truppen, Kontributionen und Einquartierungen schwer zu leiden. Die Truppen, gleich ob Schweden oder Dänen, Russen oder Sachsen, fallen wiederholt in das Amt Ribnitz ein, verlangen Fourage und drohen bei Nichtbefolgung mit Exekution, das heißt, mit der Besetzung des Dorfes.
1704
Auf Veranlassung des Landesherrn hat jeder Pastor eine genaue Aufstellung über seine Beichtkinder einzusenden. Pastor Johannes Andreas Elich meldet auch über Willershagen eine genaue Aufstellung der Einwohner:
Schulze ist Hinrich Sur, der mit seiner zweiten Frau auf einem der Bauernhöfe lebt und noch im Jahr zuvor als Krüger bezeichnet wurde. Auf seinem Hof leben außer ihm die Dienstleute Casper Junge und Jacob Schenecke als Knechte, der Dienstjunge Hans Junge, die Schwester des Bauern Trine Sur als Dirne, Trine Johns als Dienstmädchen und der Tagelöhner Hinrich Rohde.
Erster Bauer und zugleich Holzvoigt ist Gosche Prieß. Er lebt mit seiner Frau, fünf Kindern, seiner Mutter und den Dienstjungen Hanß Winecke, Dietrich Schultz und der Dirne Greta Kams auf seinem Hof.
Zweiter Bauer ist Claß Sur. Er lebt mit seiner Frau, seinen fünf Stiefkindern, dem Knecht Hanß Demler und den Dienstjungen Jochim Spierling und Peter Richward auf seinem Hof.
Dritter Bauer ist Claß Wullenböcker, der mit seiner Frau, sechs Kindern, dem Knecht Peter Jürries und dem Dienstjungen Jacob Brüdigam auf seinem Hof lebt.
Vierter Bauer ist Jacob Düfel, der mit seiner Frau, seinen vier Stiefkindern, den Knechten Hanß Jürries und Hanß Genß und der amtsuntertänigen Trine Jörries und deren Mutter auf seinem Hof lebt.
Zu diesen vier Bauern kommen Hinrich Jörries, Hanß Jörries, Claß Winecke, Hanß Demlers Frau, die Witwe Peter Gensche, Hinrich Hoff, Adam Winecke, Andres Prieß, Adam Christoph Möller, Hanß Winter, die mit ihren Angehörigen in den Katen des Dorfes leben.
Neben seinen Einnahmen an Geld, die der Pastor von jedem Bauern erzielt, aber leider nicht angibt, erhält er von jedem Bauern zu Weihnachten eine Wurst und zu Ostern zwölf Eier und dazu von der gesamten Gemeinde Korn.
1709
Nach der Schlacht bei Poltawa, in der Zar Peter der Große die schwedischen Truppen unter Karl XII. besiegte, strömen schwedische Truppen zurück nach Deutschland und sorgen für die letzte große Pestepidemie. Mecklenburg schließt seine Grenzen gegen Pommern. Da dennoch zahlreiche Flüchtlinge die Grenze illegal passieren, erläßt Herzog Friedrich Wilhelm im November 1710 den Befehl, jeden illegalen Eindringling sofort „niederzuschiessen und darauf durch den nechsten Scharff-Richter an den darzu aufgerichteten Galgen hencken zu lassen; Gestalt dann ein jeder Scharff-Richter im gantzen Lande hiemit ernstlich befehliget wird, solche Execution auff erstes erfordern so fort unweigerlich zu vollstrecken“. Auch in Willershagen wird daraufhin ein Galgen errichtet.
1710
Am 30. Dezember rudern gegen 23 Uhr der aus Danzig kommende 28jährige Jacob Siemon mit seiner Geliebten, der 23jährigen Lehn Dämelow, über die Recknitz. Er ist ein desertierter schwedischer Soldat, sie eine leibeigene Magd aus Daskow. Siemon hatte vergeblich versucht, seine Braut zu heiraten. Da sie eine Leibeigene ist, hätte sie sich vor der Hochzeit freikaufen oder er hätte sich selbst in die Leibeigenschaft begeben müssen. Einen Ausweg sehen Beide nur in der Flucht vor ihren Herrschaften. Im Dunkeln finden sie einen Kahn, zerschlagen mit einem Beil die Kette und setzen über den Fluß ins Mecklenburgische. Ihr entferntes Ziel ist, von Wismar aus nach Danzig zu segeln. Zunächst aber fliehen sie nach Willershagen, weil sich die Braut von ihrem Vater und ihrem Onkel verabschieden möchte. Als beide aber am Morgen vor der Tür des Onkels Hans Dämelow stehen, alarmiert dieser den Schulzen und den Kloster-Schützen, die die Flüchtlinge festsetzen lassen. Bereits am 2. Januar 1711 erfolgt in Willershagen die erste Vernehmung durch Beamte des Klosters im Beisein des Schulzen und des Schützen. Erschrocken erfährt das Paar von den drakonischen Strafen, die auf illegales Eindringen nach Mecklenburg stehen und fleht um Gnade. Unschlüssig, ob die wenige Wochen zuvor erlassene herzogliche Verordnung sofort umzusetzen ist, konsultiert das Kloster die Juristenfakultät der Universität Rostock. Am 12. Januar bereits kommt die Antwort: Das Paar ist zu befragen, ob es den Inhalt des Edikts wirklich nicht kannte. Sollte es die Frage verneinen, „so ist ihnen der Scharfrichter mit seinen Instrumenten vorzustellen und sie mit der Tortur zu schrecken, sollten sie aber dennoch dabey verharren, daß ihnen das Edict oder deßen Inhalt nicht kund worden sey, so sind sie zur Staupen zu schlagen und mit Vergünstigung der hohen Landes Obrigkeit der Lande Mecklenburg (...) auf ewig zu verweisen und wieder an die Pommersche Grentze zu bringen“.
Zunächst wird so verfahren, wie von den Gelehrten empfohlen: Nacheinander schwören Braut und Bräutigam ihre Unkenntnis. Der Bräutigam wird mit dem Scharfrichter bekannt gemacht, der ihm die Folterinstrumente zeigt und ihn wiederholt zur Wahrheit anhält. Der Bräutigam bittet noch, nicht zu hart mit ihm umzugehen und bietet an, sich selbst auszuziehen und zur Tortur zu gehen. Doch der Scharfrichter rührt ihn nicht an. Danach wird auch die Braut zu den Folterinstrumenten geführt. Sie beginnt von selbst, sich für die bevorstehende Folter auszukleiden, bittet um Gnade, nicht zu hart mit ihr zu verfahren und bestreitet weiterhin Kenntnis von der herzoglichen Verordnung. Doch auch sie wird vom Scharfrichter nicht angerührt.
Mitte Februar und Anfang März ergehen die herzoglichen Urteile: Lehn Dämelow muß eine 14-tägige Gefängnisstrafe bei Wasser und Brot antreten, während ihr Bräutigam zu einem halben Jahr Karreschieben auf der Festung Dömitz verurteilt wird. Nach Bekanntgabe dieser Urteile „haben Arrestantes sich vor solche gnade unterthänigst bedancket“.
Die junge Frau wird am 24. März 1711 entlassen und am Paß den Pommern übergeben. Über ihren Bräutigam fehlen jegliche weitere Nachrichten.
1711
Seit diesem Jahr nehmen die Belastungen durch den Krieg unerträgliche Ausmaße an. Dänen und Preußen verlangen Lieferungen für ihre Truppen, insbesondere für die mehrmalige Belagerung der schwedischen Festung Wismar. Die Dörfer des Klosteramtes müssen Speck, Butter und Erbsen für 320 Taler nach Wismar liefern. Auf das bereits stark belastete Willershagen entfallen 28 Taler, worauf dessen Bewohner sich beim Kloster beschweren und Befreiung von der Abgabe erhoffen, da sie bereits „soviel gelitten“ haben. Die Willershäger liefern an die bei Ribnitz lagernden Dänen 13 Scheffel Hafer, 52 Bund Heu, am 2. November 90 Bund Stroh und am 21. November 80 Bund Stroh.
1712
Ende des Jahres ziehen russische Truppen durch das Land. Deren kommandierender Generalfeldmarschall, Prinz Alexander Menschikow, stellt für die Klosterdörfer Bartelstorf, Willershagen, Kessin, Bentwisch, Buchhorst, Ehmkenhagen und die beiden Dörfer Kuhlrade und Poppendorf mehrere Schutzbriefe aus und untersagt den unter seinem Kommando stehenden Truppen jegliche Forderung nach Fourage, Proviant, Pferde und Vieh aus diesen Orten. Bei Nichtbefolgung seines Befehles droht er doppelte Erstattung des Schadens und willkürliche Strafe an.
1714
Durch die hohen Belastungen in Folge des Krieges sind zahlreiche Untertanen nicht mehr in der Lage, ihre Steuern in der geforderten Höhe zu zahlen. Bartelstorf, Ehmkenhagen, Bookhorst und Willershagen schulden insgesamt 718 Taler. Zur Eintreibung dieser Forderung werden üblicherweise in einige Dörfer Soldaten gelegt, die so lange verpflegt werden müssen, bis alle Klostergüter ihrer Steuerschuld nachgekommen sind. Zur Unterhaltung der Soldaten müssen die Willershäger im November und Dezember Exekutionsgebühren für die Reiter und berittenen Musketiere, 76 Mahlzeiten, acht Scheffel Hafer, Heu, Häcksel, Bier und Branntwein im Gesamtwert von 23 Talern 2 Schillinge entrichten. Die Exekution bringt das letzte Geld der Bauern zum Vorschein. Bereits am 8. Dezember kann der Verwalter des Klosteramtes Ribnitz melden, die Steuerschulden und die Exekutionsgebühren „eingetrieben und erpreßt“ zu haben.
1715
Ende des Jahres ziehen preußische, dänische und russische Truppen – darunter ein Astrachansches Regiment – durch das Land und fordern erneut Speisung, Korn, Heu und Fuhren. In Kuhlrade, Ehmkenhagen und Poppendorf wird akribisch Buch über die erfolgten Lieferungen geführt. Zwischen Ribnitz und Damgarten wird auf Befehl der Dänen ein Damm errichtet. Da dieses Befestigungswerk von den Ribnitzern nicht allein errichtet werden kann, müssen alle Orte der Rostocker Heide, unter denen auch Willershagen genannt ist, Holz liefern. Der Anteil eines jeden Ortes soll sich nach der Größe der nächsten Lieferungen an das Magazin in Ribnitz richten.
1718
Herzog Carl Leopold verbietet seinen in Militärdiensten stehenden Offizieren und Gemeinen, in den Klosterdörfern Bartelstorf, Kessin, Bentwisch, Willershagen, Kuhlrade, Poppendorf, Ehmkenhagen und Bookhorst freie oder sonstige Dienstleute für das Militär zu werben.


