"Die Luft kann jeder nutzen..." Der Streit um die Windmühle Krüselin als historisch/ juristischer Präzedenzfall.: Unterschied zwischen den Versionen

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:Zunächst prüft das Gericht ob Müller Lehmann nur Pächter oder Eigentümer des Mühlenanwesens sei.  
 
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:Dazu legt der Müller eine am 2. October 1761 an seinen Großvater ausgestllte Urkunde der herzoglichen Kammer vor in der es heißt:
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:Dazu legt der Müller eine am 2. October 1761 an seinen Großvater ausgestellte Urkunde der herzoglichen Kammer vor in der es heißt:
 
:"Wir confirmiren und bestätigen vorberegte Mühle zu Krüselin auf den Müller Georg Lehmann dergestalt und also, dass er und seine rechtmäßigen Erben und Erbnehmer vorbemeldete Mühle nebstt allem Zubehör an Zimmern, Gebäuden, Mahlgästen, Fischerei, Äckern und Gärten, so wie solche seinem Vater vermöge vorbedachten Erbpachtbriefes vom 1. August 1731 versichert worden, ferner erb- und eigenthümlich zu besitzen . :...Im Übrigen bleibt ihm und seinen Erben frei, die Mühle an jemand anders hinwiederum zu überlassen, jedoch muss unserer Kammer, als welcher das Näherrecht in allen Fällen zustehet, solches zuvor angezeigt und der Consens zu dergleichen Alienation gebührend gesucht werden."
 
:"Wir confirmiren und bestätigen vorberegte Mühle zu Krüselin auf den Müller Georg Lehmann dergestalt und also, dass er und seine rechtmäßigen Erben und Erbnehmer vorbemeldete Mühle nebstt allem Zubehör an Zimmern, Gebäuden, Mahlgästen, Fischerei, Äckern und Gärten, so wie solche seinem Vater vermöge vorbedachten Erbpachtbriefes vom 1. August 1731 versichert worden, ferner erb- und eigenthümlich zu besitzen . :...Im Übrigen bleibt ihm und seinen Erben frei, die Mühle an jemand anders hinwiederum zu überlassen, jedoch muss unserer Kammer, als welcher das Näherrecht in allen Fällen zustehet, solches zuvor angezeigt und der Consens zu dergleichen Alienation gebührend gesucht werden."
  

Version vom 27. Juni 2020, 16:36 Uhr

Am 1.Juni 1824
überreicht der großherzogliche Hofrat Rahne, Prokurator der Großherzoglichen Kammer in Neustrelitz, dem Amtsgericht Feldberg eine Klageschrift gegen den Müller der Krüseliner Mühle, Johann Joachim Lehmann.
In der Imploration (=Klage) wird dem Müller vorgeworfen, auf dem zum Mühlenanwesen gehörenden Berg, neben der dortigen Wassermühle "Ohne Consens (=Genehmigung) derselben habe er den Bau einer Windmühle angefangen und ungeachtet des wiederholt an ihn ergangenen Verbotes, den Bau der Windmühle fortgesetzt."
Das gegen den Bau seitens der Großherzoglichen Kammer ausgesprochene Verbot begründet in der Hauptsache neben einigen anderen Dingen die Rechtslage:
"... nur der Ritterschaft und den Städten das Recht zusichere, Windmühlen anzulegen so bitte der Implorant (=Kläger), dem Imploraten (= Beklagten) den völlig unbefugten Bau der neuen Mühle unverzüglich und zwar bei einer sofort executivisch beizutreibenden Strafe von 1000 Reichsthaler Gold zu untersagen."
Zunächst prüft das Gericht ob Müller Lehmann nur Pächter oder Eigentümer des Mühlenanwesens sei.
Dazu legt der Müller eine am 2. October 1761 an seinen Großvater ausgestellte Urkunde der herzoglichen Kammer vor in der es heißt:
"Wir confirmiren und bestätigen vorberegte Mühle zu Krüselin auf den Müller Georg Lehmann dergestalt und also, dass er und seine rechtmäßigen Erben und Erbnehmer vorbemeldete Mühle nebstt allem Zubehör an Zimmern, Gebäuden, Mahlgästen, Fischerei, Äckern und Gärten, so wie solche seinem Vater vermöge vorbedachten Erbpachtbriefes vom 1. August 1731 versichert worden, ferner erb- und eigenthümlich zu besitzen . :...Im Übrigen bleibt ihm und seinen Erben frei, die Mühle an jemand anders hinwiederum zu überlassen, jedoch muss unserer Kammer, als welcher das Näherrecht in allen Fällen zustehet, solches zuvor angezeigt und der Consens zu dergleichen Alienation gebührend gesucht werden."
Worauf die erbetene Bewertung seitens der Juristischen Fakultät der Universität lautet: "...so stünde ihm auch die freie Benutzung seiner Grundstücke, namentlich durch Anlegung einer Windmühle zu."
Weiter urteilen die Rostocker Juristen, kann gegen den Bau einer Windmühle auf dem besagten grundstück Nichts einzuwenden sein da Windmühlen: "...nicht, wie die Wassermühlen, in Berührung kämen, da die Luftsäule über dem Grund und Boden dem Eigenthümer gehöre. In Mecklenburg existiere kein Gesetz, worin dem Privat-Mann die Aufführung einer Windmühle auf seinem Grund und Boden untersagt werde.
...Um den Bedürfnissen des grossen ZwangsmahlDistrictes zu genügen, hätten in der Wassermühle 4 Gewerke arbeiten müssen. Durch die von der Großherzoglichen Kammer anbefohlene Senkung des LucinSees sey ihm aberr so viel Wasser entzogen, dass von den 4 Gewerken kaum noch Eines ordentlich ginge. Dieser Wassermangel habe es ihm unmöglich gemacht, seine Mahlgäste gehörig zu befriedigen. ... Um solches zu verhindern, sey ere zum Bau der Windmühle veranlasst worden. ..."
Der Müller beantragte nun die Aufhebung des Urteils der Neustrelitzer Kammer. Neun Jahre (!) darauf hob die großherzogliche Kammer am 7. April, 1834 das Urteil auf. Die oberste Gerichtsinstanz verurtteilt die großherzogliche Kammer sogar: "..auch verurteilt dem Imploranten (Müller Lehmann), ausser den Processkosten, alle anderweitigen Schäden und Kosten zu ersetzen, welche dem Imploranten aus der widerrechtlichen Imploration vom Tage des ausgewirkten PönalMandates an, bis anhero erweislich erwachsen seyen."
"Die Luft kann jeder benutzen, in sofern dadurch das wohlerworbene Recht eines Dritten nicht verletzt wird.
Wie nachstehender Auszug beweist hat die Windmühle offensichtlich noch lange ihre Schuldigkeit getan; aus: Johann Friedrich Kratzsch "Vollständiges topographisch-justitiarisches Handbuch der sämmtlichen Deutschen Bundesstaaten zum Gebrauch für Gerichts- und andere Behörden ..."
Krüseliner Mühle - Wassermühle mit zwei Gängen, Schneide- und Windmühle, nach Mechow eingepfarrt. Ein Haus mit 10 Einwohnern.