1719
Herzog Karl Leopold bemüht sich seit Jahren um die Durchsetzung des Absolutismus in Mecklenburg. Nachdem er die Maßnahmen gegen die Ritterschaft verschärft hat, verpflichten sich der Kaiser und die Kurfürsten von Hannover und Sachsen zum Vollzug der Reichsexekution gegen Karl Leopold. Das Land wird durch hannoversche Exekutionstruppen besetzt. Der Oberbefehlshaber der Truppen erteilt den Klosterdörfern Bookhorst, Willershagen, Ehmkenhagen und Kuhlrade einen Schutzbrief. Er befiehlt den unter seinem Kommando stehenden Offizieren und allen Soldaten zu Roß und Fuß, den Einwohnern der genannten Dörfer, „Unterthanen und Behausunge nicht allein mit eigenthätiger Einquartierung, Durchzügen, Nacht- und Still-Lagern, gewaltsahmer Ausplünderung, Exigirung der Vorspann, Geld-Pressuren, Wegnehmung der Mobilien, Hinwegführung Groß oder kleinen Viehes, auch allen andern Krieges-Exactionen, wie die immer Nahmen haben, oder unter was praetext dieselbe gesucht werden möchten, gäntzlich zu verschonen, sondern Sie vielmehr gegen diese obberührte Gewaltthätigkeiten zu verthädigen und also diese Salvaguarde zu respectiren“.
1721
Neben zahlreichen Eigentumsdelikten, insbesondere Holzdiebstählen und Wilddiebereien, werden auch andere Fälle gerichtlich geahndet:
So wird am 22. Januar gegen die freie Anne Sophie Kamps verhandelt, die bei dem Bauern Jochen Spierling in Willershagen wohnt. Sie gesteht, ein Kind zu erwarten, nachdem sie von einem ihr unbekannten Kerl auf dem Feld „genothzüchtigt“ worden ist. Weiter gibt sie an, erst dann über den Vorfall gesprochen zu haben, als die Schwangerschaft nicht mehr zu verheimlichen ist. In den Augen der Beamten des Klosters trägt sie zumindest eine Mitschuld. Obwohl sie nicht bestraft wird, wird Ihrem Hauswirt bei Androhung einer Gefängnisstrafe befohlen, ein Blick auf diese „Hure“ zu haben und jede Verdächtigkeit sofort zu melden.
1722
In Willershagen gibt es wieder fünf Bauern: der Schulze David Schultz, Klosterschütze Goski Priese, Hinrich Lemeiß, Hans Wullenbäcker und Claus Wullenbäcker. Weiterhin werden fünf große Einlieger (Hanß Jürgs, Claß Jürgs, Jochim Wencke, Hanß Jörnß, Hinrich Wullenbäcker) und fünf kleine Einlieger (Jochim Spierling, Andreß Wullenbäcker, Stoffer Schäneke, Jacob Jung und Andreß Prieß) gezählt. Andreß Wullenbäcker, Jacob Junge und Stoffer Schäneke haben erst zu Beginn des Jahres vom Kloster die Erlaubnis erhalten, sich in Willershagen anzusiedeln und einen Katen zu errichten.
1724
Neben drei Bauern aus Bentwisch werden auch zwei Bauern aus Willershagen, Gosche Prieß und der Schulze, nach Rostock vorgeladen. Wegen Steuerschulden aus den Jahren 1716-1719 war diesen fünf Bauern im Jahr zuvor der Hof gekündigt worden und sie hätten ihn verlassen sollen, was sie aber nicht taten. Nun soll im Beisein des Klosterhauptmanns über das weitere Vorgehen beraten werden. Bei einer nun angestellten Untersuchung wird festgestellt, daß diese Bauern durch die zahlreichen Truppendurchzüge von und nach Pommern besonders gelitten haben, „schwere Portionen ertragen“ mußten und gar nicht in der Lage gewesen sind, ihre Steuerschulden zu begleichen. Man kommt zwar überein, jedem bis auf 2 Taler 24 Schilling die Steuerschuld zu erlassen, dennoch werden beide Willershäger Bauern von ihren Höfen vertrieben und ihre Flächen zum neu angelegten Meierhof gelegt.
Im Zuge der Anlegung dieses Meierhofes werden die Flächen der übrig gebliebenen drei Voll- und fünf Viertelhüfner genau vermessen und sollen in acht etwa gleich große Stellen neu eingeteilt werden. Diese acht Bauern sind Claaß Wullenbäcker, Hinrich Lehmhueß, Hanß Wullenbäcker, Hanß Jürs, Claaß Jürs, Jochim Wienick, Hanß Jörden, Hinrich Wullenbäcker. Dennoch wird auch in der Folgezeit weiter von drei Vollbauern und fünf Kossaten gesprochen, weil die gleiche Aufteilung der Fläche unter den acht Bauern offensichtlich nicht zustande kam: 1728 haben die drei erstgenannten jeweils mehr als das dreifache an Aussaat als jeder der fünf letztgenannten.
1725
Das Kloster weist die Bauern im Amt an, jedem Knecht den gleichen Lohn wie einem Knecht in den fürstlichen Ämtern zukommen zu lassen. Das heißt, daß jeder Knecht im Jahr 10 Taler Lohn, zwei Paar Schuhe, zwölf Ellen „fleßen“ Lein für zwei Hemden, „heiden“ Lein für zwei Hosen und fünf Ellen Futtertuch zum Hemdfutter zu erhalten hat.
1726
Das Kloster Ribnitz schließt mit Johann Jacob Prange einen Vertrag über die Verpachtung des Kruges in Willershagen mit samt den dazugehörigen Gebäuden und Wiesen auf lediglich ein Jahr für 16 Taler.
1728
Neuer Krüger für ein Jahr ist Christoffer Müller.
1730
Rostock unternimmt einen Versuch zum Rückerwerb von Willershagen und sendet eine kleine Abordnung von Bürgern nach Ribnitz. Auf der Rückreise fahren sie über Willershagen und sehen dort einen weit fortgeschrittenen Bau, der nicht näher erläutert wird, bei dem es sich um den neu eingerichteten Meierhof handelt. Die Rostocker befürchten, daß dieser Neubau den Rückerwerb des Dorfes nicht nur erschweren, sondern auch sehr verteuern wird und bitten den Herzog, den Bau zu stoppen. Dieser droht dem Kloster tatsächlich mit 500 Talern Strafe, was jedoch vom Kloster ignoriert wird.
1733
Herzog Carl Leopold kapituliert vor den kaiserlichen Exekutionstruppen. Zur inneren Stabilisierung Mecklenburgs verbleiben preußische und hannoversche Militärverbände im Lande. Am 26. November erscheint der preußische Quartiermeister v. Speckbötel mit zwei Reitern in Willershagen und fordert Fourage-Gelder für die preußische Kavallerie. Da die Rationen am anderen Tag noch nicht bereitgestellt werden, belegt ein Leutnant v. Wismarck mit Diener und 25 Mann das Dorf. Während sich der Leutnant beim Jäger Claus Prieß einquartiert, nehmen zehn Mann Quartier auf dem Hof, die anderen verteilen sich auf die drei verbliebenen Bauernstellen und die Kossatenstelle des Jochim Wiencke im Dorf. Die Besatzer verlangen Geld und drohen im Weigerungsfall mit Verhaftung der Bauern und Beibehaltung der Exekution. Da beides für die Willershäger inakzeptabel ist, zahlt jeder Bauer (Hinrich Rehmus, Clauß Wollenbäcker, Jochim Schwartz) 9 Taler 24 Schillinge und jeder Kossat (Hanß Jörß, Clauß Jörß, Jochim Wiencke, Hinrich Jörß, Stoffer Wiencke) 2 Taler 8 Schillinge. Außer dieser Zahlung fordern und erhalten die Soldaten Speisen, Bier und Branntwein, vom Hof 1 Taler 1 ½ Schillinge und von jedem Bauern 16 ½ Schillinge und von jedem Kossaten 4 ½ Schillinge Exekutionsgebühr. Zum Schluß müssen die Bauern zum Hohn noch sechs Wagen anspannen und die Soldaten nach Rövershagen fahren. Am 3. Dezember geben die Betroffenen das Erlebte vor einem kaiserlichen Notar in Ribnitz zu Protokoll, der ähnliche Drangsale bereits am 17. November von den Bewohnern von Poppendorf, Bookhorst und Kuhlrade aufnehmen mußte.
1736
In einer Beschreibung der Meierei Willershagen wird ein Krug erwähnt. Zum Dorf gehören drei Vollhüfner, von denen jeder wöchentlich vier Spann- und zwei Handtage leisten muß. Das heißt, daß die Bauern von sieben Wochentagen an sechs Tagen Dienste leisten müssen. Die fünf Kossaten leisten jeder wöchentlich vier Handtage, in der Brachzeit jedoch nur einen Tag mit der Hand und einen Tag mit dem Vieh. Fünf Einlieger haben wöchentlich je zwei Handtage zu leisten, während vier weitere Einlieger lediglich einen Handtag je Woche haben.
1743
Als Pfand für die hohen Exekutionskosten vergibt 1734 Herzog Christian Ludwig westmecklenburgische Ämter an Hannover, südmecklenburgische an Preußen. Diese Ämter werden durch die jeweiligen Mächte besetzt. Insbesondere die Preußen pressen in den folgenden Jahrzehnten gewaltsam zahlreiche Mecklenburger in ihre Truppen. Beim Klosteramt in Ribnitz häufen sich die Beschwerden über die gewaltsame Werbung aus nahezu allen Klosterdörfern. In Kloster Wulfshagen schlagen die Preußen mitten in der Nacht die Türen ein, fesseln die noch schlaftrunkenen Männer und transportieren sie auf bereitgestellten Wagen ab. In Bentwisch umstellen sie während des Gottesdienstes die Kirche.
Später kommen preußische Werber selbst tagsüber über die Grenze und entführen Mecklenburger. Im Dezember 1743 kommen sieben preußische Werber zur Frühstückszeit nach Willershagen in das Haus des Bauern Claus Wullenbecker, um dessen beiden Knechte, die auf der Diele Häcksel schneiden, mitzunehmen. Diese haben aber rechtzeitig die Gefahr bemerkt und sich versteckt. Da selbst unter Schlägen der Bauer keine Auskunft über deren Aufenthaltsort geben kann, verbleiben drei Werber auf dem Hof, während die anderen drei zur Wohnung des Knechts Claus Wullenbecker ziehen, den sie beim Frühstück mit seinem Sohn antreffen. Der Sohn wird kurzer Hand mitgeschleppt. Sechs Knechte nutzen die Gelegenheit und ergreifen die Flucht vor den Preußen und vor der eigenen Herrschaft.
Am Nachmittag kommen erneut vier Werber und wollen zwei beim Sägen im Wald beschäftigte Knechte entführen. Die beiden Knechte werden aber nicht bei der Arbeit angetroffen, worauf zwei mit Pflügen beschäftigte Knechte das Ziel der Preußen sind. Diese Knechte bemerken rechtzeitig die Gefahr, spannen zwei Pferde aus und reiten mit diesen davon. :Nachdem einer der Werber sich ein weiteres Pferd nimmt und den beiden Flüchtenden nachjagt, ergreifen sieben verbliebene Knechte die Flucht. Willershagen, das zu der Zeit aus dem Meierhof, drei Bauernhöfen und fünf Kossatenstellen besteht, hat also an einem Tag 14 Untertanen verloren – einer wurde gewaltsam geworben und 13 sind geflüchtet. Später gelingt es, den gewaltsam geworbenen Knecht Claus Wullenbecker gegen Zahlung von 40 Talern loszukaufen.
Das Klosteramt befürchtet jedoch, daß keiner der Geflohenen zurückkommt, da es nicht in der Lage ist, die Gefahr der gewaltsamen Werbung zu mindern. Dies wiederum bringt sie Sorge hervor, daß derartig „von Dienstknechten entblößt“, die Arbeit liegen bleibt, womit die Steuerzahlung im kommenden Jahr nicht gesichert scheint.
1744
Gustav Adam Simonn wird Jäger in Willershagen und löst den Jäger Carl Ludewig Kuhnow ab, der seinen Dienst krankheitshalber nicht mehr versehen kann.
1746
In den Klostergütern wütet eine nicht näher bezeichnete Viehseuche. Im Dorf Willershagen sterben von 154 Rindern 124! Die Verluste betragen im Einzelnen einen Bullen (der einzige Bulle im Ort !), 17 von 22 Ochsen, 44 von 57 Kühen, 22 von 23 Stieren, 22 von 25 Starken und 18 von 26 Kälbern.
1747
In der Nacht vom 9. – einem Sonntag – auf den 10. Juli bringen der Einlieger Johann Alm und die Knechte Jochim Lehmus (Knecht bei Peter Wullenbecker), Claus Wullenbecker (Knecht bei Claus Wullenbecker) und Jochim Wullenbecker (Knecht bei Jochim Schwartz) im Auftrag des Klosters Holzkohle nach Rostock und machen etwa um Mitternacht kurz hinter Bentwisch Rast, lassen die Pferde grasen und legen sich selbst etwas nieder. Plötzlich erscheinen acht Preußen auf Pferden, die sie zuvor Bauern in Kessin abgenommen haben und machen den Bauern Vorhaltungen, warum diese nicht vor einem Krug, sondern auf offener Landstraße rasten und beginnen mit Anstalten, die Wagen umzustoßen, was die Willershäger gemeinsam verhindern können. Die Preußen greifen sich zunächst Johann Wullenbecker und fordern Geld von den Knechten. Dann könnten die Wagen stehen bleiben. Die Knechte haben aber kein Geld bei sich, worauf die Soldaten über Claus Wullenbecker herfallen. Dieser Knecht – es ist derselbe, der bereits vor vier Jahren verschleppt worden ist – verweist darauf, daß er sich seinerzeit freigekauft habe und das sogar mit einer Quittung belegen könne. Das macht Eindruck. Er wird losgelassen und flüchtet ins Korn. Nun ist Knecht Lehmus an der Reihe. Er wird verprügelt und es wird mehr Geld gefordert. Da das immer noch nicht zum Erfolg führt, wird Lehmus gebunden und mit den Soldaten nach Blankenhagen mitgeschleppt, die bei dieser Gelegenheit gleich noch ein Pferd der Knechte mitgehen lassen. In Blankenhagen fallen die Preußen über den Katen des Kossaten Andreas Witt her, um dessen Sohn mitzuschleppen. Das lenkt die Soldaten von Lehmus ab, der die Gelegenheit zur Flucht nutzt. Später kann auch der entführte Sohn des Witt den Preußen wieder entkommen.
Wenige Tage später geben die Kessiner und die Willershäger das Erlebte zu Protokoll, wobei sie sogar die Namen der preußischen Werber angeben können. Doch schützen kann das Klosteramt seine Untertanen nicht. Herzog Christian Ludwig, dem es jedoch nicht um die Menschen, sondern um leibeigenen Untertanen geht, die ihm entzogen werden, erläßt mehrere Verbote der Werbung, die in den Städten an den Rathäusern und Toren, in den Dörfern an den Krügen angeschlagen werden und wendet sich auch an den König in Preußen. Und obwohl er von diesem die Zusage erhält, die gewaltsame Werbung einzustellen, kann er sie auch in den Folgejahren nicht dauerhaft verhindern, wobei nicht verschwiegen werden soll, daß es auch Fälle gibt, bei denen die Knechte freiwillig den Soldaten folgen, um dem harten Alltag auf den Höfen zu entfliehen.
1749
Der bisherige Schreiber zu Wulfshagen, Joachim Christian Riemer, pachtet für eine Summe von 800 Talern pro Jahr auf zehn Jahre den Hof – im Vertrag noch als Meyerey bezeichnet – Willershagen. Riemer ist der erste namentlich bekannte Pächter des Hofes.
1750
Rostock setzt zu einem weiteren Versuch an, die verpfändeten Dörfer Willershagen und Bartelstorf wieder einzulösen. Erst nach vier Schreiben reagiert der Engere Ausschuß der Ritter- und Landschaft zunächst mit der Erklärung, daß man zwar bereit sei, die Dörfer zurückzugeben, aber im Gegenzug eine Ausgleichszahlung für alle ausgeführten Bauten und Meliorationen und für erlittene Kriegs- und andere Schäden von der Stadt erwarte. Später dann fordert man schriftliche Unterlagen, aus denen das Recht der Stadt Rostock an Willershagen und Bartelstorf hervorgeht. Trotz aller Widerstände verfolgt Rostock von nun ab die Rückgabe beider Dörfer zielstrebiger als in den Jahren zuvor.
1751
Das Wohnhaus und die Scheune des Kossaten Wiencke brennen am 22. Februar nieder.
Pächter Riemer unterhält eine Beziehung zu Trien Spörcken, Claus Spierlings Eheweib, die ihn öfters besucht, jedoch von Riemers Frau des Hofes verwiesen wird. Daraufhin verprügelt der Pächter ständig seine Frau und geht mehrfach mit dem Hirschfänger auf sie los. Wiederholt können erst die Ausgeberin und der Schreiber den Rasenden stoppen. Einmal fährt der Schreiber zwischen das Paar und sagt „Herr mache Er doch keinen Lermen bey Nachtschlaffender Zeit. Worauf Herr Reimer erwiedert. Er sollte Ihm seinen willen laßen und vor Ihm die Pistolen laden, Ehr wollte sein weib die Canaille todt schießen“, während der Frau die Flucht zur Ausgeberin gelingt. Schließlich schreibt der Pastor einen Bericht an das Kloster und zeichnet ein übles Bild von dem Pächter, der nur sehr sparsam zur Kirche kommt, seine Frau durch entsetzliches Fluchen bei der Andachts stört und „Tag und Nacht dafür sorge damit die Brandtweins-Dünste ihm ja nicht aus dem Kopf kommen“. Der Pastor fordert, daß es Zeit ist, zu verhüten, daß „gedachter Riemer 1. durch sein unverantwortliches schelten und prügeln nicht ein Mörder seines eigenen Kindes, mit dem die Frau schwanger gehet, werde, oder 2. in seiner Raserey die Frau selbst ermorde.“
Einen Tag nach der Anzeige des Pastors erteilt die „bereits sehr aufgebrachte und zum Zorne“ gereizte Obrigkeit des Klosters Trien Spörcken ein Verbot zum Betreten des Hofes und dem Pächter bei Androhung einer Strafe von 100 Talern oder Gefängnis die Anweisung, Trien Spörcken weder auf den Hof zu lassen, noch sich an seiner Frau mit Worten oder Schlägen zu vergreifen.
1753
Martin Friderich Fuhrmann ist als Schulmeisterkandidat im Gespräch. Er stellt sich beim Pastor in Blankenhagen vor und ihm wird bescheinigt, „er habe gelernt was man von einem Schulmeister fordern kann, wenn nur sein Schreiben etwas schulmeisterischer aussähe. Doch da dieser Mangel in Willershagen nicht stark in Betrachtung komt; er sich auch beßern kann; endlich auch die Erfahrung gibt, daßman nicht leicht einen in allen Stücken vollkommenen Menschen finde; so dünkt mich, ich habe Ursache genug zu hoffen, Euer Hochwohlgeboren werden bemeldten Fuhrmann den gesuchten Schulmeisterdienst im Nahmen des Closters gnädig ertheilen“. Fuhrmann möchte selbst noch in Ribnitz vorsprechen, hat aber wegen der „in Schwange gehenden Preußischen Werbung“ Angst vor der Reise. Die Verantwortlichen des Klosters verschieben die Entscheidung über die Bestallung des Lehrers auf den Herbst. Ob Fuhrmann schließlich die Stelle als Lehrer in Willershagen antritt, ist nicht überliefert.
1756
Die Stadt Rostock gibt ein Gutachten zur Prüfung der Möglichkeiten zum Rückerwerb der seit mehr als einhundert Jahren verpfändeten Güter in Auftrag. Der Gutachter findet schnell in den zwischen 1643 und 1653 geschlossenen Verträgen eine Klausel, über die ein Rückerwerb möglich ist: In allen Verträgen heißt es nämlich, daß die Pfandinhaber so lange über ihre Rechte an Willershagen verfügen können, wie die Stadt das Pfand nicht einlöst. Der Gutachter kommt also zu dem Schluß, daß die Stadt über die Pfandeinlösung wieder an ihre aus dem Mittelalter herrührenden Rechte an Willershagen gelangen kann.
Durch den ausbrechenden siebenjährigen Krieg verzögert sich das Vorhaben aber erneut. Herzog Friedrich fordert die Rückgabe der an Hannover und Preußen verpfändeten Ämter und bezieht somit Stellung gegen Preußen, obwohl er nicht annähernd in der Lage ist, das Land und seine Bewohner vor ihnen zu schützen.
Preußische und schwedische Regimenter nutzen das Land als Operationsbasis, das wieder für die Truppenversorgung aufzukommen hat. Genau wird aufgeschlüsselt, welches Domanialamt, welches ritterschaftliche Amt, welche Stadt und welches der drei Landesklöster wieviel an Naturalien und Pferden abzuliefern hat. Schwere wirtschaftliche Belastungen sind die Folge. Ständig treffen Befehle des preußischen Feldkriegskommissariats mit Forderungen nach Fuhren, Heu, Stroh und Pferden ein.
Aber auch die Soldatenwerbungen sind wieder eine ständige Bedrohung für die Bevölkerung. Fünfzehn Jahre später – 1771 – gibt der Dorfschulze Peter Wullenbäcker aus Willershagen zu Protokoll:
„Ich bin leider hier Schulz gewesen, o! wie gern wäre ich es überhoben gewesen, allein ich konnte nicht umhin, ich war der älteste Bauer. Alle Lasten lagen demnach mehrentheils auf mir, alles was verwichenen Kriege kam frug nach den Schulzen und ich sollte alles bewerkstelligen. Wenn ich alles, was ich habe ausgeben müßen zusammen rechnen wollte; so brächte ich, ohne mich zu rühmen eine Summe von 4 bis 500 Taler heraus. Nur einiges zu gedencken, wovon Höchst-Dieselben leicht auf das andere schließen können, Ich bin vergangenen Krieg 2 mal mit Liewerung nach Demmin gewesen und 2 mal nach Trebtow. 3 male bin ich den 3ten Abend erst wieder gekommen, und das 4te mal den 4ten. Innerhalb diesen 13 Tagen habe ich, da ich wieder nach Hause kam 13 Taler 17 Schillinge vor Brantwein an meine Kinder bezahlen müßen weil meine Frau kein Geld gehabt, dieses will ich allemal eidlich darthun. Nicht weniger klagte sie mir, daß sie an einem Juncker von den Tragunern 2 Taler vor Speise Geld, weil er nichts da gesen, aber im Quartier gelegen, bezahlen müßen. Dieses waren also innerhalb 13 Tagen 15 Taler 17 Schillinge. Und wenn meine Nachbahren 20, 22, 24 in Quartier hatten so hatte 30, 34, 40 ia wohl manchmal 50 außer denen welche von den Posten ab und zu gingen, denn diese muste ich überdem Tag und herbergen: Bier, Brantwein, Eßen war ihr erstes in 6 Wochen habe ich keinen Fuß ins Bette gehabt. Wir hatten hier 4 Wachen, dazu muste ich beständig Holz anschaffen. Und weil meine Nachbarn selten zu Hause waren; so muste überdem noch alle Fuhren thun. Ich ward hierüber betrübt und bekümmert, ich bin in der Nacht 3 bis 4 mal nach dem Herr Dabell gelauffen, hier zu ward ich durch unendliche Droh-Worte genöthiget, bis endlich dieser es dem Obrist-Leutenant es vorstellete, hierauf gab mir dieser zu Antwort: warum ich dieses nicht gesagt hätte und da musten meine Nachbarn auch mit zu treten. Endlich kam ein Husar und verlangte Haber von mir da ich nun keinen hatte; so richtete er mich so zu, daß ich davon bis ins 3 Jahr lag. Ich bin auch bei dem Herrn Küchenmeister gewesen und deßen Frau Mutter und Er haben es selbst gesehen, wie ich zugerichtet war, welches ihnen daurete“.
Der Katenmann Johann Schmidt und die Einlieger Andreas Spörck, Jürgen Schmidt, Christopher Heuer und Hans Jochim Schmoock aus Willershagen leisten neben anderen Bewohnern des Klosteramtes den Untertaneneid: „Ich schwehre zu Gott diesen körperlichen Eyd, da ich bey hiesigem Hochadelichen Closter Amte zu Ribnitz ein Erb- und Leibeigener Unterthan bin, daß ich dahero dem Hochadelichen Closter-Amt zu Ribnitz jederzeit treu, hold und gehorsam seyn, und allen denen von meiner Herrschaft und Obrigkeit mir gegebenen Verbothen und Gebothen nach allem Fleiß nachkommen; auch mich nicht ohne Vorwissen meiner Obrigkeit und Herrschafft aus den Hochadelichen Closter-Amts-Gütern wegbegeben, auch allso nicht heimlicher weise entweichen und mich an andern Orten wieder hinbegeben will; so wahr mich Gott helffe und sein heiliges Wordt“.
Die beim Krüger Köhn dienende Dirne Catharina Margarethe Herzberg wird am Morgen des 7. November von dem 22jährigen reisenden Schlächter Johann Niclaus Gaudels aus Schilda bei Leipzig erschossen. Die Magd war gerade damit beschäftigt, das Stroh, auf dem der Schlächter mit seinen beiden Kameraden geschlafen hatte, zusammen zu binden, als Gaudels mit dem Gewehr spielte, sich ein Schuß löste, die Magd traf, „so daß dieselbe so gleich ihren Geist aufgegeben“. Am Tag darauf wird auf einem Tisch im Krug von einem Chirurgen im Beisein von Hofrat Hartwig und einem als Protokollanten dienenden Notar die Sektion durchgeführt, deren Protokoll noch in den Akten liegt. Bereits wenige Tage später beginnt in Ribnitz der Inquisitionsprozeß, dessen Akten zur Urteilsfindung an die Juristenfakultät der Universität Rostock gesandt werden. Bereits am 25. November wird das Urteil gesprochen: Der Schlächter wird zu vierzehn Tagen Gefängnis bei Wasser und Brot verurteilt und muß, soweit sein Vermögen reicht, die Kosten in Höhe von 38 Talern für die Untersuchung und das Verfahren tragen. Er wird am 31. Dezember aus der Haft entlassen.
1757
Am 1. März wird im Beisein des Herrn Klosterhauptmanns von Oldenburg in Ribnitz gegen die 18jährige Ann Trien Dortie Jürgens und den Knecht Johann Heinrich Bliemeister verhandelt. Beide gestehen, zweimal im Bett der jungen Frau im Hause derer Eltern gegen das 6. Gebot verstoßen, damit gegen Gott und die Obrigkeit gesündigt zu haben und straffällig geworden zu sein. Beide Angeklagte können auf Befragen das 6. Gebot aufsagen. Da der Knecht zu Protokoll gibt, die Geschwängerte heiraten zu wollen, wird die Verhandlung bis auf einen weiteren Termin ausgesetzt, zu dem es aber nicht mehr gekommen ist.
1758
Der bereits erwähnte Joachim Friedrich Dabell wird bei einer Versteigerung neuer Pächter den Hofes Willershagen. Er löst den bisherigen Pächter Joachim Christian Riemer ab. Der Hof besteht nunmehr aus dem Wohnhaus, dem Pferdestall, der Scheune, dem Schweinekofen, dem neuen Viehhaus und dem Backhaus. Laut Vertrag haben die drei Vollbauern auf dem Hof wöchentlich vier Spann- und einen Handtag, die fünf Kossaten zwei Spann- und einen Handtag zu leisten.
Am 6. März wird seitens des „chefkommandierenden Generalfeldmarschalls“ in Greifswald den im Klosteramt Ribnitz stehenden preußischen Truppen befohlen, jede Mißhandlung der Bevölkerung, jede Plünderung, jede Erpressung, jeden Mutwillen und jeden Unfug zu unterlassen und statt dessen auf „genauste Mannszucht“ und Ordnung zu achten. Allein daran, daß derartige Befehle ständig wiederholt werden, kann man ermessen, daß es mit deren Befolgung nicht zum Besten bestellt ist. Daß die Realität anders aussieht und daß derartige Anweisungen keine Befreiung von Kontributionen und anderen Forderungen darstellen, sollen die Bewohner nur zu bald erleben.
Herzog Friedrich von Mecklenburg-Schwerin führt eine Steuer ein, damit „die von den Königlich-Preußischen Kriegs-Völkern erzwungene Gelder respective aufgebracht, eingenommen und abgeführt werden sollen“. Die Mecklenburger zahlen somit Steuern, mit denen der Krieg der Preußen finanziert werden kann.
Der Hof Willershagen muß für jede Hufe 40 Taler zahlen, was bei seiner Fläche von rund 10½ Hufen über 407 Taler ausmacht. Dazu müssen der Verwalter 16 Taler, der Jäger 2 Taler 24 Schilling, der Krüger und der Schulmeister je 3 Taler - jeder ein Zehntel ihres Lohnes an Steuern zahlen. Selbst die drei Knechte bzw. Halbknechte und fünf Dirnen vom Hof, der Halbknecht und die Dirne des Jägers und die Dirne des Krügers müssen von ihrem kargen Lohn rund zehn Prozent Steuern zahlen.
Die namentlich genannten 16 Steuerzahler aus dem Dorf Willershagen müssen jeder 2 Taler entrichten. Nur zwei von ihnen – Claus Wullenbecker senior und Peter Alm – werden befreit, weil ihr wirtschaftlicher Zustand als „miserabell“ eingeschätzt wird. Jeder der drei steuerzahlenden Vollbauern Peter Wullenbecker, Johann Brüdigam und Jochim Wullenbecker beschäftigt einen Knecht, einen Halbknecht und zwei Dirnen, während die fünf Viertelbauern oder Kossaten Claus Wullenbecker, Hans Jürs, Jochim Hallehr, Stoffer Wienecke und Claus Wienecke je einen Knecht und eine Dirne beschäftigen. Auch sie alle haben wie die Leibeigenen des Hofes zu steuern.
Da die Preußen unter „den härtesten Bedrohungen von Fouragierung und Verwüstung des Landes“ drohen, wird die Eintreibung der Gelder seitens der mecklenburgischen Behörden aufs Äußerste beschleunigt und vorangetrieben.
1759
Da die Gelder nicht in der geforderten Zeit in der geforderten Höhe abgeliefert werden, treibt das preußische Feldproviantamt den ausstehenden Betrag in Naturalien ein. Deren genauer Umfang läßt sich anhand der Akten nicht mehr exakt feststellen. Aber selbst aus den überlieferten Bruchstücken wird deutlich, wie sehr die Bewohner des Landes unter der abenteuerlichen Politik seines Herrschers zu leiden haben.
Von ihren jeweiligen Standorten aus fordern die Preußen Lieferungen in ihre Magazine und drohen bei Nichtbefolgung mit militärischer Exekution. Das Gut Willershagen muß die Magazine der Preußen in Altentreptow und Demmin mit Mehl, Hafer, Roggen und ganzen Fuhren von Heu und Stroh füllen, aber auch Soldaten stellen: „2 Recruten so an Herrn Major von Peterstorff in Rostock abgeliefert“ und „beym DurchMarsch ist von Herrn Lieutenant Kleist 1 Knecht mit Gewalt genommen“. Damit nicht genug, werden die Orte auch die Einquartierungen bis aufs Äußerste belastet. Am 4. Februar kommen 4 Offiziere mit 221 Gemeinen, 312 Grenadieren und 55 Dragonern auf den Hof. Sie müssen mit Speck, Brot, Butter, Gänsen, Erbsen, Grütze, Mehl und Bier versorgt werden, ihre 227 Pferde mit ausreichend Futter. Eine undatierte Aufstellung beziffert die Schäden auf dem Gut auf 1.690 Taler, womit das Gut mit nahezu dem Vierfachen der geforderten Steuersumme belastet wird.
Vom Dorf Willershagen fehlen leider detaillierte Aufstellungen. Aber auch die Bauern werden durch die Herstellung und Lieferung von Faschinen nach Ribnitz, durch Lieferungen von Mehl, Roggen, Hafer, Heu und Stroh, durch Fuhren und Einquartierungen schwer belastet.
Wieder wird ein junges Paar aus Willershagen der Unzucht bezichtigt. Diesmal trifft es die 24jährige Ilsabeth Alm und den 34jährigen Gustav Klinckmann. Die Beschuldigte lebt im Katen des Jochim Wullenbecker und hat „Achtung“ auf dessen Kinder, wofür sie Essen und Trinken erhält. Der Beschuldigte ist Knecht auf dem Hof Willershagen. Die Braut kann auf Befragen nicht sagen, „wie offt derselbe ihr beygewohnet“, gibt aber an, „das wäre sehr offt geschehen; und sie könnte sich dessen dahero nicht besinnen, wie offt es geschehen“. Als Ort des Geschehens wird das Haus des Verwalters Dabell angegeben, in dem das Paar dient. Vehement bestreitet die Frau, „sich mit mehreren Manns-Personen fleischlich vermischt zu haben“. Auch in diesem Fall können beide das 6. Gebot aufsagen und gestehen, durch ihre schlechte Lebensart straffällig geworden zu sein. Da das Paar heiraten möchte, wird die schwangere Braut zu einer Strafe von drei Talern, der Bräutigam jedoch zu fünf Talern verurteilt. Später werden die Summen auf einen bzw. drei Taler reduziert.
1760
Nachdem am 21. November ein Leutnant Tisch mit einem Kommando von 23 Reitern mehrere Tage Posten steht, fallen am 23. November 171 Husaren der Leibeskadron des Oberst v. Belling in Willershagen ein und müssen für einen Tag versorgt werden. Auf dem Hof werden 60 Mann untergebracht. Auf den Bauernhöfen verteilt sich der „Rest“: Schulze Wullenbecker muß 21 Mann, Jochim Wullenbecker 18 Mann, Johann Brüdigam 19 Mann, Jochim Hellehr 12 Mann, Hans Jürss 9 Mann, Claus Wiencke 9 Mann, Claus Wullenbecker 8 Mann und David Wullenbecker 15 Mann und „3 Weiber“ bei sich aufnehmen und beköstigen.
Bereits am 19. Dezember rücken mehr als 70 Mann Infanterie in der zweiten großen Einquartierungswelle ein und bleiben fast sieben Wochen. Wieder wird auf Kosten der Bauern gegessen und getrunken. Als Dank werden Hemden und andere Wäschestücke gestohlen, es wird Vorspann verlangt und als der Hund des Jochim Wullenbecker das Pferd eines Husaren beißt, muß der Bauer sofort eine empfindliche Strafe zahlen.
1761
In den Jahren 1760 und 1761 wird dem Hof Willershagen durch durchziehende Truppen ein Schaden von 776 Talern, dem Dorf von 2.788 Talern und dem Krüger Jochim Giesenhagen von 92 Talern zugefügt. Der Anteil der Schäden allein durch Durchmärsche beträgt 504 bzw. 2.545 bzw. 70 Taler. Der Rest entfällt auf Lieferungen von Fourage und Pferden, auf Exekutionen und den von Marodeuren angerichteten Schaden. Allein die Fuhrleistungen belaufen sich auf 244 Wagenladungen. So wird im März quittiert, daß aus Willershagen 24 Wagen mit 48 Stämmen zum Bau der Schanze vor Ribnitz angekommen sind.
Am 28. Januar sind auf dem Hof 10 Mann, im Dorf 95 Mann einquartiert.
Am 13. Februar erteilt der preußische Major Schultz aus Ribnitz an die Dorfschaft Willershagen den Befehl, „morgen frühe bey guter Zeit unaußbleiblich 200 Stück Faschinen und 400 Stück Pfähle anhero zu lieffern, oder aber die schärffeste Ahndung zu gewärtigen“. Die Willershäger sind stur oder abgestumpft. Sie reagieren nicht.
Am 15. Februar kommt ein neues Schreiben aus Ribnitz: Da das Dorf den Befehl nicht befolgte „wird dasselbe zum Überfluß hiedurch nochmahlen befehliget, Morgen als am Montag Vormittag, die beorderten Faschinen mit ihren Pfählen anhero zu lieffern oder ohne weitere Verwarnung die schärffeste Militairische Execution Morgen Nachmittag zu gewärtigen“. Vermutlich hat diese Drohung gewirkt, denn weitere Befehle in dieser Angelegenheit sind nicht überliefert.
Ende des Jahres erreichen die Einquartierungen einen neuen Höhepunkt. Neben den ständig zu versorgenden Truppen legt sich im Dezember ein ganzes Bataillon auf den Hof und ins Dorf, zu dem am 12. Dezember noch 10 Offiziere und 50 Gemeine stoßen und den Hof besetzen. Später sagen die Bauern unter Eid aus, daß
-der Schulze 103 Mann und 5 Weiber,
-Hans Jürs 37 Gemeine, zwei Unteroffiziere, ein Junker und ein Weib,
-Jochim Wullenbecker 24 Mann und ein Weib,
-Johann Brüdigam 36 Mann,
-Jochim Hallehr 28 Mann,
-Hans Jochim Wullenbecker 30 Mann,
-Claus Wiencke 36 Mann und
-David Wullenbecker 36 Mann einquartiert bekamen.
Nach deren Abzug bleibt ein militärischer Vorposten aus zwölf Mann im Dorf über mehr als sechs Wochen bestehen.
Zum wiederholten Male werden die Willershäger bezichtigt, ihre Pferde und Vieh in der herzoglichen Heide zwischen Gelbensande und Hirschburg zu treiben und damit den Klockenhäger und Behnkenhäger Bauern die ohnehin knappe Weide zu beeinträchtigen. Obwohl der Oberförster Walter die Hütejungen bereits mehrfach mit Peitschenhieben bestrafte, lassen die Willershäger nicht von ihrem ungesetzlichen Treiben. Da man die unerlaubt weidenden Tiere einerseits nicht pfänden möchte, andererseits seitens des Domanialamtes nicht gewillt ist, den Zustand weiterhin zu dulden, fordert man vom Kloster entsprechende Maßnahmen. Dort wird die Beschwerde jedoch ad acta gelegt.
1762
Der im Mai zwischen Schweden und Preußen geschlossene Friedensvertrag schließt auch Mecklenburg ein, das von den Preußen bis auf die verpfändeten Ämter geräumt wird. Die Lasten des gesamten Krieges für Mecklenburg-Schwerin werden auf nahezu 15 Millionen Reichstaler beziffert.
Der Hof Willershagen hat noch einmal 463 Taler vor allem durch Korn- und Fourage-Lieferungen aufzubringen, das Dorf 2114 Taler hauptsächlich bei den letzten Truppendurchmärschen.
Die Willershäger Bauern kommen der Aufforderung des Klosters zur Anlieferung von Holz für die Klosterfräuleins wiederholt nicht nach. Da sie dem ergangenen Befehl den schuldigen Gehorsam verweigern, werden der Schulze Peter Wullenbecker und die beiden Bauern Johann Brüdigam und Jochim Wullenbecker vorgeladen. Sie bestätigen zwar den mündlichen und schriftlichen Erhalt der Befehle zur Holzanfuhr, geben aber als Begründung für deren Nichtbefolgung zu Protokoll, daß es „sich immer Hinderung im Wege gefunden hätten“. Da diese Begründungen von „keiner Erheblichkeit“ sind, erhalten der „Schultze sechszehn und die anderen beyden jeglicher zehn Peitschen-Schläge für ihren begangenen Ungehorsam“.
1765
Von 1756, dem Ausbruch des siebenjährigen Krieges, bis zum Jahre 1772 werden das Klosteramt und das Domanialamt Ribnitz fünfmal von Viehseuchen heimgesucht. Das hat langfristige Auswirkungen: Durch die Reduzierung des Viehbestandes auf weniger als die Hälfte fehlt den Bauern der Dung für die Felder, was einen Rückgang der Erträge bedeutet. Somit fehlt das Saatgut, das der Bauer leihen muß. Aber für jeden geliehenen Scheffel Saatkorn muß er drei Scheffel geerntetes Korn zurückgeben. Ein Kreislauf, der nur den Ruin der Bauern bedeuten kann. Damit nicht genug. :Als Weide für das Vieh stehen den Bauern vor allem sogenannte Holz-Weiden zur Verfügung, Schonungen, für die die Bauern bezahlen müssen, die sie aber erst nach drei Jahren benutzen dürfen. Und nach drei Jahren ist das Holz so stark gewachsen, daß kaum noch das Vieh zwischen den Bäumen weiden kann.
Im Klosteramt und dem Domanialamt Ribnitz grassiert 1765 wieder eine Viehseuche, an der zahlreiche Tiere zugrunde gehen. Auf dem Pachthof Willershagen sterben 82 von 111 Stück Rindvieh: 13 der 15 Ochsen, 56 der 75 Kühe, zwei der fünf Bullen und elf der 15 Kälber. Im Dorf sieht es nicht viel besser aus. Hier rafft die Krankheit 140 von 216 Stück Rindvieh dahin: 15 der 25 Ochsen, 69 der 104 Kühe, 25 der 35 Stiere, 16 der 31 Starken und 15 der 21 Kälber. Allein der Schulze Peter Wullenbecker verliert 17 von 22 Tieren. Besonders hart trifft es jedoch nicht die Bauern und Kossaten, sondern die anderen Bewohner – Einlieger, Hirten, Witwen, den Schulmeister – die nur ein oder zwei Kühe besitzen, denn diese verlieren während der Seuche meist ihr gesamtes Vieh!
Durch Fraß der Feldmäuse wird ein Teil des Roggens schon auf dem Halm vernichtet.
1768
Am 10. Februar geht beim Klosteramt die „sichere Nachricht“ ein, „daß sich in dem Kruge zu Willershagen einige Kerl und Weiber befünden, welche verdächtig, um so viel mehr da sie ihren Gesichtern nach zur Classe der Ziegeuner gehörig scheinen“. Diese mit Pferden und zwei Wagen reisende Gruppe von „verdächtigen“ Personen, war zuvor in Hirschburg und Behnkenhagen gesehen worden. Sofort fordert das Amt bei Oberst v. Glüer in Rostock ein Kommando an und tatsächlich werden ein Offizier, zwei Unteroffiziere und zwölf Mann unter Waffen nach Willershagen geschickt, die nachts 2 Uhr eintreffen und je drei Männer und Frauen und ein Kind verhaften und auf einem Wagen zur Klosterschmiede bringen. Vier Mann und ein Unteroffizier von dem Kommando werden zur Bewachung abgestellt, die mitgeführten Dinge – vor allem Getreide, aber auch zwei Säbel und ein Pallasch – in 9 Säcke verpackt und versiegelt. Um herauszufinden, welche Personen man aufgriff, wovon diese leben und wie sie sich in Willershagen benommen haben, werden der Hofschreiber Friedrich Tieppel, der Holländer Jochim Panter und der Krüger Jochim Riemer verhört. Der Krüger äußert, zunächst erschrocken über die Erscheinung der mit „großen Bärten“, „gelb und schwarz“ aussehenden Männer gewesen zu sein. Als seine Gäste aber sagten, Glas gegen Pferde und Leinwand tauschen zu wollen, sei er beruhigt gewesen. Die Sprache, in der sich seine Gäste verständigten, habe er nicht verstanden. Auf die Vorhaltung, warum er nicht auf dem Hof das Eintreffen der seltsamen Eingekehrten gemeldet habe, verwies er auf seine Frau, die er nicht allein im Haus zurücklassen wollte.
Bereits am 12. Februar werden die Verhafteten befragt und es stellt sich heraus, daß es sich bei ihnen um den in Danzig geborenen Christoph Rosenberg und dessen beide Söhne, den Musketier Johann und den Husar Gottfried Rosenberg handelt, die in Neuruppin in Garnison liegen. Die drei Männer sind mit ihren aus Thomsbrück in Sachsen, Tilsit in Ostpreußen und Neuruppin in Brandenburg stammenden Ehefrauen unterwegs, um Handel mit Fleisch, Pferden, Flachs und Lein zu treiben. Zum Glück können sie ihre Angaben mit Pässen belegen. Verdächtig macht sie aber, daß sie ihre kreuz und quer durchs Land führende Reiseroute nicht exakt wiedergeben können, sich außer an Städte wie Plau, Güstrow, Bützow, Wismar und Rostock an keinen Namen der aufgesuchten Dörfer erinnern können und für eine solche Reise sehr wenig Geld mit sich führen. Unverständnis erregt auch ihre eigenartige ungewöhnliche Kleidung und die unverständliche Sprache, die sie untereinander benutzen. Im Verhör wird diese Sprache von ihnen unterschiedlich als „litauisch“, als „ägyptisch oder die Ziegeuner Sprache“ – in jedem Fall als ihre Muttersprache – bezeichnet.
Den Verhafteten wird ihre ganze Barschaft abgenommen und es werden Personenbeschreibungen – Signalements – angefertigt. Dabei fällt auf, daß in einzelnen Punkten Übereinstimmung und Ähnlichkeit mit den Täterbeschreibungen nach dem Postraub vom 14. Januar auf der Strecke Brandenburg-Güstrow bestehen. Diese Entdeckung wird dem Herzog nach Schwerin berichtet, wobei alle Verdachtsmomente aufgeführt werden – die Kleidung, die gefundenen Waffen, die Reiseroute und die Tatsache, daß sie „würckliche Ziegener sind vermöge ihrer eigenen Aussage sich als Abkömlinge derselben bekennen, da sie die Aegiptische Sprache als ihre Mutter Sprache angeben“.
Auf Befehl des Herzogs werden einige Tage später die sechs Arrestanten und das kleine Kind mitsamt ihrem beschlagnahmten Eigentum von einem Trupp Soldaten in Ribnitz abgeholt und nach Güstrow zur weiteren Untersuchung gebracht.
Damit endet leider (fast) die Akte. Der weitere Fortgang der Angelegenheit ist nicht überliefert. Aber offensichtlich stellt sich die Unschuld der kleinen Truppe heraus, denn Ende April wird von Güstrow nach Ribnitz gemeldet, daß die Freigelassenen wieder nach dort unterwegs sind, um die bei ihrem Abtransport zurückgehaltenen acht Scheffel Roggen einzufordern. Auch ist nicht überliefert, ob der bei seiner Verhaftung Rache gegen den Verwalter des Hofes und den Krüger drohende Husar jemals wieder nach Willershagen kam.
Pastor Capobus in Blankenhagen prüft den Schneider Franz Glasow und den aus Volkshagen stammenden Gideon Albrecht Winter auf ihre Tauglichkeit als Schulmeister. Da sich der Schneider bisher „mit Rechnen überall nicht“ befaßt hat, erhält Winter die Stelle.
1769
Pächter Joachim Friederich Dabell will den Pachtvertrag über den Hof Willershagen um zehn Jahre bis zum Jahre 1779 verlängern. Die Unterzeichnung des ausgearbeiteten und in wesentlichen Punkten unverändert gebliebenen Vertrages verzögert sich jedoch, da Dabell plötzlich einige Paragraphen modifiziert haben möchte, was zu einer mehr als zwei Jahre andauernden Diskussion zwischen ihm und dem Kloster führt. Dabell möchte den Pachtvertrag über Willershagen nicht mehr auf zehn, sondern auf 18 Jahre schließen und bringt erneut einige Vorschläge zur Verbesserung seiner Situation und schildert den Umgang der Willershäger mit der bestehenden Dienstordnung. Insbesondere beklagt er sich über die schlechte Einhaltung der Arbeitszeit, die im Sommer 7 Uhr und im Winter 8 Uhr beginnt. Häufig erscheinen im Winter die Leute erst gegen Neun, manchmal gegen halb Zehn auf dem Hof. Das Mittagessen, das die meisten zu Hause einnehmen, wird häufig bis Zwei Uhr ausgedehnt. Der Pächter fordert eine genaue Einhaltung der Arbeitszeit, die täglich nach Abzug der Pausen elf Stunden betragen soll. Der Pächter fordert unter anderem die Gerichtsbarkeit über die Willershäger Bauern und das Recht, die Bauernäcker nach eigenem Ermessen einzurichten. Die anderen Forderungen des Pächters betreffen die von den Dienenden mitzubringenden Wagen und sonstigen Arbeitsgeräte. Insgesamt geht es ihm um eine Ordnung, „damit dadurch alle Faulensereyen und Bosheiten abgeschafft, dagegen aber Fleiß, Zucht und Ordnung erhalten werde“. Zum Glück für die Willershäger geht das Kloster nicht auf die Vorschläge Dabells ein.
1771
Um den Klosterbauern in den Dörfern Kessin und Willershagen zu stärken, die nicht über genügend Saat- und Brotkorn verfügen, auch Mangel an Vieh leiden und deren Pferde meist ungesund sind, kommt das Kloster Ribnitz nach eingehender Untersuchung zu dem Schluß, daß es besser wäre, drei Viertelhüfner in Willershagen zu legen und deren Fläche unter den Halbhüfnern aufzuteilen, die auf diese Art zu Vollhüfnern werden könnten. Die gut wirtschaftenden Viertelhüfner sollen nach Bentwisch und Kuhlrade auf Wirtschaften von schlecht wirtschaftenden Bauern gesetzt werden. Den Vorteil sieht das Kloster darin, daß der Bauernacker in Schläge geteilt, die abwechselnd brach liegen und ruhen könnten, daß ordentliche Triften angelegt werden könnten und daß der Wildverbiß abnehmen würde. Das Kloster versichert sich der Rechtmäßigkeit des Bauernlegens nach dem Landesgrund-gesetzlichen Erbvergleich von 1755, setzt das Vorhaben jedoch nicht in die Tat um.
1772
Schulmeister Gideon Albrecht Winter verläßt Willershagen und geht nach Blankenhagen. Seine Stelle nimmt Schulmeister Jacobs ein.
1773
Da die Verlängerung des Pachtvertrages zwischen dem Kloster Ribnitz und Pächter Dabell nicht zustande gekommen ist, schließt das Kloster einen Pachtvertrag mit einer Laufzeit von zehn Jahren über den Hof mit den Willershäger Bauern, dem Schulzen Peter Wulmbecker, Jochim Wulmbecker, Johann Brüdigam, Jochim Halleur, Carl Wulmbecker, Clas Wienecke, Hans Wulmbecker und David Wulmecker! Dieser Vorgang – daß Bauern selbst als Pächter oder Käufer eines Hofes auftreten – ist in Mecklenburg recht selten und ungewöhnlich. Als Pachtsumme für den Hof und den dazu gehörenden Krug werden jährlich 1.000 Taler vereinbart. Weiterhin haben die Bauern jährlich drei Drömt Roggen und je vier Drömt Gerste und Hafer an das Kloster zu liefern. Ausgenommen von der Pachtung sind die Gerichtsbarkeit, die Jagd und das Recht zum Fällen von Bäumen. Das Holz für den Holländer und den Krüger wird ihnen vom Kloster angewiesen. Die Bauern haben auch für die Instandhaltung der Gebäude und Zäune auf dem Hof zu sorgen.
Gegenstand des Vertrages sind auch die von den Einliegern zu leistenden Dienste:
- Die Einlieger Joachim Prieß, Heinrich Schaencke, Hans Heinrich Spierling, Claus Wullenbecker, Jochim Alm und Hans Schmidt haben wöchentlich drei Tage,
- die Einlieger Heinrich Harder von Ostern bis Michaelis wöchentlich zwei Tage,
- die Einlieger Johann Alm, Johann Heunke und Hans Junge wöchentlich einen Tag und
- Peter Alm und ein weiterer namentlich nicht genannter Einlieger alle vierzehn Tage einen Tag auf dem Hof zu arbeiten.
Während bisher in der Kornernte die drei Vollbauern und die fünf Kossaten die ganze Woche hindurch mit je zwei Personen zu dienen hatten, wird ihnen nun die Einteilung der Dienste selbst überlassen.
Als Sicherheit für die rechtzeitige Pachtzahlung erhält das Kloster die Erlaubnis, bei Zahlungsverzug sofort einen anderen Pächter einzusetzen. Außerdem tritt als weitere Sicherheit der Holländer Köhn in Willershagen für sich und seine Erben in den Vertrag ein.
Kaum ist über den Hof der Pachtvertrag geschlossen, den keiner der Bauern zu signieren in der Lage ist, der von zwei Zeugen lediglich unterkreuzt und nur vom Holländer Köhn mit ungelenker Hand unterschrieben wird, schließen die Bauern ihrerseits mit dem Holländer Köhn einen Pachtvertrag über die Holländerei Willershagen über den gleichen Zeitraum. Da das Pächterwohnhaus nunmehr unbewohnt ist, wird es an den Holländer als Wohnhaus mitsamt dem Garten vergeben. :Ausgenommen davon sind nur der Alkoven und die große Stube, die dem Provisoren und dem Hauptmann des Klosters bei etwaigen Besuchen vorbehalten bleiben. Auch das Backhaus bleibt reserviert – für den Häcker als Wohnung. Die Bauern sagen dem Pächter unter anderem die Lieferung der ganzen Saat und von vier Drömt Hafer zu und übernehmen zwölf Schweine des Pächters mit in ihre Mast. Die Pachtsumme beträgt 500 Taler jährlich. Bauernschlau haben die Verpächter mit dieser Weiterverpachtung der Holländerei bereits die Hälfte der von ihnen aufzubringenden Pachtsumme sicher.
Weitere Einnahmen erzielen sie dadurch, daß sie auch den Krug an den Freimann Christen aus Ehmkenhagen für 40 Taler im Jahr verpachten. Dieser Vertrag wurde von einem Notar unterschrieben und untersiegelt. Die Vertragspartner „des Schreibens unerfahren, so haben sie sämtlich vorstehenden Contract, nachdehm ihnen solcher noch (...) vorgelesen und sie solchen in allen Puncten genehmiget, und wehr der Krüger Christen mit 2, die sämtlichen Hausleute aber jeglicher mit einem x bezeichnet“. Unter dem Dokument befinden sich demnach zehn Kreuze – je eines für die acht Bauern und zwei für den Krüger.
1773
Am 6. April wird ein Inventar des Hofes Willershagen angefertigt, das die zum Hof gehörenden Gebäude bis ins Detail beschreibt. Das Wohnhaus befindet sich mit dem alten Viehhaus unter einem Dach, besteht aus acht Fach mit zwei Abseiten, das Fundament aus Feldsteinen. Das Dach ist mit Stroh gedeckt. Zum Hof gehören weiter das alte Viehhaus, das neue Viehhaus, ein Pferdestall, eine alte und eine neue Scheune, ein Backhaus und das inzwischen erbaute Holländerhaus. Zutritt zum Hof hat man vom Westen durch das große zweiflügelige Haupttor und eine kleine Pforte. Das den Hof einzäunende Hakelwerk führt vom Tor zur Scheune und ist hier von einer kleinen nach dem Kohlgarten führenden Tür unterbrochen. Von dieser neuen Scheune geht das Hakelwerk bis an die alte Scheune und ist auch hier von einem zweiflügeligen Tor unterbrochen. Von der alten Scheune führt das stellenweise mit einer Steinmauer ergänzte Hakelwerk bis zum Pferdestall und von da bis zum hinteren, nach Osten führenden Tor. Hier befindet sich der Obstgarten, in dem zehn Birnen-, acht Apfel- und sechs Pflaumenbäume stehen. Vom Tor führt das Hakelwerk zum neuen Viehhaus und von da zum alten Viehhaus und ist erneut von einem Torweg unterbrochen.
Im großen ebenfalls von Hakelwerk umgebenen Garten stehen 30 Birnen-, zehn Apfel-, 19 Pflaumenbäume und ein Weinstock am Viehhaus.
Zum Hof gehören weiterhin ein neues Krughaus und im Dorf drei Katen.
1774
Die Magd Christine Jürssen und der Knecht Friedrich Melms stehen wegen Unzucht vor dem Klosteramtsgericht. Auf die Frage, ob sie ein Kind in Unehren gezeugt habe, gibt die 24jährige an, daß das Kind bereits sieben Wochen alt ist. Ihre Schwangerschaft hat sie seinerzeit dem Klosteramt nicht gemeldet, aber ihrem Brotherrn, der sie zur Rede stellte. Der Knecht und sie hatten ein Jahr zuvor zusammen auf dem Hof des Jägers Haumeister in Willershagen gedient und ein Verhältnis miteinander, in das die junge Frau einwilligte, da ihr der Knecht die Ehe versprochen hatte. Sie gesteht ihr straffälliges Handeln und bittet um eine milde Bestrafung. Auch der Knecht gesteht, gibt aber abweichend an, die Magd zwar nach einem Lohn für ihre Bereitschaft gefragt aber nie von Heirat gesprochen zu haben. Auch sei er weiterhin zur Ehe nicht bereit, da er die Frau nicht ernähren könne.
Als das Gericht fragt, ob er nicht doch bereit sei, durch eine Ehe mit der Magd „Gottes Zorn und Strafe“ abzuwenden, bittet er um Bedenkzeit. Nach vier Tagen erscheinen Magd und Knecht erneut vor Gericht und erklären, jeder noch ein Jahr auf seiner bisherigen Stelle arbeiten und dann zur Ehe schreiten zu wollen, worauf das Gericht „für diesmal“ von einer Strafe absieht. Ein Blick in das Kirchenbuch verrät, daß beide am 18. April 1777 die Ehe geschlossen haben. Im Eintrag heißt der Bräutigam allerdings Clas Friedrich, die Braut Ann Marie.
1775
Für die Willershäger 19 Einlieger ist ein Dienstreglement des Klosters erhalten geblieben, das von den Angaben im Pachtvertrag abweicht:
1. Die Einlieger, die neben ihrem Katen und Garten noch etwas Ackerland haben, haben folgende Dienste zu leisten:
Die beiden Einlieger Olroch und Melms von Ostern bis Johannis und von Michaelis bis Weihnachten wöchentlich zwei Männertage und einen Frauentag, in der übrigen Zeit – also von Weihnachten bis Ostern und von Johannis bis Michaelis
– wöchentlich zwei Frauentage und einen Manntag. Die beiden Einlieger Spierling und Schele müssen von Ostern bis Johannis und von Michaelis bis Weihnachten wöchentlich drei Männertage und einen Frauentag, in der übrigen Zeit drei Frauentage und einen Manntag dienen.
2. Die Einlieger, die außer Katen und Garten keinen Acker haben, leisten das ganze Jahr hindurch wöchentlich einen Tag, wobei genau festgelegt wurde, in welchen Wochen Frauen und in welchen Männer zu erscheinen haben.
Weiterhin haben die Einlieger jeder zwei Tage im Jahr an der Verbesserung der Landwege mitzuarbeiten und für das Decken der Häuser der Blankenhäger Pfarre zu sorgen, wobei das Stroh dazu und für die Dächer des Schulmeisterkatens und des Dorfhirtenkatens von den Bauern geliefert werden soll.
Sollten die Schweine oder Gänse der Einlieger dem Hof oder den Bauern auf der Hude Schaden zufügen, so ist es den Bauern gestattet, diese Tiere zu pfänden. Sollte sich der Eigentümer der Tiere nicht ermitteln lassen, so ist es dem Schulzen gestattet, das gepfändete Vieh als sein Eigentum zu behalten.
1777
In den Akten des Klosters befindet sich eine Rechnung des Chirurgen Zabel aus Ribnitz für die Behandlung des infolge eines Jagdunfalles an zwei Schußverletzungen niederliegenden Einliegers Schmock. Wie es zu den Verletzungen kam, verraten die Akten leider nicht. Offensichtlich ist Schmock aber an dem Unfall unschuldig, denn ihm werden 100 Taler Entschädigung angeboten, von denen er jährlich die Zinsen in Höhe von 5 Talern ausgezahlt erhält. Im Einzelnen führt der Chirurg auf:
-für eine Reise nach Willershagen 1 Taler
-für 2 Operationes a 1 Taler 2 Schilling
-für den 1te Verband 32 Schilling
-für Aderlaßen 4 Schilling
-an Pflaster und Salbe nebst Spiritus 36 Schilling
-für 5 Consultationes mit dem Herrn Doctor Liebmann á 24 Schillinge 2 Taler 24 Schillinge
-noch für eine Operation 1 Taler
-für 2 Schuß-Wunden zu Curiren á 8 Taler 16 Taler
-an Pflaster 8 Schilling
-13 Recepter á 4 Schillinge 1 Taler 4 Schilling
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Summa: 25 Taler 12 Schilling
Auch der Ribnitzer Apotheker Schultze verdient an der Verabreichung von Salbe, Pflaster und Spiritus, während Dr. Liebmann für „Anweisungen bey denen vorzunehmenden Operationen“ 5 Taler berechnet.
1778
Der schlechte Post- und Landweg zwischen Rostock und Ribnitz ist ständig – seit mindestens 1725 – Gegenstand der Klage von Fuhrleuten. Seit 1759 wird mehr oder weniger ernsthaft eine Alternative zu der bestehenden Route diskutiert, die von Rostock über Bentwisch, zwischen Purkshof und Volkenshagen und nördlich von Behnkenhagen direkt auf Willershagen verläuft. In Willershagen biegt sie nach Osten ab und verläuft bis kurz vor Ehmkenhagen, von wo sie nach Nordosten abbiegt und zwischen Neuhof und Petersdorf hindurch östlich von Ribnitz auf den Landweg von Ribnitz nach Damgarten stößt. 1764 weist der Herzog an, die vom Domanialamt in Vorschlag gebrachte neue Route von der Willershäger Brücke über Altheide und Borg durch Ribnitz durchzusetzen, „jedoch wird dabei vorausgesezet, daß es keine beträchtliche Kosten erfordere“. Bürgermeister und Rat von Ribnitz verweigern eine Zusammenkunft. Sie sehen erhebliche Nachteile für die Stadt, wenn die Route über die Stadtfeldmark führt, fast eine Viertelmeile länger als die vorhandene ist und die Stadt auf ihrem Gebiet einige Brücken und Dämme in gutem und fahrbaren Stand zu setzen hat. Man bittet um Beibehaltung der bestehenden Route oder zumindest um eine Verschiebung des Planes bis zu einer besseren finanziellen Situation der Stadt. Doch als nach 14 Jahren der Herzog den Plan erneut auflegt, scheitert er an den unterschiedlichen Eigentumsverhältnissen und Interessen, schließlich berührt die neue Trasse landesherrliches, klösterliches und städtisches Gebiet. Außerdem melden sich noch diverse Pächter, die eine Veränderung des status quo nicht wünschen. Noch auf der Schmettauschen Karte von 1794 ist die in Vorschlag gebrachte neue Trasse nicht umgesetzt.
1780
Die Willershäger Hölzungen sind ein einträgliches Geschäft für das Klosteramt. Aus den Holzrechnungen geht hervor, daß in den neun Jahren 1761/1762 bis 1769/1770 1293 ganze Eichen, 135 Buchen und 735 Tannen verkauft wurden. In den zehn Jahren 1770/1771 bis 1779/1780 sind es nicht weniger als 1898 Eichen, 253 Buchen und 1211 Tannen. Zu beobachten ist, daß der Holzeinschlag je höher wird, je weiter die Verhandlungen mit der Stadt Rostock um die Rückgabe von Willershagen voranschreiten. Am Beispiel der wertvollen Eichen ist dabei zu beobachten, daß in den ersten genannten neun Jahren je Jahr im Durchschnitt 143 Eichen geschlagen werden, im Jahrzehnt danach durchschnittlich 190. Aber im letzten Jahr vor der Rückgabe sind es 352! Zu den Einnahmen aus dem Verkauf von ganzen Bäumen kommt der Verkauf von ausgegrabenen Stubben, tausenden Fudern Brennholz und verarbeitetem Holz in Form von Pfählen, Balken, Brettern und Latten.
Natürlich bleibt dieser Raubbau den Vertretern Rostocks nicht verborgen und sie fordern bereits 1772, dem Provisor und Klosterhauptmann zu befehlen, jeglichen Holzeinschlag, der über das für das Gut Willershagen unbedingt Benötigte hinausgeht, bei einer Strafe von 500 Talern zu verbieten. Dagegen verwahrt sich das Kloster und verweigert die Strafzahlung. Gegenseitig klagt man sich von Instanz zu Instanz, vom Hofgericht in Güstrow bis zum Reichskammergericht in Wetzlar. Obwohl sich Kloster und Stadt 1781 außergerichtlich einigen, verklagt das Kloster sogar die Justizkanzlei in Rostock. Erst als sich Herzog Friedrich Franz I. 1786 einschaltet, sich vor die Justizkanzlei stellt und durchblicken läßt, daß das Kloster zufrieden sein kann, wenn die Klage als unbegründet auf sich beruhen bleibt, wird die Sache endlich auch vom Kloster zu den Akten gelegt.
1781
Nach langen Verhandlungen schließen am 18. Dezember die Stadt Rostock und das Landeskloster Ribnitz einen Vergleich über die Güter Willershagen, Bentwisch, Bartelstorf und Kessin, die in den Jahren ab 1643 an die Gläubiger der Stadt Rostock verpfändet und von diesen 1671, 1684 und 1687 an das Kloster Ribnitz abgetreten worden waren. Die genannten Orte kommen somit mit allen Grundstücken, aller Gerechtigkeit, mit Bauern, Einliegern, Erbzinsleuten, Krügen und Schmieden, den Mühlen, der Jurisdiktion, hoher und niederer Jagd, harter und weicher Hölzung, Fischereien und Kirchenstühlen zurück zur Stadt Rostock.
Gleichzeitig werden an die Stadt Rostock seitens des Klosters Ribnitz Urkunden und Akten über die Dörfer abgegeben. Darunter befinden sich 17 „Briefschaften“ und Urkunden von 1643–1671, zehn Akten über einen Darlehnsvertrag zwischen dem Gut Willershagen und der Blankenhagenschen Pfarre von 1739–1780, 112 Aktentitel über Willershagen von 1672–1781, zwei Jurisdiktionsakten zwischen dem Kloster Ribnitz und dem Pfarrer in Blankenhagen über die Erhebung des Meßkorns von den Willershäger Bauern, sieben undatierte Akten über die Jurisdiktion in Willershagen und 57 weitere Gerichtsakten von 1704–1779.
Für die vier Orte zahlt die Stadt Rostock dem Kloster insgesamt 46.000 Taler. Was Willershagen konkret betrifft, so verpflichtet sich die Stadt zur Weiterbeschäftigung des dortigen Försters. Die Willershäger Hausleute, Einwohner und Untertanen verpflichten sich, noch sechs weitere Jahre – bis zum Ablauf des Mühlenkontraktes – Zwangsmahlgäste der Ribnitzer Mühle zu bleiben, die im gleichen Zeitraum das Getreide des Willershäger Försters abgabefrei mahlen wird .
1782
Kaum ist Willershagen wieder im Besitz der Stadt, bemüht sich der Herzog um den Kauf der hohen und niederen Jagd auf dem Willershäger Feld und beauftragt Dr. Mantzel mit Erkundigungen, zu welchen Konditionen die Stadt zu einem Verkauf bereit sei. Doch ohne sich nur auf Verhandlungen einzulassen, lehnt die Stadt kategorisch ab.
1783
Die Willershäger Bauern verlängern ihren mit dem Kloster Ribnitz geschlossenen Pachtvertrag über den Hof Willershagen um weitere zehn Jahre – bis 1793. Die Pachtsumme wird nunmehr auf 1.200 Taler im Jahr festgesetzt.
1790
Am Montag, dem 29. März, brennen im Dorf fünf Bauernhäuser, fünf Scheunen, fünf Katen und zwei kleine Ställe nieder. Viele Einwohner werden in die größte Armut gestürzt. Der Vollbauer Jochim Hinrich Wullenbecker kommt in den Flammen ums Leben. Bei Aufräumungsarbeiten fand man dessen Leiche mit einem Messer in der Hand bei einer verbrannten Kuh, die er augenscheinlich retten wollte. Untersuchungen ergeben, daß das Feuer im Haus des Bauern Jochim Gustav Wullenbecker ausbricht und durch starken Ostwind auf die anderen Gebäude des Dorfes übergreift. Die Brandursache bleibt auch nach Abschluß der Untersuchung, deren Ergebnisse in einem 57seitigen Protokoll festgehalten sind, ein Rätsel. Der Mittelknecht Gustav Hinrich Hoyer war der erste Augenzeuge des Feuers. Er berichtet: „daß des Nachmittags zwischen 4 und 5 Uhr bey seiner Zurückkunft aus dem Holz, wie er den Thor-Flügel befestiget, das Feuer vorne aus der First des Hauses gekommen; im Hause selbst das Heu auf den Balken bey der Lucke, welche 2 Fach von der Haus-Thür entfernt, gebrandt“.
Allein der Bauer Jochim Gustav Wullenbecker verliert vier Ochsen, acht Kühe, vier Kälber, drei Füllen und acht Ferkel, auf dem Hof des ums Leben gekommenen Jochim Hinrich Wullenbecker finden ein Hengst, ein Ochse, acht Kühe und neune Kälber den Tod. Ebenso werden das komplette Brot- und Saatkorn und alle Viktualien ein Raub der Flammen.
Mit der Untersuchung der Brandursache wird festgelegt, wo die obdachlos gewordenen Bewohner unterkommen. Sie werden auf die vom Feuer verschonten Häuser des Dorfes verteilt.
Am 11. April wird in allen Kirchen der Stadt Rostock folgende Kanzelabkündigung verlesen:
„Es hat am 29sten vorigen Monaths das der hiesigen Stadt zugehörige Guth Willershagen das schwere Schicksal betroffen, daß in demselben an Bauerhäuser und Scheuren auch Kathen 16 Gebäude abgebrandt sind, ohne daß auch nur eine entfernte Veranlaßung des entstehenden Feuers entdecket und wegen des starken Windes, von diesen Gebäuden etwas gerettet werden können. Durch dieses harte Verhängniß sind denn die Bewohner dieser Häuser und Katen von denen einer selbst in der Flamme, da er mit Rettung einer Kuhe beschäftiget gewesen, sein Leben verlohren, mit ihren Hausgenoßen und Dienstleuten in den Bejammerswürdigsten Zustand versetzet worden, da sie außer einigem Vieh und ihrem Brod- und Saatkorn und Victualien auch ihr gesamtes übriges Vermögen fast alle eingebüßet, und nur wenige unter ihnen etwas an Betten, Kleidungen und Hausgeräth zu retten im Stande gewesen sind. Je mehr nun diese Hülfsbedürftigen auf ein billiges Mitleiden aller Bürger und Einwohner dieser Stadt, deren Unterthanen sie sind, eine gerechte Ansprache machen dürfen, destomehr findet der Rat Sich veranlaßet in Zustimmung der Ehrliebenden Bürgerschafft zur Erleichterung des Elendes dieser Unglücklichen, und um ihnen zur Wiederbeschaffung des unentbehrlichen zu verhelfen, eine allgemeine Hauscollecte in dieser Stadt unter öffentlicher autoritaet anzuordnen. Rat hat Sich überzeuget, daß ein jeder Einwohner auch ohne alle Aufmerkung sich die große Noth dieser ohne ihre Schuld verarmten Leute zu Herzen gehen laßen, und völlig geneigt seyn werde, diesen Unglücklichen eine milde Gabe von seinem Vermögen williglich darzureichen. So der Barmherzige Gott der am jüngsten Tage, den, der den Hungrigen gespeisete, und den Durstigen tränckte und den nackenden kleidete, mit einiger Wonne zu belohnen verheißen hat, wird sich auch die diesen armen unglücklichen wiederfahrne Unterstützung in Gnaden wohlgefallen laßen, und einem jeden dafür der reichste Vergelter in Zeit und Ewigkeit seyn.“
1792
Der Hof Willershagen fällt im kommenden Jahr aus der Pacht. Die Pacht haben immer noch die Bauern inne und bevor an die Neuverpachtung gegangen wird, werden die Äcker des Hofes und die Bauernäcker genau inspiziert. Die beauftragten Prüfer stellen fest, daß die Flächen nicht separiert sind, also durcheinander stehen, so daß nicht gesagt werden kann, welche und wie viele Äcker, Wiesen, Weiden dem Hof und welche den Bauern gehören. Die Prüfer merken an, daß die Äcker „in der elendesten Beschaffenheit (sind), so daß es als ein Wunderwerck anzusehen (ist), wenn von ihnen ein gehöriger Ertrag erwartet werden könne“. Gräben sind nicht geräumt, wodurch das Wasser nicht abfließen kann. Auch stehen die Äcker voller Quecken. Den Bauern fehlt der Dung, so daß sie es sich nicht leisten können, dem Boden ein Jahr Ruhe zu gönnen und brach liegen zu lassen. Auch haben sie keine Zeit, etwas gegen das Unkraut zu tun.
Im Ergebnis schlagen die Prüfer vor, den Hofacker in zehn Schläge zu teilen. Der erste Schlag nahe beim Hof soll in sechs Koppeln geteilt werden, von denen immer eine brach liegen soll. Eine Koppel soll mit Winterkorn, zwei mit Sommerkorn und zwei mit rotem Klee besät werden. Von den übrigen neun Schlägen soll ebenfalls ständig einer brach liegen, einer soll mit Winterkorn, drei mit Sommerkorn besät werden und vier sollen beweidet werden.
Was die Bauernäcker angeht, so kommt man zu dem Schluß, daß dieser nicht für acht Bauern reicht, da in diesem Fall kein Bauer von seiner Stelle leben kann. Es wird vorgeschlagen, das Feld in sieben Schläge und diese nur noch unter fünf Bauern zu teilen. Man greift also einen Vorschlag aus dem Jahre 1771 zur Legung von Bauern wieder auf. Diese Legung geschieht aber nicht wie üblich, um den Hofacker zu vergrößern, sondern um aus drei Voll- und fünf Halbbauernstellen fünf überlebensfähige Vollbauernstellen zu schaffen. Nach Legung von drei Bauernstellen sind also nur noch fünf Stellen übrig. Seit 1722 – als es noch zehn Voll- bzw. Halbhüfnerstellen gab – hat sich damit deren Zahl halbiert.
Zum Schluß empfehlen die Prüfer aufgrund ihrer Erfahrungen, das Gut besser von einem erfahrenen, tätigen, tüchtigen und einsichtsvollen Pächter als von mehreren Bauern gemeinsam bewirtschaften zu lassen.
Um einen möglichst hohen Gewinn aus der Pachtung zu ziehen, beschließt die Stadt Rostock, die Pachtung zu versteigern. Der Versteigerungstermin wird auf den 2. Juni festgesetzt.
Daß Willershagen ein wohl begehrenswerter Hof ist, sieht man daran, daß das Protokoll über die Versteigerung 34 „Pachtliebhaber“ namentlich ausweist und anmerkt „und verschiedene andere mehr“. Nachdem die Pachtbedingungen verlesen wurden, beginnt Notar Bergfeldt mit einem Angebot von 1.000 Talern jährlich. Zuerst geht es in Fünfzig-, dann in Zwanzig- und in Zehn-Taler-Schritten vorwärts, bis die Abstände von Gebot zu Gebot immer kleiner werden. Ab 1.485 Talern bieten nur noch Ernst Friedrich Ludwig Wasmuth aus Lischow und ein Herr Wendt aus Ehmkenhagen. Der Hammer fällt schließlich bei einem Gebot von 1.501 Taler für Wasmuth.
1793
Am 9. Februar schließen die Stadt Rostock und Ernst Friedrich Ludwig Wasmuth einen bis 1814 geltenden Pachtvertrag über den Hof Willershagen. Noch bevor der Hof an den neuen Pächter übergeben wird, überrascht dieser die Stadt mit dem Wunsch, den Pachtvertrag auf seinen Schwiegervater, den Pächter Heinrich Binder zu Alt und Neu Gaarz zu übertragen. Dem Wunsch wird am 17. Juli entsprochen.
Zum Hof gehören neben den Obstbäumen auch 3895 Weiden, 3022 davon kröpfbare, ein „Tarling“ und ein Weinstock.
1796
Pächter Binder gibt den Hof Willershagen mit Genehmigung von Rat und Bürgerschaft an den Pächter Johann Bobsien aus Klabow (?) weiter.
1801
Pächter Jacobs aus Pommern tritt in den Vertrag mit Pächter Bobsien über den Hof Willersagen ein.
1805
Im Zuge der Napoleonischen Kriege beginnen die Durchmärsche von russischen, schwedischen, französischen, holländischen und preußischen Truppen und bringen wie in den Kriegen zuvor enorme Belastungen für die Bevölkerung mit sich.
Im Oktober 1805 ziehen drei Regimenter kaiserlich russische Soldaten unter General Sedmoratzky und weitere Truppen unter General Tolstoy von Ribnitz kommend über Rostock zur westlichen Landesgrenze. Zu ihnen gehören Musketiere, Kosaken und Artilleristen. In dieser Anfangsphase des Krieges wird noch ein Vertrag zwischen den Russen und den Mecklenburgern geschlossen, in dem die Route, die Marschgeschwindigkeit, die Rasttage, die Versorgung und deren Bezahlung genau festgelegt werden, aber als die Truppen im Lande stehen, ist manches bereits Makulatur. Entgegen der Zusage, zügig durch das Land zu ziehen, verbleiben die Truppen mehrere Tage Ende Oktober / Anfang November im Amt Ribnitz. Neben den Lieferungen von Brot, Fleisch, Kartoffeln, Hafer und Heu werden zahlreiche Bauern dazu verpflichtet, mit ihren Fuhrwerken Marschgepäck in allen erdenklichen Formen nach Rostock zu transportieren.
Am 26. Oktober biwakieren zwei Kompanien des zweiten Bataillons des russischen Rjasanschen Musketierregiments unter Generalmajor von Alexeew in Willershagen. Die russischen Durchmärsche dauern bis zum folgenden Jahr und werden nur unterbrochen von schwedischen Truppen, die ihrerseits den Paß zwischen Mecklenburg und Pommern zwischen Ribnitz und Damgarten nutzen.
1807
Nach dem Sieg der Franzosen bei Jena und Auerstedt über die Preußen im Oktober des vergangenen Jahres besetzen französische Truppen Mecklenburg-Schwerin. Herzog Friedrich Franz I. muß das Land vorübergehend verlassen.
Am 11. August quartieren sich mehr als 2.000 französische Soldaten auf dem Hof und im Dorf ein und verzehren alle vorhandenen Lebensmittel und Vorräte.
1809
Auf ihrem Marsch von Wismar über Rostock nach Stralsund kommt das Armeekorps Ferdinand v. Schills auch durch das Amt Ribnitz. Schon Tage bevor es erscheint, erhält das Amt Anweisung, Pferde und Wagen zum Transport einer herzoglichen Batterie bereitzustellen.
Am 24. Mai fordert der Adjutant Ferdinand v. Schills „bey Strafe sofort zu verhängender schwerer Militairischer Execution“ vom Domanialamt Ribnitz die Lieferung von 30 Ochsen, je 200 Zentner Stroh und Heu und 500 Pfund Speck bis zum anderen Morgen 8 Uhr auf den Rostocker Markt. Da der Befehl erst 1 Uhr nachts beim Amt eingeht, kann er nicht mehr in vollem Umfang umgesetzt werden. Auf dem weiteren Zug kommt das Schillsche Korps auch durch Willershagen und erzwingt am 27. Mai gegen mecklenburgische Rheinbundtruppen den Übergang über die Recknitz zwischen Ribnitz und Damgarten, dessen Brücke zuvor abgebrochen worden war. Schill auf den Fersen sind holländische und dänische Truppen. Auch sie fordern erneut Verpflegung für Mensch und Tier, Transportleistungen und Quartier, bevor sie die Verfolgung fortsetzen. Bei der Verteidigung Stralsunds findet Schill am 30. Mai den Tod. Elf seiner Offiziere werden standrechtlich erschossen, mehr als 500 Soldaten kommen auf französische Galeeren.
1810
Zur Durchsetzung der von Napoleon verfügten Kontinentalsperre werden die mecklenburgischen Küsten durch mehrerer Kompanien des 17. Regiments und Zollbrigaden besetzt, die jeglichen Handel mit Großbritannien zu unterbinden haben. Nachdem sich herausstellt, daß Ribnitz zu arm ist, um alle Franzosen aufzunehmen, werden diese auf die Dörfer im Küstenabschnitt verlegt, so daß sich in nahezu jedem Dorf an der Küste französische Posten befinden, die von den Bewohnern zu versorgen sind. Jeder französische Soldat erhält täglich 1 ¾ Pfund Brot, Reis oder Gemüse, Fleisch, Bier und Branntwein.
Jeder Bewohner hat seinen Vorrat an Zucker, Sirup, Tabak, Rum und allen anderen englischen Fabrikate und Produkte zu melden und zu versteuern.

bis zur Reichseinigung (bis 1871)

1814
Da der Pachtvertrag über den Hof ausläuft, geht man erneut an eine Versteigerung der Pachtung. Gegenüber den zahlreichen Interessenten von 1793 finden sich nur sechs Personen ein. Auch das Anfangsgebot liegt mit 500 Talern nur bei der Hälfte des Betrages von vor 14 Jahren. Den Zuschlag erhält Johann Heinrich Dose von Borg bei Ribnitz für lediglich 1.200 Taler im Jahr. Der Pachtvertrag wird am 6. Mai in Rostock geschlossen.
Der Hof besteht inzwischen aus dem Wohnhaus, dem Viehhaus, dem Backhaus, der Winter- oder Roggenscheune, der Sommerscheune, dem Pferdestall, dem neuen Viehhaus und ist von Mauern und Zäunen umgeben. Allein die Steinmauern haben eine Länge von 328 Ruten.
In den Hofgärten stehen 32 Apfel-, 54 Birnen-, 53 Kirsch-, 85 Pflaumenbäume, ein „Kanütschen“ , ein Weinstock und 2503 Weiden. Zum Hof gehört noch das Holländerhaus, der dazugehörige Katen, ein dreihischiger und vier zweihischige Katen.
Ende des Jahres 1814 und zu Beginn des Jahres 1815 zieht die erste Kolonne des von Graf Benningsen – dem früheren Generalstabschef von Kutusow – befehligten russischen Armeekorps in fünf Abteilungen durch das Amt Ribnitz zurück Richtung Polen. Jede Abteilung legt einen Tag Rast im Amt Ribnitz ein und muß verpflegt werden. Die Kosaken-, Kavallerie- und Artillerieregimenter bestehen insgesamt aus 305 Offizieren, 10862 Gemeinen, 5890 Pferden und 141 Vorspannwagen.
1819
Die erste Volkszählung im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin verzeichnet auf dem Rostocker Stadtgut Willershagen 229 Personen, 104 männliche, 125 weibliche: Die Liste trennt nicht genau zwischen Hof und Dorf. Auf dem Pachthof leben der Gutspächter Johann Heinrich Dohse mit seiner Frau, vier Söhnen und einer Tochter. Es folgen die auf dem Hof beschäftigen Arbeitskräfte, die Knechte Schäning, Rohde und Heuer, die Dienstmädchen Rehberg, zweimal Heuer und Klinckmann, der Ochsenjunge Eggers, die Katenmänner Siems, Rohde, Winter, Helms, Klinckmann und Heuer mit ihren Frauen und Kindern. Die Katenmänner Rohde und Winter beschäftigen die Kindermädchen Wolff und Vagt, Katenmann Heuer seine älteste Tochter als Dienstmädchen.
Der Nennung der Bewohner des Hofes schließen sich die des Dorfes Willershagen an, beginnend mit den Bauern. Leider sind die Gehöfte und Haushalte in der Liste nicht klar voneinander abgesetzt, so daß es nicht möglich ist, die Zusammensetzung eines Hofes exakt wiederzugeben. Deshalb wird die Reihenfolge im folgenden wie in der Volkszählung wiedergegeben:
Auf der ersten Bauernstelle lebt Hausmann Hans Wullenbecker mit seiner Frau und seinen acht Kindern, von denen drei bereits als Dienstmädchen bzw. Knechte auf dem elterlichen Hof arbeiten.
Dieser Familie folgen das Dienstmädchen Rehberg, die Altenteilerin Jürß, der Schäfer Boikholdt mit Frau und Kind, das Dienstmädchen Krause und der Dienstjunge Konow, der Einlieger Heuer mit Frau, der zweite Einlieger Heuer mit Frau, der Katenmann Heuer mit Frau und Sohn, der Einlieger Grabbert mit Frau und die Katenmännern Heuer, Brüdigam und Lagusky mit ihren Frauen und Kindern.
Auf dem zweiten Bauernhof lebt der Hausmann Hans Gustav Wullenbecker mit seiner Frau und seinen fünf Kindern.
Danach sind genannt die Dienstmädchen Klinckmann und Fett, Knecht Jenß, Pferdejunge Schuldt, Katenmann Lemus mit Frau und Kind, Schulhalter Jacobs mit Frau und sechs Kinder, Altenteiler Wuneke mit seiner als Hebamme arbeitenden Frau und seinen beiden Kindern, der Hirte namens Junge mit Frau und Kind, die Hirtenjungen Rohde und Wöhlert, Einlieger Schäning mit seiner als Dienstmädchen arbeitenden Tochter und seinem Sohn, der Stadtjäger Johann Hagemeister mit Frau und drei Kindern, die Dienstmädchen Rohde und Schmidt, Knecht Lemus, Katenmann Eggers mit seiner Frau und drei Kindern, Katenmann Markwardt mit seiner Frau und einer Tochter, Katenmann Klinckmann mit seiner Frau und drei Kindern, Katenmann Peters mit seiner Frau und drei Kindern, Dienstmädchen Ohlrich, Katenmann Klinckmann mit seiner Frau und einer Tochter, ein weiterer Katenmann Klinckmann mit seiner Frau und zwei Töchtern, die Einliegerin Schmock, der ohne Gewerbe genannte Hans Schmock, Katenmann Wulff mit seiner Frau und zwei Töchtern, Katenmann Wullenbecker mit Frau und zwei Töchtern, Weber Buddenhagen mit Frau und Sohn, Hirte Schmidt mit seiner Frau, Katenmann Schmidt mit Frau und Sohn, Altenteiler Spierling, ein weiterer Katenmann Schmidt mit seiner Frau und Sohn, Einliegerin Wullenbecker mit ihrer Tochter, Katenmann Schütt mit Frau, Katenmann Helms mit Frau, Pflegekind Thomann und Altenteiler Helms.
Auf dem dritten aufgeführten Bauernhof lebt der Dorfschulze Gustav Wiencke mit seiner Frau, einer geborenen Wullenbecker, dem Knecht Wullenbecker und den beiden Dienstmädchen Wiencke.
In der Liste folgen der Gänsehirte Friese, der Pferdehirte Hallier, der Krüger Wilcken mit Frau und fünf Kindern und die Dienstmädchen Hennings und Bernitt.
Auf der vierten Bauernstelle wird der Hausmann Johann Gustav Wullenbecker mit seiner Frau, drei Kindern und seinen Eltern als Altenteiler genannt.
Es folgen das Dienstmädchen Brüdigam, der Knecht Winter und die Pferdejungen Milhan und Suhr.
Auf der fünften Bauernstelle lebt der Hausmann Carl Wullenbecker mit seiner Frau und drei Kindern.
Es folgen der Knecht Wullenbecker, die Dienstmädchen Wullenbecker und Schmidt, der Knecht Heuer, der Pferdejunge Hoth, die Katenmänner Jochim Wullenbecker, Schmidt, Vagt, Clasen und Frehse mit ihren Frauen und Kindern, Jägerwitwe Hagemeister und der Altenteiler Schmidt mit seiner Frau.
Bedingt durch die Struktur von Willershagen als Pachthof und Bauerndorf ist der Anteil der Kinder unter 14 Jahren hier noch größer als in dem vor allem als Forsthof genutzten Gelbensande.
Die 84 Kinder machen einen Anteil von 36,7 % an der Gesamtbevölkerung aus.
1828
Der Pachtvertrag mit Johann Heinrich Dose über den Hof Willershagen wird auf weitere 14 Jahre verlängert, nunmehr gegen eine erhöhte Pachtgebühr von 1.300 Talern im Jahr.
Dabei wird die Frage diskutiert, ob das alte Wohnhaus abgebrochen oder rekonstruiert werden soll. Da der Pächter das Haus noch zu seiner „Milcherei“ und zum Aufziehen von jungem Federvieh nutzt und man in Rostock der Meinung ist, daß das Haus auch nach Ablauf der neuen Pachtzeit als Holländerhaus dienen kann, entscheidet man sich für eine „Konservierung“.
1841
Bei der Neuverpachtung stellt sich der seit 1814 den Hof Willershagen pachtende Johann Heinrich Dose erneut der Versteigerung und beginnt mit einem Angebot von 1.400 Talern im Jahr. Bis zu einem Angebot von 2.166 Talern im Jahr halten einige der acht anwesenden Interessenten noch mit, dann bieten nur noch der Advokat Groth und Röper aus Lantow meist in Ein-Taler-Schritten. Groth – im Auftrag des Rostocker Kaufmanns Ernst Bröckelmann handelnd – erhält den Zuschlag für 2.263 Taler Pacht im Jahr. Der Pachtvertrag wird mit einer Laufzeit von 21 Jahren – bis 1863 – geschlossen. In den ersten fünf Jahren hat Brockelmann umfangreiche Baumaßnahmen durchzuführen: Der am Pferdestall befindliche Schafstall ist als Pferdestall, das kleine Viehhaus zum Schafstall und das bisherige Wohnhaus zum Viehhaus herzurichten. Neu zu bauen sind ein Milchwirtschaftsgebäude, ein Schweinehaus, ein zweihischiger Katen und – falls eine Reparatur nicht mehr mögich ist – das Backhaus.
1845
Seit mehreren Jahren wünschen die fünf Bauern ihre Ländereien in separierte Hufen abgeteilt zu sehen. Da aber erst seit 1840 die Trassenführung der die Bauernäcker berührenden Chaussee Ribnitz-Rostock feststeht, kann erst jetzt zur Separation geschritten werden. Mit Vertrag überläßt die Kämmerei der Stadt die Hufe I dem Hauswirt Johann Millhahn, Hufe II dem Hauswirt und Schulzen Wiencke, Hufe III dem Hauswirt Hans Gustav Wullenbaecker, Hufe IV dem Hauswirt Carl Wullenbaecker junior und Hufe V dem Hauswirt Carl Wullenbaecker senior mit den Gehöftsgebäuden und Befriedigungen auf 14 Jahre bis 1859.
Nach dem Pachtvertrag haben die Bauern die Pflicht,
- ihre Hufen in den festgelegten Schlägen zu bewirtschaften,
- sich gegenseitig den Zugang zu Wasser zu ermöglichen,
- die Gräben jährlich aufzuräumen und neue anzulegen,
- alle zu ihrem Gehöft gehörenden Gebäude, Brunnen, Backöfen und Befriedigungen in gutem Zustand zu erhalten und gegebenenfalls zu reparieren, wobei die Frage der Materialbereitstellung gesondert geregelt ist,
- jährlich vier Faden Brennholz gegen Bezahlung des Hauslohnes zu empfangen,
- jährlich zwölf Weiden wirtschaftlich zu stoßen,
- die über ihre Felder führenden Wege und Landstraßen in gutem Zustand und fahrbar – auch bei Schnee – zu halten,
- die Statuten der ritterschaftlichen Brandkasse zu beachten,
- alle bisherigen Priester-, Küster-, Schulmeister- und Hebammen-Gebühren zu zahlen bzw. die erforderlichen Fuhren, Hand- und Spanndienste zu leisten,
- das Inventar ihrer Höfe nach Ablauf der Pachtzeit zurückzugeben,
- ihr Getreide nur in einer eventuell von der Stadt Rostock in Willershagen oder einem benachbarten Stadtgut angelegten Mühle mahlen zu lassen (Mahlzwang),
- alle ordentlichen und außerordentlichen Steuern, Lasten und Abgaben zu bezahlen,
- zwölf Extrafuhren unentgeltlich zu leisten,
- Pacht für ihre Hufen in Höhe zwischen 86 Talern (Hufe IV) und 113 Talern (Hufe III), insgesamt 513 Taler zu zahlen,
- mit allen Bauten und Reparaturen nur Rostocker Handwerker zu beauftragen,
- ihr Inventar in jeder Hinsicht zu verbessern,
- alle Schornsteine jährlich viermal fegen zu lassen und alle Feuerlöschgeräte in ordentlichen Stand zu halten,
- im Dorf tätigen Handwerkern unentgeltlich Quartier zu bieten,
- jährlich je drei Taler Armengeld zu zahlen und den Witwen und Ortsarmen Torf und Holz unentgeltlich anzufahren,
- jedem Katenmann das bisher Dorfübliche zu leisten,
- Fuhren für diejenigen in Dorf vorzunehmen, die keine Pferde haben,
- ohne Zustimmung der Kämmerei keinen Katenmann anzunehmen oder zu kündigen,
- jährlich 1 Taler Quittungsgebühr zu zahlen und vier Pachthühner der Kämmerei zu liefern,
- im Brandfalle mit allen Leuten und Feuerlöschgeräten bei der Brandbekämpfung zu helfen,
- einen Kettenhund als Sauhund zu halten oder als Äquivalent 1 Taler Hundegeld im Jahr an die Forst zu zahlen.
1850
Pächter Bröckelmann gibt den Hof an den Erbpächter Ludwig Stichert aus Körkwitz weiter, der in den 1841 geschlossenen Vertrag eintritt.
1852
Am 2. Juni brennt ein einhischiger Hofkaten vollständig nieder. Pächter Stichert gibt zu Protokoll: „Ich war eben vom Garten in die Stube getreten und hatte nicht wahrgenommen, als meine Frau zu mir kam und mir die Mittheilung machte, daß aus dem Einhischkaten hinter dem Holländerhause Rauch aufsteige. Ich eilte zur Stelle und als ich um die Ecke des Schweinehauses herum kam, schlug die Flamme schon zum Dache des Einhischkatens heraus, wie es ausschien, etwas oberhalb und etwas rechts vom Schwibbogen. Ich eilte sofort auf den Hof zurück und rief Leute herbei. Bei meiner Rückkehr zur Brandstätte brannte schon das ganze Strohdach des Einhischkatens, so daß an Rettung dieses Gebäudes nicht mehr zu denken war. Ich suchte nur das Feuer von dem dicht daneben stehenden alten Holländerhause abzuwenden, ließ Leitern anlegen und wollte das Dach dieses letzteren Gebäudes naßgießen lassen, auch mit nassen Laken bedecken. Dies war aber nicht mehr möglich, weil der Wind das Feuer vom Dache des Einhischkatens sehr schnell auf das Dach des Holländerhauses trieb und dies dann fast in einem Augenblick überall Flammen faßte. (...) Als aus Dorf Willershagen Hülfe herbei kam, waren die Dächer beider Gebäude schon niedergebrannt. Sie haben, weil sie sehr trocken waren, wohl kaum über eine Viertelstunde gebrannt, ehe sie niederfielen. Eine Spritze ist überall nicht gekommen. (...) Der Einhischkaten wurde bewohnt von meinem Katenmann Voß mit 1 Frau, 1 Dienstmädchen und 1 Kinde, das alte Holländerhaus vom Rademacher Dannehl mit Frau und 6 Kindern“. Auf Befragen äußern die Bewohner, daß Schwibbögen und Schornsteine regelmäßig gefegt würden und daß die geforderten Feuerlöschgeräte, nämlich zwei Feuerküfen, drei Dachleitern mit zwei Stützen, fünf Feuerhaken und 12 Ledereimer vorhanden seien. Da ein Verschulden nicht ersichtlich ist, zahlt die Versicherung den entstandenen Schaden.
Bereits im Juli wird die Zeichnung zum Bau eines neuen zweihischigen Katens eingereicht und im Juli des darauffolgenden Jahres ist der Neubau fertiggestellt.
1859
Nachdem der Pachtkontrakt mit den fünf Willershäger Bauern abgelaufen ist, wird er bis zum Jahre 1873 verlängert, wobei der Inhalt des Pachtkontraktes fast unverändert bleibt. Nur die Pacht pro Jahr erhöht sich auf 99 Taler (Hufe IV) bis 129 Taler (Hufe III).
1861
Großherzog Friedrich Franz III. bestätigt nachträglich die 1793 erfolgte Niederlegung von drei Bauernstellen und die 1843 erfolgte Separation der Ländereien und legt fest, „daß es bei dem jetzigen Besitzstande und der bestehenden Einrichtung der Dorf- und Bauernschaft Willershagen für alle Zukunft unabänderlich verbleiben (...) soll“. Diese vom Großherzog eigenhändig unterschriebene Bestätigung läßt sich die Ministerial-Kanzlei in Schwerin mit 121 Talern bezahlen! Aber bereits vor Ablauf der Pachtverträge mit den fünf Bauern im Jahre 1873 kommen neue Veränderungen.
1863
Der Pachtvertrag über den Hof Willershagen läuft aus. Pächter Stichert setzt sich in der am 19. Juli stattfindenden Auktion gegen vier Mitbewerber durch, bietet zum Schluß 3.375 Taler Pacht im Jahr. Diese Summe genügt der Stadt Rostock jedoch nicht, die deswegen eine zweite Versteigerung auf den 27. September festlegt. Bei diesem zweiten Termin erscheinen nur vier Bewerber, von denen Stichert wieder die höchste Pacht bietet. Diesmal genügen ihm schon 3.225 Taler für das Meistgebot. „Nachdem auf geschehene Anfrage und nach längst verstrichener Terminszeit ein höheres Gebot nicht zu erreichen“ ist, erhält Stichert den Zuschlag. Wieder zieht die Stadt Rostock den Zuschlag zurück, signalisiert aber, daß Stichert, sollte er 3.500 Taler bieten, den Hof erhalten soll. Noch bevor Stichert darauf antworten kann, lehnen die Sekretäre des ersten und zweiten Quartiers in Rostock 3.500 Taler als Pachtsumme ab und fordern dagegen 3.800 Taler! Stichert zeigt sich schließlich mit dieser Summe einverstanden. Amt 6. November wird der bis 1884 geschlossene Vertrag unterschrieben.
1864
Die Kämmerei Rostock beschafft für das Dorf Willershagen eine Feuerspritze, die zunächst im Torhaus des Hauswirts Wullenbecker untergebracht wird. Da dieser Bauer am einen Dorfende wohnt, wird ein Jahr später inmitten des Dorfes ein Spritzenhaus errichtet.
1865
Für die Stadteinlieger, die vor allem in der Forst beschäftigt sind, werden insgesamt 373 []Ruten vom Hof abgetrennt und die Pacht für den Hof entsprechend verringert.
1866
zu Beginn der fünfziger Jahre setzt eine Auswanderungswelle ein. Bis etwa 1910 verlassen wegen der politischen und ökonomischen Verhältnisse, aus sozialer Not oder aus Abenteuerlust rund 200.000 Mecklenburger ihre Heimat und versuchen ihr Glück in anderen Ländern. Hauptauswanderungsziel sind die USA, für die die deutschsprachigen Länder den größten Anteil an Eingewanderten stellen. Aber auch Australien, Neuseeland, Südafrika und Südamerika sind bisweilen das Ziel der Mecklenburger.
Auch aus Willershagen gibt es Auswanderungswillige. Stellvertretend sei der Katenmann Johann Friedrich Christian Wruck genannt, der am 10. Juli 1837 in Kassebohm geboren wurde. Er ist Arbeitsmann beim Schulzen Wiencke in Willershagen und mit Hanna Sophia Dorothea Elisabeth Heiden verheiratet. Beide haben zwei Kinder, Wilhelmine Marie Friederike, geboren 1861 und Gustav Heinrich Fritz, geboren 1865, mit denen sie am 15. April 1866 nach Amerika auswandern wollen. Der am 5. März seitens Bürgermeister und Rat von Rostock gestellte Antrag auf Erteilung des Auswanderungskonsenses wird vom zuständigen Ministerium des Innern in Schwerin bereits am 9. März erteilt.
1867
Auf dem Pachthof Willershagen, das zum Rostocker Distrikt zählt, leben in 14 Haushalten 86 Einwohner, 40 männliche und 46 weibliche – alles Mecklenburger – , die sich wiederum auf das Pächterwohnhaus und sechs Hofkaten verteilen. Die Hofkaten sind bis auf einen dreihischigen alle zweihischig. 28 der 86 Einwohner sind Kinder unter 14 Jahren, das sind 32,55 %!
Im Pächterwohnhaus wohnt der Pächter des Hofes Ludwig Stichert mit seiner Frau, seinem Sohn und seinen beiden Töchter als Wirtschafter bzw. Wirtschafterin, seinem als Ökonom tätigen Onkel Bähring, Kutscher Riplow, den Knechten Dabel, Hoth, Lichtward und Peplow, der Meierin Söhlhoff, „Käsin“ Bruß, Hausmädchen Weiser, den Milchmädchen Massow, Klänhammer und Schuldt und dem Viehmädchen Maaß – insgesamt 19 Personen.
Im Hofkaten 2 – eine Nummer 1 nennt die Volkszählungsliste nicht – lebt die Familie des Tagelöhners Johann Brinker mit Frau, Sohn, Tochter, Schwiegervater und Johann Klinckmann mit Frau, drei Töchtern – davon eine bereits als Dienstmädchen – und zwei Söhnen.
Im Hofkaten 3 leben die Tagelöhnerfamilien Heinrich Moeser mit Frau, Sohn und zwei Töchtern und Christian Schuldt mit Frau, drei Söhnen und einer Tochter.
Im dreihischigen Hofkaten 4 leben die Tagelöhnerfamilien Heinrich Schuldt mit Frau, zwei Töchtern und einem Sohn, Johann Helms mit Frau und zwei Töchtern und Wilhelm Heuer mit Frau, einer Tochter, drei Söhnen und seinen Eltern.
Im Hofkaten 5 leben die Tagelöhnerfamilie Joachim Kinow mit Frau, vier Töchtern, einem Sohn und der Schäfer Joachim Schuldt mit Frau.
Im Hofkaten 6 leben die Tagelöhnerfamilien Heinrich Girrahn mit Frau, die Arbeiterin Beuß und Martin Schuldt mit Frau und Tochter und die Arbeiterin Käding.
Im Hofkaten 7 schließlich leben die Tagelöhnerfamilien Fritz Töllner mit Frau und Sohn, das Dienstmädchen Baltz und David Hoth mit Frau, der Tochter als Dienstmädchen mit ihren drei unehelichen Kindern von drei verschiedenen Männern und ein weiterer Enkel.
Im ebenfalls zum Rostocker Distrikt gehörenden Dorf Willerhagen leben in 36 Haushalten 210 Personen, 114 männliche, 96 weibliche. Von diesen sind 68 Kinder unter 14 Jahren, das sind 32,4 %!
Im einzigen als „Wohnhaus“ bezeichneten Gebäude – dem Wohnhaus des Forstgehöftes – leben der Rostocker Stadtjäger Johann Hagemeister mit Frau, einer Tochter, dem „Gehilfsjäger“ Milhahn, dem Knecht Kröger und dem Dienstmädchen Bruß und Dohse.
In den nach der Stadtkatenbrandkasse durchnumerierten zehn Stadtkaten wohnen folgende Familien:
Im Haus der Stadtkatenbrandkasse mit der Nr. 9 lebt Forstarbeiter Carl Heuer mit Frau, Tochter und Sohn, einer Tochter aus erster Ehe der Frau, den Schwiegereltern als Altenteiler und einer als Schneiderin tätige Schwägerin. In der zweiten Wohnung des gleichen Hauses lebt Forstarbeiter Joachim Rohde mit Frau, seinem Vater als Altenteiler, zwei Töchtern und fünf Söhnen.
Im Haus Nr. 10 lebt Forstarbeiter Carl Rohde mit Frau, Sohn und den Eltern als Altenteiler. In der zweiten Wohnung leben der verwitwete Forstarbeiter Carl Helms, seine Tochter als Dienstmädchen und drei Söhne.
Im Haus Nr. 11 – auch als Kossatengehöft bezeichnet – leben Carl Wullenbächer, seine Frau, sein Bruder als Pferdeknecht, der Knecht Engel und das Dienstmädchen Winter.
Im Haus Nr. 12 lebt der Forstarbeiter Carl Peters mit Frau, zwei Töchtern, einer Pflegetochter, einer Schwester als Dienstmädchen und der Mutter als Altenteilerin. In der zweiten Wohnung dieses Hauses lebt der Forstarbeiter Carl Winter mit Frau, einem Sohn und seiner Mutter als Altenteilerin.
Im Haus Nr. 13 lebt der Altschuster Joachim Heuer mit Frau, einem Sohn und den Schwiegereltern als Altenteiler. In der zweiten Wohnung dieses Hauses lebt die Schneiderin Caroline Eggers, in der dritten Wohnung der Forstarbeiter Hans Peter Karsten mit Frau, einem Sohn und einer Tochter und in der vierten Wohnung der Forstarbeiter Gustav Lange mit Frau, zwei Söhnen, einer Tochter und der Schwiegermutter als Altenteilerin.
Im Haus Nr. 14 lebt der Forstarbeiter Fritz Dethloff mit Frau, einer Tochter als Dienstmädchen und dem Schwiegervater als Altenteiler. In der zweiten Wohnung dieses Hauses lebt der Forstarbeiter Hinrich Karsten mit Frau, einem Sohn und den Schwiegereltern als Altenteiler.
Im Haus Nr. 16 lebt der Forstarbeiter Joachim Lorentz mit seiner Frau, zwei Söhnen, einer Tochter und der Schwiegermutter als Altenteilerin. In der zweiten Wohnung dieses Hauses lebt der Forstarbeiter Carl Clasen mit seiner Frau, seinen Schwiegereltern – sein Schwiegervater ist Altenteiler, seine Schwiegermutter Hebamme – und dem als Matrose bezeichneten Schwager. In der dritten Wohnung dieses Hauses lebt der Forstarbeiter Heinrich Eggers mit seiner Ehefrau und einer Tochter.
Im Haus Nr. 20 lebt der Forstarbeiter Heinrich Suhr mit seiner Frau und einem Sohn. In der zweiten Wohnung dieses Katens lebt der Forstarbeiter Christian Lange mit seiner Ehefrau und vier Söhnen.
Im Haus Nr. 21 lebt der Forstarbeiter Johann Mahlcke mit seiner Frau und einer Tochter als Dienstmädchen. In der Zweiten Wohnung dieses Hauses lebt der Forstarbeiter Joachim Rohde mit seiner Ehefrau, seinem Schwiegervater als Altenteiler, einer Cousine als Dienstmädchen und einem Neffen.
Im Haus Nr. 22 lebt der Forstarbeiter Heinrich Pieplow mit seiner Frau, einem Sohn, einer Tochter und einer Tante als Altenteilerin. In der zweiten Wohnung lebt der Forstarbeiter Heinrich Schmidt mit seiner Frau, den Schwiegereltern als Altenteiler, zwei Schwager und einer Nichte. In der dritten Wohnung dieses Katens lebt der Forstarbeiter Christoph Holtfoth mit seiner Ehefrau und seiner als Dienstmädchen arbeitenden Tochter. In der vierten Wohnung schließlich lebt der Forstarbeiter Joachim Meuser mit seiner Frau, zwei Töchtern, einem Sohn und dem Vater als Dorfkuhhirte.
Bis hierhin ist die Sozialstruktur des Dorfes Willershagen durch die Forstwirtschaft bestimmt. Dann folgen in der Volkszählung die sich davon unterscheidenden Bewohner des Dorfes, vor allem die fünf Bauern mit ihrem Gesinde:
Hof Nr. 1:
Im Haus Nr. 17 der Brandkasse – auch als Wohnhaus der Hufe 1 bezeichnet – leben der Hauswirt Joachim Millahn und seine Frau, der Pferdeknecht Kossow, der Kuhfütterer Suhrbier, der Gänsehirte Hüttenhäver und die Dienstmädchen Niemann und Plückhahn.
Im Haus Nr. 20 der Brandkasse – im zur Hufe Nr. 1 gehörenden Katen – lebt der Tagelöhner dieses Hofes Carl Tack mit Frau, einem Sohn, den Schwiegereltern als Altenteiler, der „Schwiegergroßmutter“ ebenfalls als Altenteilerin und einem Neffen.
Hof Nr. 2:
Im Haus Nr. 19 der Brandkasse – dem Wohnhaus des Gehöfts Nr. 2 – leben der verwitwete Hauswirt, Bauer und Schulze Gustav Wiencke, sein Sohn, der Pferdeknecht Witt, der Kuhfütterer Möller und die Dienstmädchen Schmaal, Lange und Peters.
Im Haus Nr. 19 c der Brandkasse – im zur Hufe Nr. 2 gehörenden Katen – lebt der Tagelöhner dieses Gehöfts Heinrich Berlin mit Frau, einem Sohn und dem Dienstmädchen Kinow.
Hof Nr. 3:
Im Haus Nr. 25 der Brandkasse – dem Wohnhaus des Gehöfts Nr. 3 – leben der Hauswirt und Bauer Carl Wullenbäcker, seine Frau, eine Tochter als Wirtschafterin, zwei Söhne, der Pferdeknecht Düwel, der Kuhfütterer Düwel, die Dienstmädchen Jenß und Waack und die Wirtschafterin Karsten.
Unter der Nummer 23 der Brandkasse ist auch der zur Hufe Nr. 3 gehörende Katen verzeichnet. In ihm lebt der zu dieser Hufe 3 gehörende Tagelöhner Johann Waack mit seiner Frau und drei Stieftöchtern, von denen eine bereits als Dienstmädchen arbeitet.
Hof Nr. 4:
Im Haus Nr. 24 der Brandkasse – dem Wohnhaus des Gehöfts Nr. 4 – leben der Hauswirt und Bauer Joachim Wullenbäcker, seine Frau, zwei Söhne, die Schwiegermutter als Altenteilerin, der Pferdeknecht Camin, der Kuhfütterer Hensel und die Dienstmädchen Clasen und Ohlsen.
Im Haus der zweimal vergebenen Nr. 23 der Brandkasse – im zur Hufe Nr. 4 gehörenden Katen – lebt der Tagelöhner des Hofes 4 Wilhelm Holz mit seiner Frau, zwei Söhnen und drei Töchtern.
Hof Nr. 5:
Im Haus Nr. 18 der Brandkasse – dem Wohnhaus des Gehöfts Nr. 5 – leben der Hauswirt und Bauer Carl Ernst Wullenbäcker, seine Frau, zwei Töchter, vier Söhne, der Pferdeknecht Peters, der Kuhfütterer Winckstern und die Dienstmädchen Lange, Ohlsen und Rohde.
Im Haus Nr. 18 a der Brandkasse – im zur Hufe Nr. 5 gehörenden Katen – lebt der Tagelöhner des Gehöfts Nr. 5 Fritz Lau mit seiner Frau, fünf Stiefsöhnen und seinen Schwiegereltern als Altenteiler.
Fehlt noch das Haus Nr. 15:
Unter diesem Haus der Schulhaus-Brandkasse verbirgt sich die Schule. In ihr lebt der Lehrer Martin Jacobs mit seiner Frau, einer Tochter als Wirtschafterin und deren uneheliches Kind.
Trotz der unterschiedlichen Sozialstruktur in Gelbensande, Hof und Dorf Willershagen liegt der Anteil der Kinder unter 14 Jahren zwischen 32 und 34 %.
1868
Da seit Beginn des Pachtvertrages zahlreiche Veränderungen an den Flächen des Hofes eingetreten sind, kommen Pächter und Verpächter überein, einen neuen Vertrag auszuhandeln.
Es wiederholt sich das Verfahren von 1863. Bei der ersten Versteigerung am 24. Oktober nehmen nur drei Interessenten teil, von denen der Kaufmann Ernst Bröckelmann, der schon einmal Pächter des Hofes war, für sein Gebot von lediglich 2.080 Taler pro Jahr den Zuschlag erhält. Das ist der Stadt wiederum nicht genug, die einen neuen Termin auf den 8. Dezember festsetzt. Diesmal erscheinen vier Interessenten, von denen der Ökonom Penseler aus Lüneburg mit 2.360 Talern das Meiste bietet. Erneut lehnt die Stadt die Verpachtung zu diesem Preis ab. Überraschend bietet Pächter Ludwig Stichert, der an beiden Versteigerungen nicht teilgenommen hatte, 2.500 Taler und erhält für dieses Angebot den Zuschlag. Der neue Vertrag wird am 11. Februar 1869 mit einer Laufzeit bis 1890 geschlossen.
1869
Bestandteil des neuen Pachtvertrages mit Pächter Stichert sind auch Festlegungen zu dessen Hoftagelöhnern:
Jeder Hoftagelöhner erhält:
- eine landübliche Wohnung mit Stallung und einem Garten von 60 []Ruten,
- zum Anbau von Winterkorn eine Brache von 60 []Ruten,
- zum Anbau von Sommerkorn 60 []Ruten,
- zum Anbau von Kartoffeln 30 []Ruten,
- zum Anbau von Lein 30 []Ruten,
- Weidefreiheit für eine Kuh,
- unentgeltliche Anfuhr des von den Tagelöhnern auf den Forstwiesen geworbene Heu durch den Pächter,
- Weidefreiheit für zwei Schafe unter den Hofherden,
- Weidefreiheit für zwei Gänse, einen Ganter und die Zuzucht,
- an Tagelohn für einen Mann 10 Schillinge, für eine Frau 5 Schillinge,
- an Drescherlohn den 17. Scheffel, das heißt, daß jeder 17. Scheffel den Dreschern gehört,
- unentgeltliche Anfuhr des Brennmaterials, des Arztes und der Hebamme,
- an Brennmaterial zwei Faden gutes Leseholz und vier Faden Schneidebuschholz,
- die Zusicherung zum Kauf von Roggen zu einem maximalen Festpreis von 1 Taler 8 Schillinge je Scheffel,
- die Zusicherung zur ständigen Beschäftigung.
Für diese Leistungen des Pächters müssen die Frauen der Hoftagelöhner im Jahr 70 Tage unentgeltlich auf dem Hof arbeiten.
Weiter wird festgelegt:
Die Arbeitszeit beträgt vom 1. März bis 31. Oktober für Männer und Frauen von 6 Uhr bis Sonnenuntergang, an den anderen Monaten von Sonnenaufgang bis zum Dunkelwerden. Die Arbeitszeit richtet sich nach „richtiger Rostocker Uhr“ und ist so zu verstehen, daß die Leute 6 Uhr bzw. beim Sonnenaufgang bereits an der Arbeitsstelle sein müssen und diese nicht eher verlassen dürfen, bis es ausdrücklich erlaubt wird. Mittags wird eine Pause von 1 ½ Stunden gewährt, die während der Ernte auf eine Stunde reduziert wird. Die Frühstücks- und Vesperpause beträgt ½ Stunde, beim Hacken nur ¼ Stunde. Beim Einfahren der Ernte werden Frühstück und Vesper ohne Unterbrechung der Arbeit von den Leuten der Reihe nach eingenommen. In den Wintermonaten ist die Frühstückszeit nur ¼ Stunde lang, eine Vesper wird nicht gewährt.

Deutsches Reich bis 1918

1872
Nachdem Pächter Ludwig Stichert im Jahr zuvor verstorben ist, tritt sein 1846 geborener Sohn Wilhelm in den bestehenden Pachtvertrag ein.
Bereits vor Ablauf der Pachtverträge mit den fünf Bauern in Dorf Willershagen bemüht sich die Stadt, keine neuen befristeten Zeitpachtverträge, sondern mit den Bauern Erbpachtverträge abzuschließen. Das heißt, daß die Bauern gegen die Zahlung einer Gebühr zwischen 3.250 Talern (Hufe IV) und 3.800 Talern (Hufe III) auch Besitzer ihrer Gehöfte und der dazu gehörenden Ländereien werden.
Nachdem die Bauern noch 1869 eine Veränderung abgelehnt haben, auch weil die Stadt eine Aufrundung der Pachtzahlung in Aussicht gestellt hatte, und auch der letzte Bauer – besonders J. C. Wullenbecker von Hufe III hat sich lange geziert – sein Einverständnis signalisiert hat, wird mit den Bauern Johann Kröger (Hufe I), Gustav Wiencke (Hufe II), Johann Carl Wullenbecker (Hufe III), Joachim Wullenbecker (Hufe IV) und Carl Ernst Wullenbecker(Hufe V) ein Erbpachtkontrakt geschlossen.
1881
Die Höfe der beiden Erbpächter Wiencke und Wullenbäcker brennen nieder, werden aber alsbald wieder aufgebaut.
1886
Wilhelm Stichert muß um Pachterlaß bitten. Da die Kornpreise gesunken und die Löhne gestiegen sind, ist er nicht mehr in der Lage, den Pachtpreis von 2.500 Talern – jetzt 7.500 Mark – aufzubringen. Er schreibt rote Zahlen, was die Stadt Rostock jedoch nicht beeindruckt: Sie lehnt die Bitte ab.
1887
Aus den Hufen III und IV werden größere Flächen zum Bau der Eisenbahnlinie Rostock-Stralsund abgetrennt.
1889
Wilhelm Stichert, der sehr am Hof Willershagen hängt – schließlich lebt er hier seit seinem fünften Lebensjahr – bittet um Verlängerung seines Pachtvertrages bis 1911 gegen die Zahlung von jährlich 5.000 Mark. Die auf Gewinn orientierte Stadt Rostock lehnt auch diese Bitte ab und setzt den Versteigerungstermin auf den 30. Dezember fest. Von den erschienenen Pachtliebhabern bieten lediglich zwei. Der Ökonom Kraeft aus Barth erhält für sein Angebot über 7.100 Mark im Jahr den Zuschlag. Der 1890 geschlossene Vertrag hat eine Laufzeit bis 1911.
1898
Da die Wildschäden überhand nehmen, erhält Jäger Prillwitz den Auftrag, zur Beschränkung des Wildbestandes „Sauen überall und zu jeder Zeit, also auch während der gesetzlichen Schonzeit des übrigen Wildes zu vertilgen. Hinsichtlich des Rotwildes wurde angeordnet, das Mutterwild in der gesetzlichen Jagdzeit stets und überall abzuschießen, ohne aber (...) Ausjägerei zu betreiben. Der Wildschaden ist nach Ansicht des Pächters auch ein Grund dafür, daß einige Tagelöhner Willershagen verlassen. Auch in den Folgejahren wird Pächter Kraeft nicht müde, auf immer größere Schäden durch Wildverbiß hinzuweisen.
1900
Durch die zahlreichen Auswanderer entsteht auf den mecklenburgischen Gütern ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Arbeitskräftemangel, der dadurch ausgeglichen wird, daß zahlreiche Landarbeiter aus Osteuropa zu Erntearbeiten auf Güter und Höfe nach Mecklenburg geholt werden. Diese als Schnitter bezeichneten Saisonarbeiter sind meistens katholischer Konfession, so daß die evangelischen Pastoren in den mecklenburgischen Kirchspielen auch Amtshandlungen für Gläubige anderer Konfessionen vornehmen. Am 20. Oktober 1918 zum Beispiel stirbt die aus Wandalinik in Polen stammende Frau des Schnitters Stanislaus Prygiel in Willershagen und wird in Blankenhagen beigesetzt.
1911
Wie zwanzig Jahre zuvor Wilhelm Stichert, bemüht sich nun Pächter Kraeft um Verlängerung seines Vertrages und bietet jährlich 8.000 Mark. Die Stadt verlangt von ihm jedoch mindestens 10.000 Mark, falls er im Geschäft zu bleiben wünscht. Als er darauf eingeht, fordert die Bürgervertretung eine öffentliche Versteigerung. Am 7. April findet diese statt. Das höchste Gebot kommt vom Landwirt Wilhelm Bade aus Wilmshagen mit 13.200 Mark, das zweithöchste mit 13.100 Mark von Landwirt Paul Jess aus Volkenshagen. Kraeft bietet als Dritter immerhin 13.000 Mark und erhält den Zuschlag zum Abschuß eines neuen Vertrages bis zum Jahre 1932!
Als eine der ersten Maßnahmen der neuen Pachtperiode verändert Kraeft die Schlageinteilung der Hoffeldmark. Mit Genehmigung der Stadt Rostock wird auf fünf großen Schlägen Roggen, Hafer, Hackfrucht, Hafer und Klee, auf den vier kleinen Schlägen Roggen, Rüben, Hafer bzw. Gerste, Klee und Gemenge angebaut.
Der Hof besteht aus dem Wohnhaus des Pächters, von dem ein Gang zum Backhaus führt, dahinter steht das Schweinehaus. Rechts vor dem Wohnhaus stehen das Milchenhaus, der Schafstall mit angebautem Hühnerstall und das Viehhaus, links hinter dem Wohnhaus steht ein zweihischiger Katen mit Stall, vor dem Wohnhaus die Wagenschauer, an dem die Leuteglocke angebracht ist, der Pferdestall, die große und die kleine Scheune, zwei zwei- und ein vierhischer Katen mit Ställen. Die Wasserversorgung erfolgt über insgesamt acht Brunnen. Vier von ihnen werden mit hölzernen oder eisernen Pumpen betrieben, vier sind offene Brunnen.
1912
Die bisher zu Rövershagen gehörenden Rostocker Wohnplätze Hinrichshagen, Markgrafenheide, Schnatermann, Wiethagen mit Teerschwelergehöft und Meiershausstelle werden unter der Bezeichnung „Heideortschaften“ zu einer vollständigen eigenen Ortschaft erhoben.
1914
Ausbruch des ersten Weltkrieges. Das erste Opfer aus dem Kirchspiel Blankenhagen ist die Krankenschwester des Roten Kreuzes Johanna Uplegger, die bei der Pflege Verwundeter im Lazarett Eberswalde an Ruhr erkrankt und am 7. Oktober 1914 im Alter von 32 Jahren stirbt.
Der erste Tote aus Willershagen, „gefallen fürs Vaterland“, ist der 38jährige Tagelöhner Carl Joachim Johann Heinrich Alm, der am 4. Oktober 1915 seinen schweren Verwundungen im Lazarett erliegt. Ihm folgt am 13. Mai 1916 der erst 21jährige Paul Friedrich Carl Waack, der in den mörderischen Stellungskämpfen bei Verdun fällt. „An den Folgen des Feldzuges“ stirbt am 1. November 1916 der 31jährige Arbeiter Ludwig Steinmüller im Lazarett in Rostock, am 16. November 1916 in einem Lazarett in Rußland der 26jährige Arbeiter Paul Möller, am 24. Juli 1917 der 27jährige Arbeiter Paul Johann Joachim Siems bei Solp Ost, am 26. September 1917 der 22jährige Grenadier Paul Albert Martin Sturzrehm, im März 1918 der 26jährige Maurer Hermann Carl Friedrich Töllner.
Der Pächter von Hof Willershagen, Joachim Kraeft, stirbt. In die Pachtung tritt dessen Neffe Ernst Benno Kraeft ein.
1915
Ernst Benno Kraeft stirbt. Dessen alleinige Erbin ist seine in Berlin-Karlshorst verheiratete Schwester Erna Ehrhardt. In den Pachtvertrag tritt ab 1916 der Landwirt und Viehhändler Wilhelm Behrens aus Sülze.

Deutsches Reich bis 1945

1920
Der nach der Novemberrevolution aus dem Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin hervorgegangene Freistaat Mecklenburg-Schwerin überwindet die jahrhundertealte Dreiteilung des Landes nach den Besitzverhältnissen. Waren bis jetzt die Dörfer Bestandteile des Domaniums, der Ritterschaft oder im städtischen Besitz, so werden nun Ämter nach dem Territorialprinzip geschaffen. Alle Orte der Kämmerei Rostock – somit auch Hof und Dorf Willershagen – werden in das neu gebildete Amt Rostock gelegt, das später zum gleichnamigen Kreis umgewandelt wird. Auf die Besitzverhältnisse hat das keinen Einfuß. Der Pachthof Willershagen bleibt weiterhin im Besitz der Stadt Rostock und wird von dieser verpachtet.
Die Schule in Willershagen wird visitiert. Sie wird von insgesamt 86 Kindern besucht, 41 Knaben und 45 Mädchen. 40 Schüler kommen aus dem eingeschulten Gelbensande und damit als Auswärtige. Dem aus einem massiven Rohbau mit Pappdach bestehende Schulhaus wird ein guter baulicher Zustand bescheinigt. Der einzige Klassenraum ist 7,60 Meter lang, 8,70 Meter breit und 3,28 Meter hoch. Beheizt wird der Klassenraum mittels zweier Kachelöfen durch den Lehrer mit dem ihm gelieferten Feuerungsdeputat. Sechs Fenster – drei nach Norden, drei nach Süden – , deren kleine Scheiben in Blei gefaßt sind, sollen das nötige Licht hereinlassen, da künstliches Licht fehlt. Der Kalkanstrich muß „notwendig erneuert“ werden, dem Fußboden aus ungespundeten Tannenbrettern fehlt das Öl. Die Schulbänke und das Pult genügen den Anforderungen. Eine Schüler- und Lehrerbücherei fehlen. An Lehrmitteln stehen zur Verfügung:
- für den Deutschunterricht 22 Anschauungsbilder und eine „allerdings unpraktische Lesemaschine,
- für den Rechenunterricht eine Rechenmaschine,
- für Religion eine Karte von Palästina und 30 biblische Anschauungsbilder,
- für Geschichte nichts,
- für Erdkunde eine Karte der deutschen Kolonien, zwei Karten von Deutschland, eine Karte von Europa, eine Karte von Mecklenburg, ein Globus, „viel zu klein“ und sechs geografische Charakterbilder,
- für Naturgeschichte 65 biologische Anschauungsbilder und 4 Bilder ausländischer Kulturpflanzen,
- für Naturlehre nichts.
Weibliche Handarbeiten werden nicht unterrichtet, da keine Lehrerin dafür zur Verfügung steht. Ebenso wird kein Turnunterricht erteilt, obwohl zur Körperertüchtigung ein Schleuderball, ein Faustball und drei Schlagbälle vorhanden sind. In den Pausen halten sich die Kinder auf dem Spielplatz bei der Schule auf.
Einziger Lehrer ist der 28-jährige Richard Dunz, der seine Ausbildung am Lehrerseminar Neukloster in den Jahren 1910-1912 absolviert hat.
Mit den Leistungen des Lehrers und seiner Schüler in den Fächern Geschichte, Deutsch und Naturlehre zeigt sich der hospitierende Schulrat Daebeler zufrieden.
Als Ergebnis wird neben der Beseitigung baulicher Mängel besonders die Anschaffung von Lehrmitteln und bis Ostern 1921 die Anlegung eines Turnplatzes mit 1.500 Quadratmetern Größe gefordert.
1921
Seit dem 1. April ist auch Willershagen eine Gemeinde und wird unter Nummer 160 in das alphabetische Verzeichnis der Gemeinden des Amtes Rostock aufgenommen. Mit der Erlangung der Selbstverwaltung durch Willershagen möchte die Stadt Rostock der neuen Gemeinde entsprechend den gesetzlichen Regelungen auch das Spritzenhaus samt der Feuerlöschgeräte, darunter eine Spritze, zwei Wasserwagen, Schläuche, Eimer und Leitern ohne jegliche Gewähr für Brauchbarkeit und sonstige Beschaffenheit übergeben. Ebenso soll die Gemeinde das Schulhaus übernehmen. Doch die Gemeinde lehnt ab und stellt dagegen einen 26 Punkte umfassenden Katalog über bauliche und sonstige Mängel am Schulgebäude auf. Rostock fühlt sich jedoch nicht mehr für das Gebäude zuständig und weist auch die Bitte nach Einrichtung eines zweiten Klassenzimmers und einer zweiten Lehrerwohnung speziell für die Unterrichtung der Gelbensander Kinder zurück. :Lediglich einige Lehrmittel und Turngeräte werden noch durch die Stadt angeschafft, jedoch wieder zurückgefordert, als die Gemeindevertretung hartnäckig weiter die Übernahme des Schulhauses zurückweist. Erst 1925 wird ein Vertrag zwischen Mitgliedern des Gemeindevorstandes und Vertretern der Stadt Rostock über die Übernahme des Schulhauses geschlossen. Darin verzichtet die Gemeinde auf alle Instandsetzungsarbeiten und Schuleinrichtungen seitens der Stadt, die dafür im Gegenzug der Gemeinde 2.000 Reichsmark zahlt und aus der Stadtforst die zur Gestaltung des Turn- und Spielplatzes benötigten Bäume kostenlos zur Verfügung stellt. Das Jagdrecht an den im Vertrag behandelten Grundstücken bleibt jedoch bei Rostock.
Die ursprüngliche Pachtsumme des Hofes von 13.000 Mark jährlich wird trotz der Verkleinerung um 2553 []Ruten Acker und der damit verbundenen vorübergehenden Reduzierung auf 12.516 Mark auf 26.000 Mark für die Jahre 1921 bis 1923 angehoben. Der Pächter muß sich verpflichten, alle auf dem Hof erzeugte überschüssige Milch den Rostocker Einwohnern zur Verfügung zu stellen.
1923
Das noch der Stadt Rostock gehörende Spritzenhaus in Willershagen wird versteigert und für 1.250.000 Mark auf Abbruch verkauft.
Das Klassenzimmer in der Schule ist für 68 Kinder nach wie vor viel zu klein. Bemängelt wird weiter vor allem, daß ein Zimmer für den Handarbeitsunterricht fehlt, die Fenster noch eiserne Rahmen haben, es an einer elektrischen Lichtanlage fehlt, obwohl die Leitung am Schulhaus vorbeiführt.
Da der für die Schule zur Verfügung stehende Turnplatz nicht den Vorschriften entspricht, zu klein und zu uneben ist, wird er als Spielplatz belassen und aus dem Schulzenacker eine Fläche abgetrennt, auf der bis 1926 ein neuer Turnplatz angelegt wird.
Die Inflationszeit bringt Turbulenzen bei der Pachtzahlung für den Hof mit sich. Pächter Behrens muß als Ausgleich für den rasanten Verfall der Währung für das Quartal vom 1. Juli bis 1. Oktober 18.000 Millionen Mark an die Stadtkasse Rostock zahlen. Diese gewaltige Summe entspricht lediglich dem Wert von 90,22 Goldmark! Da die vertraglich vereinbarten Pachtsummen unrealistisch sind, hilft man sich mit Schätzungen weiter und betrachtet eine jährliche Pachtzahlung von 5.800 Goldmark als angemessen.
1924
Zur Wahrnehmung aller schulischen Angelegenheiten wird der Schulverband Willershagen-Gelbensande gegründet. Beide Gemeindeversammlungen beschließen eine entsprechende Satzung. Der Schulverband wird vertreten durch den Schulverbandsvorstand, der aus den beiden Schulzen und je einem weiteren Gemeindevertreter besteht. Vorsteher des Schulverbandes ist der Schulze des Schulortes, also der Schulze von Willershagen. Daneben wird ein Schulvorstand gewählt, der aus dem Lehrer, je einem Gemeindevertreter aus jeder Gemeinde, einem Elternvertreter aus Gelbensande und zwei Elternvertretern aus Willershagen besteht.
Gutspächter Behrens beantragt den Anschluß des Hofes an die elektrische Überlandzentrale mit Freileitungen, Kraft- und Lichtanlagen und Beleuchtungskörpern.
1925
Wilhelm Behrens tritt die Pachtung über Willershagen an den Landwirt Fritz v. Oertzen auf Kittendorf ab. Fritz v. Oertzen zahlt für das gesamte tote und lebende Inventar 122.150 Mark. Zum lebenden Inventar, das etwa die Hälfte des Kaufpreises ausmacht, gehören 80 Milchkühe, 36 Kälber, zwei Bullen, 50 Schweine und 16 Pferde. Im Kaufpreis nicht eingerechnet sind die zum Gut gehörenden 335 Weiden, 143 Apfel-, 30 Birnen-, 97 Pflaumen- und 54 Kirschbäume.
1926
Durch die Stadt Rostock werden aus dem Hof Nr. 5 Flächen zur Bildung von zwei Häuslereien direkt am Bahnhof abgetrennt. Häuslerei 1 mit einer Größe von 2523 m² erhält der Postmeister Berthold Hahn aus Willershagen, Häuslerei 2 mit einer Größe von 2399 m² der frühere Revierförster Ludwig Köster aus Willershagen. Die Häusler haben an die Stadt jährlich zehn Reichsmark zu entrichten, wobei eine Reichsmark mindestens zum „Wert von 10/42 nordamerikanischen Dollar“ gerechnet wird.
Noch bevor der Bau der Wohnhäuser beginnt, verkauft der Postmeister seine Häuslerei an den Kaufmann Fritz Niejahr in Gelbensande.
Weil Pächter v. Oertzen viel investiert und umfangreiche Bauarbeiten durchführt, bemüht er sich in den folgenden Jahren um eine vorzeitige Verlängerung des Vertrages und um eine Minderung der Pachtzahlungen. Seine Bemühungen sind nicht erfolgreich, weshalb er der Stadt mehrere Nachfolger präsentiert, doch auch diese Verhandlungen scheitern bis zum Ende der Pachtzeit 1932 an den Forderungen der Stadt.
1928
Wegen der wachsenden Schülerzahl wird eine zweite Lehrerstelle geschaffen.
1929
In der Schule wird ein zweites Klassenzimmer durch Teilung des bisherigen und Anbau eines separaten Eingangsflügels eingerichtet.
1932
Mit Gutsbesitzer Walter Granzow stellt die NSDAP bereits vor der Machtübernahme im Reich in Mecklenburg-Schwerin den Ministerpräsidenten, nachdem die NSDAP bei den Landtagswahlen am 5. Juni ihren höchsten Wahlerfolg in einem deutschen Länderparlament erringen kann. Sie erreicht 30 der 59 Landtagssitze.
Bereits 1930 haben zwei Interessenten unabhängig vom bisherigen Pächter Interesse an der Pachtung des Hofes bekundet:
Der Hofbesitzer der Hufe III und Schulze Harms aus Willershagen, auf dessen Hof acht Pferde, 35 Milchkühe, 35 Stück Jungvieh und 48 Schweine stehen und der Pächter der Pfarrländereien in Recknitz, Otto Röhrdantz. Mit Letzterem wird schließlich der letzte Pachtvertrag über den Hof Willershagen geschlossen. Als Pachtpreis werden 600 Zentner Roggen und 300 Zentner Kartoffeln im Jahr und dazu eine Erhöhung um je 50 Zentner Roggen nach Ablauf von jeweils sieben Pachtjahren vereinbart. Das heißt, die Pacht beträgt von 1939 bis 1946 650 Zentner Roggen und 300 Zentner Kartoffeln und von 1946 bis 1953 700 Zentner Roggen und 300 Zentner Kartoffeln jährlich.
Der Hof hat an die Kirche, den Pastor und den Küster folgende Abgaben zu leisten:
An den Prediger gibt er jährlich sieben Scheffel Roggen Meßkorn, ein Liespfund Flachs, um Weihnachten zwei Mettwürste jede doppelt zusammengelegt 1 ½ Ellen lang, um Ostern zwei Stiegen Eier. Außerdem zahlt er 1 Schilling 3 Pfennige Präbendengeld und für jede konfirmierte Person 4 Schillinge.
Der Küster erhält jährlich 3 Schilling 6 Pfennige Opfergeld und ½ Liespfund Flachs, um Weihnachten zwei Mettwürste in den gleichen Maßen wie der Pastor und zu Ostern 24 Eier.
Der Pächter übernimmt die Hälfte der Reparaturen an den Kirchen-, Prediger-, Witwen- und Küstergebäuden, einschließlich der Erhaltung der Dächer, des Hakelwerkes und der Zäune, sowie die Synodal- und übrigen Predigerfuhren. Die andere Hälfte tragen die fünf Erbpächter.
1933
Die Nationalsozialisten übernehmen auch im Reich die Macht.
Im ganzen Land müssen ländliche Fortbildungsschulen für alle nicht mehr volksschulpflichtigen unverheirateten Jugendlichen bis zum Schluß des Schuljahres, in dem sie das 18. Lebensjahr vollenden, eingerichtet werden. Da das in Willershagen und Gelbensande nur auf vier Schüler zutrifft, lehnen die Gemeindevorsteher vorerst die Einrichtung einer solchen Schule in Willershagen ab, werden aber von der Kreisschulbehörde an ihr „nationalsozialistisches Verantwortungsbewußtsein“ und an die Gesetzlichkeit erinnert. Daraufhin wird Ende 1934 eine Schulordnung für die ländliche Fortbildungsverbandsschule Willershagen für die Gemeinden Willershagen und Gelbensande erlassen. Zum Lehrer und Schulleiter wird Lehrer Dunz bestellt, der in den Monaten November bis März dienstags und freitags von 15 – 17 Uhr Unterricht erteilt. Im „Schuljahr“ 1935/1936 müssen zwei männliche und elf weibliche, im „Schuljahr“ 1937/1938 zehn männliche und 19 weibliche Jugendliche den Unterricht besuchen.
1934
Oberbürgermeister Grabow von Rostock und Ministerpräsident Engell des Landes Mecklenburg schließen einen Vertrag, mit dem einerseits staatliche Flächen (Marienehe und Schmarl) auf die Stadt übergehen, andererseits Rostocker Flächen auf den Staat. Zu letzteren gehört auch das Willershäger Forstrevier mit Forsthof und den dazugehörigen :Dienstländereien und ein vom Forst eingeschlossener Teil der Hoffeldmark mit einer Größe von knapp 50 ha. Im gleichen Maße gehen auch die Einnahmen auf das Land über. Die Pachtung über den Gesamthof einschließlich der an den Staat abgetretenen Fläche soll bis zum Ende der Pachtzeit 1953 beim derzeitigen Pächter Otto Röhrdanz verbleiben.
1934, 22.Februar
Die Dörfer Willershagen und Cordshagen mit den dazugehörigen Waldungen werden von der Hansestadt Rostock aus ihrem Besitz im Tausch für Marienehe und Schmarl an den Staat übergeben.


1939
In der Gemeinde Willershagen werden bei der letzten Volkszählung vor dem zweiten Weltkrieg 265 Einwohner gezählt, 132 männliche und 133 weibliche.
Die Gemeinde besteht aus dem als Stadtgut bezeichneten Hof, fünf Erbhöfen, drei Häuslern, der Schule und der Försterei und hat eine Größe von 578 ha. Bürgermeister ist Wilhelm Harms.
Beginn des zweiten Weltkrieges.
1941
Auf Betreiben des Ortsgruppenleiters der NSDAP, Ohlert, werden die Gemeinden Gelbensande und Willershagen vereint. Die Verwaltung obliegt einem Gemeindemitglied aus Willershagen.
1941, 25.9.
Max Spiegelberg aus Willershagen kauft ein mit einem Gebäude bestandenes Grundstück vom Großherzog und richtet hier eine Tischlerei ein (heute HVBM am Sportplatzweg), davor existierte hier eine Kistenfabrik.
1944
In Willershagen stirbt am 2. November der Theologe Friedrich Brunstäd und wird am 8. November auf dem Gelbensander Friedhof beigesetzt. Der 1883 in Hannover geborene Sohn eines Möbelfabrikanten war in der Zeit des Kirchenkampfes Mitglied der Bekennenden Kirche – einer Oppositionsbewegung, die sich der Gleichschaltung der evangelischen Kirche mit dem Staat widersetzte – und hatte sich durch eine Reihe von Schriften den Unwillen der Nazis zugezogen. Nachdem 1937 Prof. Helmut Schreiner von der Universität Rostock entfernt worden war, setzte sich dessen Freund Brunstäd als Dekan für eine Rückberufung ein, erreichte aber nur, dass er selbst auf Veranlassung des Reichsstatthalters Hildebrandt vom Rektor seines Amtes enthoben wurde. Nach schweren Bombardierungen Rostocks zog Brunstäd nach Willershagen. Die Trauerreden vor dem Lehrkörper der Universität hielten in der Gelbensander Friedhofskapelle der Dekan Prof. Büchsel und Pastor Behm von der St. Nikolai Kirche in Rostock.

SBZ und DDR bis 1990

1945
-Bis zum 2. Mai besetzen Truppen der 2. Belorussischen Front Vorpommern und den größten Teil von Mecklenburg.
-Am 3. Mai nehmen sich der Lehrer Richard Dunz, dessen Ehefrau Gertrud und die gemeinsame Tochter Trude in ihrem eigenen Haus das Leben.
Gelbensande trennt sich von Willershagen. Beide Orte werden wieder selbständige Gemeinden.
Am 5. September wird die Verordnung Nr. 19 über die Bodenreform im Land erlassen, nach der der Boden und sonstiges Eigentum der Kriegsverbrecher und Kriegsschuldigen, das Vermögen der NSDAP und der aktiven Nationalsozialisten sowie der Großgrundbesitz über 100 ha landwirtschaftliche Nutzfläche entschädigungslos enteignet wird. Der landwirtschaftliche Grundbesitz der Stadt Rostock, zu dem auch Willershagen gehört, wird in den Bodenfonds übernommen, womit die nur durch die Verpfändung an das Kloster Ribnitz unterbrochene Herrschaft Rostocks über Willershagen nach 566 Jahren beendet ist. Obwohl der bestehende Pachtvertrag über den 282 ha großen Hof noch eine Laufzeit bis 1953 hat, kommen 258 ha zur Aufteilung. Diese setzen sich aus 185 ha Acker, 17 ha Wiese und 56 ha Weide zusammen. Ingesamt bewerben sich 28 Flüchtlinge und 17 landlose Landarbeiter um die aufzuteilenden Flächen. Nur vier Anträge von Flüchtlingen bleiben unberücksichtigt, so daß das Land des Pachthofes Willershagen unter 41 Familien aufgeteilt wird. Jede Familie erhält rund 6,3 ha Land.
Die Vorgänge im Zuge der Bodenreform gehen offensichtlich ohne Kenntnis der Liegenschaftsabteilung des Landratsamtes in Rostock vor sich, denn dessen Leiter fragt im September 1946 beim Oberbürgermeister in Rostock nach, ob das Pachtverhältnis noch besteht und bittet im positiven Fall um Überweisung des dem Staat aus dem Hof Willershagen zustehenden Pachtanteils in Höhe von 883,20 Mark!
Diese Umbruchszeit spült auch einen elfmal vorbestraften Kriminellen an die Oberfläche von Willershagen, der Bürgermeister und Vorsitzender des Bauernhilfskomitees wird und sich im Zuge der Bodenreform vier Parzellen zu je 5 Hektar unter den Nagel reißt. Ihm gelingt es, 300 Zentner Zement an sich zu bringen. 100 Zentner steckt er in den Ausbau einer Konservenfabrik, 200 Zentner verschiebt er im Tausch gegen landwirtschaftliche Produkte. Grundstücke, Häuser und Vieh im Wert von 50.000 Mark, die er gewinnbringend verkauft, stammen aus dem Fonds der Bodenreform. Als seine zweifelhaften „Qualitäten“ publik werden, stellt sich sehr zum Ärger der Willershäger heraus, daß er zwischenzeitlich zum Landwirtschaftsprüfer der Landesregierung in Schwerin avanciert ist und nun – 1948 – in leitender Stellung im Reparatur- und Schiffsbauwerk in Stralsund arbeitet. Die Werft kündigt ihm wegen seiner Vorstrafen. Der Kriminelle hat die Stirn, auf Wiedereinstellung zu klagen und hat damit Erfolg, weil die Justizverwaltung der Landesregierung inzwischen sämtliche Vorstrafen gelöscht hat, diese also keinen Kündigungsgrund mehr darstellen.
Während im ganzen Land erst am 1. Oktober der Unterricht an den Schulen wieder aufgenommen wird, beginnt in Willershagen bereits am 1. Juni der reguläre Schulbetrieb. Letzter Lehrer vor Ende des Krieges und erster Nachkriegslehrer ist der 1885 geborene Karl-Ferdinand Dohnicht aus Hinterpommern. Er war 1933 zwangspensioniert, jedoch 1943 wieder reaktiviert worden. Im März kommt er mit seiner Familie als Flüchtling nach Willershagen und beginnt noch im gleichen Monat mit dem Unterricht, der lediglich im Mai ausfällt. Dohnicht wird zum 30. Juni 1950 endgültig aus dem Schuldienst entlassen.
Da mehr als 80 % der Lehrer wegen Mitgliedschaft in der NSDAP entlassen werden, werden in Kurzlehrgängen Neulehrer ausgebildet und dann an die Schulen geschickt.
1946

Zu Beginn des Jahres beantragt die Ortsgruppe der KPD die Eingliederung der Gemeinde Gelbensande in die Gemeinde Willershagen. Diesem Antrag schließt sich der Landrat des Kreises Rostock in einem Schreiben an den Präsidenten der Landesverwaltung Mecklenburg an und begründet ihn mit der geringen Entfernung zwischen beiden Gemeinden und den auf etwa 2500 Mark veranschlagten Einsparungen, deren Höhe „sich voraussichtlich noch durch unvorhergesehene Ausgaben erhöhen“ würden. Außerdem würden Schul- und kirchliche Verhältnisse durch die Zusammenlegung nicht berührt und Schwierigkeiten bei der Unterbringung von Flüchtlingen beseitigt.

In einem Schreiben an den Landrat protestiert der Gemeindeausschuß von Gelbensande gegen die Bestrebungen zur Vereinigung beider Gemeinden. Dieses kommunale Gremium kennt zwar nicht das Schreiben der Ortsgruppe der KPD aber es vermutet richtig, wer hinter den Plänen steckt: „Es ist hier nicht unbekannt, daß der Stützpunktleiter der K.P.D. Dzigas sehr großes Interesse für die Zusammenlegung der beiden Gemeinden bekundet, und daß er bestrebt ist, alle Gewalt in seine Hand zu bekommen. Wir gehen daher wohl auch nicht fehl in der Annahme, daß auch der fragliche Antrag von ihm aus erfolgt ist. Jedenfalls erheben wir energischen Protest gegen die geplante Veränderung, der in diesem Falle bestimmt von allen ortsansässigen Einwohnern der Gemeinde ausnahmslos geteilt wird.“
Acht Wochen später zieht der Landrat seinen Antrag an die Landesverwaltung zurück, „da verschiedene Gründe, die bisher für eine Vereinigung der Gemeinde Gelbensande mit Willershagen sprachen, inzwischen in Fortfall gekommen sind“.
Der in Willershagen wohnende Dzigas, der erst nach dem Krieg als Flüchtling aus dem Osten kam und sich schnell die Freundschaft des NKWD erwarb, übt in seiner Eigenschaft als KPD-Stützpunktleiter eine „reine Willkürherrschaft“ aus. In einem Untersuchungsbericht des Präsidenten der Landesverwaltung werden ihm „Hausfriedensbruch, Körperverletzung, Nötigung, ständige Bedrohung, Haftung für körperliche Schäden und Leiden, widerrechtliche Beschlagnahme und dergleichen mehr“ vorgeworfen. Selbst KPD-Mitglieder beschweren sich über ihn beim Parteivorsitzenden Wilhelm Pieck. Im März 1946 wird Dzigas zum Glück nicht mehr gewählt. Wenige Wochen vor Gründung der SED fordern sogar Mitglieder von SPD und KPD die „Ausweisung“ Dzigas´ aus der Gemeinde.
In einer Sitzung am 28. März beschäftigt sich der Gemeindeausschuß von Gelbensande mit dem kurz zuvor festgenommenen Dzigas und fordert ein Verbot für ihn und dessen Frau, sich innerhalb einer „Bannzone“ von 20 km um Gelbensande aufzuhalten. Ausdrücklich halten es die Mitglieder des Gemeindeausschusses für ihre Pflicht, „allen denen unseren Dank auszusprechen, die dazu beigetragen haben, die Gemeinde von diesem üblen Zeitgenossen zu befreien. Welche Freude im übrigen diese Festnahme in der Gemeinde hervorgerufen hat, ist kaum zu beschreiben, denn jeder fühlte sich wie von einem Alpdruck befreit. Es ist nur zu bewundern, dass ein derartiger Zustand immerhin 7 Monate ungestraft bestehen konnte“.
Bei den ersten Nachkriegswahlen im September wird ein Gemeinderat bestehend aus zwölf Mitgliedern gewählt, die den seit 6. Februar 1946 wirkenden Johann Sinnig einstimmig als Bürgermeister bestätigen. Diese zwölf Volksvertreter gehören sämtlich der SED an: Fuhrmann Hermann Brukowski, Forstarbeiter Paul Kitzerow und dessen Ehefrau Auguste, Arzt Dr. Herbert Knabe, Rentner Gustav Gielow, Klempnermeister Karl Hamp, Forstarbeiter Karl Beu, Angestellter Gerd Paehlke, Klebereiarbeiter Wilhelm Jürg, Fürsorgerin Gertrud Walter, Schlosser Fritz Hauschild und Zimmermann Emil Nabelberg.
Bei der ersten Volkszählung nach dem Krieg werden in der Gemeinde Willershagen 551 Einwohner erfaßt. Damit zeigt sich auch in Willershagen wie im ganzen Land, daß sich durch den Krieg und dessen Auswirkungen die Bevölkerungszahlen etwa verdoppelt haben.
Zum Schuljahresbeginn am 1. September werden zusätzlich drei Klassenräume und 140 Sitzplätze benötigt, da für 255 Schüler nur zwei Klassenräume zur Verfügung stehen. Selbst die Lehrerwohnung in der Schule in Willershagen kann von der dort noch untergebrachten siebenköpfigen Umsiedlerfamilie nicht geräumt und für die Junglehrer Lothar Wolf und Barbara Meyer bereitgestellt werden. Eine Änderung dieses Zustandes ist jedoch vorerst nicht zu erreichen. Die Wohnraumsituation verschärft sich sogar noch, als im Frühjahr 1947 weitere Flüchtlingstransporte aus Dänemark nach Mecklenburg kommen. Im Januar 1948 muß sogar der im Schulgebäude in Räumen des Direktors Dohnicht untergebrachte Kindergarten geschlossen werden. Eine gewisse Entspannung der Situation wird erst erreicht, als 1949 nach langwierigen Verhandlungen in Gelbensande im Kinderheim für Schwererziehbare gegen den Widerstand der dortigen Leiterin zwei Klassenräume eingerichtet werden.
1953
Die landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) „Vorwärts“ wird als Typ I gegründet . Nach der Umwandlung in Typ III im Jahre 1955 schließt sie sich schon 1956 mit der LPG in Gelbensande zur LPG „Gute Hoffnung“ zusammen. Der LPG treten auch zwei Altbauern bei, während drei der fünf Altbauern ihren Hof und die DDR verlassen und in den Westen gehen.
Der seit 1941 für Willershagen und einen Teil von Gelbensande zuständige Pastor Kurt Krausen verläßt illegal die DDR. Nachdem er 1955 vom Kirchengericht Schwerin zunächst freigesprochen wird, enthebt ihn in nächster Instanz das Obere Kirchengericht in Schwerin in Abwesenheit nachträglich seines Amtes.
1955
Bildung der LPG „Gute Hoffnung“ in Gelbensande, die sich bereits ein Jahr später mit der LPG „Vorwärts“ in Willershagen zur LPG „Gute Hoffnung“ zusammenschließt.
1958
Bei Dacharbeiten an der Kirche Blankenhagen werden mehrere Waffen und über 600 Schuß Munition gefunden.
Auf Beschluß des Kreistages Rostock vom 11. September werden „die Gemeinden Gelbensande und Willershagen (…) zur politischen Gemeinde Gelbensande zusammengelegt“. Damit endet die eigenständige Geschichte von Willershagen.


1980 In den folgenden vier Jahren werden die Ortslagen Gelbensande und Willershagen an die zentrale Wasserversorgung angeschlossen

die heutige Zeit

2009
Die Gemeinde begeht feierlich den 750. Jahrestag der Ersterwähnung von Willershagen und den 360. Jahrestag der Ersterwähnung von Gelbensande.

Was ist ein Hagendorf ?

Das Dorf am Danziger Botenweg

Die Willershäger Burg

Das Rätsel um die einstige Willershäger Kirche und einen Friedhof

(warscheinlicher Untergang im 30jährigen Krieg)

Bei der Anlegung der Hagendörfer wurden die Dörfer nach einer einheitlichen Struktur vorgegangen:

Struktur eines Hagendorfes aus frischer Wurzel (Quelle: Heidearchiv)

Der Lokator (Anwerber und Treckführer) übernahm in der Regel dann die Funktion des Dorfschulzen und bekam für seinen Hof eine Doppelhufe an Land, während die normalen Bauern nur eine Hufe Land zur Rodung und Hofanlage erhielten. Neben der Schulzen-Doppelhufe musten die Bauern bei der Dorfgründung gemeinsam eine weitere Doppelhufe roden, meist unmittelbar neben der Schulzenhufe, die dann in Kircheneigentum überging und auf der Kirche, Friedhof und Pfarrhaus ihren Platz fanden. Viele Hagendörfer waren nach dem Ende des dreißigjährigen Krieges 1648 verödet und nur ein Bruchteil der Bevölkerung (oft auch selbst das nicht) hatte überlebt. Statt dann neben den Höfen auch die Kirche wieder aufzubauen, wurden die zahlenmäßig nur noch kleinen Kirchgemeinden nicht selten in Nachbargemeinden eingepfarrt. Im Falle von Willershagen nach erfolgte die Aufnahme in das Kirchspiel Blankenhagen. Die Kirchenländereien wurden ebenfalls hier eingebracht. Im Blankenhäger Kirchen-Observanzbuch sind solche Willershäger Kirchenländereien bis ins 19. Jahrhundert aufgeführt. Noch dazu liegt die ehemalige Schule von Willershagen auf eben einer solchen einstigen Doppelhufe des Dorfes. Der hier folgende Auszug ist ein weiteres Indiz für diese Annahme.

Auszug aus der Chronik von Karl Heinz Steinbruch:

"Für Aufregung sorgte ein 1939 geborgenes Skelett, das bei der Aushebung einer Aschegrube nahe der früheren Schule Willershagen 45 Zentimeter unter der Erdoberfläche entdeckt worden war. Das Skelett war etwa 1,75 Meter lang, das Alter der verstorbenen Person wurde auf 40 bis 50 Jahre geschätzt. Da das Skelett keine Knochenbrüche oder andere Verletzungen aufwies, die auf ein Verbrechen hätten hindeuten können, wurde von einer historischen Bestattung ausgegangen. Das Skelett wurde fotografiert und zur anthropologischen Untersuchung nach Schwerin gesandt. Durch die Wissenschaftler konnte jedoch festgestellt werden, daß das Skelett nicht vorgeschichtlich war. Man räumte aber ein, daß es sich bei dem Toten um einen im Mittelalter auf einem bisher unbekannten Friedhof Beigesetzten gehandelt haben könnte und informierte in diesem Sinne die Kriminalpolizei. Ob und was von dieser Stelle aus unternommen wurde, ist den Akten nicht zu entnehmen."

Willershagen als Rostocker Stadtdorf

Willershagen im Besitz des Klosters Ribnitz

* Das Fortstrevier Willershagen

Landwirtschaft in Willershagen

* Bedeutende Willershäger

Sagen und Geschichten aus Willershagen

Willershäger Flurnamen